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323,238 | S 16 KA 71/19 | 2019-09-12T00:00:00 | Gerichtsbescheid | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. 1Tatbestand: 2Nachdem die Klägerin die gegen die Beklagte zu 1) sowie gegen die Beklagten zu 3) bis 7) gerichtete Klage zurückgenommen hat, begehrt sie noch von der Beklagten zu 2) eine höhere Vergütung für gelieferten Sprechstundenbedarf (SSB). Die Klägerin betreibt einen Fachhandeln für Arzt- und Klinikbedarf, ist jedoch kein Großhändler. Die Beklagte zu 2) ist eine gesetzliche Krankenkasse. 3Aufgrund Verordnung vom 30.09.2015 lieferte die Klägerin SSB an das B, ein Medizinisches Versorgungszentrum. Die Abrechnung erfolgte – wie auch schon in der Vergangenheit – über ein Rechenzentrum gegenüber der Beklagten. Dabei brachte die Klägerin jeweils den Apothekeneinkaufspreis in Ansatz. Die Beklagte kürzte jedoch den Rechnungsbetrag um 12.335,55 EUR. Zur Begründung wies sie darauf hin, dass die abgerechneten Preise für Pütterbinden und Synthetikwatte nach dem Ergebnis einer Online-Recherche nicht marktüblich seien. 4Die Klägerin hat am 19.12.2016 Klage erhoben. Sie meint, einen Anspruch auf Zahlung des verbleibenden Rechnungsbetrags aus Kaufvertrag zu haben. Bei Vertragsschluss handele der Arzt als Vertreter der Beklagten zu 2). Der Apothekeneinkaufspreis sei Vertragsinhalt geworden, weil er in der Vergangenheit – seit mehr als 15 Jahren – stets akzeptiert worden sei. Es bestehe keine gesetzliche Grundlage für die vorgenommene Kürzung. Eine Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolge allein gegenüber dem Arzt. Falls kein Kaufvertrag zustande gekommen sein sollte, stehe der Klägerin jedenfalls ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu. 5Die Klägerin beantragt noch, 6die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an die Klägerin 12.335,55 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.12.2015 zu zahlen. 7Die Beklagte zu 2) beantragt, 8die Klage abzuweisen. 9Die Beklagte zu 2) meint, dass zwischen ihr und der Klägerin kein Vertrag bestehe. Ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zu 2) stehe allein dem Arzt zu. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag sei schon wegen fehlender Schriftform nicht zustande gekommen. Im Übrigen habe es auch in der Vergangenheit keinen feststehenden Preis gegeben. Die Klägerin habe diesen vielmehr immer erhöht. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch bestehe nicht. 10Das Gericht hat die Beteiligten angehört zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid. 11Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist. 12Entscheidungsgründe: 13Das Gericht entscheidet gemäß § 105 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher gehört worden. 14Einer Entscheidung in der Hauptsache bedarf es gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht mehr, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat. Im Übrigen, also soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2) richtet, hat die Klage keinen Erfolg. Sie ist zulässig, insbesondere als allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG statthaft. Die Klage ist insoweit jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte zu 2) auf Zahlung von 12.335,55 EUR nebst Zinsen. 15Zunächst besteht kein vertraglicher Anspruch auf Zahlung der Hauptforderung, insbesondere kein Anspruch aus § 433 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) besteht weder ein öffentlich-rechtlicher Vertrag noch ein zivilrechtlicher Kaufvertrag. Nach §§ 145 ff. BGB, die gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch (SGB V) für die Rechtsbeziehungen zu Leistungserbringern und gemäß § 61 Satz 2 des Sozialgesetzbuchs Zehntes Buch (SGB X) für öffentlich-rechtliche Verträge entsprechend gelten, kommt ein Vertrag zustande durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen. Die Beklagte zu 2) hat keine auf Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung abgegeben. Die Willenserklärung des B bzw. der für dieses handelnden Personen ist ihr nicht zurechenbar, insbesondere nicht gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB. Es liegt keine Vertretungsmacht vor. Eine Vollmacht nach § 167 Abs. 1 BGB ist nicht erteilt worden. Eine Vertretungsmacht des B bzw. der für dieses handelnden Personen für die Beklagte zu 2) ergibt sich auch nicht aus Normen des Vertragsarztrechts. Zwar mag sein, dass durch Einlösung eines Rezepts grundsätzlich ein Vertrag zwischen Krankenkasse und Leistungserbringer zustande kommt (Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 24.02.2011, L 1 KR 32/08, juris, Rn. 16 f.). Vorliegend ist jedoch § 6 Abs. 4 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe und den Beklagten zu 2) bis 7) (SSB-V) zu beachten. Aus dieser Norm ergibt sich, dass der Arzt im eigenen Namen einen Vertrag über die Lieferung von SSB abzuschließen hat. Den Rechnungsbetrag erhält er anschließend von der Beklagten zu 2) erstattet. Wäre ein Vertragsverhältnis direkt zwischen dem Lieferanten und der Beklagten zu 2) gewollt, wäre die Regelung in § 6 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 SSB-V überflüssig, wonach die Beklagte zu 2) die Rechnung direkt gegenüber dem Lieferanten begleichen kann. Höherrangiges Recht, zu dem § 6 Abs. 4 SSB-V in Widerspruch stehen könnte, ist nicht ersichtlich. 16Eine andere Bewertung hinsichtlich der Frage, wer Vertragspartner des SSB-Lieferanten ist, ist möglicherweise beim Bezug von Großhändlern nach § 6 Abs. 3 SSB-V geboten. Darum geht es vorliegend aber nicht. 17Die Beklagte zu 2) muss sich die Willenserklärung des B bzw. der für dieses handelnden Personen auch nicht unter den Gesichtspunkten der Anscheins- oder Duldungsvollmacht zurechnen lassen. Von einer Anscheinsvollmacht ist nur auszugehen, wenn der Vertretene "schuldhaft den Rechtsschein einer Vollmacht veranlasst hat, sodass der Geschäftspartner nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte von einer Bevollmächtigung ausgehen darf und ausgegangen ist". Vom Vorliegen einer Duldungsvollmacht ist nur dann auszugehen, "wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn als Vertreter auftritt und der Vertragsgegner dieses Dulden dahin versteht und nach Treu und Glauben auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde auch bevollmächtigt ist" (zu beiden Gesichtspunkten Weinland, in: juris PraxisKommentar BGB, Bd. 1, 8. Aufl. 2017, § 173 Rn. 6, 9). Vorliegend ist keinerlei Rechtsschein gesetzt worden und keinerlei Duldung erfolgt, aufgrund derer die Klägerin nach Treu und Glauben davon ausgehen durfte, dass das B oder die für dieses handelnden Personen von der Beklagten zu 2) bevollmächtigt seien. Ein solcher Rechtsschein oder eine solche Duldung ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass die Beklagte zu 2) beanstandungslos über einen langen Zeitraum die Rechnungen der Klägerin direkt beglichen hat. Denn dadurch hat die Beklagte zu 2) lediglich die Regelung in § 6 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 SSB-V umgesetzt. Kenntnis der SSB-V kann bei der Klägerin als Lieferant von SSB vorausgesetzt werden. Sollten bei ihr auch nach Prüfung der SSB-V Unklarheiten bestanden haben hinsichtlich der Person ihres Vertragspartners, hätte es an ihr gelegen, sich durch Nachfrage bei dem Erklärenden bzw. bei der Beklagten zu 2) hierüber Gewissheit zu verschaffen. 18Der Klägerin steht auch kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zu 2) zu. Die Voraussetzungen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs entsprechen grundsätzlich denen der §§ 812 ff. BGB (Wienhues, in: Baldus/Grzeszick/Wienhues, Staatshaftungsrecht, 4. Auflage 2013, Rn. 517). Damit ist erforderlich, dass die Beklagte zu 2) etwas durch Leistung der Klägerin oder sonst auf deren Kosten ohne rechtlichen Grund erlangt hat. Die Lieferung von SSB durch die Klägerin an das B ist nicht ohne Rechtsgrund erfolgt. Rechtsgrund ist der zwischen der Klägerin und dem Träger des B bestehende Vertrag. 19Weil der Klägerin die Hauptforderung nicht zusteht, hat sie auch keinen Zinsanspruch. 20Die gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 161 Abs. 1 Alt. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zu treffende Kostengrundentscheidung beruht auf § 155 Abs. 2 VwGO, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat. Im Übrigen folgt die Kostengrundentscheidung gemäß § 154 Abs. 1 VwGO der Entscheidung in der Sache. | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin. 1 | 2nachdem die klägerin die gegen die beklagte zu 1) sowie gegen die beklagten zu 3) bis 7) gerichtete klage zurückgenommen hat, begehrt sie noch von der beklagten zu 2) eine höhere vergütung für gelieferten sprechstundenbedarf (ssb). die klägerin betreibt einen fachhandeln für arzt- und klinikbedarf, ist jedoch kein großhändler. die beklagte zu 2) ist eine gesetzliche krankenkasse. 3aufgrund verordnung vom 30.09.2015 lieferte die klägerin ssb an das b, ein medizinisches versorgungszentrum. die abrechnung erfolgte – wie auch schon in der vergangenheit – über ein rechenzentrum gegenüber der beklagten. dabei brachte die klägerin jeweils den apothekeneinkaufspreis in ansatz. die beklagte kürzte jedoch den rechnungsbetrag um 12.335,55 eur. zur begründung wies sie darauf hin, dass die abgerechneten preise für pütterbinden und synthetikwatte nach dem ergebnis einer online-recherche nicht marktüblich seien. 4die klägerin hat am 19.12.2016 klage erhoben. sie meint, einen anspruch auf zahlung des verbleibenden rechnungsbetrags aus kaufvertrag zu haben. bei vertragsschluss handele der arzt als vertreter der beklagten zu 2). der apothekeneinkaufspreis sei vertragsinhalt geworden, weil er in der vergangenheit – seit mehr als 15 jahren – stets akzeptiert worden sei. es bestehe keine gesetzliche grundlage für die vorgenommene kürzung. eine wirtschaftlichkeitsprüfung erfolge allein gegenüber dem arzt. falls kein kaufvertrag zustande gekommen sein sollte, stehe der klägerin jedenfalls ein öffentlich-rechtlicher erstattungsanspruch zu. 5die klägerin beantragt noch, 6die beklagte zu 2) zu verurteilen, an die klägerin 12.335,55 eur zuzüglich zinsen in höhe von 9 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 22.12.2015 zu zahlen. 7die beklagte zu 2) beantragt, 8die klage abzuweisen. 9die beklagte zu 2) meint, dass zwischen ihr und der klägerin kein vertrag bestehe. ein erstattungsanspruch gegen die beklagte zu 2) stehe allein dem arzt zu. ein öffentlich-rechtlicher vertrag sei schon wegen fehlender schriftform nicht zustande gekommen. im übrigen habe es auch in der vergangenheit keinen feststehenden preis gegeben. die klägerin habe diesen vielmehr immer erhöht. ein öffentlich-rechtlicher erstattungsanspruch bestehe nicht. 10das gericht hat die beteiligten angehört zu einer entscheidung durch gerichtsbescheid. 11wegen des weitergehenden sach- und streitstands wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte, der gegenstand der entscheidung gewesen ist. 12 | 13das gericht entscheidet gemäß § 105 abs. 1 des sozialgerichtsgesetzes (sgg) durch gerichtsbescheid, weil die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. die beteiligten sind vorher gehört worden. 14einer entscheidung in der hauptsache bedarf es gemäß § 102 abs. 1 satz 2 sgg nicht mehr, soweit die klägerin die klage zurückgenommen hat. im übrigen, also soweit sie sich gegen die beklagte zu 2) richtet, hat die klage keinen erfolg. sie ist zulässig, insbesondere als allgemeine leistungsklage nach § 54 abs. 5 sgg statthaft. die klage ist insoweit jedoch unbegründet. die klägerin hat keinen anspruch gegen die beklagte zu 2) auf zahlung von 12.335,55 eur nebst zinsen. 15zunächst besteht kein vertraglicher anspruch auf zahlung der hauptforderung, insbesondere kein anspruch aus § 433 abs. 2 des bürgerlichen gesetzbuchs (bgb). zwischen der klägerin und der beklagten zu 2) besteht weder ein öffentlich-rechtlicher vertrag noch ein zivilrechtlicher kaufvertrag. nach §§ 145 ff. bgb, die gemäß § 69 abs. 1 satz 3 des sozialgesetzbuchs fünftes buch (sgb v) für die rechtsbeziehungen zu leistungserbringern und gemäß § 61 satz 2 des sozialgesetzbuchs zehntes buch (sgb x) für öffentlich-rechtliche verträge entsprechend gelten, kommt ein vertrag zustande durch zwei übereinstimmende willenserklärungen. die beklagte zu 2) hat keine auf vertragsschluss gerichtete willenserklärung abgegeben. die willenserklärung des b bzw. der für dieses handelnden personen ist ihr nicht zurechenbar, insbesondere nicht gemäß § 164 abs. 1 satz 1 bgb. es liegt keine vertretungsmacht vor. eine vollmacht nach § 167 abs. 1 bgb ist nicht erteilt worden. eine vertretungsmacht des b bzw. der für dieses handelnden personen für die beklagte zu 2) ergibt sich auch nicht aus normen des vertragsarztrechts. zwar mag sein, dass durch einlösung eines rezepts grundsätzlich ein vertrag zwischen krankenkasse und leistungserbringer zustande kommt (landessozialgericht hamburg, urteil vom 24.02.2011, l 1 kr 32/08, juris, rn. 16 f.). vorliegend ist jedoch § 6 abs. 4 der sprechstundenbedarfsvereinbarung zwischen der kassenärztlichen vereinigung westfalen-lippe und den beklagten zu 2) bis 7) (ssb-v) zu beachten. aus dieser norm ergibt sich, dass der arzt im eigenen namen einen vertrag über die lieferung von ssb abzuschließen hat. den rechnungsbetrag erhält er anschließend von der beklagten zu 2) erstattet. wäre ein vertragsverhältnis direkt zwischen dem lieferanten und der beklagten zu 2) gewollt, wäre die regelung in § 6 abs. 4 satz 3 halbsatz 2 ssb-v überflüssig, wonach die beklagte zu 2) die rechnung direkt gegenüber dem lieferanten begleichen kann. höherrangiges recht, zu dem § 6 abs. 4 ssb-v in widerspruch stehen könnte, ist nicht ersichtlich. 16eine andere bewertung hinsichtlich der frage, wer vertragspartner des ssb-lieferanten ist, ist möglicherweise beim bezug von großhändlern nach § 6 abs. 3 ssb-v geboten. darum geht es vorliegend aber nicht. 17die beklagte zu 2) muss sich die willenserklärung des b bzw. der für dieses handelnden personen auch nicht unter den gesichtspunkten der anscheins- oder duldungsvollmacht zurechnen lassen. von einer anscheinsvollmacht ist nur auszugehen, wenn der vertretene "schuldhaft den rechtsschein einer vollmacht veranlasst hat, sodass der geschäftspartner nach treu und glauben mit rücksicht auf die verkehrssitte von einer bevollmächtigung ausgehen darf und ausgegangen ist". vom vorliegen einer duldungsvollmacht ist nur dann auszugehen, "wenn der vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn als vertreter auftritt und der vertragsgegner dieses dulden dahin versteht und nach treu und glauben auch verstehen darf, dass der als vertreter handelnde auch bevollmächtigt ist" (zu beiden gesichtspunkten weinland, in: juris praxiskommentar bgb, bd. 1, 8. aufl. 2017, § 173 rn. 6, 9). vorliegend ist keinerlei rechtsschein gesetzt worden und keinerlei duldung erfolgt, aufgrund derer die klägerin nach treu und glauben davon ausgehen durfte, dass das b oder die für dieses handelnden personen von der beklagten zu 2) bevollmächtigt seien. ein solcher rechtsschein oder eine solche duldung ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass die beklagte zu 2) beanstandungslos über einen langen zeitraum die rechnungen der klägerin direkt beglichen hat. denn dadurch hat die beklagte zu 2) lediglich die regelung in § 6 abs. 4 satz 3 halbsatz 2 ssb-v umgesetzt. kenntnis der ssb-v kann bei der klägerin als lieferant von ssb vorausgesetzt werden. sollten bei ihr auch nach prüfung der ssb-v unklarheiten bestanden haben hinsichtlich der person ihres vertragspartners, hätte es an ihr gelegen, sich durch nachfrage bei dem erklärenden bzw. bei der beklagten zu 2) hierüber gewissheit zu verschaffen. 18der klägerin steht auch kein öffentlich-rechtlicher erstattungsanspruch gegen die beklagte zu 2) zu. die voraussetzungen eines öffentlich-rechtlichen erstattungsanspruchs entsprechen grundsätzlich denen der §§ 812 ff. bgb (wienhues, in: baldus/grzeszick/wienhues, staatshaftungsrecht, 4. auflage 2013, rn. 517). damit ist erforderlich, dass die beklagte zu 2) etwas durch leistung der klägerin oder sonst auf deren kosten ohne rechtlichen grund erlangt hat. die lieferung von ssb durch die klägerin an das b ist nicht ohne rechtsgrund erfolgt. rechtsgrund ist der zwischen der klägerin und dem träger des b bestehende vertrag. 19weil der klägerin die hauptforderung nicht zusteht, hat sie auch keinen zinsanspruch. 20die gemäß § 197a abs. 1 satz 1 sgg i. v. m. § 161 abs. 1 alt. 1 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) zu treffende kostengrundentscheidung beruht auf § 155 abs. 2 vwgo, soweit die klägerin die klage zurückgenommen hat. im übrigen folgt die kostengrundentscheidung gemäß § 154 abs. 1 vwgo der entscheidung in der sache. | Verklagte*r | 0 |
165,019 | 11 K 2643/13 | 2015-06-03T00:00:00 | Urteil | Tenor Die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 3. Juli 2013 wird aufgehoben. Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme ihrer jeweiligen außergerichtlichen Kosten je zur Hälfte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen der Beklagte und die Beigeladene selbst. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Wegen der Vorgeschichte wird zunächst auf die entsprechenden Ausführungen in den Urteilen des erkennenden Gerichts vom 2. Juni 2014 in den Verfahren 11 K 1021/11 und 11 K 1817/12 Bezug genommen. 3Die Beigeladene beantragte unter dem 4. Oktober 2012 die Erteilung einer Genehmigung zur Richtung und zum Betrieb sowie zur Änderung von Anlagen i.S.v. § 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) zur Errichtung und Inbetriebnahme einer Anlage zum Halten oder zur Aufzucht von Mastschweinen mit 1.904 Plätzen sowie die Errichtung und Inbetriebnahme eines Güllebehälters und eines Futtermittelsilos auf dem Grundstück Gemarkung G. , Flur 15, Flurstück 17. 4Mit Schreiben vom 5. April 2013 teilten die Klägerinnen dem Beklagten mit, dass ihrer Ansicht nach für das vorliegende Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei. 5Der Beklagte führte nachfolgend eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles durch und gelangte unter dem 30. April 2013 zu dem Ergebnis, dass es durch das Vorhaben nicht zu erheblichen nachteiligen Umwelteinwirkungen kommen werde. Aufgrund des einzubauenden Geruchsfilters sei hinreichend sicher gestellt, dass beim Betrieb der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Gerüchen für die Klägerinnen entstünden. 6Am 16. Mai 2013 wurde im Amtlichen Kreisblatt bekannt gemacht, dass die nach Nr. 7.7.3 Spalte 2 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) durchzuführende standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls ergeben habe, dass für das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umwelteinwirkungen zu erwarten seien und deshalb keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei. 7Mit Bescheid vom 3. Juli 2013 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und Inbetriebnahme einer Anlage zum Halten oder zur Aufzucht von Mastschweinen mit 1.904 Plätzen sowie zur Errichtung und Inbetriebnahme eines Güllebehälters und eines Futtermittelsilos. Als Nebenbestimmung verfügte der Beklagte u.a. den Einbau einer Abluftreinigungsanlage (I2. Biofilter). Er ordnete die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides an. 8Am 2. August 2013 haben die Klägerinnen Klage erhoben. Zu deren Begründung tragen sie vor, ihnen stünde ein Anspruch auf Aufhebung des verfahrensgegenständlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheides bereits aus § 4 Abs. 3 und Abs. 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) zu. Vorliegend seien zumindest die auf dem Grundstück Gemarkung G. , Flur 15, Flurstück 17, betriebenen Anlagen mit den entsprechenden Tierplatzzahlen kumulierend zu betrachten, da jedenfalls insoweit die Voraussetzungen des § 3 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG erfüllt seien. Der Beklagte habe zu Unrecht lediglich eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles vorgenommen, nach Ziff. 7.11.1 der Anlage 1 zum UVPG hätte vielmehr eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. 9Die Klägerinnen beantragen, 10den der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Bescheid vom 3. Juli 2013 aufzuheben. 11Der Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Er macht geltend, im vorliegenden Fall sei die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich gewesen, da es für eine kumulierende Betrachtungsweise der für das Grundstück Gemarkung G. , Flur 15, Flurstück 17, genehmigten Tierplatzzahlen an einer gleichzeitigen Verwirklichung der Vorhaben fehle. 14Die Beigeladene beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verfahrensakten 11 K 1021/11 und 11 K 1817/12 nebst dazugehöriger Verwaltungsvorgänge, die Bauakten der Stadt Q. (8 Hefter) sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten in diesem Verfahren (2 Hefter) Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Eine Entscheidung konnte durch die Berichterstatterin erfolgen, da sich die Beteiligten hiermit wirksam einverstanden erklärt haben, vgl. § 87 a Abs. 2 und 3 VwGO. 19Die Anfechtungsklage ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. 20Die gem. § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis ergibt sich zunächst daraus, dass die Klägerinnen nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG geltend machen können, dass eine nach den Bestimmungen des UVPG erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UmwRG räumt in unionsrechtskonformer Auslegung ein selbstständig durchsetzbares, absolutes Verfahrensrecht ein. 21Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 – 8 A 959/10 –, juris Rn. 53 ff. m.w.N. 22Die Klägerinnen sind betroffene Öffentlichkeit i.S.d. § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG, da sie durch die – ein UVPG-pflichtiges Vorhaben betreffende – Zulassungsentscheidung in ihren Belangen berührt werden. Betroffenheit in diesem Sinne wird grundsätzlich durch einen räumlichen Bezug zum Einwirkungsbereich der Immissionen bestimmt. 23 Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 – 8 A 959/10 –, a.a.O. Rn. 82 f. 24Dies ist bei den Klägerinnen als Eigentümerinnen bzw. bei der Klägerin zu 1. als Anwohnerin des in unmittelbarer Nähe zum Vorhabengrundstück befindlichen Wohnhauses I.---straße 41 der Fall. 25Durch ihre Position als Eigentümerinnen bzw. für die Klägerin zu 1. als Anwohnerin können sich die Klägerinnen ferner auf eine nicht ausgeschlossene Verletzung der nachbarschützenden Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG berufen. 26Der Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es mit Blick auf die Beteiligung der Klägerinnen im Verwaltungsverfahren (§ 110 Abs. 3 Satz 1 Justizgesetz NRW (JustG NRW)) im vorliegenden Fall nicht, § 110 Abs. 1 Satz 1 JustG NRW. 27Die Klage ist zudem begründet. Der der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid vom 3. Juli 2013 zur Errichtung und Inbetriebnahme einer Anlage zum Halten oder zur Aufzucht von Mastschweinen mit 1.904 Plätzen ist rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie haben einen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung nach § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 UmwRG, denn die im vorliegenden Fall erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung ist nicht durchgeführt worden. 28Rechtsgrundlage für die streitbefangene Genehmigung ist § 6 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 29§ 4 Abs. 1 BImSchG und Nr. 7.1.7.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV in der zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung. Danach ist eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer aufgrund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. 30Im Rahmen der Anfechtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch einen Dritten ist Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung allein die Frage, ob die erteilte Genehmigung im Hinblick auf Vorschriften, die dem Schutz des Klägers dienen, rechtmäßig ist. Einen Anspruch auf Rechtsschutz gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung haben Nachbarn – wie die Klägerinnen – nämlich nicht schon dann, wenn die Genehmigung objektiv rechtswidrig ist, also öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Vielmehr setzt die Gewährung von Rechtsschutz voraus, dass nachbarschützende Vorschriften verletzt sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz der Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat. Eine Ausnahme hiervon ergibt sich im Rahmen von Nachbarklagen allerdings aus § 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 UmwRG. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 u.a. dann verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Nach § 4 Abs. 3 UmwRG gilt dies entsprechend für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO. Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt, bringt er zum Ausdruck, dass auch insoweit die Fehler einer unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer UVP-Vorprüfung unabhängig von den sonst nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geltenden einschränkenden Maßgaben zur Begründetheit der Klage führen. Die Norm lässt den individualrechtsbezogenen Ansatz des § 42 Abs. 2 VwGO unangetastet und weitet durch Verzicht auf die sonst geltenden Einschränkungen der Rechtsfolgen von Verfahrensfehlern lediglich – insofern § 47 VwGO ähnelnd – den gerichtlichen Umfang der Begründetheitsprüfung gegenüber der Prüfung der Klagebefugnis aus. 31Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – 9 A 30.10 –; OVG NRW, Beschluss vom 27. September 2013 – 10 B 679/13 –; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 8. März 2013 – 1 LB 5/12 –, allesamt juris. 32Die von den Klägerinnen angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung leidet an einem derart beachtlichen Verfahrensmangel, auf den sie sich zudem berufen können. Sie können dem Vorhaben der Beigeladenen das Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung entgegenhalten. 33Nach § 3 b Abs. 1 Satz 1 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für ein in der Anlage 1 zum UVPG aufgeführtes Vorhaben, wenn die zur Bestimmung seiner Art genannten Merkmale vorliegen (Spalte 1, „X“). Sofern in der Anlage 1 für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist (Spalte 2, „A“), ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Auswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären (§ 3 c Satz 1 UVPG). Sofern für ein Vorhaben mit geringer Größe oder Leistung eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist (Spalte 2, „S“), gilt gleiches, wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind (§ 3 c Satz 2 UVPG). 34§ 3 b Abs. 3 Satz 1 UVPG sieht für den Fall, dass der maßgebende Größen- oder Leistungswert durch die Änderung oder Erweiterung eines bestehenden bisher nicht UVP-pflichtigen Vorhabens erstmals erreicht oder überschritten wird, für die Änderung oder Erweiterung eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Berücksichtigung der Umweltauswirkungen des bestehenden, bisher nicht UVP-pflichtigen Vorhabens vor. Nach § 3 b Abs. 3 Satz 2 UVPG sind bestehende Vorhaben auch kumulierende Vorhaben i.S.d. Abs. 2 Satz 1. Eine obligatorische UVP-Pflicht für Änderungen oder Erweiterungen bestehender, bisher nicht UVP-pflichtiger Vorhaben nach Satz 1 setzt voraus, dass der Größen –oder Leistungswert einer X-Vorhabenart nach Spalte 1 erstmals erreicht oder überschritten wird. Nach Satz 2 ist die nachträgliche Kumula-tion dieser Konstellation gleichgestellt. Die vorgenannten Vorschriften sollen dafür sorgen, dass die Funktion der Schwellenwerte nicht durch sukzessive Erweiterungen vorhandener Vorhaben oder deren Verbindung mit neuen gleichartigen Projekten unterlaufen wird. 35Vgl. Landmann/Rohmer, Bearbeiter: Sangenstedt, Umweltrecht, Band I, Stand: August 2013, § 3 b UVPG Rn. 42. 36Der Einwand des Beklagten, eine kumulative Betrachtung sei nur bei gleichzeitiger Verwirklichung der Vorhaben anzustellen, geht fehl. Denn der Anwendungsbereich des § 3 b Abs. 3 Satz 2 UVPG umfasst insbesondere die nachträgliche Kumulation, d.h. Konstellationen, in denen ein neues Vorhaben in engem räumlichen Zusammenhang mit einem schon vorhandenen Vorhaben derselben Art durchgeführt werden soll. 37Vgl. Landmann/Rohmer, a.a.O., § 3 b UVPG Rn. 47. 38Die sog. nachträgliche Kumulation bedarf, wie es auch bei § 3 b Abs. 2 Satz 2 UVPG im Rahmen der gleichzeitigen Kumulation erforderlich ist, einer engen räumlichen Nähe zum „Grundvorhaben“. 39Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 8. März 2013 – 1 LB 5/12 –, juris Rn. 51 f. 40Dabei ist die Bewertung, ob eine enger Zusammenhang besteht und deshalb von einer gemeinsamen Anlage auszugehen ist, spezifisch umweltrechtlich zu treffen. Über die Zulässigkeit gesellschaftsrechtlicher, steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Gestaltungsmöglichkeiten bei der Organisation landwirtschaftlicher Betriebe sagt sie nichts aus. 41Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2014 – 2 A 1434/13, 2 A 1480/13, 2 A 1481/13, 2 A 1482/13, 2 A 1495/13 –, juris, Rn. 69. 42Der in § 3 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG legaldefinierte "enge Zusammenhang" kumulierender Vorhaben in Gestalt einer gemeinsamen Anlage knüpft in Anlehnung an § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV entscheidend an räumliche, nachrangig – gewissermaßen als Hilfskriterium – an betrieblich-technische Zusammenhänge an. Gemeinsame Betriebseinrichtungen sind Anlagenteile, Maschinen, Geräte und sonstige technische Vorkehrungen, die für den technischen Betrieb der Anlage Bedeutung haben. Sie müssen einem vergleichbaren Zweck dienen, weil sie nur dann kumulieren. Entscheidungserheblich für den "engen Zusammenhang" ist bei kumulierenden Umweltauswirkungen der Vorhaben aber der räumliche Zusammenhang "desselben Betriebsgeländes". Dem(selben) Betriebsgelände wird nach der Verkehrsanschauung noch das tatsächlich angrenzende Gelände wie z. B. Zufahrtswege, Begrünung, Abstellflächen etc. zugerechnet. Im Weiteren kommt es auf eine wertende Gesamtbetrachtung aller Umstände an. Wegen der gemäß § 3 b Abs. 2 Satz 1 UVPG nicht notwendigen Trägeridentität ist das Betriebsgelände im UVP-rechtlichen Verständnis von vornherein weiter zu fassen, als bei der gemeinsamen Anlage nach § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV, wobei sich dieser im Normwortlaut angelegte Unterschied - wie noch zu zeigen sein wird - bei der gebotenen umfassenden Anwendung eines materiellen UVP- wie immissionsschutzrechtlichen Betreiberbegriffs nivellieren wird. Von einer gemeinsamen Anlage i.S.v. § 3 b Abs. 2 Satz 2 UVPG kann bei gegebenem räumlichem Zusammenhang und vergleichbarem Zweck daher UVP- wie immissionsschutzrechtlich auch dann gesprochen werden, wenn die mehreren Teilanlagen denselben Betreiber haben. Unter Umweltgesichtspunkten ist es ohne Belang – und dies begründet die nur nachrangige Bedeutung der gemeinsamen Betriebseinrichtungen –, ob Vorhaben, die an einem Standort in engem räumlichen Zusammenhang durchgeführt werden sollen, mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind oder sich ohne technische Verbindung nur nebeneinander befinden. § 3 b Abs. 2 UVPG bezieht sogar unterschiedliche Träger in den Kumulationstatbestand ein. Dies alles führt dazu, dass unter "dasselbe Betriebsgelände" erst recht ein Sachverhalt subsumiert werden kann, in dem Flächen zugleich Betriebsgelände einer anderen – möglicherweise technisch getrennten – Anlage sind und diese Anlage denselben Betreiber hat. Das für sich allein ausreichende räumliche Näheverhältnis ist auch dann zu bejahen, wenn formal selbständige Anlagen sich als einheitlicher Komplex darstellen. 43Diese teleologische Auslegung des § 3 b Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG ist Ausdruck des UVP-rechtlichen Leitgedankens, dass die (europarechtswidrige, weil dem Sinn und Zweck von Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 UVP- Änderungsrichtlinie97/11/EG vom 14. März 1997 i.V.m. deren Anhängen I und II widersprechende) künstliche Aufspaltung von an sich UVP-pflichtigen Vorhaben durch sukzessive Vorhabenerweiterungen vermieden und eine Gesamtbewertung der Umweltauswirkungen kumulierender Vorhaben unabhängig davon erreicht werden soll, ob sie einem oder mehreren Vorhabenträgern zugeordnet und wie sie im Einzelnen technisch ausgestaltet sind. 44Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2014 – 2 A 1434/13, 2 A 1480/13, 2 A 1481/13, 2 A 1482/13, 2 A 1495/13 –,a.a.O. Rn. 74 und 76 m.w.N. 45Das Gericht hat in seinem Urteil vom 2. Juni 2014 – 11 K 1817/12 – ausgeführt, dass die Stallgebäude auf den Grundstücken Gemarkung G. , Flur 15, Flurstück 4 und Flurstück 17, keinen engen Zusammenhang im vorgenannten Sinne aufweisen, da es u.a. an der geforderten Nähe der Stallgebäude auf den beiden Grundstücken fehlt, diese vielmehr auch aufgrund der Trennung durch die I.---straße sowie die unterschiedliche Ausrichtung als zwei getrennte Stallkomplexe anzusehen sind. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt die Kammer Bezug auf die entsprechenden Ausführungen im vorgenannten Urteil vom 2. Juni 2014 – 11 K 1817/12 –. Wenn man jedoch jedes der beiden Grundstücke für sich betrachtet und die Bebauung dort in den Blick nimmt, stehen die auf dem jeweiligen Grundstück befindlichen Stallgebäude in einem engen räumlichen Zusammenhang zueinander. Für diese Annahme spricht bereits der Umstand, dass die Entfernung der Gebäude nur wenige Meter beträgt und sie allesamt in gleicher Richtung ausgerichtet sind. Unerheblich ist, dass die Ställe nominell unterschiedliche Betreiber haben. Offen bleiben kann daher auch die Frage, wer letztlich tatsächlich Betreiber der Ställe ist. Die auf dem Grundstück G. , Flur 15, Flurstück 17, befindlichen Stallgebäude sind demnach als gemeinsame Anlage zu werten, deren Umweltauswirkung kumulieren und deshalb UVP-rechtlich gemeinsam zu betrachten sind. 46Vorliegend ist der sachliche Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes eröffnet, weil eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) UmwRG bestehen kann. Nach Nr. 7.11.1 der Anlage 1 zum UVPG bedarf die Errichtung und der Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung oder Aufzucht von Tieren in gemischten Beständen einer Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn die jeweils unter den Nummern 7.1.1., 7.2.1, 7.3.1, 7.4.1, 7.7.1, 7.8.1, 7.9.1 und 7.10.1 genannten Platzzahlen nicht erreicht werden, die Summe der Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Platzzahlen ausgeschöpft werden, aber den Wert 100 erreicht oder überschreitet. So liegt der Fall hier. 47Nimmt man die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für das Grundstück Gemarkung G. , Flur 15, Flurstück 17, in den Blick, ergibt sich Folgendes: 482.720 Mastschweineplätze (= 90,6 %) + 250 Sauenplätze (= 27,7 %) + 493.000 Mastschweineplätze 900 Sauenplätze 501.368 Ferkelplätze (= 15, 2 %) = 133,5 % 519.000 Ferkelplätze 52Da bereits mit Blick auf diese Tierplatzzahlen eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestanden hat, kann dahinstehen, ob die mit baurechtlicher Genehmigung der Stadt Q. vom 30. Juli 2001 erteilte Genehmigung hinsichtlich 560 Zucht- und Mastsauen zu den vorgenannten Tierplatzzahlen zu addieren oder ob insoweit Bestandschutz nach § 3 b Abs. 3 Satz 3 UVPG zu gewähren ist. Für die Anwendbarkeit der Bestandschutzregelung auch für dieses Vorhaben spricht dabei – ohne dass dies hier rechtlich erheblich wäre –, dass die Genehmigung am 30. Juli 2001 und damit vor Inkrafttreten des Artikel-Gesetzes am 3. August 2001 und der Einführung der standortbezogenen Vorprüfungspflicht erfolgt ist. Zwar soll nach dem klaren Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des § 3 b Abs. 3 Satz 3 UVPG, bisher nicht UVP-pflichtige Vorhaben nicht nachträglich UVP-rechtlich relevant zu machen, der bis zum Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfrist erreichte Bestand UVP-rechtlich bestandsgeschützt, d.h. unbeachtlich für das nachträgliche Erreichen von Größen – oder Leistungswerten sein. 53Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2014 – 2 A 1434/13, 2 A 1480/13, 2 A 1481/13, 2 A 1482/13, 2 A 1495/13 –, a.a.O. Rn. 109. 54Aus Gründen der Rechtssicherheit könnte jedoch einiges dafür sprechen, nicht allein auf den Ablauf der Umsetzungsfrist der UVP-Änderungsrichtlinie 97/11/EG am 14. März 1999 abzustellen, sondern insoweit als äußerste zeitliche Grenze das Inkrafttreten des Artikel-Gesetzes am 3. August 2001 in den Blick zu nehmen, da zu diesem Zeitpunkt die UVP-Änderungsrichtlinie geltendes Recht wurde. 55Vgl. hierzu: OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2014 – 2 A 1434/13, 2 A 1480/13, 2 A 1481/13, 2 A 1482/13, 2 A 1495/13 – a.a.O., Rn. 110. 56Die vorstehend aufgeworfene Frage kann letztlich aber offen bleiben, da – wie bereits dargelegt – auch ohne die am 30. Juli 2001 baurechtlich genehmigten 560 Plätze für Zucht- und Mastsauen der Schwellenwert der Ziff. 7.11.1 der Anlage 1 zum UVPG überschritten wird. 57Der in den fehlenden Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung liegende Verfahrensfehler verletzt die Klägerinnen i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten. 58Die nach § 3b Abs. 3 Satz 1 UVPG bestehende Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist auch den Interessen der Klägerin als von der Genehmigung Betroffener zu dienen bestimmt. Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG lediglich ein objektiv-rechtlicher Rechtsfehler vorliegt, ändert dies nichts an der durch § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG ausdrücklich angeordneten Rechtsfolge eines Aufhebungsanspruchs. Die Voraussetzung einer subjektiven Rechtsverletzung in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO wird insoweit verdrängt. Nach der einen wie der anderen Auffassung ergibt sich aus § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 UmwRG zudem, dass die Aufhebung der Zulassungsentscheidung unabhängig davon beansprucht werden kann, ob der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat. § 46 VwVfG NRW findet keine Anwendung. 59Vgl. BT-Drs. 16/2495, S. 14; BVerwG, Urteile vom 17. Dezember 2013 – 3 A 1/13 –, juris Rn. 41, vom 2. Oktober 2013 – 9 A 23/12 –, juris Rn. 21; OVG NRW, Urteil vom 15. Februar 2015, a.a.O. Rn. 184 m.w.N., und Urteil vom 17. Juni 2014 – 2 A 1434/13 u.a. –, juris Rn. 61; VG Minden Urteil vom 22. April 2015 – 11 K 3710/12 –, juris Rn. 129 . 60Das Gericht war auch nicht gehalten, das Verfahren auszusetzen und dem Beklagten die Möglichkeit einzuräumen, die fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung nachzuholen. Zwar kann eine UVP-Vorprüfung in entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 1 und 2 VwVfG bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden, eine Umweltverträglichkeitsprüfung kann in der Regel im gerichtlichen Verfahren indes nicht nachgeholt werden. 61Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 – 4 C 11/07 –, juris Rn. 26. 62Da die streitgegenständliche Genehmigung vom 3. Juli 2013 bereits nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 UmwRG aufzuheben ist, kann die Frage offen bleiben, ob das Grundstück der Klägerinnen durch den Betrieb des Stalls mit 1.904 Mastplätzen unzumutbaren Geruchsbelastungen ausgesetzt wird. Nach derzeitiger Einschätzung des Gerichts spricht indes einiges dafür, dass der vom Beklagten im Rahmen der Nebenbestimmungen geforderte Einbau einer Abluftreinigungsanlage in Form eines Biofilters der Firma I1. dazu führt, dass, sofern diese ordnungsgemäß betrieben wird, der Stall aufgrund seiner Entfernung von über 200 m zum Wohnhaus der Klägerinnen nicht zur Entstehung weiterer Geruchsimmissionen beiträgt. Zur weiteren Begründung nimmt das Gericht Bezug auf seine entsprechenden Ausführungen im Urteil vom 2. Juni 2014 – 11 K 1817/12 –, die sich insbesondere mit den Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. C1. in der mündlichen Verhandlung befassen. 63Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO. | die der beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche genehmigung vom 3. juli 2013 wird aufgehoben. der beklagte und die beigeladene tragen die kosten des verfahrens mit ausnahme ihrer jeweiligen außergerichtlichen kosten je zur hälfte. ihre außergerichtlichen kosten tragen der beklagte und die beigeladene selbst. das urteil ist wegen der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2wegen der vorgeschichte wird zunächst auf die entsprechenden ausführungen in den urteilen des erkennenden gerichts vom 2. juni 2014 in den verfahren 11 k 1021/11 und 11 k 1817/12 bezug genommen. 3die beigeladene beantragte unter dem 4. oktober 2012 die erteilung einer genehmigung zur richtung und zum betrieb sowie zur änderung von anlagen i.s.v. § 4 bundes-immissionsschutzgesetz (bimschg) zur errichtung und inbetriebnahme einer anlage zum halten oder zur aufzucht von mastschweinen mit 1.904 plätzen sowie die errichtung und inbetriebnahme eines güllebehälters und eines futtermittelsilos auf dem grundstück gemarkung g. , flur 15, flurstück 17. 4mit schreiben vom 5. april 2013 teilten die klägerinnen dem beklagten mit, dass ihrer ansicht nach für das vorliegende vorhaben eine umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei. 5der beklagte führte nachfolgend eine standortbezogene vorprüfung des einzelfalles durch und gelangte unter dem 30. april 2013 zu dem ergebnis, dass es durch das vorhaben nicht zu erheblichen nachteiligen umwelteinwirkungen kommen werde. aufgrund des einzubauenden geruchsfilters sei hinreichend sicher gestellt, dass beim betrieb der anlage keine schädlichen umwelteinwirkungen in form von gerüchen für die klägerinnen entstünden. 6am 16. mai 2013 wurde im amtlichen kreisblatt bekannt gemacht, dass die nach nr. 7.7.3 spalte 2 der anlage 1 zum gesetz über die umweltverträglichkeitsprüfung (uvpg) durchzuführende standortbezogene vorprüfung des einzelfalls ergeben habe, dass für das vorhaben keine erheblichen nachteiligen umwelteinwirkungen zu erwarten seien und deshalb keine umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei. 7mit bescheid vom 3. juli 2013 erteilte der beklagte der beigeladenen die immissionsschutzrechtliche genehmigung für die errichtung und inbetriebnahme einer anlage zum halten oder zur aufzucht von mastschweinen mit 1.904 plätzen sowie zur errichtung und inbetriebnahme eines güllebehälters und eines futtermittelsilos. als nebenbestimmung verfügte der beklagte u.a. den einbau einer abluftreinigungsanlage (i2. biofilter). er ordnete die sofortige vollziehung des genehmigungsbescheides an. 8am 2. august 2013 haben die klägerinnen klage erhoben. zu deren begründung tragen sie vor, ihnen stünde ein anspruch auf aufhebung des verfahrensgegenständlichen immissionsschutzrechtlichen genehmigungsbescheides bereits aus § 4 abs. 3 und abs. 1 des umwelt-rechtsbehelfsgesetzes (umwrg) zu. vorliegend seien zumindest die auf dem grundstück gemarkung g. , flur 15, flurstück 17, betriebenen anlagen mit den entsprechenden tierplatzzahlen kumulierend zu betrachten, da jedenfalls insoweit die voraussetzungen des § 3 b abs. 2 satz 2 nr. 1 uvpg erfüllt seien. der beklagte habe zu unrecht lediglich eine standortbezogene vorprüfung des einzelfalles vorgenommen, nach ziff. 7.11.1 der anlage 1 zum uvpg hätte vielmehr eine umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. 9die klägerinnen beantragen, 10den der beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen bescheid vom 3. juli 2013 aufzuheben. 11der beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13er macht geltend, im vorliegenden fall sei die durchführung einer umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich gewesen, da es für eine kumulierende betrachtungsweise der für das grundstück gemarkung g. , flur 15, flurstück 17, genehmigten tierplatzzahlen an einer gleichzeitigen verwirklichung der vorhaben fehle. 14die beigeladene beantragt, 15die klage abzuweisen. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte, die verfahrensakten 11 k 1021/11 und 11 k 1817/12 nebst dazugehöriger verwaltungsvorgänge, die bauakten der stadt q. (8 hefter) sowie die verwaltungsvorgänge des beklagten in diesem verfahren (2 hefter) bezug genommen. 17 | 18eine entscheidung konnte durch die berichterstatterin erfolgen, da sich die beteiligten hiermit wirksam einverstanden erklärt haben, vgl. § 87 a abs. 2 und 3 vwgo. 19die anfechtungsklage ist statthaft und auch im übrigen zulässig. 20die gem. § 42 abs. 2 vwgo erforderliche klagebefugnis ergibt sich zunächst daraus, dass die klägerinnen nach § 4 abs. 3 i.v.m. abs. 1 satz 1 nr. 1 umwrg geltend machen können, dass eine nach den bestimmungen des uvpg erforderliche umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. § 4 abs. 3 i.v.m. abs. 1 satz 1 umwrg räumt in unionsrechtskonformer auslegung ein selbstständig durchsetzbares, absolutes verfahrensrecht ein. 21vgl. ovg nrw, urteil vom 25. februar 2015 – 8 a 959/10 –, juris rn. 53 ff. m.w.n. 22die klägerinnen sind betroffene öffentlichkeit i.s.d. § 2 abs. 6 satz 2 uvpg, da sie durch die – ein uvpg-pflichtiges vorhaben betreffende – zulassungsentscheidung in ihren belangen berührt werden. betroffenheit in diesem sinne wird grundsätzlich durch einen räumlichen bezug zum einwirkungsbereich der immissionen bestimmt. 23 vgl. ovg nrw, urteil vom 25. februar 2015 – 8 a 959/10 –, a.a.o. rn. 82 f. 24dies ist bei den klägerinnen als eigentümerinnen bzw. bei der klägerin zu 1. als anwohnerin des in unmittelbarer nähe zum vorhabengrundstück befindlichen wohnhauses i.---straße 41 der fall. 25durch ihre position als eigentümerinnen bzw. für die klägerin zu 1. als anwohnerin können sich die klägerinnen ferner auf eine nicht ausgeschlossene verletzung der nachbarschützenden vorschrift des § 5 abs. 1 satz 1 nr. 1 bimschg berufen. 26der durchführung eines vorverfahrens bedurfte es mit blick auf die beteiligung der klägerinnen im verwaltungsverfahren (§ 110 abs. 3 satz 1 justizgesetz nrw (justg nrw)) im vorliegenden fall nicht, § 110 abs. 1 satz 1 justg nrw. 27die klage ist zudem begründet. der der beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche genehmigungsbescheid vom 3. juli 2013 zur errichtung und inbetriebnahme einer anlage zum halten oder zur aufzucht von mastschweinen mit 1.904 plätzen ist rechtswidrig und verletzt die klägerinnen in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). sie haben einen anspruch auf aufhebung der angefochtenen genehmigung nach § 4 abs. 3, abs. 1 satz 1 umwrg, denn die im vorliegenden fall erforderliche umweltverträglichkeitsprüfung ist nicht durchgeführt worden. 28rechtsgrundlage für die streitbefangene genehmigung ist § 6 abs. 1 satz 1 i.v.m. 29§ 4 abs. 1 bimschg und nr. 7.1.7.2 des anhangs 1 der 4. bimschv in der zum zeitpunkt der genehmigungserteilung geltenden fassung. danach ist eine immissionsschutzrechtliche genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer aufgrund des § 7 erlassenen rechtsverordnung ergebenden pflichten erfüllt werden und andere öffentlich-rechtliche vorschriften und belange des arbeitsschutzes der errichtung und dem betrieb der anlage nicht entgegenstehen. 30im rahmen der anfechtung einer immissionsschutzrechtlichen genehmigung durch einen dritten ist gegenstand der verwaltungsgerichtlichen überprüfung allein die frage, ob die erteilte genehmigung im hinblick auf vorschriften, die dem schutz des klägers dienen, rechtmäßig ist. einen anspruch auf rechtsschutz gegen eine immissionsschutzrechtliche genehmigung haben nachbarn – wie die klägerinnen – nämlich nicht schon dann, wenn die genehmigung objektiv rechtswidrig ist, also öffentlich-rechtlichen vorschriften widerspricht. vielmehr setzt die gewährung von rechtsschutz voraus, dass nachbarschützende vorschriften verletzt sind. dies ist nur dann der fall, wenn die verletzte norm zumindest auch dem schutz der nachbarn dient, also drittschützende wirkung hat. eine ausnahme hiervon ergibt sich im rahmen von nachbarklagen allerdings aus § 4 abs. 1 satz 1 i.v.m. abs. 3 umwrg. gemäß § 4 abs. 1 satz 1 umwrg kann die aufhebung einer entscheidung über die zulässigkeit eines vorhabens nach § 1 abs. 1 satz 1 nr. 1 u.a. dann verlangt werden, wenn eine nach den bestimmungen des gesetzes über die umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche vorprüfung des einzelfalls über die uvp-pflichtigkeit nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. nach § 4 abs. 3 umwrg gilt dies entsprechend für rechtsbehelfe von beteiligten nach § 61 nr. 1 und 2 vwgo. indem § 4 abs. 3 umwrg die regelung des § 4 abs. 1 umwrg auf rechtsbehelfe von beteiligten nach § 61 nr. 1 und 2 vwgo für entsprechend anwendbar erklärt, bringt er zum ausdruck, dass auch insoweit die fehler einer unterbliebenen umweltverträglichkeitsprüfung oder einer uvp-vorprüfung unabhängig von den sonst nach der verwaltungsgerichtlichen rechtsprechung geltenden einschränkenden maßgaben zur begründetheit der klage führen. die norm lässt den individualrechtsbezogenen ansatz des § 42 abs. 2 vwgo unangetastet und weitet durch verzicht auf die sonst geltenden einschränkungen der rechtsfolgen von verfahrensfehlern lediglich – insofern § 47 vwgo ähnelnd – den gerichtlichen umfang der begründetheitsprüfung gegenüber der prüfung der klagebefugnis aus. 31vgl. bverwg, urteil vom 20. dezember 2011 – 9 a 30.10 –; ovg nrw, beschluss vom 27. september 2013 – 10 b 679/13 –; ovg schleswig-holstein, urteil vom 8. märz 2013 – 1 lb 5/12 –, allesamt juris. 32die von den klägerinnen angefochtene immissionsschutzrechtliche genehmigung leidet an einem derart beachtlichen verfahrensmangel, auf den sie sich zudem berufen können. sie können dem vorhaben der beigeladenen das fehlen einer umweltverträglichkeitsprüfung entgegenhalten. 33nach § 3 b abs. 1 satz 1 uvpg besteht die verpflichtung zur durchführung einer umweltverträglichkeitsprüfung für ein in der anlage 1 zum uvpg aufgeführtes vorhaben, wenn die zur bestimmung seiner art genannten merkmale vorliegen (spalte 1, „x“). sofern in der anlage 1 für ein vorhaben eine allgemeine vorprüfung des einzelfalls vorgesehen ist (spalte 2, „a“), ist eine umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das vorhaben nach einschätzung der zuständigen behörde aufgrund überschlägiger prüfung unter berücksichtigung der in anlage 2 aufgeführten kriterien erhebliche nachteilige auswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären (§ 3 c satz 1 uvpg). sofern für ein vorhaben mit geringer größe oder leistung eine standortbezogene vorprüfung des einzelfalls vorgesehen ist (spalte 2, „s“), gilt gleiches, wenn trotz der geringen größe oder leistung des vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher gegebenheiten gemäß den in der anlage 2 nr. 2 aufgeführten schutzkriterien erhebliche nachteilige umweltauswirkungen zu erwarten sind (§ 3 c satz 2 uvpg). 34§ 3 b abs. 3 satz 1 uvpg sieht für den fall, dass der maßgebende größen- oder leistungswert durch die änderung oder erweiterung eines bestehenden bisher nicht uvp-pflichtigen vorhabens erstmals erreicht oder überschritten wird, für die änderung oder erweiterung eine umweltverträglichkeitsprüfung unter berücksichtigung der umweltauswirkungen des bestehenden, bisher nicht uvp-pflichtigen vorhabens vor. nach § 3 b abs. 3 satz 2 uvpg sind bestehende vorhaben auch kumulierende vorhaben i.s.d. abs. 2 satz 1. eine obligatorische uvp-pflicht für änderungen oder erweiterungen bestehender, bisher nicht uvp-pflichtiger vorhaben nach satz 1 setzt voraus, dass der größen –oder leistungswert einer x-vorhabenart nach spalte 1 erstmals erreicht oder überschritten wird. nach satz 2 ist die nachträgliche kumula-tion dieser konstellation gleichgestellt. die vorgenannten vorschriften sollen dafür sorgen, dass die funktion der schwellenwerte nicht durch sukzessive erweiterungen vorhandener vorhaben oder deren verbindung mit neuen gleichartigen projekten unterlaufen wird. 35vgl. landmann/rohmer, bearbeiter: sangenstedt, umweltrecht, band i, stand: august 2013, § 3 b uvpg rn. 42. 36der einwand des beklagten, eine kumulative betrachtung sei nur bei gleichzeitiger verwirklichung der vorhaben anzustellen, geht fehl. denn der anwendungsbereich des § 3 b abs. 3 satz 2 uvpg umfasst insbesondere die nachträgliche kumulation, d.h. konstellationen, in denen ein neues vorhaben in engem räumlichen zusammenhang mit einem schon vorhandenen vorhaben derselben art durchgeführt werden soll. 37vgl. landmann/rohmer, a.a.o., § 3 b uvpg rn. 47. 38die sog. nachträgliche kumulation bedarf, wie es auch bei § 3 b abs. 2 satz 2 uvpg im rahmen der gleichzeitigen kumulation erforderlich ist, einer engen räumlichen nähe zum „grundvorhaben“. 39vgl. ovg schleswig-holstein, urteil vom 8. märz 2013 – 1 lb 5/12 –, juris rn. 51 f. 40dabei ist die bewertung, ob eine enger zusammenhang besteht und deshalb von einer gemeinsamen anlage auszugehen ist, spezifisch umweltrechtlich zu treffen. über die zulässigkeit gesellschaftsrechtlicher, steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher gestaltungsmöglichkeiten bei der organisation landwirtschaftlicher betriebe sagt sie nichts aus. 41vgl. ovg nrw, urteil vom 17. juni 2014 – 2 a 1434/13, 2 a 1480/13, 2 a 1481/13, 2 a 1482/13, 2 a 1495/13 –, juris, rn. 69. 42der in § 3 b abs. 2 satz 2 nr. 1 uvpg legaldefinierte "enge zusammenhang" kumulierender vorhaben in gestalt einer gemeinsamen anlage knüpft in anlehnung an § 1 abs. 3 der 4. bimschv entscheidend an räumliche, nachrangig – gewissermaßen als hilfskriterium – an betrieblich-technische zusammenhänge an. gemeinsame betriebseinrichtungen sind anlagenteile, maschinen, geräte und sonstige technische vorkehrungen, die für den technischen betrieb der anlage bedeutung haben. sie müssen einem vergleichbaren zweck dienen, weil sie nur dann kumulieren. entscheidungserheblich für den "engen zusammenhang" ist bei kumulierenden umweltauswirkungen der vorhaben aber der räumliche zusammenhang "desselben betriebsgeländes". dem(selben) betriebsgelände wird nach der verkehrsanschauung noch das tatsächlich angrenzende gelände wie z. b. zufahrtswege, begrünung, abstellflächen etc. zugerechnet. im weiteren kommt es auf eine wertende gesamtbetrachtung aller umstände an. wegen der gemäß § 3 b abs. 2 satz 1 uvpg nicht notwendigen trägeridentität ist das betriebsgelände im uvp-rechtlichen verständnis von vornherein weiter zu fassen, als bei der gemeinsamen anlage nach § 1 abs. 3 der 4. bimschv, wobei sich dieser im normwortlaut angelegte unterschied - wie noch zu zeigen sein wird - bei der gebotenen umfassenden anwendung eines materiellen uvp- wie immissionsschutzrechtlichen betreiberbegriffs nivellieren wird. von einer gemeinsamen anlage i.s.v. § 3 b abs. 2 satz 2 uvpg kann bei gegebenem räumlichem zusammenhang und vergleichbarem zweck daher uvp- wie immissionsschutzrechtlich auch dann gesprochen werden, wenn die mehreren teilanlagen denselben betreiber haben. unter umweltgesichtspunkten ist es ohne belang – und dies begründet die nur nachrangige bedeutung der gemeinsamen betriebseinrichtungen –, ob vorhaben, die an einem standort in engem räumlichen zusammenhang durchgeführt werden sollen, mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen einrichtungen verbunden sind oder sich ohne technische verbindung nur nebeneinander befinden. § 3 b abs. 2 uvpg bezieht sogar unterschiedliche träger in den kumulationstatbestand ein. dies alles führt dazu, dass unter "dasselbe betriebsgelände" erst recht ein sachverhalt subsumiert werden kann, in dem flächen zugleich betriebsgelände einer anderen – möglicherweise technisch getrennten – anlage sind und diese anlage denselben betreiber hat. das für sich allein ausreichende räumliche näheverhältnis ist auch dann zu bejahen, wenn formal selbständige anlagen sich als einheitlicher komplex darstellen. 43diese teleologische auslegung des § 3 b abs. 3 satz 1, abs. 2 satz 2 nr. 1 uvpg ist ausdruck des uvp-rechtlichen leitgedankens, dass die (europarechtswidrige, weil dem sinn und zweck von art. 4 abs. 1, abs. 2 uvp- änderungsrichtlinie97/11/eg vom 14. märz 1997 i.v.m. deren anhängen i und ii widersprechende) künstliche aufspaltung von an sich uvp-pflichtigen vorhaben durch sukzessive vorhabenerweiterungen vermieden und eine gesamtbewertung der umweltauswirkungen kumulierender vorhaben unabhängig davon erreicht werden soll, ob sie einem oder mehreren vorhabenträgern zugeordnet und wie sie im einzelnen technisch ausgestaltet sind. 44vgl. ovg nrw, urteil vom 17. juni 2014 – 2 a 1434/13, 2 a 1480/13, 2 a 1481/13, 2 a 1482/13, 2 a 1495/13 –,a.a.o. rn. 74 und 76 m.w.n. 45das gericht hat in seinem urteil vom 2. juni 2014 – 11 k 1817/12 – ausgeführt, dass die stallgebäude auf den grundstücken gemarkung g. , flur 15, flurstück 4 und flurstück 17, keinen engen zusammenhang im vorgenannten sinne aufweisen, da es u.a. an der geforderten nähe der stallgebäude auf den beiden grundstücken fehlt, diese vielmehr auch aufgrund der trennung durch die i.---straße sowie die unterschiedliche ausrichtung als zwei getrennte stallkomplexe anzusehen sind. wegen der weiteren einzelheiten nimmt die kammer bezug auf die entsprechenden ausführungen im vorgenannten urteil vom 2. juni 2014 – 11 k 1817/12 –. wenn man jedoch jedes der beiden grundstücke für sich betrachtet und die bebauung dort in den blick nimmt, stehen die auf dem jeweiligen grundstück befindlichen stallgebäude in einem engen räumlichen zusammenhang zueinander. für diese annahme spricht bereits der umstand, dass die entfernung der gebäude nur wenige meter beträgt und sie allesamt in gleicher richtung ausgerichtet sind. unerheblich ist, dass die ställe nominell unterschiedliche betreiber haben. offen bleiben kann daher auch die frage, wer letztlich tatsächlich betreiber der ställe ist. die auf dem grundstück g. , flur 15, flurstück 17, befindlichen stallgebäude sind demnach als gemeinsame anlage zu werten, deren umweltauswirkung kumulieren und deshalb uvp-rechtlich gemeinsam zu betrachten sind. 46vorliegend ist der sachliche anwendungsbereich des umwelt-rechtsbehelfsgesetzes eröffnet, weil eine pflicht zur durchführung einer umweltverträglichkeitsprüfung i.s.v. § 1 abs. 1 satz 1 nr. 1 a) umwrg bestehen kann. nach nr. 7.11.1 der anlage 1 zum uvpg bedarf die errichtung und der betrieb einer anlage zur intensivhaltung oder aufzucht von tieren in gemischten beständen einer umweltverträglichkeitsprüfung, wenn die jeweils unter den nummern 7.1.1., 7.2.1, 7.3.1, 7.4.1, 7.7.1, 7.8.1, 7.9.1 und 7.10.1 genannten platzzahlen nicht erreicht werden, die summe der vom-hundert-anteile, bis zu denen die platzzahlen ausgeschöpft werden, aber den wert 100 erreicht oder überschreitet. so liegt der fall hier. 47nimmt man die immissionsschutzrechtlichen genehmigungen für das grundstück gemarkung g. , flur 15, flurstück 17, in den blick, ergibt sich folgendes: 482.720 mastschweineplätze (= 90,6 %) + 250 sauenplätze (= 27,7 %) + 493.000 mastschweineplätze 900 sauenplätze 501.368 ferkelplätze (= 15, 2 %) = 133,5 % 519.000 ferkelplätze 52da bereits mit blick auf diese tierplatzzahlen eine verpflichtung zur durchführung einer umweltverträglichkeitsprüfung bestanden hat, kann dahinstehen, ob die mit baurechtlicher genehmigung der stadt q. vom 30. juli 2001 erteilte genehmigung hinsichtlich 560 zucht- und mastsauen zu den vorgenannten tierplatzzahlen zu addieren oder ob insoweit bestandschutz nach § 3 b abs. 3 satz 3 uvpg zu gewähren ist. für die anwendbarkeit der bestandschutzregelung auch für dieses vorhaben spricht dabei – ohne dass dies hier rechtlich erheblich wäre –, dass die genehmigung am 30. juli 2001 und damit vor inkrafttreten des artikel-gesetzes am 3. august 2001 und der einführung der standortbezogenen vorprüfungspflicht erfolgt ist. zwar soll nach dem klaren wortlaut sowie dem sinn und zweck des § 3 b abs. 3 satz 3 uvpg, bisher nicht uvp-pflichtige vorhaben nicht nachträglich uvp-rechtlich relevant zu machen, der bis zum ablauf der jeweiligen umsetzungsfrist erreichte bestand uvp-rechtlich bestandsgeschützt, d.h. unbeachtlich für das nachträgliche erreichen von größen – oder leistungswerten sein. 53vgl. ovg nrw, urteil vom 17. juni 2014 – 2 a 1434/13, 2 a 1480/13, 2 a 1481/13, 2 a 1482/13, 2 a 1495/13 –, a.a.o. rn. 109. 54aus gründen der rechtssicherheit könnte jedoch einiges dafür sprechen, nicht allein auf den ablauf der umsetzungsfrist der uvp-änderungsrichtlinie 97/11/eg am 14. märz 1999 abzustellen, sondern insoweit als äußerste zeitliche grenze das inkrafttreten des artikel-gesetzes am 3. august 2001 in den blick zu nehmen, da zu diesem zeitpunkt die uvp-änderungsrichtlinie geltendes recht wurde. 55vgl. hierzu: ovg nrw, urteil vom 17. juni 2014 – 2 a 1434/13, 2 a 1480/13, 2 a 1481/13, 2 a 1482/13, 2 a 1495/13 – a.a.o., rn. 110. 56die vorstehend aufgeworfene frage kann letztlich aber offen bleiben, da – wie bereits dargelegt – auch ohne die am 30. juli 2001 baurechtlich genehmigten 560 plätze für zucht- und mastsauen der schwellenwert der ziff. 7.11.1 der anlage 1 zum uvpg überschritten wird. 57der in den fehlenden durchführung einer umweltverträglichkeitsprüfung liegende verfahrensfehler verletzt die klägerinnen i.s.d. § 113 abs. 1 satz 1 vwgo in ihren rechten. 58die nach § 3b abs. 3 satz 1 uvpg bestehende verpflichtung zur durchführung einer umweltverträglichkeitsprüfung ist auch den interessen der klägerin als von der genehmigung betroffener zu dienen bestimmt. soweit nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts § 4 abs. 1 i. v. m. abs. 3 umwrg lediglich ein objektiv-rechtlicher rechtsfehler vorliegt, ändert dies nichts an der durch § 4 abs. 1 i. v. m. abs. 3 umwrg ausdrücklich angeordneten rechtsfolge eines aufhebungsanspruchs. die voraussetzung einer subjektiven rechtsverletzung in § 113 abs. 1 satz 1 vwgo wird insoweit verdrängt. nach der einen wie der anderen auffassung ergibt sich aus § 4 abs. 1 i. v. m. abs. 3 umwrg zudem, dass die aufhebung der zulassungsentscheidung unabhängig davon beansprucht werden kann, ob der verfahrensfehler die entscheidung in der sache beeinflusst hat. § 46 vwvfg nrw findet keine anwendung. 59vgl. bt-drs. 16/2495, s. 14; bverwg, urteile vom 17. dezember 2013 – 3 a 1/13 –, juris rn. 41, vom 2. oktober 2013 – 9 a 23/12 –, juris rn. 21; ovg nrw, urteil vom 15. februar 2015, a.a.o. rn. 184 m.w.n., und urteil vom 17. juni 2014 – 2 a 1434/13 u.a. –, juris rn. 61; vg minden urteil vom 22. april 2015 – 11 k 3710/12 –, juris rn. 129 . 60das gericht war auch nicht gehalten, das verfahren auszusetzen und dem beklagten die möglichkeit einzuräumen, die fehlende umweltverträglichkeitsprüfung nachzuholen. zwar kann eine uvp-vorprüfung in entsprechender anwendung des § 45 abs. 1 und 2 vwvfg bis zum abschluss der letzten tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen verfahrens nachgeholt werden, eine umweltverträglichkeitsprüfung kann in der regel im gerichtlichen verfahren indes nicht nachgeholt werden. 61vgl. bverwg, urteil vom 20. august 2008 – 4 c 11/07 –, juris rn. 26. 62da die streitgegenständliche genehmigung vom 3. juli 2013 bereits nach § 4 abs. 3 i.v.m. abs. 1 nr. 1 umwrg aufzuheben ist, kann die frage offen bleiben, ob das grundstück der klägerinnen durch den betrieb des stalls mit 1.904 mastplätzen unzumutbaren geruchsbelastungen ausgesetzt wird. nach derzeitiger einschätzung des gerichts spricht indes einiges dafür, dass der vom beklagten im rahmen der nebenbestimmungen geforderte einbau einer abluftreinigungsanlage in form eines biofilters der firma i1. dazu führt, dass, sofern diese ordnungsgemäß betrieben wird, der stall aufgrund seiner entfernung von über 200 m zum wohnhaus der klägerinnen nicht zur entstehung weiterer geruchsimmissionen beiträgt. zur weiteren begründung nimmt das gericht bezug auf seine entsprechenden ausführungen im urteil vom 2. juni 2014 – 11 k 1817/12 –, die sich insbesondere mit den ausführungen des sachverständigen dr. s. c1. in der mündlichen verhandlung befassen. 63die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 und 3, 162 abs. 3 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 zpo. | Klaeger*in | 1 |
165,700 | 12 O 337/14 | 2015-05-06T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr, im Rahmen des Internetportals „H“ in Anzeigen beziffert mit buchbaren Hotels pro Destination zu werben, sofern die Zahl der tatsächlich im Rahmen der angebotenen Destination buchbaren Hotels unter der beworbenen Zahl liegt. 2. Der Beklagten werden für jede Zuwiderhandlung gegen das unter Ziff. 1. genannte gerichtliche Verbot als Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht. 3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Abmahnkosten in Höhe von 219,35 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.10.2014 zu zahlen. 4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. 5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 22.500,00 € vorläufig vollstreckbar. 1 2Tatbestand: 3Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgabe die Bekämpfung des unterlauteren Wettbewerbs gehört. 4Die Beklagte bietet im Internet über die Adresse www.U.de ein Preisvergleichsdienst für Hotelübernachtungen an, Hotelbuchungen können über die Beklagte nicht durchgeführt werden. 5Die Beklagte arbeitet mit Hotelbuchungsportalen aber auch mit den Hotelbetreibern selbst zusammen, sog. „Kooperationspartnern“. 6Der interessierte Kunde erhält über das Portal der Beklagten die Möglichkeit, in einer Suchmaske die Stadt, in der er nach einem Hotel sucht, sowie den Zeitraum, in dem er ein Hotel benötigt, einzugeben. Nach Eingabe dieser zwingenden Suchkriterien wird ihm aus dem Gesamtkontingent der bei der Beklagten registrierten Hotels eine Auswahl zur Verfügung gestellt (vgl. screenshots Anlage K 1, K 2). Der Kunde hat die Möglichkeit die Suchergebnisse über weitere nicht zwingende Auswahlkriterien (bspw. die Art des Zimmers, einen Höchstpreis, Barrierefreiheit) zusätzlich einzuschränken. 7Der Kunde kann die einzelnen ihm angezeigten Hotels über die Schaltfläche „zum Angebot“ anwählen und wird dann auf die Buchungsseite des jeweiligen Hotels oder ein Buchungsportal, beispielsweise „F“, weitergeleitet, wo er dann den eigentlichen Buchungsvorgang durchführen kann. 8Der interessierte Kunde kann durch die Beklagte veranlasst auch unter Verwendung des Stichwortes „Hotel“ und die Eingabe des jeweiligen Ortes über die Suchmaschine „H“ nach Hotels und Preisvergleichsportalen suchen, und so auf die Internetseite der Beklagten gelangen, die ihm als Suchergebnis angezeigt wird. Die Anzeige der Internetseite der Beklagten bei „H“ enthält in diesem Zusammenhang unter anderem eine bezifferte Angabe von Hotels. Folgt man dem im Rahmen des Suchergebnisses bei „H“ angezeigten Link auf die Internetseite der Beklagten, so kann die dort angezeigte Gesamtanzahl von Hotels im Vergleich zu der bei „H“ angegebene Hotelanzahl nach unten abweichen. So wurde die Hotelanzahl für den Ort „V“ am 30.07.2014 bei dem Suchergebnis über „H“ mit 297 Hotels angegeben, während man auf der Internetseite der Beklagten die Angabe „60 von 242 Hotels“ erhielt. Ebenfalls am 30.07.2014 befand sich für die Anfrage „Hotels T“ bei H die Angabe „610“ und auf der Seite der Beklagten die Angabe „82 von 554“. Da für die Anzeige buchbarer Hotels die Angabe eines Reisedatums zwingend ist, sieht eine Standardeinstellung der Beklagten vor, dass das bei Weiterleitung auf ihr Portal angezeigte Anreisedatum stets zwei Wochen später als der Tag der Suche liegt und eine Übernachtung angefragt wird. 9Wegen der genauen Anzeige wird auf die vorgelegten screenshots (Anlage K 1, K2) Bezug genommen. 10Mit Schreiben vom 07.08.2014 (Anlage K 3) mahnte der Kläger, der die angegriffene Handlung für irreführend hält, die Beklagte ab und forderte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. 11Die Beklagte reagierte mit Schreiben vom 19.08.2014 (Anlage K 4) und lehnte die Abgabe einer Unterlassungserklärung ab. 12Der Kläger begehrt mit der der Beklagten am 01.10.2014 zugestellten Klage Unterlassung wegen irreführender Werbung sowie Erstattung außergerichtlich entstandener Abmahnkosten. Die Abmahnkosten beziffert der Kläger auf der Grundlage der Personal- und Sachkosten im Jahre 2012 und bringt eine Kostenpauschale in Höhe von 219,35 € (inkl. 7 % Mehrwertsteuer) in Ansatz. 13Der Kläger beantragt, 14die Beklagte zu verurteilen, 151. 16es bei Androhung der gesetzlichen Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr 17im Rahmen des Internetportals „H“ in Anzeigen beziffert mit buchbaren Hotels pro Destination zu werben, sofern die Zahl der tatsächlich im Rahmen der angebotenen Destination buchbaren Hotels unter der beworbenen Zahl liegt; 182. 19an sie Abmahnkosten in Höhe von 219,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 20Die Beklagte beantragt, 21die Klage abzuweisen. 22Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll zur Sitzung vom 25.03.2015 verwiesen. 23Entscheidungsgründe: 24A. 25Die Klage hat Erfolg. 26I. 27Die Klage ist zulässig. 281. 29Die Prozessführungsbefugnis des Klägers, die die Beklagte auch nicht in Frage stellt, liegt nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG vor. Aufgrund der Mitgliederstruktur des Klägers (vgl. Köhler, in: Köhler/ Bornkamm, UWG, Kommentar, 33. Auflage, 2015, Einl UWG, Rn. 2.29) ist davon auszugehen, dass ihm eine hinreichende Anzahl von Mitbewerbern, die zumindest gleichartige Dienstleistungen wie die Beklagte vertreiben, angehört, und er sachlich und finanziell mit hinreichenden Mitteln ausgestattet ist, um seinen – gerichtsbekannten – Satzungszweck, die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, zu erfüllen. 302. 31Sofern die Beklagte der Antragsfassung entgegentritt, weil sie diese für nicht hinreichend bestimmt nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hält, ist die Antragsfassung nicht zu beanstanden. Insbesondere stellt sich die Verwendung des Begriffs „buchbar“ nicht als unbestimmt dar. Der Wortsinn des Begriffs ist eindeutig mit den zur Buchung zur Verfügung stehenden Hotels bestimmt. Der Begriff wird auch nicht deshalb unklar, weil nicht deutlich wird, über wen die Buchung erfolgt bzw. ob aus Gründen, die bei dem interessierten Kunden liegen, weniger Hotels buchbar sind. 32II. 33Die Klage ist begründet. 341. 35Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG zu. 36a) 37Die Beklagte ist passivlegitimiert. 38Der vorgelegten vorgerichtlichen Korrespondenz der Parteien, insbesondere dem Schreiben der Beklagten vom 19.08.2014, lässt sich entnehmen, dass die Beklagte selbst über „H“ die Werbung schaltet. 39Es liegt auch eine geschäftliche Handlung der Beklagten vor. 40Die geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Nr. 1 UWG erfordert einen objektiven Zusammenhang zum eigenen oder einem fremden Unternehmen (Bornkamm, in: Köhler/ Bornkamm, UWG, Kommentar, 33. Auflage, 2015, § 5, Rn. 2.1, 2. 3) und muss auf die Absatzförderung ausgerichtet sein (Bornkamm, a. a. O.). Erforderlich ist weiter ein Verhalten vor, bei oder nach dem Geschäftsabschluss (Bornkamm, ebd., § 5, Rn. 2.5). Diese Voraussetzungen liegen dann vor, wenn das fragliche Verhalten darauf gerichtet ist, geschäftliche Entscheidungen des (potenziellen) Vertragspartners zu beeinflussen (a. a. O.). Eine geschäftliche Entscheidung in diesem Sinne liegt bereits dann vor, wenn der angesprochene Verkehrskreis der endgültigen Kaufentscheidung vorgelagerte Entscheidungen trifft, die mit der Kaufentscheidung unmittelbar zusammenhängen (Köhler, in: Köhler/ Bornkamm, UWG, Kommentar, 33. Auflage, 2015, § 2, Rn. 48 a). Zu diesen Entscheidungen gehört insbesondere auch die Entscheidung, sich mit der Person des Unternehmers, seinem Produkt oder seinem Angebot zu befassen, wie beispielsweise eine Internetseite aufzusuchen (a. a. O.). 41Orientiert an diesem Maßstab liegt in der Anzeige der Hotelanzahl über die Suchmaschine „H“ eine geschäftliche Handlung vor. 42Das von der Beklagten angebotene Preisvergleichsportal dient jedenfalls der Förderung des Absatzes fremder Unternehmen, insbesondere der Hotels und Hotelbuchungsplattformen, die an dem Preisvergleichsportal der Beklagten teilnehmen. Denn durch den Preisvergleich rücken solche Hotels, auf die der Adressat andernfalls möglicherweise nicht aufmerksam geworden wäre, als potenzielle Vertragspartner des Nutzers des Vergleichsportals in den Fokus. Ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrskreises wird durch die Angabe einer größeren Gesamtzahl der für den Preisvergleich zur Verfügung stehenden Hotels bei „H“ dazu veranlasst, auf das Preisvergleichsportal der Beklagten und die dort an dem Preisvergleich teilnehmenden Unternehmen zuzugreifen. Denn mit einer großen Anzahl an für den Vergleich zur Verfügung stehender Hotels ist die Erwartungshaltung eines möglichst objektiven und umfassenden Vergleichs verbunden. Die Bereitschaft auf der Grundlage dieses Vergleichs einen Vertragsschluss mit einem vorgeschlagenen Hotel einzuleiten, liegt dann nahe. 43b) 44Die angegriffene Aussage stellt sich als irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG dar. 45Irreführend ist eine Angabe, wenn sie bei den Adressaten eine Vorstellung erzeugt, die mit den wirklichen Verhältnissen nicht im Einklang steht (Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Auflage, 2013, § 5, Rn. 2.66) und diese unrichtige Vorstellung für die Entschließung des angesprochenen Verkehrskreises relevant ist (Bornkamm, ebd., § 5, Rn. 2.74). 46Der Aussageinhalt einer Angabe bestimmt sich dabei nach der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise, an die die Werbung sich richtet (Bornkamm, a. a. O.) – vorliegend an das allgemeine Publikum. Maßgebend für das Verständnis der Aussage ist der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, der der Angabe die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (Bornkamm, ebd., § 5, Rn. 2.87). 47Der angesprochene Verkehrskreis, zu dem die Kammer selbst zählt, geht aufgrund der Anzeige einer konkreten Anzahl von Hotels bei der Suchmaschine „H“, wie sie am 30.07.2014 erfolgte, davon aus, dass mit der Anzeige die Gesamtzahl der bei der Beklagten angemeldeten Hotels in dem jeweiligen Ort angezeigt wird, mithin die Beklagte bei ihrem Preisvergleich grundsätzlich auf diese Anzahl von Hotels zugreifen und die auf den jeweiligen Kunden passenden Hotels aus dieser Gesamtzahl herausfiltern kann. Aufgrund des Umstandes, dass der interessierte Kunde im Zeitpunkt der Suchanfrage bis auf den Ort keine weiteren Suchkriterien (insbesondere das Reisedatum) angegeben hat, geht er gerade nicht davon aus, dass bei der bei der Suchmaschine angegebenen Hotelanzahl etwaige individuelle Wünsche bereits Berücksichtigung gefunden haben. 48Die bei der Suchmaschine „H“ angezeigte Anzahl von Hotels für die Orte T und V entsprach zu dem Zeitpunkt der Anzeige am 30.07.2014 nicht der tatsächlichen Anzahl der bei der Beklagten für diese Orte registrierten Hotels. 49Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Seite der Beklagten am 30.07.2014 für den Ort T die Angaben „82 von 554 Hotels“ (Anlage K 1) und für den Ort V „62 von 242 Hotels“ zu entnehmen war, während das H-Suchergebnis die Ziffern „610“ (T) und „297“ (V) anzeigte. Die vor dem Wort „von“ stehende Zahlenangabe ist dabei so zu verstehen, dass es sich dabei um die Gesamtzahl aller für den Preisvergleich zur Verfügung stehender Hotels handelt, während die vor dem Wort „von“ stehende Anzahl so verstanden wird, dass es sich dabei um die Anzahl der auf die einschränkend angegebenen Suchkriterien passenden Hotels handelt. 50c) 51Die Wiederholungsgefahr wird aufgrund des feststehenden Rechtsverstoßes vermutet. Indizien, die die Vermutung entkräften, sind weder vorgetragen, noch erkennbar. 52d) 53Der nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 13.04.2015 enthält gegenüber dem bereits im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vorliegenden Klägervorbringens keine für die Entscheidung erheblichen Tatsachen mehr, weshalb von einer Wiedereröffnung der Verhandlung nach § 156 Abs. 1 ZPO abgesehen wurde. 542. 55Der Anspruch des Klägers auf Erstattung von Abmahnkosten ergibt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. 56Die Abmahnung war aufgrund des feststehenden Rechtsverstoßes erforderlich. 57Der Abmahnung vom 07.08.2014 lässt sich die abgemahnte Handlung auch ohne Vorlage der die Verletzungshandlung enthaltenden screenshots hinreichend deutlich entnehmen. Denn der Kläger beschreibt darin die den screenshots zugrundeliegenden Verletzungshandlungen genau. Dass diese Beschreibung hinreichend ist, kommt auch darin zum Ausdruck dass das Schreiben der Beklagten vom 19.08.2014 ein auf diese abgemahnte Handlung angepasstes Verteidigungsvorbringen enthält. 58Die Höhe der Abmahnkosten, bemessen nach einer Kostenpauschale, ist plausibel dargelegt. Die Beklagte tritt dem Anspruch auch insoweit nicht entgegen. 593. 60Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. 61B. 62Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. 63Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 ZPO. 64Die Ordnungsmittelandrohung ergeht nach § 890 Abs. 2 ZPO. 65Streitwert: 20.000,00 € 66 | 1. die beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen verkehr, im rahmen des internetportals „h“ in anzeigen beziffert mit buchbaren hotels pro destination zu werben, sofern die zahl der tatsächlich im rahmen der angebotenen destination buchbaren hotels unter der beworbenen zahl liegt. 2. der beklagten werden für jede zuwiderhandlung gegen das unter ziff. 1. genannte gerichtliche verbot als zwangsvollstreckungsmaßnahmen ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise ordnungshaft, oder ordnungshaft bis zu 6 monaten angedroht. 3. die beklagte wird verurteilt, an die klägerin abmahnkosten in höhe von 219,35 € zzgl. zinsen in höhe von 5 % punkten über dem basiszinssatz seit dem 02.10.2014 zu zahlen. 4. die beklagte trägt die kosten des rechtsstreits. 5. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 22.500,00 € vorläufig vollstreckbar. 1 2 | 3der kläger ist ein eingetragener verein, zu dessen satzungsgemäßen aufgabe die bekämpfung des unterlauteren wettbewerbs gehört. 4die beklagte bietet im internet über die adresse www.u.de ein preisvergleichsdienst für hotelübernachtungen an, hotelbuchungen können über die beklagte nicht durchgeführt werden. 5die beklagte arbeitet mit hotelbuchungsportalen aber auch mit den hotelbetreibern selbst zusammen, sog. „kooperationspartnern“. 6der interessierte kunde erhält über das portal der beklagten die möglichkeit, in einer suchmaske die stadt, in der er nach einem hotel sucht, sowie den zeitraum, in dem er ein hotel benötigt, einzugeben. nach eingabe dieser zwingenden suchkriterien wird ihm aus dem gesamtkontingent der bei der beklagten registrierten hotels eine auswahl zur verfügung gestellt (vgl. screenshots anlage k 1, k 2). der kunde hat die möglichkeit die suchergebnisse über weitere nicht zwingende auswahlkriterien (bspw. die art des zimmers, einen höchstpreis, barrierefreiheit) zusätzlich einzuschränken. 7der kunde kann die einzelnen ihm angezeigten hotels über die schaltfläche „zum angebot“ anwählen und wird dann auf die buchungsseite des jeweiligen hotels oder ein buchungsportal, beispielsweise „f“, weitergeleitet, wo er dann den eigentlichen buchungsvorgang durchführen kann. 8der interessierte kunde kann durch die beklagte veranlasst auch unter verwendung des stichwortes „hotel“ und die eingabe des jeweiligen ortes über die suchmaschine „h“ nach hotels und preisvergleichsportalen suchen, und so auf die internetseite der beklagten gelangen, die ihm als suchergebnis angezeigt wird. die anzeige der internetseite der beklagten bei „h“ enthält in diesem zusammenhang unter anderem eine bezifferte angabe von hotels. folgt man dem im rahmen des suchergebnisses bei „h“ angezeigten link auf die internetseite der beklagten, so kann die dort angezeigte gesamtanzahl von hotels im vergleich zu der bei „h“ angegebene hotelanzahl nach unten abweichen. so wurde die hotelanzahl für den ort „v“ am 30.07.2014 bei dem suchergebnis über „h“ mit 297 hotels angegeben, während man auf der internetseite der beklagten die angabe „60 von 242 hotels“ erhielt. ebenfalls am 30.07.2014 befand sich für die anfrage „hotels t“ bei h die angabe „610“ und auf der seite der beklagten die angabe „82 von 554“. da für die anzeige buchbarer hotels die angabe eines reisedatums zwingend ist, sieht eine standardeinstellung der beklagten vor, dass das bei weiterleitung auf ihr portal angezeigte anreisedatum stets zwei wochen später als der tag der suche liegt und eine übernachtung angefragt wird. 9wegen der genauen anzeige wird auf die vorgelegten screenshots (anlage k 1, k2) bezug genommen. 10mit schreiben vom 07.08.2014 (anlage k 3) mahnte der kläger, der die angegriffene handlung für irreführend hält, die beklagte ab und forderte zur abgabe einer strafbewehrten unterlassungserklärung auf. 11die beklagte reagierte mit schreiben vom 19.08.2014 (anlage k 4) und lehnte die abgabe einer unterlassungserklärung ab. 12der kläger begehrt mit der der beklagten am 01.10.2014 zugestellten klage unterlassung wegen irreführender werbung sowie erstattung außergerichtlich entstandener abmahnkosten. die abmahnkosten beziffert der kläger auf der grundlage der personal- und sachkosten im jahre 2012 und bringt eine kostenpauschale in höhe von 219,35 € (inkl. 7 % mehrwertsteuer) in ansatz. 13der kläger beantragt, 14die beklagte zu verurteilen, 151. 16es bei androhung der gesetzlichen ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen verkehr 17im rahmen des internetportals „h“ in anzeigen beziffert mit buchbaren hotels pro destination zu werben, sofern die zahl der tatsächlich im rahmen der angebotenen destination buchbaren hotels unter der beworbenen zahl liegt; 182. 19an sie abmahnkosten in höhe von 219,35 € nebst zinsen in höhe von 5 % punkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 20die beklagte beantragt, 21die klage abzuweisen. 22wegen des weiteren sach- und streitstandes wird auf die schriftsätze nebst anlagen sowie das protokoll zur sitzung vom 25.03.2015 verwiesen. 23 | 24a. 25die klage hat erfolg. 26i. 27die klage ist zulässig. 281. 29die prozessführungsbefugnis des klägers, die die beklagte auch nicht in frage stellt, liegt nach § 8 abs. 3 nr. 2 uwg vor. aufgrund der mitgliederstruktur des klägers (vgl. köhler, in: köhler/ bornkamm, uwg, kommentar, 33. auflage, 2015, einl uwg, rn. 2.29) ist davon auszugehen, dass ihm eine hinreichende anzahl von mitbewerbern, die zumindest gleichartige dienstleistungen wie die beklagte vertreiben, angehört, und er sachlich und finanziell mit hinreichenden mitteln ausgestattet ist, um seinen – gerichtsbekannten – satzungszweck, die bekämpfung des unlauteren wettbewerbs, zu erfüllen. 302. 31sofern die beklagte der antragsfassung entgegentritt, weil sie diese für nicht hinreichend bestimmt nach § 253 abs. 2 nr. 2 zpo hält, ist die antragsfassung nicht zu beanstanden. insbesondere stellt sich die verwendung des begriffs „buchbar“ nicht als unbestimmt dar. der wortsinn des begriffs ist eindeutig mit den zur buchung zur verfügung stehenden hotels bestimmt. der begriff wird auch nicht deshalb unklar, weil nicht deutlich wird, über wen die buchung erfolgt bzw. ob aus gründen, die bei dem interessierten kunden liegen, weniger hotels buchbar sind. 32ii. 33die klage ist begründet. 341. 35dem kläger steht ein unterlassungsanspruch gem. §§ 8 abs. 3 nr. 2, 3, 5 abs. 1 satz 2 nr. 1 uwg zu. 36a) 37die beklagte ist passivlegitimiert. 38der vorgelegten vorgerichtlichen korrespondenz der parteien, insbesondere dem schreiben der beklagten vom 19.08.2014, lässt sich entnehmen, dass die beklagte selbst über „h“ die werbung schaltet. 39es liegt auch eine geschäftliche handlung der beklagten vor. 40die geschäftliche handlung im sinne des § 2 nr. 1 uwg erfordert einen objektiven zusammenhang zum eigenen oder einem fremden unternehmen (bornkamm, in: köhler/ bornkamm, uwg, kommentar, 33. auflage, 2015, § 5, rn. 2.1, 2. 3) und muss auf die absatzförderung ausgerichtet sein (bornkamm, a. a. o.). erforderlich ist weiter ein verhalten vor, bei oder nach dem geschäftsabschluss (bornkamm, ebd., § 5, rn. 2.5). diese voraussetzungen liegen dann vor, wenn das fragliche verhalten darauf gerichtet ist, geschäftliche entscheidungen des (potenziellen) vertragspartners zu beeinflussen (a. a. o.). eine geschäftliche entscheidung in diesem sinne liegt bereits dann vor, wenn der angesprochene verkehrskreis der endgültigen kaufentscheidung vorgelagerte entscheidungen trifft, die mit der kaufentscheidung unmittelbar zusammenhängen (köhler, in: köhler/ bornkamm, uwg, kommentar, 33. auflage, 2015, § 2, rn. 48 a). zu diesen entscheidungen gehört insbesondere auch die entscheidung, sich mit der person des unternehmers, seinem produkt oder seinem angebot zu befassen, wie beispielsweise eine internetseite aufzusuchen (a. a. o.). 41orientiert an diesem maßstab liegt in der anzeige der hotelanzahl über die suchmaschine „h“ eine geschäftliche handlung vor. 42das von der beklagten angebotene preisvergleichsportal dient jedenfalls der förderung des absatzes fremder unternehmen, insbesondere der hotels und hotelbuchungsplattformen, die an dem preisvergleichsportal der beklagten teilnehmen. denn durch den preisvergleich rücken solche hotels, auf die der adressat andernfalls möglicherweise nicht aufmerksam geworden wäre, als potenzielle vertragspartner des nutzers des vergleichsportals in den fokus. ein nicht unerheblicher teil des angesprochenen verkehrskreises wird durch die angabe einer größeren gesamtzahl der für den preisvergleich zur verfügung stehenden hotels bei „h“ dazu veranlasst, auf das preisvergleichsportal der beklagten und die dort an dem preisvergleich teilnehmenden unternehmen zuzugreifen. denn mit einer großen anzahl an für den vergleich zur verfügung stehender hotels ist die erwartungshaltung eines möglichst objektiven und umfassenden vergleichs verbunden. die bereitschaft auf der grundlage dieses vergleichs einen vertragsschluss mit einem vorgeschlagenen hotel einzuleiten, liegt dann nahe. 43b) 44die angegriffene aussage stellt sich als irreführend im sinne von § 5 abs. 1 satz 2 nr. 1 uwg dar. 45irreführend ist eine angabe, wenn sie bei den adressaten eine vorstellung erzeugt, die mit den wirklichen verhältnissen nicht im einklang steht (bornkamm, in: köhler/bornkamm, uwg, 31. auflage, 2013, § 5, rn. 2.66) und diese unrichtige vorstellung für die entschließung des angesprochenen verkehrskreises relevant ist (bornkamm, ebd., § 5, rn. 2.74). 46der aussageinhalt einer angabe bestimmt sich dabei nach der auffassung der angesprochenen verkehrskreise, an die die werbung sich richtet (bornkamm, a. a. o.) – vorliegend an das allgemeine publikum. maßgebend für das verständnis der aussage ist der durchschnittlich informierte und verständige verbraucher, der der angabe die der situation angemessene aufmerksamkeit entgegenbringt (bornkamm, ebd., § 5, rn. 2.87). 47der angesprochene verkehrskreis, zu dem die kammer selbst zählt, geht aufgrund der anzeige einer konkreten anzahl von hotels bei der suchmaschine „h“, wie sie am 30.07.2014 erfolgte, davon aus, dass mit der anzeige die gesamtzahl der bei der beklagten angemeldeten hotels in dem jeweiligen ort angezeigt wird, mithin die beklagte bei ihrem preisvergleich grundsätzlich auf diese anzahl von hotels zugreifen und die auf den jeweiligen kunden passenden hotels aus dieser gesamtzahl herausfiltern kann. aufgrund des umstandes, dass der interessierte kunde im zeitpunkt der suchanfrage bis auf den ort keine weiteren suchkriterien (insbesondere das reisedatum) angegeben hat, geht er gerade nicht davon aus, dass bei der bei der suchmaschine angegebenen hotelanzahl etwaige individuelle wünsche bereits berücksichtigung gefunden haben. 48die bei der suchmaschine „h“ angezeigte anzahl von hotels für die orte t und v entsprach zu dem zeitpunkt der anzeige am 30.07.2014 nicht der tatsächlichen anzahl der bei der beklagten für diese orte registrierten hotels. 49dies ergibt sich bereits daraus, dass der seite der beklagten am 30.07.2014 für den ort t die angaben „82 von 554 hotels“ (anlage k 1) und für den ort v „62 von 242 hotels“ zu entnehmen war, während das h-suchergebnis die ziffern „610“ (t) und „297“ (v) anzeigte. die vor dem wort „von“ stehende zahlenangabe ist dabei so zu verstehen, dass es sich dabei um die gesamtzahl aller für den preisvergleich zur verfügung stehender hotels handelt, während die vor dem wort „von“ stehende anzahl so verstanden wird, dass es sich dabei um die anzahl der auf die einschränkend angegebenen suchkriterien passenden hotels handelt. 50c) 51die wiederholungsgefahr wird aufgrund des feststehenden rechtsverstoßes vermutet. indizien, die die vermutung entkräften, sind weder vorgetragen, noch erkennbar. 52d) 53der nachgelassene schriftsatz des klägers vom 13.04.2015 enthält gegenüber dem bereits im zeitpunkt des schlusses der mündlichen verhandlung vorliegenden klägervorbringens keine für die entscheidung erheblichen tatsachen mehr, weshalb von einer wiedereröffnung der verhandlung nach § 156 abs. 1 zpo abgesehen wurde. 542. 55der anspruch des klägers auf erstattung von abmahnkosten ergibt sich aus § 12 abs. 1 satz 2 uwg. 56die abmahnung war aufgrund des feststehenden rechtsverstoßes erforderlich. 57der abmahnung vom 07.08.2014 lässt sich die abgemahnte handlung auch ohne vorlage der die verletzungshandlung enthaltenden screenshots hinreichend deutlich entnehmen. denn der kläger beschreibt darin die den screenshots zugrundeliegenden verletzungshandlungen genau. dass diese beschreibung hinreichend ist, kommt auch darin zum ausdruck dass das schreiben der beklagten vom 19.08.2014 ein auf diese abgemahnte handlung angepasstes verteidigungsvorbringen enthält. 58die höhe der abmahnkosten, bemessen nach einer kostenpauschale, ist plausibel dargelegt. die beklagte tritt dem anspruch auch insoweit nicht entgegen. 593. 60der zinsanspruch der klägerin folgt aus §§ 291, 288 abs. 1 satz 2 bgb. 61b. 62die kostenentscheidung beruht auf § 91 abs. 1 satz 1 zpo. 63die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 satz 1 zpo. 64die ordnungsmittelandrohung ergeht nach § 890 abs. 2 zpo. 65streitwert: 20.000,00 € 66 | Klaeger*in | 1 |
170,860 | 9 K 3455/13 | 2014-09-12T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin war eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit vormaligem Sitz unter der Anschrift I.------straße 7 in 00000 S. und wurde bei dem Amtsgericht D. im Handelsregister unter der Nummer HRB 12881 geführt. 3An 15. Mai 2013 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin auf dem Grundstück Gemarkung N. , Flur 81, Flurstück 2958 (gelegen an der B. -M. -Straße in N. ) eine Baugrube ausgehoben hatte. Eine Baugenehmigung war wegen noch fehlender Unterlagen nicht erteilt worden. 4Am 23. Mai 2013 verfügte die Beklagte mündlich die Stilllegung der Bauarbeiten. Ene Ortskontrolle am 5. Juni 2013 ergab, dass die Bauarbeiten trotz der Baustellenstillegung fortgesetzt wurden. 5Mit Ordnungsverfügung vom 24. Juni 2013, der Klägerin zugestellt am 27. Juni 2013, bestätigte die Beklagte die am 25. Mai 2013 verfügte Baustellenstilllegung schriftlich (Ziffer 1) und gab der Klägerin auf, die baulichen Anlagen auf dem Grundstück bis zum 1. Juli 2013 zurückzubauen (Ziffer 2). Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Ziffer 1 drohte die Beklagte der Klägerin die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000,- €, für den Fall des Verstoßes gegen die Ziffer 2 die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 800,- € an. Für die Anordnung der Baustellenstilllegung setzte sie eine Gebühr von 150,- € fest. 6Gegen die Ordnungsverfügung nebst Gebührenbescheid hat die Klägerin am 25. Juli 2013 die vorliegende Klage erhoben. 7Sie beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 8die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 24. Juni 2013– Az 60-00665-13-73 – aufzuheben. 9Die Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Während des gerichtlichen Verfahrens hat die Klägerin ihren Sitz nach Am A. 3, 00000 L. verlegt. Sie ist bei dem Amtsgericht B1. unter der Nummer HRB 202777 geführt worden. 12Durch Beschluss des Amtsgerichts B2. – Aktenzeichen 9 IN 259/13 – vom 6. Mai 2014 ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin mangels Masse abgelehnt worden. Der Beschluss ist rechtskräftig und am 7. Juli 2014 in das Handelsregister eingetragen worden. 13Entscheidungsgründe: 14Das Gericht kann trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zur Sache entscheiden. Die Klägerin ist auf diese Möglichkeit gem. § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung hingewiesen worden. 15Die Klage ist unzulässig. Der Klägerin fehlt es an der im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, 16vgl. insoweit nur Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, Vorb § 40 Rn 11 m.w.N., 17erforderlichen Beteiligtenfähigkeit nach § 61 Nr. 1 VwGO. 18Die Klägerin ist nicht mehr beteiligungsfähig, weil sie in der Folge der Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst worden ist. Nach § 60 Abs. 1 Nr. 5 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) wird eine GmbH aufgelöst, wenn der Beschluss über die Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse rechtskräftig wird. Ausweislich des von dem Gericht eingeholten Handelsregisterauszugs der Klägerin vom 16. Juli 2014 ist der Beschluss des Amtsgerichts B2. vom 6. Mai 2014 rechtskräftig. Die Auflösung ist am 7. Juli 2014 in das Handelsregister von Amts wegen eingetragen worden. 19Ist die Gesellschaft materiell-rechtlich nicht mehr existent, so kann sie auch nicht mehr Subjekt eines Prozessrechtsverhältnisses sein. 20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. März 1981 – 4 B 1643/80 –, Seite 3 des Entscheidungsabdrucks, nicht veröffentlicht. 21Ein Fortbestand der Beteiligtenfähigkeit ergibt sich für das anhängige Verwaltungsstreitverfahren auch nicht aus einer Liquidation der Gesellschaft. Nach § 70 Satz 1, 1. Halbsatz GmbHG haben die Liquidatoren die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Verpflichtungen der aufgelösten Gesellschaft zu erfüllen, die Forderungen derselben einzuziehen und das Vermögen der Gesellschaft in Geld umzusetzen. Hierzu gehört die Führung eines Klageverfahrens gegen die Baustellenstillegung und die Rückbauverfügung grundsätzlich nicht, da es sich nicht um Abwicklungsansprüche handelt, sondern das eigentliche (werbende) Geschäft vorgesetzt werden soll. 22Vgl. zu einer Klage gegen eine Gewerbeuntersagung OVG NRW, Beschluss vom 25. März 1981 – 4 B 1643/80 –, Seite 4 des Entscheidungsabdrucks, nicht veröffentlicht. 23Soweit § 70 Satz 2 GmbHG vorsieht, dass die Liquidatoren zur Beendigung schwebender Geschäfte auch neue Geschäfte eingehen können, ergibt sich hieraus im vorliegenden Fall nichts anderes. Die Klägerin hat auch auf den Hinweis des Gerichts auf die Eintragung im Handelsregister nicht geltend gemacht, die Aufhebung werde im Hinblick auf die Abwicklung der Gesellschaft begehrt. 24Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 25Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin war eine gesellschaft mit beschränkter haftung mit vormaligem sitz unter der anschrift i.------straße 7 in 00000 s. und wurde bei dem amtsgericht d. im handelsregister unter der nummer hrb 12881 geführt. 3an 15. mai 2013 stellte die beklagte fest, dass die klägerin auf dem grundstück gemarkung n. , flur 81, flurstück 2958 (gelegen an der b. -m. -straße in n. ) eine baugrube ausgehoben hatte. eine baugenehmigung war wegen noch fehlender unterlagen nicht erteilt worden. 4am 23. mai 2013 verfügte die beklagte mündlich die stilllegung der bauarbeiten. ene ortskontrolle am 5. juni 2013 ergab, dass die bauarbeiten trotz der baustellenstillegung fortgesetzt wurden. 5mit ordnungsverfügung vom 24. juni 2013, der klägerin zugestellt am 27. juni 2013, bestätigte die beklagte die am 25. mai 2013 verfügte baustellenstilllegung schriftlich (ziffer 1) und gab der klägerin auf, die baulichen anlagen auf dem grundstück bis zum 1. juli 2013 zurückzubauen (ziffer 2). für den fall der zuwiderhandlung gegen die ziffer 1 drohte die beklagte der klägerin die festsetzung eines zwangsgeldes in höhe von 1.000,- €, für den fall des verstoßes gegen die ziffer 2 die festsetzung eines zwangsgeldes in höhe von 800,- € an. für die anordnung der baustellenstilllegung setzte sie eine gebühr von 150,- € fest. 6gegen die ordnungsverfügung nebst gebührenbescheid hat die klägerin am 25. juli 2013 die vorliegende klage erhoben. 7sie beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 8die ordnungsverfügung der beklagten vom 24. juni 2013– az 60-00665-13-73 – aufzuheben. 9die beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11während des gerichtlichen verfahrens hat die klägerin ihren sitz nach am a. 3, 00000 l. verlegt. sie ist bei dem amtsgericht b1. unter der nummer hrb 202777 geführt worden. 12durch beschluss des amtsgerichts b2. – aktenzeichen 9 in 259/13 – vom 6. mai 2014 ist die eröffnung des insolvenzverfahrens über das vermögen der klägerin mangels masse abgelehnt worden. der beschluss ist rechtskräftig und am 7. juli 2014 in das handelsregister eingetragen worden. 13 | 14das gericht kann trotz des ausbleibens eines vertreters der klägerin in der mündlichen verhandlung zur sache entscheiden. die klägerin ist auf diese möglichkeit gem. § 102 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) in der ordnungsgemäß zugestellten ladung hingewiesen worden. 15die klage ist unzulässig. der klägerin fehlt es an der im maßgeblichen zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung, 16vgl. insoweit nur kopp/schenke, vwgo, 18. auflage 2012, vorb § 40 rn 11 m.w.n., 17erforderlichen beteiligtenfähigkeit nach § 61 nr. 1 vwgo. 18die klägerin ist nicht mehr beteiligungsfähig, weil sie in der folge der ablehnung der eröffnung des insolvenzverfahrens aufgelöst worden ist. nach § 60 abs. 1 nr. 5 des gesetzes betreffend die gesellschaften mit beschränkter haftung (gmbhg) wird eine gmbh aufgelöst, wenn der beschluss über die nichteröffnung eines insolvenzverfahrens mangels masse rechtskräftig wird. ausweislich des von dem gericht eingeholten handelsregisterauszugs der klägerin vom 16. juli 2014 ist der beschluss des amtsgerichts b2. vom 6. mai 2014 rechtskräftig. die auflösung ist am 7. juli 2014 in das handelsregister von amts wegen eingetragen worden. 19ist die gesellschaft materiell-rechtlich nicht mehr existent, so kann sie auch nicht mehr subjekt eines prozessrechtsverhältnisses sein. 20vgl. ovg nrw, beschluss vom 25. märz 1981 – 4 b 1643/80 –, seite 3 des entscheidungsabdrucks, nicht veröffentlicht. 21ein fortbestand der beteiligtenfähigkeit ergibt sich für das anhängige verwaltungsstreitverfahren auch nicht aus einer liquidation der gesellschaft. nach § 70 satz 1, 1. halbsatz gmbhg haben die liquidatoren die laufenden geschäfte zu beendigen, die verpflichtungen der aufgelösten gesellschaft zu erfüllen, die forderungen derselben einzuziehen und das vermögen der gesellschaft in geld umzusetzen. hierzu gehört die führung eines klageverfahrens gegen die baustellenstillegung und die rückbauverfügung grundsätzlich nicht, da es sich nicht um abwicklungsansprüche handelt, sondern das eigentliche (werbende) geschäft vorgesetzt werden soll. 22vgl. zu einer klage gegen eine gewerbeuntersagung ovg nrw, beschluss vom 25. märz 1981 – 4 b 1643/80 –, seite 4 des entscheidungsabdrucks, nicht veröffentlicht. 23soweit § 70 satz 2 gmbhg vorsieht, dass die liquidatoren zur beendigung schwebender geschäfte auch neue geschäfte eingehen können, ergibt sich hieraus im vorliegenden fall nichts anderes. die klägerin hat auch auf den hinweis des gerichts auf die eintragung im handelsregister nicht geltend gemacht, die aufhebung werde im hinblick auf die abwicklung der gesellschaft begehrt. 24die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 25die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung (zpo). | Verklagte*r | 0 |
183,854 | 10 K 9026/12 | 2014-02-19T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 00. März 1979 geborene Klägerin wurde aufgrund ihrer am 27. Februar 1998 abgegebenen Verpflichtungserklärung, 17 Jahre Wehrdienst zu leisten, am 3. Juli 1998 als Anwärterin für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes in die Bundeswehr eingestellt und unter Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit zum Sanitätssoldaten (SOA) ernannt. Sie wurde ab dem 2. April 1999 unter Fortfall der Geld- und Sachbezüge zum Studium der Medizin beurlaubt, das sie an der Universität Münster absolvierte und am 17. Mai 2005 mit der Ärztlichen Prüfung – Gesamtnote „gut“ – abschloss. Die Bezirksregierung Münster erteilte ihr am 30. Mai 2005 die Approbation als Ärztin. Während ihrer Beurlaubung zum Studium, die am 30. Mai 2005 endete, hatte sie Ausbildungsgeld nach § 30 Abs. 2 des Soldatengesetzes (SG) erhalten. 3Nachdem die Klägerin während ihres Studiums mehrfach – zuletzt zum Leutnant – befördert worden war, wurde sie am 31. Mai 2005 zum Stabsarzt ernannt und an das Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz versetzt, wo sie bis zum 31. Juli 2007 zur klinischen Weiterbildung im Gebiet Innere Medizin und Allgemeinmedizin tätig war. Während dieser Zeit absolvierte sie mehrere Notarzteinsätze zum Erwerb der Fachkunde Rettungsmedizin an einem Krankenhaus in Neuwied, einen Grundkurs Ultraschalldiagnostik an der Universität Leipzig und einen Sonderlehrgang Notfallmedizin an der Sanitätsakademie der Bundeswehr in München. 4Mit Bescheid vom 18. August 2005 setzte das Personalamt der Bundeswehr die Dienstzeit der Klägerin auf 17 Jahre fest und teilte ihr mit, dass ihre Dienstzeit mit Ablauf des 30. Juni 2015 endet. Am 3. Dezember 2007 wurde sie zum Oberstabsarzt ernannt. 5Mit Urkunde vom 1. Oktober 2008, ausgehändigt am 9. Oktober 2008, ernannte der Rektor der I. -I1. -Universität E. die Klägerin unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit zur Akademischen Rätin. Infolge dessen war die Klägerin mit Ablauf des 8. Oktober 2008 nach § 125 Abs. 1 Satz 2 des Beamtenrechtsrahmengesetzes (BRRG) in der seinerzeit geltenden Fassung aus dem Dienstverhältnis einer Soldfatin auf Zeit entlassen. 6Mit Schreiben vom 9. September 2009 wies das Personalamt der Bundeswehr die Klägerin darauf hin, dass als Folge dieser Entlassung, die als Entlassung auf eigenen Antrag gelte, sie nach § 56 Abs. 4 SG zur Erstattung des ihr gezahlten Ausbildungsgeldes sowie der entstandenen Fachausbildungskosten heranzuziehen sei. Mit Schreiben vom 12. Juli 2010 teilte das Personalamt der Bundeswehr ihr mit, dass Fachausbildungskosten in Höhe von 16.588,57 Euro sowie Ausbildungsgeld in Höhe von 128.281,10 Euro ermittelt worden seien, gab ihr insoweit Gelegenheit zur Stellungnahme und bat sie um Auskunft über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse. 7Nachdem die Klägerin Einwendungen gegen die Höhe der Ausbildungskosten erhoben hatte, forderte das Personalamt der Bundeswehr sie mit Leistungsbescheid vom 3. Februar 2011 auf, das ihr als Sanitätsoffiziersanwärterin gewährte Ausbildungsgeld sowie die im Rahmen ihrer ärztlichen Aus- und Weiterbildungen entstandenen Fachausbildungskosten in Höhe von insgesamt 116.970,13 Euro zu erstatten, gewährte ihr eine verzinsliche Stundung durch Einräumung von Ratenzahlungen und setzte die monatliche Zahlungsrate auf 120,00 Euro sowie die Stundungszinsen auf jährlich 4 % fest. Zur Begründung führte das Personalamt aus: Der Klägerin sei während der Zeit ihrer Beurlaubung zum Studium Ausbildungsgeld in Höhe von – nach einer korrigierten Berechnung – insgesamt 124.572,32 Euro gezahlt worden. Außerdem habe sie im Verlauf ihrer militärischen Ausbildung verschiedene ärztliche Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen absolviert, nämlich die klinische Weiterbildung Innere Medizin im Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz vom 31. Mai 2005 bis 31. Juli 2007, mehrere Notarzteinsätze zum Erwerb der Fachkunde Rettungsmedizin, den Grundkurs Ultraschalldiagnostik und den Sonderlehrgang Notfallmedizin. Dabei handele es sich um Fachausbildungen im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 1 SG, für die unmittelbare Kosten von 1.679,94 Euro und mittelbare Kosten von 4.908,63 Euro entstanden seien. Danach seien insgesamt Kosten in Höhe von 131.160,89 Euro zu erstatten. Im Rahmen der Härtefallprüfung werde hinsichtlich des Ausbildungsgeldes und der unmittelbaren Fachausbildungskosten eine Abdienquote von 11,24 % berücksichtigt, so dass sich der zu erstattende Betrag auf 116.970,13 Euro reduziere. Die Gewährung einer Stundung (Ratenzahlung) diene ebenfalls der Vermeidung einer besonderen Härte, wobei die Höhe der monatlichen Teilzahlungsrate auf der Grundlage der Einkommensverhältnisse der Klägerin und des pfändbaren Betrages nach Anlage 2 zu § 850 c Abs. 1 ZPO festgelegt worden sei. 8Gegen den Leistungsbescheid legte die Klägerin Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen geltend machte: Die Vorschrift über die Erstattung des Ausbildungsgeldes (§ 56 Abs. 4 Satz 2 SG) sei verfassungswidrig, weil sie gegen das Alimentationsprinzip und den Gleichheitssatz verstoße. Bei dem Ausbildungsgeld handele es sich um Alimentation, auf die der Sanitätsoffizier-Anwärter im Hinblick auf die auch während des Studiums bestehenden Dienstpflichten einen Anspruch habe. Insoweit unterscheide sich dessen Situation nicht wesentlich von derjenigen eines Zeitsoldaten, der an einer Bundeswehrhochschule studiere und während dieser Zeit besoldet werde. Die Voraussetzungen des § 56 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SG a.F. lägen nicht vor, weil sie nicht auf ihren Antrag entlassen worden sei. Das Personalamt der Bundeswehr habe die Härteklausel (§ 56 Abs. 4 Satz 3 SG) fehlerhaft angewandt, weil es für die Rückzahlungsverpflichtung keine zeitliche Begrenzung vorgesehen und bei der Berechnung der Abdienquote Weiterbildungszeiten zu Unrecht unberücksichtigt gelassen habe. Auch hätten die Umstände, die für ihr Ausscheiden aus dem Soldatenverhältnis maßgeblich gewesen seien, in die Betrachtung einbezogen werden müssen. Der Dienstherr habe seine Zusage, ihr eine Qualifizierung in der Fachrichtung Innere Medizin zu ermöglichen, nicht eingehalten. Außerdem habe sie sich nicht in der Lage gesehen, unter den Bedingungen des Dienstes in der Bundeswehr eine Familie zu gründen. Seit ihrem Eintritt in die Bundeswehr habe sich deren Auftrag grundlegend verändert; diese müsse zunehmend Auslandseinsätze in kriegsähnlichen Situationen leisten. Die Soldaten, die an solchen belastenden Einsätzen teilnähmen, erhielten anschließend nicht die erforderliche Fürsorge und Unterstützung. Auch vor diesem Hintergrund habe sie inzwischen einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin gestellt. Da sie das ihr gewährte Ausbildungsgeld versteuert habe, dürfe allenfalls der Nettobetrag zurückgefordert werden; der Leistungsbescheid gehe jedoch vom Bruttobetrag aus. Für die Rückforderung von Weiterbildungskosten fehle es an einer Rechtsgrundlage. 9Das Personalamt der Bundeswehr wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 23. November 2012 zurück. Zur Begründung führte es aus: Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 56 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SG a.F. lägen vor, da die Entlassung der Klägerin aus dem Soldatenverhältnis nach § 125 Abs. 1 Satz 3 BRRG a.F. als Entlassung auf eigenen Antrag gelte. Es sei auch kein Verfassungsverstoß darin zu sehen, dass § 56 Abs. 4 Satz 2 SG dem Dienstherrn die Möglichkeit gebe, Ausbildungsgeld, das er Sanitätsoffizier-Anwärtern einzig und allein deshalb zahle, weil diese sich verpflichteten, der Bundeswehr nach Abschluss des Studiums mit ihrem Fachwissen für die eingegangene Verpflichtungszeit zur Verfügung zu stehen, zurückzuverlangen, wenn der betroffene Zeitsoldat dieser Verpflichtung in einer ihm zurechenbaren Weise nicht nachkomme. Die Verfassung gebiete nicht, dem vorzeitig ausgeschiedenen Zeitsoldaten neben dem vom Dienstherrn finanzierten, außerhalb der Bundeswehr nutzbaren Medizinstudium auch noch einen Teil des erhaltenen Ausbildungsgeldes zu belassen. Die Verpflichtung zur Erstattung des Ausbildungsgeldes verstoße auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG; denn im Gegensatz zu Soldaten auf Zeit, die an einer Bundeswehrhochschule studierten und während ihres Studiums nicht vom militärischen Dienst beurlaubt seien, studierten Sanitätsoffizier-Anwärter an einer zivilen Universität und seien für diese Zeit vom militärischen Dienst beurlaubt. Abgesehen davon, dass eine zeitliche Begrenzung der Ratenzahlungsverpflichtung nur in den Fällen einer Entlassung aus Gewissensgründen in Betracht komme, sei hier nicht ersichtlich, dass der Klägerin durch die Erstattungspflicht eine wirtschaftliche Knebelung auf unabsehbare Zeit drohe. Die Abdienquote sei korrekt ermittelt worden. Bei den von der Klägerin nach Beendigung des Studiums absolvierten Aus- bzw. Weiterbildungen handele es sich um Fachausbildungen im Sinne des § 56 Abs. 4 SG, während deren Dauer sie das absolvierte Studium nicht habe abdienen können. Die von der Klägerin angeführten Umstände ihres Ausscheidens aus dem Soldatenverhältnis seien unbeachtlich, weil sie die Bundeswehr offiziell aufgrund ihrer Übernahme in ein Beamtenverhältnis vorzeitig verlassen habe. Dass ihre Karriereerwartungen möglicherweise enttäuscht worden seien, führe ebenso wenig zu einer Reduzierung des Erstattungsbetrages wie ihre etwaige Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin. Bei der Berechnung dieses Betrages sei zu Recht das Bruttoausbildungsgeld in Ansatz gebracht worden. 10Die Klägerin hat am 20. Dezember 2012 Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen ihr Widerspruchsvorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend trägt sie vor: Die ärztliche Weiterbildung sei keine Fachausbildung im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 1 SG, weil es an praktischen und theoretischen Unterweisungen fehle, sondern die Tätigkeit der eines normalen Krankenhausarztes entspreche, so dass die Stabsärzte während der klinischen Weiterbildung voll verwendbar seien; jedenfalls hemme die ärztliche Weiterbildung nicht das Abdienen. Die angesetzten Kosten für den Kurs Notfallmedizin seien unverhältnismäßig höher als bei einer zivilen Ausbildungsstelle. Eine Rückzahlungsverpflichtung in Höhe von 116.970,13 Euro führe zu einer langfristigen wirtschaftlichen Knebelung, da bei einer monatlichen Rate von 120,00 Euro allein die Hauptforderung über einen Zeitraum von mehr als 81 Jahren zu bedienen sei. Hinzu komme, dass sich durch die Verzinslichstellung der Hauptforderung eine Zinsforderung von ca. 185.000,00 Euro ergebe. Die Höhe der monatlichen Rate sei ermessensfehlerhaft festgesetzt worden, da die von ihr geleisteten Beiträge zu Berufsunfähigkeitsversicherungen nicht einkommensmindernd berücksichtigt worden seien. Sie sei durch Bescheid des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben vom 28. Februar 2012 als Kriegsdienstverweigerin anerkannt worden, weshalb sie ohnehin zu entlassen gewesen wäre; diese Tatsache sei zudem im Rahmen der Prüfung der besonderen Härte zu berücksichtigen. 11Die Klägerin beantragt, 12den Bescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 3. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2012 aufzuheben. 13Die Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen, 15und nimmt zur Begründung Bezug auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und Personalakten ergänzend Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Die Klage hat keinen Erfolg; sie ist zwar zulässig, aber nicht begründet. 19Der angefochtene Leistungsbescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 3. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2012 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 20Er findet seine rechtliche Grundlage in § 56 Abs. 4 des Soldatengesetzes in der Fassung der Neubekanntmachung vom 15. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1737) – SG 1995 –, der hier gemäß § 97 Abs. 1 SG n.F. Anwendung findet, da die Klägerin ihr Medizinstudium vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes und anderer Vorschriften vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1815) begonnen hat. 21Nach Satz 1 dieser Vorschrift muss ein Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er auf seinen Antrag entlassen worden ist oder er seine Entlassung nach § 55 Abs. 4 Satz 1 SG 1995 vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Gemäß Satz 2 Nr. 2 des § 56 Abs. 4 SG 1995 muss ein Sanitätsoffizier-Anwärter das ihm gewährte Ausbildungsgeld erstatten, wenn er auf seinen Antrag entlassen worden ist. 22Die zuletzt genannte Vorschrift bildet die Grundlage für die im Leistungsbescheid vom 3. Februar 2011 enthaltene Aufforderung der Klägerin, das Ausbildungsgeld, das ihr als Sanitätsoffizier-Anwärterin während ihres Studiums nach § 30 Abs. 2 SG gewährt worden ist, zu erstatten. Denn ihre durch die Ernennung zur Akademischen Rätin am 9. Oktober 2008 kraft Gesetzes eingetretene Entlassung aus dem Soldatenverhältnis gilt als Entlassung auf eigenen Antrag (§ 125 Abs. 1 Satz 2 und 3 BRRG a.F.). 23Entgegen der Auffassung der Klägerin ist § 56 Abs. 4 Satz 2 SG 1995 verfassungsgemäß. 24Die Vorschrift verstößt nicht gegen Art. 33 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 GG, und zwar ungeachtet der Frage, inwieweit die Grundsätze aus Art. 33 Abs. 5 GG auf Zeitsoldaten Anwendung finden. Der Dienstherr, der dem Soldaten auf Zeit im dienstlichen Interesse ein mit hohen Kosten verbundenes Studium ermöglicht und diesem während der Beurlaubung zum Zwecke des Studiums ein Ausbildungsgeld gewährt, tut dies in der berechtigten Erwartung, der Soldat auf Zeit werde die im Studium erlangten Kenntnisse und Fähigkeiten für die vereinbarte Zeit zur Verfügung stellen. Wird das Dienstverhältnis auf Antrag oder Initiative des Soldaten auf Zeit vorzeitig beendet, hat der Soldat einen erheblichen Vorteil erlangt, ohne dem Dienstherrn die durch die Verpflichtung zugesagte Gegenleistung zu erbringen. Für die dadurch entstehende „Schieflage“ schafft § 56 Abs. 4 SG einen billigen Ausgleich. 25Vgl. VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 – 5 K 785/11 –, juris, Rn. 24, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 –, Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3. 26Soweit die Klägerin meint, der Dienstherr enthalte dem Soldaten mit dem auf das Ausbildungsgeld bezogenen Erstattungsbegehren rückwirkend eine ihm zustehende Alimentierung vor, blendet sie aus, dass der Sanitätsoffiziersanwärter während des Studiums unter Fortfall von Geld- und Sachbezügen vom militärischen Dienst befreit war. Dem in diesem Zeitraum gewährten und später zurückgeforderten Ausbildungsgeld kommt daher keine Alimentierungs-, sondern eine Anreizfunktion zu; es stellt sich als besondere finanzielle Förderung der Ausbildung dar, die der Dienstherr leistet, um den Soldaten im künftigen Dienst bedarfsgerecht einzusetzen. Dabei ist es nicht zu beanstanden, dass der Dienstherr – wie etwa bei einem Stipendium – gewisse Vorgaben aufstellt, um einen ordnungsgemäßen Studienablauf und -erfolg sicherzustellen. 27Vgl. VG Köln, Urteil vom 15. November 2013 – 9 K 6900/12 –, S. 10 des Abdrucks. 28Die festgesetzte Erstattung verletzt auch nicht das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG. Die unterschiedliche Behandlung von Sanitätsoffiziersanwärtern gegenüber Soldaten, die außerhalb der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes eine (akademische) Ausbildung durchlaufen und bei vorzeitiger Beendigung des Dienstverhältnisses die Kosten der Ausbildung erstatten müssen, jedoch die als Zeitsoldat erhaltenen Dienstbezüge behalten dürfen, ist durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Im Gegensatz zu dieser Gruppe, die die Ausbildung während ihrer Dienstzeit absolviert hat, war der Sanitätsoffiziersanwärter während seines Studiums beurlaubt und damit von den Dienstpflichten als Soldat freigestellt. 29Vgl. VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 – 5 K 785/11 –, und VG Köln, Urteil vom 15. November 2013 – 9 K 6900/12 –, jeweils a.a.O. 30Nach § 56 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SG 1995 muss die Klägerin das ihr gewährte Ausbildungsgeld erstatten, und zwar den Bruttobetrag. Die Beklagte hat den Bruttobetrag aufgewendet, indem sie die Lohnsteuer unmittelbar an das zuständige Finanzamt abgeführt hat. Dementsprechend wird auch bei dem vergleichbaren Fall der Rückforderung zu viel gezahlter Dienstbezüge nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Bruttobetrag zugrunde gelegt. Diese rechtliche Bewertung ist auch für die Klägerin nicht unbillig. Sie hat die Möglichkeit, den zurückgezahlten Bruttobetrag im Kalenderjahr der Zahlung gegenüber den Finanzbehörden als sogenannte Negativeinkünfte geltend zu machen, um damit eine Verringerung der Steuerschuld zu erreichen. 31Vgl. VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 – 5 K 785/11 –, a.a.O., Rn. 27 m.w.N.; ferner BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1977 – 2 BvR 407/76 –, BVerfGE 46, S. 97 (115 ff.). 32Die im Leistungsbescheid ausgesprochene Verpflichtung zur Erstattung der mittelbaren und unmittelbaren Kosten, die der Beklagten dadurch entstanden sind, dass die Klägerin die klinische Weiterbildung Innere Medizin im Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, mehrere Notarzteinsätze zum Erwerb der Fachkunde Rettungsmedizin, den Grundkurs Ultraschalldiagnostik und den Sonderlehrgang Notfallmedizin absolviert hat, ist nach Satz 1 des § 56 Abs. 4 SG 1995 gerechtfertigt. 33Vgl. zur Anwendbarkeit dieser Vorschrift (neben Satz 2) auf ehemalige Sanitätsoffiziersanwärter: VG Köln, Urteil vom 15. November 2013 – 9 K 6900/12 –, S. 11 des Abdrucks. 34Die klinische Weiterbildung, die Notarzteinsätze und die Lehrgänge stellen Fachausbildungen im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 1 SG 1995 dar. 35Unter Fachausbildung ist eine besondere, für alle Teilnehmer einheitlich gestaltete Ausbildung außerhalb des allgemeinen Truppendienstes mit einem bestimmten Ausbildungsziel zu verstehen. Sie wird in einem geregelten Ausbildungsgang durch qualifiziertes Personal vermittelt und führt – sei es durch Prüfung oder nach einem planmäßigen Abschluss – zu einer zusätzlichen Befähigung oder Berechtigung. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es demnach, wenn es sich um eine neben der allgemeinen militärischen Ausbildung, die jeder Soldat entsprechend seiner Laufbahn erhält, vermittelte besondere Ausbildung handelt, zu der dienstliche Gründe den Anstoß gaben und die den Soldaten befähigen soll, eine militärische Funktion zu übernehmen, die er nach der Einschätzung der verantwortlichen Stellen der Bundeswehr ohne die zu vermittelnden Kenntnisse oder Fertigkeiten nicht sachgerecht wahrnehmen kann. Inwieweit eine solche Fachausbildung auch im zivilen Bereich Ausbildungscharakter hat oder ob sie zu einer Berechtigung führt, die auch außerhalb der Bundeswehr anzuerkennen ist, hat hingegen für die Auslegung des soldatenrechtlichen und der Sache nach auf den Militärdienst bezogenen Begriffes „Fachausbildung“ keine Bedeutung. Die Fachausbildung kann aufgrund ihrer Besonderheiten in eine Berufstätigkeit eingebettet sein und einer weiteren Spezialisierung in einem Fachgebiet dienen. 36Vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – 6 BV 12.19 –, juris, Rn. 29, mit Nachweisen zur Rechtsprechung des BVerwG. 37Hiervon ausgehend erweist sich insbesondere auch die Verwendung der Klägerin in der Abteilung Innere Medizin des Bundeswehrzentralkrankenhauses in Koblenz im Zeitraum vom 31. Mai 2005 bis 31. Juli 2007 als Fachausbildung. Die dabei erfolgte Weiterbildung war geeignet, zu der von der Klägerin damals angestrebten Facharztausbildung beizutragen, auch wenn ihrem Antrag, ihr statt der vorgesehenen Weiterbildung im Fachgebiet Innere und Allgemeinmedizin eine Weiterbildung im Fachgebiet Innere Medizin zu ermöglichen, nicht entsprochen worden ist. Ihr sind während ihrer Tätigkeit im Bundeswehrzentralkrankenhaus fachärztliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt worden, die sie befähigen sollten, die für sie vorgesehene Funktion als Truppenärztin zu übernehmen. Dass die Zeit der klinischen Weiterbildung in eine Berufstätigkeit (als Stationsärztin) eingebettet war, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, steht der Berücksichtigung als Fachausbildung nicht entgegen, da die Weiterbildungszwecke die Verwendung bestimmt haben, die Klägerin also nicht uneingeschränkt für eine militärische Verwendung zur Verfügung stand. 38Vgl. hierzu ausführlich Bayerischer VGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – 6 BV 12.19 –, a.a.O., Rn. 35-37. 39Ohne Bedeutung für die Qualifizierung des genannten Zeitraums als Fachausbildung ist auch die Tatsache, dass die Klägerin nur im Falle einer Verlängerung ihrer Mindestverpflichtungszeit von siebzehn Jahren eine vollständige Facharztweiterbildung erlangt hätte. Für die Einstufung als Fachausbildung i. S. d. § 56 Abs. 4 SG kommt es im Falle der Klägerin entscheidend darauf an, ob ihr in ihrer Zeit im Bundeswehrzentralkrankenhaus über den im Studium erlangten Kenntnis- und Befähigungsstand hinaus weitergehende Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt worden sind. Dies steht für das Gericht unter Berücksichtigung der ihr für diesen Zeitraum erteilten Zeugnisse außer Zweifel. Der soldatenrechtliche Begriff der „Fachausbildung“ setzt hingegen nicht voraus, dass der Soldat bereits durch die Fachausbildung eine Berechtigung erlangt, die auch außerhalb der Bundeswehr anzuerkennen ist 40Vgl. VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 – 5 K 785/11 –, a.a.O., Rn. 32. 41Darüber hinaus fallen auch die Notarzteinsätze zum Erwerb der Fachkunde Rettungsmedizin, der Grundkurs Ultraschalldiagnostik und der Sonderlehrgang Notfallmedizin unter den Begriff der Fachausbildung im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 1 SG 1995, da die Klägerin auch durch diese Weiterbildungen zusätzliche Befähigungen erlangt hat. 42Den von der Klägerin danach zu erstattenden Betrag von 131.160,89 Euro (Ausbildungsgeld i.H.v. 124.572,32 Euro zuzüglich Fachausbildungskosten i.H.v. 6.588,57 Euro), gegen dessen Ermittlung die Klägerin keine Einwände erhoben hat, hat die Beklagte auf der Grundlage des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG 1995, wonach auf die Erstattung ganz oder teilweise verzichtet werden kann, wenn sie für den Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde, unter Berücksichtigung der sogenannten Abdienquote auf 116.970,13 Euro reduziert. Die Berechnung dieser Abdienquote durch die Beklagte ist nicht zu beanstanden; insbesondere hat sie die Abdienzeit nicht ermessensfehlerhaft zu gering angesetzt. 43Im Hinblick auf das Übermaßverbot berücksichtigt die Beklagte nach ihren Bemessungsgrundsätzen die Zeit, die der Soldat nach Abschluss der Ausbildung bzw. der Fachausbildung bis zu seinem Ausscheiden noch uneingeschränkt zur militärischen Verwendung zur Verfügung gestanden hat (sog. Abdienzeit), als Härte im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG 1995 und gewährt auf die unmittelbaren Ausbildungskosten einen Teilverzicht, der sich der Höhe nach an dem Verhältnis zwischen der Stehzeitverpflichtung, d.h. der Zeit, die der Soldat nach Beendigung der Ausbildung noch hätte ableisten müssen, und der Abdienzeit bestimmt. Weitere Ausbildungen bzw. Fachausbildungen (im Sinne der oben wiedergegebenen Definition) unterbrechen die Abdienzeit. Diese Verwaltungspraxis, die im Rahmen der von der Beklagten zu treffenden Ermessensentscheidung einen sachgerechten Ausgleich bietet zwischen den Interessen der Bundeswehr, die dahin gehen, Soldaten, die eine teure und langwierige Ausbildung genossen haben, nicht zuletzt auch mit Blick auf eine geordnete Personalvorsorge möglichst lange zu halten, und den Interessen des Soldaten an einer vorzeitigen Entlassung aus der Bundeswehr, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere begegnet es keinen Bedenken, dass die Beklagte mit Blick auf Sinn und Zweck der Norm nur diejenigen Zeiten als Abdienzeit berücksichtigt, in denen der Soldat nach Abschluss seiner Fachausbildungen der Bundeswehr uneingeschränkt, d.h. frei von irgendwelchen Ausbildungszwecken, die die Verwendungsmöglichkeiten beschränken, zur Verfügung gestanden hat. 44Vgl. VG Köln, Urteil vom 15. November 2013 – 9 K 6900/12 –, S. 15 f. des Abdrucks, m.w.N. zur Rechtsprechung. 45Wenngleich die Klägerin als Assistenzärztin in den Dienstbetrieb des Bundeswehrzentralkrankenhauses Koblenz eingebettet war, hat sie in diesem Zeitraum die durch ihr Studium erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten der Beklagten nicht uneingeschränkt zur Verfügung gestellt. Vielmehr hat sie sich im Rahmen einer geordneten Fachausbildung weitergebildet, mag sie dabei auch den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichtet haben. Dies schließt eine Berücksichtigung als „Abdienzeit“ aus. 46Vgl. VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 – 5 K 785/11 –, a.a.O., Rn. 37; Bayerischer VGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – 6 BV 12.19 –, a.a.O., Rn. 37. 47Zu einem über die Berücksichtigung einer Abdienquote von 11,24 % hinausgehenden Verzicht auf die Erstattung ist die Beklagte entgegen der Auffassung der Klägerin nicht verpflichtet. 48Das gilt zunächst im Hinblick auf die Kosten des an der Sanitätsakademie der Bundeswehr in München absolvierten Sonderlehrgangs Notfallmedizin in Höhe von 1.375,94 Euro. Das Gericht folgt insoweit nicht der Argumentation der Klägerin, eine vergleichbare Ausbildung an einer zivilen Ausbildungsstätte werde deutlich günstiger angeboten (z.B. vom DRK in E. für 735,00 Euro), so dass die Erstattung der von der Beklagten aufgewendeten Ausbildungskosten eine besondere Härte bedeuten würde. Denn die Ausbildung an der Sanitätsakademie der Bundeswehr dauerte 19 Tage, während die Ausbildung im DRK-Bildungszentrum nur 8 Tage dauert, was die Annahme nahelegt, dass die Ausbildung bei der Bundeswehr umfassender ist, insbesondere einen spezifisch militärischen Teil umfasst, es also an der Vergleichbarkeit der Ausbildungen fehlt. 49Die Beklagte war auch nicht zur Vermeidung einer wirtschaftlichen Knebelung zu einer zeitlichen Begrenzung der Zahlungsdauer verpflichtet. Wie die Beklagte zutreffend hervorgehoben hat, trifft den Soldaten auf Zeit, der entgegen der von ihm eingegangenen Verpflichtung den Dienst bei der Bundeswehr auf eigene Initiative vorzeitig beendet, grundsätzlich die Pflicht, den Erstattungsbetrag in einer Summe zu zahlen. Räumt ihm die Beklagte im Rahmen der Härtefallregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG – wie hier – Ratenzahlungen ein, darf die Zahlungspflicht zwar grundsätzlich nicht während des gesamten weiteren Berufslebens des ehemaligen Soldaten andauern, sondern muss zeitlich begrenzt sein. 50Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 –, Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 (juris, Rn. 24). 51Bei der Berechnung der voraussichtlichen Dauer der Zahlungspflicht darf jedoch nicht von der im Leistungsbescheid festgesetzten Höhe der Monatsrate ausgegangen werden, wenn diese darauf beruht, dass der ehemalige Soldat im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides ein vergleichsweise niedriges Einkommen erzielte, das sich im weiteren Verlauf seines Berufslebens aller Voraussicht nach deutlich erhöhen wird. So liegt der Fall hier. Bei Erlass des Leistungsbescheides vom 3. Februar 2011 war die Arbeitszeit der Klägerin im Universitätsklinikum E. mit Rücksicht auf die Betreuung ihres Kindes auf die Hälfte reduziert, so dass auch ihre Bezüge entsprechend verringert waren. Nach der Lebenserfahrung wird die Klägerin mit zunehmendem Alter und abnehmender Betreuungsbedürftigkeit ihrer Kinder ihre Arbeitszeit wieder aufstocken, wahrscheinlich sogar früher oder später auf 100 %. Dann wird sie in der Lage sein, eine deutlich höhere Monatsrate zu zahlen als die festgesetzten 120,00 Euro. Bei einer Monatsrate von beispielsweise 700,00 Euro wäre die Rückzahlungsverpflichtung in 14 Jahren erfüllt. Da die Klägerin erst 35 Jahre alt ist und noch über 30 Berufsjahre vor sich hat, steht nicht zu erwarten, dass sie bis an das Ende ihres Berufslebens mit der Abzahlungspflicht belastet sein wird, zumal weitere Verbesserungen ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse (beruflicher Aufstieg, evtl. Selbständigkeit) oder ein finanzieller Beitrag des Ehemannes nicht unrealistisch erscheinen. 52Die Umstände, die die Klägerin nach ihren Angaben zum Verlassen der Bundeswehr veranlasst haben, führen ebenfalls nicht zur Annahme einer besonderen Härte, die die Beklagte dazu zwingt, von der Forderung teilweise abzurücken. Ein dazu erforderlicher atypischer Ausnahmefall ergibt sich weder aus dem Hinweis auf allgemeine Verhältnisse in der Bundeswehr und zunehmende (kriegsähnliche) Auslandseinsätze, mit denen die Klägerin rechnen musste, noch aus dem Vortrag, sie habe sich in ihrer Erwartung enttäuscht gesehen, während der Verpflichtungszeit den Facharzt abzuschließen. Verbindliche Zusagen, die eine solche Hoffnung als berechtigt erscheinen lassen könnten, sind nicht ersichtlich; im Gegenteil beschränkt die Beklagte in der Regel bei der an ein Medizinstudium anschließenden Verwendungsplanung die Weiterbildungszeit auf drei Jahre. Hierauf ist die Klägerin in einem Informationsschreiben hingewiesen worden. Auch das von ihr vorgelegte Merkblatt „Laufbahn der Sanitätsoffiziere“ enthält keine rechtsverbindliche Zusage, dass alle Sanitätsoffiziere innerhalb der 17-jährigen Verpflichtungszeit die Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin abschließen können. Es begründet auch keine besondere Härte, dass dem Wunsch der Klägerin, in das Fachgebiet Innere Medizin zu wechseln, nicht Rechnung getragen worden ist; denn die Weiterbildungswünsche der Sanitätsoffiziere müssen mit der Planung und dem Bedarf der Bundeswehr in Einklang gebracht werden. Dass Zeitsoldaten häufig versetzt und gegebenenfalls auch kurzfristig abkommandiert werden, worunter das Familienleben leiden mag, war der Klägerin bei Eintritt in die Bundeswehr bekannt; wenn sie sich durch diese äußeren Bedingungen des Wehrdienstes an einer Familiengründung gehindert sah, handelt es sich dabei um eine subjektive Einschätzung, nicht jedoch um eine objektive Unvereinbarkeit. 53Eine besondere Härte ergibt sich auch nicht daraus, dass sich bei der Klägerin im Laufe ihrer Dienstzeit moralisch-ethische Bedenken gegen den Dienst als Sanitätsoffizier entwickelt haben und sie im Januar 2012 – also mehr als 3 Jahre nach ihrer Entlassung aus dem Dienst als Zeitsoldat – einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin gestellt hat, dem wenig später entsprochen worden ist. Zwar stellt die Erstattungsverpflichtung, der sich ein wegen seiner Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer entlassener Soldat gegenübersieht, eine besondere Härte im Sinne dieser Vorschrift dar, die den Dienstherrn zu Ermessenserwägungen über den vollständigen oder teilweisen Verzicht auf einen Ausgleich der Ausbildungskosten zwingt. Denn ein Zeitsoldat, der eine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst getroffen hat, befindet sich in einer Zwangslage. Einerseits kann er der Erstattungsverpflichtung entgehen, indem er den für die Anerkennung seiner Gewissensentscheidung erforderlichen Antrag nicht stellt und damit im Wehrdienstverhältnis verbleibt. Andererseits müsste er in diesem Fall seinem Gewissen zuwider handeln. Diese Zwangslage, der er sich nicht entziehen kann, stellt eine besondere Härte dar. 54So BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 –, Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 (juris, Rn. 16). 55Die Klägerin hat nicht substantiiert vorgetragen, dass sie sich im Zeitpunkt ihrer Entlassung aus der Bundeswehr in einer solchen Zwangslage befunden hat. Sie hat für ihren Entschluss, ihren soldatischen Dienst vorzeitig zu beenden, ein ganzes Bündel von Gründen angeführt, unter anderem – wie oben dargelegt – angeblich nicht eingehaltene Zusagen des Dienstherrn betreffend ihre Facharztweiterbildung, den veränderten Auftrag der Bundeswehr und die Schwierigkeiten hinsichtlich der Familiengründung. Daneben hat sie auch moralisch-ethische Bedenken geltend gemacht, aber nicht dargetan, dass sie eine Fortsetzung des Dienstes als Sanitätsoffizier mit ihrem Gewissen unter keinen Umständen habe vereinbaren können. Es kann nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass sie schon im Jahr 2008 einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer gestellt hätte, wenn diese Möglichkeit seinerzeit für Zeitsoldaten im Sanitätsdienst bestanden hätte bzw. das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis anerkannt worden wäre. 56Die der Klägerin eingeräumte Ratenzahlung ist ebenfalls nicht zu ihren Lasten rechtsfehlerhaft. Da die Ratenzahlung ausdrücklich zur Vermeidung einer besonderen Härte „durch die grundsätzlich gebotene sofortige Erstattung des Betrages“ in der Gesamthöhe eingeräumt wurde, hat die Beklagte insoweit ihr Ermessen nach § 56 Abs. 4 Satz 3 SG 1995 ausgeübt. Die insoweit angestellten Erwägungen halten gerichtlicher Kontrolle stand (§ 114 VwGO). Der gegen die Höhe der Rate vorgebrachte Einwand der Klägerin, sie bediene Berufsunfähigkeitsversicherungen, deren Beiträge nicht pfändbar seien, greift – abgesehen davon, dass diese Beiträge den Rahmen des Üblichen sprengen – auch deshalb nicht, weil die Beklagte bei der Festsetzung der Rate den von ihr ermittelten pfändbaren Betrag noch um 30 % gekürzt hat. Aus dem gleichen Grund führt der Umstand, dass bei Erlass des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2012 höhere Pfändungsfreigrenzen galten als die im Leistungsbescheid vom 3. Februar 2011 zugrunde gelegten (vgl. Anlage zu § 850 c ZPO), nicht zur Rechtswidrigkeit der festgesetzten Ratenhöhe, zumal das Ermessen der Beklagten nicht zwingend dahin gebunden ist, die jeweils aktuelle Pfändungstabelle anzuwenden. 57Die Geltendmachung von Stundungszinsen begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Nach der Rechtsprechung des OVG NRW, der die Kammer folgt, können in Fällen der vorliegenden Art Stundungszinsen unmittelbar auf der Grundlage des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG 1995 erhoben werden. 58Vgl. OVG NRW, Urteile vom 16. August 1996 – 12 A 2476/94 –, NWVBl. 1997, S. 272 (274), und vom 30. September 1999 – 12 A 1828/98 –, juris, Rn. 64-66; ebenso VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 – 5 K 785/11 –, a.a.O., Rn. 42; VG Köln, Urteil vom 15. November 2013 – 9 K 6900/12 –, S. 18 des Abdrucks. 59Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 60Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 61Beschluss: 62Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 116.970,13 Euro festgesetzt. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vorher sicherheit in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die am 00. märz 1979 geborene klägerin wurde aufgrund ihrer am 27. februar 1998 abgegebenen verpflichtungserklärung, 17 jahre wehrdienst zu leisten, am 3. juli 1998 als anwärterin für die laufbahn der offiziere des sanitätsdienstes in die bundeswehr eingestellt und unter berufung in das dienstverhältnis eines soldaten auf zeit zum sanitätssoldaten (soa) ernannt. sie wurde ab dem 2. april 1999 unter fortfall der geld- und sachbezüge zum studium der medizin beurlaubt, das sie an der universität münster absolvierte und am 17. mai 2005 mit der ärztlichen prüfung – gesamtnote „gut“ – abschloss. die bezirksregierung münster erteilte ihr am 30. mai 2005 die approbation als ärztin. während ihrer beurlaubung zum studium, die am 30. mai 2005 endete, hatte sie ausbildungsgeld nach § 30 abs. 2 des soldatengesetzes (sg) erhalten. 3nachdem die klägerin während ihres studiums mehrfach – zuletzt zum leutnant – befördert worden war, wurde sie am 31. mai 2005 zum stabsarzt ernannt und an das bundeswehrzentralkrankenhaus koblenz versetzt, wo sie bis zum 31. juli 2007 zur klinischen weiterbildung im gebiet innere medizin und allgemeinmedizin tätig war. während dieser zeit absolvierte sie mehrere notarzteinsätze zum erwerb der fachkunde rettungsmedizin an einem krankenhaus in neuwied, einen grundkurs ultraschalldiagnostik an der universität leipzig und einen sonderlehrgang notfallmedizin an der sanitätsakademie der bundeswehr in münchen. 4mit bescheid vom 18. august 2005 setzte das personalamt der bundeswehr die dienstzeit der klägerin auf 17 jahre fest und teilte ihr mit, dass ihre dienstzeit mit ablauf des 30. juni 2015 endet. am 3. dezember 2007 wurde sie zum oberstabsarzt ernannt. 5mit urkunde vom 1. oktober 2008, ausgehändigt am 9. oktober 2008, ernannte der rektor der i. -i1. -universität e. die klägerin unter berufung in das beamtenverhältnis auf zeit zur akademischen rätin. infolge dessen war die klägerin mit ablauf des 8. oktober 2008 nach § 125 abs. 1 satz 2 des beamtenrechtsrahmengesetzes (brrg) in der seinerzeit geltenden fassung aus dem dienstverhältnis einer soldfatin auf zeit entlassen. 6mit schreiben vom 9. september 2009 wies das personalamt der bundeswehr die klägerin darauf hin, dass als folge dieser entlassung, die als entlassung auf eigenen antrag gelte, sie nach § 56 abs. 4 sg zur erstattung des ihr gezahlten ausbildungsgeldes sowie der entstandenen fachausbildungskosten heranzuziehen sei. mit schreiben vom 12. juli 2010 teilte das personalamt der bundeswehr ihr mit, dass fachausbildungskosten in höhe von 16.588,57 euro sowie ausbildungsgeld in höhe von 128.281,10 euro ermittelt worden seien, gab ihr insoweit gelegenheit zur stellungnahme und bat sie um auskunft über ihre wirtschaftlichen verhältnisse. 7nachdem die klägerin einwendungen gegen die höhe der ausbildungskosten erhoben hatte, forderte das personalamt der bundeswehr sie mit leistungsbescheid vom 3. februar 2011 auf, das ihr als sanitätsoffiziersanwärterin gewährte ausbildungsgeld sowie die im rahmen ihrer ärztlichen aus- und weiterbildungen entstandenen fachausbildungskosten in höhe von insgesamt 116.970,13 euro zu erstatten, gewährte ihr eine verzinsliche stundung durch einräumung von ratenzahlungen und setzte die monatliche zahlungsrate auf 120,00 euro sowie die stundungszinsen auf jährlich 4 % fest. zur begründung führte das personalamt aus: der klägerin sei während der zeit ihrer beurlaubung zum studium ausbildungsgeld in höhe von – nach einer korrigierten berechnung – insgesamt 124.572,32 euro gezahlt worden. außerdem habe sie im verlauf ihrer militärischen ausbildung verschiedene ärztliche aus- und weiterbildungsmaßnahmen absolviert, nämlich die klinische weiterbildung innere medizin im bundeswehrzentralkrankenhaus koblenz vom 31. mai 2005 bis 31. juli 2007, mehrere notarzteinsätze zum erwerb der fachkunde rettungsmedizin, den grundkurs ultraschalldiagnostik und den sonderlehrgang notfallmedizin. dabei handele es sich um fachausbildungen im sinne des § 56 abs. 4 satz 1 sg, für die unmittelbare kosten von 1.679,94 euro und mittelbare kosten von 4.908,63 euro entstanden seien. danach seien insgesamt kosten in höhe von 131.160,89 euro zu erstatten. im rahmen der härtefallprüfung werde hinsichtlich des ausbildungsgeldes und der unmittelbaren fachausbildungskosten eine abdienquote von 11,24 % berücksichtigt, so dass sich der zu erstattende betrag auf 116.970,13 euro reduziere. die gewährung einer stundung (ratenzahlung) diene ebenfalls der vermeidung einer besonderen härte, wobei die höhe der monatlichen teilzahlungsrate auf der grundlage der einkommensverhältnisse der klägerin und des pfändbaren betrages nach anlage 2 zu § 850 c abs. 1 zpo festgelegt worden sei. 8gegen den leistungsbescheid legte die klägerin widerspruch ein, zu dessen begründung sie im wesentlichen geltend machte: die vorschrift über die erstattung des ausbildungsgeldes (§ 56 abs. 4 satz 2 sg) sei verfassungswidrig, weil sie gegen das alimentationsprinzip und den gleichheitssatz verstoße. bei dem ausbildungsgeld handele es sich um alimentation, auf die der sanitätsoffizier-anwärter im hinblick auf die auch während des studiums bestehenden dienstpflichten einen anspruch habe. insoweit unterscheide sich dessen situation nicht wesentlich von derjenigen eines zeitsoldaten, der an einer bundeswehrhochschule studiere und während dieser zeit besoldet werde. die voraussetzungen des § 56 abs. 4 satz 2 nr. 2 sg a.f. lägen nicht vor, weil sie nicht auf ihren antrag entlassen worden sei. das personalamt der bundeswehr habe die härteklausel (§ 56 abs. 4 satz 3 sg) fehlerhaft angewandt, weil es für die rückzahlungsverpflichtung keine zeitliche begrenzung vorgesehen und bei der berechnung der abdienquote weiterbildungszeiten zu unrecht unberücksichtigt gelassen habe. auch hätten die umstände, die für ihr ausscheiden aus dem soldatenverhältnis maßgeblich gewesen seien, in die betrachtung einbezogen werden müssen. der dienstherr habe seine zusage, ihr eine qualifizierung in der fachrichtung innere medizin zu ermöglichen, nicht eingehalten. außerdem habe sie sich nicht in der lage gesehen, unter den bedingungen des dienstes in der bundeswehr eine familie zu gründen. seit ihrem eintritt in die bundeswehr habe sich deren auftrag grundlegend verändert; diese müsse zunehmend auslandseinsätze in kriegsähnlichen situationen leisten. die soldaten, die an solchen belastenden einsätzen teilnähmen, erhielten anschließend nicht die erforderliche fürsorge und unterstützung. auch vor diesem hintergrund habe sie inzwischen einen antrag auf anerkennung als kriegsdienstverweigerin gestellt. da sie das ihr gewährte ausbildungsgeld versteuert habe, dürfe allenfalls der nettobetrag zurückgefordert werden; der leistungsbescheid gehe jedoch vom bruttobetrag aus. für die rückforderung von weiterbildungskosten fehle es an einer rechtsgrundlage. 9das personalamt der bundeswehr wies den widerspruch der klägerin mit widerspruchsbescheid vom 23. november 2012 zurück. zur begründung führte es aus: die tatbestandsvoraussetzungen des § 56 abs. 4 satz 2 nr. 2 sg a.f. lägen vor, da die entlassung der klägerin aus dem soldatenverhältnis nach § 125 abs. 1 satz 3 brrg a.f. als entlassung auf eigenen antrag gelte. es sei auch kein verfassungsverstoß darin zu sehen, dass § 56 abs. 4 satz 2 sg dem dienstherrn die möglichkeit gebe, ausbildungsgeld, das er sanitätsoffizier-anwärtern einzig und allein deshalb zahle, weil diese sich verpflichteten, der bundeswehr nach abschluss des studiums mit ihrem fachwissen für die eingegangene verpflichtungszeit zur verfügung zu stehen, zurückzuverlangen, wenn der betroffene zeitsoldat dieser verpflichtung in einer ihm zurechenbaren weise nicht nachkomme. die verfassung gebiete nicht, dem vorzeitig ausgeschiedenen zeitsoldaten neben dem vom dienstherrn finanzierten, außerhalb der bundeswehr nutzbaren medizinstudium auch noch einen teil des erhaltenen ausbildungsgeldes zu belassen. die verpflichtung zur erstattung des ausbildungsgeldes verstoße auch nicht gegen art. 3 abs. 1 gg; denn im gegensatz zu soldaten auf zeit, die an einer bundeswehrhochschule studierten und während ihres studiums nicht vom militärischen dienst beurlaubt seien, studierten sanitätsoffizier-anwärter an einer zivilen universität und seien für diese zeit vom militärischen dienst beurlaubt. abgesehen davon, dass eine zeitliche begrenzung der ratenzahlungsverpflichtung nur in den fällen einer entlassung aus gewissensgründen in betracht komme, sei hier nicht ersichtlich, dass der klägerin durch die erstattungspflicht eine wirtschaftliche knebelung auf unabsehbare zeit drohe. die abdienquote sei korrekt ermittelt worden. bei den von der klägerin nach beendigung des studiums absolvierten aus- bzw. weiterbildungen handele es sich um fachausbildungen im sinne des § 56 abs. 4 sg, während deren dauer sie das absolvierte studium nicht habe abdienen können. die von der klägerin angeführten umstände ihres ausscheidens aus dem soldatenverhältnis seien unbeachtlich, weil sie die bundeswehr offiziell aufgrund ihrer übernahme in ein beamtenverhältnis vorzeitig verlassen habe. dass ihre karriereerwartungen möglicherweise enttäuscht worden seien, führe ebenso wenig zu einer reduzierung des erstattungsbetrages wie ihre etwaige anerkennung als kriegsdienstverweigerin. bei der berechnung dieses betrages sei zu recht das bruttoausbildungsgeld in ansatz gebracht worden. 10die klägerin hat am 20. dezember 2012 klage erhoben, zu deren begründung sie im wesentlichen ihr widerspruchsvorbringen wiederholt und vertieft. ergänzend trägt sie vor: die ärztliche weiterbildung sei keine fachausbildung im sinne des § 56 abs. 4 satz 1 sg, weil es an praktischen und theoretischen unterweisungen fehle, sondern die tätigkeit der eines normalen krankenhausarztes entspreche, so dass die stabsärzte während der klinischen weiterbildung voll verwendbar seien; jedenfalls hemme die ärztliche weiterbildung nicht das abdienen. die angesetzten kosten für den kurs notfallmedizin seien unverhältnismäßig höher als bei einer zivilen ausbildungsstelle. eine rückzahlungsverpflichtung in höhe von 116.970,13 euro führe zu einer langfristigen wirtschaftlichen knebelung, da bei einer monatlichen rate von 120,00 euro allein die hauptforderung über einen zeitraum von mehr als 81 jahren zu bedienen sei. hinzu komme, dass sich durch die verzinslichstellung der hauptforderung eine zinsforderung von ca. 185.000,00 euro ergebe. die höhe der monatlichen rate sei ermessensfehlerhaft festgesetzt worden, da die von ihr geleisteten beiträge zu berufsunfähigkeitsversicherungen nicht einkommensmindernd berücksichtigt worden seien. sie sei durch bescheid des bundesamtes für familie und zivilgesellschaftliche aufgaben vom 28. februar 2012 als kriegsdienstverweigerin anerkannt worden, weshalb sie ohnehin zu entlassen gewesen wäre; diese tatsache sei zudem im rahmen der prüfung der besonderen härte zu berücksichtigen. 11die klägerin beantragt, 12den bescheid des personalamtes der bundeswehr vom 3. februar 2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 23. november 2012 aufzuheben. 13die beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen, 15und nimmt zur begründung bezug auf den inhalt der angefochtenen bescheide. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten und personalakten ergänzend bezug genommen. 17 | 18die klage hat keinen erfolg; sie ist zwar zulässig, aber nicht begründet. 19der angefochtene leistungsbescheid des personalamtes der bundeswehr vom 3. februar 2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 23. november 2012 ist rechtmäßig (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 20er findet seine rechtliche grundlage in § 56 abs. 4 des soldatengesetzes in der fassung der neubekanntmachung vom 15. dezember 1995 (bgbl. i s. 1737) – sg 1995 –, der hier gemäß § 97 abs. 1 sg n.f. anwendung findet, da die klägerin ihr medizinstudium vor inkrafttreten des gesetzes zur änderung des soldatengesetzes und anderer vorschriften vom 19. dezember 2000 (bgbl. i s. 1815) begonnen hat. 21nach satz 1 dieser vorschrift muss ein soldat auf zeit, dessen militärische ausbildung mit einem studium oder einer fachausbildung verbunden war, die entstandenen kosten des studiums oder der fachausbildung erstatten, wenn er auf seinen antrag entlassen worden ist oder er seine entlassung nach § 55 abs. 4 satz 1 sg 1995 vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. gemäß satz 2 nr. 2 des § 56 abs. 4 sg 1995 muss ein sanitätsoffizier-anwärter das ihm gewährte ausbildungsgeld erstatten, wenn er auf seinen antrag entlassen worden ist. 22die zuletzt genannte vorschrift bildet die grundlage für die im leistungsbescheid vom 3. februar 2011 enthaltene aufforderung der klägerin, das ausbildungsgeld, das ihr als sanitätsoffizier-anwärterin während ihres studiums nach § 30 abs. 2 sg gewährt worden ist, zu erstatten. denn ihre durch die ernennung zur akademischen rätin am 9. oktober 2008 kraft gesetzes eingetretene entlassung aus dem soldatenverhältnis gilt als entlassung auf eigenen antrag (§ 125 abs. 1 satz 2 und 3 brrg a.f.). 23entgegen der auffassung der klägerin ist § 56 abs. 4 satz 2 sg 1995 verfassungsgemäß. 24die vorschrift verstößt nicht gegen art. 33 abs. 5 in verbindung mit art. 14 abs. 1 gg, und zwar ungeachtet der frage, inwieweit die grundsätze aus art. 33 abs. 5 gg auf zeitsoldaten anwendung finden. der dienstherr, der dem soldaten auf zeit im dienstlichen interesse ein mit hohen kosten verbundenes studium ermöglicht und diesem während der beurlaubung zum zwecke des studiums ein ausbildungsgeld gewährt, tut dies in der berechtigten erwartung, der soldat auf zeit werde die im studium erlangten kenntnisse und fähigkeiten für die vereinbarte zeit zur verfügung stellen. wird das dienstverhältnis auf antrag oder initiative des soldaten auf zeit vorzeitig beendet, hat der soldat einen erheblichen vorteil erlangt, ohne dem dienstherrn die durch die verpflichtung zugesagte gegenleistung zu erbringen. für die dadurch entstehende „schieflage“ schafft § 56 abs. 4 sg einen billigen ausgleich. 25vgl. vg gießen, urteil vom 5. november 2012 – 5 k 785/11 –, juris, rn. 24, unter hinweis auf bverwg, urteil vom 30. märz 2006 – 2 c 18.05 –, buchholz 449 § 56 sg nr. 3. 26soweit die klägerin meint, der dienstherr enthalte dem soldaten mit dem auf das ausbildungsgeld bezogenen erstattungsbegehren rückwirkend eine ihm zustehende alimentierung vor, blendet sie aus, dass der sanitätsoffiziersanwärter während des studiums unter fortfall von geld- und sachbezügen vom militärischen dienst befreit war. dem in diesem zeitraum gewährten und später zurückgeforderten ausbildungsgeld kommt daher keine alimentierungs-, sondern eine anreizfunktion zu; es stellt sich als besondere finanzielle förderung der ausbildung dar, die der dienstherr leistet, um den soldaten im künftigen dienst bedarfsgerecht einzusetzen. dabei ist es nicht zu beanstanden, dass der dienstherr – wie etwa bei einem stipendium – gewisse vorgaben aufstellt, um einen ordnungsgemäßen studienablauf und -erfolg sicherzustellen. 27vgl. vg köln, urteil vom 15. november 2013 – 9 k 6900/12 –, s. 10 des abdrucks. 28die festgesetzte erstattung verletzt auch nicht das willkürverbot des art. 3 abs. 1 gg. die unterschiedliche behandlung von sanitätsoffiziersanwärtern gegenüber soldaten, die außerhalb der laufbahn der offiziere des sanitätsdienstes eine (akademische) ausbildung durchlaufen und bei vorzeitiger beendigung des dienstverhältnisses die kosten der ausbildung erstatten müssen, jedoch die als zeitsoldat erhaltenen dienstbezüge behalten dürfen, ist durch einen sachlichen grund gerechtfertigt. im gegensatz zu dieser gruppe, die die ausbildung während ihrer dienstzeit absolviert hat, war der sanitätsoffiziersanwärter während seines studiums beurlaubt und damit von den dienstpflichten als soldat freigestellt. 29vgl. vg gießen, urteil vom 5. november 2012 – 5 k 785/11 –, und vg köln, urteil vom 15. november 2013 – 9 k 6900/12 –, jeweils a.a.o. 30nach § 56 abs. 4 satz 2 nr. 2 sg 1995 muss die klägerin das ihr gewährte ausbildungsgeld erstatten, und zwar den bruttobetrag. die beklagte hat den bruttobetrag aufgewendet, indem sie die lohnsteuer unmittelbar an das zuständige finanzamt abgeführt hat. dementsprechend wird auch bei dem vergleichbaren fall der rückforderung zu viel gezahlter dienstbezüge nach ständiger rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts der bruttobetrag zugrunde gelegt. diese rechtliche bewertung ist auch für die klägerin nicht unbillig. sie hat die möglichkeit, den zurückgezahlten bruttobetrag im kalenderjahr der zahlung gegenüber den finanzbehörden als sogenannte negativeinkünfte geltend zu machen, um damit eine verringerung der steuerschuld zu erreichen. 31vgl. vg gießen, urteil vom 5. november 2012 – 5 k 785/11 –, a.a.o., rn. 27 m.w.n.; ferner bverfg, beschluss vom 11. oktober 1977 – 2 bvr 407/76 –, bverfge 46, s. 97 (115 ff.). 32die im leistungsbescheid ausgesprochene verpflichtung zur erstattung der mittelbaren und unmittelbaren kosten, die der beklagten dadurch entstanden sind, dass die klägerin die klinische weiterbildung innere medizin im bundeswehrzentralkrankenhaus koblenz, mehrere notarzteinsätze zum erwerb der fachkunde rettungsmedizin, den grundkurs ultraschalldiagnostik und den sonderlehrgang notfallmedizin absolviert hat, ist nach satz 1 des § 56 abs. 4 sg 1995 gerechtfertigt. 33vgl. zur anwendbarkeit dieser vorschrift (neben satz 2) auf ehemalige sanitätsoffiziersanwärter: vg köln, urteil vom 15. november 2013 – 9 k 6900/12 –, s. 11 des abdrucks. 34die klinische weiterbildung, die notarzteinsätze und die lehrgänge stellen fachausbildungen im sinne des § 56 abs. 4 satz 1 sg 1995 dar. 35unter fachausbildung ist eine besondere, für alle teilnehmer einheitlich gestaltete ausbildung außerhalb des allgemeinen truppendienstes mit einem bestimmten ausbildungsziel zu verstehen. sie wird in einem geregelten ausbildungsgang durch qualifiziertes personal vermittelt und führt – sei es durch prüfung oder nach einem planmäßigen abschluss – zu einer zusätzlichen befähigung oder berechtigung. erforderlich, aber auch ausreichend ist es demnach, wenn es sich um eine neben der allgemeinen militärischen ausbildung, die jeder soldat entsprechend seiner laufbahn erhält, vermittelte besondere ausbildung handelt, zu der dienstliche gründe den anstoß gaben und die den soldaten befähigen soll, eine militärische funktion zu übernehmen, die er nach der einschätzung der verantwortlichen stellen der bundeswehr ohne die zu vermittelnden kenntnisse oder fertigkeiten nicht sachgerecht wahrnehmen kann. inwieweit eine solche fachausbildung auch im zivilen bereich ausbildungscharakter hat oder ob sie zu einer berechtigung führt, die auch außerhalb der bundeswehr anzuerkennen ist, hat hingegen für die auslegung des soldatenrechtlichen und der sache nach auf den militärdienst bezogenen begriffes „fachausbildung“ keine bedeutung. die fachausbildung kann aufgrund ihrer besonderheiten in eine berufstätigkeit eingebettet sein und einer weiteren spezialisierung in einem fachgebiet dienen. 36vgl. bayerischer vgh, urteil vom 4. juli 2013 – 6 bv 12.19 –, juris, rn. 29, mit nachweisen zur rechtsprechung des bverwg. 37hiervon ausgehend erweist sich insbesondere auch die verwendung der klägerin in der abteilung innere medizin des bundeswehrzentralkrankenhauses in koblenz im zeitraum vom 31. mai 2005 bis 31. juli 2007 als fachausbildung. die dabei erfolgte weiterbildung war geeignet, zu der von der klägerin damals angestrebten facharztausbildung beizutragen, auch wenn ihrem antrag, ihr statt der vorgesehenen weiterbildung im fachgebiet innere und allgemeinmedizin eine weiterbildung im fachgebiet innere medizin zu ermöglichen, nicht entsprochen worden ist. ihr sind während ihrer tätigkeit im bundeswehrzentralkrankenhaus fachärztliche kenntnisse und fähigkeiten vermittelt worden, die sie befähigen sollten, die für sie vorgesehene funktion als truppenärztin zu übernehmen. dass die zeit der klinischen weiterbildung in eine berufstätigkeit (als stationsärztin) eingebettet war, wie die klägerin in der mündlichen verhandlung ausgeführt hat, steht der berücksichtigung als fachausbildung nicht entgegen, da die weiterbildungszwecke die verwendung bestimmt haben, die klägerin also nicht uneingeschränkt für eine militärische verwendung zur verfügung stand. 38vgl. hierzu ausführlich bayerischer vgh, urteil vom 4. juli 2013 – 6 bv 12.19 –, a.a.o., rn. 35-37. 39ohne bedeutung für die qualifizierung des genannten zeitraums als fachausbildung ist auch die tatsache, dass die klägerin nur im falle einer verlängerung ihrer mindestverpflichtungszeit von siebzehn jahren eine vollständige facharztweiterbildung erlangt hätte. für die einstufung als fachausbildung i. s. d. § 56 abs. 4 sg kommt es im falle der klägerin entscheidend darauf an, ob ihr in ihrer zeit im bundeswehrzentralkrankenhaus über den im studium erlangten kenntnis- und befähigungsstand hinaus weitergehende kenntnisse und fertigkeiten vermittelt worden sind. dies steht für das gericht unter berücksichtigung der ihr für diesen zeitraum erteilten zeugnisse außer zweifel. der soldatenrechtliche begriff der „fachausbildung“ setzt hingegen nicht voraus, dass der soldat bereits durch die fachausbildung eine berechtigung erlangt, die auch außerhalb der bundeswehr anzuerkennen ist 40vgl. vg gießen, urteil vom 5. november 2012 – 5 k 785/11 –, a.a.o., rn. 32. 41darüber hinaus fallen auch die notarzteinsätze zum erwerb der fachkunde rettungsmedizin, der grundkurs ultraschalldiagnostik und der sonderlehrgang notfallmedizin unter den begriff der fachausbildung im sinne des § 56 abs. 4 satz 1 sg 1995, da die klägerin auch durch diese weiterbildungen zusätzliche befähigungen erlangt hat. 42den von der klägerin danach zu erstattenden betrag von 131.160,89 euro (ausbildungsgeld i.h.v. 124.572,32 euro zuzüglich fachausbildungskosten i.h.v. 6.588,57 euro), gegen dessen ermittlung die klägerin keine einwände erhoben hat, hat die beklagte auf der grundlage des § 56 abs. 4 satz 3 sg 1995, wonach auf die erstattung ganz oder teilweise verzichtet werden kann, wenn sie für den soldaten eine besondere härte bedeuten würde, unter berücksichtigung der sogenannten abdienquote auf 116.970,13 euro reduziert. die berechnung dieser abdienquote durch die beklagte ist nicht zu beanstanden; insbesondere hat sie die abdienzeit nicht ermessensfehlerhaft zu gering angesetzt. 43im hinblick auf das übermaßverbot berücksichtigt die beklagte nach ihren bemessungsgrundsätzen die zeit, die der soldat nach abschluss der ausbildung bzw. der fachausbildung bis zu seinem ausscheiden noch uneingeschränkt zur militärischen verwendung zur verfügung gestanden hat (sog. abdienzeit), als härte im sinne des § 56 abs. 4 satz 3 sg 1995 und gewährt auf die unmittelbaren ausbildungskosten einen teilverzicht, der sich der höhe nach an dem verhältnis zwischen der stehzeitverpflichtung, d.h. der zeit, die der soldat nach beendigung der ausbildung noch hätte ableisten müssen, und der abdienzeit bestimmt. weitere ausbildungen bzw. fachausbildungen (im sinne der oben wiedergegebenen definition) unterbrechen die abdienzeit. diese verwaltungspraxis, die im rahmen der von der beklagten zu treffenden ermessensentscheidung einen sachgerechten ausgleich bietet zwischen den interessen der bundeswehr, die dahin gehen, soldaten, die eine teure und langwierige ausbildung genossen haben, nicht zuletzt auch mit blick auf eine geordnete personalvorsorge möglichst lange zu halten, und den interessen des soldaten an einer vorzeitigen entlassung aus der bundeswehr, ist rechtlich nicht zu beanstanden. insbesondere begegnet es keinen bedenken, dass die beklagte mit blick auf sinn und zweck der norm nur diejenigen zeiten als abdienzeit berücksichtigt, in denen der soldat nach abschluss seiner fachausbildungen der bundeswehr uneingeschränkt, d.h. frei von irgendwelchen ausbildungszwecken, die die verwendungsmöglichkeiten beschränken, zur verfügung gestanden hat. 44vgl. vg köln, urteil vom 15. november 2013 – 9 k 6900/12 –, s. 15 f. des abdrucks, m.w.n. zur rechtsprechung. 45wenngleich die klägerin als assistenzärztin in den dienstbetrieb des bundeswehrzentralkrankenhauses koblenz eingebettet war, hat sie in diesem zeitraum die durch ihr studium erworbenen kenntnisse und fähigkeiten der beklagten nicht uneingeschränkt zur verfügung gestellt. vielmehr hat sie sich im rahmen einer geordneten fachausbildung weitergebildet, mag sie dabei auch den üblichen dienst eines klinikarztes verrichtet haben. dies schließt eine berücksichtigung als „abdienzeit“ aus. 46vgl. vg gießen, urteil vom 5. november 2012 – 5 k 785/11 –, a.a.o., rn. 37; bayerischer vgh, urteil vom 4. juli 2013 – 6 bv 12.19 –, a.a.o., rn. 37. 47zu einem über die berücksichtigung einer abdienquote von 11,24 % hinausgehenden verzicht auf die erstattung ist die beklagte entgegen der auffassung der klägerin nicht verpflichtet. 48das gilt zunächst im hinblick auf die kosten des an der sanitätsakademie der bundeswehr in münchen absolvierten sonderlehrgangs notfallmedizin in höhe von 1.375,94 euro. das gericht folgt insoweit nicht der argumentation der klägerin, eine vergleichbare ausbildung an einer zivilen ausbildungsstätte werde deutlich günstiger angeboten (z.b. vom drk in e. für 735,00 euro), so dass die erstattung der von der beklagten aufgewendeten ausbildungskosten eine besondere härte bedeuten würde. denn die ausbildung an der sanitätsakademie der bundeswehr dauerte 19 tage, während die ausbildung im drk-bildungszentrum nur 8 tage dauert, was die annahme nahelegt, dass die ausbildung bei der bundeswehr umfassender ist, insbesondere einen spezifisch militärischen teil umfasst, es also an der vergleichbarkeit der ausbildungen fehlt. 49die beklagte war auch nicht zur vermeidung einer wirtschaftlichen knebelung zu einer zeitlichen begrenzung der zahlungsdauer verpflichtet. wie die beklagte zutreffend hervorgehoben hat, trifft den soldaten auf zeit, der entgegen der von ihm eingegangenen verpflichtung den dienst bei der bundeswehr auf eigene initiative vorzeitig beendet, grundsätzlich die pflicht, den erstattungsbetrag in einer summe zu zahlen. räumt ihm die beklagte im rahmen der härtefallregelung des § 56 abs. 4 satz 3 sg – wie hier – ratenzahlungen ein, darf die zahlungspflicht zwar grundsätzlich nicht während des gesamten weiteren berufslebens des ehemaligen soldaten andauern, sondern muss zeitlich begrenzt sein. 50vgl. bverwg, urteil vom 30. märz 2006 – 2 c 18.05 –, buchholz 449 § 56 sg nr. 3 (juris, rn. 24). 51bei der berechnung der voraussichtlichen dauer der zahlungspflicht darf jedoch nicht von der im leistungsbescheid festgesetzten höhe der monatsrate ausgegangen werden, wenn diese darauf beruht, dass der ehemalige soldat im zeitpunkt des erlasses des bescheides ein vergleichsweise niedriges einkommen erzielte, das sich im weiteren verlauf seines berufslebens aller voraussicht nach deutlich erhöhen wird. so liegt der fall hier. bei erlass des leistungsbescheides vom 3. februar 2011 war die arbeitszeit der klägerin im universitätsklinikum e. mit rücksicht auf die betreuung ihres kindes auf die hälfte reduziert, so dass auch ihre bezüge entsprechend verringert waren. nach der lebenserfahrung wird die klägerin mit zunehmendem alter und abnehmender betreuungsbedürftigkeit ihrer kinder ihre arbeitszeit wieder aufstocken, wahrscheinlich sogar früher oder später auf 100 %. dann wird sie in der lage sein, eine deutlich höhere monatsrate zu zahlen als die festgesetzten 120,00 euro. bei einer monatsrate von beispielsweise 700,00 euro wäre die rückzahlungsverpflichtung in 14 jahren erfüllt. da die klägerin erst 35 jahre alt ist und noch über 30 berufsjahre vor sich hat, steht nicht zu erwarten, dass sie bis an das ende ihres berufslebens mit der abzahlungspflicht belastet sein wird, zumal weitere verbesserungen ihrer wirtschaftlichen verhältnisse (beruflicher aufstieg, evtl. selbständigkeit) oder ein finanzieller beitrag des ehemannes nicht unrealistisch erscheinen. 52die umstände, die die klägerin nach ihren angaben zum verlassen der bundeswehr veranlasst haben, führen ebenfalls nicht zur annahme einer besonderen härte, die die beklagte dazu zwingt, von der forderung teilweise abzurücken. ein dazu erforderlicher atypischer ausnahmefall ergibt sich weder aus dem hinweis auf allgemeine verhältnisse in der bundeswehr und zunehmende (kriegsähnliche) auslandseinsätze, mit denen die klägerin rechnen musste, noch aus dem vortrag, sie habe sich in ihrer erwartung enttäuscht gesehen, während der verpflichtungszeit den facharzt abzuschließen. verbindliche zusagen, die eine solche hoffnung als berechtigt erscheinen lassen könnten, sind nicht ersichtlich; im gegenteil beschränkt die beklagte in der regel bei der an ein medizinstudium anschließenden verwendungsplanung die weiterbildungszeit auf drei jahre. hierauf ist die klägerin in einem informationsschreiben hingewiesen worden. auch das von ihr vorgelegte merkblatt „laufbahn der sanitätsoffiziere“ enthält keine rechtsverbindliche zusage, dass alle sanitätsoffiziere innerhalb der 17-jährigen verpflichtungszeit die weiterbildung zum arzt für allgemeinmedizin abschließen können. es begründet auch keine besondere härte, dass dem wunsch der klägerin, in das fachgebiet innere medizin zu wechseln, nicht rechnung getragen worden ist; denn die weiterbildungswünsche der sanitätsoffiziere müssen mit der planung und dem bedarf der bundeswehr in einklang gebracht werden. dass zeitsoldaten häufig versetzt und gegebenenfalls auch kurzfristig abkommandiert werden, worunter das familienleben leiden mag, war der klägerin bei eintritt in die bundeswehr bekannt; wenn sie sich durch diese äußeren bedingungen des wehrdienstes an einer familiengründung gehindert sah, handelt es sich dabei um eine subjektive einschätzung, nicht jedoch um eine objektive unvereinbarkeit. 53eine besondere härte ergibt sich auch nicht daraus, dass sich bei der klägerin im laufe ihrer dienstzeit moralisch-ethische bedenken gegen den dienst als sanitätsoffizier entwickelt haben und sie im januar 2012 – also mehr als 3 jahre nach ihrer entlassung aus dem dienst als zeitsoldat – einen antrag auf anerkennung als kriegsdienstverweigerin gestellt hat, dem wenig später entsprochen worden ist. zwar stellt die erstattungsverpflichtung, der sich ein wegen seiner anerkennung als kriegsdienstverweigerer entlassener soldat gegenübersieht, eine besondere härte im sinne dieser vorschrift dar, die den dienstherrn zu ermessenserwägungen über den vollständigen oder teilweisen verzicht auf einen ausgleich der ausbildungskosten zwingt. denn ein zeitsoldat, der eine gewissensentscheidung gegen den kriegsdienst getroffen hat, befindet sich in einer zwangslage. einerseits kann er der erstattungsverpflichtung entgehen, indem er den für die anerkennung seiner gewissensentscheidung erforderlichen antrag nicht stellt und damit im wehrdienstverhältnis verbleibt. andererseits müsste er in diesem fall seinem gewissen zuwider handeln. diese zwangslage, der er sich nicht entziehen kann, stellt eine besondere härte dar. 54so bverwg, urteil vom 30. märz 2006 – 2 c 18.05 –, buchholz 449 § 56 sg nr. 3 (juris, rn. 16). 55die klägerin hat nicht substantiiert vorgetragen, dass sie sich im zeitpunkt ihrer entlassung aus der bundeswehr in einer solchen zwangslage befunden hat. sie hat für ihren entschluss, ihren soldatischen dienst vorzeitig zu beenden, ein ganzes bündel von gründen angeführt, unter anderem – wie oben dargelegt – angeblich nicht eingehaltene zusagen des dienstherrn betreffend ihre facharztweiterbildung, den veränderten auftrag der bundeswehr und die schwierigkeiten hinsichtlich der familiengründung. daneben hat sie auch moralisch-ethische bedenken geltend gemacht, aber nicht dargetan, dass sie eine fortsetzung des dienstes als sanitätsoffizier mit ihrem gewissen unter keinen umständen habe vereinbaren können. es kann nicht mit hinreichender sicherheit festgestellt werden, dass sie schon im jahr 2008 einen antrag auf anerkennung als kriegsdienstverweigerer gestellt hätte, wenn diese möglichkeit seinerzeit für zeitsoldaten im sanitätsdienst bestanden hätte bzw. das erforderliche rechtsschutzbedürfnis anerkannt worden wäre. 56die der klägerin eingeräumte ratenzahlung ist ebenfalls nicht zu ihren lasten rechtsfehlerhaft. da die ratenzahlung ausdrücklich zur vermeidung einer besonderen härte „durch die grundsätzlich gebotene sofortige erstattung des betrages“ in der gesamthöhe eingeräumt wurde, hat die beklagte insoweit ihr ermessen nach § 56 abs. 4 satz 3 sg 1995 ausgeübt. die insoweit angestellten erwägungen halten gerichtlicher kontrolle stand (§ 114 vwgo). der gegen die höhe der rate vorgebrachte einwand der klägerin, sie bediene berufsunfähigkeitsversicherungen, deren beiträge nicht pfändbar seien, greift – abgesehen davon, dass diese beiträge den rahmen des üblichen sprengen – auch deshalb nicht, weil die beklagte bei der festsetzung der rate den von ihr ermittelten pfändbaren betrag noch um 30 % gekürzt hat. aus dem gleichen grund führt der umstand, dass bei erlass des widerspruchsbescheides vom 23. november 2012 höhere pfändungsfreigrenzen galten als die im leistungsbescheid vom 3. februar 2011 zugrunde gelegten (vgl. anlage zu § 850 c zpo), nicht zur rechtswidrigkeit der festgesetzten ratenhöhe, zumal das ermessen der beklagten nicht zwingend dahin gebunden ist, die jeweils aktuelle pfändungstabelle anzuwenden. 57die geltendmachung von stundungszinsen begegnet keinen rechtlichen bedenken. nach der rechtsprechung des ovg nrw, der die kammer folgt, können in fällen der vorliegenden art stundungszinsen unmittelbar auf der grundlage des § 56 abs. 4 satz 3 sg 1995 erhoben werden. 58vgl. ovg nrw, urteile vom 16. august 1996 – 12 a 2476/94 –, nwvbl. 1997, s. 272 (274), und vom 30. september 1999 – 12 a 1828/98 –, juris, rn. 64-66; ebenso vg gießen, urteil vom 5. november 2012 – 5 k 785/11 –, a.a.o., rn. 42; vg köln, urteil vom 15. november 2013 – 9 k 6900/12 –, s. 18 des abdrucks. 59die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 60die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 61beschluss: 62der streitwert wird gemäß § 52 abs. 3 gkg auf 116.970,13 euro festgesetzt. | Verklagte*r | 0 |
126,981 | 10 K 558/14 | 2016-01-19T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der am 1965 geborene Kläger wurde für die Zeit vom 1. Februar 2014 bis zum 28. Februar 2014 als G. zu einer Wehrübung einberufen. 3Unter dem 28. Januar 2014 beantragte er Leistungen für Wehrübende nach dem Unterhaltssicherungsgesetz (USG). In dem dafür vorgesehenen Antragsvordruck kreuzte der Kläger nur die Rubrik 2.3 („Verdienstausfallentschädigung auf der Grundlage meines bisherigen Einkommens <§ 13 Abs. 3 USG>“) an und erklärte hierzu, dass er in der Zeit vom 1. Mai 1999 bis zum 31. Januar 2014 in einem Arbeitsverhältnis zum F. L. I. gestanden habe. 4Mit Bescheid vom 5. Februar 2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Februar 2014 bis zum 28. Februar 2014 Unterhaltssicherungsleistungen in Höhe von 1.428,00 € (28 Tagessätze zu je 51,00 €). Zur Begründung führte der Beklagte aus: Dem Kläger stehe nur die im Unterhaltssicherungsgesetz vorgesehene Mindestleistung zu. Weitergehende Leistungen könne er nicht erhalten. Die Regelung über die Berechnung der Verdienstausfallentschädigung auf der Grundlage des bisherigen Einkommens, sei nicht einschlägig. Diese Regelung gelte nur für Personen, welche infolge des Wehrdienstes Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld I) einbüßen. Der Kläger habe jedoch auf derartige Leistungen keinen Anspruch, weil er sein bisheriges Arbeitsverhältnis zum F. L. I. gekündigt habe. In solchen Fällen bleibe nur die Mindestleistung nach § 13c USG. 5Am 27. Februar 2014 hat der Kläger Klage erhoben: Die Bemessung der Verdienstausfallentschädigung nach § 13c USG sei falsch. Er gehe seit dem 1. Februar 2014 einer selbständigen Tätigkeit als Honorararzt nach, die er bereits zuvor – während er noch im Dienst des F. Krankenhauses I. gestanden habe – als Nebentätigkeit ausgeübt habe. Für die Bemessung der Entschädigung sei somit § 13a USG heranzuziehen. Die nach Beendigung der Wehrübung erledigten Aufträge sowie deren Honorierung könnten als Beispiel für die durch die Wehrübung entfallenen Einkünfte im Sinne von § 13a Abs. 3 USG herangezogen werden. Danach habe er in den Monaten März und April 2014 ein Einkommen von 19.143,00 € erzielt. Daraus ergebe sich ein durchschnittliches Monatseinkommen von 9.571,50 €. Dies wiederum führe zu einem Tagessatz, der durch die Höchstgrenze von 307,00 € nach § 13 Abs. 3 Satz 1 USG beschränkt werde, so dass ihm bei einer 28 Tage dauernden Wehrübung eine Verdienstausfallentschädigung von 8.596,00 € zu leisten sei. Während der in Rede stehenden Wehrübung habe für seine zum 1. Februar 2014 aufgenommene selbständige Tätigkeit keine Ersatzkraft gestellt werden können, da die Auftraggeber an einer Leistungserbringung durch ihn – den Kläger – interessiert seien und eine Ersatzkraft, d.h. ein ebenso qualifizierter Arzt, dasselbe Honorar verlangen würde wie er, so dass die Stellung einer Ersatzkraft wirtschaftlich nicht sinnvoll wäre, da sie nur eine Einnahmeverlagerung und keine Weiterführung des Betriebs bewirke. Er beschäftige auch kein Personal. Es komme im vorliegenden Zusammenhang lediglich auf das Bestehen eines Betriebes an, was schon ab dem 1. Februar 2014 der Fall gewesen sei. Bereits ab diesem Zeitpunkt hätte er ohne weiteres Aufträge akquirieren können. Während der Wehrübungen habe er seine selbständige Tätigkeit jedoch nicht ausüben können; eine Annahme von Aufträgen und ihre spätere Erledigung sei nicht möglich gewesen. Es seien nur die Kosten weitergelaufen. Der Betrieb habe somit geruht. Da er seine selbständige Tätigkeit in der jetzigen Form erst im Jahre 2014 aufgenommen habe, könne im Übrigen nicht auf den Einkommenssteuerbescheid des Vorjahres abgestellt werden; seinerzeit habe er – wie gesagt – die Honorartätigkeit lediglich als Nebentätigkeit ausgeübt und somit nur vergleichsweise geringe Einkünfte (22.561,00 € im Jahr 2013) erzielt. Soweit die Beklagte lediglich Leistungen nach § 13c USG gewährt und zur Begründung angeführt habe, er – der Kläger – habe aufgrund der Kündigung seines bisherigen Arbeitsverhältnisses keinen Anspruch auf Lohnersatzleistungen, sei dem entgegenzuhalten, dass eine Sperrfrist für den Bezug von Arbeitslosengeld I nicht zwangsläufig aufgrund einer Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitnehmer erfolgen müsse. Danach bestehe grundsätzlich auch ein Anspruch gemäß § 13 Abs. 3 USG. Sollte das Gericht dem nicht beitreten, komme aber in jedem Fall ein Anspruch nach § 13a USG (bzw. § 13b USG) in Betracht, zumal er – der Kläger – letztlich auch gar kein Arbeitslosengeld I beantragt habe. Es liege zudem ein ordnungsgemäßer – insbesondere fristgerecht gestellter – Antrag auf Unterhaltssicherungsleistungen gemäß § 4a USG vor. Ein solcher Antrag bedürfe nicht der Konkretisierung dahingehend, welche Leistung nach dem USG im Einzelnen gefordert werde. 6Der Kläger beantragt, 7den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 5. Februar 2014– soweit dieser entgegensteht – zu verpflichten, ihm für die Wehrübung vom 1. Februar 2014 bis zum 28. Februar 2014 Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz in Höhe von 8.596,00 € abzüglich der bereits festgesetzten Mindestleistung zu gewähren, und den Beklagten zu verurteilen, ihm auf diesen Betrag Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 8Der Beklagte beantragt, 9 die Klage abzuweisen. 10Er macht geltend: Es bestehe kein Anspruch gemäß § 13 Abs. 3 USG, da der Kläger – wie er im Gespräch mit Herrn M. von der Abteilung Finanzielle Hilfen und Schwerbehinderung des Kreises I1. eingeräumt habe – das Arbeitsverhältnis zum F. L. I. selbst gekündigt habe, weshalb er durch die Wehrübung weder Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit noch Ansprüche auf Lohnersatzleistungen eingebüßt habe. Aufgrund der eigenen Kündigung schieden Lohnersatzleistungsansprüche aus, insbesondere solche auf Arbeitslosengeld I (vgl. § 159 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 SGB III); dieser Leistungsausschluss sei entgegen der Auffassung des Klägers zwingend und stehe nicht im Ermessen der Arbeitsverwaltung. Ansprüche nach § 13a USG kämen ebenfalls nicht in Betracht, weil eine bereits ab dem 1. Februar 2014 bestehende Selbständigkeit nicht nachgewiesen sei und Leistungen nach dieser Bestimmung auch nicht innerhalb der Frist des § 4a USG beantragt worden seien; im Antrag vom 31. Januar 2014 seien eindeutig nur Leistungen nach § 13 Abs. 3 USG genannt worden. Aus diesem Grund scheide auch ein Anspruch nach § 13b USG aus. Nach alledem seien ihm lediglich die Mindestleistungen nach § 13c USG zu bewilligen gewesen. 11Mit Beschluss vom 7. Juli 2015 hat die Kammer das Verfahren gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den durch den Beklagten übermittelten Verwaltungsvorgang (ein Heft) Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14A. Soweit der Kläger Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz in Höhe von 8.596,00 € abzüglich der bereits festgesetzten Mindestleistungen begehrt, ist seine Klage als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Jedoch ist die Klage unbegründet. Denn ein über die Mindestleistungen hinausgehender Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz steht dem Kläger nicht zu; die in dem streitgegenständlichen Bescheid des Beklagten vom 5. Februar 2014 enthaltene Versagung weitergehender Leistungen erweist sich daher als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 15I. Rechtlicher Maßstab ist insoweit nicht etwa das am 1. November 2015 in Kraft getretene Gesetz über Leistungen an Reservedienst Leistende und zur Sicherung des Unterhalts der Angehörigen von freiwilligen Wehrdienst Leistenden (Unterhaltssicherungsgesetz – USG – n.F.) vom 29. Juni 2015 (BGBl. I, S. 1061, 1062 ff.), sondern das Gesetz über die Sicherung des Unterhalts der zum Wehrdienst einberufenen Wehrpflichtigen und ihrer Angehörigen (USG a.F.) in der bis zum 31. Oktober 2015 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 2008 (BGBl. I S. 1774), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 29. Juni 2015 (BGBl. I, S. 1061). Dies ergibt sich aus § 31 Abs. 1 Satz 1 und 2 USG n.F. Danach gilt Folgendes: Abweichend von § 24 USG n.F., wonach für die Durchführung des Unterhaltssicherungsgesetz an sich nicht mehr der Beklagte, sondern das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr zuständig ist, entscheidet über Anträge auf Gewährung von Leistungen für Reservedienst und freiwilligen Wehrdienst, der vor dem 1. November 2015 begonnen hat, die nach dem Unterhaltssicherungsgesetz in der bis dahin geltenden Fassung zuständige Behörde, sofern der Antrag bis zum 31. Dezember 2015 gestellt wird; in diesen Fällen ist zugleich das Unterhaltssicherungsgesetz in der bis zum 31. Oktober 2015 geltenden Fassung anzuwenden. Danach ist hier nicht nur der Beklagte weiterhin für die Gewährung von Unterhaltssicherungsleistungen zuständig, sondern nach wie vor auch das Unterhaltssicherungsgesetz in der vor dem 1. November 2015 geltenden Fassung anzuwenden. Denn die Wehrübung, für die vorliegend Leistungen der Unterhaltssicherung geltend gemacht werden, fand in der Zeit vom 1. Februar 2014 bis zum 28. Februar 2014 statt und hat somit „vor dem 1. November 2015 begonnen“. Zudem wurde ein Antrag auf entsprechende Leistungen bereits am 4. Februar 2014, d.h. „bis zum 31. Dezember 2015“ gestellt; der Antrag vom 4. Februar 2014 ist überdies – wie nachfolgend unter II. 1. im Einzelnen zu zeigen sein wird – fristgerecht und auch im Übrigen ordnungsgemäß gestellt worden und somit nicht etwa unbeachtlich. Nach Maßgabe des § 31 Abs. 1 USG n.F. liegt hier danach ein „Altfall“ vor, der nach dem bis zum 31. Oktober 2015 geltenden Recht („USG a.F.“) zu beurteilen ist. 16II. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 USG a.F. werden zur Unterhaltssicherung Leistungen nach den §§ 13 bis 13d USG a.F. gewährt, wenn der Wehrpflichtige – wie hier – an einer Wehrübung (§ 6 WPflG), an einer besonderen Auslandsverwendung nach § 6a WPflG, einer Hilfeleistung im Innern nach § 6c WPflG oder einer Hilfeleistung im Ausland nach § 6d WPflG teilnimmt oder unbefristeten Wehrdienst im Spannungs- und Verteidigungsfall leistet. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen Leistungen für die Einbuße von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einschließlich sog. Lohnersatzleistungen (§ 13 USG a.F.), Leistungen für selbständig Tätige (§ 13a USG a.F.), Leistungen bei Ausfall sonstiger Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG (§ 13b USG a.F.) und die Mindestleistung (§ 13c USG a.F.) für den Fall, dass die Leistungen nach §§ 13 bis 13b USG a.F. bestimmte Mindestsätze unterschreiten oder nach den vorgenannten Vorschriften gar kein Anspruch besteht. 17Dem Kläger steht lediglich ein Anspruch auf Gewährung der Mindestleistung nach § 13c USG a.F. zu; ein weitergehender Anspruch nach anderen unterhaltssicherungsrechtlichen Bestimmungen besteht nicht: 181. Allerdings hat der Kläger fristgerecht und auch im Übrigen ordnungsgemäß einen Antrag auf alle in Betracht kommenden Leistungen der Unterhaltssicherung, einschließlich solcher nach §§ 13a und 13b USG a.F., gestellt (§ 4a USG a.F.). 19Gemäß § 4a Abs. 1 USG a.F. werden die Leistungen zur Unterhaltssicherung (nur) auf Antrag gewährt. Das Antragsrecht erlischt gemäß § 4a Abs. 4 USG a.F. drei Monate nach Beendigung des auf Grund der Wehrpflicht geleisteten Wehrdienstes, im– hier nicht gegebenen – Fall des § 7b Abs. 2 USG a.F. drei Monate nach Zustellung des maßgeblichen Einkommensteuerbescheides. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist ein etwaiger Anspruch des Klägers auf Leistungen nach § 13a USG a.F. bzw. § 13b USG a.F. nicht wegen Fristablaufs untergegangen. Denn der Antrag auf Leistungen zur Unterhaltssicherung gemäß § 4a Abs. 1 USG a.F. ist gesetzlich an keine besondere Form gebunden. Insbesondere ist die Verwendung eines bestimmten Formulars nicht vorgeschrieben. Antrag im Sinne des § 4a Abs. 1 USG a.F. ist jede bei der Unterhaltssicherungsbehörde eingegangene Erklärung, die dahingehend ausgelegt werden kann, dass Leistungen zur Unterhaltssicherung begehrt werden. Dabei ist nicht erforderlich, dass erklärt wird, welche Leistungen im Einzelnen geltend gemacht werden. Ebenso wenig sind – wie sich aus dem Fehlen einer entsprechenden gesetzlichen Regelung ergibt – für die Zulässigkeit des Antrags sonstige inhaltliche Angaben notwendig. Wird ein solcher Antrag auf Unterhaltssicherung innerhalb der Frist des § 4a Abs. 4 USG a.F. gestellt, erlischt das Antragsrecht nicht. 20Vgl. zu entsprechenden Fällen OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2003– 8 A 2166/02 –, NVwZ-RR 2004, 430, und juris Rn. 26 bis 34. 21Ausgehend hiervon hat der Kläger mit seinem am 4. Februar 2014 beim Beklagten eingegangenen Antrag rechtzeitig Ansprüche nach dem Unterhaltssicherungsgesetz geltend gemacht. Ein entsprechendes Begehren ist seinem Schreiben vom 31. Januar 2014 und dem beigefügten Antragsformular, das vom Kläger unter dem 28. Januar 2014 ausgefüllt worden war, eindeutig zu entnehmen. Dass er dabei lediglich die Rubrik 2.3 – Verdienstausfallentschädigung auf der Grundlage des bisherigen Einkommens (§ 13 Abs. 3 USG a.F.) – angekreuzt hat, hindert nicht die Geltendmachung von Leistungen nach anderen Bestimmungen des Unterhaltssicherungsgesetzes, weil ein Antrag auf Leistungen der Unterhaltssicherung – wie ausgeführt – keiner Konkretisierung bedarf und ein solcher Antrag mithin auch keine verbindliche Festlegung auf eine bestimmte Leistungsart enthalten kann. 222. Jedoch sind die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Unterhaltsicherungsleistungen, die über die bereits gewährten Mindestleitungen nach § 13c USG a.F. hinausgehen, nicht erfüllt: 23a) Nach § 13 Abs. 1 USG a.F. erhalten Wehrpflichtige, die infolge des Wehrdienstes Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder Lohnersatzleistungen einbüßen, eine Verdienstausfallentschädigung nach Abs. 2 oder Abs. 3. Diese Entschädigung hat den Zweck, im Rahmen der gesetzlich bestimmten Höchstgrenzen sicherzustellen, dass Wehrpflichtigen, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielen oder Lohnersatzleistungen erhalten, keine Einkommenseinbußen durch den Wehrdienst entstehen. Leistungen nach Maßgabe des § 13 Abs. 2 oder Abs. 3 USG a.F. können jedoch nur dann gewährt werden, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 USG a.F. vollständig erfüllt sind. Insoweit kommt § 13 Abs. 1 USG a.F. eine anspruchseröffnende Funktion zu, d.h. es geht dabei um die Frage, ob überhaupt eine Verdienstausfallentschädigung nach Maßgabe des § 13 USG a.F. zu bewilligen ist. Erst wenn sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 Abs. 1 USG a.F. gegeben sind, ist die Berechnung der Höhe der Leistung – das „Wie“ – gemäß § 13 Abs. 2 oder 3 USG a.F. vorzunehmen. Denn durch die Formulierung „die infolge des Wehrdienstes ... einbüßen“ ist vom Gesetzgeber klar zum Ausdruck gebracht worden, dass die Vorschrift einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Wehrdienst und dem Verlust entsprechender Einnahmen voraussetzt. Dies hat zur Folge, dass § 13 Abs. 1 USG a.F. nur dann erfüllt ist, wenn zumindest Teile des entsprechenden Einkommens des Wehrpflichtigen für die Zeit des Wehrdienstes entfallen sind und dies eine Folge des Wehrdienstes, d.h. durch ihn verursacht ist. Für den Fall, dass der Betroffene während des Wehrdienstes keine Einkünfte im Sinne des § 13 Abs. 1 USG a.F. eingebüßt hat, fehlt es demnach an der vom Gesetzgeber vorgenommenen kausalen Verknüpfung mit der Konsequenz, dass die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 USG a.F. nicht gegeben sind und damit der Anwendungsbereich des § 13 Abs. 2 oder Abs. 3 USG a.F. nicht eröffnet ist. Da der Zweck des § 13 USG a.F., wie bereits dargelegt, darin besteht zu verhindern, dass durch den Wehrdienst Einkommenseinbußen entstehen, verbietet sich vor diesem Hintergrund auch die Berücksichtigung fiktiver Einkünfte. 24Vgl. zum Ganzen VG Minden, Urteil vom 6. Dezember 2010 – 10 K 3317/09 –, m.w.N., juris Rn. 18 bis 30. 25Während der hier in Rede stehenden Wehrübung vom 1. Februar 2014 bis zum 28. Februar 2014 stand der Kläger nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten in keinem Beschäftigungsverhältnis (mehr), da sein Arbeitsverhältnis zum F. L. I. mit dem 31. Januar 2014 beendet worden war, so dass er infolge der Wehrübung auch keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einbüßen konnte. Ebenso wenig ist jedoch erkennbar, dass er in dieser Zeit einen Verlust von Lohnersatzleistungen hätte hinnehmen müssen. Der Beklagte hat ausgeführt, der Kläger habe ihm gegenüber erklärt, selbst das vorgenannte Beschäftigungsverhältnis gekündigt zu haben. Diese Angabe ist durch den Kläger nicht substanziiert bestritten, sondern im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2016 sogar bestätigt worden. Das Gericht geht daher ebenfalls von einer Kündigung durch den Kläger aus, was gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 SGB III grundsätzlich eine Sperrzeit von mehreren Wochen nach sich zieht, die in jedem Fall auch während der hier interessierenden Wehrübung gegolten hätte. Zwar trifft der Einwand des Klägers zu, dass nicht jede Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer auch eine solche Sperrfrist nach sich zieht. Dies ist vielmehr nur der Fall bei einem versicherungswidrigen Verhalten, das für den Fall der Arbeitsaufgabe in § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III näher beschrieben wird. Es sind jedoch keine Umstände ersichtlich oder substanziiert vorgetragen, die dafür sprächen, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum F. L. I. auf einem (sozialversicherungsrechtlich relevanten) wichtigen Grund basiert hätte, der das Entfallen einer Sperrzeit (ausnahmsweise) rechtfertigen könnte. Abgesehen davon – und dem kommt besondere Bedeutung zu – hat der Kläger nach eigenen Angaben überhaupt keinen Antrag auf Leistungen bei der Arbeitsverwaltung gestellt, weil er offenbar ohnehin andere Pläne hatte, die in Richtung einer selbständigen Tätigkeit gingen. Es wäre aber wertungswidersprüchlich, dem Kläger eine Ausfallentschädigung für Lohnersatzleistungen zukommen zu lassen, die er – aufgrund einer anderweitigen beruflichen Orientierung – gar nicht begehrt hat und die er mithin auch in dem Fall, dass er an der Wehrübung im Februar 2014 gar nicht teilgenommen hätte, nicht erhalten hätte. Danach sind bereits die Voraussetzungen der anspruchseröffnenden Norm des § 13 Abs. 1 USG a.F. nicht erfüllt. 26b) Der Kläger kann auch nicht mit seinem Vortrag durchdringen, er habe im Oktober 2013 ein – auch im streitgegenständlichen Bescheid vom 5. Februar 2014 thematisiertes – Telefonat mit Herrn M. vom Kreis I1. geführt, in dem dieser angekündigt habe, die Verdienstausfallentschädigung für die Wehrübung im Februar 2014 werde auf der Grundlage des bisherigen Einkommens berechnet; er – der Kläger – habe im Vertrauen auf diese Aussage das Arbeitsverhältnis in Absprache mit dem F. L. I. schon mit Ablauf des 31. Januar 2014 durch Kündigung beendet, obwohl es auch ohne weiteres möglich gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis noch bis zum Ende des Monats Februar 2014 weiterlaufen zu lassen. Soweit der Kläger hiermit geltend machen will, ein zuständiger Amtswalter habe ihn im Hinblick auf die unterhaltssicherungsrechtlichen Konsequenzen einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses schon zum 1. Februar 2014 pflichtwidrig falsch beraten und hierdurch die maßgebliche Ursache dafür gesetzt, dass eine Bewilligung von Leistungen nach § 13 USG a.F. für die Wehrübung im Februar 2014 nicht erfolgen konnte, kann er hiermit im vorliegenden Verfahren nicht durchdringen. Der Sache nach beruft sich der Kläger mit dem vorstehend zitierten Einwand auf das Bestehen eines sog. Herstellungsanspruchs. Für den Bereich des Sozialrechts ist anerkannt, dass ein solcher Anspruch besteht, wenn ein Leistungsberechtigter in einem bestehenden oder angebahnten Sozialrechtsverhältnis, das auf einem Anspruch auf Sozialleistung beruht, durch die Verletzung sozialbehördlicher Pflichten einen Nachteil erlitten hat; bei den verletzten Pflichten kann es sich auch um Nebenpflichten, z.B. diejenigen zur Auskunft, Betreuung und Beratung, handeln. Diese Grundsätze können indessen nicht unbesehen auf die Gebiete des allgemeinen Verwaltungsrechts übertragen werden. Eine flächendeckende Geltung des besagten Instituts im allgemeinen Verwaltungsrecht ist abzulehnen. 27 Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. März 1988 – 3 C 48.86 –, juris Rn. 21. 28Eine Ausnahme hiervon macht das Bundesverwaltungsgericht allerdings für bestimmte Bereiche steuerfinanzierter Sozialleistungen, so etwa für das Recht der beruflichen Rehabilitierung; dort geht es ausnahmsweise von der Anwendbarkeit der zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch entwickelten Grundsätze aus. 29 Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 – 3 C 36.10 –, juris Rn. 16 ff. 30Ein solcher Fall, in dem die Anwendbarkeit dieser Grundsätze ausnahmsweise in Betracht zu ziehen ist, liegt hier jedoch nicht vor. Bei den Leistungen des Unterhaltssicherungsgesetzes handelt es sich um mit Rechtsanspruch ausgestaltete Sozialleistungen besonderer Art, die sich in ihrer Struktur von sonstigen (steuerfinanzierten) Sozialleistungen, insbesondere von solchen der öffentlichen Fürsorge, derart grundlegend unterscheiden 31- vgl. dazu im Einzelnen etwa OVG NRW, Urteil vom 27. November 1996 – 25 A 2417/93 –, juris Rn. 20; VG Weimar, Urteil vom 20. Januar 2012– 7 K 30/11 We –, juris Rn. 34 -, 32dass eine Übertragung der Grundsätze zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch hier nicht angezeigt ist. Vielmehr kann im Anwendungsbereich des § 13 USG a.F. ein etwaiges unrechtmäßiges Verwaltungshandeln oder Unterlassen (primär) nur im Rahmen eines unterhaltssicherungsrechtlich zulässigen Verwaltungshandelns ausgeglichen werden. Eine besondere Rechtsvorschrift, die den zuständigen Behörden die Befugnis einräumt, gerade in Fällen einer möglichen Verletzung von Auskunfts- oder Beratungspflichten vom Vorliegen der – hier nicht erfüllten – Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 Abs. 1 USG a.F. abzusehen, ist jedoch nicht ersichtlich. Denkbar wäre allein ein Härteausgleich gemäß § 23 USG a.F., dessen Voraussetzungen indessen – wie im Einzelnen noch zu zeigen sein wird – nicht erfüllt sind, weil der Verweis auf die hier lediglich gewährten Mindestleistungen für den Kläger in jedem Fall keine „besondere Härte“ im Sinne der genannten Bestimmung bedeutet. 33Ob tatsächlich eine Verletzung von Beratungs- oder Auskunftspflichten gegeben ist, bedarf nach alledem keiner Klärung im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren. 34c) Der Kläger kann auch keinen Anspruch auf die begehrten Unterhaltssicherungsleistungen in Höhe von 8.596,00 € (abzüglich der bereits festgesetzten Mindestleistungen) aus § 13a USG („Leistungen für Selbständige“) herleiten. Der Kläger macht insoweit geltend, bereits ab dem 1. Februar 2014 als selbständiger Anästhesist und Notfallmediziner tätig gewesen zu sein. Das Gericht bezweifelt nicht, dass der Kläger die betreffende Tätigkeit tatsächlich schon ab dem 1. Februar 2014 ausgeübt hat. Er hat insoweit nachvollziehbar und glaubhaft sowie unter Vorlage eines Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 2013, in dem Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 22.561,00 € verzeichnet sind, erklärt, diese Tätigkeit bereits während seiner Beschäftigung beim F. L. I. als Nebentätigkeit ausgeübt und unmittelbar nach der Beendigung des betreffenden Arbeitsverhältnisses zur Vollzeittätigkeit ausgebaut zu haben. Auch wenn danach aus Sicht des Gerichts nicht zweifelhaft sein kann, dass der Kläger tatsächlich auch schon während der in Rede stehenden Wehrübung im Februar 2014 selbständig als Anästhesist und Notfallmediziner tätig gewesen ist, so liegen dennoch die materiell rechtlichen Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung nach § 13a USG a.F. nicht vor. Diese Feststellung beruht auf folgenden Erwägungen: 35Gemäß § 13a Abs. 2 USG a.F. werden Selbständigen Unterhaltssicherungsleistungen grundsätzlich in der Form gewährt, dass zur Fortführung des Betriebes oder der selbständigen Tätigkeit die angemessenen Aufwendungen für eine Ersatzkraft oder die angemessenen Mehraufwendungen für eine Übertragung der Aufgaben des Wehrpflichtigen auf andere Betriebsangehörige – jeweils im Rahmen von Höchstbeträgen – erstattet werden. Nach § 13a Abs. 3 Satz 1 bis 3 USG a.F. erhält der Wehrpflichtige unter der Voraussetzung, dass eine Fortführung des Betriebs oder der selbständigen Tätigkeit aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht möglich ist und demzufolge die betriebliche oder selbständige Tätigkeit während des Wehrdienstes ruht, eine Entschädigung für die ihm entfallenden Einkünfte; diese Entschädigung beträgt für jeden Wehrdiensttag 1/360 der Summe der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG), die sich aus dem letzten Einkommensteuerbescheid ergibt, höchstens jedoch 307,00 €. Daneben, das heißt unter den gleichen Voraussetzungen wie die Einkünfte, werden gemäß § 13a Abs. 3 Satz 4 USG a.F. die Miete für die Berufsstätte und die sonstigen Betriebsausgaben im Sinne des Einkommensteuergesetzes im Rahmen laufender Zahlungsverpflichtungen erstattet. 36Ausgehend hiervon kann der Kläger keine Ansprüche aus § 13a USG a.F. herleiten: 37(1.) Allerdings zieht das Gericht nicht (mehr) Zweifel, dass die bereits ab dem 1. Februar 2014 ausgeübte selbständige Tätigkeit des Klägers als Anästhesist und Notfallmediziner aus von ihm nicht zu vertretenden Gründe „geruht“ hat (vgl. § 13 Abs. 3 Satz 1 USG a.F.). 38Dabei ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: Der Wehrpflichtige, dessen Betrieb oder Praxis während der Zeit seiner Wehrübung fortgeführt wird, bedarf wegen des damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteils nicht der in § 13a Abs. 3 USG a.F. vorgesehenen Leistungen. Denn ihm bleibt die bisherige Erwerbsgrundlage als Quelle unterhaltssichernder Einkünfte – ggf. unterstützt durch Leistungen nach § 13a Abs. 2 USG a.F. oder jedenfalls die Mindestleistung nach § 13c Abs. 1 USG a.F. – auch während der Zeit des Wehrdienstes erhalten. Nur in den Fallgestaltungen, in denen diese Art der Unterhaltssicherung nicht funktionieren kann, weil die betriebliche oder selbständige Tätigkeit wehrdienstbedingt ruht, sollen die Betriebsausgabenerstattung nach § 13a Abs. 3 Satz 4 USG a.F. zur Erhaltung des Betriebs oder der Praxis beitragen und die Entschädigung nach § 13a Abs. 3 Satz 1 USG an die Stelle der entfallenden Einkünfte treten. Eine solche Konstellation kann nach der Konzeption des Gesetzes nur dann eintreten, wenn der Betriebsinhaber oder selbstständig Tätige für die Zeit seiner wehrdienstbedingten Abwesenheit keine Ersatzkraft einsetzt und seine Aufgaben auch nicht betriebs- oder praxisintern überträgt. Hier kommt es für die Abgrenzung der Begriffe des Ruhens und der Fortführung einerseits nicht darauf an, ob die während der Abwesenheit des Wehrpflichtigen erwirtschafteten Gewinne die zuvor erzielten Gewinne erreichen, hinter diesen zurückbleiben oder diese übersteigen. Andererseits ist nicht erst dann eine Fortführung zu verneinen und ein Ruhen anzunehmen, wenn in dem Betrieb oder der Praxis des Wehrpflichtigen überhaupt nicht mehr gearbeitet wird. Entscheidend ist, ob Tätigkeiten stattfinden, die erwerbsbezogen in dem Sinne sind, dass sie sich auf das Funktionieren des Betriebs oder der selbständigen Tätigkeit auch während der Zeit des Wehrdienstes bzw. der Wehrübung richten. Ist dies der Fall, ruhen der Betrieb oder die Tätigkeit grundsätzlich nicht, denn die Funktionsfähigkeit der Einkommensquelle bleibt auch ohne Übertragung der Aufgaben des Betriebsinhabers oder selbständig Tätigen erhalten. Die Frage, ob dann, wenn in dem Betrieb oder der Praxis des Wehrpflichtigen während der fraglichen Zeit nur in sehr eingeschränktem Umfang erwerbsbezogen gearbeitet wird, ausnahmsweise von einem Ruhen im Sinne des Gesetzes auszugehen ist, muss unter Berücksichtigung von Art und Gegenstand des Betriebs oder der selbständigen Tätigkeit und der Dauer der wehrdienstbezogenen Abwesenheit beantwortet werden. Diesen Maßstäben zufolge können auch die Tätigkeiten, die das nichtärztliche Personal während der Wehrübung des selbständigen Arztes ausführt, erwerbsbezogen sein, auch wenn sich aus ihnen unmittelbar kein Entgeltanspruch des Arztes ergeben sollte. Diese Tätigkeiten können etwa auf eine Mindestbetreuung der Patienten des Arztes und damit auf das weitere Funktionieren seiner ärztlichen Praxis als freiberufliche Erwerbsgrundlage gerichtet sein, mit der Folge, dass der Betrieb nicht ruht. 39 Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juli 2010 – 6 C 1.09 –, juris Rn. 18 bis 32. 40Ausgehend hiervon hat der Betrieb des Klägers während der Wehrübung im Februar 2014 „geruht“, ohne dass dies von ihm zu vertreten gewesen wäre. 41Zum Inhalt seiner selbständigen Tätigkeit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt 42- vgl. zu den diesbezüglichen Darlegungsanforderungen etwa OVG NRW, Beschluss vom 1. August 2011 – 1 A 172/09 –, juris Rn. 16 -, 43dass es um eine Tätigkeit als Anästhesist sowie um notärztliche Tätigkeit gehe und das Ganze in der Weise funktioniere, dass Aufträge über eine Notarztbörse vergeben würden. Die über diese Börse vergebenen Einsätze würden dann so abgewickelt, dass er – der Kläger –, wenn er den Zuschlag erhalten habe, während der betreffenden Einsatzzeit auf der Rettungswache sei und dann mit dem Einsatzfahrzeug zum Einsatzort fahre bzw. gefahren werde. Die Tätigkeit werde nach den Maßgaben des Rettungsdienstgesetzes (Rettungsgesetz NRW – RettG NRW –) abgewickelt. Bereits zuvor hatte er schriftsätzlich dargelegt, dass er nicht wie ein gewöhnlicher niedergelassener Arzt über eine „Büroinfrastruktur“ mit Arzthelferinnen und dergleichen verfüge. Diese Struktur des klägerischen „Betriebs“ zeigt, dass eine erwerbsbezogene Tätigkeit allein dann entfaltet werden kann, wenn der Kläger in Person arbeitsfähig zur Verfügung steht. Aufträge können nach der Konzeption seiner selbständigen Tätigkeit nur von ihm selbst in eigener Person über die Notarztbörse angenommen und (zeitnah) ausgeführt werden. Anders als in einer herkömmlichen Arztpraxis ist es dagegen nicht möglich, dass der Betrieb auch während der Abwesenheit des selbständig tätigen Arztes zumindest dadurch weitergeführt wird, dass durch Bürokräfte bzw. Arzthelferinnen Termine für die Zeit nach Beendigung der Wehrübung vergeben werden und insofern erwerbsbezogen gearbeitet wird. Entsprechendes scheidet nach der Art der hier gegebenen selbständigen Tätigkeit, die ganz auf den Kläger als Person zugeschnitten ist, aus. Der Kläger hat im Übrigen bereits in seinem Schriftsatz vom 11. August 2015 (Blatt 47 und 38 der Gerichtsakte) überzeugend dargelegt, dass aufgrund der Eigenart der Tätigkeit auch keine Ersatzkraft für die in Betracht kommenden Einsätze gestellt werden kann. Das Gericht geht nach alledem davon aus, dass der Betrieb des Klägers während der Wehrübung im Februar 2014 aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen geruht hat. Soweit in der unterhaltssicherungsrechtlichen Rechtsprechung im Rahmen des § 13a USG a.F. das Bestehen eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem Ruhen der selbständigen Tätigkeit und der Ableistung des Wehrdienstes verlangt wird 44- vgl. etwa OVG Lüneburg, Beschluss vom 7. Oktober 1999 – 2 L 2550/98 –, juris Rn. 5; VG Oldenburg, Urteil vom 26. Februar 2003 – 7 A 1811/00 –, juris Rn. 20 ff. -, 45ist auch dieses Erfordernis erfüllt, weil ohne weiteres ersichtlich ist, dass der wehrübungsbedingt abwesende Kläger keine Aufträge über die Notarztbörse annehmen und abwickeln kann, d.h. er hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ohne die Wehrübung – ebenso wie in den Monaten zuvor und danach – erwerbsbezogen arbeiten können und auch tatsächlich gearbeitet. 46(2.) Doch auch unter der Annahme, dass der selbständige Betrieb des Klägers während der Wehrübung im Februar 2014 im Sinne des § 13a Abs. 3 Satz 1 USG a.F. „geruht“ hat, steht ihm kein Anspruch auf die begehrten Unterhaltssicherungsleistungen in Höhe von 8.596,00 € (abzüglich der bereits festgesetzten Mindestleistung) zu. Wie ausgeführt beträgt die Entschädigung für Selbständige gemäß § 13a Abs. 3 Satz 2 USG a.F. für jeden Wehrdiensttag 1/360 der Summe der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG, höchstens jedoch 307,00 €. Kraft gesetzlicher Vorgabe haben die für die Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz zuständigen Behörden im Falle des § 13a Abs. 3 USG a.F. die erforderlichen Berechnungen nicht auf der Grundlage umfassender eigener Ermittlungen zur Höhe des Einkommens, sondern in Anknüpfung an das Einkommen betreffende Angaben im jeweils letzten Einkommensteuerbescheid vorzunehmen. Wären im Fall des § 13a Abs. 3 Satz 2 USG a.F. Einkünfte, die der Wehrpflichtige aus gewerblicher oder selbständiger Tätigkeit ohne die Heranziehung zum Wehrdienst erzielt hätte, materiell-rechtlich die maßgebliche Bemessungsgrundlage für die zu gewährenden Unterhaltssicherungsleistungen, so könnten sich daraus, würde man auf das Verwaltungsverfahren betreffende Erleichterungen verzichten, für die Unterhaltssicherungsbehörden größere Schwierigkeiten bei der näheren Feststellung und Überprüfung der anzusetzenden Beträge ergeben; zumindest müssten diese Behörden selbst einen erheblichen Aufwand betreiben, beispielsweise speziell auf die Zeiten des Wehrdienstes bezogene Bilanzen mit Gewinn- und Verlustrechnung erstellen bzw. sich vorlegen lassen. Hiervon wollte sie der Gesetzgeber erkennbar entlasten, indem er für das unterhaltssicherungsrechtliche Verwaltungsverfahren die Anknüpfung an bestimmte Inhalte der Einkommensteuerbescheide zugelassen und zugleich vorgeschrieben hat. Damit werden die zuständigen Behörden in die Lage versetzt, über die Anträge möglichst rasch und unkompliziert zu entscheiden. Die damit in gewissem Maße einhergehende Pauschalierung dient vor allem der Verwaltungspraktikabilität und Verfahrensbeschleunigung, außerdem aber auch der Entlastung der Betroffenen (keine Vorlage von Sonderbilanzen nötig) und nicht zuletzt der Rechtssicherheit unter genereller Gleichbehandlung aller Anspruchsberechtigten. Dass infolge dessen den Leistungen zur Unterhaltssicherung Einkommensverhältnisse zugrunde gelegt werden, die im Jahr oder den Jahren vor dem Wehrdienst bzw. der Wehrübung bestanden haben und den Einkommensverhältnissen im Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr entsprechen, nimmt das Gesetz gegenüber dem Vorteil der Beschleunigung des Verfahrens durch Entlastung der Behörde von eigener Ermittlungstätigkeit in Kauf. Die Beschleunigung des Verfahrens liegt grundsätzlich auch im Interesse des Wehrpflichtigen und seiner Familie: Vom Beginn des Grundwehrdienstes oder der Wehrübung an können die Leistungen der Unterhaltssicherung der Familie nur dann zur Verfügung stehen, wenn die Behörde über einen Antrag, den der Wehrpflichtige unmittelbar nach dem Erhalt des Einberufungsbefehls stellt, noch vor dem Beginn des Wehrdienstes bzw. der Wehrübung entscheiden kann. Es liegt in der bei leistungsgewährenden Regelungen grundsätzlich weit reichenden Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, sich zur näheren Feststellung des für die unterhaltssicherungsrechtliche Verdienstausfallentschädigung entscheidungserheblichen Sachverhalts für ein Modell zu entscheiden, welches auch Elemente der Verwaltungspraktikabilität angemessen berücksichtigt. Dass es hierdurch – gemessen am Gesichtpunkt einer möglichst optimalen Gewährleistung materieller Gerechtigkeit – in Einzelfällen zu gewissen Härten, Friktionen und Benachteiligungen kommen kann, liegt auf der Hand, hat der Gesetzgeber aber prinzipiell und rechtlich grundsätzlich bedenkenfrei mit in Kauf genommen. In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber nicht nur eine „Richtlinie“ vorgegeben, von der die Unterhaltssicherungsbehörden nach eigenem Ermessen abweichen könnten. Es handelt sich vielmehr um eine bindende Vorgabe, von der aus Gründen der Gleichbehandlung bewusst keine Ausnahmen zugelassen wurden. Für den Anwendungsbereich des § 13a Abs. 3 Satz 2 USG a.F. ergibt sich daraus, dass die Zugrundelegung der dort näher bezeichneten Bestandteile des letzten Einkommensteuerbescheides „zwingend vorgeschrieben“ ist. 47Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Beschluss vom 23. Dezember 2011– 1 E 1369/11 –, juris Rn. 14; Sächs. OVG, Beschluss vom 12. Oktober 2010 – 5 A 755/08 –, juris Rn. 12 ff. 48Ausgehend hiervon konnten bei der Berechnung der Unterhaltssicherungsleistungen für die Wehrübung im Februar 2014 – entgegen der Auffassung des Kläger – nicht ein aufgrund der Einnahmen für die Monate März und April 2014 ermitteltes Durchschnittseinkommen von 9.571,50 € zugrunde gelegt werden (vgl. Blatt 17 der Gerichtsakte), was unter Berücksichtigung des Höchstbetrages von 307,00 € je Wehrübungstag zu einer Unterhaltssicherungsleistung von insgesamt 8.596,00 € für die Zeit vom 1. bis 28. Februar 2014 führen würde, sondern es konnten allenfalls die sich aus dem „letzten Einkommenssteuerbescheid“ ergebenden Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG) zugrundegelegt werden. Ausgehend hiervon wäre der Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2013 als „letzter Einkommenssteuerbescheid“ für Veranlagungszeiträume (§ 2 Abs. 7 EStG) vor Durchführung der in Rede stehenden Wehrübung und vor dem Ablauf der Antragsfrist des § 4a Abs. 4 USG a.F. heranzuziehen. Hierin sind aber lediglich Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 22.561,00 € verzeichnet, so dass Unterhaltssicherungsleistungen nach § 13a USG a.F. allenfalls in Höhe von 1.754,74 € (22.561,00 € x 1/360 x 28 Tage) in Betracht kommen konnten, wovon unter Abzug der bereits gewährten Mindestleistungen von 1.428,00 € noch ein Betrag von 326,74 € verbleiben würde. 49(3.) Aber auch ein Anspruch in dieser Höhe steht dem Kläger auf der Grundlage des § 13a USG a.F. nicht zu. Denn bei der Berechnung der Unterhaltssicherungsleistungen kann nur auf denjenigen „letzten Einkommensteuerbescheid“ abgestellt werden, der spätestens bei Ablauf der Antragsfrist des § 4a Abs. 4 USG a.F. vorliegt. Der Gesetzgeber hat insoweit im oben bereits dargelegten Interesse der Vereinfachung und Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens bewusst in Kauf genommen, dass den Leistungen zur Unterhaltssicherung u.U. solche Einkommensverhältnisse zugrunde gelegt werden, die den Einkommensverhältnissen im Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr entsprechen, weil der letzte Einkommensteuerbescheid, auf den abzustellen ist, ein zurückliegendes Jahr betrifft, in welchem sich die Einkommensverhältnisse anders gestaltet haben können als es aktuell der Fall ist. Auf derselben Linie liegt es mit Blick auf den verfolgten Zweck der Norm offensichtlich, dem selbstständigen Wehrpflichtigen dann, wenn bis zum Ablauf der Antragsfrist überhaupt noch nicht auf einen (letzten) Einkommensteuerbescheid zurückgegriffen werden kann, eine Verdienstausfallentschädigung nach § 13a Abs. 3 USG a.F. zu versagen und ihn auf die Mindestleistung zu verweisen. Es ist auch nicht erkennbar, dass dieses Gesetzesverständnis gegen das Gleichheitsgebot gemäß Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstößt. Abweichendes folgt nicht daraus, dass Wehrpflichtige bzw. Wehrübende, die bereits länger als Selbständige tätig sind, (bei Vorliegen der maßgeblichen tatbestandlichen Voraussetzungen) häufig in den Genuss einer Verdienstausfallentschädigung nach § 13a Abs. 3 USG a.F. kommen werden, weil diese oftmals einen relevanten Einkommensteuerbescheid rechtzeitig vorlegen können werden, während Wehrpflichtige, die eine selbständige Tätigkeit erst vor kurzem aufgenommen bzw. – wie der Kläger – ihre selbständige Tätigkeit erheblich „ausgebaut“ haben, je nach zeitlicher Gestaltung einen solchen Bescheid – insoweit anspruchsschädlich – noch nicht vorweisen können. Die darin u.U. liegende Benachteiligung hat der Gesetzgeber indes prinzipiell und frei von rechtlichen Bedenken mit in Kauf genommen. Insoweit ist erneut zu betonen, dass es in der bei leistungsgewährenden Regelungen grundsätzlich weit reichenden Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers liegt, sich zur näheren Feststellung des für die unterhaltssicherungsrechtliche Verdienstausfallentschädigung entscheidungserheblichen Sachverhalts für ein Modell zu entscheiden, welches auch Elemente der Verwaltungspraktikabilität angemessen berücksichtigt. Dass es hierdurch in Einzelfällen zu gewissen Härten kommen kann, hat der Gesetzgeber, wie gesagt, rechtlich grundsätzlich bedenkenfrei mit in Kauf genommen 50- vgl. zum Ganzen OVG NRW, Beschluss vom 23. Dezember 2011– 1 E 1369/11 –, juris Rn. 11 ff., m.w.N. -. 51Im Falle des Klägers endete die Antragsfrist des § 4a Abs. 4 Satz 1 USG a.F. drei Monate nach dem Ende der Wehrübung, deren letzter Tag der 28. Februar 2014 war. Innerhalb dieser Frist hat der Kläger indessen keinen Einkommensteuerbescheid für das in Betracht kommende Jahr 2013 vorgelegt bzw. vorlegen können. Der Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2013 ist vielmehr erst unter dem 9. März 2015 ausgestellt und sodann in das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren eingeführt worden. Ausgehend von den vorstehend dargelegten rechtlichen Grundsätzen kann der betreffende Einkommenssteuerbescheid danach keine Berücksichtigung bei der Festsetzung einer Entschädigung nach § 13a USG a.F. finden. Es fehlt mithin an einer Grundlage zur Berechnung entsprechender Leistungen, so dass der Kläger keine Leistungen nach § 13a Abs. 3 Satz 1 USG a.F. erhalten kann. 52Vgl. zu dieser Konsequenz erneut OVG NRW, Beschluss vom 23. Dezember 2011 – 1 E 1369/11 –, juris Rn. 11. 53(4.) Ferner kann der Kläger schon mangels entsprechender Darlegung und entsprechenden Nachweises keine Erstattung von Betriebsausgaben im Sinne von § 13a Abs. 3 Satz 4 USG a.F. beanspruchen. 54d) Ein Anspruch nach § 13b USG a.F. („Entschädigung bei Ausfall „sonstiger Einkünfte“) besteht ebenfalls nicht. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dem Kläger seien „sonstige Einkünfte“, d.h. Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG, zu denen nicht Einkünfte aus selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit gehören, die bereits von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 EStG erfasst werden, während der Wehrübung entfallen. 55e) Da der Kläger nach alledem keinen Anspruch auf Leistungen nach §§ 13 bis 13b USG a.F. hatte und auch keine sonstige Rechtsgrundlage ersichtlich ist, die sein Begehren tragen würde, kann er lediglich die Mindestleistung beanspruchen (vgl. § 13c Abs. 1 Satz 2 USG a.F.). Die mit Bescheid vom 5. Februar 2014 gewährte Mindestleistung von 1.428,00 € wurde anhand der in der Zeit der Wehrübung (1. bis 28. Februar 2014) geltenden Tagessätze für einen verheirateten G. mit zwei Kindern gemäß der Anlage zu § 13c USG a.F. (Tagessatz von 51,00 € x 28 Tage) bestimmt. Dieses Vorgehen trifft nicht auf durchgreifende rechtliche Bedenken. Der Kläger hat somit an unterhaltsicherungsrechtlichen Leistungen bereits das erhalten, was ihm zusteht. 56f) Abweichendes folgt auch nicht aus der Härteausgleichsregelung des § 23 USG a.F. Eine „besondere Härte“ im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 USG a.F. liegt vor, wenn die Anwendung der Vorschriften des Gesetzes im Einzelfall dazu führt, dass sie dem Gesetzeszweck, zwar nicht Einkommensverluste als solche auszugleichen, aber während des Wehrdienstes den Lebensbedarf des Wehrpflichtigen und seiner Familienangehörigen zu sichern, zu deren Nachteil nicht mehr entspricht. Ein solcher außergewöhnlicher und den Absichten des Gesetzgebers (wegen der Atypik der Sachlage) offensichtlich nicht mehr entsprechender Nachteil ist im Fall des Klägers nicht gegeben. Eine besondere Härte ergibt sich nicht schon dann, wenn die tatsächlichen Einkommensverluste, die der Wehrpflichtige infolge des Wehrdienstes bzw. der Wehrübung erleidet, höher sind als die bei Anwendung der gesetzlichen Bemessungsgrundlage anzuerkennenden Einkommensverluste. Das Unterhaltssicherungsgesetz gewährleistet keine Entschädigung für entgangene Einkünfte, sondern eine Leistung zur Unterhaltssicherung. Ein Härteausgleich kann deshalb nur beansprucht werden, wenn im Zeitpunkt der Einberufung nicht mehr das in Anwendung der gesetzlichen Vorschriften ermittelte Nettoeinkommen, sondern erheblich höhere Nettoeinkünfte den aus eigenen Einkünften gedeckten Lebensbedarf des Einberufenen derart prägen, dass die regelmäßige Verdienstausfallentschädigung den vor der Einberufung aus eigenen Mitteln des Wehrdienstpflichtigen gedeckten und deshalb auch während des Wehrdienstes im Rahmen der gesetzlichen Grenzen zu sichernden Lebensbedarf des Pflichtigen und seiner Angehörigen nicht mehr in einer den gesetzlichen Zielen und Zwecken entsprechenden Weise sicherstellen würde. Einen Härteausgleich rechtfertigende besondere Härten liegen also vor, wenn die Anwendung der Vorschriften des Gesetzes im Einzelfall zu einem Ergebnis führt, das dem Gesetzeszweck, zwar nicht Einkommensverluste als solche auszugleichen, aber während des Wehrdienstes den Lebensbedarf des Wehrpflichtigen und seiner Familienangehörigen zu sichern (§§ 1 und 3 USG a.F.), zu deren Nachteil nicht mehr entspricht. Das Vorliegen einer solchen Lage ist vom Kläger indessen nicht einmal ansatzweise dargelegt worden und auch nicht anderweitig erkennbar. 57Vgl. zu entsprechenden Fällen etwa Sächs. OVG, Beschluss vom 12. Oktober 2010 – 5 A 755/08 –, juris Rn. 18 ff. 58B. Hat der Kläger danach keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz, die über die bereits gewährte Mindestleistung nach § 13c USG a.F. hinausgehen, und steht ihm daher die mit der Klage geltend gemachte Hauptforderung nicht zu, so kann er auch keine Prozesszinsen (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB –) erhalten. 59C. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2der am 1965 geborene kläger wurde für die zeit vom 1. februar 2014 bis zum 28. februar 2014 als g. zu einer wehrübung einberufen. 3unter dem 28. januar 2014 beantragte er leistungen für wehrübende nach dem unterhaltssicherungsgesetz (usg). in dem dafür vorgesehenen antragsvordruck kreuzte der kläger nur die rubrik 2.3 („verdienstausfallentschädigung auf der grundlage meines bisherigen einkommens <§ 13 abs. 3 usg>“) an und erklärte hierzu, dass er in der zeit vom 1. mai 1999 bis zum 31. januar 2014 in einem arbeitsverhältnis zum f. l. i. gestanden habe. 4mit bescheid vom 5. februar 2014 bewilligte der beklagte dem kläger für die zeit vom 1. februar 2014 bis zum 28. februar 2014 unterhaltssicherungsleistungen in höhe von 1.428,00 € (28 tagessätze zu je 51,00 €). zur begründung führte der beklagte aus: dem kläger stehe nur die im unterhaltssicherungsgesetz vorgesehene mindestleistung zu. weitergehende leistungen könne er nicht erhalten. die regelung über die berechnung der verdienstausfallentschädigung auf der grundlage des bisherigen einkommens, sei nicht einschlägig. diese regelung gelte nur für personen, welche infolge des wehrdienstes lohnersatzleistungen (arbeitslosengeld i) einbüßen. der kläger habe jedoch auf derartige leistungen keinen anspruch, weil er sein bisheriges arbeitsverhältnis zum f. l. i. gekündigt habe. in solchen fällen bleibe nur die mindestleistung nach § 13c usg. 5am 27. februar 2014 hat der kläger klage erhoben: die bemessung der verdienstausfallentschädigung nach § 13c usg sei falsch. er gehe seit dem 1. februar 2014 einer selbständigen tätigkeit als honorararzt nach, die er bereits zuvor – während er noch im dienst des f. krankenhauses i. gestanden habe – als nebentätigkeit ausgeübt habe. für die bemessung der entschädigung sei somit § 13a usg heranzuziehen. die nach beendigung der wehrübung erledigten aufträge sowie deren honorierung könnten als beispiel für die durch die wehrübung entfallenen einkünfte im sinne von § 13a abs. 3 usg herangezogen werden. danach habe er in den monaten märz und april 2014 ein einkommen von 19.143,00 € erzielt. daraus ergebe sich ein durchschnittliches monatseinkommen von 9.571,50 €. dies wiederum führe zu einem tagessatz, der durch die höchstgrenze von 307,00 € nach § 13 abs. 3 satz 1 usg beschränkt werde, so dass ihm bei einer 28 tage dauernden wehrübung eine verdienstausfallentschädigung von 8.596,00 € zu leisten sei. während der in rede stehenden wehrübung habe für seine zum 1. februar 2014 aufgenommene selbständige tätigkeit keine ersatzkraft gestellt werden können, da die auftraggeber an einer leistungserbringung durch ihn – den kläger – interessiert seien und eine ersatzkraft, d.h. ein ebenso qualifizierter arzt, dasselbe honorar verlangen würde wie er, so dass die stellung einer ersatzkraft wirtschaftlich nicht sinnvoll wäre, da sie nur eine einnahmeverlagerung und keine weiterführung des betriebs bewirke. er beschäftige auch kein personal. es komme im vorliegenden zusammenhang lediglich auf das bestehen eines betriebes an, was schon ab dem 1. februar 2014 der fall gewesen sei. bereits ab diesem zeitpunkt hätte er ohne weiteres aufträge akquirieren können. während der wehrübungen habe er seine selbständige tätigkeit jedoch nicht ausüben können; eine annahme von aufträgen und ihre spätere erledigung sei nicht möglich gewesen. es seien nur die kosten weitergelaufen. der betrieb habe somit geruht. da er seine selbständige tätigkeit in der jetzigen form erst im jahre 2014 aufgenommen habe, könne im übrigen nicht auf den einkommenssteuerbescheid des vorjahres abgestellt werden; seinerzeit habe er – wie gesagt – die honorartätigkeit lediglich als nebentätigkeit ausgeübt und somit nur vergleichsweise geringe einkünfte (22.561,00 € im jahr 2013) erzielt. soweit die beklagte lediglich leistungen nach § 13c usg gewährt und zur begründung angeführt habe, er – der kläger – habe aufgrund der kündigung seines bisherigen arbeitsverhältnisses keinen anspruch auf lohnersatzleistungen, sei dem entgegenzuhalten, dass eine sperrfrist für den bezug von arbeitslosengeld i nicht zwangsläufig aufgrund einer kündigung des arbeitsvertrages durch den arbeitnehmer erfolgen müsse. danach bestehe grundsätzlich auch ein anspruch gemäß § 13 abs. 3 usg. sollte das gericht dem nicht beitreten, komme aber in jedem fall ein anspruch nach § 13a usg (bzw. § 13b usg) in betracht, zumal er – der kläger – letztlich auch gar kein arbeitslosengeld i beantragt habe. es liege zudem ein ordnungsgemäßer – insbesondere fristgerecht gestellter – antrag auf unterhaltssicherungsleistungen gemäß § 4a usg vor. ein solcher antrag bedürfe nicht der konkretisierung dahingehend, welche leistung nach dem usg im einzelnen gefordert werde. 6der kläger beantragt, 7den beklagten unter aufhebung seines bescheides vom 5. februar 2014– soweit dieser entgegensteht – zu verpflichten, ihm für die wehrübung vom 1. februar 2014 bis zum 28. februar 2014 leistungen nach dem unterhaltssicherungsgesetz in höhe von 8.596,00 € abzüglich der bereits festgesetzten mindestleistung zu gewähren, und den beklagten zu verurteilen, ihm auf diesen betrag zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 8der beklagte beantragt, 9 die klage abzuweisen. 10er macht geltend: es bestehe kein anspruch gemäß § 13 abs. 3 usg, da der kläger – wie er im gespräch mit herrn m. von der abteilung finanzielle hilfen und schwerbehinderung des kreises i1. eingeräumt habe – das arbeitsverhältnis zum f. l. i. selbst gekündigt habe, weshalb er durch die wehrübung weder einkommen aus nichtselbständiger arbeit noch ansprüche auf lohnersatzleistungen eingebüßt habe. aufgrund der eigenen kündigung schieden lohnersatzleistungsansprüche aus, insbesondere solche auf arbeitslosengeld i (vgl. § 159 abs. 1 nr. 1, abs. 3 sgb iii); dieser leistungsausschluss sei entgegen der auffassung des klägers zwingend und stehe nicht im ermessen der arbeitsverwaltung. ansprüche nach § 13a usg kämen ebenfalls nicht in betracht, weil eine bereits ab dem 1. februar 2014 bestehende selbständigkeit nicht nachgewiesen sei und leistungen nach dieser bestimmung auch nicht innerhalb der frist des § 4a usg beantragt worden seien; im antrag vom 31. januar 2014 seien eindeutig nur leistungen nach § 13 abs. 3 usg genannt worden. aus diesem grund scheide auch ein anspruch nach § 13b usg aus. nach alledem seien ihm lediglich die mindestleistungen nach § 13c usg zu bewilligen gewesen. 11mit beschluss vom 7. juli 2015 hat die kammer das verfahren gemäß § 6 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) dem berichterstatter als einzelrichter zur entscheidung übertragen. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie den durch den beklagten übermittelten verwaltungsvorgang (ein heft) bezug genommen. 13 | 14a. soweit der kläger leistungen nach dem unterhaltssicherungsgesetz in höhe von 8.596,00 € abzüglich der bereits festgesetzten mindestleistungen begehrt, ist seine klage als verpflichtungsklage (§ 42 abs. 1 alt. 2 vwgo) statthaft und auch im übrigen zulässig. jedoch ist die klage unbegründet. denn ein über die mindestleistungen hinausgehender anspruch auf leistungen nach dem unterhaltssicherungsgesetz steht dem kläger nicht zu; die in dem streitgegenständlichen bescheid des beklagten vom 5. februar 2014 enthaltene versagung weitergehender leistungen erweist sich daher als rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). 15i. rechtlicher maßstab ist insoweit nicht etwa das am 1. november 2015 in kraft getretene gesetz über leistungen an reservedienst leistende und zur sicherung des unterhalts der angehörigen von freiwilligen wehrdienst leistenden (unterhaltssicherungsgesetz – usg – n.f.) vom 29. juni 2015 (bgbl. i, s. 1061, 1062 ff.), sondern das gesetz über die sicherung des unterhalts der zum wehrdienst einberufenen wehrpflichtigen und ihrer angehörigen (usg a.f.) in der bis zum 31. oktober 2015 geltenden fassung der bekanntmachung vom 26. august 2008 (bgbl. i s. 1774), zuletzt geändert durch art. 1 des gesetzes vom 29. juni 2015 (bgbl. i, s. 1061). dies ergibt sich aus § 31 abs. 1 satz 1 und 2 usg n.f. danach gilt folgendes: abweichend von § 24 usg n.f., wonach für die durchführung des unterhaltssicherungsgesetz an sich nicht mehr der beklagte, sondern das bundesamt für das personalmanagement der bundeswehr zuständig ist, entscheidet über anträge auf gewährung von leistungen für reservedienst und freiwilligen wehrdienst, der vor dem 1. november 2015 begonnen hat, die nach dem unterhaltssicherungsgesetz in der bis dahin geltenden fassung zuständige behörde, sofern der antrag bis zum 31. dezember 2015 gestellt wird; in diesen fällen ist zugleich das unterhaltssicherungsgesetz in der bis zum 31. oktober 2015 geltenden fassung anzuwenden. danach ist hier nicht nur der beklagte weiterhin für die gewährung von unterhaltssicherungsleistungen zuständig, sondern nach wie vor auch das unterhaltssicherungsgesetz in der vor dem 1. november 2015 geltenden fassung anzuwenden. denn die wehrübung, für die vorliegend leistungen der unterhaltssicherung geltend gemacht werden, fand in der zeit vom 1. februar 2014 bis zum 28. februar 2014 statt und hat somit „vor dem 1. november 2015 begonnen“. zudem wurde ein antrag auf entsprechende leistungen bereits am 4. februar 2014, d.h. „bis zum 31. dezember 2015“ gestellt; der antrag vom 4. februar 2014 ist überdies – wie nachfolgend unter ii. 1. im einzelnen zu zeigen sein wird – fristgerecht und auch im übrigen ordnungsgemäß gestellt worden und somit nicht etwa unbeachtlich. nach maßgabe des § 31 abs. 1 usg n.f. liegt hier danach ein „altfall“ vor, der nach dem bis zum 31. oktober 2015 geltenden recht („usg a.f.“) zu beurteilen ist. 16ii. nach § 2 abs. 3 satz 1 usg a.f. werden zur unterhaltssicherung leistungen nach den §§ 13 bis 13d usg a.f. gewährt, wenn der wehrpflichtige – wie hier – an einer wehrübung (§ 6 wpflg), an einer besonderen auslandsverwendung nach § 6a wpflg, einer hilfeleistung im innern nach § 6c wpflg oder einer hilfeleistung im ausland nach § 6d wpflg teilnimmt oder unbefristeten wehrdienst im spannungs- und verteidigungsfall leistet. dabei unterscheidet das gesetz zwischen leistungen für die einbuße von einkünften aus nichtselbständiger arbeit einschließlich sog. lohnersatzleistungen (§ 13 usg a.f.), leistungen für selbständig tätige (§ 13a usg a.f.), leistungen bei ausfall sonstiger einkünfte im sinne des § 2 abs. 1 nr. 7 estg (§ 13b usg a.f.) und die mindestleistung (§ 13c usg a.f.) für den fall, dass die leistungen nach §§ 13 bis 13b usg a.f. bestimmte mindestsätze unterschreiten oder nach den vorgenannten vorschriften gar kein anspruch besteht. 17dem kläger steht lediglich ein anspruch auf gewährung der mindestleistung nach § 13c usg a.f. zu; ein weitergehender anspruch nach anderen unterhaltssicherungsrechtlichen bestimmungen besteht nicht: 181. allerdings hat der kläger fristgerecht und auch im übrigen ordnungsgemäß einen antrag auf alle in betracht kommenden leistungen der unterhaltssicherung, einschließlich solcher nach §§ 13a und 13b usg a.f., gestellt (§ 4a usg a.f.). 19gemäß § 4a abs. 1 usg a.f. werden die leistungen zur unterhaltssicherung (nur) auf antrag gewährt. das antragsrecht erlischt gemäß § 4a abs. 4 usg a.f. drei monate nach beendigung des auf grund der wehrpflicht geleisteten wehrdienstes, im– hier nicht gegebenen – fall des § 7b abs. 2 usg a.f. drei monate nach zustellung des maßgeblichen einkommensteuerbescheides. entgegen der auffassung des beklagten ist ein etwaiger anspruch des klägers auf leistungen nach § 13a usg a.f. bzw. § 13b usg a.f. nicht wegen fristablaufs untergegangen. denn der antrag auf leistungen zur unterhaltssicherung gemäß § 4a abs. 1 usg a.f. ist gesetzlich an keine besondere form gebunden. insbesondere ist die verwendung eines bestimmten formulars nicht vorgeschrieben. antrag im sinne des § 4a abs. 1 usg a.f. ist jede bei der unterhaltssicherungsbehörde eingegangene erklärung, die dahingehend ausgelegt werden kann, dass leistungen zur unterhaltssicherung begehrt werden. dabei ist nicht erforderlich, dass erklärt wird, welche leistungen im einzelnen geltend gemacht werden. ebenso wenig sind – wie sich aus dem fehlen einer entsprechenden gesetzlichen regelung ergibt – für die zulässigkeit des antrags sonstige inhaltliche angaben notwendig. wird ein solcher antrag auf unterhaltssicherung innerhalb der frist des § 4a abs. 4 usg a.f. gestellt, erlischt das antragsrecht nicht. 20vgl. zu entsprechenden fällen ovg nrw, urteil vom 3. dezember 2003– 8 a 2166/02 –, nvwz-rr 2004, 430, und juris rn. 26 bis 34. 21ausgehend hiervon hat der kläger mit seinem am 4. februar 2014 beim beklagten eingegangenen antrag rechtzeitig ansprüche nach dem unterhaltssicherungsgesetz geltend gemacht. ein entsprechendes begehren ist seinem schreiben vom 31. januar 2014 und dem beigefügten antragsformular, das vom kläger unter dem 28. januar 2014 ausgefüllt worden war, eindeutig zu entnehmen. dass er dabei lediglich die rubrik 2.3 – verdienstausfallentschädigung auf der grundlage des bisherigen einkommens (§ 13 abs. 3 usg a.f.) – angekreuzt hat, hindert nicht die geltendmachung von leistungen nach anderen bestimmungen des unterhaltssicherungsgesetzes, weil ein antrag auf leistungen der unterhaltssicherung – wie ausgeführt – keiner konkretisierung bedarf und ein solcher antrag mithin auch keine verbindliche festlegung auf eine bestimmte leistungsart enthalten kann. 222. jedoch sind die materiell-rechtlichen voraussetzungen für die gewährung von unterhaltsicherungsleistungen, die über die bereits gewährten mindestleitungen nach § 13c usg a.f. hinausgehen, nicht erfüllt: 23a) nach § 13 abs. 1 usg a.f. erhalten wehrpflichtige, die infolge des wehrdienstes einkünfte aus nichtselbständiger arbeit oder lohnersatzleistungen einbüßen, eine verdienstausfallentschädigung nach abs. 2 oder abs. 3. diese entschädigung hat den zweck, im rahmen der gesetzlich bestimmten höchstgrenzen sicherzustellen, dass wehrpflichtigen, die einkünfte aus nichtselbständiger arbeit erzielen oder lohnersatzleistungen erhalten, keine einkommenseinbußen durch den wehrdienst entstehen. leistungen nach maßgabe des § 13 abs. 2 oder abs. 3 usg a.f. können jedoch nur dann gewährt werden, wenn die tatbestandlichen voraussetzungen des § 13 abs. 1 usg a.f. vollständig erfüllt sind. insoweit kommt § 13 abs. 1 usg a.f. eine anspruchseröffnende funktion zu, d.h. es geht dabei um die frage, ob überhaupt eine verdienstausfallentschädigung nach maßgabe des § 13 usg a.f. zu bewilligen ist. erst wenn sämtliche tatbestandsvoraussetzungen des § 13 abs. 1 usg a.f. gegeben sind, ist die berechnung der höhe der leistung – das „wie“ – gemäß § 13 abs. 2 oder 3 usg a.f. vorzunehmen. denn durch die formulierung „die infolge des wehrdienstes ... einbüßen“ ist vom gesetzgeber klar zum ausdruck gebracht worden, dass die vorschrift einen kausalen zusammenhang zwischen dem wehrdienst und dem verlust entsprechender einnahmen voraussetzt. dies hat zur folge, dass § 13 abs. 1 usg a.f. nur dann erfüllt ist, wenn zumindest teile des entsprechenden einkommens des wehrpflichtigen für die zeit des wehrdienstes entfallen sind und dies eine folge des wehrdienstes, d.h. durch ihn verursacht ist. für den fall, dass der betroffene während des wehrdienstes keine einkünfte im sinne des § 13 abs. 1 usg a.f. eingebüßt hat, fehlt es demnach an der vom gesetzgeber vorgenommenen kausalen verknüpfung mit der konsequenz, dass die voraussetzungen des § 13 abs. 1 usg a.f. nicht gegeben sind und damit der anwendungsbereich des § 13 abs. 2 oder abs. 3 usg a.f. nicht eröffnet ist. da der zweck des § 13 usg a.f., wie bereits dargelegt, darin besteht zu verhindern, dass durch den wehrdienst einkommenseinbußen entstehen, verbietet sich vor diesem hintergrund auch die berücksichtigung fiktiver einkünfte. 24vgl. zum ganzen vg minden, urteil vom 6. dezember 2010 – 10 k 3317/09 –, m.w.n., juris rn. 18 bis 30. 25während der hier in rede stehenden wehrübung vom 1. februar 2014 bis zum 28. februar 2014 stand der kläger nach dem übereinstimmenden vorbringen der beteiligten in keinem beschäftigungsverhältnis (mehr), da sein arbeitsverhältnis zum f. l. i. mit dem 31. januar 2014 beendet worden war, so dass er infolge der wehrübung auch keine einkünfte aus nichtselbständiger arbeit einbüßen konnte. ebenso wenig ist jedoch erkennbar, dass er in dieser zeit einen verlust von lohnersatzleistungen hätte hinnehmen müssen. der beklagte hat ausgeführt, der kläger habe ihm gegenüber erklärt, selbst das vorgenannte beschäftigungsverhältnis gekündigt zu haben. diese angabe ist durch den kläger nicht substanziiert bestritten, sondern im termin zur mündlichen verhandlung vom 19. januar 2016 sogar bestätigt worden. das gericht geht daher ebenfalls von einer kündigung durch den kläger aus, was gemäß § 159 abs. 1 nr. 1, abs. 3 sgb iii grundsätzlich eine sperrzeit von mehreren wochen nach sich zieht, die in jedem fall auch während der hier interessierenden wehrübung gegolten hätte. zwar trifft der einwand des klägers zu, dass nicht jede kündigung eines arbeitsverhältnisses durch den arbeitnehmer auch eine solche sperrfrist nach sich zieht. dies ist vielmehr nur der fall bei einem versicherungswidrigen verhalten, das für den fall der arbeitsaufgabe in § 159 abs. 1 nr. 1 sgb iii näher beschrieben wird. es sind jedoch keine umstände ersichtlich oder substanziiert vorgetragen, die dafür sprächen, dass die kündigung des arbeitsverhältnisses zum f. l. i. auf einem (sozialversicherungsrechtlich relevanten) wichtigen grund basiert hätte, der das entfallen einer sperrzeit (ausnahmsweise) rechtfertigen könnte. abgesehen davon – und dem kommt besondere bedeutung zu – hat der kläger nach eigenen angaben überhaupt keinen antrag auf leistungen bei der arbeitsverwaltung gestellt, weil er offenbar ohnehin andere pläne hatte, die in richtung einer selbständigen tätigkeit gingen. es wäre aber wertungswidersprüchlich, dem kläger eine ausfallentschädigung für lohnersatzleistungen zukommen zu lassen, die er – aufgrund einer anderweitigen beruflichen orientierung – gar nicht begehrt hat und die er mithin auch in dem fall, dass er an der wehrübung im februar 2014 gar nicht teilgenommen hätte, nicht erhalten hätte. danach sind bereits die voraussetzungen der anspruchseröffnenden norm des § 13 abs. 1 usg a.f. nicht erfüllt. 26b) der kläger kann auch nicht mit seinem vortrag durchdringen, er habe im oktober 2013 ein – auch im streitgegenständlichen bescheid vom 5. februar 2014 thematisiertes – telefonat mit herrn m. vom kreis i1. geführt, in dem dieser angekündigt habe, die verdienstausfallentschädigung für die wehrübung im februar 2014 werde auf der grundlage des bisherigen einkommens berechnet; er – der kläger – habe im vertrauen auf diese aussage das arbeitsverhältnis in absprache mit dem f. l. i. schon mit ablauf des 31. januar 2014 durch kündigung beendet, obwohl es auch ohne weiteres möglich gewesen wäre, das arbeitsverhältnis noch bis zum ende des monats februar 2014 weiterlaufen zu lassen. soweit der kläger hiermit geltend machen will, ein zuständiger amtswalter habe ihn im hinblick auf die unterhaltssicherungsrechtlichen konsequenzen einer beendigung des arbeitsverhältnisses schon zum 1. februar 2014 pflichtwidrig falsch beraten und hierdurch die maßgebliche ursache dafür gesetzt, dass eine bewilligung von leistungen nach § 13 usg a.f. für die wehrübung im februar 2014 nicht erfolgen konnte, kann er hiermit im vorliegenden verfahren nicht durchdringen. der sache nach beruft sich der kläger mit dem vorstehend zitierten einwand auf das bestehen eines sog. herstellungsanspruchs. für den bereich des sozialrechts ist anerkannt, dass ein solcher anspruch besteht, wenn ein leistungsberechtigter in einem bestehenden oder angebahnten sozialrechtsverhältnis, das auf einem anspruch auf sozialleistung beruht, durch die verletzung sozialbehördlicher pflichten einen nachteil erlitten hat; bei den verletzten pflichten kann es sich auch um nebenpflichten, z.b. diejenigen zur auskunft, betreuung und beratung, handeln. diese grundsätze können indessen nicht unbesehen auf die gebiete des allgemeinen verwaltungsrechts übertragen werden. eine flächendeckende geltung des besagten instituts im allgemeinen verwaltungsrecht ist abzulehnen. 27 vgl. bverwg, urteil vom 24. märz 1988 – 3 c 48.86 –, juris rn. 21. 28eine ausnahme hiervon macht das bundesverwaltungsgericht allerdings für bestimmte bereiche steuerfinanzierter sozialleistungen, so etwa für das recht der beruflichen rehabilitierung; dort geht es ausnahmsweise von der anwendbarkeit der zum sozialrechtlichen herstellungsanspruch entwickelten grundsätze aus. 29 vgl. bverwg, urteil vom 30. juni 2011 – 3 c 36.10 –, juris rn. 16 ff. 30ein solcher fall, in dem die anwendbarkeit dieser grundsätze ausnahmsweise in betracht zu ziehen ist, liegt hier jedoch nicht vor. bei den leistungen des unterhaltssicherungsgesetzes handelt es sich um mit rechtsanspruch ausgestaltete sozialleistungen besonderer art, die sich in ihrer struktur von sonstigen (steuerfinanzierten) sozialleistungen, insbesondere von solchen der öffentlichen fürsorge, derart grundlegend unterscheiden 31- vgl. dazu im einzelnen etwa ovg nrw, urteil vom 27. november 1996 – 25 a 2417/93 –, juris rn. 20; vg weimar, urteil vom 20. januar 2012– 7 k 30/11 we –, juris rn. 34 -, 32dass eine übertragung der grundsätze zum sozialrechtlichen herstellungsanspruch hier nicht angezeigt ist. vielmehr kann im anwendungsbereich des § 13 usg a.f. ein etwaiges unrechtmäßiges verwaltungshandeln oder unterlassen (primär) nur im rahmen eines unterhaltssicherungsrechtlich zulässigen verwaltungshandelns ausgeglichen werden. eine besondere rechtsvorschrift, die den zuständigen behörden die befugnis einräumt, gerade in fällen einer möglichen verletzung von auskunfts- oder beratungspflichten vom vorliegen der – hier nicht erfüllten – tatbestandsvoraussetzungen des § 13 abs. 1 usg a.f. abzusehen, ist jedoch nicht ersichtlich. denkbar wäre allein ein härteausgleich gemäß § 23 usg a.f., dessen voraussetzungen indessen – wie im einzelnen noch zu zeigen sein wird – nicht erfüllt sind, weil der verweis auf die hier lediglich gewährten mindestleistungen für den kläger in jedem fall keine „besondere härte“ im sinne der genannten bestimmung bedeutet. 33ob tatsächlich eine verletzung von beratungs- oder auskunftspflichten gegeben ist, bedarf nach alledem keiner klärung im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen verfahren. 34c) der kläger kann auch keinen anspruch auf die begehrten unterhaltssicherungsleistungen in höhe von 8.596,00 € (abzüglich der bereits festgesetzten mindestleistungen) aus § 13a usg („leistungen für selbständige“) herleiten. der kläger macht insoweit geltend, bereits ab dem 1. februar 2014 als selbständiger anästhesist und notfallmediziner tätig gewesen zu sein. das gericht bezweifelt nicht, dass der kläger die betreffende tätigkeit tatsächlich schon ab dem 1. februar 2014 ausgeübt hat. er hat insoweit nachvollziehbar und glaubhaft sowie unter vorlage eines einkommenssteuerbescheides für das jahr 2013, in dem einkünfte aus selbständiger tätigkeit in höhe von 22.561,00 € verzeichnet sind, erklärt, diese tätigkeit bereits während seiner beschäftigung beim f. l. i. als nebentätigkeit ausgeübt und unmittelbar nach der beendigung des betreffenden arbeitsverhältnisses zur vollzeittätigkeit ausgebaut zu haben. auch wenn danach aus sicht des gerichts nicht zweifelhaft sein kann, dass der kläger tatsächlich auch schon während der in rede stehenden wehrübung im februar 2014 selbständig als anästhesist und notfallmediziner tätig gewesen ist, so liegen dennoch die materiell rechtlichen voraussetzungen für eine leistungsgewährung nach § 13a usg a.f. nicht vor. diese feststellung beruht auf folgenden erwägungen: 35gemäß § 13a abs. 2 usg a.f. werden selbständigen unterhaltssicherungsleistungen grundsätzlich in der form gewährt, dass zur fortführung des betriebes oder der selbständigen tätigkeit die angemessenen aufwendungen für eine ersatzkraft oder die angemessenen mehraufwendungen für eine übertragung der aufgaben des wehrpflichtigen auf andere betriebsangehörige – jeweils im rahmen von höchstbeträgen – erstattet werden. nach § 13a abs. 3 satz 1 bis 3 usg a.f. erhält der wehrpflichtige unter der voraussetzung, dass eine fortführung des betriebs oder der selbständigen tätigkeit aus gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht möglich ist und demzufolge die betriebliche oder selbständige tätigkeit während des wehrdienstes ruht, eine entschädigung für die ihm entfallenden einkünfte; diese entschädigung beträgt für jeden wehrdiensttag 1/360 der summe der einkünfte im sinne des § 2 abs. 1 nr. 1 bis 3 des einkommensteuergesetzes (estg), die sich aus dem letzten einkommensteuerbescheid ergibt, höchstens jedoch 307,00 €. daneben, das heißt unter den gleichen voraussetzungen wie die einkünfte, werden gemäß § 13a abs. 3 satz 4 usg a.f. die miete für die berufsstätte und die sonstigen betriebsausgaben im sinne des einkommensteuergesetzes im rahmen laufender zahlungsverpflichtungen erstattet. 36ausgehend hiervon kann der kläger keine ansprüche aus § 13a usg a.f. herleiten: 37(1.) allerdings zieht das gericht nicht (mehr) zweifel, dass die bereits ab dem 1. februar 2014 ausgeübte selbständige tätigkeit des klägers als anästhesist und notfallmediziner aus von ihm nicht zu vertretenden gründe „geruht“ hat (vgl. § 13 abs. 3 satz 1 usg a.f.). 38dabei ist von folgenden grundsätzen auszugehen: der wehrpflichtige, dessen betrieb oder praxis während der zeit seiner wehrübung fortgeführt wird, bedarf wegen des damit verbundenen wirtschaftlichen vorteils nicht der in § 13a abs. 3 usg a.f. vorgesehenen leistungen. denn ihm bleibt die bisherige erwerbsgrundlage als quelle unterhaltssichernder einkünfte – ggf. unterstützt durch leistungen nach § 13a abs. 2 usg a.f. oder jedenfalls die mindestleistung nach § 13c abs. 1 usg a.f. – auch während der zeit des wehrdienstes erhalten. nur in den fallgestaltungen, in denen diese art der unterhaltssicherung nicht funktionieren kann, weil die betriebliche oder selbständige tätigkeit wehrdienstbedingt ruht, sollen die betriebsausgabenerstattung nach § 13a abs. 3 satz 4 usg a.f. zur erhaltung des betriebs oder der praxis beitragen und die entschädigung nach § 13a abs. 3 satz 1 usg an die stelle der entfallenden einkünfte treten. eine solche konstellation kann nach der konzeption des gesetzes nur dann eintreten, wenn der betriebsinhaber oder selbstständig tätige für die zeit seiner wehrdienstbedingten abwesenheit keine ersatzkraft einsetzt und seine aufgaben auch nicht betriebs- oder praxisintern überträgt. hier kommt es für die abgrenzung der begriffe des ruhens und der fortführung einerseits nicht darauf an, ob die während der abwesenheit des wehrpflichtigen erwirtschafteten gewinne die zuvor erzielten gewinne erreichen, hinter diesen zurückbleiben oder diese übersteigen. andererseits ist nicht erst dann eine fortführung zu verneinen und ein ruhen anzunehmen, wenn in dem betrieb oder der praxis des wehrpflichtigen überhaupt nicht mehr gearbeitet wird. entscheidend ist, ob tätigkeiten stattfinden, die erwerbsbezogen in dem sinne sind, dass sie sich auf das funktionieren des betriebs oder der selbständigen tätigkeit auch während der zeit des wehrdienstes bzw. der wehrübung richten. ist dies der fall, ruhen der betrieb oder die tätigkeit grundsätzlich nicht, denn die funktionsfähigkeit der einkommensquelle bleibt auch ohne übertragung der aufgaben des betriebsinhabers oder selbständig tätigen erhalten. die frage, ob dann, wenn in dem betrieb oder der praxis des wehrpflichtigen während der fraglichen zeit nur in sehr eingeschränktem umfang erwerbsbezogen gearbeitet wird, ausnahmsweise von einem ruhen im sinne des gesetzes auszugehen ist, muss unter berücksichtigung von art und gegenstand des betriebs oder der selbständigen tätigkeit und der dauer der wehrdienstbezogenen abwesenheit beantwortet werden. diesen maßstäben zufolge können auch die tätigkeiten, die das nichtärztliche personal während der wehrübung des selbständigen arztes ausführt, erwerbsbezogen sein, auch wenn sich aus ihnen unmittelbar kein entgeltanspruch des arztes ergeben sollte. diese tätigkeiten können etwa auf eine mindestbetreuung der patienten des arztes und damit auf das weitere funktionieren seiner ärztlichen praxis als freiberufliche erwerbsgrundlage gerichtet sein, mit der folge, dass der betrieb nicht ruht. 39 vgl. bverwg, urteil vom 21. juli 2010 – 6 c 1.09 –, juris rn. 18 bis 32. 40ausgehend hiervon hat der betrieb des klägers während der wehrübung im februar 2014 „geruht“, ohne dass dies von ihm zu vertreten gewesen wäre. 41zum inhalt seiner selbständigen tätigkeit hat der kläger in der mündlichen verhandlung vor dem erkennenden gericht glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt 42- vgl. zu den diesbezüglichen darlegungsanforderungen etwa ovg nrw, beschluss vom 1. august 2011 – 1 a 172/09 –, juris rn. 16 -, 43dass es um eine tätigkeit als anästhesist sowie um notärztliche tätigkeit gehe und das ganze in der weise funktioniere, dass aufträge über eine notarztbörse vergeben würden. die über diese börse vergebenen einsätze würden dann so abgewickelt, dass er – der kläger –, wenn er den zuschlag erhalten habe, während der betreffenden einsatzzeit auf der rettungswache sei und dann mit dem einsatzfahrzeug zum einsatzort fahre bzw. gefahren werde. die tätigkeit werde nach den maßgaben des rettungsdienstgesetzes (rettungsgesetz nrw – rettg nrw –) abgewickelt. bereits zuvor hatte er schriftsätzlich dargelegt, dass er nicht wie ein gewöhnlicher niedergelassener arzt über eine „büroinfrastruktur“ mit arzthelferinnen und dergleichen verfüge. diese struktur des klägerischen „betriebs“ zeigt, dass eine erwerbsbezogene tätigkeit allein dann entfaltet werden kann, wenn der kläger in person arbeitsfähig zur verfügung steht. aufträge können nach der konzeption seiner selbständigen tätigkeit nur von ihm selbst in eigener person über die notarztbörse angenommen und (zeitnah) ausgeführt werden. anders als in einer herkömmlichen arztpraxis ist es dagegen nicht möglich, dass der betrieb auch während der abwesenheit des selbständig tätigen arztes zumindest dadurch weitergeführt wird, dass durch bürokräfte bzw. arzthelferinnen termine für die zeit nach beendigung der wehrübung vergeben werden und insofern erwerbsbezogen gearbeitet wird. entsprechendes scheidet nach der art der hier gegebenen selbständigen tätigkeit, die ganz auf den kläger als person zugeschnitten ist, aus. der kläger hat im übrigen bereits in seinem schriftsatz vom 11. august 2015 (blatt 47 und 38 der gerichtsakte) überzeugend dargelegt, dass aufgrund der eigenart der tätigkeit auch keine ersatzkraft für die in betracht kommenden einsätze gestellt werden kann. das gericht geht nach alledem davon aus, dass der betrieb des klägers während der wehrübung im februar 2014 aus von ihm nicht zu vertretenden gründen geruht hat. soweit in der unterhaltssicherungsrechtlichen rechtsprechung im rahmen des § 13a usg a.f. das bestehen eines kausalen zusammenhangs zwischen dem ruhen der selbständigen tätigkeit und der ableistung des wehrdienstes verlangt wird 44- vgl. etwa ovg lüneburg, beschluss vom 7. oktober 1999 – 2 l 2550/98 –, juris rn. 5; vg oldenburg, urteil vom 26. februar 2003 – 7 a 1811/00 –, juris rn. 20 ff. -, 45ist auch dieses erfordernis erfüllt, weil ohne weiteres ersichtlich ist, dass der wehrübungsbedingt abwesende kläger keine aufträge über die notarztbörse annehmen und abwickeln kann, d.h. er hätte mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit ohne die wehrübung – ebenso wie in den monaten zuvor und danach – erwerbsbezogen arbeiten können und auch tatsächlich gearbeitet. 46(2.) doch auch unter der annahme, dass der selbständige betrieb des klägers während der wehrübung im februar 2014 im sinne des § 13a abs. 3 satz 1 usg a.f. „geruht“ hat, steht ihm kein anspruch auf die begehrten unterhaltssicherungsleistungen in höhe von 8.596,00 € (abzüglich der bereits festgesetzten mindestleistung) zu. wie ausgeführt beträgt die entschädigung für selbständige gemäß § 13a abs. 3 satz 2 usg a.f. für jeden wehrdiensttag 1/360 der summe der einkünfte im sinne des § 2 abs. 1 nr. 1 bis 3 estg, höchstens jedoch 307,00 €. kraft gesetzlicher vorgabe haben die für die gewährung von leistungen nach dem unterhaltssicherungsgesetz zuständigen behörden im falle des § 13a abs. 3 usg a.f. die erforderlichen berechnungen nicht auf der grundlage umfassender eigener ermittlungen zur höhe des einkommens, sondern in anknüpfung an das einkommen betreffende angaben im jeweils letzten einkommensteuerbescheid vorzunehmen. wären im fall des § 13a abs. 3 satz 2 usg a.f. einkünfte, die der wehrpflichtige aus gewerblicher oder selbständiger tätigkeit ohne die heranziehung zum wehrdienst erzielt hätte, materiell-rechtlich die maßgebliche bemessungsgrundlage für die zu gewährenden unterhaltssicherungsleistungen, so könnten sich daraus, würde man auf das verwaltungsverfahren betreffende erleichterungen verzichten, für die unterhaltssicherungsbehörden größere schwierigkeiten bei der näheren feststellung und überprüfung der anzusetzenden beträge ergeben; zumindest müssten diese behörden selbst einen erheblichen aufwand betreiben, beispielsweise speziell auf die zeiten des wehrdienstes bezogene bilanzen mit gewinn- und verlustrechnung erstellen bzw. sich vorlegen lassen. hiervon wollte sie der gesetzgeber erkennbar entlasten, indem er für das unterhaltssicherungsrechtliche verwaltungsverfahren die anknüpfung an bestimmte inhalte der einkommensteuerbescheide zugelassen und zugleich vorgeschrieben hat. damit werden die zuständigen behörden in die lage versetzt, über die anträge möglichst rasch und unkompliziert zu entscheiden. die damit in gewissem maße einhergehende pauschalierung dient vor allem der verwaltungspraktikabilität und verfahrensbeschleunigung, außerdem aber auch der entlastung der betroffenen (keine vorlage von sonderbilanzen nötig) und nicht zuletzt der rechtssicherheit unter genereller gleichbehandlung aller anspruchsberechtigten. dass infolge dessen den leistungen zur unterhaltssicherung einkommensverhältnisse zugrunde gelegt werden, die im jahr oder den jahren vor dem wehrdienst bzw. der wehrübung bestanden haben und den einkommensverhältnissen im zeitpunkt der antragstellung nicht mehr entsprechen, nimmt das gesetz gegenüber dem vorteil der beschleunigung des verfahrens durch entlastung der behörde von eigener ermittlungstätigkeit in kauf. die beschleunigung des verfahrens liegt grundsätzlich auch im interesse des wehrpflichtigen und seiner familie: vom beginn des grundwehrdienstes oder der wehrübung an können die leistungen der unterhaltssicherung der familie nur dann zur verfügung stehen, wenn die behörde über einen antrag, den der wehrpflichtige unmittelbar nach dem erhalt des einberufungsbefehls stellt, noch vor dem beginn des wehrdienstes bzw. der wehrübung entscheiden kann. es liegt in der bei leistungsgewährenden regelungen grundsätzlich weit reichenden gestaltungsfreiheit des gesetzgebers, sich zur näheren feststellung des für die unterhaltssicherungsrechtliche verdienstausfallentschädigung entscheidungserheblichen sachverhalts für ein modell zu entscheiden, welches auch elemente der verwaltungspraktikabilität angemessen berücksichtigt. dass es hierdurch – gemessen am gesichtpunkt einer möglichst optimalen gewährleistung materieller gerechtigkeit – in einzelfällen zu gewissen härten, friktionen und benachteiligungen kommen kann, liegt auf der hand, hat der gesetzgeber aber prinzipiell und rechtlich grundsätzlich bedenkenfrei mit in kauf genommen. in diesem zusammenhang hat der gesetzgeber nicht nur eine „richtlinie“ vorgegeben, von der die unterhaltssicherungsbehörden nach eigenem ermessen abweichen könnten. es handelt sich vielmehr um eine bindende vorgabe, von der aus gründen der gleichbehandlung bewusst keine ausnahmen zugelassen wurden. für den anwendungsbereich des § 13a abs. 3 satz 2 usg a.f. ergibt sich daraus, dass die zugrundelegung der dort näher bezeichneten bestandteile des letzten einkommensteuerbescheides „zwingend vorgeschrieben“ ist. 47vgl. zum ganzen ovg nrw, beschluss vom 23. dezember 2011– 1 e 1369/11 –, juris rn. 14; sächs. ovg, beschluss vom 12. oktober 2010 – 5 a 755/08 –, juris rn. 12 ff. 48ausgehend hiervon konnten bei der berechnung der unterhaltssicherungsleistungen für die wehrübung im februar 2014 – entgegen der auffassung des kläger – nicht ein aufgrund der einnahmen für die monate märz und april 2014 ermitteltes durchschnittseinkommen von 9.571,50 € zugrunde gelegt werden (vgl. blatt 17 der gerichtsakte), was unter berücksichtigung des höchstbetrages von 307,00 € je wehrübungstag zu einer unterhaltssicherungsleistung von insgesamt 8.596,00 € für die zeit vom 1. bis 28. februar 2014 führen würde, sondern es konnten allenfalls die sich aus dem „letzten einkommenssteuerbescheid“ ergebenden einkünfte aus selbständiger tätigkeit (§ 2 abs. 1 nr. 3 estg) zugrundegelegt werden. ausgehend hiervon wäre der einkommenssteuerbescheid für das jahr 2013 als „letzter einkommenssteuerbescheid“ für veranlagungszeiträume (§ 2 abs. 7 estg) vor durchführung der in rede stehenden wehrübung und vor dem ablauf der antragsfrist des § 4a abs. 4 usg a.f. heranzuziehen. hierin sind aber lediglich einkünfte aus selbständiger tätigkeit in höhe von 22.561,00 € verzeichnet, so dass unterhaltssicherungsleistungen nach § 13a usg a.f. allenfalls in höhe von 1.754,74 € (22.561,00 € x 1/360 x 28 tage) in betracht kommen konnten, wovon unter abzug der bereits gewährten mindestleistungen von 1.428,00 € noch ein betrag von 326,74 € verbleiben würde. 49(3.) aber auch ein anspruch in dieser höhe steht dem kläger auf der grundlage des § 13a usg a.f. nicht zu. denn bei der berechnung der unterhaltssicherungsleistungen kann nur auf denjenigen „letzten einkommensteuerbescheid“ abgestellt werden, der spätestens bei ablauf der antragsfrist des § 4a abs. 4 usg a.f. vorliegt. der gesetzgeber hat insoweit im oben bereits dargelegten interesse der vereinfachung und beschleunigung des verwaltungsverfahrens bewusst in kauf genommen, dass den leistungen zur unterhaltssicherung u.u. solche einkommensverhältnisse zugrunde gelegt werden, die den einkommensverhältnissen im zeitpunkt der antragstellung nicht mehr entsprechen, weil der letzte einkommensteuerbescheid, auf den abzustellen ist, ein zurückliegendes jahr betrifft, in welchem sich die einkommensverhältnisse anders gestaltet haben können als es aktuell der fall ist. auf derselben linie liegt es mit blick auf den verfolgten zweck der norm offensichtlich, dem selbstständigen wehrpflichtigen dann, wenn bis zum ablauf der antragsfrist überhaupt noch nicht auf einen (letzten) einkommensteuerbescheid zurückgegriffen werden kann, eine verdienstausfallentschädigung nach § 13a abs. 3 usg a.f. zu versagen und ihn auf die mindestleistung zu verweisen. es ist auch nicht erkennbar, dass dieses gesetzesverständnis gegen das gleichheitsgebot gemäß art. 3 abs. 1 grundgesetz (gg) verstößt. abweichendes folgt nicht daraus, dass wehrpflichtige bzw. wehrübende, die bereits länger als selbständige tätig sind, (bei vorliegen der maßgeblichen tatbestandlichen voraussetzungen) häufig in den genuss einer verdienstausfallentschädigung nach § 13a abs. 3 usg a.f. kommen werden, weil diese oftmals einen relevanten einkommensteuerbescheid rechtzeitig vorlegen können werden, während wehrpflichtige, die eine selbständige tätigkeit erst vor kurzem aufgenommen bzw. – wie der kläger – ihre selbständige tätigkeit erheblich „ausgebaut“ haben, je nach zeitlicher gestaltung einen solchen bescheid – insoweit anspruchsschädlich – noch nicht vorweisen können. die darin u.u. liegende benachteiligung hat der gesetzgeber indes prinzipiell und frei von rechtlichen bedenken mit in kauf genommen. insoweit ist erneut zu betonen, dass es in der bei leistungsgewährenden regelungen grundsätzlich weit reichenden gestaltungsfreiheit des gesetzgebers liegt, sich zur näheren feststellung des für die unterhaltssicherungsrechtliche verdienstausfallentschädigung entscheidungserheblichen sachverhalts für ein modell zu entscheiden, welches auch elemente der verwaltungspraktikabilität angemessen berücksichtigt. dass es hierdurch in einzelfällen zu gewissen härten kommen kann, hat der gesetzgeber, wie gesagt, rechtlich grundsätzlich bedenkenfrei mit in kauf genommen 50- vgl. zum ganzen ovg nrw, beschluss vom 23. dezember 2011– 1 e 1369/11 –, juris rn. 11 ff., m.w.n. -. 51im falle des klägers endete die antragsfrist des § 4a abs. 4 satz 1 usg a.f. drei monate nach dem ende der wehrübung, deren letzter tag der 28. februar 2014 war. innerhalb dieser frist hat der kläger indessen keinen einkommensteuerbescheid für das in betracht kommende jahr 2013 vorgelegt bzw. vorlegen können. der einkommenssteuerbescheid für das jahr 2013 ist vielmehr erst unter dem 9. märz 2015 ausgestellt und sodann in das vorliegende verwaltungsgerichtliche verfahren eingeführt worden. ausgehend von den vorstehend dargelegten rechtlichen grundsätzen kann der betreffende einkommenssteuerbescheid danach keine berücksichtigung bei der festsetzung einer entschädigung nach § 13a usg a.f. finden. es fehlt mithin an einer grundlage zur berechnung entsprechender leistungen, so dass der kläger keine leistungen nach § 13a abs. 3 satz 1 usg a.f. erhalten kann. 52vgl. zu dieser konsequenz erneut ovg nrw, beschluss vom 23. dezember 2011 – 1 e 1369/11 –, juris rn. 11. 53(4.) ferner kann der kläger schon mangels entsprechender darlegung und entsprechenden nachweises keine erstattung von betriebsausgaben im sinne von § 13a abs. 3 satz 4 usg a.f. beanspruchen. 54d) ein anspruch nach § 13b usg a.f. („entschädigung bei ausfall „sonstiger einkünfte“) besteht ebenfalls nicht. es liegen keine anhaltspunkte dafür vor, dem kläger seien „sonstige einkünfte“, d.h. einkünfte im sinne des § 2 abs. 1 satz 1 nr. 7 estg, zu denen nicht einkünfte aus selbständiger oder nichtselbständiger arbeit gehören, die bereits von § 2 abs. 1 satz 1 nr. 3 und 4 estg erfasst werden, während der wehrübung entfallen. 55e) da der kläger nach alledem keinen anspruch auf leistungen nach §§ 13 bis 13b usg a.f. hatte und auch keine sonstige rechtsgrundlage ersichtlich ist, die sein begehren tragen würde, kann er lediglich die mindestleistung beanspruchen (vgl. § 13c abs. 1 satz 2 usg a.f.). die mit bescheid vom 5. februar 2014 gewährte mindestleistung von 1.428,00 € wurde anhand der in der zeit der wehrübung (1. bis 28. februar 2014) geltenden tagessätze für einen verheirateten g. mit zwei kindern gemäß der anlage zu § 13c usg a.f. (tagessatz von 51,00 € x 28 tage) bestimmt. dieses vorgehen trifft nicht auf durchgreifende rechtliche bedenken. der kläger hat somit an unterhaltsicherungsrechtlichen leistungen bereits das erhalten, was ihm zusteht. 56f) abweichendes folgt auch nicht aus der härteausgleichsregelung des § 23 usg a.f. eine „besondere härte“ im sinne von § 23 abs. 1 satz 1 usg a.f. liegt vor, wenn die anwendung der vorschriften des gesetzes im einzelfall dazu führt, dass sie dem gesetzeszweck, zwar nicht einkommensverluste als solche auszugleichen, aber während des wehrdienstes den lebensbedarf des wehrpflichtigen und seiner familienangehörigen zu sichern, zu deren nachteil nicht mehr entspricht. ein solcher außergewöhnlicher und den absichten des gesetzgebers (wegen der atypik der sachlage) offensichtlich nicht mehr entsprechender nachteil ist im fall des klägers nicht gegeben. eine besondere härte ergibt sich nicht schon dann, wenn die tatsächlichen einkommensverluste, die der wehrpflichtige infolge des wehrdienstes bzw. der wehrübung erleidet, höher sind als die bei anwendung der gesetzlichen bemessungsgrundlage anzuerkennenden einkommensverluste. das unterhaltssicherungsgesetz gewährleistet keine entschädigung für entgangene einkünfte, sondern eine leistung zur unterhaltssicherung. ein härteausgleich kann deshalb nur beansprucht werden, wenn im zeitpunkt der einberufung nicht mehr das in anwendung der gesetzlichen vorschriften ermittelte nettoeinkommen, sondern erheblich höhere nettoeinkünfte den aus eigenen einkünften gedeckten lebensbedarf des einberufenen derart prägen, dass die regelmäßige verdienstausfallentschädigung den vor der einberufung aus eigenen mitteln des wehrdienstpflichtigen gedeckten und deshalb auch während des wehrdienstes im rahmen der gesetzlichen grenzen zu sichernden lebensbedarf des pflichtigen und seiner angehörigen nicht mehr in einer den gesetzlichen zielen und zwecken entsprechenden weise sicherstellen würde. einen härteausgleich rechtfertigende besondere härten liegen also vor, wenn die anwendung der vorschriften des gesetzes im einzelfall zu einem ergebnis führt, das dem gesetzeszweck, zwar nicht einkommensverluste als solche auszugleichen, aber während des wehrdienstes den lebensbedarf des wehrpflichtigen und seiner familienangehörigen zu sichern (§§ 1 und 3 usg a.f.), zu deren nachteil nicht mehr entspricht. das vorliegen einer solchen lage ist vom kläger indessen nicht einmal ansatzweise dargelegt worden und auch nicht anderweitig erkennbar. 57vgl. zu entsprechenden fällen etwa sächs. ovg, beschluss vom 12. oktober 2010 – 5 a 755/08 –, juris rn. 18 ff. 58b. hat der kläger danach keinen anspruch auf leistungen nach dem unterhaltssicherungsgesetz, die über die bereits gewährte mindestleistung nach § 13c usg a.f. hinausgehen, und steht ihm daher die mit der klage geltend gemachte hauptforderung nicht zu, so kann er auch keine prozesszinsen (§§ 291, 288 abs. 1 satz 2 des bürgerlichen gesetzbuches – bgb –) erhalten. 59c. die kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 2 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung (zpo). | Verklagte*r | 0 |
121,019 | 6z K 3737/15 | 2016-10-04T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Verwaltungsgericht Gelsenkirchen 2IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3Die Klage wird abgewiesen. 4Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. 5Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 6Tatbestand: 7Die 1984 geborene Klägerin hat ihr Erststudium an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg im Studiengang Ökotrophologie im Oktober 2011 mit der Gesamtnote „gut“ abgeschlossen. 8Am 30. April 2015 bewarb die Klägerin sich bei der Beklagten um Zulassung zum Studium der Zahnmedizin als Zweitstudium. Für ihren Zweitstudienwunsch machte sie „sonstige berufliche Gründe“ geltend und führte aus, sie sei seit ihrem Bachelorabschluss arbeitslos und habe bisher als Ökotrophologin keinen Arbeitsplatz finden können. Mit einem Studium der Zahnmedizin wolle sie einen beruflichen Neuanfang starten. Beigefügt waren ihren Bewerbungsunterlagen eine Bestätigung des Job Centers Hamburg vom 23. April 2015, wonach sie dort seit dem 1. September 2011 bis auf weiteres arbeitslos geführt werde, und zahlreiche Absagen auf Bewerbungen um Arbeitsstellen als Ökotrophologin. 9Mit Bescheid vom 14. August 2015 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, sie habe zwar mit einer Messzahl von sieben die für Zweitstudienbewerber geltende Auswahlgrenze im Wintersemester 2015/2016 (Messzahl 7) erreicht. Da die Zahl der Studienplätze aber nicht für alle Bewerber mit der Messzahl sieben ausgereicht habe, sei auf nachrangige Kriterien abzustellen gewesen, die bei ihr ungünstiger gewesen seien. 10Die Klägerin hat am 29. August 2015 die vorliegende Klage erhoben. Einwendungen dagegen, mit der Messzahl sieben am Vergabeverfahren beteiligt worden zu sein, werden von ihr nicht erhoben. Eine Einstufung in eine höhere Fallgruppe werde ausdrücklich nicht geltend gemacht. Sie macht vielmehr geltend, es sei zu überprüfen, ob sie mit der Messzahl sieben einen Anspruch auf die Zuweisung eines Studienplatzes gehabt habe. Art. 12 des Grundgesetzes (GG) gewährleiste das Recht die Ausbildungsstätte frei zu wählen. Schaffe der Staat mit öffentlichen Mitteln Ausbildungseinrichtungen, so müsse er auch freien und gleichen Zugang zu den Ausbildungsstätten gewährleisten. Art. 12 GG in Verbindung mit Art. 3 GG gebiete für jeden, der die subjektiven Zulässigkeitsvoraussetzungen erfülle, ein Recht auf Zulassung zum Studium seiner Wahl. Dieses Teilhaberecht stehe zwar unter dem Vorbehalt des Möglichen, Zulassungsbeschränkungen seien aber nur unter strengen formellen und materiellen Voraussetzungen statthaft. Der Amtsermittlungsgrundsatz gebiete schon allein wegen des Grundrechtsbezuges dem erkennenden Gericht, die Akten derjenigen Bewerber beizuziehen und zu überprüfen, die ebenfalls mit der Messzahl 7 am Vergabeverfahren teilgenommen hätten. Nur so sei es dem Gericht möglich die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides überhaupt zu überprüfen. Aus anderen Verfahren sei bekannt, dass bei der Vergabe (der Messzahlen) möglicherweise Fehler zu verzeichnen seien, sodass sie, die Klägerin, möglicherweise mit der Messzahl sieben auch hätte zum Zuge kommen können. 11Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 12die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 14. August 2015 zu verpflichten, ihr einen Studienplatz des ersten Fachsemesters im Studiengang Zahnmedizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2015/2016 zuzuweisen. 13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 14die Klage abzuweisen. 15Zur Begründung führt sie aus, die Auswahlgrenze für Zweitstudienbewerber im Studiengang Zahnmedizin habe zum Wintersemester 2015/2016 bei der Messzahl sieben gelegen. Die Klägerin habe für das Ergebnis der Abschlussprüfung ihres Erststudiums drei Punkte und für den geltend gemachten Grad der Bedeutung der Gründe für das Zweitstudium vier Punkte (Fallgruppe 4) erhalten. 16Nach Aufforderung konkret zu den einzelnen mit der Messzahl sieben zugelassenen Bewerbern vorzutragen, hat die Beklagte folgendes mitgeteilt: Es hätten insgesamt fünf Bewerber mit der Messzahl sieben am Vergabeverfahren teilgenommen. Drei dieser Bewerber seien der Klägerin vorgegangen. Zwei Bewerber, deren Namen, Registernummer, Abschlussnote des Erststudiums und Fallgruppe die Beklagte im Einzelnen benannt hat, hätten jeweils einen Dienst geleistet und seien deshalb vorrangig vor der Klägerin zuzulassen gewesen (Rangplätze 54 und 55). Der letzte zu vergebende Studienplatz sei zwischen den drei verbleibenden Bewerbern, darunter auch die Klägerin, auszulosen gewesen. Hierzu hat die Beklagte Namen, Registernummer und Losnummer derjenigen Bewerberin übermittelt, der der Studienplatz zugelost wurde (Rangplatz 56). Die zweitniedrigste Losnummer habe dann die Klägerin aufgewiesen (Rangplatz 57), eine weitere Bewerberin sei der Klägerin noch nachgefolgt. 17Am 13. Januar 2016 hat die Klägerin bei dem erkennenden Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Mit Beschluss vom 10. März 2016 im Verfahren 6 L 72/16 gleichen Rubrums hat das erkennende Gericht den Antrag abgelehnt. Die Beschwerde der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorliegende Gerichtsakte und die von der Beklagten in Fotokopie übersandten Bewerbungsunterlagen der Klägerin Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. 21Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 14. August 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuteilung des beantragten Studienplatzes im Studiengang Zahnmedizin nach den für das Wintersemester 2015/2016 maßgeblichen Regeln und tatsächlichen Verhältnissen. 22Studienplätze im Studiengang Zahnmedizin werden gemäß § 1 Satz 2 VergabeVO i.V.m. ihrer Anlage 1 in einem zentralen Vergabeverfahren nach Maßgabe der § 6 ff. VergabeVO vergeben. Dabei werden die Studienplätze für Zweitstudienbewerber nach § 17 VergabeVO vergeben. Die Rangfolge wird durch eine Messzahl bestimmt, die aus dem Ergebnis der Abschlussprüfung des Erststudiums und dem Grad der Bedeutung der Gründe für das Zweitstudium ermittelt wird. 23Die Beklagte hat der Klägerin zunächst in rechtlich nicht zu beanstandender Weise und wie in Absatz 2 der Anlage 3 zur VergabeVO vorgesehen drei Punkte für das von ihr erzielte Ergebnis ("gut") der Abschlussprüfung ihres Erststudiums der Ökotrophologie zuerkannt. Den Grad der Bedeutung der Gründe für das Zweitstudium hat die Beklagte mit vier Punkten bewertet, was der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten in Fällen der vorliegenden Art entspricht, in denen der Zweitstudienbewerber nach Abschluss seines Erststudium trotz intensiver Bemühungen über zwei Jahre hinweg keinen dem Erststudium entsprechenden Arbeitsplatz findet. Gegen die Zuordnung dieser Messzahl macht die Klägerin im Übrigen auch keinerlei Einwände geltend. Sie wendet sich im vorliegenden Verfahren vielmehr ausschließlich dagegen, dass ihr mit der Messzahl sieben kein Studienplatz zugewiesen wurde, obwohl nach den Vergabeergebnissen zum Wintersemester 2015/2016 die Auswahlgrenze für Zweitstudienbewerber im Studiengang Zahnmedizin bei der Messzahl sieben lag. 24Dazu hat die Kammer in ihrem Beschluss vom 10. März 2016 im Verfahren 6 L 72/16 betreffend den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ausgeführt: 25„Da mehr Zweitstudienbewerber als Zweitstudienplätze vorhanden waren, war von der Antragsgegnerin unter den Bewerbern eine Rangfolge zu bilden. Danach konnten alle Zweitstudienbewerber zugelassen werden, die eine Messzahl von mehr als sieben vorweisen konnten, was von der Antragstellerin vorliegend auch nicht angegriffen wird. Unter den Bewerbern mit der Messzahl sieben war, da nicht für alle Zweitstudienbewerber mit dieser Messzahl ausreichend Studienplätze zur Verfügung standen, eine weitere Auswahl zu treffen, bei der die Antragstellerin nicht zum Zuge kam. Soweit die Antragstellerin meint, die Antragsgegnerin müsse wegen des Grundrechtsbezugs der Studienplatzvergabe konkret belegen, dass sie selbst zu Recht wegen vorrangig zuzulassender Studienplatzbewerber mit der gleichen Messzahl nicht zum Studium zugelassen worden sei, weshalb im gerichtlichen Verfahren stets die Bewerberunterlagen der vorrangig zugelassenen Bewerber (hier derjenigen mit der Messzahl sieben) zwecks Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Studienplatzvergabe beizuziehen seien, vermag die Kammer dem so nicht zu folgen. Die Kammer hat in einem Verfahren, in dem ebenfalls die Beiziehung der Bewerberunterlagen der zugelassenen Konkurrenten begehrt worden war, ausgeführt, dass das Gericht im Rahmen einer Verpflichtungsklage auf Zuteilung eines Studienplatzes nach den Regeln des jeweiligen Bewerbungssemesters innerhalb der festgesetzten Kapazität zu überprüfen habe, ob dem jeweiligen Studienbewerber bei „richtiger“ Anwendung der Regelungen der VergabeVO ein Studienplatz im betreffenden Bewerbungssemester hätte zugewiesen werden müssen. Da bei der Verteilung der Studienplätze auf die Bewerber eine Rangfolge unter den Bewerbern zu bilden sei, könne im Einzelfall die Prüfung der Bewerbungsunterlagen der zugelassenen Bewerber und gegebenenfalls ergänzend der Bewerbungsunterlagen derjenigen nicht zugelassenen Bewerber, die dem jeweiligen Antragsteller in der Rangfolge vorangegangen wären, geboten sein. Allerdings habe das Verwaltungsgericht die Rangbildung nicht stets von Amts wegen durch die Einsichtnahme in die Unterlagen der Mitbewerber zu überprüfen. Der den Verwaltungsprozess prägende Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO) verpflichte das Verwaltungsgericht nicht, auf eine lediglich pauschale Rüge eines Antragstellers hin, der Stiftung seien Fehler bei der Rangbildung unterlaufen, die angegriffene Rangbildung der Stiftung eingehend zu überprüfen. Der Amtsermittlungsgrundsatz verpflichte das Gericht erst dann zu entsprechenden Ermittlungen, wenn ein Antragsteller konkret darlege, dass die Stiftung ihm andere Bewerber seiner Ansicht nach zu Unrecht habe im Rang vorgehen lassen. 26Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 12. Oktober 2015 - 6z L 857/15 -, juris. 27So liegt der vorliegende Fall indes nicht. Die Antragstellerin rügt nur pauschal, es könnten Fehler im Vergabeverfahren vorliegen. Allein auf die Vermutung der Antragstellerin hin - ohne konkrete Anhaltspunkte - besteht für die Kammer jedoch keine Veranlassung die Akten der übrigen Bewerber, die die Auswahlgrenze erreicht haben, beizuziehen und deren Zulassung zu überprüfen. Die Kammer verkennt dabei nicht die Schwierigkeiten der Antragstellerin konkrete Fehler im Vergabeverfahren zu rügen. Andererseits kann ein Antragsteller nicht ohne Anhaltspunkte das Gericht im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein wegen der niemals auszuschließenden Möglichkeit eines Fehlers zur Überprüfung der jeweiligen Rangbildung der Stiftung bei einem Massenverfahren mit mehreren tausend Bewerbern unter Beiziehung der Bewerberakten der Konkurrenten verpflichten. Es mag Veranlassung zu wenigstens kursorischen oder stichprobenartigen Überprüfungen der erfolgten Zulassungen der Konkurrenten unter Auswertung der entsprechenden Bewerberakten bestehen, 28vgl. im außerkapazitären Zulassungsstreitverfahren dazu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 31. März 2004 - 1 BvR 356/04 -, juris, 29wenn die Antragsgegnerin in einem solchen Fall dem Gericht nicht plausibel zu erläutern vermag, welche Konkurrenten mit welchen „besseren“ Auswahlkriterien dem antragstellenden Studienbewerber im Rang vorgingen. Vorliegend hat die Antragsgegnerin, im Gegensatz zum Verfahren 6z L 857/15, unter Nennung von Namen und Registernummern im einzelnen dargelegt, auf Grund welcher nachrangigen Kriterien den vorrangig zugelassenen Bewerbern jeweils ein Studienplatz zugeteilt werden konnte. Danach gab es zum Wintersemester 2015/2016 fünf Studienbewerber mit der Messzahl sieben, denen drei zu vergebende Zahnmedizinstudienplätze gegenüber standen. Sofern bei der Auswahl in der Quote der Zweitstudienbewerber Ranggleichheit besteht, wird gem. § 18 Abs. 2 VergabeVO vorrangig ausgewählt, wer zu dem Personenkreis nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VergabeVO gehört. Nach den Angaben der Antragsgegnerin wurden zwei der drei zur Verfügung stehenden Studienplätze an Bewerber vergeben, die im Gegensatz zur Antragstellerin einen Dienst abgeleistet hatten. Der letzte danach noch zur Verfügung stehende Studienplatz wurde unter den restlichen drei Bewerbern verlost und fiel auf eine Bewerberin mit der niedrigeren Losnummer 6816 4445 (Losnummer der Antragstellerin 7963 4947). Zweifel an diesen Ausführungen sind weder von der Antragstellerin geltend gemacht worden noch drängen sich dem mit der Vergabepraxis der Antragsgegnerin, namentlich dem elektronischen Losverfahren, vertrauten Gericht Zweifel auf. Die Kammer sieht daher keine Veranlassung die Bewerberakten der Zweitstudien-bewerber, die die Auswahlgrenze erreicht haben, beizuziehen.“ 30An dieser Auffassung hält die Kammer nach nochmaliger Überprüfung auch für das vorliegende Hauptsacheverfahren fest. Die Beklagte hat im Einzelnen plausibel dargelegt, warum die zugelassenen Bewerber mit der Messzahl sieben der Klägerin im Rang vorgingen. Ernsthafte Zweifel an dieser Rangbildung, die der Kammer möglicherweise Veranlassung zu einer weitergehenden Überprüfung der Rangbildung unter Beiziehung und Auswertung aller Bewerbungsunterlagen der Konkurrenten mit der Messzahl sieben oder einer stichprobenartigen Kontrolle dieser Unterlagen geboten hätten, hat die Klägerin auch im Hauptsacheverfahren nicht geltend gemacht. Die Klägerin hat sich nach wie vor nur auf eine pauschale Rüge möglicher Fehler im Vergabeverfahren berufen. 31Das OVG hat auf die Beschwerde der Klägerin hin mit Beschluss vom 25. Mai 2016 im Verfahren 13 B 352/16 ausgeführt: 32„Es (das erkennende Gericht) hat sich gerade nicht einer Prüfung der Vergabe der Zweitstudienplätze entzogen, sondern auf der Grundlage der von der Antragsgegnerin im parallelen Klageverfahren angegebenen Umstände angenommen, dass die Antragstellerin zu Recht nicht zum Zuge gekommen ist. Die Antragsgegnerin hat durch Angabe von Namen und weiteren Einzelfallumständen nachvollziehbar plausibilisiert, warum die zugelassenen Bewerber mit der Messzahl 7 der Antragstellerin vorgehen. In einer solchen Situation bedarf es nicht der Anforderung der Bewerberakten. Die Antragsgegnerin hat auch plausibel erörtert, dass, inwieweit und auf welche Art und Weise ein Losverfahren durchgeführt worden ist. Widersprüchliches Vorbringen vermag der Senat insoweit nicht zu erkennen. Angesichts der bekanntermaßen elektronischen Durchführung musste das Verwaltungsgericht auch keine Unterlagen zum Losverfahren selbst anfordern. 33Abgesehen davon ist die von der Antragstellerin begehrte Zulassung durch die Stiftung nicht mit dem gegen die Hochschule selbst geführten Kapazitätsrechtsstreit vergleichbar, in dem das Bundesverfassungsgericht die umfassende Prüfung durch die Verwaltungsgerichte vor allem deshalb für erforderlich hält, weil sich sonst die Universität letztlich der Verpflichtung entziehen könnte, Studierende bis zur vollen Ausschöpfung aller vorhandenen Kapazitäten aufzunehmen. 34Vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. März 2004- 1 BvR 356/04 -, juris, Rn. 23. 35Angesichts der unterschiedlichen Ausgangssituation – konkret: des fehlenden Interesses der Antragsgegnerin am Verschweigen von Kapazitäten bei den Hochschulen – und der glaubhaften Angaben der Antragsgegnerin musste das Verwaltungsgericht auch nicht ohne jegliche Anhaltspunkte weitere Unterlagen anfordern, um zu prüfen, ob mehr als drei Studienplätze unter den Bewerbern mit der Messzahl 7 zu vergeben waren.“ 36Diesen Ausführungen, insbesondere zum Umfang der Überprüfung der Rangbildung bei der Studienplatzvergabe durch die Beklagte innerhalb der festgesetzten Kapazität, schließt sich die erkennende Kammer an. 37Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 38Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO). 39Beschluss: 40Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. 41Gründe: 42Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes und entspricht der ständigen Praxis des erkennenden Gerichts in Verfahren dieser Art. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt die klägerin. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1verwaltungsgericht gelsenkirchen 2im namen des volkes urteil 3die klage wird abgewiesen. 4die kosten des verfahrens trägt die klägerin. 5das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 6 | 7die 1984 geborene klägerin hat ihr erststudium an der hochschule für angewandte wissenschaften hamburg im studiengang ökotrophologie im oktober 2011 mit der gesamtnote „gut“ abgeschlossen. 8am 30. april 2015 bewarb die klägerin sich bei der beklagten um zulassung zum studium der zahnmedizin als zweitstudium. für ihren zweitstudienwunsch machte sie „sonstige berufliche gründe“ geltend und führte aus, sie sei seit ihrem bachelorabschluss arbeitslos und habe bisher als ökotrophologin keinen arbeitsplatz finden können. mit einem studium der zahnmedizin wolle sie einen beruflichen neuanfang starten. beigefügt waren ihren bewerbungsunterlagen eine bestätigung des job centers hamburg vom 23. april 2015, wonach sie dort seit dem 1. september 2011 bis auf weiteres arbeitslos geführt werde, und zahlreiche absagen auf bewerbungen um arbeitsstellen als ökotrophologin. 9mit bescheid vom 14. august 2015 lehnte die beklagte den antrag der klägerin mit der begründung ab, sie habe zwar mit einer messzahl von sieben die für zweitstudienbewerber geltende auswahlgrenze im wintersemester 2015/2016 (messzahl 7) erreicht. da die zahl der studienplätze aber nicht für alle bewerber mit der messzahl sieben ausgereicht habe, sei auf nachrangige kriterien abzustellen gewesen, die bei ihr ungünstiger gewesen seien. 10die klägerin hat am 29. august 2015 die vorliegende klage erhoben. einwendungen dagegen, mit der messzahl sieben am vergabeverfahren beteiligt worden zu sein, werden von ihr nicht erhoben. eine einstufung in eine höhere fallgruppe werde ausdrücklich nicht geltend gemacht. sie macht vielmehr geltend, es sei zu überprüfen, ob sie mit der messzahl sieben einen anspruch auf die zuweisung eines studienplatzes gehabt habe. art. 12 des grundgesetzes (gg) gewährleiste das recht die ausbildungsstätte frei zu wählen. schaffe der staat mit öffentlichen mitteln ausbildungseinrichtungen, so müsse er auch freien und gleichen zugang zu den ausbildungsstätten gewährleisten. art. 12 gg in verbindung mit art. 3 gg gebiete für jeden, der die subjektiven zulässigkeitsvoraussetzungen erfülle, ein recht auf zulassung zum studium seiner wahl. dieses teilhaberecht stehe zwar unter dem vorbehalt des möglichen, zulassungsbeschränkungen seien aber nur unter strengen formellen und materiellen voraussetzungen statthaft. der amtsermittlungsgrundsatz gebiete schon allein wegen des grundrechtsbezuges dem erkennenden gericht, die akten derjenigen bewerber beizuziehen und zu überprüfen, die ebenfalls mit der messzahl 7 am vergabeverfahren teilgenommen hätten. nur so sei es dem gericht möglich die rechtmäßigkeit des angefochtenen bescheides überhaupt zu überprüfen. aus anderen verfahren sei bekannt, dass bei der vergabe (der messzahlen) möglicherweise fehler zu verzeichnen seien, sodass sie, die klägerin, möglicherweise mit der messzahl sieben auch hätte zum zuge kommen können. 11die klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 12die beklagte unter aufhebung ihres ablehnungsbescheides vom 14. august 2015 zu verpflichten, ihr einen studienplatz des ersten fachsemesters im studiengang zahnmedizin nach den rechtsverhältnissen des wintersemesters 2015/2016 zuzuweisen. 13die beklagte beantragt schriftsätzlich, 14die klage abzuweisen. 15zur begründung führt sie aus, die auswahlgrenze für zweitstudienbewerber im studiengang zahnmedizin habe zum wintersemester 2015/2016 bei der messzahl sieben gelegen. die klägerin habe für das ergebnis der abschlussprüfung ihres erststudiums drei punkte und für den geltend gemachten grad der bedeutung der gründe für das zweitstudium vier punkte (fallgruppe 4) erhalten. 16nach aufforderung konkret zu den einzelnen mit der messzahl sieben zugelassenen bewerbern vorzutragen, hat die beklagte folgendes mitgeteilt: es hätten insgesamt fünf bewerber mit der messzahl sieben am vergabeverfahren teilgenommen. drei dieser bewerber seien der klägerin vorgegangen. zwei bewerber, deren namen, registernummer, abschlussnote des erststudiums und fallgruppe die beklagte im einzelnen benannt hat, hätten jeweils einen dienst geleistet und seien deshalb vorrangig vor der klägerin zuzulassen gewesen (rangplätze 54 und 55). der letzte zu vergebende studienplatz sei zwischen den drei verbleibenden bewerbern, darunter auch die klägerin, auszulosen gewesen. hierzu hat die beklagte namen, registernummer und losnummer derjenigen bewerberin übermittelt, der der studienplatz zugelost wurde (rangplatz 56). die zweitniedrigste losnummer habe dann die klägerin aufgewiesen (rangplatz 57), eine weitere bewerberin sei der klägerin noch nachgefolgt. 17am 13. januar 2016 hat die klägerin bei dem erkennenden gericht um die gewährung vorläufigen rechtsschutzes nachgesucht. mit beschluss vom 10. märz 2016 im verfahren 6 l 72/16 gleichen rubrums hat das erkennende gericht den antrag abgelehnt. die beschwerde der klägerin ist ohne erfolg geblieben. 18wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die vorliegende gerichtsakte und die von der beklagten in fotokopie übersandten bewerbungsunterlagen der klägerin bezug genommen. 19 | 20die zulässige verpflichtungsklage ist unbegründet. 21der ablehnungsbescheid der beklagten vom 14. august 2015 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. die klägerin hat keinen anspruch auf zuteilung des beantragten studienplatzes im studiengang zahnmedizin nach den für das wintersemester 2015/2016 maßgeblichen regeln und tatsächlichen verhältnissen. 22studienplätze im studiengang zahnmedizin werden gemäß § 1 satz 2 vergabevo i.v.m. ihrer anlage 1 in einem zentralen vergabeverfahren nach maßgabe der § 6 ff. vergabevo vergeben. dabei werden die studienplätze für zweitstudienbewerber nach § 17 vergabevo vergeben. die rangfolge wird durch eine messzahl bestimmt, die aus dem ergebnis der abschlussprüfung des erststudiums und dem grad der bedeutung der gründe für das zweitstudium ermittelt wird. 23die beklagte hat der klägerin zunächst in rechtlich nicht zu beanstandender weise und wie in absatz 2 der anlage 3 zur vergabevo vorgesehen drei punkte für das von ihr erzielte ergebnis ("gut") der abschlussprüfung ihres erststudiums der ökotrophologie zuerkannt. den grad der bedeutung der gründe für das zweitstudium hat die beklagte mit vier punkten bewertet, was der ständigen verwaltungspraxis der beklagten in fällen der vorliegenden art entspricht, in denen der zweitstudienbewerber nach abschluss seines erststudium trotz intensiver bemühungen über zwei jahre hinweg keinen dem erststudium entsprechenden arbeitsplatz findet. gegen die zuordnung dieser messzahl macht die klägerin im übrigen auch keinerlei einwände geltend. sie wendet sich im vorliegenden verfahren vielmehr ausschließlich dagegen, dass ihr mit der messzahl sieben kein studienplatz zugewiesen wurde, obwohl nach den vergabeergebnissen zum wintersemester 2015/2016 die auswahlgrenze für zweitstudienbewerber im studiengang zahnmedizin bei der messzahl sieben lag. 24dazu hat die kammer in ihrem beschluss vom 10. märz 2016 im verfahren 6 l 72/16 betreffend den antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes ausgeführt: 25„da mehr zweitstudienbewerber als zweitstudienplätze vorhanden waren, war von der antragsgegnerin unter den bewerbern eine rangfolge zu bilden. danach konnten alle zweitstudienbewerber zugelassen werden, die eine messzahl von mehr als sieben vorweisen konnten, was von der antragstellerin vorliegend auch nicht angegriffen wird. unter den bewerbern mit der messzahl sieben war, da nicht für alle zweitstudienbewerber mit dieser messzahl ausreichend studienplätze zur verfügung standen, eine weitere auswahl zu treffen, bei der die antragstellerin nicht zum zuge kam. soweit die antragstellerin meint, die antragsgegnerin müsse wegen des grundrechtsbezugs der studienplatzvergabe konkret belegen, dass sie selbst zu recht wegen vorrangig zuzulassender studienplatzbewerber mit der gleichen messzahl nicht zum studium zugelassen worden sei, weshalb im gerichtlichen verfahren stets die bewerberunterlagen der vorrangig zugelassenen bewerber (hier derjenigen mit der messzahl sieben) zwecks überprüfung der rechtmäßigkeit der studienplatzvergabe beizuziehen seien, vermag die kammer dem so nicht zu folgen. die kammer hat in einem verfahren, in dem ebenfalls die beiziehung der bewerberunterlagen der zugelassenen konkurrenten begehrt worden war, ausgeführt, dass das gericht im rahmen einer verpflichtungsklage auf zuteilung eines studienplatzes nach den regeln des jeweiligen bewerbungssemesters innerhalb der festgesetzten kapazität zu überprüfen habe, ob dem jeweiligen studienbewerber bei „richtiger“ anwendung der regelungen der vergabevo ein studienplatz im betreffenden bewerbungssemester hätte zugewiesen werden müssen. da bei der verteilung der studienplätze auf die bewerber eine rangfolge unter den bewerbern zu bilden sei, könne im einzelfall die prüfung der bewerbungsunterlagen der zugelassenen bewerber und gegebenenfalls ergänzend der bewerbungsunterlagen derjenigen nicht zugelassenen bewerber, die dem jeweiligen antragsteller in der rangfolge vorangegangen wären, geboten sein. allerdings habe das verwaltungsgericht die rangbildung nicht stets von amts wegen durch die einsichtnahme in die unterlagen der mitbewerber zu überprüfen. der den verwaltungsprozess prägende amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 abs. 1 satz 1 halbsatz 1 vwgo) verpflichte das verwaltungsgericht nicht, auf eine lediglich pauschale rüge eines antragstellers hin, der stiftung seien fehler bei der rangbildung unterlaufen, die angegriffene rangbildung der stiftung eingehend zu überprüfen. der amtsermittlungsgrundsatz verpflichte das gericht erst dann zu entsprechenden ermittlungen, wenn ein antragsteller konkret darlege, dass die stiftung ihm andere bewerber seiner ansicht nach zu unrecht habe im rang vorgehen lassen. 26vgl. vg gelsenkirchen, beschluss vom 12. oktober 2015 - 6z l 857/15 -, juris. 27so liegt der vorliegende fall indes nicht. die antragstellerin rügt nur pauschal, es könnten fehler im vergabeverfahren vorliegen. allein auf die vermutung der antragstellerin hin - ohne konkrete anhaltspunkte - besteht für die kammer jedoch keine veranlassung die akten der übrigen bewerber, die die auswahlgrenze erreicht haben, beizuziehen und deren zulassung zu überprüfen. die kammer verkennt dabei nicht die schwierigkeiten der antragstellerin konkrete fehler im vergabeverfahren zu rügen. andererseits kann ein antragsteller nicht ohne anhaltspunkte das gericht im vorläufigen rechtsschutzverfahren allein wegen der niemals auszuschließenden möglichkeit eines fehlers zur überprüfung der jeweiligen rangbildung der stiftung bei einem massenverfahren mit mehreren tausend bewerbern unter beiziehung der bewerberakten der konkurrenten verpflichten. es mag veranlassung zu wenigstens kursorischen oder stichprobenartigen überprüfungen der erfolgten zulassungen der konkurrenten unter auswertung der entsprechenden bewerberakten bestehen, 28vgl. im außerkapazitären zulassungsstreitverfahren dazu bundesverfassungsgericht, beschluss vom 31. märz 2004 - 1 bvr 356/04 -, juris, 29wenn die antragsgegnerin in einem solchen fall dem gericht nicht plausibel zu erläutern vermag, welche konkurrenten mit welchen „besseren“ auswahlkriterien dem antragstellenden studienbewerber im rang vorgingen. vorliegend hat die antragsgegnerin, im gegensatz zum verfahren 6z l 857/15, unter nennung von namen und registernummern im einzelnen dargelegt, auf grund welcher nachrangigen kriterien den vorrangig zugelassenen bewerbern jeweils ein studienplatz zugeteilt werden konnte. danach gab es zum wintersemester 2015/2016 fünf studienbewerber mit der messzahl sieben, denen drei zu vergebende zahnmedizinstudienplätze gegenüber standen. sofern bei der auswahl in der quote der zweitstudienbewerber ranggleichheit besteht, wird gem. § 18 abs. 2 vergabevo vorrangig ausgewählt, wer zu dem personenkreis nach § 19 abs. 1 satz 1 nr. 1 bis 3 vergabevo gehört. nach den angaben der antragsgegnerin wurden zwei der drei zur verfügung stehenden studienplätze an bewerber vergeben, die im gegensatz zur antragstellerin einen dienst abgeleistet hatten. der letzte danach noch zur verfügung stehende studienplatz wurde unter den restlichen drei bewerbern verlost und fiel auf eine bewerberin mit der niedrigeren losnummer 6816 4445 (losnummer der antragstellerin 7963 4947). zweifel an diesen ausführungen sind weder von der antragstellerin geltend gemacht worden noch drängen sich dem mit der vergabepraxis der antragsgegnerin, namentlich dem elektronischen losverfahren, vertrauten gericht zweifel auf. die kammer sieht daher keine veranlassung die bewerberakten der zweitstudien-bewerber, die die auswahlgrenze erreicht haben, beizuziehen.“ 30an dieser auffassung hält die kammer nach nochmaliger überprüfung auch für das vorliegende hauptsacheverfahren fest. die beklagte hat im einzelnen plausibel dargelegt, warum die zugelassenen bewerber mit der messzahl sieben der klägerin im rang vorgingen. ernsthafte zweifel an dieser rangbildung, die der kammer möglicherweise veranlassung zu einer weitergehenden überprüfung der rangbildung unter beiziehung und auswertung aller bewerbungsunterlagen der konkurrenten mit der messzahl sieben oder einer stichprobenartigen kontrolle dieser unterlagen geboten hätten, hat die klägerin auch im hauptsacheverfahren nicht geltend gemacht. die klägerin hat sich nach wie vor nur auf eine pauschale rüge möglicher fehler im vergabeverfahren berufen. 31das ovg hat auf die beschwerde der klägerin hin mit beschluss vom 25. mai 2016 im verfahren 13 b 352/16 ausgeführt: 32„es (das erkennende gericht) hat sich gerade nicht einer prüfung der vergabe der zweitstudienplätze entzogen, sondern auf der grundlage der von der antragsgegnerin im parallelen klageverfahren angegebenen umstände angenommen, dass die antragstellerin zu recht nicht zum zuge gekommen ist. die antragsgegnerin hat durch angabe von namen und weiteren einzelfallumständen nachvollziehbar plausibilisiert, warum die zugelassenen bewerber mit der messzahl 7 der antragstellerin vorgehen. in einer solchen situation bedarf es nicht der anforderung der bewerberakten. die antragsgegnerin hat auch plausibel erörtert, dass, inwieweit und auf welche art und weise ein losverfahren durchgeführt worden ist. widersprüchliches vorbringen vermag der senat insoweit nicht zu erkennen. angesichts der bekanntermaßen elektronischen durchführung musste das verwaltungsgericht auch keine unterlagen zum losverfahren selbst anfordern. 33abgesehen davon ist die von der antragstellerin begehrte zulassung durch die stiftung nicht mit dem gegen die hochschule selbst geführten kapazitätsrechtsstreit vergleichbar, in dem das bundesverfassungsgericht die umfassende prüfung durch die verwaltungsgerichte vor allem deshalb für erforderlich hält, weil sich sonst die universität letztlich der verpflichtung entziehen könnte, studierende bis zur vollen ausschöpfung aller vorhandenen kapazitäten aufzunehmen. 34vgl. bverfg, beschluss vom 31. märz 2004- 1 bvr 356/04 -, juris, rn. 23. 35angesichts der unterschiedlichen ausgangssituation – konkret: des fehlenden interesses der antragsgegnerin am verschweigen von kapazitäten bei den hochschulen – und der glaubhaften angaben der antragsgegnerin musste das verwaltungsgericht auch nicht ohne jegliche anhaltspunkte weitere unterlagen anfordern, um zu prüfen, ob mehr als drei studienplätze unter den bewerbern mit der messzahl 7 zu vergeben waren.“ 36diesen ausführungen, insbesondere zum umfang der überprüfung der rangbildung bei der studienplatzvergabe durch die beklagte innerhalb der festgesetzten kapazität, schließt sich die erkennende kammer an. 37die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 38die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung (zpo). 39beschluss: 40der streitwert wird auf 5.000,- euro festgesetzt. 41gründe: 42die streitwertfestsetzung beruht auf § 52 abs. 2 des gerichtskostengesetzes und entspricht der ständigen praxis des erkennenden gerichts in verfahren dieser art. | Verklagte*r | 0 |
342,429 | L 7 AS 1200/21 | 2021-11-18T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 13.07.2021 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen einen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln, das die Klage auf Unterkunfts- und Heizbedarfe für August 2015 bis Januar 2016 abgewiesen hat. 3Der am 00.00.1988 geborene Kläger beantragte erstmalig am 05.02.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er gab an, dass er seit dem 04.12.2014 erkrankt sei. Sein früherer Arbeitgeber habe ihn von der Krankenkasse abgemeldet und er würde weder Erwerbseinkommen noch Krankengeld beziehen. Eine schriftliche Kündigung bestehe nicht, jedoch weigere sich der Arbeitgeber Gehalt auszuzahlen. Er lebe allein in einer Mietwohnung. 4Am 16.02.2015 legte der Kläger einen ausgefüllten Hauptantragsbogen nebst „Anlage KDU“ und Vermieterbescheinigung vor. Er gab darin an, dass er alleine in einer 55 m² großen3-Zimmer-Wohnung in der I-Straße 00, Löhne lebe. Die Gesamtmiete betrage 440 € (320 € Grundmiete, 70 € Betriebskosten [davon 30 € Wasser- und 40 € Stromkosten], 50 € Heizkosten). Die Warmwasseraufbereitung erfolge über Gas. Mietrückstände wurden keine angegeben. Vermieterin der Wohnung sei seine Mutter, die Zeugin S F. 5Am 04.03.2015 legte der Kläger eine Ummeldungsbescheinigung vom 07.11.2014 vor, wonach er am 07.11.2014 von seiner früheren Wohnung J-Straße 5, Löhne in seine aktuelle Wohnung in der I-Straße umgezogen sei. Die Fallmanagerin des Klägers notierte auf diese Bescheinigung: „Letzte bekannte Anschrift der Mutter war ebenfalls „J-Straße 5“. Nun „Mietvertrag“ mit Mutter f. neue Unterkunft geschlossen.“ Daneben legte der Kläger eine Kopie des Mietvertrags zwischen ihm und seiner Mutter vom 02.11.2014 vor, wonach die Miete bar bezahlt werde. Das Datum vor dem Unterschriftfeld des Mietvertrags ist überschrieben. Es ist zu erkennen, dass das ursprüngliche Datum „3….15“ mit „02.11.´14“ überschrieben wurde. Die Fallmanagerin des Klägers notierte: „unklar, ob Mietverhältnis tatsächlich umgesetzt wird. Mietzahlungen auf Konten nicht ersichtlich.“ 6Mit vorläufigem Bescheid vom 23.03.2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für Februar bis Juli 2015 in Höhe des Regelbedarfs für Alleinstehende von damals monatlich 399 €. Unterkunftskosten könnten zunächst nicht anerkannt werden, da keine Mietzahlungen aus den Kontoauszügen hervorgingen. 7Mit Schreiben vom 04.04.2015 wandte sich die Zeugin F an den Beklagten und teilte mit, dass sie seit dem „01.01.2015“ von dem Kläger eine monatliche Miete von „320,00 €“ fordere. Es sei vereinbart gewesen, dass die Miete bar gegen Quittung gezahlt werde. 8Mit Bescheid vom 30.04.2015 setzte der Beklagte die Leistungen an den Kläger für Februar bis Juli 2015 endgültig mit 399 € fest. Die Übernahme von Kosten der Unterkunft werde abgelehnt. Ein tatsächlicher Mietvertrag mit Bindungswillen sei nicht nachgewiesen. Die Angaben im Mietvertrag (Mietbeginn 02.11.2014) und dem Schreiben der Zeugin F (Mietzahlung ab 01.01.2015) seien widersprüchlich. Hiergegen legte der Kläger am 27.05.2015 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2016 als unbegründet zurückwies. Dagegen legte der Kläger fristgerecht beim Sozialgericht Detmold Klage ein (S 12 AS 372/16). 9Mit Bescheid vom 01.07.2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger monatlich 399 €. Hiergegen legte der Kläger am 30.07.2015 Widerspruch ein. Es sei zwischen ihm und seiner Mutter vereinbart gewesen, dass die Mieten für November und Dezember 2014 wegen Renovierungsarbeiten erlassen werden, sodass die Mietzahlungen erst zum Januar 2015 fällig geworden seien. Die Mutter habe die Mietzahlungen bisher gestundet, mahne nunmehr aber mit Schreiben vom 04.11.2015 einen Mietrückstand von 3.520 € an. 10Mit bestandskräftigem Bescheid vom 17.12.2015 hob der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 01.07.2015 für die Zeit ab Januar 2016 wegen einer zum 01.12.2015 begonnenen Vollzeitbeschäftigung als Produktionshelfer vollständig auf. 11Mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2016 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Es sprechen zahlreiche Indizien, wie das verbesserte Mietvertragsdatum, die widersprüchlichen Angaben zum Beginn der Mietzahlungspflicht, und das Datum des Mahnschreibens gegen ein ernsthaftes Mietverhältnis. Hiergegen spreche auch, dass die Mutter des Klägers über Monate keine Mietzahlung anmahnt und dies erst nachholt hat, als der Widerspruch begründet wurde und dies zur Darstellung der Ernsthaftigkeit benötigt wurde. 12Am 22.06.2018 hat der Kläger den Widerspruchsbescheid vom 28.05.2018 zum Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens S 12 AS 372/16 (dort: KdU 02/15 bis 07/15) gemacht und seine Klage insoweit erweitert. 13Mit Beschluss vom 26.06.2018 hat das Sozialgericht die streitigen Verfahren hinsichtlich der Widerspruchsbescheide vom 04.02.2016 (02/17 – 07/15) und vom 28.05.2018 (08/15 – 01/16) getrennt. In dem ursprünglichen Klageverfahren S 12 AS 372/16 hat das Sozialgericht den Kläger informatorisch angehört, die Zeugin S F vernommen und die Klage mit Urteil vom 28.06.2018 abgewiesen und im Wesentlichen auf die Argumente aus dem Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Die dagegen eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht Nordrhein Westfalen mit Urteilsbeschluss vom 23.07.2019 (L 2 AS 1491/18) zurückgewiesen. Eine im Nachgang erhobene Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 14.11.2019 (B 14 AS 319/19 B) als unzulässig verworfen. 14Im hiesigen abgetrennten Verfahren S 12 AS 919/18 hat der Kläger sein Vorbringen wiederholt und vertieft. 15Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt, 16den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 01.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2018 zu verurteilen ab dem 01.08.2015 bis 31.01.2016 Leistungen für Unterkunft und Heizung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. 17Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 18die Klage abzuweisen. 19Er hat auf die Entscheidungen in dem Parallelverfahren verwiesen. 20Das Sozialgericht hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 13.07.2021 abgewiesen, die Aussage der Mutter des Klägers in der nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts Detmold vom 30.06.2017 in dem Verfahren S 12 AS 272/16 im Wege des Urkundenbeweises verwertet und im Wesentlichen auf das vorgegangene Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 28.06.2018 Bezug genommen. Die ergänzenden Einlassungen des Klägers im vorliegenden Verfahren seien nicht geeignet, eine andere Entscheidung zu rechtfertigen. 21Gegen den ihm am 20.07.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 02.08.2021 Berufung eingelegt und sein Vorbringen wiederholt und vertieft. 22Der Kläger beantragt, 23den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 13.07.2021 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, unter Änderung des Bescheides vom 01.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2018 dem Kläger für August 2015 bis Dezember 2015 monatlich 400 €, insgesamt also 2.000 € an Unterkunfts- und Heizbedarfen zu zahlen. 24Der Beklagte beantragt schriftsätzlich, 25die Berufung zurückzuweisen. 26Der Senat hat den Kläger aufgefordert, seine Kontoauszüge (alternativ Schweigepflichtentbindungserklärung) für August 2015 bis Juli 2016 und den Originalmietvertrag vorzulegen sowie die ladungsfähige Anschrift der Eltern sowie den Ausgang des arbeitsgerichtlichen Verfahrens gegen die Fa. D Transporte mitzuteilen. Der Kläger hat mitgeteilt, dass das arbeitsgerichtliche Verfahren bei dem Arbeitsgericht Minden am 14.07.2015 durch Vergleich beendet worden sei. Die Kontoauszüge für August 2015 bis Januar 2016 habe er beim Beklagten im Original abgegeben. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass die gerichtliche Verfügung damit nicht erledigt wurde. Ihm wurde unter dem 02.11.2021 mit Verweis auf § 106a SGG Gelegenheit gegeben, der Verfügung bis zum 16.11.2021 nachzukommen. Hierauf hat der Kläger nicht mehr reagiert. Im Verhandlungstermin ist der Kläger trotz der gerichtlichen Anordnung, persönlich zu erscheinen, nicht anwesend gewesen. 27Mit Beschluss vom 02.11..2021 hat der Senat nach Anhörung der Beteiligten die Berufung dem Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen. 28Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten und der Gerichtsakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung geworden ist. 29Entscheidungsgründe: 30Der Beklagte war zum Verhandlungstermin am 18.11.2021 nicht erschienen, jedoch konnte der Senat gleichwohl aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden. Der Beklagte ist ordnungsgemäß geladen (§ 63 Abs. 1 und 2 SGG, § 182 ZPO). Die Beteiligten haben Anspruch auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung. Sie müssen aber nicht teiilnehmen; es kann auch ohne sie verhandelt und entschieden werden (Keller, in Meyer-Ladewig, SGG, 13. Aufl., § 124 Rn. 2). Die Berufung wurde gemäß § 153 Abs. 5 SGG dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden konnte. 31Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. 32Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig. 33Die Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zutreffend entschieden, dass der Kläger keiner wirksamen rechtlichen Verpflichtung zur Zahlung von Miete ausgesetzt ist. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Insoweit wird auf das Urteil des Sozialgerichts vom 28.06.2018 (S 12 AS 372/16), den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23.07.2019 (L 2 AS 1491/18) und gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. 34Nur ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin: 35Das mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgte Begehren auf höhere Leistungen nach dem SGB II hat der Kläger in zulässiger Weise auf Unterkunfts- und Heizbedarfe für den Zeitraum vom 01.08.2015 bis 31.12.2015 begrenzt. Bei einem Streit um höhere SGB II-Leistungen sind zwar grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen. Eine Begrenzung des Streitgegenstandes ist jedoch zulässig, wenn ein Bescheid im Einzelfall mehrere abtrennbare Verfügungen, d. h. Verwaltungsakte iSd § 31 Satz 1 SGB X enthält (BSG Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 8/06 R). Um eine derartige abtrennbare Verfügung handelt es sich bei der Leistungsbewilligung zur Deckung der Unterkunfts- und Heizbedarfe, sodass eine Beschränkung des Streitgegenstandes zulässig ist (ständige Rechtsprechung seit BSG Urteil vom 07.11.2006 –B 7b AS 8/06 R). 36Ein Anspruch auf Bedarfe für Unterkunft und Heizung besteht nicht, weder in Form der geltend gemachten Kaltmiete iHv monatlich 320 €, noch in Form von Nebenkosten iHv monatlich 120 €, wobei in Bezug auf den in den Nebenkosten enthaltenen Stromanteil von 40 € bereits keine Übernahme nach § 22 SGB II in Betracht kommt, weil diese aus dem Regelbedarf zu bestreiten sind und der Bevollmächtigte des Klägers diese im Verhandlungstermin vom 18.11.2021 nicht mehr geltend gemacht hat. 37Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Zur Überzeugung des Senats hatte der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum keine tatsächlichen Aufwendungen zu tragen. Die von ihm behauptete Mietzahlungspflicht an seine Mutter bestand nicht, da der Kläger keiner wirksamen Zahlungsverpflichtung aus einem Mietvertrag ausgesetzt war. Der vorgelegte „Mietvertrag“ ist zur Überzeugung des Senats als Scheingeschäft (§ 117 BGB) zu qualifizieren. 38Die Wohnung des Klägers in der I-Straße 00, Löhne, ist zwar unstreitig eine Unterkunft iSv § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (vgl. hierzu BSG Urteil vom 17.06.2010 – B 14 AS 79/09 R), jedoch ist diese dem Kläger zur Überzeugung des Senats von seiner Mutter nicht unter der Voraussetzung zur Nutzung überlassen worden, dass er hierfür Miete zahlen muss. Ob ein wirksames Mietverhältnis zwischen Familienangehörigen vorliegt, oder ob es sich um ein Scheingeschäft (§ 117 BGB) handelt, beurteilt sich nach den tatrichterlichen Feststellungen der Umstände des jeweiligen Einzelfalls (BSG Urteile vom 03.03.2009 – B 4 AS 37/08 R; vom 07.05.2009 – B 14 AS 31/07 R und vom 20.08.2009 – B 14 AS 34/08 R). Dabei kann nicht schematisch auf die Elemente eines „Fremdvergleichs“ zurückgegriffen werden. Wie sonst unter Dritten auch, muss aber der Leistungsberechtigte einer wirksamen, nicht dauerhaft gestundeten Mietforderung ausgesetzt sein (BSG Urteile vom 03.03.2009 – B 4 AS 37/08 R und vom 20.08.2009 – B 14 AS 34/08 R) und diesbezüglich kommt es auf die Glaubwürdigkeit der vorgetragenen Tatsachen und auf die feststellbaren Indizien an. 39Es fehlt vorliegend an den für einen Mietvertrag charakteristischen Hauptpflichten, welche sich aus § 535 BGB ergeben. Gemäß § 535 Abs. 2 BGB ist der Mieter verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten. Eine solche Verpflichtung des Klägers hat zur freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung(§§ 153 Abs. 1, 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) des Senats zu keinem Zeitpunkt bestanden. 40Diese Überzeugung schöpft der Senat aus den folgenden Indizien und Umständen des Einzelfalles, die für die richterliche Überzeugung leitend waren (§§ 153 Abs. 1, 128 Abs. 1 Satz 2 SGG): 41Der Kläger wohnt nach eigenen Angaben seit November 2014 in der streitgegenständlichen Unterkunft, mithin seit nunmehr sieben Jahren. Trotzdem hat der Kläger für keinen einzigen Zeitpunkt einen Mietnachweis in Form eines Überweisungsträgers oder einer Quittung erbracht, obwohl jedenfalls die Barzahlung gegen „Quittungsbeleg“ ausweislich des Schreibens der Mutter vom 04.04.2015 vereinbart gewesen sein soll. Dies mag für den Zeitraum, in dem sich der Kläger noch im Leistungsbezug befand, aber keine Unterkunftsbedarfe erhielt noch nachvollziehbar sein, erklärt aber nicht, warum in den Monaten davor (November 2014 bis Januar 2015) und ab Januar 2016 keine Quittungen ausgestellt und zur Substantiierung des Klagebegehrens vorgelegt wurden. Außerdem erklärt es nicht, warum keine Quittungen für die Zeiträume ausgestellt wurden, als sich der Kläger von Freunden Geld geliehen haben will, um seine Mietschulden zu bezahlen, wie die Zeugin F in der Verhandlung vom 30.06.2017 ausgesagt hat. 42Soweit der Kläger und seine Mutter das Ausbleiben der Miete für November und Dezember 2014 damit begründeten, dass der Kläger für seine Mithilfe bei der Sanierung des 1920 erbauten Mehrfamilienhauses entschädigt werden sollte, erklärt dies nicht, warum dies nur für zwei Monate gegolten hat, schließlich hat der Kläger im Erörterungstermin vom 30.06.2017 selbst eingeräumt, dass er ca. ein Jahr zusammen mit seinem Vater das Haus aufwendig renoviert habe. Dies ist für den Senat vielmehr eine ausreichende Begründung, warum der damals 26-jährige Kläger weiterhin mietfrei bei seinen Eltern leben durfte. 43Gegen die Ernsthaftigkeit des Mietverhältnisses spricht auch, dass der Mietvertrag nur zum Schein ausgestellt und zu diesem Zweck rückdatiert wurde. Der Senat entnimmt dies aus der ursprünglichen Datumsangabe aus dem Jahr 2015, die später in 2014 überschrieben/ korrigiert wurde. Für den Senat ist nicht einsichtig, warum versehentlich in 2014 ein Mietvertrag zum Jahr 2015 ausgestellt worden sein soll. Dies spricht dafür, dass der Mietvertrag nur nach Aufforderung des Beklagten im Jahr 2015 ausgestellt wurde und deswegen zunächst versehentlich ein 2015-er Datum eingetragen wurde. 44Dass die Miete in dem Mietvertrag nur fiktiv war, wird auch daraus deutlich, dass eine Gesamtmiete von 440 € vereinbart wurde, wovon aber mit Mahnschreiben vom 04.11.2015 nur die Grundmiete von (11 x 320 € =) 3.520 € angemahnt wurde. Überhaupt ist es auffällig, dass trotz ausstehender Miete seit Januar 2015 und wiederholter Leistungsablehnung durch den Beklagten es erstmalig im November 2015 zu einer Mahnung der Mietrückstände, noch dazu ohne Sanktionsandrohung gekommen ist. Dem Beklagten ist darin Recht zu geben, dass diese „Mahnung“ aus November 2015 nur zur Untermauerung des im November 2015 begründeten Widerspruchs ausgestellt wurde und damit ebenso wie der Mietvertrag den Eindruck einer „Dokumentation auf Anforderung“ macht. Hinzu kommt, dass der im Schreiben vom 04.11.2016 geltend gemachte, vollständige Zahlungsausfall im Widerspruch zu der Aussage der Zeugin F steht, der Kläger habe seine Mietschulden mithilfe von Darlehen von Freunden zwischenzeitlich beglichen. 45Es ist zudem nicht glaubhaft, dass Eltern anlässlich des Einzugs des eigenen Kindes, das sich auch maßgeblich um die Renovierung des Hauses gekümmert hat, den vorhandenen Wohnraum im eigenen Haus in so hohem Maß kommerzialisieren. Erfahrungsgemäß werden Wohnungen unter Verwandten zu niedrigen Zinsen oder gar zum Selbstkostenpreis vermietet (vgl. hierzu: BSG Urteil vom 03.03.2009 – B 4 AS 37/08 R) und liegen nicht – wie hier – sogar oberhalb der Mietobergrenzen des kommunalen Trägers. Dass es so eine Kommerzialisierung gegeben hat, ist zudem nicht durch Zahlungsbelege, Steueranmeldung aus Vermietung und Verpachtung, Nebenkostenabrechnungen oder auf sonstige Weise belegt, auch nicht für Zeiträume, in denen der Kläger bedarfsdeckendes Erwerbseinkommen erzielt hat. 46Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. 47Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind. | die berufung des klägers gegen den gerichtsbescheid des sozialgerichts detmold vom 13.07.2021 wird zurückgewiesen. kosten sind auch im berufungsverfahren nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2der kläger wendet sich mit seiner berufung gegen einen gerichtsbescheid des sozialgerichts köln, das die klage auf unterkunfts- und heizbedarfe für august 2015 bis januar 2016 abgewiesen hat. 3der am 00.00.1988 geborene kläger beantragte erstmalig am 05.02.2015 leistungen zur sicherung des lebensunterhalts nach dem sgb ii. er gab an, dass er seit dem 04.12.2014 erkrankt sei. sein früherer arbeitgeber habe ihn von der krankenkasse abgemeldet und er würde weder erwerbseinkommen noch krankengeld beziehen. eine schriftliche kündigung bestehe nicht, jedoch weigere sich der arbeitgeber gehalt auszuzahlen. er lebe allein in einer mietwohnung. 4am 16.02.2015 legte der kläger einen ausgefüllten hauptantragsbogen nebst „anlage kdu“ und vermieterbescheinigung vor. er gab darin an, dass er alleine in einer 55 m² großen3-zimmer-wohnung in der i-straße 00, löhne lebe. die gesamtmiete betrage 440 € (320 € grundmiete, 70 € betriebskosten [davon 30 € wasser- und 40 € stromkosten], 50 € heizkosten). die warmwasseraufbereitung erfolge über gas. mietrückstände wurden keine angegeben. vermieterin der wohnung sei seine mutter, die zeugin s f. 5am 04.03.2015 legte der kläger eine ummeldungsbescheinigung vom 07.11.2014 vor, wonach er am 07.11.2014 von seiner früheren wohnung j-straße 5, löhne in seine aktuelle wohnung in der i-straße umgezogen sei. die fallmanagerin des klägers notierte auf diese bescheinigung: „letzte bekannte anschrift der mutter war ebenfalls „j-straße 5“. nun „mietvertrag“ mit mutter f. neue unterkunft geschlossen.“ daneben legte der kläger eine kopie des mietvertrags zwischen ihm und seiner mutter vom 02.11.2014 vor, wonach die miete bar bezahlt werde. das datum vor dem unterschriftfeld des mietvertrags ist überschrieben. es ist zu erkennen, dass das ursprüngliche datum „3….15“ mit „02.11.´14“ überschrieben wurde. die fallmanagerin des klägers notierte: „unklar, ob mietverhältnis tatsächlich umgesetzt wird. mietzahlungen auf konten nicht ersichtlich.“ 6mit vorläufigem bescheid vom 23.03.2015 bewilligte der beklagte dem kläger leistungen für februar bis juli 2015 in höhe des regelbedarfs für alleinstehende von damals monatlich 399 €. unterkunftskosten könnten zunächst nicht anerkannt werden, da keine mietzahlungen aus den kontoauszügen hervorgingen. 7mit schreiben vom 04.04.2015 wandte sich die zeugin f an den beklagten und teilte mit, dass sie seit dem „01.01.2015“ von dem kläger eine monatliche miete von „320,00 €“ fordere. es sei vereinbart gewesen, dass die miete bar gegen quittung gezahlt werde. 8mit bescheid vom 30.04.2015 setzte der beklagte die leistungen an den kläger für februar bis juli 2015 endgültig mit 399 € fest. die übernahme von kosten der unterkunft werde abgelehnt. ein tatsächlicher mietvertrag mit bindungswillen sei nicht nachgewiesen. die angaben im mietvertrag (mietbeginn 02.11.2014) und dem schreiben der zeugin f (mietzahlung ab 01.01.2015) seien widersprüchlich. hiergegen legte der kläger am 27.05.2015 widerspruch ein, den der beklagte mit widerspruchsbescheid vom 04.02.2016 als unbegründet zurückwies. dagegen legte der kläger fristgerecht beim sozialgericht detmold klage ein (s 12 as 372/16). 9mit bescheid vom 01.07.2015 bewilligte der beklagte dem kläger monatlich 399 €. hiergegen legte der kläger am 30.07.2015 widerspruch ein. es sei zwischen ihm und seiner mutter vereinbart gewesen, dass die mieten für november und dezember 2014 wegen renovierungsarbeiten erlassen werden, sodass die mietzahlungen erst zum januar 2015 fällig geworden seien. die mutter habe die mietzahlungen bisher gestundet, mahne nunmehr aber mit schreiben vom 04.11.2015 einen mietrückstand von 3.520 € an. 10mit bestandskräftigem bescheid vom 17.12.2015 hob der beklagte den bewilligungsbescheid vom 01.07.2015 für die zeit ab januar 2016 wegen einer zum 01.12.2015 begonnenen vollzeitbeschäftigung als produktionshelfer vollständig auf. 11mit widerspruchsbescheid vom 04.02.2016 wies der beklagte den widerspruch des klägers als unbegründet zurück. es sprechen zahlreiche indizien, wie das verbesserte mietvertragsdatum, die widersprüchlichen angaben zum beginn der mietzahlungspflicht, und das datum des mahnschreibens gegen ein ernsthaftes mietverhältnis. hiergegen spreche auch, dass die mutter des klägers über monate keine mietzahlung anmahnt und dies erst nachholt hat, als der widerspruch begründet wurde und dies zur darstellung der ernsthaftigkeit benötigt wurde. 12am 22.06.2018 hat der kläger den widerspruchsbescheid vom 28.05.2018 zum gegenstand des bereits anhängigen klageverfahrens s 12 as 372/16 (dort: kdu 02/15 bis 07/15) gemacht und seine klage insoweit erweitert. 13mit beschluss vom 26.06.2018 hat das sozialgericht die streitigen verfahren hinsichtlich der widerspruchsbescheide vom 04.02.2016 (02/17 – 07/15) und vom 28.05.2018 (08/15 – 01/16) getrennt. in dem ursprünglichen klageverfahren s 12 as 372/16 hat das sozialgericht den kläger informatorisch angehört, die zeugin s f vernommen und die klage mit urteil vom 28.06.2018 abgewiesen und im wesentlichen auf die argumente aus dem widerspruchsbescheid bezug genommen. die dagegen eingelegte berufung hat das landessozialgericht nordrhein westfalen mit urteilsbeschluss vom 23.07.2019 (l 2 as 1491/18) zurückgewiesen. eine im nachgang erhobene nichtzulassungsbeschwerde des klägers hat das bundessozialgericht mit beschluss vom 14.11.2019 (b 14 as 319/19 b) als unzulässig verworfen. 14im hiesigen abgetrennten verfahren s 12 as 919/18 hat der kläger sein vorbringen wiederholt und vertieft. 15der kläger hat schriftsätzlich beantragt, 16den beklagten unter abänderung des bescheides vom 01.07.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 28.05.2018 zu verurteilen ab dem 01.08.2015 bis 31.01.2016 leistungen für unterkunft und heizung nach maßgabe der gesetzlichen vorschriften zu gewähren. 17der beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 18die klage abzuweisen. 19er hat auf die entscheidungen in dem parallelverfahren verwiesen. 20das sozialgericht hat die klage nach anhörung der beteiligten mit gerichtsbescheid vom 13.07.2021 abgewiesen, die aussage der mutter des klägers in der nichtöffentlichen sitzung des sozialgerichts detmold vom 30.06.2017 in dem verfahren s 12 as 272/16 im wege des urkundenbeweises verwertet und im wesentlichen auf das vorgegangene urteil des sozialgerichts detmold vom 28.06.2018 bezug genommen. die ergänzenden einlassungen des klägers im vorliegenden verfahren seien nicht geeignet, eine andere entscheidung zu rechtfertigen. 21gegen den ihm am 20.07.2021 zugestellten gerichtsbescheid hat der kläger am 02.08.2021 berufung eingelegt und sein vorbringen wiederholt und vertieft. 22der kläger beantragt, 23den gerichtsbescheid des sozialgerichts detmold vom 13.07.2021 zu ändern und den beklagten zu verurteilen, unter änderung des bescheides vom 01.07.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 28.05.2018 dem kläger für august 2015 bis dezember 2015 monatlich 400 €, insgesamt also 2.000 € an unterkunfts- und heizbedarfen zu zahlen. 24der beklagte beantragt schriftsätzlich, 25die berufung zurückzuweisen. 26der senat hat den kläger aufgefordert, seine kontoauszüge (alternativ schweigepflichtentbindungserklärung) für august 2015 bis juli 2016 und den originalmietvertrag vorzulegen sowie die ladungsfähige anschrift der eltern sowie den ausgang des arbeitsgerichtlichen verfahrens gegen die fa. d transporte mitzuteilen. der kläger hat mitgeteilt, dass das arbeitsgerichtliche verfahren bei dem arbeitsgericht minden am 14.07.2015 durch vergleich beendet worden sei. die kontoauszüge für august 2015 bis januar 2016 habe er beim beklagten im original abgegeben. dem kläger wurde mitgeteilt, dass die gerichtliche verfügung damit nicht erledigt wurde. ihm wurde unter dem 02.11.2021 mit verweis auf § 106a sgg gelegenheit gegeben, der verfügung bis zum 16.11.2021 nachzukommen. hierauf hat der kläger nicht mehr reagiert. im verhandlungstermin ist der kläger trotz der gerichtlichen anordnung, persönlich zu erscheinen, nicht anwesend gewesen. 27mit beschluss vom 02.11..2021 hat der senat nach anhörung der beteiligten die berufung dem berichterstatter zur entscheidung mit den ehrenamtlichen richtern übertragen. 28hinsichtlich der weiteren einzelheiten wird auf den inhalt der beigezogenen verwaltungsakten des beklagten und der gerichtsakte bezug genommen, der gegenstand der mündlichen verhandlung und entscheidung geworden ist. 29 | 30der beklagte war zum verhandlungstermin am 18.11.2021 nicht erschienen, jedoch konnte der senat gleichwohl aufgrund einseitiger mündlicher verhandlung entscheiden. der beklagte ist ordnungsgemäß geladen (§ 63 abs. 1 und 2 sgg, § 182 zpo). die beteiligten haben anspruch auf teilnahme an der mündlichen verhandlung. sie müssen aber nicht teiilnehmen; es kann auch ohne sie verhandelt und entschieden werden (keller, in meyer-ladewig, sgg, 13. aufl., § 124 rn. 2). die berufung wurde gemäß § 153 abs. 5 sgg dem berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen richtern entscheiden konnte. 31die berufung des klägers hat keinen erfolg. 32die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 abs. 1 sgg) und statthafte (§ 143 sgg) berufung ist zulässig. 33die berufung ist nicht begründet. zu recht hat das sozialgericht die klage abgewiesen und zutreffend entschieden, dass der kläger keiner wirksamen rechtlichen verpflichtung zur zahlung von miete ausgesetzt ist. die angefochtenen bescheide des beklagten sind rechtmäßig und verletzen den kläger nicht in seinen rechten. insoweit wird auf das urteil des sozialgerichts vom 28.06.2018 (s 12 as 372/16), den beschluss des landessozialgerichts nordrhein-westfalen vom 23.07.2019 (l 2 as 1491/18) und gemäß § 153 abs. 2 sgg auf die gründe der angefochtenen entscheidung bezug genommen. 34nur ergänzend weist der senat auf folgendes hin: 35das mit der kombinierten anfechtungs- und leistungsklage verfolgte begehren auf höhere leistungen nach dem sgb ii hat der kläger in zulässiger weise auf unterkunfts- und heizbedarfe für den zeitraum vom 01.08.2015 bis 31.12.2015 begrenzt. bei einem streit um höhere sgb ii-leistungen sind zwar grundsätzlich alle anspruchsvoraussetzungen dem grunde und der höhe nach zu prüfen. eine begrenzung des streitgegenstandes ist jedoch zulässig, wenn ein bescheid im einzelfall mehrere abtrennbare verfügungen, d. h. verwaltungsakte isd § 31 satz 1 sgb x enthält (bsg urteil vom 07.11.2006 – b 7b as 8/06 r). um eine derartige abtrennbare verfügung handelt es sich bei der leistungsbewilligung zur deckung der unterkunfts- und heizbedarfe, sodass eine beschränkung des streitgegenstandes zulässig ist (ständige rechtsprechung seit bsg urteil vom 07.11.2006 –b 7b as 8/06 r). 36ein anspruch auf bedarfe für unterkunft und heizung besteht nicht, weder in form der geltend gemachten kaltmiete ihv monatlich 320 €, noch in form von nebenkosten ihv monatlich 120 €, wobei in bezug auf den in den nebenkosten enthaltenen stromanteil von 40 € bereits keine übernahme nach § 22 sgb ii in betracht kommt, weil diese aus dem regelbedarf zu bestreiten sind und der bevollmächtigte des klägers diese im verhandlungstermin vom 18.11.2021 nicht mehr geltend gemacht hat. 37gemäß § 22 abs. 1 satz 1 sgb ii werden bedarfe für unterkunft und heizung in höhe der tatsächlichen aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. zur überzeugung des senats hatte der kläger im streitgegenständlichen zeitraum keine tatsächlichen aufwendungen zu tragen. die von ihm behauptete mietzahlungspflicht an seine mutter bestand nicht, da der kläger keiner wirksamen zahlungsverpflichtung aus einem mietvertrag ausgesetzt war. der vorgelegte „mietvertrag“ ist zur überzeugung des senats als scheingeschäft (§ 117 bgb) zu qualifizieren. 38die wohnung des klägers in der i-straße 00, löhne, ist zwar unstreitig eine unterkunft isv § 22 abs. 1 satz 1 sgb ii (vgl. hierzu bsg urteil vom 17.06.2010 – b 14 as 79/09 r), jedoch ist diese dem kläger zur überzeugung des senats von seiner mutter nicht unter der voraussetzung zur nutzung überlassen worden, dass er hierfür miete zahlen muss. ob ein wirksames mietverhältnis zwischen familienangehörigen vorliegt, oder ob es sich um ein scheingeschäft (§ 117 bgb) handelt, beurteilt sich nach den tatrichterlichen feststellungen der umstände des jeweiligen einzelfalls (bsg urteile vom 03.03.2009 – b 4 as 37/08 r; vom 07.05.2009 – b 14 as 31/07 r und vom 20.08.2009 – b 14 as 34/08 r). dabei kann nicht schematisch auf die elemente eines „fremdvergleichs“ zurückgegriffen werden. wie sonst unter dritten auch, muss aber der leistungsberechtigte einer wirksamen, nicht dauerhaft gestundeten mietforderung ausgesetzt sein (bsg urteile vom 03.03.2009 – b 4 as 37/08 r und vom 20.08.2009 – b 14 as 34/08 r) und diesbezüglich kommt es auf die glaubwürdigkeit der vorgetragenen tatsachen und auf die feststellbaren indizien an. 39es fehlt vorliegend an den für einen mietvertrag charakteristischen hauptpflichten, welche sich aus § 535 bgb ergeben. gemäß § 535 abs. 2 bgb ist der mieter verpflichtet, dem vermieter die vereinbarte miete zu entrichten. eine solche verpflichtung des klägers hat zur freien, aus dem gesamtergebnis des verfahrens gewonnenen überzeugung(§§ 153 abs. 1, 128 abs. 1 satz 1 sgg) des senats zu keinem zeitpunkt bestanden. 40diese überzeugung schöpft der senat aus den folgenden indizien und umständen des einzelfalles, die für die richterliche überzeugung leitend waren (§§ 153 abs. 1, 128 abs. 1 satz 2 sgg): 41der kläger wohnt nach eigenen angaben seit november 2014 in der streitgegenständlichen unterkunft, mithin seit nunmehr sieben jahren. trotzdem hat der kläger für keinen einzigen zeitpunkt einen mietnachweis in form eines überweisungsträgers oder einer quittung erbracht, obwohl jedenfalls die barzahlung gegen „quittungsbeleg“ ausweislich des schreibens der mutter vom 04.04.2015 vereinbart gewesen sein soll. dies mag für den zeitraum, in dem sich der kläger noch im leistungsbezug befand, aber keine unterkunftsbedarfe erhielt noch nachvollziehbar sein, erklärt aber nicht, warum in den monaten davor (november 2014 bis januar 2015) und ab januar 2016 keine quittungen ausgestellt und zur substantiierung des klagebegehrens vorgelegt wurden. außerdem erklärt es nicht, warum keine quittungen für die zeiträume ausgestellt wurden, als sich der kläger von freunden geld geliehen haben will, um seine mietschulden zu bezahlen, wie die zeugin f in der verhandlung vom 30.06.2017 ausgesagt hat. 42soweit der kläger und seine mutter das ausbleiben der miete für november und dezember 2014 damit begründeten, dass der kläger für seine mithilfe bei der sanierung des 1920 erbauten mehrfamilienhauses entschädigt werden sollte, erklärt dies nicht, warum dies nur für zwei monate gegolten hat, schließlich hat der kläger im erörterungstermin vom 30.06.2017 selbst eingeräumt, dass er ca. ein jahr zusammen mit seinem vater das haus aufwendig renoviert habe. dies ist für den senat vielmehr eine ausreichende begründung, warum der damals 26-jährige kläger weiterhin mietfrei bei seinen eltern leben durfte. 43gegen die ernsthaftigkeit des mietverhältnisses spricht auch, dass der mietvertrag nur zum schein ausgestellt und zu diesem zweck rückdatiert wurde. der senat entnimmt dies aus der ursprünglichen datumsangabe aus dem jahr 2015, die später in 2014 überschrieben/ korrigiert wurde. für den senat ist nicht einsichtig, warum versehentlich in 2014 ein mietvertrag zum jahr 2015 ausgestellt worden sein soll. dies spricht dafür, dass der mietvertrag nur nach aufforderung des beklagten im jahr 2015 ausgestellt wurde und deswegen zunächst versehentlich ein 2015-er datum eingetragen wurde. 44dass die miete in dem mietvertrag nur fiktiv war, wird auch daraus deutlich, dass eine gesamtmiete von 440 € vereinbart wurde, wovon aber mit mahnschreiben vom 04.11.2015 nur die grundmiete von (11 x 320 € =) 3.520 € angemahnt wurde. überhaupt ist es auffällig, dass trotz ausstehender miete seit januar 2015 und wiederholter leistungsablehnung durch den beklagten es erstmalig im november 2015 zu einer mahnung der mietrückstände, noch dazu ohne sanktionsandrohung gekommen ist. dem beklagten ist darin recht zu geben, dass diese „mahnung“ aus november 2015 nur zur untermauerung des im november 2015 begründeten widerspruchs ausgestellt wurde und damit ebenso wie der mietvertrag den eindruck einer „dokumentation auf anforderung“ macht. hinzu kommt, dass der im schreiben vom 04.11.2016 geltend gemachte, vollständige zahlungsausfall im widerspruch zu der aussage der zeugin f steht, der kläger habe seine mietschulden mithilfe von darlehen von freunden zwischenzeitlich beglichen. 45es ist zudem nicht glaubhaft, dass eltern anlässlich des einzugs des eigenen kindes, das sich auch maßgeblich um die renovierung des hauses gekümmert hat, den vorhandenen wohnraum im eigenen haus in so hohem maß kommerzialisieren. erfahrungsgemäß werden wohnungen unter verwandten zu niedrigen zinsen oder gar zum selbstkostenpreis vermietet (vgl. hierzu: bsg urteil vom 03.03.2009 – b 4 as 37/08 r) und liegen nicht – wie hier – sogar oberhalb der mietobergrenzen des kommunalen trägers. dass es so eine kommerzialisierung gegeben hat, ist zudem nicht durch zahlungsbelege, steueranmeldung aus vermietung und verpachtung, nebenkostenabrechnungen oder auf sonstige weise belegt, auch nicht für zeiträume, in denen der kläger bedarfsdeckendes erwerbseinkommen erzielt hat. 46die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. 47die revision war nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 160 abs. 2 sgg nicht erfüllt sind. | Verklagte*r | 0 |
125,974 | S 37 AS 2235/13 | 2016-02-26T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Kosten nach § 36 a SGB II für den Aufenthalt von Frau F1 sowie deren Kinder S und E im Frauenhaus Köln im Zeitraum vom 18.03.2011 bis 05.07.2011 i.H.v. 2045,73 Euro zu erstatten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beteiligten tragen jeweils die Hälfte der Kosten des Verfahrens. Die Berufung wird zugelassen. Der Streitwert wird endgültig auf 3858,90 Euro festgesetzt. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten für den Aufenthalt einer aus Mainz stammenden Frau und ihrer beiden Kinder für einen Aufenthalt in einem im Zuständigkeitsbereich der Klägerin liegenden Frauenhaus im Zeitraum vom 18.03.2011 bis 05.07.2011 in Höhe von insgesamt 3858,90 EUR. 3Die ursprünglich in Mainz lebende Frau F1 und ihre beiden minderjährigen Kinder hielten sich im Zeitraum vom 18.03. bis 05.07.2011 in einem Kölner Frauenhäuser auf. Ihr gewöhnlicher Aufenthalt vor der Aufnahme in diesem Frauenhaus befand sich in Mainz und damit im Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Frau F1 und ihre beiden Kinder bezogen im Zeitraum vom 18.03.2011 bis 05.07.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) durch das Jobcenter Köln. Dieses gewährte Leistungen in Höhe der gesetzlichen Regelbedarfe zuzüglich eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende. Als Einkommen berücksichtigte das Jobcenter das Kindergeld in gesetzlicher Höhe jeweils bei den minderjährigen Kindern. Die Klägerin übernahm als kommunaler Träger in der Zeit vom 18.03.2011 bis 05.07.2011 die Aufwendungen für den Frauenhausaufenthalt aller 3 Personen in Höhe einer Tagespauschale von 35,09 Eur. Insgesamt hielten sich Frau F1 und ihre Kinder 110 Tage im Frauenhaus auf, so dass Kosten in Höhe von 3858,90 EUR entstanden. 4Die Tagespauschale setzte sich nach der von den Frauenhäusern in Köln dargelegten Berechnung im Jahre 2011 wie folgt zusammen: Miete und Nebenkosten 29.672,72 EUR, Hausmeisterei 16.219,92 EUR, Betriebskosten/Instandhaltung 7698,24 EUR, Versicherungen 1.630,12 EUR, Kfz.-Kosten 2725,00 EUR, Abschreibungen 3.861,92 EUR, Miete für einen Münzfernsprecher 399,72 EUR, Betreuungskosten (Bewirtung etc.) 2308,75 EUR, Inventar/Ersatzbeschaffung 5.673,35 EUR und Personalkosten in Höhe von 57.885,05 EUR, so dass jährliche Gesamtkosten in Höhe von 128.074,79 EUR entstanden. Die Kosten beliefen sich für jeden einzelnen Frauenplatz (10 Plätze seit 2006) auf 12.807,48 EUR, so dass sich ein Tagessatz (365 Tage) von 35,09 EUR € ergab. 5Die Kostentragung gegenüber dem Frauenhaus ist in einen Ratsbeschluss der Stadt Köln vom 29.06.1993 geregelt, in welchem der Rat die Anpassung der institutionellen Förderung für Personal und Sachkosten zum Betrieb von 102 Frauenhäusern sowie die entsprechende Ausweitung des Angebotes in der nachgehenden Beratung ehemaliger Frauenhausbewohnerinnen beschlossen hat. Regelungen zu von den Frauenhäusern vorzuhaltenden konkreten Leistungen nach Inhalt, Umfang und Qualität sowie zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen enthält der Ratsbeschluss nicht. Die Stadt Köln und die jeweiligen Frauenhäuser bzw. deren Träger hatten bis zum Jahre 2013 und damit auch für den streitbefangenen Zeitraum keine Vereinbarungen i.S.v. § 17 SGB abgeschlossen. Beiden Beteiligten sind nach den jeweiligen Beschlüssen ihrer Trägerversammlungen die Aufgaben nach § 36a SGB II zurückübertragen worden. 6Die Klägerin teilte der Beklagten erstmalig mit Schreiben vom 15.04.2011 die Geltendmachung eines Kostenerstattungsanspruch gem. § 36a SGB II mit und bezifferte den geltend gemachten Betrag mit weiterem Schreiben vom 15.11.2011auf insgesamt 3858,90 EUR. In der Folge stritten die Beteiligten über die Kostentragungspflicht der Beklagten, welche gegen den Kostenerstattungsanspruch geltend machte, dass sie nur die Kosten für die Unterkunft zu tragen habe, der Tagessatz aber auch Positionen aufweise, welche nicht erstattungsfähig seien wie z.B. Personalkosten. Wiederholt forderte die Beklagte von der Klägerin die genaue Zusammensetzung der geltend gemachten Kosten auf und lehnte abschließend die Kostenerstattung mit Schrieben vom 24.05.2013 ab. Zwar bestehe eine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung. Die hierauf entfallenden Kosten ließen sich auf Grundlage der vorgelegten Tagessätze jedoch nicht hinreichend konkret ermitteln. 7Die Klägerin hat am 13.06.2013 Klage erhoben. 8Zur Begründung der Klage trägt sie vor, dass zwischen ihr und dem Träger des Frauenhauses zwar keine Vereinbarung im Sinne von § 17 Abs. 2 SGB II bestanden habe; eine solche jedoch auch nicht notwendig gewesen sei, da es sich nur um verhältnismäßig geringe Tagessätze handele und ihre Leistungspflicht auf einem Ratsbeschluss der Stadt Köln gründe. Der Erstattungspflicht nach § 36 a SGB II würden auch diejenigen Leistungen unterfallen, die in Erfüllung der sich aus § 16 a SGB II ergebenden Pflicht des kommunalen Trägers erbracht würden. Dies seien Leistungen, die für die Eingliederung der Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich seien und damit auch psychosoziale Betreuung im Sinne des § 16a Nr. 3 SGB II, wenn durch diese erst die Voraussetzungen für eine Eingliederung geschaffen würden. Eine umfassende Kostenerstattungspflicht entspräche auch dem Sinn und Zweck des § 36 a SGB II, der eine einseitige Belastung derjenigen Kommunen, die Frauenhäuser betreiben würden, vermeiden und letztlich verhindern solle, dass Frauen aus anderen Regionen wegen der ungeklärten Finanzierung abgewiesen würden. Die Beklagte sei darüber hinaus auch verpflichtet, alle im Tagessatz enthaltenen Anteile zu erstatten, da alle Kosten für den Betrieb des Frauenhauses tatsächlich anfielen und notwendig seien. 9Die Klägerin beantragt, 10die Beklagte zu verurteilen, ihr Kosten nach § 36 a SGB II für den Aufenthalt von Frau F1 sowie deren Kinder S2 und E im Frauenhaus Köln vom 18.03.2011 bis zum 05.07.2011 in Höhe von insgesamt 3858,90 € zu erstatten. 11Die Beklagte beantragt, 12 die Klage abzuweisen. 13Sie ist der Auffassung, eine Erstattungspflicht bestünde bereits deshalb nicht, weil die Klägerin sich nicht auf eine Vereinbarung im Sinne des § 17 SGB II berufen könne. Diese sei jedoch zwingend erforderlich, um einen Kostenerstattungsanspruch nach § 36 a SGB II herzuleiten. Darüber hinaus seien die anfallenden Kosten nicht in einer Weise offengelegt und differenziert nachgewiesen worden, welche eine Prüfung der tatsächlich für die einzelnen Positionen anfallenden Aufwendungen ermögliche. Die Klägerin habe zunächst vorgetragen, dass gerade keine Kosten für psychosoziale Betreuung angefallen seien, so dass alleine die Kosten für die Unterkunft erstattungsfähig seien. Auch die Kosten hierfür ließen sich nach der Aufstellung der Klägerin bzw. der vom Frauenhaus erstellten Kostenberechnung nicht nachvollziehen. 14Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Frau F2. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 26.02.2016 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Klägerin und der Beklagten und die Gerichtsakte sowie darin befindlichen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind. . 15Entscheidungsgründe: 16Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Die Klage ist als echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG statthaft. Bei einem Erstattungsstreit zwischen Sozialleistungsträgern handelt es sich um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren ist somit nicht durchzuführen. Die Einhaltung einer Klagefrist ist nicht erforderlich (Bundessozialgericht, Urt. v. 23.05.2012 - B 14 AS 190/11 R). 17I. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der im Zusammenhang mit der Unterbringung von Frau F1 und ihren beiden Kindern entstandenen Kosten in Höhe von 2045,73 EUR gem. § 36 a SGB II. 181. Die Klägerin ist aktiv, die Beklagte passiv prozessführungsbefugt. Prozessführungsbefugnis ist die Berechtigung, einen Prozess als richtige Partei im eigenen Namen zu führen (Bundesozialgericht, Urt. v. 30.9.2010 – B 10 EG 19/09 R), also als richtiger Kläger zu klagen (aktive Prozessführungsbefugnis) oder als richtiger Beklagter verklagt zu werden (passive Prozessführungsbefugnis). In der Regel fällt sie mit der Aktiv- bzw. Passivlegitimation in der Sache zusammen, es sei denn, Rechte eines Dritten können in zulässiger Prozessstandschaft verfolgt werden (vgl. hierzu im Einzelnen Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 54 Rn. 11 und Leitherer, a.a.O., § 69 Rn. 4). Zwar wurden sowohl in der Stadt Köln als auch in der Stadt Mainz den jeweiligen gemeinsamen Einrichtungen (Jobcentern) gem. § 44b SGB II die Übernahme der Aufgaben nach dem SGB II übertragen. Jedoch wurde beiden Beteiligten die Zuständigkeit für die Abrechnung der Betreuungsleistungen in Frauenhäusern durch die Beschlüsse ihrer Trägerversammlungen wirksam zurückübertragen (vgl. zur Möglichkeit einer wirksamen Rückübertragung Landessozialgericht Baden Württemberg, Urt. v. 08.05.2015 – L 12 AS 1955/14 -, juris Rn. 57 ff). 192. Die Klägerin hat nach § 36 a SGB II einen Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber dem Beklagen in der genannten Höhe. Nach § 36 a SGB II ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten, wenn eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht sucht. Die Kostenerstattungspflicht umfasst grundsätzlich auch Leistungen der psychosozialen Betreuung nach § 16a Nr. 3 SGB II (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 23.05.2012 a.a.O.). Die Klägerin ist durch die Aufnahme von Frau F1 und ihre beiden Kinder in einem Frauenhaus aus ihrem Bezirk zuständiger Träger geworden (§ 36 Satz 2 SGB II); die Beklagte ist kommunaler Träger am bisherigen Wohnort von Frau Erdem. 20Der Kostenerstattungsanspruch ist vorliegend auf die für die die Aufnahme der Frau F1 und ihrer Kinder entstandenen Unterkunftskosten beschränkt. Diese umfassen alle mit dem Betrieb des Frauenhauses als Wohneinrichtung anfallenden Kosten (vgl. Aubel, in jurisPK, Stand 13.07.2015, § 36a SGB II, Rn. 15). Hierzu zählen neben den Kosten für Miete und Nebenkosten auch die Hausmeisterei, Betriebskosten/Instandhaltung, Versicherungen, Kfz Kosten, Abschreibungen, Miete für einen Münzfernsprecher sowie Kosten für das Inventar und Ersatzbeschaffung. Die genannten Kosten fallen durch den Betrieb des hier betroffenen Frauenhauses regelmäßig und durchgehend an, ohne dass hiermit schon Kosten für eine psychosoziale Betreuung abgedeckt wären. Dass beim Betreib eines Frauenhauses im Vergleich zur Anmietung einer Privatwohnung zusätzliche Kosten anfallen, da beispielsweise Inventar angeschafft, erhalten und ersetzt werden muss, es der Inanspruchnahme von Hausmeistertätigkeiten und des Abschlusses weiterer Versicherungen bedarf, ergibt sich aus der Natur der Sache, schließt die Zuordnung dieser Kosten zu den Kosten für Unterkunft und Heizung jedoch nicht aus. Weshalb die Beklagte gleichwohl nicht zumindest diesen Teil des geltend gemachten Ersatzanspruchs anerkannt hat, obschon sie eine grundsätzliche Bereitschaft zur Übernahme der Unterkunftskosten erklärt hat, erschließt sich der Kammer nicht. Auch einer weiteren Differenzierung der einzelnen Kostenpositionen bedurfte es hierfür nicht, da sich den einzelnen Kostenpositionen hinreichend konkret entnehmen lässt, für welchen Zweck sie angefallen sind. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern eine weitere Aufschlüsselung der Positionen eine andere Zuordnung zu weiteren Bedarfen ermöglichen könnte. Legt man dem Kostenerstattungsanspruch alleine die genannten Kostenpositionen zugrunde, so ergeben sich Gesamtkosten von 67.880,99 EUR, welche auf 10 Frauen und auf 365 Tage aufzuteilen sind, so dass eine Tagespauschale von 18,60 EUR zugrunde zu legen ist. 213. Eine weitergehender Kostenerstattungsanspruch besteht nicht. 22a) Einen Anspruch auf Ersatz der als „Betreuungskosten (Bewirtung etc.)“ ausgewiesenen Kosten kann die Klägerin nach § 36a SGB II hingegen nicht erfolgreich geltend machen. Nach Auskunft der Mitarbeiter des Frauenhauses handelt es sich hierbei lediglich um Verpflegungskosten etwa für die Bereitstellung von Mahlzeiten bei Aufnahme der Frauen und damit nicht um Kosten i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB II. Diese sind vom Ersatzanspruch des § 36a SGB II nicht erfasst (vgl. hierzu Aubel, a.a.O., m.w.N.) 23b) Auch auf Erstattung der in der Kostenrechnung aufgeführten Kosten für Personal hat die Klägerin keinen Anspruch nach § 36a SGB II. 24Zwar handelt es sich bei den aufgeführten Personalkosten jedenfalls ganz überwiegend um grundsätzlich nach § 36a SGB II erstattungsfähige Kosten für psychosoziale Betreuung, welche die psychische, soziale und rechtliche Stabilisierung der Frau Erdem und ihrer Kinder zum Ziel hatte und damit unabdingbare Voraussetzung für ihre Eingliederung in das Erwerbsleben gewesen war (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urt. v. 23.05.2012 – B 14 AS 190/11 R, juris Rn.27 ff; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. v. 21.10.2011 – L 12 AS 3196/10 -, juris Rn. 22 ff; Aubel, in jurisPK, Stand 13.07.2015, § 36a SGB II, Rn. 16). Dies steht zur Überzeugung der Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. So hat die Zeugin überzeugend und schlüssig bekundet, dass im Frauenhaus durch Fachpersonal feste und auch flexible Beratungsangebote, Freizeitangebote sowie Gruppengespräche mit den betroffenen Frauen angeboten und durchgeführt werden, in welchen die Stärken der Frauen festgestellt und Wege der Stabilisierung und Festigung aufgezeigt und unterstützend begleitet werden. Auch für die Kinder gibt es entsprechend eigene Angebote, welche durch extra hierfür bereitgestelltes Personal durchgeführt werden. Die Zeugin hat zudem ausgesagt, dass Frau F1 und ihre Kinder die Betreuungsangebote auch wahrgenommen haben, nachdem alle aufgrund massiver Gewalterfahrung durch den Mann und Vater das Frauenhaus aufgesucht hatten. 25Allerdings steht einer Übernahme dieser Betreuungskosten entgegen, dass die Klägerin im hier maßgeblichen Zeitraum mit dem Träger des Frauenhauses keine Vereinbarung i.S.v. § 17 Abs. 2 SGB II abgeschlossen hatte, was Voraussetzung für die Geltendmachung dieser Leistungen ist. § 17 SGB II, der nähere Bestimmungen zur Erbringung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit durch Dritte betrifft, ist auch auf Fälle der Leistungen zur psychosozialen Betreuung gemäß § 16a Nr. 3 SGB II anwendbar (Landessozialgericht Baden-Württemberg - a.a.O., Rn. 69 ff; Sozialgericht Osnabrück v. 28.01.2015 - S 33 AS 320/13 -, juris Rn. 30 ff; Aubel, a.a.O., Rn. 9). An den Mindestinhalt einer solchen Vereinbarung dürfen jedoch keine überzogenen Anforderungen gestellt werden (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. v. 08.05.2015 a.a.O.). Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist der Träger der Leistungen (hier die Klägerin) zur Vergütung für die Leistungen, die von einem Dritten (hier die Träger der Frauenhäuser) erbracht wurden, nur verpflichtet, wenn mit dem Dritten oder seinem Verband eine Vereinbarung besteht, die eine Regelung zu Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Nr. 1), der Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzen kann (Nr. 2) und der Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Nr. 3) enthält. Dabei hängt die Frage, welche Standards im Einzelfall regelungsbedürftig sind, von der jeweiligen Leistung ab. An die einzelnen Regelungen der Vereinbarungen dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Anderenfalls würde dies dem Sinn und Zweck sowie dem Sachzusammenhang von § 17 SGB II insgesamt entgegenstehen, in dessen Abs. 1 festgelegt wird, dass, wenn möglich, keine neuen Einrichtungen geschaffen werden sollen, soweit geeignete Träger zur Verfügung stehen und diese entsprechend zu unterstützen sind (vgl. hierzu Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 08.05.2015 a.a.O.). Sinnvoll ist insgesamt eine Konzentration auf wesentliche Merkmale, um hinreichende Flexibilität in der individuellen Leistungserbringung zu haben (Münder, in LPK SGB II, 4. Auflage 2011, § 17 Rn. 42). 26Der Ratsbeschluss der Stadt Köln vom 29.06.1993, in welchem die Verpflichtung zur Kostentragung gegenüber den Frauenhäusern im Stadtgebiet sowie der Umfang der Kostenerstattungspflicht festgesetzt wird, genügt den Anforderungen des § 17 SGB II nicht, selbst wenn man an die inhaltlichen Vorgaben nur geringe Anforderungen stellen möchte. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um keine Vereinbarung i.S.d. § 17 SGB II handelt, sind in dem Beschluss weder genauer Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen, noch die konkrete Vergütung aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche und Vorgaben zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistung geregelt. Insofern entspricht er auch inhaltlich nicht annähernd den Voraussetzungen, wie sie § 17 Abs. 2 SGB II normiert. Von diesen gesetzlichen Voraussetzungen kann vorliegend auch nicht etwa deshalb abgewichen werden, weil Betreuungskosten in nur geringfügiger und damit zu vernachlässigender Höhe angefallen sind. Denn die Betreuungskosten stellen sich im Wesentlichen in den abgerechneten Personalkosten dar, welche über 40% der Gesamtkosten ausmachen. 27II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung. 28III. Die Berufung war zuzulassen. Der Streitwert nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG wird nicht erreicht; die Rechtssache hat jedoch grundsätzliche Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Die Frage, ob anstelle eines Vertrages nach § 17 SGB II auch eine einseitige Kostenübernahme etwa durch einen Ratsbeschluss ausreicht und welche inhaltlichen Voraussetzungen an diesen zu stellen sind, ist höchstrichterlich nicht geklärt und für eine Vielzahl weiterer Fälle entscheidungsrelevant. 29IV. Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes. 30Rechtsmittelbelehrung: 31Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. 32Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim 33Landessozialgericht 34Nordrhein-Westfalen, 35Zweigertstraße 54, 3645130 Essen, 37schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. 38Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem 39Sozialgericht Köln, 40An den Dominikanern 2, 4150668 Köln, 42schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. 43Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. 44Die Einreichung in elektronischer Form erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Diese ist über die Internetseite www.sg-koeln.nrw.de erreichbar. Die elektronische Form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte Datei, die den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO SG) vom 07.11.2012 (GV.NRW, 551) entspricht. Hierzu sind die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten Signatur nach § 2 Nummer 3 des Signaturgesetzes vom 16.05.2001 (BGBl. I, 876) in der jeweils geltenden Fassung zu versehen. Die qualifizierte elektronische Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat müssen durch das Gericht überprüfbar sein. Auf der Internetseite www.justiz.nrw.de sind die Bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben. 45Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. 46Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Köln schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen. 47Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war. 48Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat. 49Der Vorsitzende der 37. Kammer 50Dr. Schmitz 51Richter am Sozialgericht | die beklagte wird verurteilt, an die klägerin kosten nach § 36 a sgb ii für den aufenthalt von frau f1 sowie deren kinder s und e im frauenhaus köln im zeitraum vom 18.03.2011 bis 05.07.2011 i.h.v. 2045,73 euro zu erstatten. im übrigen wird die klage abgewiesen. die beteiligten tragen jeweils die hälfte der kosten des verfahrens. die berufung wird zugelassen. der streitwert wird endgültig auf 3858,90 euro festgesetzt. 1 | 2die beteiligten streiten über die erstattung von kosten für den aufenthalt einer aus mainz stammenden frau und ihrer beiden kinder für einen aufenthalt in einem im zuständigkeitsbereich der klägerin liegenden frauenhaus im zeitraum vom 18.03.2011 bis 05.07.2011 in höhe von insgesamt 3858,90 eur. 3die ursprünglich in mainz lebende frau f1 und ihre beiden minderjährigen kinder hielten sich im zeitraum vom 18.03. bis 05.07.2011 in einem kölner frauenhäuser auf. ihr gewöhnlicher aufenthalt vor der aufnahme in diesem frauenhaus befand sich in mainz und damit im zuständigkeitsbereich der beklagten. frau f1 und ihre beiden kinder bezogen im zeitraum vom 18.03.2011 bis 05.07.2011 leistungen zur sicherung des lebensunterhaltes nach dem zweiten buch sozialgesetzbuch (sgb ii) durch das jobcenter köln. dieses gewährte leistungen in höhe der gesetzlichen regelbedarfe zuzüglich eines mehrbedarfs für alleinerziehende. als einkommen berücksichtigte das jobcenter das kindergeld in gesetzlicher höhe jeweils bei den minderjährigen kindern. die klägerin übernahm als kommunaler träger in der zeit vom 18.03.2011 bis 05.07.2011 die aufwendungen für den frauenhausaufenthalt aller 3 personen in höhe einer tagespauschale von 35,09 eur. insgesamt hielten sich frau f1 und ihre kinder 110 tage im frauenhaus auf, so dass kosten in höhe von 3858,90 eur entstanden. 4die tagespauschale setzte sich nach der von den frauenhäusern in köln dargelegten berechnung im jahre 2011 wie folgt zusammen: miete und nebenkosten 29.672,72 eur, hausmeisterei 16.219,92 eur, betriebskosten/instandhaltung 7698,24 eur, versicherungen 1.630,12 eur, kfz.-kosten 2725,00 eur, abschreibungen 3.861,92 eur, miete für einen münzfernsprecher 399,72 eur, betreuungskosten (bewirtung etc.) 2308,75 eur, inventar/ersatzbeschaffung 5.673,35 eur und personalkosten in höhe von 57.885,05 eur, so dass jährliche gesamtkosten in höhe von 128.074,79 eur entstanden. die kosten beliefen sich für jeden einzelnen frauenplatz (10 plätze seit 2006) auf 12.807,48 eur, so dass sich ein tagessatz (365 tage) von 35,09 eur € ergab. 5die kostentragung gegenüber dem frauenhaus ist in einen ratsbeschluss der stadt köln vom 29.06.1993 geregelt, in welchem der rat die anpassung der institutionellen förderung für personal und sachkosten zum betrieb von 102 frauenhäusern sowie die entsprechende ausweitung des angebotes in der nachgehenden beratung ehemaliger frauenhausbewohnerinnen beschlossen hat. regelungen zu von den frauenhäusern vorzuhaltenden konkreten leistungen nach inhalt, umfang und qualität sowie zur prüfung der wirtschaftlichkeit und qualität der leistungen enthält der ratsbeschluss nicht. die stadt köln und die jeweiligen frauenhäuser bzw. deren träger hatten bis zum jahre 2013 und damit auch für den streitbefangenen zeitraum keine vereinbarungen i.s.v. § 17 sgb abgeschlossen. beiden beteiligten sind nach den jeweiligen beschlüssen ihrer trägerversammlungen die aufgaben nach § 36a sgb ii zurückübertragen worden. 6die klägerin teilte der beklagten erstmalig mit schreiben vom 15.04.2011 die geltendmachung eines kostenerstattungsanspruch gem. § 36a sgb ii mit und bezifferte den geltend gemachten betrag mit weiterem schreiben vom 15.11.2011auf insgesamt 3858,90 eur. in der folge stritten die beteiligten über die kostentragungspflicht der beklagten, welche gegen den kostenerstattungsanspruch geltend machte, dass sie nur die kosten für die unterkunft zu tragen habe, der tagessatz aber auch positionen aufweise, welche nicht erstattungsfähig seien wie z.b. personalkosten. wiederholt forderte die beklagte von der klägerin die genaue zusammensetzung der geltend gemachten kosten auf und lehnte abschließend die kostenerstattung mit schrieben vom 24.05.2013 ab. zwar bestehe eine verpflichtung zur übernahme der kosten für unterkunft und heizung. die hierauf entfallenden kosten ließen sich auf grundlage der vorgelegten tagessätze jedoch nicht hinreichend konkret ermitteln. 7die klägerin hat am 13.06.2013 klage erhoben. 8zur begründung der klage trägt sie vor, dass zwischen ihr und dem träger des frauenhauses zwar keine vereinbarung im sinne von § 17 abs. 2 sgb ii bestanden habe; eine solche jedoch auch nicht notwendig gewesen sei, da es sich nur um verhältnismäßig geringe tagessätze handele und ihre leistungspflicht auf einem ratsbeschluss der stadt köln gründe. der erstattungspflicht nach § 36 a sgb ii würden auch diejenigen leistungen unterfallen, die in erfüllung der sich aus § 16 a sgb ii ergebenden pflicht des kommunalen trägers erbracht würden. dies seien leistungen, die für die eingliederung der hilfebedürftigen in das erwerbsleben erforderlich seien und damit auch psychosoziale betreuung im sinne des § 16a nr. 3 sgb ii, wenn durch diese erst die voraussetzungen für eine eingliederung geschaffen würden. eine umfassende kostenerstattungspflicht entspräche auch dem sinn und zweck des § 36 a sgb ii, der eine einseitige belastung derjenigen kommunen, die frauenhäuser betreiben würden, vermeiden und letztlich verhindern solle, dass frauen aus anderen regionen wegen der ungeklärten finanzierung abgewiesen würden. die beklagte sei darüber hinaus auch verpflichtet, alle im tagessatz enthaltenen anteile zu erstatten, da alle kosten für den betrieb des frauenhauses tatsächlich anfielen und notwendig seien. 9die klägerin beantragt, 10die beklagte zu verurteilen, ihr kosten nach § 36 a sgb ii für den aufenthalt von frau f1 sowie deren kinder s2 und e im frauenhaus köln vom 18.03.2011 bis zum 05.07.2011 in höhe von insgesamt 3858,90 € zu erstatten. 11die beklagte beantragt, 12 die klage abzuweisen. 13sie ist der auffassung, eine erstattungspflicht bestünde bereits deshalb nicht, weil die klägerin sich nicht auf eine vereinbarung im sinne des § 17 sgb ii berufen könne. diese sei jedoch zwingend erforderlich, um einen kostenerstattungsanspruch nach § 36 a sgb ii herzuleiten. darüber hinaus seien die anfallenden kosten nicht in einer weise offengelegt und differenziert nachgewiesen worden, welche eine prüfung der tatsächlich für die einzelnen positionen anfallenden aufwendungen ermögliche. die klägerin habe zunächst vorgetragen, dass gerade keine kosten für psychosoziale betreuung angefallen seien, so dass alleine die kosten für die unterkunft erstattungsfähig seien. auch die kosten hierfür ließen sich nach der aufstellung der klägerin bzw. der vom frauenhaus erstellten kostenberechnung nicht nachvollziehen. 14die kammer hat beweis erhoben durch vernehmung der zeugin frau f2. für das ergebnis der beweisaufnahme wird auf die anlage zur sitzungsniederschrift vom 26.02.2016 verwiesen. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die beigezogenen verwaltungsakten der klägerin und der beklagten und die gerichtsakte sowie darin befindlichen gewechselten schriftsätze bezug genommen, die gegenstand der mündlichen verhandlung geworden sind. . 15 | 16die zulässige klage ist teilweise begründet. die klage ist als echte leistungsklage nach § 54 abs. 5 sgg statthaft. bei einem erstattungsstreit zwischen sozialleistungsträgern handelt es sich um einen parteienstreit im gleichordnungsverhältnis, in dem eine regelung durch verwaltungsakt nicht in betracht kommt. ein vorverfahren ist somit nicht durchzuführen. die einhaltung einer klagefrist ist nicht erforderlich (bundessozialgericht, urt. v. 23.05.2012 - b 14 as 190/11 r). 17i. die klägerin hat gegenüber der beklagten einen anspruch auf erstattung der im zusammenhang mit der unterbringung von frau f1 und ihren beiden kindern entstandenen kosten in höhe von 2045,73 eur gem. § 36 a sgb ii. 181. die klägerin ist aktiv, die beklagte passiv prozessführungsbefugt. prozessführungsbefugnis ist die berechtigung, einen prozess als richtige partei im eigenen namen zu führen (bundesozialgericht, urt. v. 30.9.2010 – b 10 eg 19/09 r), also als richtiger kläger zu klagen (aktive prozessführungsbefugnis) oder als richtiger beklagter verklagt zu werden (passive prozessführungsbefugnis). in der regel fällt sie mit der aktiv- bzw. passivlegitimation in der sache zusammen, es sei denn, rechte eines dritten können in zulässiger prozessstandschaft verfolgt werden (vgl. hierzu im einzelnen keller, in meyer-ladewig/keller/leitherer, sgg, 11. auflage 2014, § 54 rn. 11 und leitherer, a.a.o., § 69 rn. 4). zwar wurden sowohl in der stadt köln als auch in der stadt mainz den jeweiligen gemeinsamen einrichtungen (jobcentern) gem. § 44b sgb ii die übernahme der aufgaben nach dem sgb ii übertragen. jedoch wurde beiden beteiligten die zuständigkeit für die abrechnung der betreuungsleistungen in frauenhäusern durch die beschlüsse ihrer trägerversammlungen wirksam zurückübertragen (vgl. zur möglichkeit einer wirksamen rückübertragung landessozialgericht baden württemberg, urt. v. 08.05.2015 – l 12 as 1955/14 -, juris rn. 57 ff). 192. die klägerin hat nach § 36 a sgb ii einen anspruch auf kostenerstattung gegenüber dem beklagen in der genannten höhe. nach § 36 a sgb ii ist der kommunale träger am bisherigen gewöhnlichen aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die aufnahme im frauenhaus zuständigen kommunalen träger am ort des frauenhauses die kosten für die zeit des aufenthaltes im frauenhaus zu erstatten, wenn eine person in einem frauenhaus zuflucht sucht. die kostenerstattungspflicht umfasst grundsätzlich auch leistungen der psychosozialen betreuung nach § 16a nr. 3 sgb ii (vgl. bundessozialgericht, urteil vom 23.05.2012 a.a.o.). die klägerin ist durch die aufnahme von frau f1 und ihre beiden kinder in einem frauenhaus aus ihrem bezirk zuständiger träger geworden (§ 36 satz 2 sgb ii); die beklagte ist kommunaler träger am bisherigen wohnort von frau erdem. 20der kostenerstattungsanspruch ist vorliegend auf die für die die aufnahme der frau f1 und ihrer kinder entstandenen unterkunftskosten beschränkt. diese umfassen alle mit dem betrieb des frauenhauses als wohneinrichtung anfallenden kosten (vgl. aubel, in jurispk, stand 13.07.2015, § 36a sgb ii, rn. 15). hierzu zählen neben den kosten für miete und nebenkosten auch die hausmeisterei, betriebskosten/instandhaltung, versicherungen, kfz kosten, abschreibungen, miete für einen münzfernsprecher sowie kosten für das inventar und ersatzbeschaffung. die genannten kosten fallen durch den betrieb des hier betroffenen frauenhauses regelmäßig und durchgehend an, ohne dass hiermit schon kosten für eine psychosoziale betreuung abgedeckt wären. dass beim betreib eines frauenhauses im vergleich zur anmietung einer privatwohnung zusätzliche kosten anfallen, da beispielsweise inventar angeschafft, erhalten und ersetzt werden muss, es der inanspruchnahme von hausmeistertätigkeiten und des abschlusses weiterer versicherungen bedarf, ergibt sich aus der natur der sache, schließt die zuordnung dieser kosten zu den kosten für unterkunft und heizung jedoch nicht aus. weshalb die beklagte gleichwohl nicht zumindest diesen teil des geltend gemachten ersatzanspruchs anerkannt hat, obschon sie eine grundsätzliche bereitschaft zur übernahme der unterkunftskosten erklärt hat, erschließt sich der kammer nicht. auch einer weiteren differenzierung der einzelnen kostenpositionen bedurfte es hierfür nicht, da sich den einzelnen kostenpositionen hinreichend konkret entnehmen lässt, für welchen zweck sie angefallen sind. es ist nicht ersichtlich, inwiefern eine weitere aufschlüsselung der positionen eine andere zuordnung zu weiteren bedarfen ermöglichen könnte. legt man dem kostenerstattungsanspruch alleine die genannten kostenpositionen zugrunde, so ergeben sich gesamtkosten von 67.880,99 eur, welche auf 10 frauen und auf 365 tage aufzuteilen sind, so dass eine tagespauschale von 18,60 eur zugrunde zu legen ist. 213. eine weitergehender kostenerstattungsanspruch besteht nicht. 22a) einen anspruch auf ersatz der als „betreuungskosten (bewirtung etc.)“ ausgewiesenen kosten kann die klägerin nach § 36a sgb ii hingegen nicht erfolgreich geltend machen. nach auskunft der mitarbeiter des frauenhauses handelt es sich hierbei lediglich um verpflegungskosten etwa für die bereitstellung von mahlzeiten bei aufnahme der frauen und damit nicht um kosten i.s.v. § 22 abs. 1 sgb ii. diese sind vom ersatzanspruch des § 36a sgb ii nicht erfasst (vgl. hierzu aubel, a.a.o., m.w.n.) 23b) auch auf erstattung der in der kostenrechnung aufgeführten kosten für personal hat die klägerin keinen anspruch nach § 36a sgb ii. 24zwar handelt es sich bei den aufgeführten personalkosten jedenfalls ganz überwiegend um grundsätzlich nach § 36a sgb ii erstattungsfähige kosten für psychosoziale betreuung, welche die psychische, soziale und rechtliche stabilisierung der frau erdem und ihrer kinder zum ziel hatte und damit unabdingbare voraussetzung für ihre eingliederung in das erwerbsleben gewesen war (vgl. hierzu bundessozialgericht, urt. v. 23.05.2012 – b 14 as 190/11 r, juris rn.27 ff; landessozialgericht baden-württemberg, urt. v. 21.10.2011 – l 12 as 3196/10 -, juris rn. 22 ff; aubel, in jurispk, stand 13.07.2015, § 36a sgb ii, rn. 16). dies steht zur überzeugung der kammer nach dem ergebnis der beweisaufnahme fest. so hat die zeugin überzeugend und schlüssig bekundet, dass im frauenhaus durch fachpersonal feste und auch flexible beratungsangebote, freizeitangebote sowie gruppengespräche mit den betroffenen frauen angeboten und durchgeführt werden, in welchen die stärken der frauen festgestellt und wege der stabilisierung und festigung aufgezeigt und unterstützend begleitet werden. auch für die kinder gibt es entsprechend eigene angebote, welche durch extra hierfür bereitgestelltes personal durchgeführt werden. die zeugin hat zudem ausgesagt, dass frau f1 und ihre kinder die betreuungsangebote auch wahrgenommen haben, nachdem alle aufgrund massiver gewalterfahrung durch den mann und vater das frauenhaus aufgesucht hatten. 25allerdings steht einer übernahme dieser betreuungskosten entgegen, dass die klägerin im hier maßgeblichen zeitraum mit dem träger des frauenhauses keine vereinbarung i.s.v. § 17 abs. 2 sgb ii abgeschlossen hatte, was voraussetzung für die geltendmachung dieser leistungen ist. § 17 sgb ii, der nähere bestimmungen zur erbringung von leistungen zur eingliederung in arbeit durch dritte betrifft, ist auch auf fälle der leistungen zur psychosozialen betreuung gemäß § 16a nr. 3 sgb ii anwendbar (landessozialgericht baden-württemberg - a.a.o., rn. 69 ff; sozialgericht osnabrück v. 28.01.2015 - s 33 as 320/13 -, juris rn. 30 ff; aubel, a.a.o., rn. 9). an den mindestinhalt einer solchen vereinbarung dürfen jedoch keine überzogenen anforderungen gestellt werden (landessozialgericht baden-württemberg, urt. v. 08.05.2015 a.a.o.). nach § 17 abs. 2 satz 1 sgb ii ist der träger der leistungen (hier die klägerin) zur vergütung für die leistungen, die von einem dritten (hier die träger der frauenhäuser) erbracht wurden, nur verpflichtet, wenn mit dem dritten oder seinem verband eine vereinbarung besteht, die eine regelung zu inhalt, umfang und qualität der leistungen (nr. 1), der vergütung, die sich aus pauschalen und beträgen für einzelne leistungsbereiche zusammensetzen kann (nr. 2) und der prüfung der wirtschaftlichkeit und qualität der leistungen (nr. 3) enthält. dabei hängt die frage, welche standards im einzelfall regelungsbedürftig sind, von der jeweiligen leistung ab. an die einzelnen regelungen der vereinbarungen dürfen keine zu hohen anforderungen gestellt werden. anderenfalls würde dies dem sinn und zweck sowie dem sachzusammenhang von § 17 sgb ii insgesamt entgegenstehen, in dessen abs. 1 festgelegt wird, dass, wenn möglich, keine neuen einrichtungen geschaffen werden sollen, soweit geeignete träger zur verfügung stehen und diese entsprechend zu unterstützen sind (vgl. hierzu landessozialgericht baden-württemberg, urteil vom 08.05.2015 a.a.o.). sinnvoll ist insgesamt eine konzentration auf wesentliche merkmale, um hinreichende flexibilität in der individuellen leistungserbringung zu haben (münder, in lpk sgb ii, 4. auflage 2011, § 17 rn. 42). 26der ratsbeschluss der stadt köln vom 29.06.1993, in welchem die verpflichtung zur kostentragung gegenüber den frauenhäusern im stadtgebiet sowie der umfang der kostenerstattungspflicht festgesetzt wird, genügt den anforderungen des § 17 sgb ii nicht, selbst wenn man an die inhaltlichen vorgaben nur geringe anforderungen stellen möchte. abgesehen davon, dass es sich hierbei um keine vereinbarung i.s.d. § 17 sgb ii handelt, sind in dem beschluss weder genauer inhalt, umfang und qualität der leistungen, noch die konkrete vergütung aus pauschalen und beträgen für einzelne leistungsbereiche und vorgaben zur prüfung der wirtschaftlichkeit und qualität der leistung geregelt. insofern entspricht er auch inhaltlich nicht annähernd den voraussetzungen, wie sie § 17 abs. 2 sgb ii normiert. von diesen gesetzlichen voraussetzungen kann vorliegend auch nicht etwa deshalb abgewichen werden, weil betreuungskosten in nur geringfügiger und damit zu vernachlässigender höhe angefallen sind. denn die betreuungskosten stellen sich im wesentlichen in den abgerechneten personalkosten dar, welche über 40% der gesamtkosten ausmachen. 27ii. die kostenentscheidung beruht auf § 197 a abs. 1 satz 1 sgg in verbindung mit § 155 abs. 1 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung. 28iii. die berufung war zuzulassen. der streitwert nach § 144 abs. 1 nr. 2 sgg wird nicht erreicht; die rechtssache hat jedoch grundsätzliche bedeutung (§ 144 abs. 2 nr. 1 sgg). die frage, ob anstelle eines vertrages nach § 17 sgb ii auch eine einseitige kostenübernahme etwa durch einen ratsbeschluss ausreicht und welche inhaltlichen voraussetzungen an diesen zu stellen sind, ist höchstrichterlich nicht geklärt und für eine vielzahl weiterer fälle entscheidungsrelevant. 29iv. die entscheidung über den streitwert folgt aus § 197 a abs. 1 satz 1 sgg in verbindung mit § 52 abs. 1 des gerichtsverfassungsgesetzes. 30rechtsmittelbelehrung: 31dieses urteil kann mit der berufung angefochten werden. 32die berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des urteils beim 33landessozialgericht 34nordrhein-westfalen, 35zweigertstraße 54, 3645130 essen, 37schriftlich oder mündlich zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. 38die berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die berufung innerhalb der frist bei dem 39sozialgericht köln, 40an den dominikanern 2, 4150668 köln, 42schriftlich oder mündlich zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle eingelegt wird. 43die berufungsschrift muss bis zum ablauf der frist bei einem der vorgenannten gerichte eingegangen sein. sie soll das angefochtene urteil bezeichnen, einen bestimmten antrag enthalten und die zur begründung dienenden tatsachen und beweismittel angeben. 44die einreichung in elektronischer form erfolgt durch die übertragung des elektronischen dokuments in die elektronische poststelle. diese ist über die internetseite www.sg-koeln.nrw.de erreichbar. die elektronische form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte datei, die den maßgaben der verordnung über den elektronischen rechtsverkehr bei den sozialgerichten im lande nordrhein-westfalen (ervvo sg) vom 07.11.2012 (gv.nrw, 551) entspricht. hierzu sind die elektronischen dokumente mit einer qualifizierten signatur nach § 2 nummer 3 des signaturgesetzes vom 16.05.2001 (bgbl. i, 876) in der jeweils geltenden fassung zu versehen. die qualifizierte elektronische signatur und das ihr zugrunde liegende zertifikat müssen durch das gericht überprüfbar sein. auf der internetseite www.justiz.nrw.de sind die bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben. 45zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem beteiligten auf seinen antrag für das verfahren vor dem landessozialgericht unter bestimmten voraussetzungen prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. 46gegen das urteil steht den beteiligten die revision zum bundessozialgericht unter übergehung der berufungsinstanz zu, wenn der gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem sozialgericht auf antrag durch beschluss zugelassen wird. der antrag auf zulassung der revision ist innerhalb eines monats nach zustellung des urteils bei dem sozialgericht köln schriftlich zu stellen. die zustimmung des gegners ist dem antrag beizufügen. 47lehnt das sozialgericht den antrag auf zulassung der revision durch beschluss ab, so beginnt mit der zustellung dieser entscheidung der lauf der berufungsfrist von neuem, sofern der antrag auf zulassung der revision in der gesetzlichen form und frist gestellt und die zustimmungserklärung des gegners beigefügt war. 48die einlegung der revision und die zustimmung des gegners gelten als verzicht auf die berufung, wenn das sozialgericht die revision zugelassen hat. 49der vorsitzende der 37. kammer 50dr. schmitz 51richter am sozialgericht | Klaeger*in | 1 |
121,042 | L 4 R 238/15 | 2016-09-30T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.02.2015 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen Kosten des Klägers sowie der Beigeladenen zu 1) und 2) im Berufungsverfahren. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger für seine Tätigkeit bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft L, C (Beigeladene zu 3) ein Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusteht. 3Der am 00.00.1971 geborene Kläger schloss im Jahr 1998 sein Medizinstudium mit Erfolg ab. In der Folge war er für das Krebsforschungszentrum der Universitätsklinik I tätig. Mit Bescheid vom 19.06.1998 befreite die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, den Kläger auf seinen Antrag ab 15.05.1998 von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Seine Approbation als Arzt erhielt der Kläger am 16.11.1999. Im Anschluss an die Tätigkeit für das Krebsforschungszentrum arbeitete er als Assistenzarzt in H/N in der Medizinischen Klinik II für Gastroenterologie. Im Jahr 2005 erwarb er den Titel eines Facharztes für Innere Medizin. Von 2005 bis 2010 war er für die Unternehmensberatung L im Bereich der Beratung von Krankenhäusern (ca. 75 %) und Krankenkassen (ca. 25%) sowie in geringem Ausmaß bei Gesundheitssystemprojekten tätig. Die Beklagte bestätigte die Weitergeltung der Befreiung von der Versicherungspflicht mit Bescheid vom 27.05.2005. Im Jahr 2011 wurde der Kläger habilitiert. Nach seiner Tätigkeit bei L übte er die Funktion eines Geschäftsführers und ärztlichen Direktors eines Krankenhauses aus, dies mit dem Aufgabenbereich der Reorganisation und ärztlichen Leitung. 4Am 17.10.2011 schloss der Kläger mit der Beigeladenen zu 3) einen Partnerschaftsvertrag und nahm seine Tätigkeit dort zum 14.11.2011 auf. Seit deren Beginn wird er als Mitglied der C Ärztekammer (Beigeladene zu 2) und der C Ärzteversorgung (Beigeladene zu 1) geführt. 5Die Beigeladene zu 3) stellte am 09.03.2012 bei der Beklagten einen Antrag auf Prüfung und Bestätigung der (weiterhin geltenden) Befreiung von der Rentenversicherungspflicht. Unter Beifügung einer Stellen- und Funktionsbeschreibung wies sie darauf hin, dass der Kläger Unternehmensberater im Gesundheitswesen und hier spezifisch für den medizinischen Bereich in Krankenhäusern zuständig sei. Die Optimierung der - im Einzelnen näher beschriebenen - dortigen medizinischen Prozesse erfordere insbesondere unter Gesichtspunkten der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements in überwiegendem Maß die während des Studiums erworbenen ärztlichen Kenntnisse und Fähigkeiten. 6Die Beklagte lehnte den Antrag auf Weitergeltung der mit Bescheid vom 19.06.1998 und Wirkung ab 15.05.1998 ausgesprochenen Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI für die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3) mit Bescheid vom 06.06.2012 ab. Es handele sich nicht um eine berufsständische ärztliche Tätigkeit, sondern vielmehr überwiegend um Tätigkeiten mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund. Auch wenn ein Teil der medizinischen Kenntnisse und Fähigkeiten nützlich seien und auch gefordert würden, reiche dies nicht, um eine ärztliche Tätigkeit anzunehmen. Die Tätigkeit als Unternehmensberater unterliege keinem Berufsschutz; hier würden in der Regel Hochschulabsolventen aus nahezu allen Fachrichtungen beschäftigt. Zudem sei nicht ersichtlich, dass die Tätigkeit nach objektiven Maßstäben eine Approbation als Arzt voraussetze. 7Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch des Klägers vom 06.07.2012, mit dem er die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ab 14.11.2011 begehrte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2012 zurück. 8Der Kläger hat gegen den ihm am 12.12.2012 zugestellten Widerspruchsbescheid am 12.01.2013 fristgerecht Klage beim Sozialgericht Köln (SG) erhoben. Das Bundessozialgericht habe am 31.10.2012 (B 12 R 5/10 R) entschieden, dass die Frage der berufsspezifischen Tätigkeit nach versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu beurteilen sei. Diesen entsprechend hätten die Beigeladenen ihn aufgrund seiner spezifischen und hochspezialisierten Position als Leiter des Bereichs Krankenhausberatung eindeutig als Arzt und damit als dortiges Pflichtmitglied angesehen. Ärztliche Tätigkeit sei nicht nur der direkte Dienst am Menschen, sondern auch eine Tätigkeit in Wissenschaft, Industrie und Verwaltung, solange die Inhalte der ärztlichen Ausbildung für die spezifische Tätigkeit vorausgesetzt würden und die ärztliche Vorbildung Einstellungsvoraussetzung gewesen sei. Dies treffe auf seine - im Einzelnen beschriebene - Tätigkeit vollumfänglich zu. Bereits für die Tätigkeit als Unternehmensberater im Gesundheitsbereich der L & Company sei er von der Beklagten mit Schreiben vom 27. Mai 2005 und vorher bereits am 15. Mai 1998 von der Versicherungspflicht befreit worden. Seine jetzige Tätigkeit stelle im direkten Vergleich noch stärker und zeitlich umfänglicher auf konkrete medizinische Inhalte ab. 9Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt, 10den Bescheid der Beklagten vom 06.06.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2012 aufzuheben sowie ihn für seine Tätigkeit bei der L Wirtschaftsprüfergesellschaft gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI vom 14.11.2011 an von der Versicherungspflicht in der deutschen Rentenversicherung zu befreien. 11Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Das Bundessozialgericht habe in seinen Urteilen aus 2012 betont, dass mit der Entscheidung über eine Befreiung keine umfassende Befreiung von der Versicherungspflicht auch für andere - ähnliche - Beschäftigungen ausgesprochen werde. Maßgeblich sei allein, ob für den Kläger gerade wegen seiner Beschäftigung als Unternehmensberater für die Beigeladene zu 3) eine Pflichtmitgliedschaft bei den Beigeladenen zu 1) und 2) bestehe. Dies müsse verneint werden. Die Aufgabe von Ärztinnen und Ärzten liege - wie sich aus § 1 Abs. 2 der Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ä 1997) ergebe - darin, das Leben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen, Leiden zu lindern, Sterbenden Beistand zu leisten und an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gesundheit der Menschen mitzuwirken. Hinsichtlich ihrer ärztlichen Entscheidungen dürften sie keine Weisungen von Nichtärzten entgegennehmen (§ 2 Abs. 4 MBO-Ä 1997). Die beratende Tätigkeit des Klägers falle nicht hierunter, da sie ausweislich des Anstellungsvertrags in erster Linie auf die Schaffung wirtschaftlicher Strukturen im medizinischen Bereich von Krankenhäusern ziele. 14Die vom SG mit Beschlüssen vom 14.08.2013 und 11.04.2014 Beigeladenen zu 1) und 2) haben die Auffassung des Klägers geteilt, dass dieser von der Rentenversicherungspflicht zu befreien sei. Sie haben ergänzend ausgeführt, dass die enge Auslegung des Begriffes "ärztliche Tätigkeit" durch die Beklagte an der Wirklichkeit des Berufsbildes vorbeigehe. In aller Konsequenz würde diese Auffassung dazu führen, dass z.B. auch ein Laborarzt oder ein Pathologe keine ärztliche Tätigkeit ausübten. Relevant für die Beurteilung sei, ob der Einsatz ärztlichen Fachwissens nach dem Stellenprofil und der konkreten Aufgabenbeschreibung die Tätigkeit präge. Anders als bei "normalen" Unternehmensberatern, die für gewöhnlich schwerpunktmäßig für rechtliche oder betriebswirtschaftliche Beratungsthemen verpflichtet würden, berate der Kläger ausschließlich Krankenhäuser und setze dabei sein ärztliches Basiswissen täglich ein. 15Hinzu komme, dass in der Weiterbildungsordnung für Ärzte für den Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen zahlreiche Inhalte gefordert würden, die der Kläger in seiner jetzigen Tätigkeit erbringe. Wenn diese inhaltlich jedoch dazu qualifizierten, den Titel eines Facharztes zu erwerben, so könne es nicht sein, dass es sich hierbei um nichtärztliche Tätigkeiten handele, nur weil keine Heilkunde am Menschen ausgeübt werde. Die satzungsrechtliche Ausgestaltung des kammergesetzlichen Begriffs der ärztlichen Berufsausübung bzw. Tätigkeit in C, wonach ärztliche Tätigkeit jede Tätigkeit sei, bei der ärztliche Fachkenntnisse angewendet oder mitverwendet würden, sei durch die Staatsaufsicht der Ärztekammer Berlin genehmigt und im Rahmen mitgliedschafts- und beitragsrechtlicher Streitigkeiten verwaltungsgerichtlich vielfach überprüft und über viele Jahre hinweg bestätigt worden. Ärztliche Berufsausübung im Sinne des - maßgeblichen - Berliner Kammergesetzes sei nicht identisch mit ärztlicher Berufsausübung im Sinne der Bundesärzteordnung. 16Der Kläger, der zum 31.01.2014 aus dem Beschäftigungsverhältnis bei der L ausgeschieden ist, hat auf Befragung des SG in einer nichtöffentlichen Sitzung am 11.11.2014 die Ausgestaltung seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3) ausführlich und konkret geschildert. Wegen der Einzelheiten der Ausführungen wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. 17Das SG hat der Klage mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 27.02.2015 insoweit stattgegeben, als es die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt hat, den Kläger für seine Tätigkeit bei der L Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für die Zeit vom 09.03.2012 bis 31.01.2014 von der Rentenversicherungspflicht zu befreien. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. 18Der Kläger habe ab dem Zugang seines Antrags - gem. § 6 Abs. 4 SGB VI jedoch nicht für die Zeit davor - bis zum Ende der Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3) einen Anspruch auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht, da in diesem Zeitraum die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI erfüllt seien. 19Die Befreiung wirke nicht personenbezogen, sondern nur in Bezug auf die konkrete Tätigkeit, für die sie erteilt worden sei. Eine früher erteilte Befreiung (hier 1998 bzw. 2005) entfalte damit beim Wechsel der Beschäftigung hinsichtlich des neuen Beschäftigungsverhältnisses auch dann keine Wirkungen, wenn dieselbe oder eine vergleichbare berufliche Tätigkeit verrichtet werde. 20Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) habe die Prüfung einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und der Versorgungseinrichtung anhand der einschlägigen (landesrechtlichen) versorgungs- und kammerrechtlichen Normen, hier § 2 Abs. 1 S. 1 des Berliner Kammergesetzes und § 6 Abs. 2 der Satzung der Berliner Ärzteversorgung, zu erfolgen. Deren Voraussetzungen erfülle der Kläger; insbesondere habe er eine ärztliche Tätigkeit ausgeübt. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten seien die bundesrechtlichen Regelungen der Bundesärzteordnung (BÄO) und der Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO), die die Berufszulassung und nicht Regelungsbereiche berufsständischer Art beträfen, nicht maßgeblich. Unter Berücksichtigung von § 22 Abs. 1 S. 2 der Satzung der Beigeladenen zu 1) sowie auch von § 1 der Berufsordnung der Ärztekammer Berlin gehöre zur ärztlichen Tätigkeit im Sinne des Kammer- und Versorgungsrechts des Landes Berlin nicht nur die Behandlung von Patienten. Grundsätzlich könnten auch Tätigkeiten in der medizinischen Lehre und Forschung, in Wirtschaft, Industrie und Verwaltung sowie als ärztlicher Gutachter oder in anderen Bereichen einzubeziehen sein. Soweit Inhalte der ärztlichen Ausbildung überwiegend verwendet würden, sei in jedem Fall von einer ärztlichen Tätigkeit auszugehen. 21Gemessen an diesen Grundsätzen stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger während der Zeit seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 3) eine ärztliche Tätigkeit im Sinne des Kammer- und Versorgungsrechts des Landes Berlins ausgeübt habe und entsprechend Pflichtmitglied bei den Beigeladenen zu 1) und 2) gewesen sei. Aus seinen Schilderungen im Erörterungstermin vom 11.11.2014 betreffend seines beruflichen Werdegangs gehe für die Kammer die (fach-)ärztliche Tätigkeit des Klägers in einem Krankenhaus bzw. als Leiter eines solchen neben Tätigkeiten in der Forschung, Lehre und Beratung von Krankenhäusern und Krankenkassen deutlich hervor. Nach Überzeugung der Kammer habe er das hierbei und bereits während seiner Berufsausbildung erworbene ärztliche Fachwissen im Rahmen seiner Tätigkeit für die L schwerpunktmäßig eingesetzt bzw. verwandt. Zwar seien Gegenstand der Abteilung "Consulting Healthcare", in welcher der Kläger eine Leitungsposition einnehme, auch Personalfragen und Abrechnungsfragen, also eher dem betriebswirtschaftlichen Bereich zuzuordnende Themenbereiche. Der Kläger sei nach seinen glaubhaften Schilderungen jedoch schwerpunktmäßig mit der Analyse und Optimierung medizinischer Prozesse in Krankenhäusern betraut gewesen. Für die Annahme einer ärztlichen Tätigkeit spreche, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit als Berater von Krankenhäusern direkten Kontakt zu Ärzten und dem medizinischen Fachpersonal gehabt und mit diesem medizinische Detaildiskussionen geführt habe, die von ihm ohne Anwendung seines ärztliches Fachwissen nicht hätten geführt werden können. Der Kläger habe anschaulich und nachvollziehbar geschildert, dass die Einführung von medizinischen Behandlungspfaden in den von ihm beratenen Krankenhäusern, ohne die Anwendung seines ärztlichen Fachwissens nicht möglich gewesen wäre. Bereits die von ihm in diesem Zusammenhang angesprochene Fragestellung, wann bestimmte Vorgänge und Abläufe in dem jeweiligen Krankenhaus vollzogen werden sollten, könne ohne medizinische Fachkenntnisse und die Kenntnis medizinischer Organisationsstrukturen in Krankenhäusern nicht beantwortet werden. Gleiches gelte für die Lektüre medizinischer Leitlinien und der vom Kläger vorgenommenen Aufbereitung der Leitlinien, um diese für den klinischen Alltag handhabbar zu machen. Wenn der Kläger mit Ärzten und Pflegepersonal darüber diskutiere, welche Medikamente zu welchem Zeitpunkt gegeben werden sollten, setze er ebenso sein medizinisches Fachwissen ein. Dies gelte gleichermaßen für Diskussionen hinsichtlich des richtigen Zeitpunkts für bestimmte radiologische oder labortechnische Untersuchungen. Auch der vom Kläger angesprochene Bereich der Optimierung medizinischer Schnittstellen zwischen verschiedenen Fachbereichen innerhalb eines Krankenhauses beinhalte die schwerpunktmäßige Anwendung medizinischen Fachwissens. Wie er die in diesem Zusammenhang von ihm angesprochenen Diskussionen über Organisationsabläufe in der Endoskopie oder bei Konsildiensten ohne Anwendung seines medizinischen Fachwissens hätte führen sollen, sei nicht ersichtlich. Gleiches gelte für Fragestellungen im Hinblick auf den Eintritt und die Verlegung eines Patienten. Auch im Rahmen seiner Beratungstätigkeit bei der Fusionierung von Krankenhäusern habe der Kläger medizinisches Fachwissen eingesetzt. Dies betreffe insbesondere den Aufgabenbereich, eine medizinische Strategie für das neue Krankenhaus aufzustellen. Insoweit hätten zukünftige medizinische Entwicklungen und die Entwicklung der Patientenpopulation einbezogen werden müssen. Gleichermaßen habe dies das Zusammenlegen von Abteilungen in dem fusionierten Krankenhaus betroffen. 22Für die Einstufung als ärztliche Tätigkeit streite auch, dass sich die Angaben des Klägers mit den Schilderungen seines Arbeitgebers in zentralen Punkten deckten. Der Arbeitgeber führe in Übereinstimmung mit dem Kläger aus, dass medizinische Fachkenntnisse Voraussetzung für die Einstellung des Klägers gewesen seien bzw. dass die Tätigkeit des Klägers ohne diese so nicht hätte ausgeübt werden können. Die Tätigkeit habe zudem zumindest mittelbar dem Gesundheitsschutz und der Lebenserhaltung im Sinne des § 1 der Berufsordnung der Ärztekammer Berlin gedient. Tätigkeiten, die die Prozessoptimierung und damit Verbesserung von medizinischen Behandlungsabläufen in Krankenhäusern beträfen, bezweckten letztendlich auch, die medizinische Behandlungsqualität zu verbessern und kämen damit den Patienten zugute. 23Dass im Rahmen der vom Kläger ausgeübten Beratungstätigkeiten Wirtschaftlichkeitserwägungen angestellt und in Teilen sicherlich auch betriebswirtschaftliches Basiswissen angewandt würden, stehe der Einstufung als ärztliche Tätigkeit nicht entgegen. Nach der Überzeugung der Kammer habe die Anwendung medizinischen Fachwissens im Vordergrund der Tätigkeit gestanden. Dies werde auch dadurch gestützt, dass der Kläger selbst über keine betriebswirtschaftliche Ausbildung im klassischen Sinne verfüge, sondern sich grundlegende betriebswirtschaftliche Kenntnisse lediglich im Rahmen des bei der Beigeladenen zu 3) absolvierten einmonatigen "Mini-MBA" und in Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern aneignet habe. 24Den von der Beklagten angeführten Bestimmungen des Anstellungsvertrags komme vorliegend keine maßgebliche Bedeutung zu. Bei dem Anstellungsvertrag handele es sich um einen standardisierten und offen formulierten Vertrag, der im Hinblick auf die konkrete Ausübung der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 3) keine Regelungen treffe. Entscheidend komme es auf die oben bereits dargelegten tatsächlichen Verhältnisse an, die für eine schwerpunktmäßige Anwendung medizinischen Fachwissens bei der Ausübung der Tätigkeit des Klägers für die L streiten würden. 25Gegen das ihr am 05.03.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30.03.2015 Berufung eingelegt. Die Argumentation des SG bedeute, dass jeder, der Pflichtmitglied seiner berufsständischen Kammer und der entsprechenden berufsständischen Versorgungseinrichtung sei, automatisch auch eine befreiungsfähige Tätigkeit iSv § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI ausübe. Damit ignoriere das SG die jüngere Rechtsprechung des BSG zum Befreiungsrecht. Der Begriff der ärztlichen Berufsausübung sei im Kammerrecht naturgemäß sehr weit gefasst, was bezogen hierauf nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung legitim sei, jedoch bezogen auf das Befreiungsrecht nach dem SGB VI zu weit gehe. Die Bestimmungen der landes- und kammergesetzlichen Regelungen würden jeweils nur die Einstiegsnormen bilden. Die dortigen Definitionen einer berufsspezifischen Tätigkeit hätten Bindungswirkung ausschließlich für die berufsständischen Kammern, nicht hingegen für die Befreiungsfähigkeit einer Tätigkeit. Dies bestätigten die Urteile des BSG zu den Syndikusanwälten, bei denen eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) vom BSG geprüft und verneint worden und anschließend durch entsprechende Neuregelung des Gesetzgebers jetzt (mit Bindungswirkung für den Rentenversicherungsträger, vgl. § 46a Abs. 2 BRAO) geändert worden sei. In die Prüfung der Befreiung sei entsprechend nicht nur das Kammerrecht, sondern auch das jeweils zugrundeliegende Berufsrecht einzubeziehen. Das SG habe die Frage der Pflichtmitgliedschaft des Klägers daher auf der Grundlage des in der Bundesärzteordnung (BÄO) oder den landesrechtlichen Berufsordnungen umschriebenen Berufsbildes des Arztes klären müssen. Würde man wie das SG allein auf den kammerrechtlichen Begriff der ärztlichen Berufsausübung abstellen, würden damit selbst Tätigkeiten, die auch von Personen ohne Approbation ausgeführt werden könnten, zur Befreiung berechtigen, solange die Betroffenen ihre im Studium erworbenen Kenntnisse noch mitverwendeten. Ihrer Auffassung nach werde eine ärztliche Tätigkeit nur bei approbationspflichtigen Tätigkeiten und allenfalls erlaubnispflichtigen Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 BÄO ausgeübt. Es werde insbesondere auf Urteile des LSG Bayern vom 10.07.2014 (L 14 R 1207/13) und 08.09.2015 (L 19 R 554/11) sowie des LSG Baden-Württemberg v. 13.01.2013 - L 5 R 4971/10 hingewiesen. Eine weite Auslegung der Befreiungsregelung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI bedrohe die zugrundeliegende Friedensgrenze in zunehmendem Maß. 26Eine berufsspezifische Beschäftigung sei vom Kläger nach dem konkreten Vertragsverhältnis, das als Ausgangspunkt heranzuziehen sei, nicht ausgeübt worden. Vielmehr habe er in seiner Funktion als Unternehmensberater nicht - auch nicht im weitesten Sinn der Gesundheit des einzelnen Menschen oder der des gesamten Volkes gedient. Inhaltlich habe nicht die Verbesserung der medizinischen Versorgung im Fokus gestanden, sondern die effektivere Gestaltung der Abläufe mit Blick auf Kosten und Wirtschaftlichkeit des Krankenhauses. Festzuhalten sei, dass die Aufgaben des Klägers letztlich mit Kenntnissen und Fähigkeiten aus einem Medizinstudium bewältigt werden könnten. Eine Pflichtmitgliedschaft in der Ärztekammer sei für die Erfüllung der Aufgaben erlässlich. 27Die Beklagte beantragt, 28das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.02.2015 teilweise aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen. 29Der Kläger und die Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen, 30die Berufung zurückzuweisen. 31Der Kläger, der das Urteil des SG für zutreffend erachtet, hat an seiner Auffassung festgehalten. Vertiefend hat er u.a. auf diverse Gesetzesvorschriften verwiesen, die wie zB § 31 des Krankenhausgestaltungsgesetzes Nordrhein-Westfalen das weite Begriffsverständnis der ärztlichen Tätigkeit widerspiegelten. Wer nach ärztlichem Weiterbildungsrecht, das eine Vielzahl von Spezialisierungen ohne unmittelbaren Patientenkontakt aufweise, weitergebildet worden sei, sei ärztlich tätig. Soweit der Gesetzgeber nach den Entscheidungen des BSG zu den Syndikusanwälten eine Lösung gefunden habe, die die Bindung der Beklagten an die Zulassungsentscheidung der Berufskammer ausdrücklich vorsehe, sei dies eine sachgerechte Lösung, um eine konkrete und sachkundige Ermittlung der beruflichen Tätigkeit zu gewährleisten. Soweit die Beklagte eine Befreiung nur bei approbationspflichtiger Tätigkeit annehmen wolle, habe das LSG Hessen bei einer Apothekerin ausdrücklich verworfen, dieses Kriterium als Befreiungsvoraussetzung anzusehen (L 1 KR 347/15; anhängig BSG B 5 RE 5/16 R). 32Die Beigeladenen zu 1) und 2) haben sich gleichfalls dem Urteil des SG angeschlossen. Es sei nicht zulässig, wie dies die Beklagte mache, bei der notwendigen Einzelfallprüfung allein auf den Status des Arbeitgebers (hier: Unternehmensberatungsgesellschaft statt Krankenhaus) abzustellen. Vielmehr müssten - wie durch das SG zutreffend und ausführlich erfolgt - alle Umstände der konkreten Tätigkeit gewürdigt werden. Die vom BSG für Rechtsanwälte entwickelten Ansätze seien nicht auf Ärzte übertragbar, weil sich die rechtlichen Grundlagen des Arztberufes wesentlich von denen des Rechtsanwaltsberufs unterschieden. Wenn die Beklagte wohl auch für Ärzte eine Doppelberufstheorie entwickeln wolle, missachte sie die Vorgaben des BSG hinsichtlich des Prüfungsmaßstabs, der sich aus den "kammer- und versorgungsrechtlichen Normen" ergebe. 33Soweit die Beklagte die Friedensgrenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI bedroht sehe, finde dies in der derzeitigen Situation mit nur drei sozialgerichtlichen Verfahren im Bereich der Berliner Ärzteversorgung und wenigen weiteren in der gesamten Bundesrepublik keine Stütze. Der Kläger sei - neben einem anderen ärztlichen Unternehmensberater, den die Beklagte im Übrigen von der Versicherungspflicht befreit habe - der einzige ärztliche Unternehmensberater im Mitgliederbestand der Berliner Ärzteversorgung, dem das Versorgungswerk eine überwiegend ärztliche Tätigkeit testiert habe. Unzweifelhaft trage er in seiner Tätigkeit zur Volksgesundheit bei und lindere das Leiden von Erkrankten, da er in Krankenhäusern für eine optimierte Patientenversorgung sorge. Dass eine ärztliche Tätigkeit nicht nur den Bereich der unmittelbaren Patientenversorgung umfasse, sei auch vom Bundesgerichtshof (BGH) und Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits ausgeführt worden. 34Die Beigeladene zu 1) hat ihre im Streitzeitraum geltenden Satzungen übersandt und dargelegt, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 b und c SGB VI erfüllt gewesen seien. Die Beigeladene zu 2) hat einen Auszug aus dem Berliner Kammergesetz, die Hauptsatzung der Ärztekammer Berlin und die Beitragsordnung der Ärztekammer Berlin in den zum Zeitpunkt des Beginns der Kammermitgliedschaft des Klägers am 14.11.2011 geltenden Fassungen vorgelegt und im Übrigen ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI erfüllt seien, da das Berliner Kammergesetz seit dem Jahr 1978 ununterbrochen eine Pflichtmitgliedschaft von im Land tätigen Ärzten vorsehe. 35Die Beigeladene zu 3), die L Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die der Senat mit Beschluss vom 27.07.2016 zum Verfahren beigeladen hat, hat keinen Antrag gestellt und im Verfahren auch keine Stellungnahme abgegeben. 36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. 37Entscheidungsgründe: 38Die Berufung der Beklagten ist zulässig aber nicht begründet. 39Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht - in dem hier aufgrund der alleinigen Berufung der Beklagten noch streitigen Zeitraum vom 09.03.2012 bis 31.01.2014 - stattgegeben. Der angefochtene Bescheid vom 06.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2012 (§ 95 SGG) ist insoweit rechtswidrig und beschwert den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Der Kläger hat im genannten Zeitraum einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die bei der Beigeladenen zu 3) ausgeübte Beschäftigung. 40Versicherungspflichtig und damit beitragspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sind nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Versicherungs- und Beitragspflicht gilt jedoch nicht für Personen, die nach besonderen Vorschriften von der Versicherungspflicht befreit sind. 41Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in der seit 01.01.2005 und somit im streitigen Zeitraum geltenden Fassung des Gesetzes vom 09.12.2004 (BGBl. I S. 3242) werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn 42a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat, b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. 43Offen bleiben kann, ob der Entscheidung der Beklagten, dass ab 14.11.2011 eine Versicherungspflicht bestehe, hier bereits der Bescheid vom 27.05.2005 in Verbindung mit dem Befreiungsbescheid vom 19.06.1998 entgegensteht (dazu 1.). Der Kläger ist jedenfalls nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 4 SGB VI für den gesamten streitigen Zeitraum seiner - sozialversicherungspflichtigen (dazu 2.) - Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 3) bei hieraus resultierender Pflichtmitgliedschaft bei den Beigeladenen zu 1) und 2) (dazu 3.) unter Berücksichtigung und Auslegung der maßgeblichen Rechtsvorschriften (dazu 3.a.) und der hieran ausgerichteten Beurteilung der konkreten Umstände (dazu 3.b.) von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Beigeladenen erfüllen die weiteren Voraussetzungen der Ziffern a) bis c) des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI (dazu 3.c.). 441.) Mit dem Bescheid vom 27.05.2005 in Verbindung mit dem Befreiungsbescheid vom 19.06.1998 hat die BfA den Kläger im Hinblick auf dessen Mitgliedschaft in der Versorgungsanstalt für Ärzte, Tierärzte und Zahnärzte in Baden-Württemberg mit Wirkung vom 15.05.1998 "von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit" bzw. am 27.05.2005 ausgeführt, dass diese Befreiung auch ab 01.04.2005 weitergelte. Hinsichtlich der Befreiungsdauer hat sie ausgeführt: "Dabei gehen wir davon aus, dass Sie weiterhin berufsspezifisch beschäftigt sind, Ihre Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung und Berufskammer weiterhin besteht und einkommensbezogene Beiträge an das Versorgungswerk gezahlt werden. Bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen bedarf es keines erneuten Befreiungsbescheides." 45Welche Regelungswirkung diese Ausführungen am 09.03.2012 noch hatten, muss der Senat nicht entscheiden. Zwar beschränkt sich eine Befreiung gem. § 6 Abs. 5 S. 1 SGB VI grundsätzlich auf die jeweilige Beschäftigung und erfasst damit nach der gesetzlichen Vorschrift nicht die Tätigkeit des Klägers nach seinem Wechsel von der Tätigkeit bei der Unternehmensberatung L bzw. als Geschäftsführer und ärztlicher Direktor eines Krankenhauses zur Beigeladenen zu 3) (vgl. zu diesem Grundsatz BSG Urt. v. 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - juris Rn. 15 ff.). Allerdings beschränken sich die Ausführungen der BfA im Bescheid vom 27.05.2005, die sich die Beklagte als deren Rechtsnachfolgerin zurechnen lassen muss, gerade nicht darauf, "lediglich" eine Befreiung von der Versicherungspflicht für die konkrete Beschäftigung zu erteilen. Vielmehr lassen sich die gesonderten, zusätzlichen Ausführungen in der hier verwandten Formulierung aus der für die Auslegung maßgeblichen Empfängerperspektive auch dahingehend verstehen, dass eine weitergehende selbstständige Regelung zur Dauer der Befreiung getroffen werden und der Kläger bei gleichbleibenden Voraussetzungen von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit bleiben sollte (vgl. auch BSG Urt. v. 10.03.2011 - B 3 KS 2/10 R - juris Rn. 10 ff.). Da der Bescheid vom 27.05.2005 bezogen auf die Tätigkeit des Klägers bei der Unternehmensberatung L ergangen ist, könnte die zusätzliche Formulierung, es werde (für die andauernde Befreiung) davon ausgegangen, dass der Kläger "weiterhin" berufsspezifisch beschäftigt sei, eine Erstreckung auf eine gleichgelagerte Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3) nahelegen. Dies gilt gleichermaßen für die ausdrückliche weitere Feststellung, dass es bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen (berufsspezifische Beschäftigung, Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung und Berufskammer, Zahlung einkommensbezogener Beiträge an das Versorgungswerk) keines erneuten Befreiungsbescheides bedürfe. 46Eine abschließende Entscheidung dieser Frage ist jedoch hier nicht erforderlich, da der Kläger von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung im streitigen Zeitraum jedenfalls gem. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI zu befreien ist. 472.) Der Kläger war (abhängig) Beschäftigter iSv § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV) vorliegen. Hiernach hat er bei der Beigeladenen zu 3) als dortiger Partner nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff. Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) erbracht. Aufgrund dieser entgeltlichen Beschäftigung war er (renten-)versicherungspflichtig (§ 1 S. 1 Nr. 1 Halbs. 1 Alt. 1 SGB VI). Eine Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI i. V. m. § 8 Abs. 1 SGB IV) kam nicht in Betracht, da sein Lohn unstreitig die maßgebliche Grenze von bei Antragstellung 400,00 Euro bzw. seit 01.01.2013 450,00 Euro überschritten hat. 483.) Der Kläger war wegen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3) auch aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer berufsständische Versorgungseinrichtung - hier der Beigeladenen zu 1) - und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer - hier der Beigeladenen zu 2). 49Die Beigeladenen zu 1) und 2) haben die bei ihnen bestehende Pflichtmitgliedschaft des Klägers mit Wirkung ab 14.11.2011 nach eigener Prüfung festgestellt. Diese Feststellungen, die gerichtlich überprüfbar sind, weil sie - anders als bei der gesetzlichen Neuregelung für Syndikusanwälte (§ 46a Abs. 2 S. 4 Bundesrechtsanwaltsordnung idF des Gesetzes zur Neufassung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21.12.2015 - BGBl I, S. 2517) - weder den Rentenversicherungsträger noch die Gerichte binden (vgl. hierzu auch LSG Baden-Württemberg Urt. v. 23.01.2013 - L 5 R 4971/10 - juris Rn. 61 mwN), berücksichtigen die maßgeblich heranzuziehenden Rechtsvorschriften in zutreffender Auslegung (dazu a.) und beurteilen hieran ausgerichtet ebenso zutreffend die tatsächlichen Umstände der konkret zu beurteilenden Tätigkeit des Klägers (dazu b.). 50a.) Die Frage, ob ein Arzt wegen einer Beschäftigung iSv § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI Pflichtmitglied einer Versorgungseinrichtung und berufsständischen Kammer ist, ist anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen (vgl. z.B. BSG Urt. v. 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - juris Rn. 34; LSG Hessen Urt. v. 28.04.2016 - L 1 KR 347/15 - juris Rn. 52; Urt. v. 06.02.2014 - L 1 KR 8/13 - juris Rn. 53). 51Gem. § 6 Abs. 2 der Satzung der Ärzteversorgung Berlin werden Mitglieder dieser berufsständischen Versorgungseinrichtung alle Personen, die nach dem 31.12.2005 Mitglied der Ärztekammer Berlin werden und zum Zeitpunkt des Eintritts der Mitgliedschaft a) das 60. Lebensjahr nicht vollendet haben und b) nicht berufsunfa&776;hig im Sinne des § 10 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe c sind. 52Gem. § 2 Abs. 1 der Hauptsatzung der Ärztekammer Berlin vom 25.06.2003 (Hauptsatzung - ABl. 2004, S. 708) i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Kammern und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Berliner Kammergesetz v. 04.09.1978 - GVBl. S. 1937, zuletzt geändert durch das Elfte Gesetz zur Änderung des Berliner Kammergesetzes vom 17.03.2010, GVBl. S. 135) gehören der Ärztekammer Berlin alle Ärzte an, die im Land Berlin ihren Beruf ausüben oder, ohne bereits Kammerangehörige in einem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland zu sein, ihren Wohnsitz haben. 53Da der Begriff der "Ausübung des ärztlichen Berufs" in der maßgeblichen Satzung der Beigeladenen zu 2) nicht selbst definiert ist, ist dieser unter Berücksichtigung weiterer kammer- bzw. versorgungsrechtlicher Bestimmungen sowie mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze, so dem Zweck, Sinnzusammenhang und der historischen Entwicklung (vgl. hierzu zB BSG Urt. v. 17.02.2016 - B 6 KA 6/15 R - juris Rn. 37 mwN zur Rspr des BVerfG) zu konkretisieren. Unter Anwendung dieser Maßstäbe liegt eine Ausübung des ärztlichen Berufs iSv § 2 der Hauptsatzung der Berliner Ärztekammer zur Überzeugung des Senats jedenfalls dann vor, wenn die Anwendung oder Mitverwendung von ärztlichem Wissen der konkret ausgeübten Tätigkeit ihr Gepräge gibt (ebenso LSG Hamburg Urt. v. 25.02.2010 - L 1 KR 42/08 - juris Rn. 26; vgl. auch BVerwG Urt. v. 30.01.1996 - 1 C 9/93 - juris Rn. 24 zur vergleichbaren Beurteilung der Tätigkeit eines Apothekers). Nicht hingegen ist ärztliche Tätigkeit - wie die Beklagte meint - nur dann anzunehmen, wenn der Arzt die Heilkunde in Form einer unmittelbaren Behandlung von Patienten ausübt. 54Ausdrücklich sehen die in der Beitragsordnung der Beigeladenen zu 2) und in der Satzung der Beigeladenen zu 1) aufgeführten Definitionen des Begriffes der ärztlichen Tätigkeit ein weites Begriffsverständnis vor. So bestimmt § 3 Abs. 2 S. 1 der Beitragsordnung der Beigeladenen zu 2) vom 11.09.2002, zuletzt geändert durch den 9. Nachtrag vom 17.11.2010, dass ärztliche Tätigkeit jede Tätigkeit umfasse, bei der ärztliche Fachkenntnisse angewendet oder mitverwendet werden. Konkretisierend wird hierzu in S. 2 dieser Vorschrift bestimmt, dass dazu nicht nur die Behandlung von Patienten, sondern z.B. auch die Tätigkeit in der medizinischen Lehre und Forschung, in Wirtschaft, Industrie und in der Verwaltung, als Fachjournalist sowie gelegentliche Tätigkeiten als ärztlicher Gutachter, als Praxisvertreter oder im ärztlichen Notfalldienst zählen. Auch § 22 Abs. 1 S. 2 der Satzung der Beigeladenen zu 1) sieht in weitem Begriffsverständnis jede Tätigkeit als ärztliche Tätigkeit an, zu der die ärztliche Ausbildung berechtige oder bei der Inhalte der ärztlichen Ausbildung überwiegend verwendet werden könnten. 55Die über die Einzelbehandlung am Patienten hinausgehende landesrechtliche Begriffsauffassung der Ausübung des ärztlichen Berufs lässt sich auch aus der Berufsordnung der Ärztekammer Berlin in der im streitigen Zeitraum geltenden Neufassung vom 30.05.2005, zuletzt geändert durch den 2. Nachtrag vom 26.09.2006 (Abl. S. 4111) entnehmen. Hiernach dient gem. § 1 Abs. 1 der Arzt der Gesundheit des einzelnen Menschen und der Bevölkerung. Seine Aufgabe ist es, das Leben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen, Leiden zu lindern, Sterbenden Beistand zu leisten und an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gesundheit der Menschen mitzuwirken. Diese Aufgabenbezeichnung, die im Übrigen der von der Beklagten zitierten Musterberufsordnung für Ärzte entspricht, gibt ausweislich der Präambeln die Überzeugung der Ärzteschaft u.a. zur Förderung berufswürdigen Verhaltens wieder und bildet das historisch gewachsene ärztliche Berufsverständnis zur Überzeugung des Senats deutlich ab. Bereits in diesen Formulierungen, die neben dem einzelnen Menschen die Bevölkerung und die Lebensgrundlagen in Bezug nimmt, kommt klar zum Ausdruck, dass sich der ärztliche Aufgabenbereich nicht in der unmittelbaren Behandlung konkret einer einzelnen erkrankten Person erschöpft, sondern in weit umfassenderen Maß auf den Schutz bzw. die Wiederherstellung der Gesundheit allgemein abzielt. Auch diejenigen Tätigkeiten, welche nicht unmittelbar am Patienten ausgeübt werden, diesem jedoch mittelbar zugute kommen, entsprechen dem in der Berufsordnung niedergelegten Selbstverständnis und sind damit ärztliche Tätigkeit. Inwiefern die Beklagte sich aus den Formulierungen der Berufsordnung in ihrem engen Begriffsverständnis gestützt sehen will, erschließt sich dem Senat nicht. In Übereinstimmung hiermit formuliert § 1 Abs. 2 S. 2 der Berufsordnung der Ärztekammer Berlin in der aktuell geltenden Neufassung vom 26.11.2014 (Abl. S. 2341) nunmehr noch ergänzend präzisierend, dass Ärztinnen und Ärzte ihre ärztlichen Aufgaben über die unmittelbare Sorge um die Gesundheit von Patientinnen und Patienten hinaus auch wahrnehmen, "wenn sie mit ihren ärztlichen Fachkenntnissen an der Förderung und Erhaltung der Gesundheit des einzelnen Menschen, der Bevölkerung, der hierfür erforderlichen natürlichen und gesellschaftlichen Lebensgrundlagen oder des Gesundheitssystems mitwirken". 56Auch bei historischer Betrachtung lässt sich eine Beschränkung "ärztlicher" Tätigkeit auf unmittelbare patientenbezogene (Be-)Handlungen nicht erkennen. Im Gegenteil benannte schon die Reichsärzteordnung vom 13.12.1935 (Reichsgesetzblatt I, 1433) in § 2 Abs. 2 neben dem Gebiet der Heilkunde die Tätigkeit in der ärztlichen Wissenschaft als ärztliche Aufgabe. 57Die Vielfältigkeit der Tätigkeit von Ärzten spiegelt sich aktuell in einer Vielzahl von Gesetzen wider, in denen der Gesetzgeber als selbstverständlich voraussetzt, dass ärztliche Tätigkeit auch über einen primären Patientenkontakt hinaus ausgeübt wird. Zu Recht benennt der Kläger hier beispielhaft das Krankenhausgestaltungsgesetz des Landes NRW, wonach gem. § 31 Abs. 1 S. 2 an der Betriebsleitung eines Krankenhauses "eine Leitende Ärztin oder ein Leitender Arzt" zu beteiligen sei, § 22 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes NRW, wonach die Leitung der Medizinischen Dienste der unteren Gesundheitsbehörde einer Ärztin oder einem Arzt obliege, § 279 Abs. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (Tätigkeit beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen - MDK), § 40 Abs. 2 Arzneimittelgesetz (Durchführung klinischer Prüfungen) oder § 20 Medizinproduktegesetz (Durchführung klinischer Prüfung mit Medizinprodukten). 58In besonderem Maße steht dem von der Beklagten für zutreffend erachteten engen Verständnis der ärztlichen Tätigkeit Sinn und Verständnis des im Interesse der Gesundheitssorge stehenden ärztlichen Weiterbildungsrechts entgegen. So wird in der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Berlin in ihrer im maßgeblichen Zeitraum geltenden Fassung des 8. Nachtrags vom 23.09.2009 in § 1 der Präambel der geregelte Erwerb festgelegter Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten als Ziel der Weiterbildung angesehen, um nach Abschluss der Berufsausbildung "besondere ärztliche Kompetenzen" zu erlangen. Die Weiterbildung diene der "Sicherung der Qualität der Berufsausübung". Gem. § 2 Abs. 1 der Präambel führt der erfolgreiche Abschluss der Weiterbildung (die im Folgenden Hauptteil eingehend und streng geregelt ist), zur "Facharzt"bezeichnung in einem Gebiet, zur Schwerpunktbezeichnung im Schwerpunkt eines Gebietes oder zu einer Zusatzbezeichnung. Spezialisierungen sieht die genannte Weiterbildungsordnung (wie auch die Weiterbildungsordnungen der anderen Landesärztekammern in der Bundesrepublik) in einer Vielzahl von Bereichen vor. Konkret aufgelistet sind hierbei 33 medizinische Gebiete. In einer Begriffsbestimmung werden als "Gebiete der unmittelbaren Patientenversorgung" die Gebiete Allgemeinmedizin, Anästhesiologie, Augenheilkunde, Chirurgie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Haut- und Geschlechtskrankheiten, Humangenetik, Innere Medizin, Kinder- und Jugendmedizin, Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, Neurochirurgie, Neurologie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie Strahlentherapie und Urologie genannt (S. 14 der Weiterbildungsordnung). Die übrigen 14 Gebiete, auf denen sich ein Arzt fortbilden kann (Anatomie, Arbeitsmedizin, Biochemie, Hygiene und Umweltmedizin, Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie, Nuklearmedizin, Öffentliches Gesundheitswesen, Pathologie, Pharmakologie, Physiologie, Radiologie, Rechtsmedizin und Transfusionsmedizin), beinhalten demnach nicht oder zumindest nicht primär eine unmittelbare Patientenversorgung. Bei Anwendung der von der Beklagten für zutreffend erachteten engen Auslegung des Begriffs der ärztlichen Tätigkeit würde dies konkret bedeuten, dass ein approbierter Arzt, der sich unter dem in der Weiterbildungsordnung genannten erheblichem Aufwand besonders qualifizierte Fachkenntnisse auf einem der zuletzt genannten Gebiete erworben hat und sodann in seinem Spezialgebiet tätig wird, nun (überhaupt) keine "ärztliche" Tätigkeit mehr ausübt. Entsprechend wären alle auf diesen Gebieten tätigen Ärzte nicht mehr als Pflichtmitglieder der Ärztekammern anzusehen. Dies entspricht sicherlich in keiner Weise dem heutigen allgemeinen Verständnis des Arztberufs. Ebenso wäre es in sich widersinnig, einen Arzt zunächst Sonderqualifikationen erwerben zu lassen und ihn bei der anschließenden Ausübung der erworbenen Fachkenntnisse dann nicht mehr als Arzt zu verstehen. Bereits insofern bereitet es erhebliche Schwierigkeiten, die Auffassung der Beklagten nachzuvollziehen. Diesen erheblichen Widerspruch ihrer Auslegung hat die Beklagte im Verfahren nicht aufgelöst, obwohl aufgrund der frühzeitig vom Kläger und den Beigeladenen eingebrachten Bedenken hierzu deutlicher Anlass bestanden hätte. 59Auch unter Berücksichtigung des Zwecks des Berliner Kammerrechts ist ein weites Verständnis des Begriffs der ärztlichen Tätigkeit iSv § 2 der Hauptsatzung der Beigeladenen zu 2) jedenfalls im oben genannten Umfang geboten. So knüpft das Kammerrecht an Sinn und Aufgabe der ärztlichen Selbstverwaltung an, über die Landesärztekammer die Gesamtbelange des ärztlichen Berufsstandes zu wahren. Für diese öffentlich übertragene Aufgabe ist die Nutzbarmachung der Erfahrung der Ärzte aus allen Tätigkeitsbereichen erforderlich. Vor diesem vom Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung dargelegten Hintergrund (vgl. z.B. Urt. v. 30.01.1996 - 1 C 9/93 - juris Rn. 24 mwN) ist in der zum Beitragsrecht ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zB die Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit für alle im öffentlichen Dienst tätigen Approbierten ebenso wie für die in den klinischen und theoretischen Fächern lehrenden und forschenden Ärzte, für einen approbierten Arzt als wissenschaftlichem Mitarbeiter in der Pharmaindustrie, für ein Vorstandsmitglied in einer kassenärztlichen Vereinigung etc. angenommen worden (zur umfangreichen Darstellung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vgl. VG Karlsruhe Urt. v. 28.02.2008 - 9 K 79/07 - juris Rn. 17 sowie Rechtswissenschaftliches Gutachten Prof. Dr. H, Westfälische Wilhelms-Universität N vom 31.10.2014, S. 9 ff.). 60Das Bundessozialgericht hat eine weite Auslegung des landesrechtlichen Begriffs der ärztlichen Tätigkeit - bereits - für (jedenfalls) mit Bundesrecht vereinbar angesehen. So hat es im Fall einer approbierten Medizinjournalistin, für die das LSG Hamburg eine Pflichtmitgliedschaft in der hamburgischen Ärztekammer angenommen hatte (Urt. v. 25.02.2010 - L 1 KR 42/08) ausgeführt, dass der Begriff der ärztlichen Tätigkeit zwar auch enger verstanden werden könnte. Das Berufungsgericht habe den Rahmen zulässiger Gesetzesauslegung jedoch nicht überschritten. Nicht zu verkennen sei, dass eine medizin-journalistische Tätigkeit wie von der dortigen Klägerin ausgeübt, auf ärztlichem Wissen aufbaue und ihr zum Teil Aufgaben der medizinischen Aufklärung zukämen, wie sie vergleichbar auch von ambulant oder stationär praktizierenden Ärzten erbracht würden (Urt. v. 10.03.2011 - B 3 KS 2/10 R - juris Rn. 17). 61Dass der Begriff der ärztlichen Berufsausübung nicht nur die Behandlung eines Patienten selbst erfasst, entspricht darüber hinaus auch der von der Beigeladenen zu 1) zitierten aktuellen und klaren Rechtsprechung des BGH (Beschl. v. 12.04.2016 - II ZB 7/11 - juris Rn. 12) sowie höchstrichterlich des BVerfG (Beschl. v. 12.01.2016 - 1 BvL 6/13 - juris Rn. 61). Hier wird jeweils ausdrücklich und mit weiteren Nachweisen zu Literatur bzw. Rechtsprechung ausgeführt, die Ausübung des Berufs des Arztes setze nicht voraus, dass die Heilkunde in Form der Heilbehandlung ausgeübt werde. Vielmehr stelle auch die gutachterliche und fachlich beratende Tätigkeit des Arztes ebenso eine selbständige Ausübung dieses Berufs dar. 62Entgegen der Auffassung der Beklagten bedroht eine weite Auslegung des Begriffs der ärztlichen Berufsausübung im o.g. Sinn auch nicht die "Friedensgrenze" der Befreiungsregelung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI. So hat die Beigeladene zu 1) - von der Beklagten unwidersprochen - im September 2015 berichtet, dass es bei ihr lediglich drei und auch im gesamten Bundesgebiet nur wenig anhängige Sozialgerichtsverfahren in dieser Abgrenzungsfrage gebe. Auch ist zu beachten, dass es seit der im Wesentlichen auch heute geltenden Fassung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI durch das Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 15.12.1995 (BGBl I, 1824) mit Wirkung vom 01.01.1996 zunächst über Jahrzehnte diesbezüglich kaum überhaupt gerichtliche Streitverfahren gegeben hat. Soweit die Argumentation der Beklagten als Andeutung eines Missbrauchs des Befreiungsrechts durch die Beigeladenen zu verstehen sein könnte, lässt sich dies in der Praxis nicht erkennen und ist von der Beklagten insoweit auch nicht näher belegt worden. Dass in jüngerer Zeit vermehrt Streitverfahren geführt worden sind bzw. werden, ist nicht in einer "großzügigeren" Feststellung von Pflichtmitgliedschaften durch die Beigeladenen zu 1) und 2), sondern allein durch eine geändert restriktivere Auslegung der Beklagten bedingt. In diesem Zusammenhang weist die Beigeladene zu 1) auch zu Recht darauf hin, dass die Ärztekammer Berlin eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, der vom Staat Aufgaben im Wege der hoheitlichen Selbstverwaltung übertragen worden sind und dass der indirekten Unterstellung, sie bzw. die Beigeladene zu 1) würden jedwede Tätigkeit eines Arztes als ärztliche Tätigkeit einstufen, widersprochen werden muss. Spezifisch für den Fall der Tätigkeit eines Arztes als Unternehmensberater hat die Beigeladene zu 1) - auch insoweit von der Beklagten unwidersprochen - berichtet, dass im Bereich der Berliner Ärzteversorgung neben dem Kläger lediglich einem einzigen weiteren ärztlichen Unternehmensberater eine überwiegend ärztliche Tätigkeit attestiert worden sei. Diesen habe die Beklagte im Übrigen von der Rentenversicherungspflicht befreit. 63Soweit die Beklagte die von ihr angenommene enge Auslegung des Begriffs der ärztlichen Tätigkeit (allein) auf die Vorschrift des § 2 Abs. 5 der BÄO stützen möchte, begegnet es bereits erheblichen Bedenken, die Auslegung einer landesrechtlichen Norm trotz der Vielzahl der vom Kläger und den Beigeladenen dargebrachten sowie oben aufgeführten Auslegungskriterien lediglich auf einer einzelnen (ihrerseits auszulegenden) Gesetzesvorschrift begründen zu wollen. Darüber hinaus verkennt die Beklagte, dass die Bundesärzteordnung nicht als Grundlage der Prüfung einer Pflichtmitgliedschaft des Klägers bei der Beigeladenen zu 2) herangezogen werden kann. 64Bundesrechtlich normiert § 2 Abs. 5 der BÄO, dass die Ausübung des ärztlichen Berufs die Ausübung der Heilkunde unter der Berufsbezeichnung "Arzt" oder "Ärztin" sei. Da die Voraussetzung für das Führen der Berufsbezeichnung "Arzt" oder "Ärztin" gem. § 2a BÄO bis auf die Erlaubnistatbestände des § 2 Abs. 2, 3 oder 4 BÄO die ärztliche Approbation ist, ist die Ausübung des ärztlichen Berufs im Rahmen der BÄO also als Ausübung der Heilkunde nach erfolgter ärztlicher Approbation zu verstehen. Der Begriff der Heilkunde selbst ist in der BÄO nicht definiert. Ob für dessen Auslegung auf die Definition in § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz idF v. 01.01.1964) zurückzugreifen ist (vgl. hierzu Gutmann, a.a.O., S. 13 mwN) kann der Senat offen lassen. Dies ist vor dem Hintergrund fraglich, dass § 1 Abs. 2 Heilpraktikergesetz selbst die gewählte Definition ausdrücklich auf "dieses Gesetz", also das Heilpraktikergesetz, beschränkt. Ebenfalls offen lassen kann der Senat - im Fall einer Heranziehung - die weitere Frage, wie § 1 Abs. 2 Heilpraktikergesetz seinerseits auszulegen ist. So muss die Formulierung "Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird." nicht zwangsläufig dahingehend verstanden werden, dass als Ausübung der Heilkunde nur die Tätigkeit konkret am Patienten selbst anzusehen ist. 65Ungeachtet dieser Fragen ist ein vom obig dargelegten Verständnis etwaig in der BÄO abweichend zu definierender Arztbegriff für die Prüfung der Pflichtmitgliedschaft des Klägers bei der Beigeladenen zu 2) ohne Relevanz. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI verweist in der vom Gesetzgeber gewählten Formulierung gerade nicht auf Vorschriften, die sich wie die BÄO auf Erteilung, Zurücknahme und Verlust der Approbation bzw. die Befugnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs, also auf das ärztliche Berufszulassungsrecht beziehen. Vielmehr müssen nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI die Gesetze geprüft werden, die die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer (bzw. Versorgungseinrichtung) begründen können. Dies sind lediglich die (oben genannten landesrechtlichen) versorgungs- und kammerrechtlichen Normen (vgl. hierzu wie bereits angegeben BSG Urt. v. 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - juris Rn. 34; vgl. auch Urt. v. 10.03.2011 - B 3 KS 2/10 R - juris Rn. 16 f.). Die Schaffung einer Bezugnahme in § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI in dem von der Beklagten gewünschten Sinn auf die BÄO läge allein im Bereich gesetzgeberischer Kompetenz. 66Die BÄO kommt entgegen der Auffassung der Beklagten aber auch nicht als Auslegungshilfe für die vom Gesetzgeber in Bezug genommenen kammerrechtlichen Vorschriften, die die Beklagte lediglich als "Einstiegsnormen" ansehen möchte, in Betracht. Hier ist zunächst zu beachten, dass die BÄO als Bundesrecht allein eine Regelung für den (gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 Grundgesetz (GG) der Gesetzgebungskompetenz des Bundesgesetzgebers unterliegenden) Bereich der ärztlichen Berufszulassung (vgl. hierzu zB BVerfG Urt. v. 09.05.1972 - 1 BvR 518/62) trifft, d.h. insb. für die Frage, welche Tätigkeiten die Approbation erfordern und welche Voraussetzungen hierfür erfüllt sein müssen. Für die Ausfüllung landesrechtlicher Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung kommt sie bereits grundsätzlich entsprechend allenfalls als (eingeschränkte) Interpretationshilfe in Betracht (vgl. BVerwG Urt. v. 30.01.1996 - 1 C 9/93 - juris Rn. 17). Eine Anwendung konkret bei der Auslegung des § 2 der Hauptsatzung der Beigeladenen zu 2) scheidet jedoch aufgrund der erheblichen Divergenz in der Zielsetzung der Bundesärzteordnung bzw. des Heilpraktikergesetzes einerseits von derjenigen der hier zu beurteilenden (Pflicht-)Mitgliedschaft in einer Berufskammer andererseits aus. Während erstere im Hinblick auf das Schutzgut Gesundheit die Ausübung heilkundlicher Tätigkeit zur präventiven Kontrolle unter einen Erlaubnisvorbehalt stellen (vgl. hierzu BVerfG Beschl ... v. 02.03.2004 - 1 BvR 784/03 - juris Rn. 9), sollen letztere - wie oben ausgeführt - der Wahrung der Belange des Berufsstandes dienen. 67Soweit die Beklagte darüber hinaus formuliert, eine Pflichtmitgliedschaft bestehe nur wegen der konkret ausgeübten Beschäftigung, wenn diese noch dem ärztlichen Berufsbild entspreche, wie es aus der BÄO "oder den landesrechtlichen Berufsordnungen für die in Deutschland tätigen Ärzte" folge, ist nicht klar, aus welchen konkreten Bestimmungen die Beklagte ihre Rechtsauffassung ableiten will. Vielmehr ergibt sich - wie bereits dargelegt - aus der Musterberufsordnung für Ärzte und der hier einschlägigen Berufsordnung sowie Weiterbildungsordnung der Beigeladenen zu 2) ein weites Verständnis des Begriffs der ärztlichen Tätigkeit. 68Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich eine enge Auslegung auch nicht aus der Rechtsprechung des BSG zur Frage der Befreiung sog. Syndikusanwälte von der Versicherungspflicht. Soweit das BSG bei Rechtsanwälten § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI dahingehend einschränkend ausgelegt hat, dass Versicherungsfreiheit nur dann eintrete, wenn die Pflichtmitgliedschaft in berufsständischer Kammer und Versorgungswerk auf einer "berufsspezifischen Tätigkeit" beruhe, ist dies auf den Fall des als Arzt tätigen Klägers nicht zu übertragen. 69Dass sog. Syndikusanwälte (nach alter Rechtslage) keinen Anspruch auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht hatten, hat das BSG (vgl. Urteile v. 03.04.2014 - B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R) dem Wortlaut der Vorschrift des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI und dem Regelungsgehalt des § 6 Abs. 5 S. 1 SGB VI entnommen, aus denen sich ergebe, dass Beschäftigte und selbständig Tätige von der Versicherungspflicht nur für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit befreit würden, wegen der sie durch oder aufgrund eines Gesetzes sowohl Pflichtmitglied in einer berufsständischen Kammer als auch einer öffentlich-rechtlichen Versorgungseinrichtung seien. Sog. Syndikusanwälte aber hätten eine Doppelstellung inne: Sie seien einerseits Angestellte und andererseits Rechtsanwälte. In das Berufsbild eines Anwalts als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege lasse sich nur die Tätigkeit als Anwalt außerhalb des Dienstverhältnisses als Angestellter einfügen. Dagegen seien bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts könne sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage sei, neben seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt sei Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus sei, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätige. Beide Tätigkeiten seien grundsätzlich getrennt zu betrachten und könnten auch nicht im Sinne einer einheitlichen Betrachtung zusammengezogen werden (vgl. z.B. BSG Urt. vom 03.04.2014 - B 5 RE 13/14 R - juris Rn. 39 mwN). Da es keinen Rechtssatz des Inhalts gebe, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte (vgl. z.B. BSG Urt. v. 03.04.2014 - B 5 RE 13/14 R - juris Rn. 45), könne der Syndikusanwalt für seine Tätigkeit als Angestellter nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit werden. 70Diese Rechtsprechung des BSG zur Befreiung von Syndikusanwälten lässt sich auf die Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit wie beim Kläger nicht übertragen, da die Grundvoraussetzungen, die das BSG zu seiner Rechtsprechung veranlasst haben, bei diesem nicht vorliegen. So hat der Kläger im streitigen Zeitraum eben gerade nur eine Tätigkeit und nicht wie der sog. Syndikusanwalt eine Doppeltätigkeit ausgeübt. Auch ist der Kläger - wie im Folgenden noch ausgeführt wird - nach den einschlägigen Satzungsbestimmungen der Beigeladenen nur deshalb dort Pflichtmitglied geworden, weil er eine Tätigkeit ausgeübt hat, die ärztliche Fachkenntnisse erfordert (tätigkeitsbezogene Pflichtmitgliedschaft). Damit ist das Kriterium des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI, dass eine Pflichtmitgliedschaft wegen dieser angestellten Tätigkeit eingetreten ist, beim Kläger anders als bei dem Syndikusanwalt, erfüllt. Bei letzterem tritt die Pflichtmitgliedschaft nämlich gerade nicht wegen seiner angestellten Tätigkeit, sondern gem. § 4 BRAO als personenbezogene Pflichtmitgliedschaft ausschließlich und allein für seine davon unabhängig und zusätzlich ausgeübte anwaltschaftliche Tätigkeit ein. Lassen sich die Fallgestaltungen aber nicht vergleichen, kommt eine "analoge" Anwendung der Rechtsprechung des BSG zu den Syndikusanwälten auf Ärzte nicht in Betracht. Bereits das BSG selbst hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI um eine abschließende Ausnahmeregelung handele, die einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig sei (vgl. BSG Urt. v. 03.04.2014 - B 5 RE 13/14 R - juris Rn. 50, 52 ff.). 71Auch aus den sonstig von der Beklagten zitierten Urteilen, maßgeblich des Bayerischen LSG und des LSG Baden-Württemberg, lässt sich ein anderes Ergebnis nicht herleiten. Unabhängig davon, dass die sozialgerichtlichen Verfahrensvorschriften eine Bindungswirkung eines LSG an die Entscheidungen eines anderen LSG nicht vorsehen, lassen sich den genannten Urteilen - soweit sie überhaupt im Sinne der Beklagten ergangen sind - keine über die obigen Ausführungen hinausgehenden Aspekte entnehmen. 72b.) Bei dem Kläger haben die genannten Voraussetzungen für eine Pflichtmitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 1) (hierzu aa.) und der Beigeladenen zu 2) (hierzu bb.) im Zeitraum der gesamten Tätigkeit für die Beigeladene zu 3) vorgelegen. 73aa.) Der 1971 geborene Kläger hatte im Zeitpunkt des Beginns der Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3), d.h. im November 2011 weder das 60. Lebensjahr vollendet noch war er berufsunfähig iSv § 6 Abs. 2 der Satzung der Beigeladenen zu 1). Mit Aufnahme dieser Beschäftigung und damit nach dem 31.12.2005 ist er Mitglied der Beigeladenen zu 2) (dazu im Folgenden bb.)) und entsprechend der gesetzlichen Bestimmung ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied bei der Beigeladenen zu 1) geworden. 74bb.) Unstreitig ist der Kläger iSv § 2 Abs. 1 der Hauptsatzung der Beigeladenen zu 2) aufgrund der im November 1999 erlangten Approbation Arzt (vgl. § 2a i.V.m. § 2 Abs. 1 BÄO) und im streitigen Zeitraum im Land C tätig gewesen. 75Zur Überzeugung des Senats hat er bei der Tätigkeit für die Beigeladene zu 3) auch seinen Beruf als Arzt iSv § 2 Abs. 1 der Hauptsatzung der Beigeladenen zu 2) ausgeübt. 76Maßgebend für die Beurteilung einer Tätigkeit ist die Klassifikation der konkret ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit, für die die Befreiung begehrt wird, nicht die abstrakte berufliche Qualifikation (BSG Urt. v. 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - juris Rn. 34). Anders als die Beklagte diesbezüglich wohl meint, genügt entsprechend nicht allein die Beschreibung "der Funktion des Klägers als Unternehmensberater", um eine berufsspezifisch ärztliche Tätigkeit zu verneinen. Auch die Tatsache, dass die Zielrichtung einer Unternehmensberatung auf eine Verbesserung der Kostenstrukturen abzielt, steht der Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit nicht entgegen. Gleichfalls steht es der Qualifikation der Tätigkeit als ärztlicher Tätigkeit nicht - wie die Beklagte wohl meint - prinzipiell entgegen, ob auch eine Person ohne Approbation die Tätigkeit ausüben könnte (vgl. auch LSG Hessen Urt. v. 28.04.2016 - L 1 KR 347/15 - juris Rn. 100 ff. (Apotheker); Urt. v. 06.02.2014 - L 1 KR 8/13 - juris Rn. 62 (Tierärztin)). Die berufsständischen Kammern und diesen ggf. folgend die Gerichte haben bei der Prüfung der Pflichtmitgliedschaft nicht darüber zu entscheiden, wie eine Person mit anderem beruflichen Hintergrund die Tätigkeit ggf. ausgeübt hätte, sondern (lediglich) darüber, wie sie von dem zu beurteilenden Antragsteller bzw. Kläger tatsächlich konkret ausgeübt wird bzw. worden ist. Hierbei sind alle konkreten Umstände des Einzelfalls und insbesondere die Ausgestaltung der überwiegenden Arbeitstätigkeit, wie sie sich nach dem Anstellungsvertrag in konkreter Verbindung mit der Ausgestaltung der Tätigkeit im täglichen Arbeitsleben darstellt, in ihrer Gesamtheit und ihrem Schwerpunkt zu würdigen (vgl. z.B. BSG Urt. v. 03.04.2014 - B 5 RE 13/14 R - juris Rn. 28 ff., LSG Hessen Urt. v. 28.04.2016 - L 1 KR 347/15 - juris Rn. 102, 105; vgl. auch Kahlert, SozSich 2015, S. 38). 77Unter Berücksichtigung der genannten Maßstäbe hat der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisermittlung im Verfahren und insbesondere seinen Schilderungen im Erörterungstermin des SG, die der Senat seiner Beurteilung zugrunde legt und die auch von der Beklagten nicht bestritten worden sind, bei der Beigeladenen zu 3) eine ärztliche Tätigkeit ausgeübt, weil die Anwendung bzw. Mitverwendung von ärztlichem Wissen der Tätigkeit ihr Gepräge gegeben hat. 78Da der Kläger weit überwiegend Krankenhäuser beraten hat, war neben bzw. bei einer Kostenoptimierung stets die oberrangige Frage im Blick zu behalten, ob und wie gleichzeitig die Gesundheit der Patienten aufrechterhalten, gefördert und wiederhergestellt werden kann. So hat der Kläger nachvollziehbar eine Vielzahl von Aufgaben geschildert, bei denen die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung unmittelbar im Vordergrund stand (z.B. Umsetzung der Anwendung von Leitlinien, Diskussion mit Ärzten und medizinischem Fachpersonal über Zeitpunkt und Art von Medikamentenanwendung, Zeitpunkt von radiologischen oder labortechnischen Untersuchungen, medizinische Strategien im Hinblick auf medizinische Entwicklungen und Patientenpopulationen, optimale Organisationsstrukturen für das Angebot medizinischer Leistungen, Struktur zur Abstimmung mit niedergelassenen Ärzten, um Doppeluntersuchungen zu vermeiden, Geringhaltung von Wartezeiten). Auf die ausführliche und überzeugende Darstellung und Abwägung des SG im Einzelnen in dem angefochtenen Urteil, die sich der Senat nach Überprüfung zu eigen macht, wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). 79Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass § 135a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) die Leistungserbringer und somit auch die vom Kläger beratenen Krankenhäuser zur Qualitätssicherung verpflichtet. Diese muss nach der gesetzlichen Diktion dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und in der fachlich gebotenen Qualität erbracht werden (§ 135a Abs. 1 S. 2 SGB V). Ziel ist nach § 135a Abs. 2 Nr. 1 SGB V dabei insbesondere auch die Verbesserung der medizinischen Ergebnisqualität. Da letztere sich am Patienten u.a. im Sinne der Verbesserung der Letalität, der Heilungsdauer, der Lebensqualität sowie therapiebedingter Komplikationen bemisst (vgl. hierzu Blöcher in Schlegel/Voelzke jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 135a Rn. 3), ist die Einbringung der besonderen ärztlichen Fachkenntnisse des Klägers hierbei zwingend erforderlich und geboten gewesen. 80c.) Bei der Beigeladenen zu 2) liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a) SGB VI vor, weil bei ihr für ihre Berufsgruppe vor dem 01.01.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft bestand. Bei der Beigeladenen zu 1) liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 b) und c) SGB VI vor. Für sie waren und sind nach näherer Maßgabe der vorgelegten Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu zahlen und wurden bzw. werden aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung berücksichtigt wird. 81Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung des § 193 SGG. Der Senat hat die Kosten der Beigeladenen zu 1) und 2) im Rahmen seines Ermessens als von der Beklagten zu erstatten angesehen, da diese - anders als die Beigeladene zu 3) - im Berufungsverfahren umfangreiche und fundierte Stellungnahmen abgegeben und im Übrigen auch selbst Anträge gestellt haben. Einer Auferlegung der Kosten der Beigeladenen zu 1) und 2) steht die Vorschrift des § 193 Abs. 4 SGG nicht entgegen. Soweit dort die Aufwendungen der in § 184 SGG genannten Gebührenpflichtigen nicht als erstattungsfähig angesehen werden, werden Beigeladene, auch wenn es sich um juristische Personen des öffentlichen Rechts handelt, in dieser in Bezug genommenen Vorschrift nicht aufgeführt (vgl. BSG Urt. v. 06.09.2007 - B 14/7b AS 60/06 R - juris Rn. 18; Urt. v. 17.06.2008 - B 1 KR 24/07 R - juris Rn. 31; Urt. v. 01.03.2011 - B 1 KR 10/10 R - juris Rn. 90) 82Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R bereits höchstrichterlich geklärt, dass die Frage, ob ein Arzt wegen einer Beschäftigung iSv § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI Pflichtmitglied einer Versorgungseinrichtung und berufsständischen Kammer ist, anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen geprüft werden müsse. Ebenfalls hat es im Urteil vom 10.03.2011 - B 3 KS 2/10 R ausgeführt, dass eine weite Auslegung des Begriffs der ärztlichen Tätigkeit nicht gegen Bundesrecht verstoße. Die sich hieran anknüpfende Würdigung und Bewertung der konkreten Tätigkeit des Klägers ist eine tatrichterliche Einzelfallentscheidung. | die berufung der beklagten gegen das urteil des sozialgerichts köln vom 27.02.2015 wird zurückgewiesen. die beklagte trägt die erstattungsfähigen kosten des klägers sowie der beigeladenen zu 1) und 2) im berufungsverfahren. im übrigen sind kosten nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die beteiligten streiten darüber, ob dem kläger für seine tätigkeit bei der wirtschaftsprüfungsgesellschaft l, c (beigeladene zu 3) ein anspruch auf befreiung von der versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung nach § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sechstes buch sozialgesetzbuch (sgb vi) zusteht. 3der am 00.00.1971 geborene kläger schloss im jahr 1998 sein medizinstudium mit erfolg ab. in der folge war er für das krebsforschungszentrum der universitätsklinik i tätig. mit bescheid vom 19.06.1998 befreite die bundesversicherungsanstalt für angestellte (bfa), deren rechtsnachfolgerin die beklagte ist, den kläger auf seinen antrag ab 15.05.1998 von der versicherungspflicht in der rentenversicherung. seine approbation als arzt erhielt der kläger am 16.11.1999. im anschluss an die tätigkeit für das krebsforschungszentrum arbeitete er als assistenzarzt in h/n in der medizinischen klinik ii für gastroenterologie. im jahr 2005 erwarb er den titel eines facharztes für innere medizin. von 2005 bis 2010 war er für die unternehmensberatung l im bereich der beratung von krankenhäusern (ca. 75 %) und krankenkassen (ca. 25%) sowie in geringem ausmaß bei gesundheitssystemprojekten tätig. die beklagte bestätigte die weitergeltung der befreiung von der versicherungspflicht mit bescheid vom 27.05.2005. im jahr 2011 wurde der kläger habilitiert. nach seiner tätigkeit bei l übte er die funktion eines geschäftsführers und ärztlichen direktors eines krankenhauses aus, dies mit dem aufgabenbereich der reorganisation und ärztlichen leitung. 4am 17.10.2011 schloss der kläger mit der beigeladenen zu 3) einen partnerschaftsvertrag und nahm seine tätigkeit dort zum 14.11.2011 auf. seit deren beginn wird er als mitglied der c ärztekammer (beigeladene zu 2) und der c ärzteversorgung (beigeladene zu 1) geführt. 5die beigeladene zu 3) stellte am 09.03.2012 bei der beklagten einen antrag auf prüfung und bestätigung der (weiterhin geltenden) befreiung von der rentenversicherungspflicht. unter beifügung einer stellen- und funktionsbeschreibung wies sie darauf hin, dass der kläger unternehmensberater im gesundheitswesen und hier spezifisch für den medizinischen bereich in krankenhäusern zuständig sei. die optimierung der - im einzelnen näher beschriebenen - dortigen medizinischen prozesse erfordere insbesondere unter gesichtspunkten der qualitätssicherung und des qualitätsmanagements in überwiegendem maß die während des studiums erworbenen ärztlichen kenntnisse und fähigkeiten. 6die beklagte lehnte den antrag auf weitergeltung der mit bescheid vom 19.06.1998 und wirkung ab 15.05.1998 ausgesprochenen befreiung von der versicherungspflicht nach § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi für die tätigkeit bei der beigeladenen zu 3) mit bescheid vom 06.06.2012 ab. es handele sich nicht um eine berufsständische ärztliche tätigkeit, sondern vielmehr überwiegend um tätigkeiten mit betriebswirtschaftlichem hintergrund. auch wenn ein teil der medizinischen kenntnisse und fähigkeiten nützlich seien und auch gefordert würden, reiche dies nicht, um eine ärztliche tätigkeit anzunehmen. die tätigkeit als unternehmensberater unterliege keinem berufsschutz; hier würden in der regel hochschulabsolventen aus nahezu allen fachrichtungen beschäftigt. zudem sei nicht ersichtlich, dass die tätigkeit nach objektiven maßstäben eine approbation als arzt voraussetze. 7den gegen diesen bescheid erhobenen widerspruch des klägers vom 06.07.2012, mit dem er die befreiung von der rentenversicherungspflicht ab 14.11.2011 begehrte, wies die beklagte mit widerspruchsbescheid vom 10.12.2012 zurück. 8der kläger hat gegen den ihm am 12.12.2012 zugestellten widerspruchsbescheid am 12.01.2013 fristgerecht klage beim sozialgericht köln (sg) erhoben. das bundessozialgericht habe am 31.10.2012 (b 12 r 5/10 r) entschieden, dass die frage der berufsspezifischen tätigkeit nach versorgungs- und kammerrechtlichen normen zu beurteilen sei. diesen entsprechend hätten die beigeladenen ihn aufgrund seiner spezifischen und hochspezialisierten position als leiter des bereichs krankenhausberatung eindeutig als arzt und damit als dortiges pflichtmitglied angesehen. ärztliche tätigkeit sei nicht nur der direkte dienst am menschen, sondern auch eine tätigkeit in wissenschaft, industrie und verwaltung, solange die inhalte der ärztlichen ausbildung für die spezifische tätigkeit vorausgesetzt würden und die ärztliche vorbildung einstellungsvoraussetzung gewesen sei. dies treffe auf seine - im einzelnen beschriebene - tätigkeit vollumfänglich zu. bereits für die tätigkeit als unternehmensberater im gesundheitsbereich der l & company sei er von der beklagten mit schreiben vom 27. mai 2005 und vorher bereits am 15. mai 1998 von der versicherungspflicht befreit worden. seine jetzige tätigkeit stelle im direkten vergleich noch stärker und zeitlich umfänglicher auf konkrete medizinische inhalte ab. 9der kläger hat schriftsätzlich beantragt, 10den bescheid der beklagten vom 06.06.2012 in der fassung des widerspruchsbescheids vom 10.12.2012 aufzuheben sowie ihn für seine tätigkeit bei der l wirtschaftsprüfergesellschaft gemäß § 6 abs. 1 nr. 1 sgb vi vom 14.11.2011 an von der versicherungspflicht in der deutschen rentenversicherung zu befreien. 11die beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 12die klage abzuweisen. 13das bundessozialgericht habe in seinen urteilen aus 2012 betont, dass mit der entscheidung über eine befreiung keine umfassende befreiung von der versicherungspflicht auch für andere - ähnliche - beschäftigungen ausgesprochen werde. maßgeblich sei allein, ob für den kläger gerade wegen seiner beschäftigung als unternehmensberater für die beigeladene zu 3) eine pflichtmitgliedschaft bei den beigeladenen zu 1) und 2) bestehe. dies müsse verneint werden. die aufgabe von ärztinnen und ärzten liege - wie sich aus § 1 abs. 2 der musterberufsordnung für ärzte (mbo-ä 1997) ergebe - darin, das leben zu erhalten, die gesundheit zu schützen und wiederherzustellen, leiden zu lindern, sterbenden beistand zu leisten und an der erhaltung der natürlichen lebensgrundlagen im hinblick auf ihre bedeutung für die gesundheit der menschen mitzuwirken. hinsichtlich ihrer ärztlichen entscheidungen dürften sie keine weisungen von nichtärzten entgegennehmen (§ 2 abs. 4 mbo-ä 1997). die beratende tätigkeit des klägers falle nicht hierunter, da sie ausweislich des anstellungsvertrags in erster linie auf die schaffung wirtschaftlicher strukturen im medizinischen bereich von krankenhäusern ziele. 14die vom sg mit beschlüssen vom 14.08.2013 und 11.04.2014 beigeladenen zu 1) und 2) haben die auffassung des klägers geteilt, dass dieser von der rentenversicherungspflicht zu befreien sei. sie haben ergänzend ausgeführt, dass die enge auslegung des begriffes "ärztliche tätigkeit" durch die beklagte an der wirklichkeit des berufsbildes vorbeigehe. in aller konsequenz würde diese auffassung dazu führen, dass z.b. auch ein laborarzt oder ein pathologe keine ärztliche tätigkeit ausübten. relevant für die beurteilung sei, ob der einsatz ärztlichen fachwissens nach dem stellenprofil und der konkreten aufgabenbeschreibung die tätigkeit präge. anders als bei "normalen" unternehmensberatern, die für gewöhnlich schwerpunktmäßig für rechtliche oder betriebswirtschaftliche beratungsthemen verpflichtet würden, berate der kläger ausschließlich krankenhäuser und setze dabei sein ärztliches basiswissen täglich ein. 15hinzu komme, dass in der weiterbildungsordnung für ärzte für den facharzt für öffentliches gesundheitswesen zahlreiche inhalte gefordert würden, die der kläger in seiner jetzigen tätigkeit erbringe. wenn diese inhaltlich jedoch dazu qualifizierten, den titel eines facharztes zu erwerben, so könne es nicht sein, dass es sich hierbei um nichtärztliche tätigkeiten handele, nur weil keine heilkunde am menschen ausgeübt werde. die satzungsrechtliche ausgestaltung des kammergesetzlichen begriffs der ärztlichen berufsausübung bzw. tätigkeit in c, wonach ärztliche tätigkeit jede tätigkeit sei, bei der ärztliche fachkenntnisse angewendet oder mitverwendet würden, sei durch die staatsaufsicht der ärztekammer berlin genehmigt und im rahmen mitgliedschafts- und beitragsrechtlicher streitigkeiten verwaltungsgerichtlich vielfach überprüft und über viele jahre hinweg bestätigt worden. ärztliche berufsausübung im sinne des - maßgeblichen - berliner kammergesetzes sei nicht identisch mit ärztlicher berufsausübung im sinne der bundesärzteordnung. 16der kläger, der zum 31.01.2014 aus dem beschäftigungsverhältnis bei der l ausgeschieden ist, hat auf befragung des sg in einer nichtöffentlichen sitzung am 11.11.2014 die ausgestaltung seiner tätigkeit bei der beigeladenen zu 3) ausführlich und konkret geschildert. wegen der einzelheiten der ausführungen wird auf das sitzungsprotokoll bezug genommen. 17das sg hat der klage mit urteil ohne mündliche verhandlung vom 27.02.2015 insoweit stattgegeben, als es die beklagte unter abänderung der angefochtenen bescheide verurteilt hat, den kläger für seine tätigkeit bei der l wirtschaftsprüfungsgesellschaft für die zeit vom 09.03.2012 bis 31.01.2014 von der rentenversicherungspflicht zu befreien. im übrigen hat es die klage abgewiesen. 18der kläger habe ab dem zugang seines antrags - gem. § 6 abs. 4 sgb vi jedoch nicht für die zeit davor - bis zum ende der tätigkeit bei der beigeladenen zu 3) einen anspruch auf befreiung von der rentenversicherungspflicht, da in diesem zeitraum die voraussetzungen für eine befreiung von der versicherungspflicht nach § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi erfüllt seien. 19die befreiung wirke nicht personenbezogen, sondern nur in bezug auf die konkrete tätigkeit, für die sie erteilt worden sei. eine früher erteilte befreiung (hier 1998 bzw. 2005) entfalte damit beim wechsel der beschäftigung hinsichtlich des neuen beschäftigungsverhältnisses auch dann keine wirkungen, wenn dieselbe oder eine vergleichbare berufliche tätigkeit verrichtet werde. 20nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts (bsg) habe die prüfung einer pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen kammer und der versorgungseinrichtung anhand der einschlägigen (landesrechtlichen) versorgungs- und kammerrechtlichen normen, hier § 2 abs. 1 s. 1 des berliner kammergesetzes und § 6 abs. 2 der satzung der berliner ärzteversorgung, zu erfolgen. deren voraussetzungen erfülle der kläger; insbesondere habe er eine ärztliche tätigkeit ausgeübt. entgegen der rechtsauffassung der beklagten seien die bundesrechtlichen regelungen der bundesärzteordnung (bäo) und der approbationsordnung für ärzte (äappro), die die berufszulassung und nicht regelungsbereiche berufsständischer art beträfen, nicht maßgeblich. unter berücksichtigung von § 22 abs. 1 s. 2 der satzung der beigeladenen zu 1) sowie auch von § 1 der berufsordnung der ärztekammer berlin gehöre zur ärztlichen tätigkeit im sinne des kammer- und versorgungsrechts des landes berlin nicht nur die behandlung von patienten. grundsätzlich könnten auch tätigkeiten in der medizinischen lehre und forschung, in wirtschaft, industrie und verwaltung sowie als ärztlicher gutachter oder in anderen bereichen einzubeziehen sein. soweit inhalte der ärztlichen ausbildung überwiegend verwendet würden, sei in jedem fall von einer ärztlichen tätigkeit auszugehen. 21gemessen an diesen grundsätzen stehe zur überzeugung der kammer fest, dass der kläger während der zeit seiner tätigkeit für die beigeladene zu 3) eine ärztliche tätigkeit im sinne des kammer- und versorgungsrechts des landes berlins ausgeübt habe und entsprechend pflichtmitglied bei den beigeladenen zu 1) und 2) gewesen sei. aus seinen schilderungen im erörterungstermin vom 11.11.2014 betreffend seines beruflichen werdegangs gehe für die kammer die (fach-)ärztliche tätigkeit des klägers in einem krankenhaus bzw. als leiter eines solchen neben tätigkeiten in der forschung, lehre und beratung von krankenhäusern und krankenkassen deutlich hervor. nach überzeugung der kammer habe er das hierbei und bereits während seiner berufsausbildung erworbene ärztliche fachwissen im rahmen seiner tätigkeit für die l schwerpunktmäßig eingesetzt bzw. verwandt. zwar seien gegenstand der abteilung "consulting healthcare", in welcher der kläger eine leitungsposition einnehme, auch personalfragen und abrechnungsfragen, also eher dem betriebswirtschaftlichen bereich zuzuordnende themenbereiche. der kläger sei nach seinen glaubhaften schilderungen jedoch schwerpunktmäßig mit der analyse und optimierung medizinischer prozesse in krankenhäusern betraut gewesen. für die annahme einer ärztlichen tätigkeit spreche, dass er im rahmen seiner tätigkeit als berater von krankenhäusern direkten kontakt zu ärzten und dem medizinischen fachpersonal gehabt und mit diesem medizinische detaildiskussionen geführt habe, die von ihm ohne anwendung seines ärztliches fachwissen nicht hätten geführt werden können. der kläger habe anschaulich und nachvollziehbar geschildert, dass die einführung von medizinischen behandlungspfaden in den von ihm beratenen krankenhäusern, ohne die anwendung seines ärztlichen fachwissens nicht möglich gewesen wäre. bereits die von ihm in diesem zusammenhang angesprochene fragestellung, wann bestimmte vorgänge und abläufe in dem jeweiligen krankenhaus vollzogen werden sollten, könne ohne medizinische fachkenntnisse und die kenntnis medizinischer organisationsstrukturen in krankenhäusern nicht beantwortet werden. gleiches gelte für die lektüre medizinischer leitlinien und der vom kläger vorgenommenen aufbereitung der leitlinien, um diese für den klinischen alltag handhabbar zu machen. wenn der kläger mit ärzten und pflegepersonal darüber diskutiere, welche medikamente zu welchem zeitpunkt gegeben werden sollten, setze er ebenso sein medizinisches fachwissen ein. dies gelte gleichermaßen für diskussionen hinsichtlich des richtigen zeitpunkts für bestimmte radiologische oder labortechnische untersuchungen. auch der vom kläger angesprochene bereich der optimierung medizinischer schnittstellen zwischen verschiedenen fachbereichen innerhalb eines krankenhauses beinhalte die schwerpunktmäßige anwendung medizinischen fachwissens. wie er die in diesem zusammenhang von ihm angesprochenen diskussionen über organisationsabläufe in der endoskopie oder bei konsildiensten ohne anwendung seines medizinischen fachwissens hätte führen sollen, sei nicht ersichtlich. gleiches gelte für fragestellungen im hinblick auf den eintritt und die verlegung eines patienten. auch im rahmen seiner beratungstätigkeit bei der fusionierung von krankenhäusern habe der kläger medizinisches fachwissen eingesetzt. dies betreffe insbesondere den aufgabenbereich, eine medizinische strategie für das neue krankenhaus aufzustellen. insoweit hätten zukünftige medizinische entwicklungen und die entwicklung der patientenpopulation einbezogen werden müssen. gleichermaßen habe dies das zusammenlegen von abteilungen in dem fusionierten krankenhaus betroffen. 22für die einstufung als ärztliche tätigkeit streite auch, dass sich die angaben des klägers mit den schilderungen seines arbeitgebers in zentralen punkten deckten. der arbeitgeber führe in übereinstimmung mit dem kläger aus, dass medizinische fachkenntnisse voraussetzung für die einstellung des klägers gewesen seien bzw. dass die tätigkeit des klägers ohne diese so nicht hätte ausgeübt werden können. die tätigkeit habe zudem zumindest mittelbar dem gesundheitsschutz und der lebenserhaltung im sinne des § 1 der berufsordnung der ärztekammer berlin gedient. tätigkeiten, die die prozessoptimierung und damit verbesserung von medizinischen behandlungsabläufen in krankenhäusern beträfen, bezweckten letztendlich auch, die medizinische behandlungsqualität zu verbessern und kämen damit den patienten zugute. 23dass im rahmen der vom kläger ausgeübten beratungstätigkeiten wirtschaftlichkeitserwägungen angestellt und in teilen sicherlich auch betriebswirtschaftliches basiswissen angewandt würden, stehe der einstufung als ärztliche tätigkeit nicht entgegen. nach der überzeugung der kammer habe die anwendung medizinischen fachwissens im vordergrund der tätigkeit gestanden. dies werde auch dadurch gestützt, dass der kläger selbst über keine betriebswirtschaftliche ausbildung im klassischen sinne verfüge, sondern sich grundlegende betriebswirtschaftliche kenntnisse lediglich im rahmen des bei der beigeladenen zu 3) absolvierten einmonatigen "mini-mba" und in zusammenarbeit mit anderen mitarbeitern aneignet habe. 24den von der beklagten angeführten bestimmungen des anstellungsvertrags komme vorliegend keine maßgebliche bedeutung zu. bei dem anstellungsvertrag handele es sich um einen standardisierten und offen formulierten vertrag, der im hinblick auf die konkrete ausübung der tätigkeit des klägers für die beigeladene zu 3) keine regelungen treffe. entscheidend komme es auf die oben bereits dargelegten tatsächlichen verhältnisse an, die für eine schwerpunktmäßige anwendung medizinischen fachwissens bei der ausübung der tätigkeit des klägers für die l streiten würden. 25gegen das ihr am 05.03.2015 zugestellte urteil hat die beklagte am 30.03.2015 berufung eingelegt. die argumentation des sg bedeute, dass jeder, der pflichtmitglied seiner berufsständischen kammer und der entsprechenden berufsständischen versorgungseinrichtung sei, automatisch auch eine befreiungsfähige tätigkeit isv § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi ausübe. damit ignoriere das sg die jüngere rechtsprechung des bsg zum befreiungsrecht. der begriff der ärztlichen berufsausübung sei im kammerrecht naturgemäß sehr weit gefasst, was bezogen hierauf nach der verwaltungsgerichtlichen rechtsprechung legitim sei, jedoch bezogen auf das befreiungsrecht nach dem sgb vi zu weit gehe. die bestimmungen der landes- und kammergesetzlichen regelungen würden jeweils nur die einstiegsnormen bilden. die dortigen definitionen einer berufsspezifischen tätigkeit hätten bindungswirkung ausschließlich für die berufsständischen kammern, nicht hingegen für die befreiungsfähigkeit einer tätigkeit. dies bestätigten die urteile des bsg zu den syndikusanwälten, bei denen eine anwaltliche tätigkeit im sinne der bundesrechtsanwaltsordnung (brao) vom bsg geprüft und verneint worden und anschließend durch entsprechende neuregelung des gesetzgebers jetzt (mit bindungswirkung für den rentenversicherungsträger, vgl. § 46a abs. 2 brao) geändert worden sei. in die prüfung der befreiung sei entsprechend nicht nur das kammerrecht, sondern auch das jeweils zugrundeliegende berufsrecht einzubeziehen. das sg habe die frage der pflichtmitgliedschaft des klägers daher auf der grundlage des in der bundesärzteordnung (bäo) oder den landesrechtlichen berufsordnungen umschriebenen berufsbildes des arztes klären müssen. würde man wie das sg allein auf den kammerrechtlichen begriff der ärztlichen berufsausübung abstellen, würden damit selbst tätigkeiten, die auch von personen ohne approbation ausgeführt werden könnten, zur befreiung berechtigen, solange die betroffenen ihre im studium erworbenen kenntnisse noch mitverwendeten. ihrer auffassung nach werde eine ärztliche tätigkeit nur bei approbationspflichtigen tätigkeiten und allenfalls erlaubnispflichtigen tätigkeiten nach § 2 abs. 2 bäo ausgeübt. es werde insbesondere auf urteile des lsg bayern vom 10.07.2014 (l 14 r 1207/13) und 08.09.2015 (l 19 r 554/11) sowie des lsg baden-württemberg v. 13.01.2013 - l 5 r 4971/10 hingewiesen. eine weite auslegung der befreiungsregelung des § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi bedrohe die zugrundeliegende friedensgrenze in zunehmendem maß. 26eine berufsspezifische beschäftigung sei vom kläger nach dem konkreten vertragsverhältnis, das als ausgangspunkt heranzuziehen sei, nicht ausgeübt worden. vielmehr habe er in seiner funktion als unternehmensberater nicht - auch nicht im weitesten sinn der gesundheit des einzelnen menschen oder der des gesamten volkes gedient. inhaltlich habe nicht die verbesserung der medizinischen versorgung im fokus gestanden, sondern die effektivere gestaltung der abläufe mit blick auf kosten und wirtschaftlichkeit des krankenhauses. festzuhalten sei, dass die aufgaben des klägers letztlich mit kenntnissen und fähigkeiten aus einem medizinstudium bewältigt werden könnten. eine pflichtmitgliedschaft in der ärztekammer sei für die erfüllung der aufgaben erlässlich. 27die beklagte beantragt, 28das urteil des sozialgerichts köln vom 27.02.2015 teilweise aufzuheben und die klage insgesamt abzuweisen. 29der kläger und die beigeladenen zu 1) und 2) beantragen, 30die berufung zurückzuweisen. 31der kläger, der das urteil des sg für zutreffend erachtet, hat an seiner auffassung festgehalten. vertiefend hat er u.a. auf diverse gesetzesvorschriften verwiesen, die wie zb § 31 des krankenhausgestaltungsgesetzes nordrhein-westfalen das weite begriffsverständnis der ärztlichen tätigkeit widerspiegelten. wer nach ärztlichem weiterbildungsrecht, das eine vielzahl von spezialisierungen ohne unmittelbaren patientenkontakt aufweise, weitergebildet worden sei, sei ärztlich tätig. soweit der gesetzgeber nach den entscheidungen des bsg zu den syndikusanwälten eine lösung gefunden habe, die die bindung der beklagten an die zulassungsentscheidung der berufskammer ausdrücklich vorsehe, sei dies eine sachgerechte lösung, um eine konkrete und sachkundige ermittlung der beruflichen tätigkeit zu gewährleisten. soweit die beklagte eine befreiung nur bei approbationspflichtiger tätigkeit annehmen wolle, habe das lsg hessen bei einer apothekerin ausdrücklich verworfen, dieses kriterium als befreiungsvoraussetzung anzusehen (l 1 kr 347/15; anhängig bsg b 5 re 5/16 r). 32die beigeladenen zu 1) und 2) haben sich gleichfalls dem urteil des sg angeschlossen. es sei nicht zulässig, wie dies die beklagte mache, bei der notwendigen einzelfallprüfung allein auf den status des arbeitgebers (hier: unternehmensberatungsgesellschaft statt krankenhaus) abzustellen. vielmehr müssten - wie durch das sg zutreffend und ausführlich erfolgt - alle umstände der konkreten tätigkeit gewürdigt werden. die vom bsg für rechtsanwälte entwickelten ansätze seien nicht auf ärzte übertragbar, weil sich die rechtlichen grundlagen des arztberufes wesentlich von denen des rechtsanwaltsberufs unterschieden. wenn die beklagte wohl auch für ärzte eine doppelberufstheorie entwickeln wolle, missachte sie die vorgaben des bsg hinsichtlich des prüfungsmaßstabs, der sich aus den "kammer- und versorgungsrechtlichen normen" ergebe. 33soweit die beklagte die friedensgrenze des § 6 abs. 1 nr. 1 sgb vi bedroht sehe, finde dies in der derzeitigen situation mit nur drei sozialgerichtlichen verfahren im bereich der berliner ärzteversorgung und wenigen weiteren in der gesamten bundesrepublik keine stütze. der kläger sei - neben einem anderen ärztlichen unternehmensberater, den die beklagte im übrigen von der versicherungspflicht befreit habe - der einzige ärztliche unternehmensberater im mitgliederbestand der berliner ärzteversorgung, dem das versorgungswerk eine überwiegend ärztliche tätigkeit testiert habe. unzweifelhaft trage er in seiner tätigkeit zur volksgesundheit bei und lindere das leiden von erkrankten, da er in krankenhäusern für eine optimierte patientenversorgung sorge. dass eine ärztliche tätigkeit nicht nur den bereich der unmittelbaren patientenversorgung umfasse, sei auch vom bundesgerichtshof (bgh) und bundesverfassungsgericht (bverfg) bereits ausgeführt worden. 34die beigeladene zu 1) hat ihre im streitzeitraum geltenden satzungen übersandt und dargelegt, dass die voraussetzungen des § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 b und c sgb vi erfüllt gewesen seien. die beigeladene zu 2) hat einen auszug aus dem berliner kammergesetz, die hauptsatzung der ärztekammer berlin und die beitragsordnung der ärztekammer berlin in den zum zeitpunkt des beginns der kammermitgliedschaft des klägers am 14.11.2011 geltenden fassungen vorgelegt und im übrigen ausgeführt, dass die voraussetzungen des § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1a sgb vi erfüllt seien, da das berliner kammergesetz seit dem jahr 1978 ununterbrochen eine pflichtmitgliedschaft von im land tätigen ärzten vorsehe. 35die beigeladene zu 3), die l wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die der senat mit beschluss vom 27.07.2016 zum verfahren beigeladen hat, hat keinen antrag gestellt und im verfahren auch keine stellungnahme abgegeben. 36wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts und des übrigen vorbringens der beteiligten im einzelnen wird auf den inhalt der gerichts- und verwaltungsakten der beklagten bezug genommen. diese sind gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen. 37 | 38die berufung der beklagten ist zulässig aber nicht begründet. 39das sozialgericht hat der klage zu recht - in dem hier aufgrund der alleinigen berufung der beklagten noch streitigen zeitraum vom 09.03.2012 bis 31.01.2014 - stattgegeben. der angefochtene bescheid vom 06.06.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheids vom 10.12.2012 (§ 95 sgg) ist insoweit rechtswidrig und beschwert den kläger in seinen rechten (§ 54 abs. 2 s. 1 sgg). der kläger hat im genannten zeitraum einen anspruch auf befreiung von der versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung für die bei der beigeladenen zu 3) ausgeübte beschäftigung. 40versicherungspflichtig und damit beitragspflichtig in der gesetzlichen rentenversicherung sind nach § 1 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi personen, die gegen arbeitsentgelt beschäftigt sind. versicherungs- und beitragspflicht gilt jedoch nicht für personen, die nach besonderen vorschriften von der versicherungspflicht befreit sind. 41nach § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb vi in der seit 01.01.2005 und somit im streitigen zeitraum geltenden fassung des gesetzes vom 09.12.2004 (bgbl. i s. 3242) werden von der versicherungspflicht befreit beschäftigte und selbständig tätige für die beschäftigung oder selbständige tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch gesetz angeordneten oder auf gesetz beruhenden verpflichtung mitglied einer öffentlich-rechtlichen versicherungseinrichtung oder versorgungseinrichtung ihrer berufsgruppe (berufsständische versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher verpflichtung mitglied einer berufsständischen kammer sind, wenn 42a) am jeweiligen ort der beschäftigung oder selbständigen tätigkeit für ihre berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche verpflichtung zur mitgliedschaft in der berufsständischen kammer bestanden hat, b) für sie nach näherer maßgabe der satzung einkommensbezogene beiträge unter berücksichtigung der beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen versorgungseinrichtung zu zahlen sind und c) aufgrund dieser beiträge leistungen für den fall verminderter erwerbsfähigkeit und des alters sowie für hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle lage der berufsständischen versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. 43offen bleiben kann, ob der entscheidung der beklagten, dass ab 14.11.2011 eine versicherungspflicht bestehe, hier bereits der bescheid vom 27.05.2005 in verbindung mit dem befreiungsbescheid vom 19.06.1998 entgegensteht (dazu 1.). der kläger ist jedenfalls nach § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1, abs. 4 sgb vi für den gesamten streitigen zeitraum seiner - sozialversicherungspflichtigen (dazu 2.) - beschäftigung bei der beigeladenen zu 3) bei hieraus resultierender pflichtmitgliedschaft bei den beigeladenen zu 1) und 2) (dazu 3.) unter berücksichtigung und auslegung der maßgeblichen rechtsvorschriften (dazu 3.a.) und der hieran ausgerichteten beurteilung der konkreten umstände (dazu 3.b.) von der versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung zu befreien. die beigeladenen erfüllen die weiteren voraussetzungen der ziffern a) bis c) des § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi (dazu 3.c.). 441.) mit dem bescheid vom 27.05.2005 in verbindung mit dem befreiungsbescheid vom 19.06.1998 hat die bfa den kläger im hinblick auf dessen mitgliedschaft in der versorgungsanstalt für ärzte, tierärzte und zahnärzte in baden-württemberg mit wirkung vom 15.05.1998 "von der versicherungspflicht zur rentenversicherung der angestellten befreit" bzw. am 27.05.2005 ausgeführt, dass diese befreiung auch ab 01.04.2005 weitergelte. hinsichtlich der befreiungsdauer hat sie ausgeführt: "dabei gehen wir davon aus, dass sie weiterhin berufsspezifisch beschäftigt sind, ihre pflichtmitgliedschaft in der versorgungseinrichtung und berufskammer weiterhin besteht und einkommensbezogene beiträge an das versorgungswerk gezahlt werden. bei vorliegen der genannten voraussetzungen bedarf es keines erneuten befreiungsbescheides." 45welche regelungswirkung diese ausführungen am 09.03.2012 noch hatten, muss der senat nicht entscheiden. zwar beschränkt sich eine befreiung gem. § 6 abs. 5 s. 1 sgb vi grundsätzlich auf die jeweilige beschäftigung und erfasst damit nach der gesetzlichen vorschrift nicht die tätigkeit des klägers nach seinem wechsel von der tätigkeit bei der unternehmensberatung l bzw. als geschäftsführer und ärztlicher direktor eines krankenhauses zur beigeladenen zu 3) (vgl. zu diesem grundsatz bsg urt. v. 31.10.2012 - b 12 r 3/11 r - juris rn. 15 ff.). allerdings beschränken sich die ausführungen der bfa im bescheid vom 27.05.2005, die sich die beklagte als deren rechtsnachfolgerin zurechnen lassen muss, gerade nicht darauf, "lediglich" eine befreiung von der versicherungspflicht für die konkrete beschäftigung zu erteilen. vielmehr lassen sich die gesonderten, zusätzlichen ausführungen in der hier verwandten formulierung aus der für die auslegung maßgeblichen empfängerperspektive auch dahingehend verstehen, dass eine weitergehende selbstständige regelung zur dauer der befreiung getroffen werden und der kläger bei gleichbleibenden voraussetzungen von der gesetzlichen rentenversicherungspflicht befreit bleiben sollte (vgl. auch bsg urt. v. 10.03.2011 - b 3 ks 2/10 r - juris rn. 10 ff.). da der bescheid vom 27.05.2005 bezogen auf die tätigkeit des klägers bei der unternehmensberatung l ergangen ist, könnte die zusätzliche formulierung, es werde (für die andauernde befreiung) davon ausgegangen, dass der kläger "weiterhin" berufsspezifisch beschäftigt sei, eine erstreckung auf eine gleichgelagerte tätigkeit bei der beigeladenen zu 3) nahelegen. dies gilt gleichermaßen für die ausdrückliche weitere feststellung, dass es bei vorliegen der genannten voraussetzungen (berufsspezifische beschäftigung, pflichtmitgliedschaft in der versorgungseinrichtung und berufskammer, zahlung einkommensbezogener beiträge an das versorgungswerk) keines erneuten befreiungsbescheides bedürfe. 46eine abschließende entscheidung dieser frage ist jedoch hier nicht erforderlich, da der kläger von der versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung im streitigen zeitraum jedenfalls gem. § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi zu befreien ist. 472.) der kläger war (abhängig) beschäftigter isv § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi, weil die konstituierenden merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen anknüpfungssachverhalts (§ 7 abs. 1 satz 1 viertes buch sozialgesetzbuch - sgb iv) vorliegen. hiernach hat er bei der beigeladenen zu 3) als dortiger partner nichtselbständige arbeit in einem arbeitsverhältnis (§§ 611 ff. bürgerliches gesetzbuch - bgb) erbracht. aufgrund dieser entgeltlichen beschäftigung war er (renten-)versicherungspflichtig (§ 1 s. 1 nr. 1 halbs. 1 alt. 1 sgb vi). eine versicherungsfreiheit wegen geringfügigkeit (§ 5 abs. 2 s. 1 nr. 1 sgb vi i. v. m. § 8 abs. 1 sgb iv) kam nicht in betracht, da sein lohn unstreitig die maßgebliche grenze von bei antragstellung 400,00 euro bzw. seit 01.01.2013 450,00 euro überschritten hat. 483.) der kläger war wegen seiner tätigkeit bei der beigeladenen zu 3) auch aufgrund einer durch gesetz angeordneten oder auf gesetz beruhenden verpflichtung mitglied einer berufsständische versorgungseinrichtung - hier der beigeladenen zu 1) - und zugleich kraft gesetzlicher verpflichtung mitglied einer berufsständischen kammer - hier der beigeladenen zu 2). 49die beigeladenen zu 1) und 2) haben die bei ihnen bestehende pflichtmitgliedschaft des klägers mit wirkung ab 14.11.2011 nach eigener prüfung festgestellt. diese feststellungen, die gerichtlich überprüfbar sind, weil sie - anders als bei der gesetzlichen neuregelung für syndikusanwälte (§ 46a abs. 2 s. 4 bundesrechtsanwaltsordnung idf des gesetzes zur neufassung des rechts der syndikusanwälte und zur änderung der finanzgerichtsordnung vom 21.12.2015 - bgbl i, s. 2517) - weder den rentenversicherungsträger noch die gerichte binden (vgl. hierzu auch lsg baden-württemberg urt. v. 23.01.2013 - l 5 r 4971/10 - juris rn. 61 mwn), berücksichtigen die maßgeblich heranzuziehenden rechtsvorschriften in zutreffender auslegung (dazu a.) und beurteilen hieran ausgerichtet ebenso zutreffend die tatsächlichen umstände der konkret zu beurteilenden tätigkeit des klägers (dazu b.). 50a.) die frage, ob ein arzt wegen einer beschäftigung isv § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi pflichtmitglied einer versorgungseinrichtung und berufsständischen kammer ist, ist anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen normen zu prüfen (vgl. z.b. bsg urt. v. 31.10.2012 - b 12 r 3/11 r - juris rn. 34; lsg hessen urt. v. 28.04.2016 - l 1 kr 347/15 - juris rn. 52; urt. v. 06.02.2014 - l 1 kr 8/13 - juris rn. 53). 51gem. § 6 abs. 2 der satzung der ärzteversorgung berlin werden mitglieder dieser berufsständischen versorgungseinrichtung alle personen, die nach dem 31.12.2005 mitglied der ärztekammer berlin werden und zum zeitpunkt des eintritts der mitgliedschaft a) das 60. lebensjahr nicht vollendet haben und b) nicht berufsunfa&776;hig im sinne des § 10 absatz 1 satz 1 buchstabe c sind. 52gem. § 2 abs. 1 der hauptsatzung der ärztekammer berlin vom 25.06.2003 (hauptsatzung - abl. 2004, s. 708) i.v.m. § 2 abs. 1 s. 1 des gesetzes über die kammern und die berufsgerichtsbarkeit der ärzte, zahnärzte, tierärzte, apotheker, psychologischen psychotherapeuten und kinder- und jugendlichenpsychotherapeuten (berliner kammergesetz v. 04.09.1978 - gvbl. s. 1937, zuletzt geändert durch das elfte gesetz zur änderung des berliner kammergesetzes vom 17.03.2010, gvbl. s. 135) gehören der ärztekammer berlin alle ärzte an, die im land berlin ihren beruf ausüben oder, ohne bereits kammerangehörige in einem anderen land der bundesrepublik deutschland zu sein, ihren wohnsitz haben. 53da der begriff der "ausübung des ärztlichen berufs" in der maßgeblichen satzung der beigeladenen zu 2) nicht selbst definiert ist, ist dieser unter berücksichtigung weiterer kammer- bzw. versorgungsrechtlicher bestimmungen sowie mit hilfe allgemeiner auslegungsgrundsätze, so dem zweck, sinnzusammenhang und der historischen entwicklung (vgl. hierzu zb bsg urt. v. 17.02.2016 - b 6 ka 6/15 r - juris rn. 37 mwn zur rspr des bverfg) zu konkretisieren. unter anwendung dieser maßstäbe liegt eine ausübung des ärztlichen berufs isv § 2 der hauptsatzung der berliner ärztekammer zur überzeugung des senats jedenfalls dann vor, wenn die anwendung oder mitverwendung von ärztlichem wissen der konkret ausgeübten tätigkeit ihr gepräge gibt (ebenso lsg hamburg urt. v. 25.02.2010 - l 1 kr 42/08 - juris rn. 26; vgl. auch bverwg urt. v. 30.01.1996 - 1 c 9/93 - juris rn. 24 zur vergleichbaren beurteilung der tätigkeit eines apothekers). nicht hingegen ist ärztliche tätigkeit - wie die beklagte meint - nur dann anzunehmen, wenn der arzt die heilkunde in form einer unmittelbaren behandlung von patienten ausübt. 54ausdrücklich sehen die in der beitragsordnung der beigeladenen zu 2) und in der satzung der beigeladenen zu 1) aufgeführten definitionen des begriffes der ärztlichen tätigkeit ein weites begriffsverständnis vor. so bestimmt § 3 abs. 2 s. 1 der beitragsordnung der beigeladenen zu 2) vom 11.09.2002, zuletzt geändert durch den 9. nachtrag vom 17.11.2010, dass ärztliche tätigkeit jede tätigkeit umfasse, bei der ärztliche fachkenntnisse angewendet oder mitverwendet werden. konkretisierend wird hierzu in s. 2 dieser vorschrift bestimmt, dass dazu nicht nur die behandlung von patienten, sondern z.b. auch die tätigkeit in der medizinischen lehre und forschung, in wirtschaft, industrie und in der verwaltung, als fachjournalist sowie gelegentliche tätigkeiten als ärztlicher gutachter, als praxisvertreter oder im ärztlichen notfalldienst zählen. auch § 22 abs. 1 s. 2 der satzung der beigeladenen zu 1) sieht in weitem begriffsverständnis jede tätigkeit als ärztliche tätigkeit an, zu der die ärztliche ausbildung berechtige oder bei der inhalte der ärztlichen ausbildung überwiegend verwendet werden könnten. 55die über die einzelbehandlung am patienten hinausgehende landesrechtliche begriffsauffassung der ausübung des ärztlichen berufs lässt sich auch aus der berufsordnung der ärztekammer berlin in der im streitigen zeitraum geltenden neufassung vom 30.05.2005, zuletzt geändert durch den 2. nachtrag vom 26.09.2006 (abl. s. 4111) entnehmen. hiernach dient gem. § 1 abs. 1 der arzt der gesundheit des einzelnen menschen und der bevölkerung. seine aufgabe ist es, das leben zu erhalten, die gesundheit zu schützen und wiederherzustellen, leiden zu lindern, sterbenden beistand zu leisten und an der erhaltung der natürlichen lebensgrundlagen im hinblick auf ihre bedeutung für die gesundheit der menschen mitzuwirken. diese aufgabenbezeichnung, die im übrigen der von der beklagten zitierten musterberufsordnung für ärzte entspricht, gibt ausweislich der präambeln die überzeugung der ärzteschaft u.a. zur förderung berufswürdigen verhaltens wieder und bildet das historisch gewachsene ärztliche berufsverständnis zur überzeugung des senats deutlich ab. bereits in diesen formulierungen, die neben dem einzelnen menschen die bevölkerung und die lebensgrundlagen in bezug nimmt, kommt klar zum ausdruck, dass sich der ärztliche aufgabenbereich nicht in der unmittelbaren behandlung konkret einer einzelnen erkrankten person erschöpft, sondern in weit umfassenderen maß auf den schutz bzw. die wiederherstellung der gesundheit allgemein abzielt. auch diejenigen tätigkeiten, welche nicht unmittelbar am patienten ausgeübt werden, diesem jedoch mittelbar zugute kommen, entsprechen dem in der berufsordnung niedergelegten selbstverständnis und sind damit ärztliche tätigkeit. inwiefern die beklagte sich aus den formulierungen der berufsordnung in ihrem engen begriffsverständnis gestützt sehen will, erschließt sich dem senat nicht. in übereinstimmung hiermit formuliert § 1 abs. 2 s. 2 der berufsordnung der ärztekammer berlin in der aktuell geltenden neufassung vom 26.11.2014 (abl. s. 2341) nunmehr noch ergänzend präzisierend, dass ärztinnen und ärzte ihre ärztlichen aufgaben über die unmittelbare sorge um die gesundheit von patientinnen und patienten hinaus auch wahrnehmen, "wenn sie mit ihren ärztlichen fachkenntnissen an der förderung und erhaltung der gesundheit des einzelnen menschen, der bevölkerung, der hierfür erforderlichen natürlichen und gesellschaftlichen lebensgrundlagen oder des gesundheitssystems mitwirken". 56auch bei historischer betrachtung lässt sich eine beschränkung "ärztlicher" tätigkeit auf unmittelbare patientenbezogene (be-)handlungen nicht erkennen. im gegenteil benannte schon die reichsärzteordnung vom 13.12.1935 (reichsgesetzblatt i, 1433) in § 2 abs. 2 neben dem gebiet der heilkunde die tätigkeit in der ärztlichen wissenschaft als ärztliche aufgabe. 57die vielfältigkeit der tätigkeit von ärzten spiegelt sich aktuell in einer vielzahl von gesetzen wider, in denen der gesetzgeber als selbstverständlich voraussetzt, dass ärztliche tätigkeit auch über einen primären patientenkontakt hinaus ausgeübt wird. zu recht benennt der kläger hier beispielhaft das krankenhausgestaltungsgesetz des landes nrw, wonach gem. § 31 abs. 1 s. 2 an der betriebsleitung eines krankenhauses "eine leitende ärztin oder ein leitender arzt" zu beteiligen sei, § 22 des gesetzes über den öffentlichen gesundheitsdienst des landes nrw, wonach die leitung der medizinischen dienste der unteren gesundheitsbehörde einer ärztin oder einem arzt obliege, § 279 abs. 5 fünftes buch sozialgesetzbuch (tätigkeit beim medizinischen dienst der krankenkassen - mdk), § 40 abs. 2 arzneimittelgesetz (durchführung klinischer prüfungen) oder § 20 medizinproduktegesetz (durchführung klinischer prüfung mit medizinprodukten). 58in besonderem maße steht dem von der beklagten für zutreffend erachteten engen verständnis der ärztlichen tätigkeit sinn und verständnis des im interesse der gesundheitssorge stehenden ärztlichen weiterbildungsrechts entgegen. so wird in der weiterbildungsordnung der ärztekammer berlin in ihrer im maßgeblichen zeitraum geltenden fassung des 8. nachtrags vom 23.09.2009 in § 1 der präambel der geregelte erwerb festgelegter kenntnisse, erfahrungen und fertigkeiten als ziel der weiterbildung angesehen, um nach abschluss der berufsausbildung "besondere ärztliche kompetenzen" zu erlangen. die weiterbildung diene der "sicherung der qualität der berufsausübung". gem. § 2 abs. 1 der präambel führt der erfolgreiche abschluss der weiterbildung (die im folgenden hauptteil eingehend und streng geregelt ist), zur "facharzt"bezeichnung in einem gebiet, zur schwerpunktbezeichnung im schwerpunkt eines gebietes oder zu einer zusatzbezeichnung. spezialisierungen sieht die genannte weiterbildungsordnung (wie auch die weiterbildungsordnungen der anderen landesärztekammern in der bundesrepublik) in einer vielzahl von bereichen vor. konkret aufgelistet sind hierbei 33 medizinische gebiete. in einer begriffsbestimmung werden als "gebiete der unmittelbaren patientenversorgung" die gebiete allgemeinmedizin, anästhesiologie, augenheilkunde, chirurgie, frauenheilkunde und geburtshilfe, hals-nasen-ohrenheilkunde, haut- und geschlechtskrankheiten, humangenetik, innere medizin, kinder- und jugendmedizin, kinder- und jugendpsychiatrie und -psychotherapie, mund-kiefer-gesichtschirurgie, neurochirurgie, neurologie, physikalische und rehabilitative medizin, psychiatrie und psychotherapie, psychosomatische medizin und psychotherapie sowie strahlentherapie und urologie genannt (s. 14 der weiterbildungsordnung). die übrigen 14 gebiete, auf denen sich ein arzt fortbilden kann (anatomie, arbeitsmedizin, biochemie, hygiene und umweltmedizin, laboratoriumsmedizin, mikrobiologie, virologie und infektionsepidemiologie, nuklearmedizin, öffentliches gesundheitswesen, pathologie, pharmakologie, physiologie, radiologie, rechtsmedizin und transfusionsmedizin), beinhalten demnach nicht oder zumindest nicht primär eine unmittelbare patientenversorgung. bei anwendung der von der beklagten für zutreffend erachteten engen auslegung des begriffs der ärztlichen tätigkeit würde dies konkret bedeuten, dass ein approbierter arzt, der sich unter dem in der weiterbildungsordnung genannten erheblichem aufwand besonders qualifizierte fachkenntnisse auf einem der zuletzt genannten gebiete erworben hat und sodann in seinem spezialgebiet tätig wird, nun (überhaupt) keine "ärztliche" tätigkeit mehr ausübt. entsprechend wären alle auf diesen gebieten tätigen ärzte nicht mehr als pflichtmitglieder der ärztekammern anzusehen. dies entspricht sicherlich in keiner weise dem heutigen allgemeinen verständnis des arztberufs. ebenso wäre es in sich widersinnig, einen arzt zunächst sonderqualifikationen erwerben zu lassen und ihn bei der anschließenden ausübung der erworbenen fachkenntnisse dann nicht mehr als arzt zu verstehen. bereits insofern bereitet es erhebliche schwierigkeiten, die auffassung der beklagten nachzuvollziehen. diesen erheblichen widerspruch ihrer auslegung hat die beklagte im verfahren nicht aufgelöst, obwohl aufgrund der frühzeitig vom kläger und den beigeladenen eingebrachten bedenken hierzu deutlicher anlass bestanden hätte. 59auch unter berücksichtigung des zwecks des berliner kammerrechts ist ein weites verständnis des begriffs der ärztlichen tätigkeit isv § 2 der hauptsatzung der beigeladenen zu 2) jedenfalls im oben genannten umfang geboten. so knüpft das kammerrecht an sinn und aufgabe der ärztlichen selbstverwaltung an, über die landesärztekammer die gesamtbelange des ärztlichen berufsstandes zu wahren. für diese öffentlich übertragene aufgabe ist die nutzbarmachung der erfahrung der ärzte aus allen tätigkeitsbereichen erforderlich. vor diesem vom bundesverwaltungsgericht in seiner rechtsprechung dargelegten hintergrund (vgl. z.b. urt. v. 30.01.1996 - 1 c 9/93 - juris rn. 24 mwn) ist in der zum beitragsrecht ergangenen verwaltungsgerichtlichen rechtsprechung zb die ausübung einer ärztlichen tätigkeit für alle im öffentlichen dienst tätigen approbierten ebenso wie für die in den klinischen und theoretischen fächern lehrenden und forschenden ärzte, für einen approbierten arzt als wissenschaftlichem mitarbeiter in der pharmaindustrie, für ein vorstandsmitglied in einer kassenärztlichen vereinigung etc. angenommen worden (zur umfangreichen darstellung der verwaltungsgerichtlichen rechtsprechung vgl. vg karlsruhe urt. v. 28.02.2008 - 9 k 79/07 - juris rn. 17 sowie rechtswissenschaftliches gutachten prof. dr. h, westfälische wilhelms-universität n vom 31.10.2014, s. 9 ff.). 60das bundessozialgericht hat eine weite auslegung des landesrechtlichen begriffs der ärztlichen tätigkeit - bereits - für (jedenfalls) mit bundesrecht vereinbar angesehen. so hat es im fall einer approbierten medizinjournalistin, für die das lsg hamburg eine pflichtmitgliedschaft in der hamburgischen ärztekammer angenommen hatte (urt. v. 25.02.2010 - l 1 kr 42/08) ausgeführt, dass der begriff der ärztlichen tätigkeit zwar auch enger verstanden werden könnte. das berufungsgericht habe den rahmen zulässiger gesetzesauslegung jedoch nicht überschritten. nicht zu verkennen sei, dass eine medizin-journalistische tätigkeit wie von der dortigen klägerin ausgeübt, auf ärztlichem wissen aufbaue und ihr zum teil aufgaben der medizinischen aufklärung zukämen, wie sie vergleichbar auch von ambulant oder stationär praktizierenden ärzten erbracht würden (urt. v. 10.03.2011 - b 3 ks 2/10 r - juris rn. 17). 61dass der begriff der ärztlichen berufsausübung nicht nur die behandlung eines patienten selbst erfasst, entspricht darüber hinaus auch der von der beigeladenen zu 1) zitierten aktuellen und klaren rechtsprechung des bgh (beschl. v. 12.04.2016 - ii zb 7/11 - juris rn. 12) sowie höchstrichterlich des bverfg (beschl. v. 12.01.2016 - 1 bvl 6/13 - juris rn. 61). hier wird jeweils ausdrücklich und mit weiteren nachweisen zu literatur bzw. rechtsprechung ausgeführt, die ausübung des berufs des arztes setze nicht voraus, dass die heilkunde in form der heilbehandlung ausgeübt werde. vielmehr stelle auch die gutachterliche und fachlich beratende tätigkeit des arztes ebenso eine selbständige ausübung dieses berufs dar. 62entgegen der auffassung der beklagten bedroht eine weite auslegung des begriffs der ärztlichen berufsausübung im o.g. sinn auch nicht die "friedensgrenze" der befreiungsregelung des § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi. so hat die beigeladene zu 1) - von der beklagten unwidersprochen - im september 2015 berichtet, dass es bei ihr lediglich drei und auch im gesamten bundesgebiet nur wenig anhängige sozialgerichtsverfahren in dieser abgrenzungsfrage gebe. auch ist zu beachten, dass es seit der im wesentlichen auch heute geltenden fassung des § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi durch das gesetz zur änderung des sechsten buches sozialgesetzbuch und anderer gesetze vom 15.12.1995 (bgbl i, 1824) mit wirkung vom 01.01.1996 zunächst über jahrzehnte diesbezüglich kaum überhaupt gerichtliche streitverfahren gegeben hat. soweit die argumentation der beklagten als andeutung eines missbrauchs des befreiungsrechts durch die beigeladenen zu verstehen sein könnte, lässt sich dies in der praxis nicht erkennen und ist von der beklagten insoweit auch nicht näher belegt worden. dass in jüngerer zeit vermehrt streitverfahren geführt worden sind bzw. werden, ist nicht in einer "großzügigeren" feststellung von pflichtmitgliedschaften durch die beigeladenen zu 1) und 2), sondern allein durch eine geändert restriktivere auslegung der beklagten bedingt. in diesem zusammenhang weist die beigeladene zu 1) auch zu recht darauf hin, dass die ärztekammer berlin eine körperschaft des öffentlichen rechts ist, der vom staat aufgaben im wege der hoheitlichen selbstverwaltung übertragen worden sind und dass der indirekten unterstellung, sie bzw. die beigeladene zu 1) würden jedwede tätigkeit eines arztes als ärztliche tätigkeit einstufen, widersprochen werden muss. spezifisch für den fall der tätigkeit eines arztes als unternehmensberater hat die beigeladene zu 1) - auch insoweit von der beklagten unwidersprochen - berichtet, dass im bereich der berliner ärzteversorgung neben dem kläger lediglich einem einzigen weiteren ärztlichen unternehmensberater eine überwiegend ärztliche tätigkeit attestiert worden sei. diesen habe die beklagte im übrigen von der rentenversicherungspflicht befreit. 63soweit die beklagte die von ihr angenommene enge auslegung des begriffs der ärztlichen tätigkeit (allein) auf die vorschrift des § 2 abs. 5 der bäo stützen möchte, begegnet es bereits erheblichen bedenken, die auslegung einer landesrechtlichen norm trotz der vielzahl der vom kläger und den beigeladenen dargebrachten sowie oben aufgeführten auslegungskriterien lediglich auf einer einzelnen (ihrerseits auszulegenden) gesetzesvorschrift begründen zu wollen. darüber hinaus verkennt die beklagte, dass die bundesärzteordnung nicht als grundlage der prüfung einer pflichtmitgliedschaft des klägers bei der beigeladenen zu 2) herangezogen werden kann. 64bundesrechtlich normiert § 2 abs. 5 der bäo, dass die ausübung des ärztlichen berufs die ausübung der heilkunde unter der berufsbezeichnung "arzt" oder "ärztin" sei. da die voraussetzung für das führen der berufsbezeichnung "arzt" oder "ärztin" gem. § 2a bäo bis auf die erlaubnistatbestände des § 2 abs. 2, 3 oder 4 bäo die ärztliche approbation ist, ist die ausübung des ärztlichen berufs im rahmen der bäo also als ausübung der heilkunde nach erfolgter ärztlicher approbation zu verstehen. der begriff der heilkunde selbst ist in der bäo nicht definiert. ob für dessen auslegung auf die definition in § 1 abs. 2 des gesetzes über die berufsmäßige ausübung der heilkunde ohne bestallung (heilpraktikergesetz idf v. 01.01.1964) zurückzugreifen ist (vgl. hierzu gutmann, a.a.o., s. 13 mwn) kann der senat offen lassen. dies ist vor dem hintergrund fraglich, dass § 1 abs. 2 heilpraktikergesetz selbst die gewählte definition ausdrücklich auf "dieses gesetz", also das heilpraktikergesetz, beschränkt. ebenfalls offen lassen kann der senat - im fall einer heranziehung - die weitere frage, wie § 1 abs. 2 heilpraktikergesetz seinerseits auszulegen ist. so muss die formulierung "ausübung der heilkunde im sinne dieses gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene tätigkeit zur feststellung, heilung oder linderung von krankheiten, leiden oder körperschäden bei menschen, auch wenn sie im dienste von anderen ausgeübt wird." nicht zwangsläufig dahingehend verstanden werden, dass als ausübung der heilkunde nur die tätigkeit konkret am patienten selbst anzusehen ist. 65ungeachtet dieser fragen ist ein vom obig dargelegten verständnis etwaig in der bäo abweichend zu definierender arztbegriff für die prüfung der pflichtmitgliedschaft des klägers bei der beigeladenen zu 2) ohne relevanz. § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi verweist in der vom gesetzgeber gewählten formulierung gerade nicht auf vorschriften, die sich wie die bäo auf erteilung, zurücknahme und verlust der approbation bzw. die befugnis zur ausübung des ärztlichen berufs, also auf das ärztliche berufszulassungsrecht beziehen. vielmehr müssen nach dem wortlaut des § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi die gesetze geprüft werden, die die pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen kammer (bzw. versorgungseinrichtung) begründen können. dies sind lediglich die (oben genannten landesrechtlichen) versorgungs- und kammerrechtlichen normen (vgl. hierzu wie bereits angegeben bsg urt. v. 31.10.2012 - b 12 r 3/11 r - juris rn. 34; vgl. auch urt. v. 10.03.2011 - b 3 ks 2/10 r - juris rn. 16 f.). die schaffung einer bezugnahme in § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi in dem von der beklagten gewünschten sinn auf die bäo läge allein im bereich gesetzgeberischer kompetenz. 66die bäo kommt entgegen der auffassung der beklagten aber auch nicht als auslegungshilfe für die vom gesetzgeber in bezug genommenen kammerrechtlichen vorschriften, die die beklagte lediglich als "einstiegsnormen" ansehen möchte, in betracht. hier ist zunächst zu beachten, dass die bäo als bundesrecht allein eine regelung für den (gem. art. 74 abs. 1 nr. 19 grundgesetz (gg) der gesetzgebungskompetenz des bundesgesetzgebers unterliegenden) bereich der ärztlichen berufszulassung (vgl. hierzu zb bverfg urt. v. 09.05.1972 - 1 bvr 518/62) trifft, d.h. insb. für die frage, welche tätigkeiten die approbation erfordern und welche voraussetzungen hierfür erfüllt sein müssen. für die ausfüllung landesrechtlicher regelungen zur ärztlichen berufsausübung kommt sie bereits grundsätzlich entsprechend allenfalls als (eingeschränkte) interpretationshilfe in betracht (vgl. bverwg urt. v. 30.01.1996 - 1 c 9/93 - juris rn. 17). eine anwendung konkret bei der auslegung des § 2 der hauptsatzung der beigeladenen zu 2) scheidet jedoch aufgrund der erheblichen divergenz in der zielsetzung der bundesärzteordnung bzw. des heilpraktikergesetzes einerseits von derjenigen der hier zu beurteilenden (pflicht-)mitgliedschaft in einer berufskammer andererseits aus. während erstere im hinblick auf das schutzgut gesundheit die ausübung heilkundlicher tätigkeit zur präventiven kontrolle unter einen erlaubnisvorbehalt stellen (vgl. hierzu bverfg beschl ... v. 02.03.2004 - 1 bvr 784/03 - juris rn. 9), sollen letztere - wie oben ausgeführt - der wahrung der belange des berufsstandes dienen. 67soweit die beklagte darüber hinaus formuliert, eine pflichtmitgliedschaft bestehe nur wegen der konkret ausgeübten beschäftigung, wenn diese noch dem ärztlichen berufsbild entspreche, wie es aus der bäo "oder den landesrechtlichen berufsordnungen für die in deutschland tätigen ärzte" folge, ist nicht klar, aus welchen konkreten bestimmungen die beklagte ihre rechtsauffassung ableiten will. vielmehr ergibt sich - wie bereits dargelegt - aus der musterberufsordnung für ärzte und der hier einschlägigen berufsordnung sowie weiterbildungsordnung der beigeladenen zu 2) ein weites verständnis des begriffs der ärztlichen tätigkeit. 68entgegen der auffassung der beklagten ergibt sich eine enge auslegung auch nicht aus der rechtsprechung des bsg zur frage der befreiung sog. syndikusanwälte von der versicherungspflicht. soweit das bsg bei rechtsanwälten § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi dahingehend einschränkend ausgelegt hat, dass versicherungsfreiheit nur dann eintrete, wenn die pflichtmitgliedschaft in berufsständischer kammer und versorgungswerk auf einer "berufsspezifischen tätigkeit" beruhe, ist dies auf den fall des als arzt tätigen klägers nicht zu übertragen. 69dass sog. syndikusanwälte (nach alter rechtslage) keinen anspruch auf befreiung von der rentenversicherungspflicht hatten, hat das bsg (vgl. urteile v. 03.04.2014 - b 5 re 3/14 r, b 5 re 9/14 r, b 5 re 13/14 r) dem wortlaut der vorschrift des § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi und dem regelungsgehalt des § 6 abs. 5 s. 1 sgb vi entnommen, aus denen sich ergebe, dass beschäftigte und selbständig tätige von der versicherungspflicht nur für die beschäftigung oder selbständige tätigkeit befreit würden, wegen der sie durch oder aufgrund eines gesetzes sowohl pflichtmitglied in einer berufsständischen kammer als auch einer öffentlich-rechtlichen versorgungseinrichtung seien. sog. syndikusanwälte aber hätten eine doppelstellung inne: sie seien einerseits angestellte und andererseits rechtsanwälte. in das berufsbild eines anwalts als einem unabhängigen organ der rechtspflege lasse sich nur die tätigkeit als anwalt außerhalb des dienstverhältnisses als angestellter einfügen. dagegen seien bei der tätigkeit, die er als syndikus für seinen dienstherrn leistet, die typischen wesensmerkmale der freien berufsausübung, die das bild des anwalts bestimmen, nicht gegeben. das für die zulassung unverzichtbare berufsbild des rechtsanwalts könne sich damit nur daraus ergeben, dass der syndikus rechtlich und tatsächlich in der lage sei, neben seiner tätigkeit im unternehmen rechtsuchende als freier anwalt zu beraten und zu vertreten. der syndikusanwalt sei rechtsanwalt, nicht weil er syndikus sei, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als rechtsanwalt betätige. beide tätigkeiten seien grundsätzlich getrennt zu betrachten und könnten auch nicht im sinne einer einheitlichen betrachtung zusammengezogen werden (vgl. z.b. bsg urt. vom 03.04.2014 - b 5 re 13/14 r - juris rn. 39 mwn). da es keinen rechtssatz des inhalts gebe, dass stets nur die zugehörigkeit zu einem einzigen sicherungssystem in betracht kommen könnte (vgl. z.b. bsg urt. v. 03.04.2014 - b 5 re 13/14 r - juris rn. 45), könne der syndikusanwalt für seine tätigkeit als angestellter nicht von der versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung befreit werden. 70diese rechtsprechung des bsg zur befreiung von syndikusanwälten lässt sich auf die ausübung einer ärztlichen tätigkeit wie beim kläger nicht übertragen, da die grundvoraussetzungen, die das bsg zu seiner rechtsprechung veranlasst haben, bei diesem nicht vorliegen. so hat der kläger im streitigen zeitraum eben gerade nur eine tätigkeit und nicht wie der sog. syndikusanwalt eine doppeltätigkeit ausgeübt. auch ist der kläger - wie im folgenden noch ausgeführt wird - nach den einschlägigen satzungsbestimmungen der beigeladenen nur deshalb dort pflichtmitglied geworden, weil er eine tätigkeit ausgeübt hat, die ärztliche fachkenntnisse erfordert (tätigkeitsbezogene pflichtmitgliedschaft). damit ist das kriterium des § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi, dass eine pflichtmitgliedschaft wegen dieser angestellten tätigkeit eingetreten ist, beim kläger anders als bei dem syndikusanwalt, erfüllt. bei letzterem tritt die pflichtmitgliedschaft nämlich gerade nicht wegen seiner angestellten tätigkeit, sondern gem. § 4 brao als personenbezogene pflichtmitgliedschaft ausschließlich und allein für seine davon unabhängig und zusätzlich ausgeübte anwaltschaftliche tätigkeit ein. lassen sich die fallgestaltungen aber nicht vergleichen, kommt eine "analoge" anwendung der rechtsprechung des bsg zu den syndikusanwälten auf ärzte nicht in betracht. bereits das bsg selbst hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi um eine abschließende ausnahmeregelung handele, die einer weiten, erweiternden oder analogen anwendung weder bedürftig noch fähig sei (vgl. bsg urt. v. 03.04.2014 - b 5 re 13/14 r - juris rn. 50, 52 ff.). 71auch aus den sonstig von der beklagten zitierten urteilen, maßgeblich des bayerischen lsg und des lsg baden-württemberg, lässt sich ein anderes ergebnis nicht herleiten. unabhängig davon, dass die sozialgerichtlichen verfahrensvorschriften eine bindungswirkung eines lsg an die entscheidungen eines anderen lsg nicht vorsehen, lassen sich den genannten urteilen - soweit sie überhaupt im sinne der beklagten ergangen sind - keine über die obigen ausführungen hinausgehenden aspekte entnehmen. 72b.) bei dem kläger haben die genannten voraussetzungen für eine pflichtmitgliedschaft bei der beigeladenen zu 1) (hierzu aa.) und der beigeladenen zu 2) (hierzu bb.) im zeitraum der gesamten tätigkeit für die beigeladene zu 3) vorgelegen. 73aa.) der 1971 geborene kläger hatte im zeitpunkt des beginns der tätigkeit bei der beigeladenen zu 3), d.h. im november 2011 weder das 60. lebensjahr vollendet noch war er berufsunfähig isv § 6 abs. 2 der satzung der beigeladenen zu 1). mit aufnahme dieser beschäftigung und damit nach dem 31.12.2005 ist er mitglied der beigeladenen zu 2) (dazu im folgenden bb.)) und entsprechend der gesetzlichen bestimmung ohne erlass eines weiteren verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven rechtsakts zeitgleich obligatorisches pflichtmitglied bei der beigeladenen zu 1) geworden. 74bb.) unstreitig ist der kläger isv § 2 abs. 1 der hauptsatzung der beigeladenen zu 2) aufgrund der im november 1999 erlangten approbation arzt (vgl. § 2a i.v.m. § 2 abs. 1 bäo) und im streitigen zeitraum im land c tätig gewesen. 75zur überzeugung des senats hat er bei der tätigkeit für die beigeladene zu 3) auch seinen beruf als arzt isv § 2 abs. 1 der hauptsatzung der beigeladenen zu 2) ausgeübt. 76maßgebend für die beurteilung einer tätigkeit ist die klassifikation der konkret ausgeübten beschäftigung oder tätigkeit, für die die befreiung begehrt wird, nicht die abstrakte berufliche qualifikation (bsg urt. v. 31.10.2012 - b 12 r 3/11 r - juris rn. 34). anders als die beklagte diesbezüglich wohl meint, genügt entsprechend nicht allein die beschreibung "der funktion des klägers als unternehmensberater", um eine berufsspezifisch ärztliche tätigkeit zu verneinen. auch die tatsache, dass die zielrichtung einer unternehmensberatung auf eine verbesserung der kostenstrukturen abzielt, steht der ausübung einer ärztlichen tätigkeit nicht entgegen. gleichfalls steht es der qualifikation der tätigkeit als ärztlicher tätigkeit nicht - wie die beklagte wohl meint - prinzipiell entgegen, ob auch eine person ohne approbation die tätigkeit ausüben könnte (vgl. auch lsg hessen urt. v. 28.04.2016 - l 1 kr 347/15 - juris rn. 100 ff. (apotheker); urt. v. 06.02.2014 - l 1 kr 8/13 - juris rn. 62 (tierärztin)). die berufsständischen kammern und diesen ggf. folgend die gerichte haben bei der prüfung der pflichtmitgliedschaft nicht darüber zu entscheiden, wie eine person mit anderem beruflichen hintergrund die tätigkeit ggf. ausgeübt hätte, sondern (lediglich) darüber, wie sie von dem zu beurteilenden antragsteller bzw. kläger tatsächlich konkret ausgeübt wird bzw. worden ist. hierbei sind alle konkreten umstände des einzelfalls und insbesondere die ausgestaltung der überwiegenden arbeitstätigkeit, wie sie sich nach dem anstellungsvertrag in konkreter verbindung mit der ausgestaltung der tätigkeit im täglichen arbeitsleben darstellt, in ihrer gesamtheit und ihrem schwerpunkt zu würdigen (vgl. z.b. bsg urt. v. 03.04.2014 - b 5 re 13/14 r - juris rn. 28 ff., lsg hessen urt. v. 28.04.2016 - l 1 kr 347/15 - juris rn. 102, 105; vgl. auch kahlert, sozsich 2015, s. 38). 77unter berücksichtigung der genannten maßstäbe hat der kläger nach dem ergebnis der beweisermittlung im verfahren und insbesondere seinen schilderungen im erörterungstermin des sg, die der senat seiner beurteilung zugrunde legt und die auch von der beklagten nicht bestritten worden sind, bei der beigeladenen zu 3) eine ärztliche tätigkeit ausgeübt, weil die anwendung bzw. mitverwendung von ärztlichem wissen der tätigkeit ihr gepräge gegeben hat. 78da der kläger weit überwiegend krankenhäuser beraten hat, war neben bzw. bei einer kostenoptimierung stets die oberrangige frage im blick zu behalten, ob und wie gleichzeitig die gesundheit der patienten aufrechterhalten, gefördert und wiederhergestellt werden kann. so hat der kläger nachvollziehbar eine vielzahl von aufgaben geschildert, bei denen die gesundheitliche versorgung der bevölkerung unmittelbar im vordergrund stand (z.b. umsetzung der anwendung von leitlinien, diskussion mit ärzten und medizinischem fachpersonal über zeitpunkt und art von medikamentenanwendung, zeitpunkt von radiologischen oder labortechnischen untersuchungen, medizinische strategien im hinblick auf medizinische entwicklungen und patientenpopulationen, optimale organisationsstrukturen für das angebot medizinischer leistungen, struktur zur abstimmung mit niedergelassenen ärzten, um doppeluntersuchungen zu vermeiden, geringhaltung von wartezeiten). auf die ausführliche und überzeugende darstellung und abwägung des sg im einzelnen in dem angefochtenen urteil, die sich der senat nach überprüfung zu eigen macht, wird zur vermeidung von wiederholungen verwiesen (§ 153 abs. 2 sgg). 79ergänzend weist der senat darauf hin, dass § 135a fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v) die leistungserbringer und somit auch die vom kläger beratenen krankenhäuser zur qualitätssicherung verpflichtet. diese muss nach der gesetzlichen diktion dem jeweiligen stand der wissenschaftlichen erkenntnisse entsprechen und in der fachlich gebotenen qualität erbracht werden (§ 135a abs. 1 s. 2 sgb v). ziel ist nach § 135a abs. 2 nr. 1 sgb v dabei insbesondere auch die verbesserung der medizinischen ergebnisqualität. da letztere sich am patienten u.a. im sinne der verbesserung der letalität, der heilungsdauer, der lebensqualität sowie therapiebedingter komplikationen bemisst (vgl. hierzu blöcher in schlegel/voelzke jurispk-sgb v, 3. aufl. 2016, § 135a rn. 3), ist die einbringung der besonderen ärztlichen fachkenntnisse des klägers hierbei zwingend erforderlich und geboten gewesen. 80c.) bei der beigeladenen zu 2) liegen die voraussetzungen des § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 a) sgb vi vor, weil bei ihr für ihre berufsgruppe vor dem 01.01.1995 eine gesetzliche verpflichtung zur mitgliedschaft bestand. bei der beigeladenen zu 1) liegen die voraussetzungen des § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 b) und c) sgb vi vor. für sie waren und sind nach näherer maßgabe der vorgelegten satzung einkommensbezogene beiträge unter berücksichtigung der beitragsbemessungsgrenze zu zahlen und wurden bzw. werden aufgrund dieser beiträge leistungen für den fall verminderter erwerbsfähigkeit und des alters sowie für hinterbliebene erbracht und angepasst, wobei auch die finanzielle lage der berufsständischen versorgungseinrichtung berücksichtigt wird. 81die kostenentscheidung beruht auf der anwendung des § 193 sgg. der senat hat die kosten der beigeladenen zu 1) und 2) im rahmen seines ermessens als von der beklagten zu erstatten angesehen, da diese - anders als die beigeladene zu 3) - im berufungsverfahren umfangreiche und fundierte stellungnahmen abgegeben und im übrigen auch selbst anträge gestellt haben. einer auferlegung der kosten der beigeladenen zu 1) und 2) steht die vorschrift des § 193 abs. 4 sgg nicht entgegen. soweit dort die aufwendungen der in § 184 sgg genannten gebührenpflichtigen nicht als erstattungsfähig angesehen werden, werden beigeladene, auch wenn es sich um juristische personen des öffentlichen rechts handelt, in dieser in bezug genommenen vorschrift nicht aufgeführt (vgl. bsg urt. v. 06.09.2007 - b 14/7b as 60/06 r - juris rn. 18; urt. v. 17.06.2008 - b 1 kr 24/07 r - juris rn. 31; urt. v. 01.03.2011 - b 1 kr 10/10 r - juris rn. 90) 82gründe für die zulassung der revision (§ 160 abs. 2 sgg) sind nicht ersichtlich. das bsg hat in seiner entscheidung vom 31.10.2012 - b 12 r 3/11 r bereits höchstrichterlich geklärt, dass die frage, ob ein arzt wegen einer beschäftigung isv § 6 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi pflichtmitglied einer versorgungseinrichtung und berufsständischen kammer ist, anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen normen geprüft werden müsse. ebenfalls hat es im urteil vom 10.03.2011 - b 3 ks 2/10 r ausgeführt, dass eine weite auslegung des begriffs der ärztlichen tätigkeit nicht gegen bundesrecht verstoße. die sich hieran anknüpfende würdigung und bewertung der konkreten tätigkeit des klägers ist eine tatrichterliche einzelfallentscheidung. | Klaeger*in | 1 |
173,650 | 3 O 344/13 | 2014-07-04T00:00:00 | Urteil | Tenor I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.686,52 € (i.W.: neunzehntausendsechshundertsechsundachtzig 52/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.09.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Rechte an der Beteiligung an der E. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt Rückzahlung ihrer Einlage nebst Agio und Ersatz entgangener Anlagezinsen. 3Unter dem 23.03.2007 beteiligte sich die Klägerin an der E – einem Schiffsfonds, dessen Zweck in Erwerb und Betrieb des Tankschiffs M bestand. Die Beteiligungssumme der Klägerin belief sich auf 25.000,00 US-$ zuzüglich eines Agios in Höhe von 5 % (insgesamt 19.686,52 €), die die Klägerin bezahlte. Grundlage des Fondsbeitritts der Klägerin waren der Emissionsprospekt zum Fonds Nr. 120 (Anl. B1) sowie die Beitrittserklärung der Klägerin vom 23.03.2007 (Anl. K4). Der Zeichnung waren am 08.03.2007 ein Gespräch mit der Zeugin X und die Prospektübergabe am gleichen Tag vorangegangen. An weiteren geschlossenen Fonds hatte sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Zeichnung nicht beteiligt. 4Die Beklagte vertrieb Beteiligungen an dem streitgegenständlichen Fonds. Für die Vermittlung der streitgegenständlichen Beteiligung erhielt die Beklagte Rückvergütungen aus den Vertriebskosten des Fonds, worauf die Klägerin von der Zeugin X nicht hingewiesen wurde. 5Eine von der Klägerin mit Schreiben vom 04.02.2013 angeregte außergerichtliche Einigung lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 15.02.2013 ab. 6Die Klägerin behauptet, die Beteiligung sei auf Empfehlung der Zeugin X erfolgt. Die Zeugin X habe sie falsch beraten. Gegenüber der Klägerin, die nach einer Anlage zur Altersvorsorge gefragt habe, habe die Zeugin die Sicherheit und steuerliche Attraktivität der Anlage betont. Dabei habe sie über verschiedene Risiken des Fonds nicht aufgeklärt, so über den Darlehenscharakter von Ausschüttungen, das Totalverlustrisiko und die von der Beklagten erhaltenen Rückvergütungen. Bei richtiger Aufklärung wäre die Klägerin dem Fonds nicht beigetreten und hätte stattdessen die Beteiligungssumme auf einem Tagesgeldkonto mit 2 % p.a. angelegt. Steuervorteile habe die Klägerin durch die Beteiligung nicht erzielt. Von den den Schadensersatzanspruch begründenden Umständen habe sie erst im Jahr 2013 erfahren. 7Die Klägerin ist der Ansicht, die aufklärungspflichtige Beklagte sei ihrer Informationspflicht hinsichtlich der erhaltenen Rückvergütungen nicht nachgekommen. 8Die Klägerin beantragt, 91. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 19.686,52 € nebst Zinsen in Höhe von 2 % p.a. vom 02.04.2007 bis 10.09.2013 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.09.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Rechte an der Beteiligung an der E; 102. festzustellen, dass die Beklagte mit der Annahme der Abtretung in Verzug ist. 11Die Beklagte beantragt, 12 die Klage abzuweisen. 13Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe sich mit Email vom 03.01.2007 an die Zeugin gewandt. Sie habe um die Übersendung von Unterlagen bezüglich verschiedener geschlossener Fonds gebeten, die sie erhalten habe; an einer Beratung durch die Zeugin X sei die Klägerin nicht interessiert gewesen. Die Zeugin habe der Klägerin eine andere Beteiligung, eine Beteiligung an dem C, empfohlen. Die Klägerin habe sich nach einer Bedenkzeit von 14 Tagen hingegen ausdrücklich und auf eigenen Wunsch für eine Beteiligung an dem streitgegenständlichen Fonds entschieden. Außerdem habe die Klägerin im Oktober 2007 eine sog. MIFID-Aufklärung von der Beklagten in Form der Broschüre „Kundeninformationen zum Wertpapiergeschäft“ erhalten, mit der sie über die Zahlung von Vermittlungsvergütungen informiert worden sei (Anl. B2). 14Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Klägerin die Ausschüttungen ganz oder teilweise zurückgezahlt habe. 15Die Beklagte ist der Ansicht, es habe keine Pflicht zur Aufklärung bezüglich Rückvergütungen der Bank bestanden. Außerdem sei die unterbliebene Aufklärung für die Anlegerentscheidung der Klägerin nicht kausal gewesen und habe zudem auf einem unvermeidbaren Rechtsirrtum der Beklagten beruht. Zudem seien Steuervorteile der Klägerin schadensmindernd in Abzug zu bringen. 16Die Beklagte beruft sich im Zusammenhang mit der MIFID-Mitteilung „Kundeninformationen zum Wertpapiergeschäft“ auf die Einrede der Verjährung. 17Die Klage ist am 11.09.2013 zugestellt worden. Die Klägerin hat die Klage mit Schreiben vom 06.09.2013 (Bl. 22 d.A.) in Höhe von 224,68 € zurückgenommen. Die Klägerin hat die ursprüngliche Summe in Höhe von 19.911,20 € um die Höhe der Gewerbesteuerbeträge auf insgesamt 19.686,52 € reduziert, da die Klägerin diesen Betrag nicht an das Finanzamt abführen musste. 18Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen T und X sowie der Klägerin als Partei. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 04.04.2014 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang und damit weit überwiegend begründet. Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB in Höhe der geleisteten Einlage nebst Agio Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung an dem streitgegenständlichen Fonds zu. Die Beklagte ist ihrer Aufklärungspflicht bezüglich erhaltener Rückvergütungen nicht nachgekommen. Ein Anspruch auf Ersatz entgangener Anlagezinsen besteht nicht. 21Der Schadensersatzanspruch der Klägerin folgt aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. Anlageberatungsvertrag, auf Grundlage der Vorschriften des BGB, in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung. Es steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag geschlossen wurde. Für das Zustandekommen ist regelmäßig ausreichend, dass die Parteien wegen einer Geldanlage in Verhandlung getreten sind (BGH NJW 1977, 2259). Ein Vertrag kommt auch ohne ausdrückliche Abrede der Parteien zustande, wenn ein Anlageinteressent bei einer bestimmten Anlageentscheidung Rat bei einem Anlageinstitut sucht und dieses ihn berät (BGH, Urt. v. 15.06.2000 – III ZR 305/98 Rn. 6; BGH, Urt. v. 07.10.2008 – XI ZR 89/07 Rn. 11; BGH, Beschl. v. 09.03.2011 – XI ZR 191/10 Rn. 19; BGH, Urt. v. 19.03.2013 – XI ZR 431/11 Rn. 17; Palandt, § 280 Rn. 47; a.A. Krüger, NJW 2013, 1845, 1849; verneint bei gezielter Auftragserteilung BGH, Urt. v. 19.05.1998 – XI ZR 216/97; BGH, Urt. v. 19.03.2013 – XI ZR 431/11 Rn. 17; OLG Hamm, Urt. v. 28.11.2011 – 31 U 74/11; I-31 U 74/11; OLG Düsseldorf ZIP 2004, 409). Ausreichend für einen stillschweigenden Abschluss ist, dass die Beratung erkennbar Grundlage für die Anlageentscheidung des Interessenten werden soll. 22Die Zeugin X hat erklärt, dass die Klägerin mit der Bitte um Informationen bezüglich geschlossener Fonds an sie herangetreten sei. Sie habe daraufhin im Gespräch mit der Klägerin zwei – u.a. den streitgegenständlichen – Fonds vorgestellt. Die Zeugin beschreibt ihre Tätigkeit als Anlageberaterin, die mit den Kunden über Anlageziele und -wünsche spricht und das auch so bei der Klägerin und ihrem Bruder getan habe. Das Gericht folgt dieser Aussage. Es ist überzeugt, dass die Aussage glaubhaft und die Zeugin persönlich glaubwürdig ist. Die Zeugin hat nachvollziehbar und detailliert dargelegt, wie sich ihre Tätigkeit als Anlageberaterin im Gespräch mit Kunden gestaltet. Sie hat dabei widerspruchsfrei auf das Gespräch mit der Klägerin und ihrem Bruder Bezug genommen und erklärt, wie sie die beiden Fondsangebote den Geschwistern vorgestellt hat. Die Darstellung ist plausibel und entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung in Hinblick auf Gespräche mit Bankkunden in Anlagefragen. Ferner ist die Zeugin auch glaubwürdig, da sie an der Darstellung kein ersichtliches Eigeninteresse hat. Die Zeugin ist Mitarbeiterin der Beklagten. Von Letzterer wird die von der Zeugin dargestellte Beratungssituation vielmehr bestritten. Dieser Widerspruch von Interessen der Beklagten und Aussage der Zeugin belegt ihre unvoreingenommene Glaubwürdigkeit. Die glaubhafte Zeugenaussage des Zeugen T bestätigt diese Darstellung. Er stellt widerspruchsfrei und in Einklang mit der Zeugin X den Einfluss der Beklagten auf die Anlageentscheidung der Klägerin dar. Auch als Bruder und den damit denkbaren verwandtschaftlichen und emotionalen Bindungen ist er mangels einseitiger Belastungstendenzen glaubwürdig. 23Der Berater schuldet dem Anlageinteressenten im Rahmen eines Beratungsvertrags dann eine anleger- und objektgerechte Beratung (BGH, Urt. v. 06.07.1993 – XI ZR 12/93 Rn. 14 ff.; BGH, Urt. v. 22.03.2011 – XI ZR 33/10 Rn. 22 ff.). Im Rahmen einer objektgerechten Beratung ist der Berater verpflichtet, den Interessierten richtig und vollständig zu informieren, ihn bezüglich aller Umstände und Risiken aufzuklären, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sein können (BGH, Urt. v. 22.03.2011 – XI ZR 33/10 Rn. 20; BGH, Urt. v. 01.12.2011 – III ZR 56/11 Rn. 9 f.; Palandt, § 280 Rn. 48 ff., 54). 24Die objektgerechte Beratung erfasst auch die ungefragte Aufklärung über Rückvergütungen durch die Bank. Rückvergütungen sind regelmäßig aufklärungspflichtige Positionen. Bei aufklärungspflichtigen Rückvergütungen handelt es sich um regelmäßig umsatzabhängige Provisionen, die im Unterschied zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen gezahlt werden. Damit entsteht bei dem Anlageinteressenten zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage. Wenn der Rückfluss an die Bank allerdings nicht dem Interessenten mitgeteilt wird, kann der Anleger nicht das besondere Interesse der Bank an der Empfehlung einer bestimmten Anlage erkennen (BGH, Beschl. v. 09.03.2011 – XI ZR 191/10 Rn. 22 ff.; Beschl. v. 24.08.2011 – XI ZR 158/01 Rn. 4). 25Eine Information ist erforderlich, um dem Anlagekunden den Interessenkonflikt der Bank vor Augen zu führen. Die Bank hat ungefragt – im Gegensatz zu einem freien Anlageberater – sowohl hinsichtlich des Ob als auch der konkreten Höhe der Rückvergütung zu informieren (BGH, Urt. v. 19.12.2006 – XI ZR 56/05 Rn. 22; BGH, Beschl. v. 09.03.2011 – XI ZR 191/10; BGH, Urt. v. 16.03.2011 – 19 U 126/10, BeckRS 2011, 10187; BGH, Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 498/11). Die Bank kann ihren Pflichten – als eines von mehreren Mitteln (BGH, Urt. v. 11.05.2006 – III ZR 205/05 Rn. 9) –, durch die rechtzeitige Übergabe eines richtigen und vollständigen Prospekts nachkommen (OLG Köln, Urt. v. 04.09.2012 – 24 U 65/11 Rn. 25; Palandt, § 311 Rn. 70). 26Der Emissionsprospekt war der Klägerin unstreitig vor Zeichnung übergeben worden. Allerdings genügt der dortige Hinweis auf Vertriebskosten nicht für eine ausreichende Aufklärung. Es ist regelmäßig erforderlich, dass der Betreffende auch namentlich als Empfänger der Vergütungen benannt wird. In dem Prospekt heißt es allerdings lediglich auf S. 31 unter dem Stichwort „Vertrieb und Einwerbung des Beteiligungskapitals“: „Für Marketing und Einwerbung des Beteiligungskapitals erhält die Q eine vertraglich vereinbarte Gebühr in Höhe von TUS-$ 10.020 zuzüglich Umsatzsteuer berücksichtigt.“ Die Beklagte geht also nicht aus dem Emissionsprospekt als Empfängerin namentlich hervor. Das wäre allerdings für eine ausreichende Aufklärung erforderlich (BGH, NJW 2011, 3227; BGH, NJW 2012, 2427; BGH, NJW 2013, 1801). In dem Beratungsgespräch mit der Zeugin X wurde die Klägerin unstreitig nicht über die Rückvergütungen informiert. 27Zudem ist die fehlende Aufklärung bezüglich der Rückvergütungen für die Anlageentscheidung der Klägerin auch kausal geworden. Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt auch in Bezug auf mangelnde Aufklärung bezüglich Rückvergütungen uneingeschränkt (BGH, Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 498/11; vgl. ferner BGH, Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 240/10 Rn. 29; BGH, Urt. v. 08.05.2012 – XI ZR 262/10 Rn. 34 ff.). Aus dieser Vermutung wird eine Beweislastumkehr bezüglich des kausalen Schadens gefolgert (BGH, Beschl. v. 09.03.2011 – XI ZR 191/10 Rn. 20; BGH, Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 240/10 Rn. 20). Die Beklagte müsste darlegen und beweisen, dass die Klägerin auch im Fall ordnungsgemäßer Aufklärung die Anlage erworben hätte, da sie einen zutreffenden Rat ohnehin nicht befolgt hätte (BGH, Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 240/10 Rn. 19). Die Beklagte hat den Beweis nicht führen können. 28Nach der überzeugenden Aussage der Klägerin im Rahmen der Parteivernehmung steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin den Fonds nicht gezeichnet hätte, wenn sie über den Erhalt von Rückvergütungen durch die Beklagte aufgeklärt worden wäre (zur Parteivernehmung im Rahmen der Kausalität BGH, Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 240/10 Rn. 23 ff.; BGH, Urt. v. 08.05.2012 – XI ZR 262/10 Rn. 38 ff.). Die Klägerin hat erklärt, dass sie die streitgegenständliche Beteiligung dann nicht gewählt hätte. Sie hätte erkannt, dass sie nicht im Mittelpunkt des Interesses der Beklagten gestanden hätte und diese es allein darauf angelegt hätte, sich zu bereichern. Den Prospekt habe die Klägerin nicht gelesen und auch zuvor keine Fondsbeteiligung gezeichnet. Die Aussage der Klägerin ist glaubhaft. Sie hat widerspruchsfrei bekundet, dass sie den Fonds nicht gezeichnet hätte, wenn ihr die Rückvergütungen bekannt gewesen wären. Denn – so betonte die Klägerin – für ihre Entscheidung war das Vertrauensverhältnis zu der Zeugin X und damit der Beklagten maßgebend. Hätte die Klägerin von den Rückvergütungen gewusst, so hätte sie das erhebliche Eigen- und nur beschränkte Interesse der Beklagten an der Person der Klägerin erkannt. Ohne die genannte Vertrauensbeziehung hätte sie nicht gezeichnet. Diese Erklärung ist plausibel und ohne weiteres nachvollziehbar. Wenn auch ein beachtliches Eigeninteresse der Klägerin an einer derartigen Darstellung nicht von der Hand zu weisen ist, so ist sie zugleich persönlich glaubwürdig. Auch nach mehrfachen Nachfragen hat sie unbeeindruckt und klar an ihrer Aussage festgehalten. Sie ließ sich in der Vernehmung von hypothetischen Fragen und Alternativvorschlägen zu ihrem Anlegerverhalten nicht von ihrer Auffassung abbringen. Sie beharrte mit authentisch übermittelten Emotionen auf ihrer Position. 29Ferner kann dahinstehen, ob die MIFID-Mitteilung im Oktober 2007 der Klägerin zugegangen ist. Denn sie genügt jedenfalls nicht den inhaltlichen Anforderungen, um die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens zu widerlegen. 30In dem Kapitel „Allgemeine Information für Kunden über Zuwendungen“, S. 10 ff. wird allgemein über den Erhalt von Vertriebs-, Verwaltungs- und Vertriebserfolgsvergütungen im Bereich von Investmentfonds der Beklagten informiert. Diese Informationen sind schon nicht ausreichend, da die Bank regelmäßig über die konkrete Höhe der erhaltenen Rückvergütungen aufklären muss. Zudem handelt es sich um eine „Kundeninformation zum Wertpapiergeschäft“ und nicht um Hinweise für die durch die Beklagte vermittelte Schiffsbeteiligung (vgl. BGH, Beschl. v. 19.07.2011 – XI ZR 191/10 Rn. 9; BGH, Urt. v. 08.05.2012 – XI ZR 262/10 Rn. 48). Damit liegt eine eher allgemein gehaltene Information vor, so auch betitelt als Kundeninformation zum Wertpapiergeschäft (Anl. B2). Eher fernliegend erscheinen Rückschlüsse von einem Einverständnis mit Rückvergütungen im Fall von Wertpapieren auf den hier vorliegenden Schiffsfonds (vgl. BGH, Beschl. v. 19.07.2011 – XI ZR 191/10 Rn. 9; BGH, Urt. v. 08.05.2012 – XI ZR 262/10 Rn. 48). Konkretere Informationen werden in der Broschüre nicht mitgeteilt, sondern allein in dem Kapitel „Allgemeine Informationen für Kunden über Zuwendungen“, S. 11, in Aussicht gestellt: „Ob und in welcher Höhe wir Rückvergütungen zur Deckung des Vertriebsaufwands bezüglich anderer Finanzinstrumente erhalten, werden wir Ihnen im Einzelfall gesondert mitteilen.“ 31Schließlich hatte die Klägerin unstreitig zum Zeitpunkt der Zeichnung keine Anlegererfahrung mit geschlossenen Fonds. Sie ist keine Anlegerin, die allgemein Kenntnis von Rückzahlungen an die Beklagte hatte (vgl. BGH, Beschl. v. 15.01.2013 – XI ZR 8/12; BGH, Urt. v. 08.05.2012 – XI ZR 262/10; BGH, Urt. v. 28.05.2013 – XI ZR 184/11). 32Die Beklagte hat die Pflichtverletzung auch zu vertreten, ihr Verschulden wird nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass sie die mangelnde Aufklärung hinsichtlich der Rückvergütungen nicht zu vertreten hat. Hinsichtlich des vorgetragenen unvermeidbaren Rechtsirrtums ist auf die hohen Anforderungen der Rechtsprechung zur Bejahung eines unvermeidbaren Rechtsirrtums zu verweisen. So hat der Betroffene regelmäßig die Rechtslage gewissenhaft zu prüfen. Soweit es ihm erforderlich erscheint, muss er Rechtsrat einholen (BGH, Beschl. v. 29.06.2010 – XI ZR 308/09; BGH, Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 498/11). Der Beklagten ist ein Fahrlässigkeitsvorwurf zur Zeit der Zeichnung im Jahr 2007 zu machen. Nach Rechtsprechung des BGH müssen Banken spätestens seit 1990 über ihre Aufklärungspflichten in Bezug auf Rückvergütungen informiert sein (BGH, Beschl. v. 29.06.2010 – XI ZR 308/09; BGH, Urt. v. 08.05.2012 – XI ZR 262/10), nachdem in den Jahren 1989 und 1990 Grundsatzentscheidungen des BGH in Bezug auf heimliche und damit unzulässige Kick-Back-Vereinbarungen ergangen sind (BGH, Urt. v. 28.02.1989 – XI ZR 70/88; BGH, Urt. v. 06.02.1990 – XI ZR 184/88). 33Der Klägerin ist der Schaden im Sinne von § 249 Abs. 1 BGB im Wege der Naturalrestitution zu ersetzen, sie ist so zu stellen, als ob sie den Zeichnungsschein nicht gezeichnet hätte. Der Anspruch ist gerichtet auf Rückzahlung der Einlage nebst Agio ohne Ersatz entgangener Anlagezinsen, Zug um Zug gegen Übertragung der Anlage (vgl. Palandt, § 280 Rn. 50). Einen Anspruch auf entgangenen Gewinn gemäß § 252 BGB in Höhe von 2 % Zinsen bei einer Anlage auf dem Tagesgeldkonto hat die Klägerin bislang nicht schlüssig dargelegt und unter Beweis gestellt. Zwar sind entgangene Anlagezinsen Teil des entgangenen Gewinns nach § 252 BGB. Bezüglich der abstrakten Berechnung der Anleger kann in der Regel auf die allgemeine Lebenserfahrung, § 252 S. 2 BGB, abgestellt werden, dass Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt ruht, sondern angelegt wird (BGH, 08.05.2012 - XI ZR 262/10; Palandt, § 252 Rn. 7; OLG Stuttgart Urt. v. 30.11.2010 – 6 U 2/10). Allerdings wurde durch die Rechtsprechung des BGH die Möglichkeit einer abstrakten Berechnung des entgangenen Gewinns insoweit begrenzt, als dass es nicht der allgemeinen Erfahrung entspreche, dass eine Geldanlage überhaupt einen Gewinn ergebe und eine bestimmte Gewinnhöhe erst recht nicht festzustellen sei (BGH Urt. v. 24.04.2012 – XI ZR 360/11). Es obliegt dem Anleger, den entgangenen Gewinn konkret zu berechnen. Der Anleger ist für die Tatsache und die Höhe des entgangenen Gewinns unter Berücksichtigung von § 287 ZPO, § 252 S. 2 BGB darlegungs- und beweisbelastet. Es ist seine Aufgabe, konkrete Alternativanlagen darzulegen und einen entsprechenden Beweis anzutreten (BGH Urt. v. 24.04.2012 – XI ZR 360/11; OLG Hamm Urt. v. 11.06.2012 – 31 U 89/11). 34Die Klägerin trägt lediglich vor, sie hätte anderenfalls den Zeichnungsbetrag auf einem Tagesgeldkonto zu den genannten Zinskonditionen angelegt. Dieser Vortrag ist für ein Zusprechen eines entgangenen Gewinns nicht hinreichend substantiiert. Denn die Klägerin legt nicht dar, dass sie tatsächlich alternativ einer derart konservativen Anlegeroption den Vorzug gegeben hätte. 35Vorliegend hat die Klägerin keine Ausschüttungen behalten, die schadensmindernd zu berücksichtigen wären. Die Beklagte bestreitet die Rückzahlungen der Ausschüttungen durch die Klägerin gemäß § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen. Das Bestreiten mit Nichtwissen ist zulässig, da die Rückzahlungen nicht an die Beklagte, sondern an die selbstständige Fondsgesellschaft zu zahlen waren. Das Gericht sieht es gleichwohl als erwiesen an, dass die Ausschüttungen vollumfänglich von der Klägerin zurückgeführt wurden. Es wurden ein Bestätigungsschreiben über den Erhalt der Einzahlung in Höhe von 1.556,56 € vom 26.09.2012 (K10) sowie die Aufforderungsschreiben der Fondsverwaltung vom 06.08.2012 (K11) und 12.10.2012 (K12) vorgelegt. Die Echtheit der Urkunden wurde nicht in Frage gestellt. 36Dem Zahlungsanspruch der Klägerin steht auch keine Anrechnung von etwaigen Steuervorteilen im Wege des Vorteilsausgleichs entgegen. Eine Anrechnungspflicht besteht, wenn nicht die Ersatzleistung selbst oder eine Zug um Zug Übertragung der Beteiligung seitens der Klägerin an die Beklagte ihrerseits etwa als Betriebseinnahme nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG zu versteuern ist (BGH, Urt. v. 07.12.2009 – II ZR 205/08 Rn. 30; Urt. v. 15.07.2010 – III ZR 336/08 Rn. 36; BGH, Urt. v. 15.07.2010 – III ZR 336/08 Rn. 36, 50; OLG München, Urt. v. 17.01.2012 – 5 U 2167/11 Rn. 58; LG Bielefeld, Urt. v. 31.05.2012 – 6 O 625/11 Rn. 110; LG Dortmund, Urt. v. 22.11.2013, 3 O 35/13). Auch bei Versteuerung sind Steuervorteile anzurechnen, wenn der Anleger außergewöhnlich hohe Steuervorteile erzielt hat. Die Klägerin hat ihre Ersatzleistung zu versteuern. Für besonders hohe Steuervorteile ist seitens der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nichts dargetan. 37Letztlich ist der Anspruch der Klägerin auch nicht gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 BGB verjährt. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt mit Entstehen des Anspruchs und der Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners. Der Anspruch entsteht im Falle einer mangelnden Aufklärung und Beratung durch Eingehung der vertraglichen Verpflichtung, also mit Vertragsschluss vom 23.08.2005 (BGH, Urt. v. 08.07.2010 – III ZR 249/09 Rn. 24; Palandt, § 199 Rn. 15). Kenntnis ist zu bejahen, wenn die bekannten Tatsachen genügen, um die Folgerung auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Anspruchsgegners nahezulegen (BGH, Urt. v. 03.06.2008 – XI ZR 319/06, Rn. 29 ff.). Für das Vorliegen der Voraussetzungen ist die Anspruchsgegnerin, die Beklagte, beweispflichtig (BGH, Urt. v. 23.01.2007 – XI ZR 44/06, Rn. 19). Sie verweist auf die Kundeninformation im Oktober 2007, die allerdings wie oben dargestellt nicht hinreichend konkret über die erhaltenen Rückvergütungen der Klägerin informiert. Ihr Zugang kann dahinstehen, da sie ohnehin wie bereits dargelegt nicht kenntnisbegründend wirkt. 38Der Antrag bezüglich der Zinsen ab Rechtshängigkeit folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. 39Der Feststellungsantrag ist zulässig, das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse folgt aus §§ 756, 765 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 31.05.2000 – XII ZR 41/98; Thomas/Putzo, § 256 Rn. 10). Das den Gläubigerverzug nach §§ 293 ff. BGB begründende Angebot auf Anteilsübertragung ist zudem jedenfalls in der Klageschrift erfolgt (vgl. Palandt, § 280 Rn. 50). 40Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 u. 2 ZPO. 41Der Streitwert wird auf 19.911,20 € bis zum 06.09.2013 und ab dem 07.09.2013 auf 19.686,52 € festgesetzt. | i. die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 19.686,52 € (i.w.: neunzehntausendsechshundertsechsundachtzig 52/100 euro) nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 11.09.2013 zu zahlen, zug um zug gegen abtretung ihrer rechte an der beteiligung an der e. im übrigen wird die klage abgewiesen. ii. die beklagte trägt die kosten des rechtsstreits. iii. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden betrags vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die klägerin begehrt rückzahlung ihrer einlage nebst agio und ersatz entgangener anlagezinsen. 3unter dem 23.03.2007 beteiligte sich die klägerin an der e – einem schiffsfonds, dessen zweck in erwerb und betrieb des tankschiffs m bestand. die beteiligungssumme der klägerin belief sich auf 25.000,00 us-$ zuzüglich eines agios in höhe von 5 % (insgesamt 19.686,52 €), die die klägerin bezahlte. grundlage des fondsbeitritts der klägerin waren der emissionsprospekt zum fonds nr. 120 (anl. b1) sowie die beitrittserklärung der klägerin vom 23.03.2007 (anl. k4). der zeichnung waren am 08.03.2007 ein gespräch mit der zeugin x und die prospektübergabe am gleichen tag vorangegangen. an weiteren geschlossenen fonds hatte sich die klägerin zum zeitpunkt der zeichnung nicht beteiligt. 4die beklagte vertrieb beteiligungen an dem streitgegenständlichen fonds. für die vermittlung der streitgegenständlichen beteiligung erhielt die beklagte rückvergütungen aus den vertriebskosten des fonds, worauf die klägerin von der zeugin x nicht hingewiesen wurde. 5eine von der klägerin mit schreiben vom 04.02.2013 angeregte außergerichtliche einigung lehnte die beklagte mit schreiben vom 15.02.2013 ab. 6die klägerin behauptet, die beteiligung sei auf empfehlung der zeugin x erfolgt. die zeugin x habe sie falsch beraten. gegenüber der klägerin, die nach einer anlage zur altersvorsorge gefragt habe, habe die zeugin die sicherheit und steuerliche attraktivität der anlage betont. dabei habe sie über verschiedene risiken des fonds nicht aufgeklärt, so über den darlehenscharakter von ausschüttungen, das totalverlustrisiko und die von der beklagten erhaltenen rückvergütungen. bei richtiger aufklärung wäre die klägerin dem fonds nicht beigetreten und hätte stattdessen die beteiligungssumme auf einem tagesgeldkonto mit 2 % p.a. angelegt. steuervorteile habe die klägerin durch die beteiligung nicht erzielt. von den den schadensersatzanspruch begründenden umständen habe sie erst im jahr 2013 erfahren. 7die klägerin ist der ansicht, die aufklärungspflichtige beklagte sei ihrer informationspflicht hinsichtlich der erhaltenen rückvergütungen nicht nachgekommen. 8die klägerin beantragt, 91. die beklagte zu verurteilen, an die klägerin 19.686,52 € nebst zinsen in höhe von 2 % p.a. vom 02.04.2007 bis 10.09.2013 sowie zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 11.09.2013 zu zahlen, zug um zug gegen abtretung ihrer rechte an der beteiligung an der e; 102. festzustellen, dass die beklagte mit der annahme der abtretung in verzug ist. 11die beklagte beantragt, 12 die klage abzuweisen. 13die beklagte behauptet, die klägerin habe sich mit email vom 03.01.2007 an die zeugin gewandt. sie habe um die übersendung von unterlagen bezüglich verschiedener geschlossener fonds gebeten, die sie erhalten habe; an einer beratung durch die zeugin x sei die klägerin nicht interessiert gewesen. die zeugin habe der klägerin eine andere beteiligung, eine beteiligung an dem c, empfohlen. die klägerin habe sich nach einer bedenkzeit von 14 tagen hingegen ausdrücklich und auf eigenen wunsch für eine beteiligung an dem streitgegenständlichen fonds entschieden. außerdem habe die klägerin im oktober 2007 eine sog. mifid-aufklärung von der beklagten in form der broschüre „kundeninformationen zum wertpapiergeschäft“ erhalten, mit der sie über die zahlung von vermittlungsvergütungen informiert worden sei (anl. b2). 14die beklagte bestreitet mit nichtwissen, dass die klägerin die ausschüttungen ganz oder teilweise zurückgezahlt habe. 15die beklagte ist der ansicht, es habe keine pflicht zur aufklärung bezüglich rückvergütungen der bank bestanden. außerdem sei die unterbliebene aufklärung für die anlegerentscheidung der klägerin nicht kausal gewesen und habe zudem auf einem unvermeidbaren rechtsirrtum der beklagten beruht. zudem seien steuervorteile der klägerin schadensmindernd in abzug zu bringen. 16die beklagte beruft sich im zusammenhang mit der mifid-mitteilung „kundeninformationen zum wertpapiergeschäft“ auf die einrede der verjährung. 17die klage ist am 11.09.2013 zugestellt worden. die klägerin hat die klage mit schreiben vom 06.09.2013 (bl. 22 d.a.) in höhe von 224,68 € zurückgenommen. die klägerin hat die ursprüngliche summe in höhe von 19.911,20 € um die höhe der gewerbesteuerbeträge auf insgesamt 19.686,52 € reduziert, da die klägerin diesen betrag nicht an das finanzamt abführen musste. 18das gericht hat beweis erhoben durch vernehmung der zeugen t und x sowie der klägerin als partei. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das protokoll vom 04.04.2014 verwiesen. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze und die zu den akten gereichten unterlagen bezug genommen. 19 | 20die zulässige klage ist in dem aus dem tenor ersichtlichen umfang und damit weit überwiegend begründet. der klägerin steht ein schadensersatzanspruch aus § 280 abs. 1 bgb in höhe der geleisteten einlage nebst agio zug um zug gegen übertragung der beteiligung an dem streitgegenständlichen fonds zu. die beklagte ist ihrer aufklärungspflicht bezüglich erhaltener rückvergütungen nicht nachgekommen. ein anspruch auf ersatz entgangener anlagezinsen besteht nicht. 21der schadensersatzanspruch der klägerin folgt aus § 280 abs. 1 bgb i.v.m. anlageberatungsvertrag, auf grundlage der vorschriften des bgb, in der seit dem 01.01.2002 geltenden fassung. es steht nach dem ergebnis der beweisaufnahme zur überzeugung des gerichts fest, dass zwischen den parteien ein beratungsvertrag geschlossen wurde. für das zustandekommen ist regelmäßig ausreichend, dass die parteien wegen einer geldanlage in verhandlung getreten sind (bgh njw 1977, 2259). ein vertrag kommt auch ohne ausdrückliche abrede der parteien zustande, wenn ein anlageinteressent bei einer bestimmten anlageentscheidung rat bei einem anlageinstitut sucht und dieses ihn berät (bgh, urt. v. 15.06.2000 – iii zr 305/98 rn. 6; bgh, urt. v. 07.10.2008 – xi zr 89/07 rn. 11; bgh, beschl. v. 09.03.2011 – xi zr 191/10 rn. 19; bgh, urt. v. 19.03.2013 – xi zr 431/11 rn. 17; palandt, § 280 rn. 47; a.a. krüger, njw 2013, 1845, 1849; verneint bei gezielter auftragserteilung bgh, urt. v. 19.05.1998 – xi zr 216/97; bgh, urt. v. 19.03.2013 – xi zr 431/11 rn. 17; olg hamm, urt. v. 28.11.2011 – 31 u 74/11; i-31 u 74/11; olg düsseldorf zip 2004, 409). ausreichend für einen stillschweigenden abschluss ist, dass die beratung erkennbar grundlage für die anlageentscheidung des interessenten werden soll. 22die zeugin x hat erklärt, dass die klägerin mit der bitte um informationen bezüglich geschlossener fonds an sie herangetreten sei. sie habe daraufhin im gespräch mit der klägerin zwei – u.a. den streitgegenständlichen – fonds vorgestellt. die zeugin beschreibt ihre tätigkeit als anlageberaterin, die mit den kunden über anlageziele und -wünsche spricht und das auch so bei der klägerin und ihrem bruder getan habe. das gericht folgt dieser aussage. es ist überzeugt, dass die aussage glaubhaft und die zeugin persönlich glaubwürdig ist. die zeugin hat nachvollziehbar und detailliert dargelegt, wie sich ihre tätigkeit als anlageberaterin im gespräch mit kunden gestaltet. sie hat dabei widerspruchsfrei auf das gespräch mit der klägerin und ihrem bruder bezug genommen und erklärt, wie sie die beiden fondsangebote den geschwistern vorgestellt hat. die darstellung ist plausibel und entspricht der allgemeinen lebenserfahrung in hinblick auf gespräche mit bankkunden in anlagefragen. ferner ist die zeugin auch glaubwürdig, da sie an der darstellung kein ersichtliches eigeninteresse hat. die zeugin ist mitarbeiterin der beklagten. von letzterer wird die von der zeugin dargestellte beratungssituation vielmehr bestritten. dieser widerspruch von interessen der beklagten und aussage der zeugin belegt ihre unvoreingenommene glaubwürdigkeit. die glaubhafte zeugenaussage des zeugen t bestätigt diese darstellung. er stellt widerspruchsfrei und in einklang mit der zeugin x den einfluss der beklagten auf die anlageentscheidung der klägerin dar. auch als bruder und den damit denkbaren verwandtschaftlichen und emotionalen bindungen ist er mangels einseitiger belastungstendenzen glaubwürdig. 23der berater schuldet dem anlageinteressenten im rahmen eines beratungsvertrags dann eine anleger- und objektgerechte beratung (bgh, urt. v. 06.07.1993 – xi zr 12/93 rn. 14 ff.; bgh, urt. v. 22.03.2011 – xi zr 33/10 rn. 22 ff.). im rahmen einer objektgerechten beratung ist der berater verpflichtet, den interessierten richtig und vollständig zu informieren, ihn bezüglich aller umstände und risiken aufzuklären, die für die anlageentscheidung von bedeutung sein können (bgh, urt. v. 22.03.2011 – xi zr 33/10 rn. 20; bgh, urt. v. 01.12.2011 – iii zr 56/11 rn. 9 f.; palandt, § 280 rn. 48 ff., 54). 24die objektgerechte beratung erfasst auch die ungefragte aufklärung über rückvergütungen durch die bank. rückvergütungen sind regelmäßig aufklärungspflichtige positionen. bei aufklärungspflichtigen rückvergütungen handelt es sich um regelmäßig umsatzabhängige provisionen, die im unterschied zu innenprovisionen nicht aus dem anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen provisionen gezahlt werden. damit entsteht bei dem anlageinteressenten zwar keine fehlvorstellung über die werthaltigkeit der anlage. wenn der rückfluss an die bank allerdings nicht dem interessenten mitgeteilt wird, kann der anleger nicht das besondere interesse der bank an der empfehlung einer bestimmten anlage erkennen (bgh, beschl. v. 09.03.2011 – xi zr 191/10 rn. 22 ff.; beschl. v. 24.08.2011 – xi zr 158/01 rn. 4). 25eine information ist erforderlich, um dem anlagekunden den interessenkonflikt der bank vor augen zu führen. die bank hat ungefragt – im gegensatz zu einem freien anlageberater – sowohl hinsichtlich des ob als auch der konkreten höhe der rückvergütung zu informieren (bgh, urt. v. 19.12.2006 – xi zr 56/05 rn. 22; bgh, beschl. v. 09.03.2011 – xi zr 191/10; bgh, urt. v. 16.03.2011 – 19 u 126/10, beckrs 2011, 10187; bgh, urt. v. 26.02.2013 – xi zr 498/11). die bank kann ihren pflichten – als eines von mehreren mitteln (bgh, urt. v. 11.05.2006 – iii zr 205/05 rn. 9) –, durch die rechtzeitige übergabe eines richtigen und vollständigen prospekts nachkommen (olg köln, urt. v. 04.09.2012 – 24 u 65/11 rn. 25; palandt, § 311 rn. 70). 26der emissionsprospekt war der klägerin unstreitig vor zeichnung übergeben worden. allerdings genügt der dortige hinweis auf vertriebskosten nicht für eine ausreichende aufklärung. es ist regelmäßig erforderlich, dass der betreffende auch namentlich als empfänger der vergütungen benannt wird. in dem prospekt heißt es allerdings lediglich auf s. 31 unter dem stichwort „vertrieb und einwerbung des beteiligungskapitals“: „für marketing und einwerbung des beteiligungskapitals erhält die q eine vertraglich vereinbarte gebühr in höhe von tus-$ 10.020 zuzüglich umsatzsteuer berücksichtigt.“ die beklagte geht also nicht aus dem emissionsprospekt als empfängerin namentlich hervor. das wäre allerdings für eine ausreichende aufklärung erforderlich (bgh, njw 2011, 3227; bgh, njw 2012, 2427; bgh, njw 2013, 1801). in dem beratungsgespräch mit der zeugin x wurde die klägerin unstreitig nicht über die rückvergütungen informiert. 27zudem ist die fehlende aufklärung bezüglich der rückvergütungen für die anlageentscheidung der klägerin auch kausal geworden. die vermutung aufklärungsrichtigen verhaltens gilt auch in bezug auf mangelnde aufklärung bezüglich rückvergütungen uneingeschränkt (bgh, urt. v. 26.02.2013 – xi zr 498/11; vgl. ferner bgh, urt. v. 26.02.2013 – xi zr 240/10 rn. 29; bgh, urt. v. 08.05.2012 – xi zr 262/10 rn. 34 ff.). aus dieser vermutung wird eine beweislastumkehr bezüglich des kausalen schadens gefolgert (bgh, beschl. v. 09.03.2011 – xi zr 191/10 rn. 20; bgh, urt. v. 26.02.2013 – xi zr 240/10 rn. 20). die beklagte müsste darlegen und beweisen, dass die klägerin auch im fall ordnungsgemäßer aufklärung die anlage erworben hätte, da sie einen zutreffenden rat ohnehin nicht befolgt hätte (bgh, urt. v. 26.02.2013 – xi zr 240/10 rn. 19). die beklagte hat den beweis nicht führen können. 28nach der überzeugenden aussage der klägerin im rahmen der parteivernehmung steht zur überzeugung des gerichts fest, dass die klägerin den fonds nicht gezeichnet hätte, wenn sie über den erhalt von rückvergütungen durch die beklagte aufgeklärt worden wäre (zur parteivernehmung im rahmen der kausalität bgh, urt. v. 26.02.2013 – xi zr 240/10 rn. 23 ff.; bgh, urt. v. 08.05.2012 – xi zr 262/10 rn. 38 ff.). die klägerin hat erklärt, dass sie die streitgegenständliche beteiligung dann nicht gewählt hätte. sie hätte erkannt, dass sie nicht im mittelpunkt des interesses der beklagten gestanden hätte und diese es allein darauf angelegt hätte, sich zu bereichern. den prospekt habe die klägerin nicht gelesen und auch zuvor keine fondsbeteiligung gezeichnet. die aussage der klägerin ist glaubhaft. sie hat widerspruchsfrei bekundet, dass sie den fonds nicht gezeichnet hätte, wenn ihr die rückvergütungen bekannt gewesen wären. denn – so betonte die klägerin – für ihre entscheidung war das vertrauensverhältnis zu der zeugin x und damit der beklagten maßgebend. hätte die klägerin von den rückvergütungen gewusst, so hätte sie das erhebliche eigen- und nur beschränkte interesse der beklagten an der person der klägerin erkannt. ohne die genannte vertrauensbeziehung hätte sie nicht gezeichnet. diese erklärung ist plausibel und ohne weiteres nachvollziehbar. wenn auch ein beachtliches eigeninteresse der klägerin an einer derartigen darstellung nicht von der hand zu weisen ist, so ist sie zugleich persönlich glaubwürdig. auch nach mehrfachen nachfragen hat sie unbeeindruckt und klar an ihrer aussage festgehalten. sie ließ sich in der vernehmung von hypothetischen fragen und alternativvorschlägen zu ihrem anlegerverhalten nicht von ihrer auffassung abbringen. sie beharrte mit authentisch übermittelten emotionen auf ihrer position. 29ferner kann dahinstehen, ob die mifid-mitteilung im oktober 2007 der klägerin zugegangen ist. denn sie genügt jedenfalls nicht den inhaltlichen anforderungen, um die vermutung des aufklärungsrichtigen verhaltens zu widerlegen. 30in dem kapitel „allgemeine information für kunden über zuwendungen“, s. 10 ff. wird allgemein über den erhalt von vertriebs-, verwaltungs- und vertriebserfolgsvergütungen im bereich von investmentfonds der beklagten informiert. diese informationen sind schon nicht ausreichend, da die bank regelmäßig über die konkrete höhe der erhaltenen rückvergütungen aufklären muss. zudem handelt es sich um eine „kundeninformation zum wertpapiergeschäft“ und nicht um hinweise für die durch die beklagte vermittelte schiffsbeteiligung (vgl. bgh, beschl. v. 19.07.2011 – xi zr 191/10 rn. 9; bgh, urt. v. 08.05.2012 – xi zr 262/10 rn. 48). damit liegt eine eher allgemein gehaltene information vor, so auch betitelt als kundeninformation zum wertpapiergeschäft (anl. b2). eher fernliegend erscheinen rückschlüsse von einem einverständnis mit rückvergütungen im fall von wertpapieren auf den hier vorliegenden schiffsfonds (vgl. bgh, beschl. v. 19.07.2011 – xi zr 191/10 rn. 9; bgh, urt. v. 08.05.2012 – xi zr 262/10 rn. 48). konkretere informationen werden in der broschüre nicht mitgeteilt, sondern allein in dem kapitel „allgemeine informationen für kunden über zuwendungen“, s. 11, in aussicht gestellt: „ob und in welcher höhe wir rückvergütungen zur deckung des vertriebsaufwands bezüglich anderer finanzinstrumente erhalten, werden wir ihnen im einzelfall gesondert mitteilen.“ 31schließlich hatte die klägerin unstreitig zum zeitpunkt der zeichnung keine anlegererfahrung mit geschlossenen fonds. sie ist keine anlegerin, die allgemein kenntnis von rückzahlungen an die beklagte hatte (vgl. bgh, beschl. v. 15.01.2013 – xi zr 8/12; bgh, urt. v. 08.05.2012 – xi zr 262/10; bgh, urt. v. 28.05.2013 – xi zr 184/11). 32die beklagte hat die pflichtverletzung auch zu vertreten, ihr verschulden wird nach § 280 abs. 1 s. 2 bgb vermutet. die beklagte hat nicht dargelegt, dass sie die mangelnde aufklärung hinsichtlich der rückvergütungen nicht zu vertreten hat. hinsichtlich des vorgetragenen unvermeidbaren rechtsirrtums ist auf die hohen anforderungen der rechtsprechung zur bejahung eines unvermeidbaren rechtsirrtums zu verweisen. so hat der betroffene regelmäßig die rechtslage gewissenhaft zu prüfen. soweit es ihm erforderlich erscheint, muss er rechtsrat einholen (bgh, beschl. v. 29.06.2010 – xi zr 308/09; bgh, urt. v. 26.02.2013 – xi zr 498/11). der beklagten ist ein fahrlässigkeitsvorwurf zur zeit der zeichnung im jahr 2007 zu machen. nach rechtsprechung des bgh müssen banken spätestens seit 1990 über ihre aufklärungspflichten in bezug auf rückvergütungen informiert sein (bgh, beschl. v. 29.06.2010 – xi zr 308/09; bgh, urt. v. 08.05.2012 – xi zr 262/10), nachdem in den jahren 1989 und 1990 grundsatzentscheidungen des bgh in bezug auf heimliche und damit unzulässige kick-back-vereinbarungen ergangen sind (bgh, urt. v. 28.02.1989 – xi zr 70/88; bgh, urt. v. 06.02.1990 – xi zr 184/88). 33der klägerin ist der schaden im sinne von § 249 abs. 1 bgb im wege der naturalrestitution zu ersetzen, sie ist so zu stellen, als ob sie den zeichnungsschein nicht gezeichnet hätte. der anspruch ist gerichtet auf rückzahlung der einlage nebst agio ohne ersatz entgangener anlagezinsen, zug um zug gegen übertragung der anlage (vgl. palandt, § 280 rn. 50). einen anspruch auf entgangenen gewinn gemäß § 252 bgb in höhe von 2 % zinsen bei einer anlage auf dem tagesgeldkonto hat die klägerin bislang nicht schlüssig dargelegt und unter beweis gestellt. zwar sind entgangene anlagezinsen teil des entgangenen gewinns nach § 252 bgb. bezüglich der abstrakten berechnung der anleger kann in der regel auf die allgemeine lebenserfahrung, § 252 s. 2 bgb, abgestellt werden, dass eigenkapital ab einer gewissen höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt ruht, sondern angelegt wird (bgh, 08.05.2012 - xi zr 262/10; palandt, § 252 rn. 7; olg stuttgart urt. v. 30.11.2010 – 6 u 2/10). allerdings wurde durch die rechtsprechung des bgh die möglichkeit einer abstrakten berechnung des entgangenen gewinns insoweit begrenzt, als dass es nicht der allgemeinen erfahrung entspreche, dass eine geldanlage überhaupt einen gewinn ergebe und eine bestimmte gewinnhöhe erst recht nicht festzustellen sei (bgh urt. v. 24.04.2012 – xi zr 360/11). es obliegt dem anleger, den entgangenen gewinn konkret zu berechnen. der anleger ist für die tatsache und die höhe des entgangenen gewinns unter berücksichtigung von § 287 zpo, § 252 s. 2 bgb darlegungs- und beweisbelastet. es ist seine aufgabe, konkrete alternativanlagen darzulegen und einen entsprechenden beweis anzutreten (bgh urt. v. 24.04.2012 – xi zr 360/11; olg hamm urt. v. 11.06.2012 – 31 u 89/11). 34die klägerin trägt lediglich vor, sie hätte anderenfalls den zeichnungsbetrag auf einem tagesgeldkonto zu den genannten zinskonditionen angelegt. dieser vortrag ist für ein zusprechen eines entgangenen gewinns nicht hinreichend substantiiert. denn die klägerin legt nicht dar, dass sie tatsächlich alternativ einer derart konservativen anlegeroption den vorzug gegeben hätte. 35vorliegend hat die klägerin keine ausschüttungen behalten, die schadensmindernd zu berücksichtigen wären. die beklagte bestreitet die rückzahlungen der ausschüttungen durch die klägerin gemäß § 138 abs. 4 zpo mit nichtwissen. das bestreiten mit nichtwissen ist zulässig, da die rückzahlungen nicht an die beklagte, sondern an die selbstständige fondsgesellschaft zu zahlen waren. das gericht sieht es gleichwohl als erwiesen an, dass die ausschüttungen vollumfänglich von der klägerin zurückgeführt wurden. es wurden ein bestätigungsschreiben über den erhalt der einzahlung in höhe von 1.556,56 € vom 26.09.2012 (k10) sowie die aufforderungsschreiben der fondsverwaltung vom 06.08.2012 (k11) und 12.10.2012 (k12) vorgelegt. die echtheit der urkunden wurde nicht in frage gestellt. 36dem zahlungsanspruch der klägerin steht auch keine anrechnung von etwaigen steuervorteilen im wege des vorteilsausgleichs entgegen. eine anrechnungspflicht besteht, wenn nicht die ersatzleistung selbst oder eine zug um zug übertragung der beteiligung seitens der klägerin an die beklagte ihrerseits etwa als betriebseinnahme nach § 15 abs. 1 s. 1 nr. 2 estg zu versteuern ist (bgh, urt. v. 07.12.2009 – ii zr 205/08 rn. 30; urt. v. 15.07.2010 – iii zr 336/08 rn. 36; bgh, urt. v. 15.07.2010 – iii zr 336/08 rn. 36, 50; olg münchen, urt. v. 17.01.2012 – 5 u 2167/11 rn. 58; lg bielefeld, urt. v. 31.05.2012 – 6 o 625/11 rn. 110; lg dortmund, urt. v. 22.11.2013, 3 o 35/13). auch bei versteuerung sind steuervorteile anzurechnen, wenn der anleger außergewöhnlich hohe steuervorteile erzielt hat. die klägerin hat ihre ersatzleistung zu versteuern. für besonders hohe steuervorteile ist seitens der darlegungs- und beweisbelasteten beklagten nichts dargetan. 37letztlich ist der anspruch der klägerin auch nicht gemäß §§ 195, 199 abs. 1 nr. 1 u. 2 bgb verjährt. die regelmäßige verjährungsfrist von drei jahren beginnt mit entstehen des anspruchs und der kenntnis bzw. grob fahrlässigen unkenntnis von den anspruchsbegründenden umständen und der person des schuldners. der anspruch entsteht im falle einer mangelnden aufklärung und beratung durch eingehung der vertraglichen verpflichtung, also mit vertragsschluss vom 23.08.2005 (bgh, urt. v. 08.07.2010 – iii zr 249/09 rn. 24; palandt, § 199 rn. 15). kenntnis ist zu bejahen, wenn die bekannten tatsachen genügen, um die folgerung auf ein schuldhaftes fehlverhalten des anspruchsgegners nahezulegen (bgh, urt. v. 03.06.2008 – xi zr 319/06, rn. 29 ff.). für das vorliegen der voraussetzungen ist die anspruchsgegnerin, die beklagte, beweispflichtig (bgh, urt. v. 23.01.2007 – xi zr 44/06, rn. 19). sie verweist auf die kundeninformation im oktober 2007, die allerdings wie oben dargestellt nicht hinreichend konkret über die erhaltenen rückvergütungen der klägerin informiert. ihr zugang kann dahinstehen, da sie ohnehin wie bereits dargelegt nicht kenntnisbegründend wirkt. 38der antrag bezüglich der zinsen ab rechtshängigkeit folgt aus §§ 291, 288 abs. 1 bgb. 39der feststellungsantrag ist zulässig, das gemäß § 256 zpo erforderliche feststellungsinteresse folgt aus §§ 756, 765 zpo (vgl. bgh, urt. v. 31.05.2000 – xii zr 41/98; thomas/putzo, § 256 rn. 10). das den gläubigerverzug nach §§ 293 ff. bgb begründende angebot auf anteilsübertragung ist zudem jedenfalls in der klageschrift erfolgt (vgl. palandt, § 280 rn. 50). 40die kostenentscheidung beruht auf § 92 abs. 2 nr. 1 zpo, die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 709 s. 1 u. 2 zpo. 41der streitwert wird auf 19.911,20 € bis zum 06.09.2013 und ab dem 07.09.2013 auf 19.686,52 € festgesetzt. | Klaeger*in | 1 |
167,397 | 6z K 4312/14 | 2015-02-26T00:00:00 | Gerichtsbescheid | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Gerichtsbescheides vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 10. Mai 1994 in X. (Q. ) geborene Klägerin erwarb am 28. Juni 2013 in Q. ihre Hochschulzugangsberechtigung mit (umgerechnet) der Note 1,3. 3Zum Wintersemester 2014/15 bewarb sie sich bei der Beklagten um einen Medizinstudienplatz. In elektronischer Form ging der Zulassungsantrag am 1. Juli 2014 bei der Beklagten ein. Der von der Klägerin am 10. Juli 2014 in E. unterschriebene Ausdruck ihrer Bewerbung ging am 21. Juli 2014 bei der Beklagten ein. Die Klägerin beantragte eine Teilnahme an der Verteilung in der Abiturbestenquote und in der Wartezeitquote, nicht aber im Auswahlverfahren der Hochschulen. Überdies stellte sie einen Härtefallantrag und Anträge auf Nachteilsausgleich hinsichtlich der Abiturnote und der Wartezeit. Als Gründe für alle Sonderanträge nannte die Klägerin – durch Ankreuzen der entsprechenden Felder im Antragsformular – besondere familiäre und soziale Umstände. Nähere Angaben dazu machte sie allerdings nicht. 4Mit Bescheid vom 14. August 2014 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, er sei nicht fristgerecht eingegangen und habe daher vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden müssen. 5Die Klägerin hat am 26. August 2014 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt, sie habe die Postsendung mit den erforderlichen Unterlagen vom Postamt Nr. 53 in E. am 10. Juli 2014 per Express-Einschreibebrief abgesandt. Nach der Postordnung hätte der Brief innerhalb von drei Werktagen zugehen sollen. Die Schuld liege somit nicht bei ihr. 6Die Klägerin beantragt sinngemäß, 7die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheids vom 14. August 2014 zu verpflichten, ihr einen Studienplatz im Fach Humanmedizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2014/2015 zuzuweisen. 8Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 9die Klage abzuweisen. 10Sie meint, bereits aufgrund des verspäteten Eingangs des elektronischen Antrags habe die Bewerbung der Klägerin zwingend vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden müssen. 11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten in Ablichtung übersandten Bewerbungsunterlagen Bezug genommen. 12Entscheidungsgründe: 13Die Kammer entscheidet über die Klage gemäß § 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, weil sie der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind dazu gehört worden. 14Die Klage ist unbegründet. 15Die Ablehnung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuteilung des beantragten Studienplatzes im Studiengang Humanmedizin nach den für das Wintersemester 2014/2015 maßgeblichen Regeln und tatsächlichen Verhältnissen. 16Die Beklagte hat den Antrag der Klägerin zu Recht vom Verteilungsverfahren ausgeschlossen. § 3 Abs. 7 Satz 1 der Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen durch die Stiftung für Hochschulzulassung (Vergabeverordnung) bestimmt, dass vom Vergabeverfahren ausgeschlossen ist, wer die Bewerbungsfristen nach Absatz 2 Satz 1 versäumt. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 3 Abs. 6 S. 4 VergabeVO muss der elektronisch übermittelte Zulassungsantrag für das Wintersemester bis zum 31. Mai bei der Beklagten eingegangen sein, wenn die Hochschulzugangsberechtigung vor dem 16. Januar (des Bewerbungsjahres) erworben wurde. Ist der Zulassungsantrag in elektronischer Form fristgerecht gestellt, können nachträglich eingereichte Unterlagen für das Wintersemester gemäß § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 VergabeVO bis zum 15. Juni 2014 berücksichtigt werden, wenn die Hochschulzugangsberechtigung vor dem 16. Januar (des Bewerbungsjahres) erworben wurde. Auch die „Papierfassung“ des Zulassungsantrags muss bis zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten eingehen (§ 3 Abs. 6 Satz 4 am Ende VergabeVO). 17Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin bereits im Jahre 2013 ihre Hochschulzugangsberechtigung in Q. erworben hat. Zwar hat die Klägerin sich im Sommer 2014 offenbar einer Verbesserungsprüfung in zwei Fächern unterzogen. Sie hat indes in beiden Fächern keine Verbesserung erzielt und ihr Reifezeugnis aus dem Jahre 2013 ist nicht geändert worden. Diese Annahmen sind mit Blick auf die im Bewerbungsverfahren übersandten Dokumente plausibel; die Klägerin ist ihnen auch nicht entgegen getreten. Vor diesem Hintergrund ist die Klägerin als „Altabiturientin“ zu betrachten, für welche die oben genannten Fristen (31. Mai/ 15. Juni) galten. Die Klägerin hat jedoch keine der beiden Fristen eingehalten. Bereits der elektronische Zulassungsantrag ist nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten zu spät, nämlich am 1. Juli 2014, eingegangen. In Papierform ist der Antrag erst am 21. Juli 2014 und damit ebenfalls verspätet bei der Beklagten eingegangen. Auch wenn die Klägerin wohl noch auf die Ergebnisse der oben erwähnten Verbesserungsprüfung gewartet hat, hätte sie sich mit ihrem Zeugnis aus dem Jahre 2013 fristgerecht bewerben können und müssen. Die Bescheinigung über eine etwaige Verbesserung ihrer Abschlussnote hätte sie im laufenden Verfahren möglicherweise nachreichen können. 18Bei den genannten Fristen handelt es sich um so genannte Ausschlussfristen, bei denen eine Fristverlängerung ebenso wenig möglich ist wie eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Säumnis. Dies ergibt sich aus § 32 Abs. 5 VwVfG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 1 und § 3 Abs. 7 Satz 2 VergabeVO. § 32 Abs. 5 VwVfG bestimmt, dass die Wiedereinsetzung unzulässig ist, wenn sich aus einer Rechtsvorschrift ergibt, dass sie ausgeschlossen ist. § 3 Abs. 2 Satz 1 und § 3 Abs. 7 Satz 2 VergabeVO sind solche Rechtsvorschriften und bestimmen durch den am Ende enthaltenen Klammerzusatz ausdrücklich, dass es sich bei den dort genannten Fristen um Ausschlussfristen handelt. Vor diesem Hintergrund kommt es auf ein etwaiges Verschulden der Klägerin bei der Fristversäumung nicht an. 19Vgl. nur VG Gelsenkirchen, Gerichtsbescheid vom 20. Februar 2013 - 6z K 3970/12 - und Beschluss vom 13. Oktober 2014 - 6z L 1513/14 -, beide im Internet abrufbar unter www.nrwe.de. 20Nach ständiger Rechtsprechung ist die Bestimmung dieser Ausschlussfristen sachgerecht und notwendig und unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. 21Vgl. nur OVG NRW, Beschlüsse vom 12. September 2011 - 13 A 1090/11 -, vom 7. Dezember 2010 - 13 B 1481/10 - und vom 11. Februar 2000 - 13 B 203/00 -; VG Gelsenkirchen, Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2012 - 6z K 4229/12 -, im Internet abrufbar auf www.nrwe.de. 22Die Ausschlussfristen sind sowohl notwendig als auch sachgerecht. Das von der Beklagten durchzuführende Auswahl- und Verteilungsverfahren kann erst dann in Gang gesetzt werden, wenn sämtliche für Auswahl und Verteilung erheblichen Daten aller Bewerber feststehen. Eine Auswahl und – daran anschließend – die Verteilung auf die Studienorte ist nur möglich, wenn für jeden Bewerber die maßgeblichen Kriterien feststehen, da sich bei dem einheitlichen Vergabeverfahren jede Entscheidung zugunsten eines Studienbewerbers zum Nachteil eines anderen Studienbewerbers auswirkt. Zwischen den Bewerbern muss eine Rangfolge hergestellt werden. Wären noch nach Ablauf der Ausschlussfrist vorgelegte Unterlagen zu berücksichtigen, würde das zu ständigen Verschiebungen in der Rangfolge führen, was der Beklagten die – rechtzeitige – Zuteilung der Studienplätze unmöglich machen würde. 23Vgl. VG Gelsenkirchen, Gerichtsbescheide vom 13. Dezember 2012 - 6z K 4229/12 - und vom 31. August 2012 - 6z K 1144/12 -, Beschluss vom 11. April 2012 - 6z L 252/12 -, jeweils www.nrwe.de. 24Dass die Klägerin wohl auch bei fristgerechter Bewerbung keinen Studienplatz erhalten hätte, weil sie sowohl in der Abiturbestenquote als auch in der Wartezeitquote die im Verteilungsverfahren zum Wintersemester 2014/15 maßgebliche Auswahlgrenze verfehlt hätte und sie sich im „Auswahlverfahren der Hochschulen“ nicht beworben hat, sei hinzugefügt, ohne dass es für die Entscheidung darauf ankäme. 25Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 26Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO). | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. der gerichtsbescheid ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des gerichtsbescheides vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die am 10. mai 1994 in x. (q. ) geborene klägerin erwarb am 28. juni 2013 in q. ihre hochschulzugangsberechtigung mit (umgerechnet) der note 1,3. 3zum wintersemester 2014/15 bewarb sie sich bei der beklagten um einen medizinstudienplatz. in elektronischer form ging der zulassungsantrag am 1. juli 2014 bei der beklagten ein. der von der klägerin am 10. juli 2014 in e. unterschriebene ausdruck ihrer bewerbung ging am 21. juli 2014 bei der beklagten ein. die klägerin beantragte eine teilnahme an der verteilung in der abiturbestenquote und in der wartezeitquote, nicht aber im auswahlverfahren der hochschulen. überdies stellte sie einen härtefallantrag und anträge auf nachteilsausgleich hinsichtlich der abiturnote und der wartezeit. als gründe für alle sonderanträge nannte die klägerin – durch ankreuzen der entsprechenden felder im antragsformular – besondere familiäre und soziale umstände. nähere angaben dazu machte sie allerdings nicht. 4mit bescheid vom 14. august 2014 lehnte die beklagte den antrag der klägerin mit der begründung ab, er sei nicht fristgerecht eingegangen und habe daher vom vergabeverfahren ausgeschlossen werden müssen. 5die klägerin hat am 26. august 2014 klage erhoben, zu deren begründung sie vorträgt, sie habe die postsendung mit den erforderlichen unterlagen vom postamt nr. 53 in e. am 10. juli 2014 per express-einschreibebrief abgesandt. nach der postordnung hätte der brief innerhalb von drei werktagen zugehen sollen. die schuld liege somit nicht bei ihr. 6die klägerin beantragt sinngemäß, 7die beklagte unter aufhebung ihres ablehnungsbescheids vom 14. august 2014 zu verpflichten, ihr einen studienplatz im fach humanmedizin nach den rechtsverhältnissen des wintersemesters 2014/2015 zuzuweisen. 8die beklagte beantragt schriftsätzlich, 9die klage abzuweisen. 10sie meint, bereits aufgrund des verspäteten eingangs des elektronischen antrags habe die bewerbung der klägerin zwingend vom vergabeverfahren ausgeschlossen werden müssen. 11wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte und die von der beklagten in ablichtung übersandten bewerbungsunterlagen bezug genommen. 12 | 13die kammer entscheidet über die klage gemäß § 84 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid, weil sie der auffassung ist, dass die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. die beteiligten sind dazu gehört worden. 14die klage ist unbegründet. 15die ablehnung ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. die klägerin hat keinen anspruch auf zuteilung des beantragten studienplatzes im studiengang humanmedizin nach den für das wintersemester 2014/2015 maßgeblichen regeln und tatsächlichen verhältnissen. 16die beklagte hat den antrag der klägerin zu recht vom verteilungsverfahren ausgeschlossen. § 3 abs. 7 satz 1 der verordnung über die zentrale vergabe von studienplätzen durch die stiftung für hochschulzulassung (vergabeverordnung) bestimmt, dass vom vergabeverfahren ausgeschlossen ist, wer die bewerbungsfristen nach absatz 2 satz 1 versäumt. nach § 3 abs. 2 satz 1 nr. 2 i.v.m. § 3 abs. 6 s. 4 vergabevo muss der elektronisch übermittelte zulassungsantrag für das wintersemester bis zum 31. mai bei der beklagten eingegangen sein, wenn die hochschulzugangsberechtigung vor dem 16. januar (des bewerbungsjahres) erworben wurde. ist der zulassungsantrag in elektronischer form fristgerecht gestellt, können nachträglich eingereichte unterlagen für das wintersemester gemäß § 3 abs. 7 satz 2 nr. 2 vergabevo bis zum 15. juni 2014 berücksichtigt werden, wenn die hochschulzugangsberechtigung vor dem 16. januar (des bewerbungsjahres) erworben wurde. auch die „papierfassung“ des zulassungsantrags muss bis zu diesem zeitpunkt bei der beklagten eingehen (§ 3 abs. 6 satz 4 am ende vergabevo). 17die beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass die klägerin bereits im jahre 2013 ihre hochschulzugangsberechtigung in q. erworben hat. zwar hat die klägerin sich im sommer 2014 offenbar einer verbesserungsprüfung in zwei fächern unterzogen. sie hat indes in beiden fächern keine verbesserung erzielt und ihr reifezeugnis aus dem jahre 2013 ist nicht geändert worden. diese annahmen sind mit blick auf die im bewerbungsverfahren übersandten dokumente plausibel; die klägerin ist ihnen auch nicht entgegen getreten. vor diesem hintergrund ist die klägerin als „altabiturientin“ zu betrachten, für welche die oben genannten fristen (31. mai/ 15. juni) galten. die klägerin hat jedoch keine der beiden fristen eingehalten. bereits der elektronische zulassungsantrag ist nach dem unwidersprochenen vortrag der beklagten zu spät, nämlich am 1. juli 2014, eingegangen. in papierform ist der antrag erst am 21. juli 2014 und damit ebenfalls verspätet bei der beklagten eingegangen. auch wenn die klägerin wohl noch auf die ergebnisse der oben erwähnten verbesserungsprüfung gewartet hat, hätte sie sich mit ihrem zeugnis aus dem jahre 2013 fristgerecht bewerben können und müssen. die bescheinigung über eine etwaige verbesserung ihrer abschlussnote hätte sie im laufenden verfahren möglicherweise nachreichen können. 18bei den genannten fristen handelt es sich um so genannte ausschlussfristen, bei denen eine fristverlängerung ebenso wenig möglich ist wie eine wiedereinsetzung in den vorigen stand wegen unverschuldeter säumnis. dies ergibt sich aus § 32 abs. 5 vwvfg in verbindung mit § 3 abs. 2 satz 1 und § 3 abs. 7 satz 2 vergabevo. § 32 abs. 5 vwvfg bestimmt, dass die wiedereinsetzung unzulässig ist, wenn sich aus einer rechtsvorschrift ergibt, dass sie ausgeschlossen ist. § 3 abs. 2 satz 1 und § 3 abs. 7 satz 2 vergabevo sind solche rechtsvorschriften und bestimmen durch den am ende enthaltenen klammerzusatz ausdrücklich, dass es sich bei den dort genannten fristen um ausschlussfristen handelt. vor diesem hintergrund kommt es auf ein etwaiges verschulden der klägerin bei der fristversäumung nicht an. 19vgl. nur vg gelsenkirchen, gerichtsbescheid vom 20. februar 2013 - 6z k 3970/12 - und beschluss vom 13. oktober 2014 - 6z l 1513/14 -, beide im internet abrufbar unter www.nrwe.de. 20nach ständiger rechtsprechung ist die bestimmung dieser ausschlussfristen sachgerecht und notwendig und unterliegt keinen verfassungsrechtlichen bedenken. 21vgl. nur ovg nrw, beschlüsse vom 12. september 2011 - 13 a 1090/11 -, vom 7. dezember 2010 - 13 b 1481/10 - und vom 11. februar 2000 - 13 b 203/00 -; vg gelsenkirchen, gerichtsbescheid vom 13. dezember 2012 - 6z k 4229/12 -, im internet abrufbar auf www.nrwe.de. 22die ausschlussfristen sind sowohl notwendig als auch sachgerecht. das von der beklagten durchzuführende auswahl- und verteilungsverfahren kann erst dann in gang gesetzt werden, wenn sämtliche für auswahl und verteilung erheblichen daten aller bewerber feststehen. eine auswahl und – daran anschließend – die verteilung auf die studienorte ist nur möglich, wenn für jeden bewerber die maßgeblichen kriterien feststehen, da sich bei dem einheitlichen vergabeverfahren jede entscheidung zugunsten eines studienbewerbers zum nachteil eines anderen studienbewerbers auswirkt. zwischen den bewerbern muss eine rangfolge hergestellt werden. wären noch nach ablauf der ausschlussfrist vorgelegte unterlagen zu berücksichtigen, würde das zu ständigen verschiebungen in der rangfolge führen, was der beklagten die – rechtzeitige – zuteilung der studienplätze unmöglich machen würde. 23vgl. vg gelsenkirchen, gerichtsbescheide vom 13. dezember 2012 - 6z k 4229/12 - und vom 31. august 2012 - 6z k 1144/12 -, beschluss vom 11. april 2012 - 6z l 252/12 -, jeweils www.nrwe.de. 24dass die klägerin wohl auch bei fristgerechter bewerbung keinen studienplatz erhalten hätte, weil sie sowohl in der abiturbestenquote als auch in der wartezeitquote die im verteilungsverfahren zum wintersemester 2014/15 maßgebliche auswahlgrenze verfehlt hätte und sie sich im „auswahlverfahren der hochschulen“ nicht beworben hat, sei hinzugefügt, ohne dass es für die entscheidung darauf ankäme. 25die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 26die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung (zpo). | Verklagte*r | 0 |
342,428 | 5 O 140/21 | 2021-11-30T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.760,-- € sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 326,31 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.11.2020 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 54 % und die Beklagte zu 46 %. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in eben dieser Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger bestellte am 12.08.2020 über die Website der Beklagten eine neue A zu einem Preis in Höhe von 15.990,-- €. Zur Finanzierung der Uhr beantragte der Kläger den Abschluss eines Darlehensvertrages mit der B AG, der am 13.08.2020 angenommen wurde. Mit E-Mail vom gleichen Tag bestätigte die Beklagte dem Kläger den Kauf der Uhr. 3Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten lauteten auszugsweise: 4„2.2.1 Die Annahme durch C erfolgt durch ausdrückliche Annahmeerklärung gegenüber dem Kunden per E-Mail bis spätestens zum Ablauf des dritten auf den Tag des Angebotes folgenden Werktags, oder durch Zusendung der Ware. C ist berechtigt, Vertragsangebote ohne Angabe von Gründen abzulehnen. 52.2.2 C behält sich zudem das Recht vor, vom Vertrag zurückzutreten, wenn die Ware ohne schuldhaftes Zutun von C von einem sorgfältig ausgewählten und zuverlässigen Zulieferer nicht vorrätig ist (Vorbehalt der Selbstbelieferung). In einem solchen Fall verpflichtet sich C dazu, den Kunden unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit der Ware zu informieren und ggf. geleistete Zahlungen unverzüglich zurückzuerstatten.“ 6Mit Email vom 24.08.2020 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sich die Lieferzeit aufgrund der Corona-Situation und der Marktlage verschieben würde. Unter dem 18.09.2020 wurde der Kläger informiert, dass der Hersteller das bestellte Modell aus seinem Sortiment genommen und eingestellt habe. Die Beklagte bemühe sich jedoch, die Uhr zu dem mit dem Kläger vereinbarten Preis zu beschaffen. Am 22.09.2020 teilte die Beklagte dann mit, dass sie die Bestellung des Klägers stornieren müsse. Am selben Tag bot sie die Uhr auf ihrer Website zum Preis von 21.990,-- € an. 7Der Kläger bestellte die gleiche Uhr am 01.10.2020 erneut über die Website der Beklagten zum Preis von 21.990,-- €, die dann auch geliefert wurde. Am gleichen Tag forderte er die Beklagte zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe der Differenzsumme von 6.030,-- € auf. 8Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.10.2010 ließ der Kläger die Beklagte erneut zur Zahlung auffordern und forderte zugleich Erstattung der ihm hierfür entstandenen Rechtsanwaltskosten. 9Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei nach ihren Geschäftsbedingungen nicht zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt gewesen, da die Uhr nach wie vor lieferbar gewesen sei. 10Der Kläger beantragt, 111. 12die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.030,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.11.2020 zu zahlen; 132. 14die Beklagte zu verurteilen; an ihn einen Betrag in Höhe von 633,94 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.11.2020 zu zahlen. 15Die Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Sie behauptet, alles ihr Mögliche getan zu haben, um die vom Kläger gewünschte Uhr zum vereinbarten Preis bei den von ihr regelmäßig ausgewählten Lieferanten zu erhalten, die diese aber zur Überraschung der Beklagten allesamt nicht mehr vorrätig gehabt hätten. Die von dem Kläger zum Preis von 15.990,-- € bestellte Uhr sei vor Eingang der Finanzierungsbestätigung von einem anderen Kunden gekauft worden. 18Jedenfalls müsse sich der Kläger einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vorhalten lassen, denn die gleiche Uhr sei im fraglichen Zeitraum im Internet zu Preisen zwischen 18.750,-- € und 19.900,-- € angeboten worden. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 211. 22Der Klageantrag zu 1. ist im erkannten Umfang begründet. 23a. Der Kläger hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten aus dem Deckungsgeschäft gemäß §§ 280 Abs. 1 u. 3, 281 Abs. 1 u. 2 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 03. Juli 2013 – VIII ZR 169/12 –, BGHZ 197, 357-366, Rn. 13). 24aa. Die Beklagte hat pflichtwidrig die fällige Leistung nicht erbracht, § 281 Abs. 1 S. 1 BGB. Sie war gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB zur Lieferung verpflichtet. Das Zustandekommen des Kaufvertrages ist zwischen den Parteien unstreitig. 25Die Beklagte war nicht aufgrund der Rücktrittserklärung vom 22.09.2020 gemäß § 346 Abs. 1 BGB von der Leistung befreit. Mangels Rücktrittsrechts der Beklagten ist die Rücktrittserklärung unwirksam. Die Beklagte kann sich nicht auf Ziffer 2.2.2 Ihrer AGB berufen. Ob diese Klausel wirksam ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls war die Ware nicht „nicht vorrätig". Am Tag der Rücktrittserklärung, dem 22.09.2020, bot die Beklagte eine A auf ihrer Website an, wenn auch zu einem höheren Preis. Sowohl die Corona-Situation als auch der Umstand, dass die Uhr angeblich nicht mehr herstellt wurde, waren tatsächlich letztlich ohne Belang. Dass die Uhr unter Umständen für die Beklagte teurer zu beschaffen war, ist unerheblich, da die Klausel darauf nicht abstellt - allein die mangelnde Vorrätigkeit ist Rücktrittsgrund. Etwaige Zweifel bei der Auslegung der Klausel gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. 26Bei der bestellten Uhr handelte es sich auch nicht um eine Stückschuld mit der Folge, dass die Beklagte die Lieferung wegen Unmöglichkeit verweigern konnte. Dabei konnte dahinstehen, ob sie sich nicht ohnehin dadurch schadenersatzpflichtig gemacht hat, dass ein anderer Kunde die bereits vom Kläger bestellte Uhr zwischenzeitlich noch über die Website kaufen konnte. 27Der anderslautende Vortrag der Beklagten ist unerheblich. Der Kläger hat zutreffend darauf hingewiesen, dass er die Uhr als "Ungetragen - New" bestellt hatte. Da sich der Kauf auch nicht auf ein – nach Seriennummer – bestimmtes Exemplar bezog, handelte es sich um eine Gattungsschuld. Die Behauptung der Beklagten, es habe sich um eine gebrauchte Uhr gehandelt, ist unsubstantiiert, zumal ihr weiterer Vortrag, sie habe sich bei ihren Lieferanten darum bemüht, ersichtlich sinnlos wäre, hätte sich der Kauf von vorne herein auf eine ganz bestimmte gebrauchte Uhr bezogen. 28Zudem kommt ein Rücktritt nach § 313 Abs. 3 BGB wegen Störung der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht. Ein vereinbarter Festpreis bleibt auch bei unerwarteten Kostenerhöhungen grundsätzlich bindend (Palandt/Grüneberg, BGB, § 313 Rn. 31). Es liegt auch kein Ausnahmefall vor. Ein solcher ist nur dann anzunehmen, wenn sich Umstände außerhalb des Einfluss- und Risikobereichs des Schuldners verändern (Palandt/Grüneberg, BGB, § 313 Rn. 32). Die Beschaffung der Ware ist jedoch das alleinige Risiko der Beklagten. Im Übrigen hätte sie durch entsprechende Maßnahmen vor Vertragsschluss sicherstellen können, dass ihr die Uhr tatsächlich zu einem für sie profitablen Preis geliefert wird, insbesondere durch eine entsprechende Reservierung, damit nicht – wie hier behauptet – ein anderer Kunde die Uhr zwischenzeitlich erwirbt. 29Im Übrigen durfte die Beklagte nicht wegen § 275 Abs. 2 BGB die Leistung verweigern. § 313 BGB ist lex specialis (Palandt/Grüneberg, BGB, § 313 Rn. 32, § 275 Rn. 29). 30cc. Schließlich hat die Beklagte die Pflichtverletzung auch zu vertreten, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Für eine Exkulpation hat sie nichts Erhebliches vorgetragen. Eine Nachfristsetzung war wegen der ernsthaften und endgültigen Leistungsverweigerung von Seiten der Beklagten entbehrlich, § 281 Abs. 2 Alt. 1 BGB. Ausreichend ist eine Rücktrittserklärung, wenn sie keinen Zweifel daran lässt, dass der Schuldner nicht mehr zur Leistung bereit ist (Palandt/Grüneberg, BGB, § 281 Rn. 14). Die Beklagte hatte die Bestellung am 22.09.2020 unmissverständlich storniert. 31b. Der Anspruch besteht jedoch nicht in voller Höhe. 32aa. Nach der Differenzmethode kann der Geschädigte Ersatz für die Mehrkosten eines gleichwertigen Deckungsgeschäftes verlangen, dessen Vornahme er nicht verzögern darf und dabei die erforderliche Sorgfalt anwenden muss (Palandt/Grüneberg, BGB, § 281 Rn. 27). Der Kläger hat bei der Beklagten die gleiche Uhr kurz nach Stornierung seiner Bestellung am 23.09.2020 bestellt. 33Der Schaden beläuft sich auf 21.990,00 € - 15.990,00 € = 6.000,00 €, sodass die Klage in Höhe von 30,00 € unbegründet ist. 34bb. Der Kläger hat außerdem gegen die ihn gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 BGB treffende Schadensminderungspflicht verstoßen. Dies ist dann der Fall, wenn der Geschädigte die Maßnahmen unterlässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergreifen würde (Palandt/Grünberg, BGB, § 254 Rn. 36). Dabei kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, dass er das Deckungsgeschäft unmittelbar nach der Stornierung vorgenommen hat. Zu einem möglichst frühen Deckungsgeschäft war er nämlich angehalten (BGH, Urteil vom 17.01.1997 - V ZR 285/95). 35Dem Kläger hätte es aber oblegen, von mehreren möglichen Deckungsgeschäften bei Vergleichbarkeit der Angebote und Gleichwertigkeit der Uhren das günstigste zu wählen. Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat diesbezüglich vier günstigere Alternativangebote aufgelistet. 36Dass und warum er sich hierauf nicht verweisen lassen muss, hat der Kläger nicht substantiiert dargetan. Auf den Schriftsatz der Beklagten vom 13.07.2021, dem die Angebote nicht beigefügt waren, hat der Kläger lediglich allgemein erwidert, welche Voraussetzungen für eine Vergleichbarkeit seiner Ansicht nach erfüllt sein müssten. Nachdem die Beklagte die entsprechenden Anlagen nachgereicht hatte, ist keine weitere Stellungnahme seitens des Klägers mehr erfolgt. Dem Anlagenkonvolut B 2 lässt sich indes entnehmen, dass die Uhren überwiegend von deutschen Händlern und mit Echtheitsgarantie sowie Originalpapieren angeboten wurden. Das gilt insbesondere für das Angebot zum Preis von 18.750,-- €, welches der Kläger folglich aus Schadensminderungsgesichtspunkten hätte annehmen müssen. 37Sein Anspruch beläuft sich damit lediglich auf 18.750,-- € ./. 15.990,-- € = 2.760,-- €. 382. 39Auf dieser Basis ist der Klageantrag zu 2. ebenfalls teilweise begründet. 40Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten. Die Ersatzpflicht des Schädigers erstreckt sich gemäß § 249 BGB auf die Kosten einer erforderlichen und zweckmäßigen Rechtsverfolgung, ohne dass es auf die Frage des Verzugs nach § 286 BGB ankäme (Palandt/Grüneberg, BGB, § 249 Rn. 56 f.). Dem Anspruch ist der Streitwert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (BGH, Urteil vom 07.11.2007 - VIII ZR 341/06). 41Berechtigt ist eine Forderung in Höhe von 2.760,00 €, sodass auf Basis einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr + 20,00 € Post- und Telekommunikationspauschale + 16 % Umsatzsteuer 326,31 € ersatzfähig sind. 423. 43Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. 444. 45Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO. 46Streitwert: 6.030,-- € | die beklagte wird verurteilt, an den kläger 2.760,-- € sowie vorgerichtliche anwaltskosten in höhe von 326,31 €, jeweils nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 19.11.2020 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits tragen der kläger zu 54 % und die beklagte zu 46 %. das urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den kläger jedoch nur gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages. der kläger darf die zwangsvollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in eben dieser höhe leistet. 1 | 2der kläger bestellte am 12.08.2020 über die website der beklagten eine neue a zu einem preis in höhe von 15.990,-- €. zur finanzierung der uhr beantragte der kläger den abschluss eines darlehensvertrages mit der b ag, der am 13.08.2020 angenommen wurde. mit e-mail vom gleichen tag bestätigte die beklagte dem kläger den kauf der uhr. 3die allgemeinen geschäftsbedingungen der beklagten lauteten auszugsweise: 4„2.2.1 die annahme durch c erfolgt durch ausdrückliche annahmeerklärung gegenüber dem kunden per e-mail bis spätestens zum ablauf des dritten auf den tag des angebotes folgenden werktags, oder durch zusendung der ware. c ist berechtigt, vertragsangebote ohne angabe von gründen abzulehnen. 52.2.2 c behält sich zudem das recht vor, vom vertrag zurückzutreten, wenn die ware ohne schuldhaftes zutun von c von einem sorgfältig ausgewählten und zuverlässigen zulieferer nicht vorrätig ist (vorbehalt der selbstbelieferung). in einem solchen fall verpflichtet sich c dazu, den kunden unverzüglich über die nichtverfügbarkeit der ware zu informieren und ggf. geleistete zahlungen unverzüglich zurückzuerstatten.“ 6mit email vom 24.08.2020 teilte die beklagte dem kläger mit, dass sich die lieferzeit aufgrund der corona-situation und der marktlage verschieben würde. unter dem 18.09.2020 wurde der kläger informiert, dass der hersteller das bestellte modell aus seinem sortiment genommen und eingestellt habe. die beklagte bemühe sich jedoch, die uhr zu dem mit dem kläger vereinbarten preis zu beschaffen. am 22.09.2020 teilte die beklagte dann mit, dass sie die bestellung des klägers stornieren müsse. am selben tag bot sie die uhr auf ihrer website zum preis von 21.990,-- € an. 7der kläger bestellte die gleiche uhr am 01.10.2020 erneut über die website der beklagten zum preis von 21.990,-- €, die dann auch geliefert wurde. am gleichen tag forderte er die beklagte zur zahlung von schadenersatz in höhe der differenzsumme von 6.030,-- € auf. 8mit schreiben seiner prozessbevollmächtigten vom 30.10.2010 ließ der kläger die beklagte erneut zur zahlung auffordern und forderte zugleich erstattung der ihm hierfür entstandenen rechtsanwaltskosten. 9der kläger ist der ansicht, die beklagte sei nach ihren geschäftsbedingungen nicht zum rücktritt vom vertrag berechtigt gewesen, da die uhr nach wie vor lieferbar gewesen sei. 10der kläger beantragt, 111. 12die beklagte zu verurteilen, an ihn 6.030,00 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 19.11.2020 zu zahlen; 132. 14die beklagte zu verurteilen; an ihn einen betrag in höhe von 633,94 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 19.11.2020 zu zahlen. 15die beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17sie behauptet, alles ihr mögliche getan zu haben, um die vom kläger gewünschte uhr zum vereinbarten preis bei den von ihr regelmäßig ausgewählten lieferanten zu erhalten, die diese aber zur überraschung der beklagten allesamt nicht mehr vorrätig gehabt hätten. die von dem kläger zum preis von 15.990,-- € bestellte uhr sei vor eingang der finanzierungsbestätigung von einem anderen kunden gekauft worden. 18jedenfalls müsse sich der kläger einen verstoß gegen die schadensminderungspflicht vorhalten lassen, denn die gleiche uhr sei im fraglichen zeitraum im internet zu preisen zwischen 18.750,-- € und 19.900,-- € angeboten worden. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den akteninhalt bezug genommen. 20 | 211. 22der klageantrag zu 1. ist im erkannten umfang begründet. 23a. der kläger hat gegen die beklagte dem grunde nach einen anspruch auf erstattung der mehrkosten aus dem deckungsgeschäft gemäß §§ 280 abs. 1 u. 3, 281 abs. 1 u. 2 bgb (vgl. bgh, urteil vom 03. juli 2013 – viii zr 169/12 –, bghz 197, 357-366, rn. 13). 24aa. die beklagte hat pflichtwidrig die fällige leistung nicht erbracht, § 281 abs. 1 s. 1 bgb. sie war gemäß § 433 abs. 1 s. 1 bgb zur lieferung verpflichtet. das zustandekommen des kaufvertrages ist zwischen den parteien unstreitig. 25die beklagte war nicht aufgrund der rücktrittserklärung vom 22.09.2020 gemäß § 346 abs. 1 bgb von der leistung befreit. mangels rücktrittsrechts der beklagten ist die rücktrittserklärung unwirksam. die beklagte kann sich nicht auf ziffer 2.2.2 ihrer agb berufen. ob diese klausel wirksam ist, kann dahinstehen. denn jedenfalls war die ware nicht „nicht vorrätig". am tag der rücktrittserklärung, dem 22.09.2020, bot die beklagte eine a auf ihrer website an, wenn auch zu einem höheren preis. sowohl die corona-situation als auch der umstand, dass die uhr angeblich nicht mehr herstellt wurde, waren tatsächlich letztlich ohne belang. dass die uhr unter umständen für die beklagte teurer zu beschaffen war, ist unerheblich, da die klausel darauf nicht abstellt - allein die mangelnde vorrätigkeit ist rücktrittsgrund. etwaige zweifel bei der auslegung der klausel gehen nach § 305c abs. 2 bgb zu lasten des verwenders. 26bei der bestellten uhr handelte es sich auch nicht um eine stückschuld mit der folge, dass die beklagte die lieferung wegen unmöglichkeit verweigern konnte. dabei konnte dahinstehen, ob sie sich nicht ohnehin dadurch schadenersatzpflichtig gemacht hat, dass ein anderer kunde die bereits vom kläger bestellte uhr zwischenzeitlich noch über die website kaufen konnte. 27der anderslautende vortrag der beklagten ist unerheblich. der kläger hat zutreffend darauf hingewiesen, dass er die uhr als "ungetragen - new" bestellt hatte. da sich der kauf auch nicht auf ein – nach seriennummer – bestimmtes exemplar bezog, handelte es sich um eine gattungsschuld. die behauptung der beklagten, es habe sich um eine gebrauchte uhr gehandelt, ist unsubstantiiert, zumal ihr weiterer vortrag, sie habe sich bei ihren lieferanten darum bemüht, ersichtlich sinnlos wäre, hätte sich der kauf von vorne herein auf eine ganz bestimmte gebrauchte uhr bezogen. 28zudem kommt ein rücktritt nach § 313 abs. 3 bgb wegen störung der geschäftsgrundlage nicht in betracht. ein vereinbarter festpreis bleibt auch bei unerwarteten kostenerhöhungen grundsätzlich bindend (palandt/grüneberg, bgb, § 313 rn. 31). es liegt auch kein ausnahmefall vor. ein solcher ist nur dann anzunehmen, wenn sich umstände außerhalb des einfluss- und risikobereichs des schuldners verändern (palandt/grüneberg, bgb, § 313 rn. 32). die beschaffung der ware ist jedoch das alleinige risiko der beklagten. im übrigen hätte sie durch entsprechende maßnahmen vor vertragsschluss sicherstellen können, dass ihr die uhr tatsächlich zu einem für sie profitablen preis geliefert wird, insbesondere durch eine entsprechende reservierung, damit nicht – wie hier behauptet – ein anderer kunde die uhr zwischenzeitlich erwirbt. 29im übrigen durfte die beklagte nicht wegen § 275 abs. 2 bgb die leistung verweigern. § 313 bgb ist lex specialis (palandt/grüneberg, bgb, § 313 rn. 32, § 275 rn. 29). 30cc. schließlich hat die beklagte die pflichtverletzung auch zu vertreten, § 280 abs. 1 s. 2 bgb. für eine exkulpation hat sie nichts erhebliches vorgetragen. eine nachfristsetzung war wegen der ernsthaften und endgültigen leistungsverweigerung von seiten der beklagten entbehrlich, § 281 abs. 2 alt. 1 bgb. ausreichend ist eine rücktrittserklärung, wenn sie keinen zweifel daran lässt, dass der schuldner nicht mehr zur leistung bereit ist (palandt/grüneberg, bgb, § 281 rn. 14). die beklagte hatte die bestellung am 22.09.2020 unmissverständlich storniert. 31b. der anspruch besteht jedoch nicht in voller höhe. 32aa. nach der differenzmethode kann der geschädigte ersatz für die mehrkosten eines gleichwertigen deckungsgeschäftes verlangen, dessen vornahme er nicht verzögern darf und dabei die erforderliche sorgfalt anwenden muss (palandt/grüneberg, bgb, § 281 rn. 27). der kläger hat bei der beklagten die gleiche uhr kurz nach stornierung seiner bestellung am 23.09.2020 bestellt. 33der schaden beläuft sich auf 21.990,00 € - 15.990,00 € = 6.000,00 €, sodass die klage in höhe von 30,00 € unbegründet ist. 34bb. der kläger hat außerdem gegen die ihn gemäß § 254 abs. 2 s. 1 bgb treffende schadensminderungspflicht verstoßen. dies ist dann der fall, wenn der geschädigte die maßnahmen unterlässt, die ein ordentlicher und verständiger mensch zur schadensminderung ergreifen würde (palandt/grünberg, bgb, § 254 rn. 36). dabei kann dem kläger nicht vorgeworfen werden, dass er das deckungsgeschäft unmittelbar nach der stornierung vorgenommen hat. zu einem möglichst frühen deckungsgeschäft war er nämlich angehalten (bgh, urteil vom 17.01.1997 - v zr 285/95). 35dem kläger hätte es aber oblegen, von mehreren möglichen deckungsgeschäften bei vergleichbarkeit der angebote und gleichwertigkeit der uhren das günstigste zu wählen. die darlegungs- und beweisbelastete beklagte hat diesbezüglich vier günstigere alternativangebote aufgelistet. 36dass und warum er sich hierauf nicht verweisen lassen muss, hat der kläger nicht substantiiert dargetan. auf den schriftsatz der beklagten vom 13.07.2021, dem die angebote nicht beigefügt waren, hat der kläger lediglich allgemein erwidert, welche voraussetzungen für eine vergleichbarkeit seiner ansicht nach erfüllt sein müssten. nachdem die beklagte die entsprechenden anlagen nachgereicht hatte, ist keine weitere stellungnahme seitens des klägers mehr erfolgt. dem anlagenkonvolut b 2 lässt sich indes entnehmen, dass die uhren überwiegend von deutschen händlern und mit echtheitsgarantie sowie originalpapieren angeboten wurden. das gilt insbesondere für das angebot zum preis von 18.750,-- €, welches der kläger folglich aus schadensminderungsgesichtspunkten hätte annehmen müssen. 37sein anspruch beläuft sich damit lediglich auf 18.750,-- € ./. 15.990,-- € = 2.760,-- €. 382. 39auf dieser basis ist der klageantrag zu 2. ebenfalls teilweise begründet. 40der kläger hat gegen die beklagte einen anspruch auf erstattung vorgerichtlicher anwaltskosten. die ersatzpflicht des schädigers erstreckt sich gemäß § 249 bgb auf die kosten einer erforderlichen und zweckmäßigen rechtsverfolgung, ohne dass es auf die frage des verzugs nach § 286 bgb ankäme (palandt/grüneberg, bgb, § 249 rn. 56 f.). dem anspruch ist der streitwert zugrunde zu legen, der der berechtigten schadensersatzforderung entspricht (bgh, urteil vom 07.11.2007 - viii zr 341/06). 41berechtigt ist eine forderung in höhe von 2.760,00 €, sodass auf basis einer 1,3-fachen geschäftsgebühr + 20,00 € post- und telekommunikationspauschale + 16 % umsatzsteuer 326,31 € ersatzfähig sind. 423. 43der zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 abs. 1, 288 abs. 1 bgb. 444. 45die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 abs. 1, 708 nr. 11, 709, 711 zpo. 46streitwert: 6.030,-- € | Klaeger*in | 1 |
320,776 | 13 A 3930/18.A | 2019-06-18T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 29. August 2018 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der 19.. im Iran geborene und aufgewachsene Kläger ist nach eigenen Angaben afghanischer Staatsangehöriger tadschikischer Volkszugehörigkeit. 3Nach eigenen Angaben hat er den Iran gemeinsam mit seinen aus Herat stammenden Eltern etwa Ende des Jahres 2010 verlassen und wurde in der Türkei von diesen getrennt. Die Bundesrepublik Deutschland erreichte er im Sommer 2011 auf dem Luftweg. Im September 2011 stellte er in der Bundesrepublik Deutschland einen ersten Asylantrag. Nach Anhörung des Klägers mithilfe eines Sprachmittlers für die Sprache Dari lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) mit Bescheid vom 28. August 2013 den Asylantrag ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorlägen. Zugleich forderte es den Kläger unter Androhung der Abschiebung nach Afghanistan auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschuss des Asylverfahrens zu verlassen. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln – 14 K 5632/13.A – nahm der Kläger (wohl wegen Versäumung der Klagefrist) zurück. 4Am 25. Juli 2014 stellte er einen Asylfolgeantrag. Zu dessen Begründung trug er im Wesentlichen vor, er sei ursprünglich schiitischen Glaubens und – mit Taufe am 27. April 2014 – zum Christentum konvertiert. 5Am 26. April 2017 wurde der Kläger – mithilfe eines Sprachmittlers für die Sprache „Persisch“ – vor dem Bundesamt angehört, wobei er unter anderem folgende Angaben machte: Im Iran habe er die Schule ohne Abschluss nach der zehnten Klasse verlassen und als Verkäufer gearbeitet. Mit seinen Eltern habe er in N. gelebt. Dies sei eine sehr religiöse Stadt, in der häufig islamische Veranstaltungen stattfänden. Er habe tausend Fragen gehabt, sich aber vom Islam entfernt. Seine Familie habe den Iran wegen politischer Schwierigkeiten verlassen müssen. Er sei vier Monate in Griechenland gewesen, wo er in einer Kirche Essen und Kleidung bekommen habe. Dort habe er das Christentum kennengelernt. Ein Mann habe auf Persisch vom Christentum erzählt. Nach seiner Ankunft in Deutschland sei er sonntags etwa neun Monate lang in eine evangelische Kirche in L. gegangen, die ihm ein Freund empfohlen habe. Dort habe er auch an Kursen über Religion teilgenommen. Der Pfarrer habe deutsch gesprochen, aber einen Übersetzer gehabt. Nachdem er ein wenig Deutsch gelernt habe, sei er in eine evangelische Kirche in Siegburg gegangen. Dort sei er getauft worden. Er sei der Meinung, dass jeder Mensch einen Glauben haben sollte. Die evangelische Religion habe er ausgewählt, weil man Liebe zu der Religion empfinden müsse und der Verstand diese Religion akzeptiere. In Afghanistan würde er als Christ getötet werden. Außerdem müsse er sich in Deutschland um seine Eltern kümmern. Sie seien krank und verstünden kein Deutsch. Für sie zu sorgen sei seine Pflicht als Christ. 6Mit Bescheid vom 30. Mai 2017 lehnte das Bundesamt den Folgeantrag als unzulässig ab (Ziffer 1). Den Antrag auf Abänderung des Bescheids vom 28. August 2013 bezüglich der Feststellung von Abschiebungsverboten lehnte es ebenfalls ab (Ziffer 2) und forderte den Kläger unter Androhung der Abschiebung nach Afghanistan zur Ausreise innerhalb einer Woche auf (Ziffer 3). 7Bereits am 15. Februar 2017 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, nach seinem Übertritt zum Christentum drohe ihm in Afghanistan Verfolgung. Damit bestehe ein Grund für das Wiederaufgreifen des Verfahrens. 8In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Fragen unter anderem erklärt: Im Iran sei er zunächst mit seinem Vater zur Moschee gegangen, habe aber selbst nicht gebetet. Ihn habe das nicht interessiert. In Griechenland habe es in einer Kirche jeden Morgen Frühstück für Flüchtlinge gegeben. Während der Essensausgabe habe jemand auf Persisch gepredigt. In Deutschland sei er zum ersten Mal im Sommer 2012 zur Kirche gegangen, um sich ein Bild davon zu machen. Er sei zu dem Schluss gekommen, dass jeder Mensch eine Religion brauche. Er habe recherchiert, den Koran und die Bibel gelesen und sich für die christliche, evangelische Religion entschieden. Er habe sich taufen lassen, nachdem er verstanden habe, was die Taufe bedeute, nämlich Glaube, Reue und die Reinigung von Sünden. In der Schule oder wo er auch sonst sei, mache er Werbung für das Christentum und führe Diskussionen über den Glauben. Von Mitschülern sei er deshalb schon angegriffen und als Ungläubiger beschimpft worden. Seit seine Eltern wüssten, dass er sich zum Christentum bekenne, sprächen sie nur sehr wenig mit ihm. Sie kämen zu ihm, wenn sie Briefe bekämen oder Termine hätten. 9Der Kläger hat beantragt, 10Ziffer 1 des Bescheids des Bundesamtes vom 30. Mai 2017 aufzuheben, 11hilfsweise, die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des vorgenannten Bescheids zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG in der Person des Klägers und hinsichtlich Afghanistan vorliegen. 12Die Beklagte hat (schriftsätzlich) beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 29. August 2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Das Bundesamt habe den Folgeantrag zu Recht als unzulässig abgewiesen. Eine nachträgliche Ände-rung der Sachlage sei mit dem vorgetragenen Glaubenswechsel nicht einge-treten. Zwar interessiere sich der Kläger für das Christentum, habe sich einiges an Wissen hierüber angeeignet und sich mit religiösen Fragen auseinander-gesetzt. Er sei von einem Pfarrer in T. betreut und getauft worden. Eine glaubhafte Hinwendung des Klägers zum Christentum, die in Afghanistan eine Verfolgungsgefahr begründen könnte, sei aber nicht feststellbar. Seine Antworten hätten überwiegend keinen persönlichen Bezug erkennen lassen. Wie er seinen Glauben im Alltag lebe, habe der Kläger nicht beschreiben können. Gegen einen identitätsprägenden Glaubenswechsel spreche auch, dass er sich in keiner Weise in seiner Gemeinde engagiere, aber Hobbies wie Fußball- und Gitarre-spielen ausübe. Seine Antworten auf Fragen zu religiösen Feiertagen begrün-deten zusätzliche Zweifel. Schließlich sei sein Vorbringen über die Teilnahme an Sonntagsgottesdiensten unglaubhaft gewesen. 15Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die hilfsweise begehrte Verpflichtung der Beklagten, ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen. Bei einer Abschiebung nach Afghanistan drohe ihm auch in Anbetracht der dort herrschenden schlechten humanitären Verhältnisse nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.d. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK. Es sei anzunehmen, dass der inzwischen 24-jährige Kläger sich auf dem Arbeitsmarkt in Kabul – trotz äußerst schwieriger Bedingungen – werde durchsetzen können. Nach eigenen Angaben sei er zwar nicht in Afghanistan aufgewachsen, spreche aber zumindest die Sprache Dari. Im Iran habe er die Schule besucht und bereits als Schuhverkäufer gearbeitet. In Deutschland habe er den Hauptschulabschluss erworben und besuche derzeit noch das Abendgymnasium und die Volkshochschule. Er kümmere sich um seine Eltern, etwa indem er Behördengänge und andere bürokratische Aufgaben für sie übernehme. Auch schaffe er es, neben der Schule Hobbies in seinen Alltag zu integrieren. Insgesamt weise der Kläger somit genügend Fähigkeiten auf, um seine Existenz in Kabul sichern zu können. Damit drohe ihm bei einer Abschiebung nach Afghanistan auch keine Extremgefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. 16Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat (nur) hinsichtlich der Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zugelassenen Berufung. Zu deren Begründung trägt er vor: 17Die humanitären Verhältnisse in Afghanistan seien nach den vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erkenntnismitteln, nach den Richtlinien des UNHCR vom 30. August 2018 sowie nach dem Länderbericht „Afghanistan – Key socio-economic indicators – Focus on Kabul City, Mazar-e-Sharif City and Herat City“ des EASO aus April 2019 äußerst prekär, wobei sich die Situation im Dürrejahr 2018 noch einmal verschlechtert habe. Mehr als die Hälfte der afghanischen Bevölkerung lebe unterhalb der nationalen Armutsgrenze und könne den Erwerb des Existenzminimums nicht sicherstellen. In den Städten Kabul, Mazar-e-Sharif und Herat gebe es nicht genügend zumutbaren Wohnraum und keinen gesicherten Zugang zu sauberem (Trink-)Wasser. Kabul und Herat verfügten nicht flächendeckend über eine funktionierende Kanalisation. Nach der „Country Guidance“ des EASO von Juni 2018 könnten selbst junge arbeitsfähige Männer, wenn sie nicht in Afghanistan aufgewachsen seien und dort kein familiäres oder sonstiges Netzwerk hätten, ihren Lebensunterhalt nicht sichern. Auch in seinem Fall gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass ihm dies gelingen werde. Außer dem Haupt- und Realschulabschluss könne er nichts vorweisen. Den Besuch des Abendgymnasiums habe er abgebrochen, da er sich den Anforderungen nicht gewachsen gefühlt habe. Er suche bisher vergeblich einen Ausbildungsplatz. Auf geringfügiger Basis sei er einer Pizzeria beschäftigt. Ansonsten kümmere er sich um seine Eltern, gehe in die Kirche und zum Fußballtraining. Er lebe in einer festen Beziehung, allerdings mit seiner Partnerin nicht zusammen, sei ein zurückgezogener Mensch und habe keine wirklichen Freunde. Aufgrund dieser Charaktereigenschaften würde es ihm in Afghanistan schwerfallen, Kontakte zu knüpfen und sich Hilfe zu suchen. Gelinge ihm die Arbeits- und Ausbildungsplatzsuche schon in Deutschland nicht, werde sie ihm in Afghanistan erst recht unmöglich sein. Hinzu komme, dass er die Landessprache Dari nicht gut beherrsche. Er kenne sie nur von seinen Eltern, sei aber im Übrigen mit der iranischen Landessprache Farsi aufgewachsen, mit der er in Afghanistan sofort als „Iraner“ erkannt werden würde. 18Wegen seiner Konversion zum Christentum sei zumindest ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auszusprechen. Da die afghanische Gesellschaft die Abkehr vom Islam nicht toleriere, sei er dort einer besonderen Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt, die über die allgemeine Gefährdungslage der afghanischen Bevölkerung hinausgehe. Eine reale Gefährdung bestehe schon aufgrund der Taufe und des Umstands, dass er die christliche Religion in Deutschland praktiziert habe. Viele Menschen in seinem Umfeld wüssten von seiner Konversion, insbesondere seine Eltern und ehemalige Mitschüler, die Kontakte nach Afghanistan hätten. So könne die Konversion dort bekannt werden. Hinzu komme, dass erkennbar im Iran aufgewachsene Personen sich in Afghanistan gemeinhin die Frage stellen lassen müssten, ob sie Schiiten seien. Auf eine solch dezidierte Frage würde er nicht lügen und seine Zugehörigkeit zum Christentum geheim halten können. Schließlich habe er, wie er im erstinstanzlichen Verfahren dargestellt habe, „Spaß daran“, sich intensiv mit den theoretischen Grundlagen des Christentums zu beschäftigen, und wolle seinen Glauben immer weiter „verbessern“. Wenn er dies, beispielsweise über das Internet, in Afghanistan täte, könne er entdeckt werden und auch dadurch in Lebensgefahr geraten. 19Der Kläger beantragt, 20das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 29. August 2018 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 2. und 3. des Bescheids vom 30. Mai 2017 zu verpflichten festzustellen, dass für ihn in Bezug auf Afghanistan ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht. 21Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich), 22die Berufung zurückzuweisen. 23Sie nimmt zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts Bezug. Ergänzend verweist sie darauf, dass auch nach obergerichtlicher Rechtsprechung – insbesondere der Verwaltungsgerichtshöfe der Länder Bayern und Baden-Württemberg – der Existenzsicherung in Afghanistan nicht entgegenstehe, dass der Betroffene seit früher Kindheit nicht dort, sondern im Iran gelebt habe. Jedenfalls in den größeren Städten könne ein leistungsfähiger, erwachsener Mann ohne Unterhaltsverpflichtung seine Existenz auch dann sichern, wenn er aufgrund eines längeren Aufenthalts im benachbarten Ausland nicht mit den besonderen Verhältnissen Afghanistans vertraut sei. 24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten und des Verwaltungsvorgangs des Bundesamts Bezug genommen. 25Entscheidungsgründe: 26Die Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit sie auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG gerichtet war, zu Recht abgewiesen. Der ablehnende Bescheid des Bundesamts ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG (I.) oder nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (II.). Die Androhung der Abschiebung nach Afghanistan ist nicht zu beanstanden (III.). 27Dabei kann dahinstehen, ob über Abschiebungsverbote in einem Asylfolgeverfahren nur zu entscheiden ist, wenn (auch) insoweit die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 bzw. § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG erfüllt sind. 28Nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG in der seit dem 6. August 2016 geltenden Fassung des Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016, 29vgl. BGBl. I 1939, 30stellt das Bundesamt in Fällen unzulässiger Asylanträge i.S.d. § 29 Abs. 1 AsylG fest, ob Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen. 31Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 – 1 C 4.16 –, juris, Rn. 18, 20, und Beschlüsse vom 27. April 2017 – 1 B 6.17 –, juris, Rn. 5, und vom 3. April 2017 – 1 C 9.16 –, juris, Rn. 9. 32Zu den unzulässigen Asylanträgen i.S.d. § 29 Abs. 1 AsylG gehört nach Ziffer 5 der Norm auch der Folgeantrag. Nach dem Wortlaut des § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG in der seit dem 6. August 2016 geltenden Fassung des Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 ist deshalb auch die Entscheidung über Folgeanträge nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG entgegen der bis zum 5. August 2016 geltenden Rechtslage unabhängig davon, ob ein Wiederaufgreifensgrund nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegt oder die bestandskräftige frühere Entscheidung zu § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG gemäß § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG nach pflichtgemäßem Ermessen zurückzunehmen oder zu widerrufen ist, mit der Feststellung zu verbinden, ob die Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsverbots erfüllt sind. Allerdings bestehen Bedenken, ob diese voraussetzungslose Überwindung der Bestandskraft der vorangegangenen Entscheidung von der Regelungsabsicht des Gesetzgebers umfasst war. Die Begründung des Gesetzentwurfs, 33vgl. BT-Drs. 18/8615, S. 18 und 52, 34weist die Neufassung nur als eine Folgeänderung aus, ohne den Willen einer sachlichen Änderung erkennen zu lassen. Vorliegend kann dahinstehen, ob ein offensichtliches Versehen des Gesetzesgebers angenommen und § 31 Abs. 3 AsylG einschränkend dahingehend auszulegen ist, dass eine Prüfungs- und Entscheidungspflicht des Bundesamts für Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei Folgeanträgen nur unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG besteht. 35So Funke-Kaiser, GK-AsylG, Stand: Oktober 2017, § 31 Rn. 50; i.E. auch: Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Dezember 2016, § 31 AsylG Rn. 54; a.A. Sächsisches OVG, Urteil vom 21. Juni 2017 – 5 A 109/15.A –, juris, Rn. 26; Heusch, in: Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand: 1. Februar 2019, § 31 AsylG Rn. 21; Dickten, in: Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand: 1. Februar 2019, § 71 AsylG Rn. 28 m.w.N. 36Die Frage bedarf keiner Entscheidung, weil der Kläger jedenfalls in der Sache keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG hat. 37II. Für den Kläger besteht kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Afghanistan. 38Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten – EMRK – ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. 39Der Schutz der EMRK bezieht sich grundsätzlich nur auf das Territorium ihrer Unterzeichnerstaaten. Die Einhaltung grundlegender Menschenrechte in Drittstaaten ist nicht Regelungsinhalt der EMRK. Eine Beteiligung an einer Menschenrechtsverletzung außerhalb des Geltungsbereichs der EMRK – etwa durch eine Abschiebung – wird vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte deshalb nicht einer Verletzung im Vertragsgebiet gleichgestellt. Allerdings kann die EMRK bei besonders hochrangigen Schutzgütern – wie dem Verbot der Folter und der unmenschlichen Behandlung nach Art. 3 EMRK – zu einem Abschiebungsverbot führen. So ist in der Rechtsprechung des EGMR, 40vgl. EGMR, Urteil vom 7. Juli 1998 – Nr. 14038/88, Soering ./. Vereinigtes Königreich –, (Entscheidungen des EGMR jeweils, auch im Folgenden, abrufbar unter: https://hudoc.echr.coe.int), 41anerkannt, dass die Ausweisung bzw. Abschiebung eines Ausländers ausnahmsweise Fragen zu Art. 3 EMRK aufwerfen und die Verantwortung des betroffenen Staates nach der Konvention begründen kann. Auch andere in der EMRK verbürgte, von allen Vertragsparteien als grundlegend anerkannte Menschenrechtsgarantien können ausnahmsweise Abschiebungsverbote begründen. Der Sache nach handelt es sich um den Schutz eines Kernbestands an menschenrechtlichen Garantien der EMRK, die zugleich einen menschenrechtlichen Ordre Public aller Signatarstaaten der EMRK verkörpern. 42Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2000 – 9 C 34.99 –, juris, Rn. 11. 43Die Abschiebung eines Ausländers ist danach in solche Nicht-Vertragsstaaten verboten, in denen ihm Maßnahmen drohen, die einen äußersten menschenrechtlichen Mindeststandard unterschreiten. Auch bei Eingriffen in den Kernbereich solcher anderen, speziellen Konventionsgarantien ist eine Abschiebung allerdings ebenfalls nur in krassen Fällen unzulässig, wenn nämlich die drohenden Beeinträchtigungen von ihrer Schwere her dem vergleichbar sind, was nach der Rechtsprechung wegen menschenunwürdiger Behandlung zu einem Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK führt. 44Vgl. EGMR, Beschluss vom 28. Februar 2006 – Nr. 27034/05, Z. und T. ./. Vereinigtes Königreich –, S. 7; BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2000 – 9 C 34.99 –, juris, Rn. 11. 45Danach wird eine Verantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 3 EMRK im Falle einer Abschiebung dann begründet, wenn erhebliche Gründe für die Annahme sprechen, dass der Betroffene im Zielstaat mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit tatsächlich Gefahr läuft („real risk“), einer Art. 3 EMRK widersprechenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. 46Vgl. EGMR, Urteile vom 28. Juni 2011 – Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi ./. Vereinigtes Königreich –, Rn. 212 f., und vom 28. Februar 2008 – Nr. 37201/06, Saadi ./. Italien –, Rn. 129; BVerwG, Urteile vom vom 13. Juni 2013 – 10 C 13.12 –, juris, Rn. 25, vom 20. Februar 2013 – 10 C 23.12 –, juris, Rn. 32, und vom 31. Januar 2013 – 10 C 15.12 –, juris, Rn. 25 f. 47Für die Beurteilung, ob die Gewährleistungen der EMRK einer Abschiebung entgegenstehen, ist grundsätzlich auf den gesamten Abschiebungszielstaat abzustellen und besonders zu prüfen, ob konventionswidrige Umstände an dem Ort vorliegen, an dem die Abschiebung endet. 48Vgl. EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 – Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi ./. Vereinigtes Königreich –, Rn. 265, 301, 309; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – 10 C 15.12 –, juris, Rn. 26. 49Nicht erforderlich ist, dass die Konventionsverletzung seitens des Staates droht. Voraussetzung ist lediglich, dass die tatsächliche Gefahr staatlicherseits nicht durch angemessenen Schutz abgewendet werden kann. 50Vgl. EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 – Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi ./. Vereinigtes Königreich –, Rn. 213; BVerwG, Urteil vom 13. Juni 2013 – 10 C 13.12 –, juris, Rn. 25. 51Zu den grundlegenden speziellen Menschenrechtsgarantien, die im Einzelfall ein Abschiebungsverbot begründen können, gehören das Recht auf Leben (Art. 2 EMRK), 52vgl. EGMR, Beschluss vom 28. Februar 2006 – Nr. 27034/05, Z. und T. ./. Vereinigtes Königreich –, S. 6, und Urteil vom 7. Juli 1989 – Nr. 14038/88, Soering ./. Vereinigtes Königreich –, Rn. 88, 53und der Kernbereich des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK), der besonders bei drohender Todesstrafe betroffen ist, 54vgl. EGMR, Beschluss vom 28. Februar 2006 – Nr. 27034/05 –, Z. und T. ./. Vereinigtes Königreich –, S. 6, sowie Urteile vom 4. Februar 2005 – Nr. 46827/88 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov ./. Türkei –, Rn. 91, und vom 7. Juli 1989 – Nr. 14038/88, Soering ./. Vereinigtes König-reich –, Rn. 113. 55Ebenso kann die drohende Verletzung des unveräußerlichen – nach Art. 9 Abs. 2 EMRK nicht beschränkbaren – Kerns der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, der für die personale Würde und Entfaltung eines jeden Menschen unverzichtbar ist, einer Abschiebung entgegenstehen. Denn auch wenn die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit nicht zu den nach Art. 15 Abs. 2 EMRK unantastbaren Rechten gehört, kommt ihr als einem der Grundpfeiler der demokratischen Gesellschaft nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ein besonderer Rang zu. 56Vgl. zu Art. 9 EMRK im Allgemeinen EGMR, Urteil vom 25. Mai 1993 – Nr. 14307/88, Kokkinakis ./. Griechenland –, Rn. 31, und zur Berücksich-tigung bei Abschiebungen EGMR, Beschluss vom 28. Februar 2006 – Nr. 27034/05 –, Z. und T. ./. Vereinigtes Königreich –, S. 7. 571. Dies zugrunde gelegt ergibt sich ein Verbot, den Kläger nach Afghanistan abzuschieben, nicht wegen der von ihm geltend gemachten Konversion zum Christentum aus § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 9 EMRK. 58a) Eine die Abschiebung hindernde offenkundige Verletzung des unveräußerlichen Kerns der Religionsfreiheit nach Art. 9 EMRK droht nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dann, wenn der Betroffene im Zielstaat entweder aus religiösen Gründen Verfolgung erleiden wird oder wegen seiner Religionszugehörigkeit der tatsächlichen Gefahr des Todes, der ernsthaften Misshandlung, der offenkundigen Verweigerung eines fairen Verfahrens oder der willkürlichen Freiheitsentziehung ausgesetzt ist. 59Vgl. EGMR, Beschluss vom 28. Februar 2006 – Nr. 27034/05 –, Z. u. T./Vereinigtes Königreich –, S. 7 („As a result, protection is offered to those who have a substantiated claim that they will either suffer persecution for, inter alia, religious reasons or will be at risk of death or serious ill-treatment and possibly flagrant denial of a fair trial or arbitraty detention, because of their religious affiliation (…)“. 60Dabei bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob der gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 9 EMRK zu gewährende Schutz vor religiöser Verfolgung in seiner Reichweite demjenigen entspricht, den der Flüchtlingsschutz nach §§ 3, 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG i.V.m. Art. 9 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 lit. b der sog. Qualifikationsrichtlinie, 61Richtlinie 2011/95 EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit internationalem Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung), Abl. L 337/9 vom 20. Dezember 2011, S. 9 ff., 62aus religiösen Gründen gewährleistet, oder ob er aufgrund der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aufgestellten hohen Anforderungen an konventionsrechtlich begründete Abschiebungsverbote dahinter zurückbleibt und auf ein im Wesentlichen auf das forum internum beschränktes „religiöses Existenzminimum“ begrenzt ist. 63Für letzteres vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2000 – 9 C 34.99 –, juris, Rn. 12; OVG NRW, Urteil vom 9. Juni 2011 – 13 A 947/10.A –, juris, Rn. 50 ff., 62. 64Selbst die Maßgaben der §§ 3, 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG i.V.m. Art. 9 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 lit. b der sog. Qualifikationsrichtlinie zugrunde gelegt, könnte der Kläger sich auf eine Verfolgung aus religiösen Gründen nicht mit Erfolg berufen. 65Nach §§ 3, 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG i.V.m. Art. 9 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 lit. b der sog. Qualifikationsrichtlinie gehören zu den Gefahren, die einer Abschiebung entgegenstehen können, nicht nur gravierende Eingriffe in die Freiheit des Betroffenen, seinen Glauben im Privaten zu praktizieren (forum internum), sondern auch solche in die Freiheit, diesen Glauben öffentlich zu leben (forum externum). Die erforderliche Schwere kann insbesondere dann erreicht sein, wenn dem Schutzsuchenden aufgrund seiner religiösen Überzeugung, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion oder der Religionsausübung die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Der Schutzbereich der Religionsfreiheit erfasst sowohl die von der Glaubenslehre vorgeschriebenen Verhaltensweisen als auch diejenigen, die der einzelne Gläubige als für sich verpflichtend empfindet. Dabei kann auch der unter dem Druck der genannten Konsequenzen erzwungene Verzicht auf eine Glaubensbetätigung einen hinreichend gravierenden Eingriff in die Religionsfreiheit darstellen. Maßgeblich ist, wie der Einzelne seinen Glauben lebt, ob die verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für ihn ein zentrales Element seiner religiösen Identität bildet und daher für ihn besonders wichtig und auch bei Rückkehr in den Herkunftsstaat unverzichtbar ist. 66Vgl. EuGH, Urteil vom 5. September 2012 – C-71/11 u.a. –, juris, Rn. 55, 56, 62, 67 ff., 70; BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 – 10 C 23.12 –, juris, Rn. 24 ff., 29 f. 67b) Eine religiöse Verfolgung in diesem Sinne droht dem Kläger in Afghanistan nicht. 68aa) Personen, die sich vom Islam abgewandt haben (Apostaten), darunter Personen, die vom islamischen Glauben zum Christentum konvertiert sind, sind in Afghanistan Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt, wenn ihre religiöse Überzeugung bekannt wird. Im Einzelfall kann auch bereits der entsprechende Verdacht genügen. 69Die Zahl afghanischer Christen ist nicht verlässlich anzugeben. Nichtmuslimische Gruppierungen, zu denen auch Sikhs, Baha’i und Hindus gehören, machen jedenfalls weniger als 1 % der afghanischen Bevölkerung aus. Öffentlich zugängliche christliche Kirchen gibt es nicht. Lediglich auf dem Gelände der italienischen Botschaft befindet sich eine Kapelle, die ausländischen Christen zur Verfügung steht. 70Vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, vom 29. Juli 2018, S. 297 f.; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. Mai 2018, S. 11. 71Staatlicherseits besteht für Konvertiten zum Christentum ebenso wie für Apostaten im Allgemeinen die Gefahr der Strafverfolgung. Apostasie ist im afghanischen Strafgesetzbuch nicht ausdrücklich geregelt, gehört nach herrschender Rechtsauffassung aber zu den nicht ausdrücklich definierten „ungeheuerlichen Straftaten“, die nach der hanafitischen Lehre mit dem Tod oder bis zu lebenslanger Haft bestraft werden. Zudem müssen Konvertiten – auch schon bevor eine staatliche Verfolgung einsetzt – mit sozialer Ächtung und mit Gewalt bis hin zur Lynchjustiz durch Familienangehörige, andere Mitglieder der örtlichen Gemeinschaft sowie durch regierungsfeindliche Kräfte, insbesondere die Taliban, rechnen. Personen, die zum Christentum konvertiert sind, sind deshalb gezwungen, ihren Glauben zu verheimlichen und sich so zu verhalten, als wären sie (weiterhin) Muslime. Dies setzt grundsätzlich die Teilnahme am religiös-kulturellen Leben, etwa den Besuch der Moschee und das Fasten während des Ramadan, voraus. Mit welcher Intensität die Religionsausübung erwartet wird, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Während der nicht regelmäßige Moscheebesuch, insbesondere wenn er z.B. beruflich begründet werden kann, in den Großstädten nicht notwendig mit einem Verlust der Glaubwürdigkeit verbunden ist, ist der Gefährdungsgrad nicht regelmäßig praktizierender Muslime in ländlichen Gegenden erheblich höher. Rückkehrer aus dem westlichen Ausland können in besonderem Maße sozialem Druck ausgesetzt sein nachzuweisen, dass sie an religiösen Riten überzeugt teilnehmen. 72Vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, vom 31. Januar 2019, S. 297 ff.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Gefährdungsprofile, September 2018, S. 13; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Gefährdungsprofile, vom 12. September 2018, S. 23; UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, vom 30. August 2018, S. 72 f.; ACCORD, Anfragebeantwortung: Lage von zum Christentum konvertierten Personen insbesondere in Kabul und Masar-e-Sharif, vom 7. August 2018; EASO, Country Guidance Afghanistan, Juni 2018, S. 60; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. Mai 2018, S. 11; Stahlmann, Gutachten für das VG Wiesbaden, vom 28. März 2018, S. 312 ff.; EASO, Afghanistan: Individuals targeted under societal and legal norms, Dezember 2017, S. 14 f., 20 ff. 73bb) Dem Kläger drohen diese Gefahren indes nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Der Senat ist aufgrund des Gesamteindrucks, den er durch die Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, nicht zu der Überzeugung gelangt, dass bei dem Kläger eine Hinwendung zum christlichen Glauben vorliegt, die die religiöse Betätigung für ihn (auch) in Afghanistan unverzichtbar machte, um seine religiöse Identität zu wahren. Es ist deshalb weder zu erwarten, dass er in Afghanistan den christlichen Glauben praktizieren würde, noch dass er durch ein solches Absehen von religiöser Betätigung in innere Konflikte geriete. 74Die religiöse Identität – gegebenenfalls nach Hinwendung zu der angenommenen Religion – sowie die innere Tatsache, dass er die unterdrückte religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren, muss der Schutzsuchende zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies ist nur anhand seines Vorbringens und im Wege des Rückschlusses von äußeren Anhaltspunkten auf seine innere Einstellung möglich. Dafür ist das religiöse Selbstverständnis des Betroffenen grundsätzlich sowohl vor als auch nach der Ausreise aus dem Herkunftsland von Bedeutung. Beruft er sich auf eine Gefährdung wegen Konversion zu einem anderen Glauben, muss er die inneren Beweggründe glaubhaft machen, die ihn zur Konversion veranlasst haben. Von einem Erwachsenen, der sich zum Bekenntniswechsel entschlossen hat, darf im Regelfall zudem erwartet werden, dass er mit den wesentlichen Grundzügen seiner neuen Religion vertraut ist. Welche Anforderungen im einzelnen zu stellen sind, richtet sich vorwiegend nach seiner Persönlichkeit und seiner intellektuellen Disposition. 75Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 – 10 C 23.12 –, juris, Rn. 30 f., und Beschluss vom 25. August 2015 – 1 B 40.15 –, juris, Rn. 14; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Dezember 2017 – A 11 S 1144/17 –, juris, Rn. 63; OVG NRW, Beschlüsse vom 27. April 2016 – 13 A 854/16.A –, juris, Rn. 10, und vom 10. September 2014 – 13 A 1171/14.A –, juris, Rn. 7. 76Dies zugrunde gelegt, ist der Senat zwar davon überzeugt, dass der Kläger mit dem Christentum in der von ihm geschilderten Weise in Kontakt gekommen ist, sich für die christliche Religion interessiert und sich mit ihr beschäftigt hat. Es ist gut nachvollziehbar, dass die in einer orthodoxen Kirchengemeinde in Athen, in der Flüchtlinge Frühstück erhalten konnten, erfahrene Hilfe ihn beeindruckt und positiv für die helfenden Gemeindemitglieder eingenommen hat. Auch dass der Kläger einige Zeit nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland mit iranischen Freunden, die er im Integrationskurs kennengelernt hatte, auf Persisch abgehaltene Gottesdienste vor allem in L. besucht hat, zieht der Senat nicht in Zweifel. Ebenso ist glaubhaft, dass der Kläger, nachdem er besser Deutsch gelernt hatte, Kontakt zur evangelischen Gemeinde an seinem Wohnort T. aufgenommen hat und von dem dortigen Pfarrer betreut und schließlich getauft worden ist. Ein weiterer Bezug des Klägers zum Christentum besteht dadurch, dass seine aus China stammende Freundin evangelischen Glaubens ist. 77Eine die religiöse Identität prägende Hinwendung des Klägers zum Christentum, die zudem die christlich-religiöse Betätigung für ihn unverzichtbar machte, ist aber nicht festzustellen. Letztlich sind weder Beweggründe des Klägers für einen Glaubenswechsel deutlich geworden noch ist erkennbar, dass er den christlichen Glauben in einer als für sich verbindlich empfundenen Weise praktiziert. 78So hat der Kläger auf die Frage, was das Christentum für ihn bedeute, zunächst ausführlich geschildert, dass er, als er das erste Mal zum Pfarrer der Gemeinde in T. gegangen sei, viele Fragen über das Christentum und aufgrund von Gesprächen mit anderen Muslimen Vorbehalte insbesondere gegenüber der Dreifaltigkeit gehabt habe. Der Pfarrer habe ihm erklärt, dass es auch im Christentum nur einen Gott gebe, mit ihm auch über die Philosophie der Religion gesprochen und so sein Misstrauen gegenüber dem Christentum beseitigt. Die Erkenntnis, dass das Christentum – ebenso wie der Islam – nur einen Gott kenne, und der Abbau von Misstrauen vermögen indes nicht zu erklären, dass die christliche Religion für den Kläger eine so besondere Bedeutung hat, dass dies einen Glaubenswechsel begründen könnte. Soweit er seinen Ausführungen hinzugefügt hat, für ihn heiße Christentum „Glauben vom Herzen und der Menschheit zu dienen“, ist dies ohne nähere Erklärung und persönlichen Bezug geblieben. Ebenso allgemein gehalten war seine Antwort auf die Frage, was den Ausschlag dafür gegeben habe, dass er sich habe taufen lassen. Sie beschränkte sich darauf, dass der Kläger auf die Bedeutung der Taufe, nämlich „dass man von Sünden frei und neu geboren werde“, sowie ohne weitere Erklärung darauf verwiesen hat, dass er diese Erfahrung habe machen wollen. Seine weiteren Ausführungen, das Ganze könne man nur fühlen und nicht angemessen beschreiben, erhellen seine individuelle Motivations- und Gefühlslage nur unzureichend. 79Aus seinen Einlassungen in Bezug auf den Islam ergibt sich nichts anderes. Gefragt, ob er im Iran ein religiöser Mensch gewesen sei, hat er erklärt, zwar sei er religiös gewesen, es sei aber kein richtiger Glaube gewesen. Man könne das – bildlich gesprochen – mit einer Gruppe vergleichen, die nach Hamburg wolle, tatsächlich aber nach München fahre. Auf Nachfrage, was – in diesem Bild bleibend – aus seiner Sicht Hamburg und nicht München zum richtigen Ziel mache, antwortete er lediglich, das sei anhand des Beispiels nicht zu erklären. Auf weitere Nachfrage, was für ihn den entscheidenden Unterschied zwischen christlicher und islamischer Religion ausmache, hat er sich auf die allgemeine Angabe beschränkt, im Christentum sei man viel freier, während man im Islam das glauben müsse, was die Religionsgelehrten vorschrieben. Dies lässt darauf schließen, dass der Kläger sich seinen Glauben nicht vorschreiben lassen will. Eine auf eine Überzeugung gestützte Hinwendung gerade zum Christentum wird damit aber ebenso wenig aufgezeigt wie eine inhaltliche Abwendung vom Islam. 80Eine aktive Unterstützung der Gemeinde oder die Teilnahme an anderen Veranstaltungen als dem Sonntagsgottesdienst hat der Kläger verneint, indem er erklärt hat, natürlich gebe es viele Veranstaltungen, er „gehe aber nur noch sonntags hin“. Warum ihm gerade die Teilnahme am Gottesdienst wichtig ist, ist letztlich offen geblieben. Auf Nachfrage hat er darauf verwiesen, die Atmosphäre, die man in der Kirche spüre, vermittele „ein geistliches Gefühl“, ohne aber auszuführen, inwiefern dies – oder auch die Besinnung oder die Gemeinschaft mit anderen Gläubigen – für ihn persönlich von Bedeutung ist. 81Seine Angaben dazu, in welcher Weise er sich über den Gottesdienstbesuch hinaus mit seinem Glauben beschäftige, lassen darauf schließen, dass er sich in besonderer Weise mit unter Muslimen verbreiteten Ansichten über das Christentum auseinandersetzt. Für mehr als den in der Berufungsbegründung angeführten „Spaß daran“, sich mit dem Christentum zu beschäftigen, sprechen sie aber nicht. Insoweit hat der Kläger nämlich in erster Linie ausgeführt, er lese im Internet, besonders was von Muslimen etwa im „Facebook“ oder auf „Instagram“ über das Christentum geschrieben werde, und versuche, darauf Antworten zu finden. Sein ergänzender Verweis darauf, vor allem praktiziere er seinen Glauben, indem er anderen helfe, ist lediglich allgemein gehalten. Soweit er schließlich ausgeführt hat, außerdem habe er in der Schule mit muslimischen Mitschülern diskutiert und „Werbung“ für das Christentum gemacht, woraufhin er von diesen bedroht worden sei, ist seine Antwort auf die Nachfrage, warum ihm dies wichtig sei, unergiebig geblieben. Er hat lediglich ausgeführt, Mitleid mit denjenigen zu haben, die so seien wie er früher, dabei aber erneut nicht angeben können, inwiefern sich seine heutige (religiöse) Identität positiv von seiner früheren unterscheidet. 82Der Senat lässt nicht unberücksichtigt, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf weitere Nachfragen ausgeführt hat, dass er in einer persischen Ausgabe der Bibel lese, wobei er einzelne Passagen berichten konnte, dass er die Bedeutung von Pfingsten gut nachvollziehbar zu erklären wusste und auch über persönliches Gebet gesprochen hat. Allerdings kommt diesen Einlassungen in der Gesamtbetrachtung eine nur untergeordnete Bedeutung zu. Die Bibellektüre hat der Kläger von sich aus auf die Frage, in welcher Weise er sich neben dem Gottesdienstbesuch mit seinem Glauben beschäftige, nicht genannt und ihr für seine religiöse Praxis damit selbst keine besondere Bedeutung beigemessen. Seine Ausführungen zu Pfingsten und über persönliche Gebete sind auch mit Blick darauf zu bewerten, dass die Einzelrichterin des Verwaltungsgerichts ihre Zweifel an einem die religiöse Identität des Klägers prägenden Glaubenswechsel unter anderem damit begründet hat, dass er, zu kirchlichen Feiertagen befragt, unzureichend geantwortet und auch keine Inhalte von persönlichen Gebeten geschildert habe. Vor diesem Hintergrund und im Gesamtzusammenhang der übrigen Einlassungen des Klägers deutet einiges darauf hin, dass seine diesbezüglichen Angaben dem Verfahren angepasst sind. 83Dem in der Anhörung des Klägers zu seiner Religion gewonnenen Gesamteindruck entspricht schließlich, dass der christliche Glaube in seiner Antwort auf die Frage, was er bei einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte, weitgehend in den Hintergrund getreten ist. Probleme erwartete der Kläger danach in besonderem Maße deshalb, weil er mit den Verhältnissen in Afghanistan nicht vertraut sei und aufgrund seiner Sprache für einen Iraner gehalten würde, von dem die Afghanen glaubten, dass er sich in ihrem Land einmische. Etwaige ihm wegen einer Konversion drohende Gefahren befürchtete er offensichtlich nicht. 84cc) Art. 9 EMRK steht einer Abschiebung des Klägers auch nicht wegen seiner mit dem formalen Akte der Taufe begründeten Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche entgegen. 85In Bezug auf etwaige Gefahren, die aus einer bloß formalen Religionszugehörigkeit folgen könnten, fehlt es an tatsächlichen Anhaltspunkten dafür, dass dem Kläger solche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Da eine ernsthafte Hinwendung des Klägers zum christlichen Glauben nicht festzustellen ist, ist bei prognostischer Betrachtung zu erwarten, dass er in Afghanistan – auch auf die nach der Berufungsbegründung erwartete Frage, ob er Schiit sei, – nicht selbst von der Taufe berichten wird. Dass die Taufe des Klägers ohne sein Zutun bekannt wird, ist auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass es in Deutschland Afghanen – insbesondere ehemalige Mitschüler – gibt, die von seiner Taufe wissen, nicht beachtlich wahrscheinlich. In Afghanistan gibt es – ausgehend von den eigenen Angaben des Klägers – niemanden, der ihn kennt oder an Informationen über seine Person aus anderen Gründen ein besonderes Interesse hätte. 862. Ein Verbot, den Kläger nach Afghanistan abzuschieben, ergibt sich auch nicht deshalb, weil ihm aufgrund der dortigen Sicherheits- und humanitären Lage eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK drohte. 87Der Begriff der unmenschlichen Behandlung setzt die vorsätzliche Verursachung körperlicher Schmerzen oder physischen oder psychischen Leids voraus. Erniedrigend ist eine Behandlung, wenn sie geeignet ist, das Opfer zu entwürdigen oder zu demütigen. 88Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – Nr. 30696/09, M. S. S. ./. Belgien und Griechenland –, Rn. 220 f. m.w.N. 89a) In Bezug auf die im Zielstaat herrschende Sicherheitslage kann sich eine solche erniedrigende Behandlung aus einer allgemeinen Situation der Gewalt, einem besonderen Merkmal des Betroffenen oder aus einer Verbindung von beidem ergeben. 90Vgl. EGMR, Urteile vom 28. Juni 2011 – Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi ./. Vereinigtes Königreich –, Rn. 216, 218; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – 10 C 15.12 –, juris, Rn. 25. 91Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat allerdings klargestellt, dass eine allgemeine Situation der Gefahr ein Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK nur in „äußerst extremen Fällen“ („in the most extreme cases“) begründen kann, nämlich wenn sie derart intensiv ist, dass die bloße Anwesenheit einer Person im Zielstaat mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zur Folge hat. 92Vgl. EGMR, Urteile vom 23. August 2016 – Nr. 59166/12, J. K. u.a. ./. Schweden –, Rn. 116, vom 9. April 2013 – Nr. 70073/10 und 44539/11, H. und B. ./. Vereinigtes Königreich –, Rn. 91, vom 29. Januar 2013 – Nr. 60367/10, S. H. H. ./. Vereinigtes Königreich –, Rn. 73, und vom 28. Juni 2011 – Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi ./. Vereinigtes Königreich –, Rn. 218, 241, jeweils m.w.N. 93Ob diese Intensität erreicht ist, bestimmt sich insbesondere nach der Art der von den Konfliktparteien eingesetzten Kampfmethoden und deren Eignung, die Zivilbevölkerung – gezielt oder mittelbar – zu gefährden, nach der Intensität und Ausdehnung des Konflikts sowie der Anzahl der aufgrund der Kampfhandlungen vertriebenen, verletzten und getöteten Zivilpersonen. 94Vgl. EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 – Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi ./. Vereinigtes Königreich –, Rn. 241, 248. 95Diese Betrachtung schließt eine annäherungsweise quantitative Ermittlung der Häufung der Akte willkürlicher Gewalt und der Zahl der dabei Verletzten und Getöteten in Relation zur Gesamteinwohnerzahl des betreffenden Gebietes ein, um das individuelle Verletzungsrisiko von Zivilpersonen auf einer validen Tatsachengrundlage beurteilen zu können. Die Ermittlung ist in der Methode mit der Bestimmung der quantitativen Gefahrverdichtung vergleichbar, die das Bundesverwaltungsgericht bei der Prüfung willkürlicher Gewalt im Rahmen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG vornimmt, 96siehe BVerwG, Urteile vom 13. Februar 2014 – 10 C 6.13 –, juris, Rn. 24 und vom 17. November 2011 – 10 C 13.10 –, juris, Rn. 22 f., 97wobei das Ergebnis im Rahmen des nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 i.V.m. Art. 3 EMRK am Maßstab dieses Konventionsrechts zu messen ist. 98Vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 29. Januar 2019 – 9 LB 93/18 –, juris, Rn. 44, 74 ff.; siehe im Ergebnis wohl auch: Bayerischer VGH, Urteil vom 8. November 2018 – 13a B 17.31960 –, juris, Rn. 38 („Im Rahmen der Prüfung der allgemeinen Situation der Gewalt kann auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur erheblichen individuellen Gefahr im Rahmen eines bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) zurückgegriffen werden, soweit sie sich auf die Gefahrendichte bezieht.“), und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Januar 2018 – A 11 S 241/17 –, juris, Rn. 495 f. m.w.N. 99Darüber hinaus können auch schlechte humanitäre Verhältnisse in ganz besonderen Ausnahmefällen eine erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK darstellen. 100Die Europäische Menschenrechtskonvention dient hauptsächlich dem Schutz bürgerlicher und politischer Rechte. Die sozio-ökonomischen bzw. humanitären Bedingungen im Abschiebungszielstaat haben keinen notwendigen oder ausschlaggebenden Einfluss auf die Frage, ob eine Person tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein. 101Vgl. EGMR, Urteile vom 29. Januar 2013 – Nr. 60367/10, S. H. H. ./. Vereinigtes König-reich –, Rn. 74, vom 28. Juni 2011 – Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi ./. Vereinigtes Königreich –, Rn. 278, und vom 27. Mai 2008 – Nr. 26565/05, N. ./. Vereinigtes Königreich –, Rn. 44. 102Nur soweit die schlechten humanitären Bedingungen nicht nur oder überwiegend auf Armut oder fehlende staatliche Mittel beim Umgang mit Naturereignissen zurückzuführen sind, sondern überwiegend auf direkte und indirekte Aktionen der Konfliktparteien zurückgehen, hält der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das im Verfahren M. S. S. gegen Belgien und Griechenland entwickelte Kriterium für maßgeblich, 103vgl. EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 – Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi ./. Vereinigtes Königreich –, Rn. 282 f.; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – 10 C 15.12 –, juris, Rn. 25, 104nach dem die Fähigkeit des Beschwerdeführers berücksichtigt werden muss, seine elementaren Bedürfnisse nach Nahrung, Hygiene und Unterkunft zu befriedigen, weiter seine Verletzlichkeit für Misshandlungen und seine Aussicht auf eine Verbesserung der Lage in angemessener Zeit. 105Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – Nr. 30696/09, M. S. S. ./. Griechenland und Belgien –, Rn. 249 ff. 106Fehlt es an einem verantwortlichen Akteur, ist ein strengerer Maßstab anzulegen. Schlechte humanitäre Bedingungen, die ganz oder in erster Linie auf Armut oder auf fehlende staatliche Mittel, um mit auf natürlichen Umständen beruhenden Gegebenheiten umzugehen, zurückzuführen sind, können eine erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK nur in krassen Ausnahmefällen begründen, wenn ganz außerordentliche individuelle Gründe hinzutreten und humanitäre Gründe zwingend gegen eine Abschiebung sprechen. 107Vgl. EGMR, Urteile vom 29. Januar 2013 – Nr. 60367/10, S. H. H. ./. Vereinigtes König-reich –, Rn. 75, vom 28. Juni 2011 – Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi ./. Vereinigtes Königreich –, Rn. 282, und vom 27. Mai 2008 – 26565/05, N. ./. Vereinigtes Königreich –, Rn. 44; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 13. Februar 2019 – 1 B 2.19 –, juris, Rn. 10. 108Solche außergewöhnlichen individuellen Umstände können auch solche sein, die eine Person mit anderen Personen teilt, die Träger des gleichen Merkmals sind oder sich in einer im Wesentlichen vergleichbaren Lage befinden. In einem solchen Fall kann ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK ausnahmsweise etwa dann zu bejahen sein, wenn die Abschiebung, wenngleich nicht unmittelbar zum Tod des Betroffenen, so doch zu einer ernsthaften, schnellen und irreversiblen Verschlechterung seines Gesundheitszustands führen würde, die ein schweres Leiden oder eine erhebliche Verringerung der Lebenserwartung zur Folge hätte. 109Vgl. EGMR, Urteil vom 13. Dezember 2016 – Nr. 41738/10, Paposhvili ./. Belgien –, Rn. 183. 110Bezogen auf den Abschiebungszielstaat Afghanistan sind diese hohen Anforderungen maßgeblich, 111vgl. EGMR, Urteile vom 29. Januar 2013 – Nr. 60367/10, S. H. H. ./. Vereinigtes König-reich – Rn. 89 ff., und vom 13. Oktober 2011 – 10611/09, Husseini ./. Schweden –, Rn. 91 ff.; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 13. Februar 2019 – 1 B 2.19 –, juris, Rn. 10; Urteil vom 31. Januar 2013 – 10 C 15.12 –, juris, Rn. 25, 112weil die dortigen humanitären Verhältnisse nicht einem Akteur zuzuordnen sind, sondern auf einer Vielzahl von Faktoren beruhen, zu denen die allgemeine wirtschaftliche Lage, Umweltbedingungen wie Klima und Naturkatastrophen ebenso wie die Sicherheitslage gehören. 113Dabei ist im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG nicht die zur Durchbrechung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erforderliche Extremgefahr (dazu unter 2.) zu verlangen. Auch im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK ist in Bezug auf die allgemeinen humanitären Verhältnisse aber ein extremes Gefahrenniveau erforderlich, da nur dann ein ganz außergewöhnlicher Fall vorliegt, in dem die humanitären Gründe gegen die Ausweisung zwingend sind. 114Vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschluss vom 13. Februar 2019 – 1 B 2.19 –, juris, Rn. 10; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 29. Januar 2019 – 9 LB 93/18 –, juris, Rn. 51; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 12. Dezember 2018 – A 11 S 1923/17 –, juris, Rn. 121 ff., und vom 12. Oktober 2018 – A 11 S 316/17 –, juris, Rn. 170 ff.; Bayerischer VGH, Urteil vom 8. November 2018 – 13a B 17.31960 –, juris, Rn. 40; jeweils m.w.N.; Berlit, NVwZ-Extra 2019, 1 (13 f.). 115Ob die Voraussetzungen erfüllt sind, bestimmt sich durch Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, wobei mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Verletzung von Art. 3 EMRK – selbst unter Berücksichtigung des vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Verfahren M. S. S. gegen Belgien und Griechenland für einen anderen Anwendungsfall entwickelten, auf die Situation besonderer Verletzlichkeit und Schutzbedürftigkeit bezogenen Maßstabs – jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn die Betroffenen durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren können. 116Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – 10 C 15.12 –, juris, Rn. 28, 39. 117b) Ausgehend von diesen Grundsätzen erwartet den Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK. Als Zielorte der Abschiebung kommen die Haupt-stadt Kabul sowie die Stadt Herat , aus der die Eltern des Klägers stammen, in Betracht. Von Kabul ist eine Weiterreise nach Herat mehrmals täglich mit Inlands-flügen der Fluglinien „Ariana Afghan Airlines“ und „Kam Air“ möglich. 118Vgl. EASO, Afghanistan, Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e-Sharif City and Herat City, April 2019, S. 19. 119aa) Eine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung droht dem Kläger nicht mit Blick auf die in Afghanistan bzw. in Kabul oder Herat herrschende allgemeine Sicherheitslage. 120Eine allgemeine Situation der Gewalt, die zur Folge hätte, dass eine Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in Afghanistan, im Besonderen in Kabul, Gefahr liefe, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Misshandlung ausgesetzt zu sein, haben aufgrund der jeweiligen Erkenntnislage bisher weder der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, 121vgl. EGMR, Urteile vom 11. Juli 2017 – Nr. 46051/13, S. M. A. ./. Niederlande –, Rn. 53, – Nr. 41509/12, Soleimankheel u.a. ./. Niederlande –, Rn. 51, – Nr. 77691/11, G. R. S. ./. Niederlande –, Rn. 39, – Nr. 72586/11, E. K. ./. Niederlande –, Rn. 67, – Nr. 43538/11 und 63104/11, E. P. und A. R. ./. Niederlande –, Rn. 80, vom 16. Mai 2017 – Nr. 15993/09, M. M. ./. Niederlande –, Rn. 120, vom 5. Juli 2016 – Nr. 29094/09, A. M. ./. Niederlande –, Rn. 87, vom 12. Januar 2016 – Nr. 13442/08, A. G. R. ./. Niederlande –, Rn. 59, und vom 9. April 2013 – Nr. 70073/10 und 44539/11, H. und B. ./. Vereinigtes Königreich –, Rn. 92 f., 122noch die obergerichtliche Rechtsprechung, 123vgl. etwa Niedersächsisches OVG, Urteil vom 29. Januar 2019 – 9 LB 93/18 –, juris, Rn. 57 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 12. Dezember 2018 – A 11 S 1923/17 –, juris, Rn. 225 ff., und 12. Oktober 2018 – A 11 S 316/17 –, juris, Rn. 302 ff.; Bayerischer VGH, Urteil vom 8. November 2018 – 13a B 17.31960 –, juris, Rn. 43 ff., jeweils m.w.N., 124festgestellt. Diese Einschätzung teilt der Senat aufgrund der ihm vorliegenden Erkenntnisse, auf die er die Beteiligten hingewiesen hat. 125Danach ist die Sicherheitslage in Afghanistan anhaltend schlecht. Sie weist erhebliche regionale Unterschiede auf und bleibt volatil. Die größeren Städte, insbesondere die Hauptstadt Kabul, sowie insgesamt rund 55,5% der Distrikte des Landes befinden sich unter staatlicher Kontrolle. Rund 34% der Distrikte gelten als umkämpft. 126Vgl. ACCORD, Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan, vom 29. Mai 2019, S. 3; Vereinigte Staaten von Amerika, Special Investigator for Afghanistan Reconstruction (SIGAR), Quarterly Report to the United States Congress, vom 30. Januar 2019, S. 69; allerdings derselbe zu den Schwierigkeiten, die Gebietskontrolle zu bestimmen: Quarterly Report to the United States Congress, vom 30. April 2019, S. 73 f. 127Das Armed Conflict Location and Event Data Project (ACLED) der Universität Sussex, das Todesopfer politischer Gewalt erfasst, dokumentierte nach Angaben vom Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (ACCORD) für Afghanistan im Jahr 2018 insgesamt 43.750 Personen (zivile und nicht zivile), die bei sicherheitsrelevanten Vorfällen ums Leben gekommen sind. Damit registrierte die Organisation einen Anstieg gegenüber dem Vorjahr mit 41.689 solcher Todesfälle. 128Vgl. ACCORD, Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan, vom 29. Mai 2019, S. 1. 129Leib und Leben von Zivilpersonen sind weiterhin sowohl durch Kampfhandlungen der Konfliktparteien und Landminen als auch durch improvisierte Sprengkörper, Selbstmord- und komplexe Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen bedroht. 130Vgl. UNAMA, Quarterly Report on the Protection of Civilians in Armed Conflict: 1 January to 31 March 2019, vom 24. April 2019, S. 1 f., und Afghanistan, Protection of Civilians in Armed Conflict, Annual Report 2018, Februar 2019, S. 1; ACCORD, Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan und Chronologie für Kabul, vom 25. März 2019; Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt, vom 31. Januar 2019, S. 48 ff. 131Die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (United Nations Assistance Mission in Afghanistan – UNAMA –) dokumentierte für das Jahr 2018 landesweit insgesamt 10.993 zivile Opfer (Tote und Verletzte). Dies bedeutet gegenüber dem Jahr 2017 mit 10.459 zivilen Opfern einen Anstieg um rund 5%. Gegenüber dem Jahr 2016 mit 11.452 zivilen Opfern hat sich die Zahl um rund 4% verringert. Dabei war im Jahr 2018 mit 3.804 getöteten Zivilpersonen – gegenüber 3.440 im Vorjahr und 3.527 im Jahr 2016 – die seit Beginn der Erhebungen der UNAMA im Jahr 2009 bisher größte Zahl von Todesopfern zu verzeichnen. Der Großteil der zivilen Opfer (63%) ging im Jahr 2018 wie in den Vorjahren auf Angriffe regierungsfeindlicher Gruppen zurück, insbesondere auf solche der Taliban und des sog. Islamischen Staates (IS), denen jeweils 37% bzw. 20% der Angriffe zugerechnet werden. 24% der zivilen Opfer des Jahres 2018 werden auf Kampfhandlungen von Pro-Regierungstruppen zurückgeführt und 10% auf Kreuzfeuer, das keiner einzelnen Konfliktpartei zugerechnet werden kann. 132Vgl. UNAMA, Afghanistan, Protection of Civilians in Armed Conflict, Annual Report 2018, Februar 2019, S. 1, 4; dazu: BAMF, Briefing Notes, vom 25. Februar 2019, S. 1. 133Der im Jahr 2018 gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnende Anstieg liegt zum einen in dem verheerendsten bisher von UNAMA registrierten Anschlag begründet, bei dem am 27. Januar 2018 114 Zivilisten getötet und 229 verletzt wurden. Zum anderen verzeichnete UNAMA eine Vielzahl von Anschlägen, die in Zusammenhang mit der am 20. und 21. Oktober 2018 abgehaltenen Parlamentswahl gebracht werden und bei denen insgesamt 1.007 Zivilisten zu Schaden kamen (226 Tote und 781 Verletzte). 134Vgl. UNAMA, Afghanistan, Protection of Civilians in Armed Conflict, Annual Report 2018, Februar 2019, S. 3, 26. 135Im Jahr 2019 meldete UNAMA für das erste Quartal gegenüber dem entsprechenden Zeitraum der drei Vorjahre einen Rückgang der Opferzahlen, nämlich 1.773 zivile Opfer (581 Tote und 1.192 Verletzte) gegenüber 2.305 Opfern (799 Tote und 1.506 Verletzte) im ersten Quartal des Jahres 2018, 2.255 Opfern (789 Tote und 1.469 Verletzte) im ersten Quartal des Jahres 2017 und 2.268 Opfern (727 Tote und 1.541 Verletzte) im ersten Quartal 2016. Insbesondere die Anzahl von Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppen ist zurückgegangen. Deren Angriffe sind weiterhin für den Großteil, nämlich 54% (39% Taliban, 12% IS, 3% andere), der zivilen Opfer verantwortlich, während UNAMA 32% der Opferzahlen den Kampfhandlungen von Pro-Regierungstruppen zuschreibt. Die Ursachen des Rückgangs der Anschläge im ersten Quartal 2019 sind bisher nicht mit Gewissheit auszumachen. In Betracht kommen nach den Feststellungen der UNAMA Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung und fortdauernde Gespräche der Konfliktparteien ebenso wie der im ersten Quartal des Jahres 2019 ausgesprochen harte Winter. 136Vgl. UNAMA, Quarterly Report on the Protection of Civilians in Armed Conflict: 1 January to 31 March 2019, vom 24. April 2019, S. 1 ff. 137Trotz der damit für Zivilpersonen anhaltend bedrohlichen Sicherheitslage ist eine landesweit hinreichend beachtliche Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts für Zivilpersonen weiterhin nicht festzustellen. Unter Berücksichtigung einer konservativ geschätzten Gesamteinwohnerzahl von 27 Millionen Menschen, 138vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. Mai 2018, S. 18 f., gegenüber den deutlich darüber liegenden Angaben etwa der Islamischen Republik Afghanistan, Central Statistics Organization (31,6 Millionen Menschen für die Jahre 2018/2019), abrufbar unter: http://cso.gov.af/en/page/demography-and-socile-statistics/demograph-statistics/3897111, 139beläuft sich das Schädigungsrisiko ausgehend von der durch UNAMA landesweit im Jahr 2018 ermittelten Zahl der zivilen Opfer auf etwa 1:2.500 (0,04%). Ausgehend von einer die Zahlen für das erste Quartal zugrunde legenden Hochrechnung für das Jahr 2019 beträgt es rund 1:3.800 (0,026%). Diese Gefahrendichte erreicht nicht annähernd diejenige, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Gewährung subsidiären Schutzes wegen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) erforderlich wäre. 140Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2011 – 10 C 13.10 –, juris, Rn. 22 f., wonach jedenfalls ein Schädigungsrisiko von etwa 1:800 (= 0,125 %) weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt ist. 141Auch eine Situation extremer allgemeiner Gewalt, die eine erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK begründen könnte, weil eine abgeschobene Person bereits allein aufgrund ihrer Anwesenheit im Zielstaat mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gefährdet wäre, vermag ein Gefahrengrad, der sich in diesem Bereich bewegt, in quantitativer Hinsicht nicht zu begründen. 142Dabei ist dem Senat bewusst, dass anhand dieser Zahlen lediglich eine annäherungsweise quantitative Risikoermittlung möglich ist, bei der ein Unsicherheitsfaktor verbleibt. So ist zu berücksichtigen, dass in den Statistiken der UNAMA solche Vorfälle unerwähnt bleiben, die nicht von drei unabhängigen, überprüfbaren Quellen bestätigt werden, sodass mutmaßlich nicht alle tatsächlichen Opfer erfasst werden. Auch wenn die Opferzahlen, wie von Stahlmann eingewendet, etwa bei einem anderen Validierungsstandard oder unter Erweiterung der Opfergruppen höher liegen können, 143vgl. Stahlmann, Gutachten an das VG Wiesbaden vom 28. März 2018, S. 176 ff., 144rechtfertigt dies keine andere Bewertung. Die von UNAMA mitgeteilten Daten sind methodisch nachvollziehbar ermittelt. Sie sind auch deswegen belastbar, weil sie von einer von der internationalen Staatengemeinschaft getragenen Organisation stammen und somit einer verlässlichen, an internationalen Standards orientierten Quelle zuzuordnen sind. Auch Stahlmann schätzt die von UNAMA zusammengestellten Daten deshalb trotz der erhobenen Bedenken letztlich nicht nur als die methodisch vertrauenswürdigste, sondern auch als die umfänglichste Zusammenstellung ziviler Opfer ein. 145Vgl. Stahlmann, Gutachten an das VG Wiesbaden vom 28. März 2018, S. 177. 146Dass (und weshalb) andere Auskunftsquellen methodisch belastbareres Datenmaterial hätten, ist nicht ersichtlich. Die von ACLED ermittelten Zahlen von Todesopfern können der Betrachtung schon deshalb nicht zugrunde gelegt werden, weil sie sich nicht auf Zivilpersonen beschränken. Davon abgesehen weist ACLED selbst darauf hin, dass ihre Methode zu einer Übererfassung führen könne. Die Organisation beziehe ihre Information von Quellen unterschiedlicher Glaubwürdigkeit und versuche, diese zu validieren, wo es möglich sei. Damit werden aber auch Informationen übernommen, die sich nicht haben bestätigen lassen. 147Vgl. ACLED, Methodology and Coding Decisions around the Conflict in Afghanistan, vom 10. April 2019, S. 5 und 7; abrufbar unter: https://www.acleddata.com/resources/methodology. 148Eine „Korrektur" der von UNAMA ausgewiesenen Zahlen mit Hilfe eines – ohnehin schwierig zu bemessenden – Faktors, 149vgl. zu diesem Ansatz etwa: Niedersächsisches OVG, Urteil vom 7. September 2015 – 9 LB 98/13 –, juris, Rn. 65, 150hält der Senat nicht für angezeigt, 151so auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Oktober 2018 – A 11 S 316/17 –, juris, Rn. 133 ff., 152zumal die Dunkelziffer jedenfalls für Anschläge, die zu einer Vielzahl von Opfern geführt haben, gering sein dürfte. Selbst bei dem Erfordernis einer Bestätigung durch drei Quellen ist eine „Nichtmeldung“ bei Vorfällen mit vielen Opfern eher unwahrscheinlich. 153Auch für die Stadt Kabul als möglichem Zielort der Abschiebung des Klägers ist die Gefahrenschwelle in quantitativer Hinsicht nicht erreicht. Allerdings verzeichnete UNAMA für die Provinz Kabul im Jahr 2018 die landesweit höchste Zahl ziviler Opfer (1.866, davon 596 Tote und 1.270 Verletzte) und im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg der Opferzahlen um 2%. Der ganz überwiegende Teil der zivilen Opfer (1.686, davon 554 Tote und 1.132 Verletzte) ging auf Selbstmord- und komplexe Anschläge in der Stadt Kabul zurück, die weiterhin einer erheblichen Anschlagsdichte ausgesetzt ist. Von landesweit 65 Selbstmordattentaten und komplexen Anschlägen ereigneten sich dort 28. Die in Kabul verübten Angriffe richteten sich hauptsächlich gegen Zivilisten, einschließlich der zivilen Regierungsverwaltung, religiöse Stätten, Bildungseinrichtungen und Orte, die mit den Wahlen im Oktober in Verbindung standen. 154Vgl. UNAMA, Afghanistan, Protection of Civilians in Armed Conflict, Annual Report 2018, Februar 2019, S. 2, 23. 68. 155Diese Entwicklung setzt sich fort. Auch im ersten Quartal 2019 verzeichnete UNAMA in Kabul die landesweit größte Zahl ziviler Opfer. So werden bisher etwa folgende Vorfälle berichtet: Am 14. Januar 2019 tötete eine Autobombe im Osten der Stadt sechs Zivilisten und verletzte 140. Bei einem Mörserangriff des IS im westlichen Teil Kabuls starben am 7. März 2019 elf Zivilisten, 140 wurden verletzt. Der Anschlag ereignete sich in der Nähe einer Zeremonie zur Ehrung eines bekannten, von den Taliban ermordeten Hazara- und Schiitenführers. Bei mehreren Explosionen, die sich am 21. März 2019 während der Feierlichkeiten zum persischen Neujahrsfest in der Nähe eines schiitischen Schreins ereigneten und die ebenfalls dem IS zugerechnet werden, starben mindestens sechs Menschen, 23 wurden verletzt. Am 20. April 2019 griffen Unbekannte das Ministerium für Kommunikation an, wobei mindestens sieben Zivilisten getötet und drei verletzt wurden. Über 2.000 Mitarbeiter, die sich in dem Gebäude befanden, konnten in Sicherheit gebracht werden. Auf das Angebot eines Waffenstillstands während des Fastenmonats Ramadan gingen die Taliban nicht ein. Am 8. Mai 2019 griffen sie den Sitz der Nichtregierungsorganisation „Counterpart International“ an, wobei drei Zivilisten verletzt und 20 getötet wurden. Für den 11. und 12. Mai 2019 wird jeweils eine Bombenexplosion berichtet. Während bei der ersten niemand zu Schaden kam, wurde bei dem zweiten Anschlag eine Person verletzt und ein Polizeifahrzeug zerstört. Bei einem Bombenanschlag vor dem Freitagsgebet am 24. Mai 2019 auf eine Moschee im Osten Kabuls wurden drei Menschen getötet, darunter der Imam. Am 30. Mai 2019 wurden durch ein Selbstmordattentat, für das der IS die Verantwortung übernommen hat, sechs Personen getötet und 16 weitere verletzt. Einen Tag darauf wurden bei einem Anschlag in der Nähe der Pädagogischen Hochschule mindestens sieben Zivilisten verletzt oder getötet. Im gleichen Zeitraum konnte ein weiterer Anschlag im 12. Polizeidistrikt der Stadt verhindert werden. 156Vgl. BAMF, Briefing Notes, vom 3. Juni 2019, S. 1, vom 27. Mai 2019, S. 1, vom 13. Mai 2019, S. 1, vom 29. April 2019, S. 1, vom 25. März 2019, S. 1, und vom 18. März 2019, S. 1; UNAMA, Quarterly Report on the Protection of Civilians in Armed Conflict: 1 January to 31 March 2019, vom 24. April 2019, S. 2, 3 f.; ACCORD, Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan und Chronologie für Kabul, vom 25. März 2019, S. 25 f. 157Den Opferzahlen stehen bei ebenfalls konservativer Schätzung rund 4 Millionen Einwohner der Stadt Kabul gegenüber. 158Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. Mai 2018, S. 19; außerdem EASO, Key socio-economic indicators, focus on Kabul City, Mazar-e-Sharif and Herat City, April 2019, S. 12 (zwischen 3,5 und 5,5 Millionen); Islamische Republik Afghanistan, Central Statistics Organization (4,8 Millionen Einwohner für die Jahre 2018/2019), abrufbar unter http://cso.gov.af/en/page/demography-and-socile-statistics/demograph-statistics/3897111; weit höher dagegen etwa von Amnesty International angeführte Schätzungen von zwischen 7 und 8 Millionen, Amnesty International, Auskunft vom 5. Februar 2018 an das VG Wiesbaden, S. 55. 159Damit ergibt sich ausgehend von der für die Stadt Kabul im Jahr 2018 ermittelten Zahl ziviler Opfer von Selbstmord- und komplexen Anschlägen (1.686) eine Gefährdungswahrscheinlichkeit von rund 1:2.370 (0,042%). Legt man die für alle Anschlagsarten lediglich für die gesamte Provinz Kabul mitgeteilte Opferzahl von 1.866 im Jahr 2018 zugrunde, liegt die Gefährdungswahrscheinlichkeit bei etwa 1:2.150 (0,047%). Damit ist eine Situation extremer allgemeiner Gewalt, in der eine abgeschobene Person bereits allein aufgrund ihrer Anwesenheit in Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gefährdet wäre, i.S.d. Art. 3 EMRK in quantitativer Hinsicht nicht erreicht. 160Auch in der Stadt Herat als alternativem Zielort für die Abschiebung des Klägers ist die Gefahrenschwelle in quantitativer Hinsicht derzeit nicht erreicht. Herat wird als eine der friedlichen Provinzen gewertet, wenngleich Aufständische in einigen Distrikten, insbesondere in Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, vermehrt aktiv sind. 161Vgl. Republik Österreich, Bundesamt der Staatendokumentation, Länderinformationsblatt Afghanistan vom 31. Januar 2019, S. 128. 162Zudem werden – wie in Kabul – auch in der Stadt Herat etwa seit dem Jahr 2016 verstärkt Anschläge gegen schiitische Gebetsstätten verzeichnet, die vor allem, wenn auch nicht allein dem IS zugerechnet werden. 163Vgl. Afghanistan Analyst Network, Speculation Abounding: Trying to make sense of the attacks against Shias in Herat, 3. Februar 2019; Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, vom 31. Januar 2019, S. 55; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. Mai 2018, S. 10. 164Insgesamt verzeichnete UNAMA im Jahr 2018 für die Provinz Herat 259 zivile Opfer (95 Tote und 122 Verletzte) und damit im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang der Opferzahlen um 48%. Komplexe (nicht Selbstmord-)Anschläge seien die häufigste Ursache gewesen, gefolgt von Bodenkämpfen und gezielten Tötungen. 165Vgl. UNAMA, Afghanistan, Protection of Civilians in Armed Conflict, Annual Report 2018, Februar 2019, S. 68. 166Aus der Stadt Herat werden (ohne Angabe absoluter Opferzahlen) für das Jahr 2018 insbesondere folgende Vorfälle berichtet: Am 25. März 2018 tötete ein dem IS zugeschriebener Selbstmordanschlag auf eine schiitische Moschee eine Person und verletzte bis zu 14 Menschen. Am 9. August 2018 forderte eine in der Nähe des Fahrzeugs eines früheren Polizeikommandanten explodierte Bombe mindestens 16 Opfer (vier Tote, zwölf Verletzte, darunter der Kommandant). Am 5. September 2018 wurden durch zwei Explosionen im Zentrum von Herat City mindestens sechs Personen verletzt, darunter zwei Verkehrspolizisten. Ende August wurden am selben Ort zwei Personen getötet. Am 21. September 2018 konnten Polizei und Sicherheitsdienst einen Anschlag auf eine schiitische Moschee verhindern und zwei Verdächtige festnehmen. Am 4. Oktober 2018 verletzte ein auf ein Polizeifahrzeug zielender Angriff zehn Personen. 167Vgl. Afghanistan Analysts Network, Speculation Abounding: Trying to make sense of the attacks against Shias in Herat city, vom 3. Februar 2019; ACCORD: Afghanistan: Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in Herat, Mazar-e-Sharif (Provinz Balkh) und Kabul 2010-2018, vom 7. Dezember 2018, S. 203 ff.; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. Mai 2018, S. 10. 168Den Opferzahlen des Jahres 2018 stehen für den Zeitraum 2017/2018 geschätzte Einwohnerzahlen von etwa 1,9 Millionen für die Provinz Herat und rund 507.000 für Herat City gegenüber. 169Vgl. EASO, Afghanistan: Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e-Sharif and Herat City, April 2019, S. 13; Republik Österreich, Bundesamt der Staatendokumentation, Länderinformationsblatt Afghanistan vom 31. Januar 2019, S. 128; ACCORD, Afghanistan, Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in Herat , Mazar-e-Sharif (Provinz Balkh) und Kabul 2010-2018, S. 5. 170Dies zugrunde gelegt lag die Wahrscheinlichkeit, in der Provinz Herat Opfer der dort allgemein herrschenden Gewalt zu werden für Zivilpersonen bei etwa 0,014%. Für die Stadt Herat blieb die Wahrscheinlichkeit selbst bei Berücksichtigung aller in der Provinz verzeichneten Opfer unter 1:1.950 (0,051%). 171Seit Beginn des Jahres 2019 wurden insbesondere folgende Vorfälle berichtet: Am 7. Januar 2019 konnten Sicherheitskräfte einen Anschlag auf eine Moschee im Distrikt Adraskan in der Provinz Herat verhindern. Am 12. Januar 2019 wurde über einen Angriff bewaffneter Personen auf eine Polizeiwache in Herat -City berichtet, bei der zwei Polizisten und drei Zivilisten getötet sowie vier weitere Personen verletzt wurden. 172Vgl. BAMF, Briefing Notes, vom 14. Januar 2019, S. 1. 173Damit setzt sich die Gefährdungslage fort. Eine wesentliche Änderung, die in quantitativer Hinsicht eine Überschreitung des rechtlich erheblichen Gefährdungsgrads zur Folge haben könnte, ist nach der derzeitigen Erkenntnislage indes nicht ersichtlich. 174Bei wertender Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Beurteilung der allgemeinen Sicherheitslage herangezogenen Kriterien im Übrigen, 175vgl. EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 – Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi ./. Vereinigtes Königreich –, Rn. 241, 248, 176ergibt sich nicht, dass das Ausmaß der Gewalt insbesondere in Kabul und Herat so intensiv ist, dass für jeden dort Anwesenden die Gefahr einer Behandlung besteht, welche die Schwelle des Art. 3 EMRK erreicht. 177Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich eine medizinische Erstversorgung der zivilen Opfer ebenso wie gegebenenfalls erforderliche Nachbehandlungen nach der derzeitigen Erkenntnislage als grundsätzlich möglich erweisen. In ländlichen Gegenden Afghanistans soll die staatliche Gesundheitsversorgung auf drei Ebenen gewährleistet werden – nämlich lokal auf Gemeinde- und Dorfebene, in Grundversorgungs-, Gesundheitszentren und Bezirkskrankenhäusern auf Bezirksebene sowie durch Provinz- und Regionalkrankenhäuser –, jedoch bleibt es vielfach schwierig, diese Einrichtungen überhaupt zu erreichen. In den Städten übernehmen allgemeine und spezialisierte Krankenhäuser die Versorgung. Die staatliche medizinische Grundversorgung ist kostenlos. Allerdings ist es nicht unüblich, dass Patienten Ärzte und medizinisches Personal bestechen, um eine bestimmte oder schnellere Behandlung zu erhalten. Daneben gibt es in den größeren Städten Privatkliniken, deren Behandlungskosten variieren. Verfügbarkeit und Qualität der Behandlung sind durch den Mangel an gut ausgebildeten Ärzten und medizinischem Assistenzpersonal, Engpässe in der Medikamentenversorgung, schlechtes Management und infrastrukturelle Missstände begrenzt. Auch Anschläge und Anschlagsdrohungen regierungsfeindlicher Kräfte auf medizinische Einrichtungen beeinträchtigen die Versorgungslage. 178Vgl. EASO, Afghanistan, Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e-Sharif City and Herat City, April 2019, S. 44 ff.; UNAMA, Afghanistan: Protection of Civilians in Armed Conflict, Annual Report 2018, Februar 2019, S. 16; Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt Afghanistan, vom 31. Januar 2019, S. 347 ff.; MedCOI, Country Fact Sheet, Access to Healthcare: Afghanistan, December 2018, S. 21 ff. 179Dennoch steht jedenfalls in den Städten ein grundsätzlich ausreichendes Netz von Krankenhäusern zur Verfügung, die die Grundversorgung gewährleisten. Medizinische Notfälle können im Allgemeinen versorgt werden, auch wenn sich die Versorgung der Opfer von Anschlägen häufig auf Amputationen beschränkt und viele der Überlebenden physisch und psychisch bleibende Schäden zurückbehalten. 180Vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt Afghanistan, vom 31. Januar 2019, S. 349; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Gefährdungsprofile, vom 12. September 2018, S. 18; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. Mai 2019, S. 27. 181Gerade in Kabul stellt sich die Versorgungslage allerdings besser dar als in anderen Regionen. Die Anzahl der medizinischen Zentren, die umfassende Leistungen anbieten, ist nach vom Austrian Centre für Country of Origin and Asylum Research and Documentation (ACCORD) wiedergegebenen Angaben der Nationalen Statistikbehörde von 40 im Jahr 2010/2011 auf 52 im Jahr 2017/2018 gestiegen. Die Stadt verfügt außerdem über Kliniken, die – in eingeschränktem Maße – spezialisierte Behandlungen u.a. auf den Gebieten der Inneren Medizin, der Allgemein- und der Rekonstruktionschirurgie ermöglichen können. Insgesamt 47 Einrichtungen erhalten im Rahmen des „Kabul Urban Health Projects“ neben staatlicher auch internationale Unterstützung. 182Vgl. ACCORD, Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und der Sicherheitslage in Herat , Mazar-e-Sharif (Provinz Balkh) und Kabul 2010-2018, vom 7. Dezember 2018, S. 113; vgl. außerdem: EASO, Afghanistan, Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e-Sharif City and Herat City, April 2019, S. 50 f., und Key socio-economic indicators, state protection and mobility in Kabul City, Mazar-e-Sharif City and Herat City, August 2017, S. 56; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 29. Januar 2019 – 9 LB 93/18 –, juris, Rn. 80; zur Behandelbarkeit einzelner Erkrankungen sowie zur Verfügbarkeit bestimmter Medikamente: MedCOI, Country Fact Sheet, Access to Healthcare: Afghanistan, December 2018, S. 40 ff. 183Auch in Herat ist die medizinische Versorgung besser als in anderen Landesteilen. Nach den von ACCORD berichteten Angaben der Nationalen Statistikbehörde gibt es seit dem Jahr 2017/2018 28 medizinische Zentren, die umfassende Versorgung anbieten. Auch spezialisierte Behandlungen, darunter psychologische und psychiatrische Therapien, sind nach MedCOI-Informationen möglich. Neben vier öffentlichen gibt es eine Vielzahl privater Apotheken. Aufgrund der hohen Zahl von Binnenflüchtlingen und Rückkehrern, die die Region verzeichnet, wird von einer erheblichen Überbelegung medizinischer Einrichtungen – etwa einer Auslastung des Regional Pediatric Hospital von 150% – berichtet, ohne ihnen allerdings die grundsätzliche Leistungsfähigkeit abzusprechen. 184Vgl. ACCORD, Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und der Sicherheits-lage in Herat , Mazar-e-Sharif (Provinz Balkh) und Kabul 2010-2018, vom 7. Dezember 2018, S. 57; MedCOI, Country Fact Sheet, Access to Health-care: Afghanistan, December 2018, S. 40 ff.; vgl. außerdem: EASO, Afghanistan, Key socio-eco-nomic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e-Sharif City and Herat City, April 2019, S. 51, und Key socio-economic indicators, state protection and mobility in Kabul City, Mazar-e-Sharif City and Herat City, August 2017, S. 57 f. 185Zudem ist in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen, dass weder aus Kabul noch aus der Stadt Herat konfliktbedingte Vertreibungen oder (Binnen-)Flüchtlingsbewegungen berichtet werden, die auf eine dort ganz außergewöhnliche Gefahrenlage schließen lassen würden. Im Gegenteil bleiben beide Städte weiterhin Hauptziel der zahlreichen Binnenflüchtlinge und Rückkehrer. 186Vgl. für Kabul: EASO, Afghanistan: Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e-Sharif City and Herat City, April 2019, S. 14; ACCORD, Afghanistan: Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in Herat , Mazar-e-Sharif (Provinz Balkh) und Kabul 2010-2018, vom 7. Dezember 2018, S. 7; Islamic Republic of Afghanistan, Central Statistics Office, Afghanistan Living Conditions Survey 2016-17, S. 38 f.; vgl. auch Niedersächsisches OVG, Urteil vom 29. Januar 2019 – 9 LB 93/17 –, juris, Rn. 79; vgl. für Herat : EASO, Afghanistan, Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e-Sharif City and Herat City, April 2019, S. 15; ACCORD, Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und der Sicherheitslage in Herat , Mazar-e-Sharif (Provinz Balkh) und Kabul 2010-2018, vom 7. Dezember 2018, S. 18; EASO, Key socio-economic indicators, state protection and mobility in Kabul City, Mazar-e-Sharif City and Herat City, August 2017, S. 18. 187Im Übrigen geht das Bundesverwaltungsgericht für die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG davon aus, dass sich in der Gesamtbetrachtung selbst eine nicht hinreichende Erreichbarkeit medizinischer Versorgung oder eine nicht unerhebliche Zahl von Binnenflüchtlingen im Ergebnis nicht auszuwirken vermöchten, solange die in quantitativer Hinsicht erforderliche Gefahrenschwelle nicht annähernd erreicht ist. 188Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. November 2011 – 10 C 13.10 –, juris, Rn. 23. 189Angesichts der hohen Anforderungen, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte an eine Situation extremer allgemeiner Gewalt stellt, die geeignet ist, eine erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK zu begründen, kann nach Art. 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK nichts anderes gelten. 190Eine andere Bewertung der allgemeinen Sicherheitslage ergibt sich im Rahmen des Art. 3 EMRK auch nicht daraus, dass der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) in seinen Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 – in Abkehr von der vorangegangenen Fassung aus dem Jahr 2016 – zu dem Schluss kommt, dass das Ballungszentrum Kabul angesichts der derzeitigen Sicherheitslage als interne Schutzalternative grundsätzlich nicht (mehr) in Betracht komme. 191Vgl. UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, vom 30. August 2018, S. 129. 192Diese Einschätzung des UNHCR beruht auf von ihm selbst definierten Maßstäben, die sich von dem im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK maßgeblichen rechtlichen Maßstab unterscheiden. So setzt der UNHCR nach seinem Leitfaden voraus, dass der Betroffene am fraglichen Ort frei von Gefahr und Risiko für Leib und Leben auf Dauer leben können muss. 193Vgl. UNHCR, Leitfaden zur Prüfung einer innerstaatlichen Schutzalternative in Afghanistan, November 2018, S. 1, 6. 194Mit dem Erfordernis eines Lebens frei von Gefahr und Risiko stellt er andere Anforderungen als § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK, nach dessen Maßstab eine allgemeine Situation der Gewalt, auch wenn sie eine Gefahr für Leib und Leben begründet, einer Abschiebung nur in äußerst extremen Fällen entgegensteht, in denen schon die bloße Anwesenheit der Person mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die tatsächliche Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung begründet. 195Vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 29. Januar 2019 – 9 LB 93/18 –, juris, Rn. 114. 196bb) Individuelle gefahrerhöhende Umstände, die mit Blick auf die Sicherheit des Klägers mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK begründen könnten, liegen nicht vor. Sie ergeben sich insbesondere – wie ausgeführt – nicht daraus, dass der Kläger sich in Deutschland dem formalen Akt der Taufe unterzogen hat. 197bb) Eine erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK droht dem Kläger auch nicht aufgrund der ihn in der Stadt Kabul oder der Stadt Herat erwartenden humanitären Verhältnisse. 198Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat eine extreme Gefahrenlage, bei der sich die humanitären Gründe gegen eine Ausweisung als zwingend erweisen, in Anbetracht der in Afghanistan, speziell in Kabul, herrschenden allgemeinen Lebensverhältnisse bisher nicht feststellen können. 199Vgl. EGMR, Urteile vom 29. Januar 2013 – 60367/10, S. H. H. / Vereinigtes Königreich – Rn. 89 ff., und vom 13. Oktober 2011 – 10611/09, Husseini / Schweden –, Rn. 83 ff. 200Nach den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen besteht eine solche extreme Gefahrenlage in Afghanistan insgesamt sowie in Kabul und Herat als möglichen Zielorten der Abschiebung des Klägers für die Personengruppe der alleinstehenden, gesunden und arbeitsfähigen jungen Männer auch derzeit nicht, sofern nicht besondere, individuell erschwerende Umstände hinzukommen. Dies gilt selbst dann, wenn diese kein nennenswertes Vermögen und keine Berufsausbildung haben, am Zielort über kein familiäres Netzwerk verfügen und im Iran aufgewachsen sind. 201Siehe so (zur jeweiligen Erkenntnislage) auch Niedersächsisches OVG, Urteil vom 29. Januar 2019 – 9 LB 93/18 –, juris, Rn. 94; Bayerischer VGH, Urteil vom 8. November 2018 – 13a B 17.31960 –, juris, Rn. 42, 52; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Oktober 2018 – A 11 S 316/17 –, juris, Rn. 392, 435 f. m.w.N. 202(1) Die humanitäre Lage in Afghanistan ist weiterhin prekär. Afghanistan bleibt eines der ärmsten Länder der Welt. Auf der Skala des Human Development Index der Vereinten Nationen hatte es im Jahr 2016 Rang 169, im Jahr 2018 Rang 168 von 188 inne. 203Vgl. United Nations Development Programme, Human Development Index 2018 und Human Development Index 2016, abrufbar unter: http://hdr.undp.org. 204Das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs – UNOCHA –) schätzt die Zahl derer, die im Jahr 2019 humanitärer Hilfe bedürfen werden, auf 6,3 Millionen und verzeichnet damit eine weitere Verschlechterung der Versorgungslage. Zu dieser Entwicklung hat besonders die schwere Dürre beigetragen, die im Jahr 2018 landesweit rund zwei Drittel der afghanischen Bevölkerung und besonders die Provinzen Badghis, Daykundi, Herat und Ghor betroffen hat. 205Vgl. UNOCHA, Humanitarian Bulletin, Afghanistan, Issue 79, 1 October – 31 December 2018, vom 31. Dezember 2018, S. 1, und Issue 78, 1July – 30 September 2018, vom 30. September 2018, S. 1, und Humanitarian Needs Overview 2018, Dezember 2017, S. 24. 206Das Bundesamt geht aufgrund von Informationen der Organisation „Famine Early Warning System Network“ davon aus, dass die Folgen der Dürre und der daraus resultierenden schlechten Marktlage für Saisonarbeiter in der Landwirtschaft sich auch im Jahr 2019 noch negativ auf die Versorgungslage auswirken werden. 207Vgl. BAMF, Briefing Notes, vom 11. März 2019, S. 1. 208Im Jahr 2018 waren nach Angaben von UNOCHA 13,5 Millionen Afghanen – 6 Millionen mehr als im Vorjahr – von verschiedenen Graden der Nahrungsmittelunsicherheit betroffen oder bedroht. Schwerwiegende Nahrungsmittelunsicherheit habe 3,6 Millionen – gegenüber 1,9 Millionen im Vorjahr – betroffen. 209Vgl. UNOCHA, Humanitarian Bulletin, Afghanistan, Issue 79, 1 October – 31 December 2018, S. 1, Issue 78, 1 July – 30 September 2018, S. 1, und Humanitarian Needs Overview 2018, Dezember 2017, S. 24; zur Entwicklung in den größeren Städten von 2011 bis 2018 im Einzel-nen: ACCORD, Afghanistan: Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in Herat , Mazar-e-Sharif (Provinz Balkh) und Kabul 2010-2018, vom 7. Dezember 2018, S. 26 ff. 210In besonderem Maße sind ihr die Bewohner informeller Siedlungen ausgesetzt. Nach einer im Jahr 2017 in 56 informellen Siedlungen Kabuls durchgeführten Erhebung litten unter schwerwiegender Nahrungsmittelunsicherheit 62% der dortigen Haushalte Binnenvertriebener und 46% der dortigen Haushalte aus dem Ausland zurückgekehrter Personen. 211Vgl. REACH, Informal Settlement Food Security Assessment, Initial Findings, 28. Februar 2017, S. 18; dazu auch: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Oktober 2018 – A 11 S 316/17 –, juris, Rn. 268 f. m.w.N. 212Nach den im Mai 2018 im „Afghanistan Living Conditions Survey 2016-17“ veröffentlichten Erhebungen der afghanischen Regierung ist der Anteil der Afghanen, die unterhalb der nationalen Armutsgrenze leben, von 38,3% in den Jahren 2011/ 2012 auf 54,4% in den Jahren 2016/2017 angestiegen. Dabei wurde die Armuts-grenze für den Zeitraum 2016/2017 bei einem Einkommen von 2.064,00 Afghani pro Person und Monat (ca. 26,00 US-$ oder 23,00 €) angesetzt. Die städtische Bevölkerung ist von Armut grundsätzlich in geringerem Maße betroffen als die ländliche. Ein erheblicher Faktor ist auch die Haushaltsgröße: während ein Drittel der Ein-bis-Fünf-Personen-Haushalte in den Jahren 2016/2017 nach der genann-ten Definition in Armut lebte, waren es bei Haushalten mit acht oder mehr Personen rund 60%. 213Vgl. Islamic Republic of Afghanistan, Central Statistics Office, Afghanistan Living Conditions Survey 2016-17, S. 99 ff., 108 f., 110 ff., wiedergegeben etwa von EASO, Afghanistan: Key socio-economic factors: Focus on Kabul, Mazar-e-Sharif and Herat City, April 2019, S. 34, der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Gefährdungsprofile, vom 12. September 2018, S.15 f., der Weltbank, Afghanistan Development Update, August 2018, S. 5 f., und der Asia Foundation, A Survey of Afghan People, 2018, S. 67 f. 214Das durchschnittliche Monatseinkommen wird mit umgerechnet 80,00 bis 120,00 US-$ (ca. 70,00 bis 105,00 €) und etwa 95,00 US-$ (ca. 85,00 €) für nicht dauerhaft beschäftige Arbeitskräfte angegeben. 215Vgl. EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan – Key socio-economic indicators, state protection and mobility in Kabul City, Mazar-e-Sharif City, and Herat City, August 2017, S. 23 f.; IOM, Country Fact Sheet Afghanistan, 2018, S. 5. 216Der durchschnittliche Tageslohn einer unausgebildeten, nicht im landwirtschaftlichen Bereich tätigen Arbeitskraft wird für das Jahr 2018 mit rund 300,00 Afghani (ca. 3,50 €) in Kabul und 250,00 Afghani (ca. 2,85 €) in Herat beziffert. 217Vgl. ACCORD, Afghanistan: Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in Herat , Mazar-e-Sharif (Provinz Balkh) und Kabul 2010-2018, vom 7. Dezember 2018, S. 165, 163; EASO, Country of Origin Information Report – Afghanistan: Networks, Januar 2018, S. 28. 218Dem stehen in den Städten allgemein und in Kabul im Besonderen verhältnismäßig hohe Lebenshaltungskosten gegenüber. Für die Stadt Kabul werden sie – jeweils ohne Unterbringungs- bzw. Mietkosten (dazu sogleich) – für eine alleinstehende Person mit durchschnittlich 100,00 bis 150,00 € und für Familien mit durchschnittlich 250,00 bis 600,00 € pro Monat angegeben. 219Vgl. BAMF/IOM/ZIRF, ZIRF-Anfrage Wohnraumsituation I: Lebenshaltungskosten in Kabul für alleinstehenden Mann, und ZIRF-Anfrage Wohnraumsituation II: Lebenshaltungskosten in Kabul für Familie bestehend aus Vater und drei Kindern, jeweils vom 9. Mai 2017. 220Die Lebenssituation in den Städten ist zudem geprägt von der angespannten Situation sowohl auf dem Wohnungs- als auch auf dem Arbeitsmarkt. 221Zwar steht in den Städten grundsätzlich Wohnraum – auch auf einem gehobenen Niveau – zur Verfügung. Für Kabul wird die durchschnittliche Miete für ein 1-Zimmer-Apartment mit Küche und Badezimmer mit 160,00 bis 180,00 € zuzüglich Nebenkosten in Höhe von 20,00 bis 25,00 € im Monat, für eine 3-Zimmer-Wohnung mit etwa 300,00 € zuzüglich Nebenkosten in Höhe von etwa 30,00 € angegeben. Um eine Wohnung anzumieten, kann es erforderlich sein, einen Bürgen beizubringen und/oder bis zu sechs Monatsmieten als Kaution zu stellen. 222Vgl. EASO, Country Guidance Afghanistan, Juni 2018, S. 104; BAMF/IOM/ZIRF, ZIRF-Anfrage Wohnraumsituation I: Lebenshaltungskosten in Kabul für alleinstehenden Mann, und ZIRF-Anfrage Wohnraumsituation II: Lebenshaltungskosten in Kabul für Familie bestehend aus Vater und drei Kindern, jeweils vom 9. Mai 2017; Stahlmann, Gutachten für das VG Wiesbaden, vom 28. März 2018, S. 244; UN Habitat/Islamic Republic Afghanistan, Afghanistan Housing Profile, Mai 2017, S. 46 ff. 223Für einen Großteil der Bevölkerung erweisen sich solche Mietkosten als nicht bezahlbar. Dies spiegeln die Ergebnisse des „Afghanistan Living Conditions Survey 2016-17“ wider, wonach im Erfassungszeitraum 44% der städtischen Bevölkerung in überbelegtem Wohnraum mit durchschnittlich 3 Personen pro Zimmer und 72,4% in informellen Siedlungen oder Slums lebten. 224Vgl. Islamic Republic of Afghanistan, Central Statistics Office, Afghanistan Living Conditions Survey 2016-17, S. 207; UN Habitat/Islamic Republic Afghanistan, Afghanistan Housing Profile, Mai 2017, S. 46 ff. 225Für diese Siedlungen wird die durchschnittliche Haushaltsgröße mit 8 Personen und die Belegungsdichte der dortigen Unterkünfte mit 5,2 Personen pro Raum angegeben. 226Vgl. REACH, Informal Settlement Food Security Assessment Afghanistan, Januar 2017, S. 2, 16. 227Gerade für die Bewohner dieser informellen Siedlungen und Slums ist ein Zugang zu grundlegender Infrastruktur nicht gewährleistet. Landesweit haben 56,5% der städtischen Bevölkerung – gegenüber 38,3% auf dem Land und 41,4% der Gesamtbevölkerung – Zugang zu sanitärer Grundversorgung. Als erheblich über dem Landesdurchschnitt wird die Quote bezogen auf das Jahr 2016 für die Stadt Herat angegeben, nämlich mit 92,1%. Zugang zu sicher verwaltetem Trinkwasser haben in den Städten 75,3% (81,2% in Herat ), auf dem Land 25% und insgesamt 36% der Bevölkerung. 228Vgl. Islamic Republic of Afghanistan, Central Statistics Office, Afghanistan Living Conditions Survey 2016-17, S. 207, 226, und Final Report of Herat Socio-Demographic and Economic Survey, vom 7. März 2017, S. 87; EASO, Afghanistan, Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e-Sharif City and Herat City, April 2019, S. 56 ff.; ACCORD, Afghanistan: Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in Herat , Mazar-e-Sharif (Provinz Balkh) und Kabul 2010-2018, vom 7. Dezember 2018, S. 31 f. 229Die Schaffung von Arbeitsplätzen bleibt eine zentrale Herausforderung. Die Arbeitslosenquote wird als steigend, wenn auch je nach Quelle und Erfassungsweise unterschiedlich angegeben. Für das Jahr 2014 wird etwa teils ein Arbeitslosenanteil von landesweit rund 9 bis 24% genannt, teils – unter Berücksichtigung nicht nur un-, sondern auch unterbeschäftigter Personen – eine Quote nicht Erwerbstätiger von 40% bestimmt. 230Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Oktober 2018 – A 11 S 316/17 –, juris, Rn. 227 f.; EASO, Country of Origin Information Report Afghanistan – Key socio-economic indicators, state protection, and mobility in Kabul City, Mazar-e-Sharif, and Herat City, August 2017, S. 21, jeweils m.w.N. 231Nach Angabe des Auswärtigen Amtes stieg die Arbeitslosenquote von 2008 bis 2015 von 25 auf 40% und auch für das Jahr 2016 wird eine Arbeitslosenquote von bis zu 40% genannt. 232Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. Mai 2018, S. 25, und vom 19. Oktober 2016, S. 21; EASO, Country of Origin Information Report Afghanistan - Key socio-economic indicators, state protection, and mobility in Kabul City, Mazar-e-Sharif, and Herat City, August 2017, S. 21. 233Der „Afghanistan Living Conditions Survey 2016-17“ weist für den Untersuchungszeitraum einen steigenden Arbeitslosenanteil aus, wobei als arbeitslos Personen mit einer Wochenarbeitszeit von acht oder weniger Stunden erfasst wurden. Nach dieser Definition wird die Quote für den Zeitraum 2016/2017 mit 23,9% – gegenüber 22,6% in den Jahren 2013/2014 – angegeben. Für erwerbsfähige Männer habe sie sich auf 18,4% und für erwerbsfähige Frauen, die ein Drittel der erwerbsfähigen Bevölkerung ausmachten, auf 41% belaufen. Die Gruppe der 15- bis 24-Jährigen sei mit 31% insgesamt und 47,4% bei Frauen überproportional betroffen gewesen. Städtische Regionen hätten eine höhere Arbeitslosenquote aufgewiesen als ländliche. Weitere 20,5% der erwerbsfähigen Bevölkerung seien mit einer Wochenarbeitszeit von weniger als 40 Stunden unterbeschäftigt gewesen. 234Vgl. Islamic Republic of Afghanistan, Central Statistics Office, Afghanistan Living Conditions Survey 2016-17, S. 99 ff., 108 f., 110 ff.; wiedergegeben etwa von: EASO, Afghanistan: Key socio-economic factors: Focus on Kabul, Mazar-e-Sharif and Herat City, April 2019, S. 27; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Gefährdungsprofile, vom 12. September 2018, S.15; Weltbank, Afghanistan Development Update, August 2018, S. 6; Asia Foundation, A Survey of Afghan People, 2018, S. 73 f. 235Studien zufolge wird Arbeit vielfach nicht nach Qualifikation, sondern traditionell aufgrund persönlicher Beziehungen oder Empfehlungen insbesondere an Verwandte und Bekannte vergeben. 236Vgl. EASO, Country of Origin Information Report – Afghanistan: Networks, S. 27 f., Februar 2018, und Key socio-economic indicators, state protection and mobility in Kabul City, Mazar-e-Sharif City and Herat City, August 2017, S. 67 f., jeweils m.w.N.; vgl. zur Bedeutung sozialer Netzwerke auch Stahlmann, Gutachten für das VG Wiesbaden, vom 28. März 2013, S. 204 ff. 237Eine staatliche Arbeitsvermittlung gibt es nicht. Allerdings werden freie Stellen im öffentlichen Sektor vom „General Directorate of Civil Services Management“ der „Independent Administrative Reform and Civil Service Commission“ (auch online unter www.iarcsc.com) bekannt gemacht. Unterstützung für Arbeitssuchende bietet insbesondere die Nichtregierungsorganisation ACBAR (Agency Coordinating Body for Afghan Relief) an. Über ihre Website (www.acbar.org/jobs) besteht die Möglichkeit, sich für bei ihr gemeldete freie Jobs zu bewerben. Zudem gibt es in den Städten auf einzelne Stadtteile verteilt Treffpunkte, an denen Arbeitssuchende und „Arbeitgeber“ früh morgens zusammenkommen, um Vereinbarungen über – in der Regel ungelernte – Arbeit für den Tag oder einen anderen begrenzten Zeitraum zu treffen. 238Vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Fact Finding Mission Report Afghanistan, April 2018, S. 48 f.; EASO, Country of Origin Information Report – Afghanistan: Networks, S. 27 f., Februar 2018, und Key socio-economic indicators, state protection and mobility in Kabul City, Mazar-e-Sharif City and Herat City, August 2017, S. 67 f.; IOM, Country Fact Sheet Afghanistan 2018, S. 6. 239Die Lage auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt wird durch die anhaltenden Migrationsbewegungen – die vor allem in den Städten weiterhin in erheblicher Zahl eintreffenden Binnenflüchtlinge und Rückkehrer aus dem Ausland – verschärft. Nach den vorliegenden Erkenntnissen wird es in ganz Afghanistan bis Ende des Jahres 2019 gut 3,5 Millionen Binnenflüchtlinge geben. Bereits im Jahr 2015 ging das Auswärtige Amt von landesweit mindestens 1,1 Millionen Binnenflüchtlingen aus, zu denen im Jahr 2016 rund 670.000 hinzugekommen seien. Für die Jahre 2017 und 2018 gibt UNOCHA die Zahl der durch Konflikthandlungen und Naturkatastrophen Binnenvertriebenen mit 521.000 bzw. 668.000 an. Für 2019 werden erneut rund 500.000 Binnenvertriebene prognostiziert. 240Vgl. UNOCHA, Humanitarian Bulletin, Afghanistan, Issue 80, 1 January – 31 März 2019, vom 31. März 2019, S. 2; Auswärtiges Amt, Lagebeurteilung für Afghanistan nach dem Anschlag vom 31. Mai 2017, Juli 2017, S. 10, und Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 19. Oktober 2016, S. 21. 241Im Jahr 2016 wurde mit etwa einer Million Menschen die bisher größte Zahl von Rückkehrern aus dem Ausland – insbesondere aus Pakistan und dem Iran – verzeichnet. Für das Jahr 2017 gehen das Auswärtige Amt und UNOCHA von insgesamt rund 600.000 solcher Rückkehrer aus. Die Zahl der im Jahr 2018 Zurückgekehrten schätzt UNOCHA auf rund 800.000. Für 2019 werden etwa 600.000 Rückkehrer prognostiziert. 242Vgl. UNOCHA, Humanitarian Bulletin, Afghanistan, Issue 80, 1 January – 31 März 2019, vom 31. März 2019, S. 3; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. Mai 2018, S. 28. 243Die Provinz und vor allem die Stadt Kabul sind Hauptziel der Migrationsbewegungen. Die Zahl der Einwohner, die im Ausland oder an anderen Orten innerhalb Afghanistans geboren sind, wird mit 1,6 Millionen oder etwa einem Drittel der Bevölkerung angegeben. Gerade die Binnenflüchtlinge leben zumeist in den informellen Siedlungen der Stadt. 244Vgl. EASO, Afghanistan: Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e-Sharif City and Herat City, April 2019, S. 14; Islamic Republic of Afghanistan, Central Statistics Office, Afghanistan Living Conditions Survey 2016-17, S. 38 f. 245Auch die Stadt Herat ist besonders betroffen. Fast die Hälfte der Einwohner sind Rückkehrer, insbesondere aus dem nahen Iran, oder Binnenflüchtlinge, die in erster Linie aus anderen Orten der Provinz stammen. Allein die Dürre des Jahres 2018 trieb etwa 60.000 Personen in die Stadt, von denen viele nur behelfsmäßig unterkamen. 246Vgl. EASO, Afghanistan: Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e-Sharif City and Herat City, April 2019, S. 16; Islamic Republic of Afghanistan, Central Statistics Office, Final Report of Herat Socio-Demographic and Economic Survey, vom 7. März 2017, S. 29. 247Für Rückkehrer aus dem westlichen Ausland kann der Zugang zum Wohnungs- und Arbeitsmarkt mit besonderen Schwierigkeiten verbunden sein, da sie aufgrund gesellschaftlicher Wahrnehmungen Benachteiligungen erfahren können. 248So besteht etwa die verbreitete Annahme, Zurückkehrende hätten in Europa die eigenen religiösen und kulturellen Werte missachtet und sich dem westlichen Lebensstil angepasst. Hinzu kommt die Annahme, nicht freiwillig Zurückkehrende seien in Europa trotz der dort vielfältigen Möglichkeiten gescheitert und/oder müssten gar eine selbst im vermeintlich regellosen Europa schwere Straftat begangen haben. 249Vgl. Vereinigtes Königreich, Country Policy and Information Note, Afghanistan: Afghans perceived as „westernised“, Januar 2018, S. 12 f., 14 f.; Asylos, Afghanistan: Situation of young male „Wersternised“ returnees to Kabul, August 2017,S. 35 f. 250Andererseits können Rückkehrer aus dem westlichen Ausland anders als die übrige Bevölkerung für eine Übergangszeit Unterstützmaßnahmen in Anspruch nehmen. Zwar bietet die International Organisation of Migration (IOM) Rückkehrern seit April 2019 nicht mehr die Möglichkeit, für bis zu zwei Wochen unentgeltlich – zuletzt im Spinzar Hotel – unterzukommen. Nach vom Bundesamt wiedergegebenen Informationen des Europäischen Auswärtigen Dienstes wurde das Angebot lediglich von einer geringen Anzahl von Zurückgeführten in Anspruch genommen. Stattdessen können Zurückgeführte nun eine Barzahlung von umgerechnet 150,00 € und Informationen auch über Hotels und Unterkünfte erhalten. 251Vgl. BAMF, Briefing Notes, vom 20. Mai 2019, S. 1. 252IOM bietet Rückkehrern aus Deutschland in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung über die Programme „Reintegration and Emigration Programme for Asylum-Seekers in Germany“ (REAG) und „Government Assisted Repatriation Programme“ (GARP) aber fernerhin auch weitergehende Unterstützung in Form von Geldleistungen an, die die Reisekosten, 200,00 € für Bedürfnisse während der Reise, eine einmalige Starthilfe von 1.000,00 € pro volljähriger und 500,00 € pro minderjähriger Person, sowie im Bedarfsfall die Kosten einer medizinischen (Anschluss-)Versorgung in Höhe von bis zu 2.000,00 € umfasst. 253Siehe die Informationen des BAMF und der IOM unter https://www.returningfromgermany.de/de/ programmes/reag-garp; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. Mai 2018, S. 26. 254Seit Januar 2019 können Personen, die mithilfe des REAG/GARP-Programms ausreisen, durch das StarthilfePlus-Programm der Bundesregierung sechs bis acht Monate nach Rückkehr eine ergänzende Reintegrationsunterstützung in Form einer weiteren Geldleistung („zweite Rate“) erhalten. 255Vgl. https://www.returningfromgermany.de/de/programmes/ergaenzende-reintegrationsunterstuetzung-im-zielland-bei-einer-freiwilligen-rueckkehr-mit-reag-garp. 256Das European Return and Reintegration Network (ERRIN), ein überwiegend von der Europäischen Union finanziertes Rückkehr- und Reintegrationsprogramm europäischer Staaten unter der Leitung der Niederlande, bietet in Zusammenarbeit mit der Organisation IRARA (International Returns & Reintegration Service) und dem Afghanistan Centre for Excellence freiwillig und zwangsweise Zurückgekehrten – gegebenenfalls auch kumulativ zu den Leistungen des REAG/ GARP-Programms – Beratung und Sachleistungen an, etwa den Empfang am Flughafen, Unterstützung bei der Weiterreise im Land, die Vermittlung dringender ärztlicher Versorgung und Unterbringung für etwa eine Woche. Daneben kann eine Beratung in sozialen, medizinischen und rechtlichen Angelegenheiten und Unterstützung bei der Suche nach Wohnung und Arbeit oder bei der Existenz-gründung in Anspruch genommen werden. 257Vgl. https://www.returningfromgermany.de/de/ programmes/erin. 258Die International Psychological Organisation (IPSO) bietet Rückkehrern im Zentrum für psychosoziale Beratung und mentale Gesundheit in Kabul sowie über einen online Video-Beratungsdienst kostenlos psychosoziale Unterstützung an. 259Vgl.https://www.returningfromgermany.de/de/programmes/ipso-afghanistan; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. Mai 2018, S. 26. 260Auch der UNHCR leistet Starthilfe. Er betreibt in Kabul, Herat, Jalalabad und Kandahar jeweils sog. Encashment Centres, in denen Rückkehrer für einen Zeitraum von gewöhnlich bis zu drei Monaten eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 200 US-$ sowie eine „pre-paid“ Sim-Karte erhalten. Zudem werden in den Zentren verschiedene Hilfen angeboten, darunter grundlegende medizinische Versorgung und Überweisung schwerer Fälle an Krankenhäuser, Unterstützung bei der Beschaffung von Papieren, Rechtsberatung und die Vermittlung vorübergehender Übernachtungsmöglichkeiten. 261Vgl. UNHCR, Operational Fact Sheet Afghanistan, vom 25. Februar 2019, S. 2, und Afghanistan: Voluntary Repatriation Update, Januar 2019, S. 2 ff. 262(2) Diese Verhältnisse in ganz Afghanistan sowie in den als Zielorte der Abschiebung des Klägers in Betracht kommenden Städten Kabul und Herat zugrunde gelegt gelangt der Senat nicht zu der Überzeugung, dass im Falle des Klägers ein ganz außergewöhnlicher Fall vorliegt, in dem humanitäre Gründe einer Abschiebung zwingend entgegenstehen. 263Obwohl die Versorgungslage allgemein schwierig ist, stellt sie sich nicht für alle Betroffenen gleichermaßen problematisch dar. Bestimmte, vulnerable Gruppen wie etwa Familien mit jüngeren Kindern, alleinstehende Frauen, Kranke oder ältere Menschen sind in besonderem Maße gefährdet. Besonders betroffen sind auch diejenigen – typischerweise Binnenflüchtlinge und Rückkehrer aus den benachbarten Staaten Pakistan und Iran –, die in informellen Siedlungen lediglich behelfsmäßig untergekommen und dort in großer Zahl nicht nur von den prekären Wohnverhältnissen, sondern auch von gravierender Nahrungsmittelunsicherheit betroffen sind. Für junge männliche alleinstehende Rückkehrer, zu denen der Kläger gehört, wirkt sich die schlechte Versorgungslage indes nicht notwendig in gleichem Maße aus. Dies gilt selbst dann, wenn sie – wie der Kläger – in Afghanistan nicht über ein familiäres oder sonstiges soziales Netzwerk verfügen. 264In den informellen Siedlungen finden alleinstehende männliche Rückkehrer aus dem westlichen Ausland, die über kein soziales Netzwerk verfügen, in aller Regel schon angesichts der dortigen durchschnittlichen Haushaltsgrößen und des Umstands, dass die Aufnahme eines fremden Mannes für die übrigen Bewohner, insbesondere dort lebende Frauen, zu erheblichen (weiteren) Einschränkungen der Privatsphäre führen würde, keine Anlaufstelle. 265Vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 29. Januar 2019 – 9 LB 93/18 –, juris, Rn. 109; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Oktober 2018 – A 11 S 316/17 –, juris, Rn. 399; Stahlmann, Vernehmung in der mündlichen Verhandlung in dem Verfahren A 11 S 316/17 des VGH Baden-Württemberg, vom 12. Dezember 2018, S. 7 f. 266Die dort herrschende besonders schlechte Versorgungslage gibt über die Situation alleinstehender männlicher Rückkehrer aus Europa ohne familiäres Netzwerk deshalb keinen unmittelbaren Aufschluss. 267Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Oktober 2018 – A 11 S 316/17 –, juris, Rn. 399. 268Dass gerade diese Personengruppe ihre Existenz im Allgemeinen nicht sichern könnte, lässt sich nicht feststellen, obwohl sie in Afghanistan inzwischen in nicht unerheblicher Zahl vertreten ist. Mit Unterstützung der IOM sind in den Jahren von 2003 bis 2017 insgesamt 15.041 Personen aus verschiedenen europäischen Ländern (darunter das Vereinigte Königreich, Norwegen, die Niederlande, Deutschland, Schweden, Dänemark, Frankreich, Belgien und Österreich) freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt. Allein im Jahr 2016 unterstützte IOM 6.864 Personen bei der freiwilligen Rückkehr nach Afghanistan, davon über 3.000 aus Deutschland. Die meisten dieser Rückkehrer (78% oder 5.382) waren Männer, von denen wiederum 4.882 nicht älter als 26 Jahre waren. Die Zahl der zurückgekehrten Familien wird mit 733 angegeben. Hauptziel der im Jahr 2016 freiwillig Zurückkehrten war Herat, der zweithäufigste Zielort Kabul. 269Vgl. Asylos, Afghanistan: Situation of young male „Westernised“ returnees to Kabul, August 2017, S. 16; Afghanistan Analysts Network – voluntary and forced returns to Afghanistan in 2016/17: trends, statistics and experiences, vom 19. Mai 2017, S. 2. 270Zu den freiwilligen Rückkehrern kommen die aus Europa abgeschobenen Personen. Deren Anzahl wird für den Zeitraum von Oktober 2016 und April 2017 mit 176 angegeben, darunter 106 alleinstehende Männer, von denen wiederum einige angaben, keine Verwandten in Afghanistan zu haben. 271Vgl. Afghanistan Analysts Network – voluntary and forced returns to Afghanistan in 2016/17: trends, statistics and experiences, vom 19. Mai 2017, S. 3, 5. 272Vom 31. Mai bis zum 31. Dezember 2017 wurden 49 Männer, im Jahr 2018 weitere 283 aus Deutschland abgeschoben. 273Vgl. BT-Drs. 19/632 S. 5; BT-Drs. 19/8021, S. 2 f. 274Obwohl diese Rückkehrer die dargestellten sehr schwierigen humanitären Verhältnisse antreffen, sind den umfangreichen Erkenntnismitteln keine Informationen zu entnehmen, die den Schluss zulassen, sie könnten in Afghanistan, insbesondere in Kabul oder Herat, (jedenfalls) ohne ein soziales Netzwerk nicht wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums bestreiten. 275Siehe so auch: Niedersächsisches OVG, Urteil vom 29. Januar 2019 – 9 LB 93/18 –, juris, Rn. 99; Bayerischer VGH, Urteil vom 8. November 2018 – 13a B 17.31960 –, juris, Rn. 46 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Oktober 2018 – A 11 S 316/17 –, juris, Rn. 407. 276Der Senat verkennt nicht die Bedeutung sozialer, insbesondere familiärer, Netzwerke für die (Re-)Integration in die afghanische Gesellschaft. 277Vgl. dazu insb. Republik Österreich, Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen, Länderinformationsblatt Afghanistan, vom 31. Januar 2019, S. 359 f.; Stahlmann, Gutachten für das VG Wiesbaden, vom 28. März 2018, S. 170 ff., 204 ff. 278Die bisher verfolgten Schicksale alleinstehender Rückkehrer ohne familiäre Unterstützung, 279vgl. Stahlmann, Vernehmung in der mündlichen Verhandlung in dem Verfahren A 11 S 316/17 des VGH Baden-Württemberg, vom 12. Oktober 2018, S. 2 ff.; Asylos, Afghanistan: Situation of young male „Westernised“ returnees to Kabul, August 2017, S. 61 ff., 280machen auch deutlich, dass ernsthafte Probleme bei der (Re-)Integration einschließlich der Unterkunfts- und Arbeitssuche bestehen können. Die Schilderungen erweisen sich aber aufgrund der geringen Zahl der Beispiele und der Unterschiede der einzelnen Befunde als nicht verallgemeinerungsfähig. So hat insbesondere die Sachverständige Friederike Stahlmann über Kontaktpersonen der von ihr ermittelten Abgeschobenen nur in weniger als 10% der Fälle noch Informationen über deren Verbleib erhalten können. In der Regel brach der Kontakt zu Rechtsanwälten oder Unterstützern in Deutschland nach der Abschiebung ab. Soweit die Sachverständige in etwa zehn Fällen Berichte über die Folgen einer Stigmatisierung als Rückkehrer erhielt, reichten diese von Beschimpfungen über die Verweigerung medizinischer Behandlung mit der Bemerkung, der Betroffene solle sich in Deutschland versorgen lassen, und den „Rauswurf“ aus der gemieteten Unterkunft bis etwa zu körperlichen Misshandlungen wegen „unangepassten“ Auftretens. Ihre Rückmeldungen zur Wohnsituation umfassten eine dauerhafte Obdachlosigkeit. 17 Personen lebten in teilweise täglich wechselnden Unterkünften wie preiswerten Herbergen oder Teehäusern. Eine Person blieb als zahlender Gast im Spinzar-Hotel, in dem IOM Rückkehrer bis Ende April 2019 auf Wunsch für bis zu zwei Wochen unentgeltlich unterbrachte. 14 Personen kamen (teils wider Erwarten) jedenfalls für einen vorübergehenden Zeitraum und teils heimlich bei Verwandten oder Freunden unter. Zur Nahrungsmittelversorgung alleinstehender Rückkehrer führte sie aus, dass diese Personengruppe von humanitärer Hilfe unterdurchschnittlich profitiere. Im Übrigen wirke sich auch in dieser Hinsicht das Fehlen sozialer Netzwerke aus. Der Zugang zu Arbeit, der über soziale Netz-werke erfolge, sei Voraussetzung des Zugangs zu Nahrung. Eine der von ihr nachverfolgten Personen habe in einer Werkstatt von Verwandten gearbeitet, bis die Familie beschlossen habe, dass sie aufgrund des Risikos, das von ihrer Anwesenheit ausgehe, doch versteckt bleiben solle. Ein weiterer habe zwar eine „soziale Bürgschaft“ für eine Wohnung erhalten, aber keine Arbeit finden können. 281Vgl. Stahlmann, Vernehmung in der mündlichen Verhandlung in dem Verfahren A 11 S 316/17 des VGH Baden-Württemberg, vom 12. Oktober 2018, S. 2 ff., 6 ff.; S. 9. 282Den Schluss, dass leistungsfähigen erwachsenen männlichen Rückkehrern, wenn sie über kein familiäres Netzwerk verfügen, in weit überwiegender Zahl oder gar typischerweise der Zugang zu Obdach und Arbeit verweigert würde und sie infolge der Umstände verelendeten, lassen diese Erkenntnisse gleichwohl nicht zu. 283Siehe so auch Niedersächsisches OVG, Urteil vom 29. Januar 2019 – 9 LB 93/18 –, juris, Rn. 102 f.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Oktober 2018 – A 11 S 316/17 –, juris, Rn. 407 ff. 284Diese Einschätzung entspricht der Auffassung des UNHCR, der in seinen am 30. August 2018 veröffentlichten Leitlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender zu den Voraussetzungen internen Schutzes ausführt, dass alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete kinderlose Paare im erwerbsfähigen Alter ohne besondere Gefährdungsfaktoren auch ohne familiäre oder sonstige soziale Unterstützung in städtischen oder halbstädtischen Gebieten leben können, die die notwendige Infrastruktur sowie Lebensgrundlagen zur Sicherung der Grundversorgung bieten und unter der tatsächlichen Kontrolle des Staates stehen. 285Vgl. UNHCR, Leitlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, vom 30. August 2018, S. 125. 286Soweit der UNHCR in diesen Leitlinien – in Abkehr von der vorangegangenen Fassung aus dem Jahr 2016 – zu dem Schluss kommt, dass das Ballungszentrum Kabul angesichts der derzeitigen humanitären Lage als interne Schutzalternative in der Regel nicht in Betracht komme, 287vgl. UNHCR, Leitlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, vom 30. August 2018, S. 129, 288führt dies zu keiner anderen Bewertung. Diese Einschätzung des UNHCR beruht – wie bereits seine Einschätzung zur Sicherheitslage – auf von ihm selbst definierten Maßstäben, die sich von dem im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK maßgeblichen rechtlichen Maßstab unterscheiden. So setzt der UNHCR nach seinem Leitfaden voraus, dass der Betroffene am fraglichen Ort seinen Lebensunterhalt angemessen bestreiten können muss, Zugang zu Unterkunft, sanitärer Infrastruktur und medizinischer Versorgung im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative haben und in Anbetracht sämtlicher Umstände in der Lage sein muss, ein relativ normales Leben zu führen. 289Vgl. UNHCR, Leitfaden, zur Prüfung einer innerstaatlichen Schutzalternative in Afghanistan, November 2018, S. 1, 6. 290Mit diesen Anforderungen stellt er einen anderen Zumutbarkeitsmaßstab auf als 291§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK, wonach die humanitäre Lage ein Abschiebungsverbot nur in einem ganz außergewöhnlichen Fall begründet, wenn der Betroffene mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der tatsächlichen Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Misshandlung ausgesetzt sein wird. 292Vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 29. Januar 2019 – 9 LB 93/18 –, juris, Rn. 115; Bayerischer VGH, Urteil vom 8. November 2018 – 13a B 17.31960 –, juris, Rn. 54. 293Auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Klägers sind die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK mit Blick auf die humanitäre Lage an den potentiellen Zielorten der Abschiebung, Kabul und Herat, zur Überzeugung des Senats danach nicht erfüllt. 294Der Kläger kann durch Vermittlung von IOM eine erste Unterkunft finden. Für eine weitere Übergangszeit ist es ihm als jungem alleinstehenden Mann auch zumutbar, in einer der in den Städten vorhandenen Herbergen oder einem der „Teehäuser“ zu nächtigen. Gerade die sog. Teehäuser, die auch Übernachtungs-möglichkeiten vorhalten, dienen typischerweise männlichen Einzelpersonen wie Handelsreisenden, Tagesarbeitern und Straßenverkäufern als Unterkunft. Der Preis beträgt zwischen 30 und 100 Afghani (ca. 0,34 – 1,14 €) pro Nacht. 295Vgl. Stahlmann, Vernehmung in der mündlichen Verhandlung in dem Verfahren A 11 S 316/17 des VGH Baden-Württemberg, vom 12. Dezember 2018, S. 6-7; EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan Networks, Januar 2018, S. 2018. 296Von dort ist es ihm möglich, sich um eine dauerhafte Unterkunft und um Arbeit zu bemühen. Als erwachsener leistungsfähiger Mann, der im Iran bereits in jungen Jahren, wenn auch im familiären Umfeld, für seinen Lebensunterhalt mitgearbeitet hat, verfügt er über die persönlichen Ressourcen, um – etwa auf dem städtischen Tagelöhnermarkt – ein jedenfalls geringes Einkommen zu erwirtschaften. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren vorgetragen hat, dass er den Besuch der Abendschule abgebrochen und den gesuchten Ausbildungsplatz zum Mechatroniker oder Elektriker schon unter den einfacheren Bedingungen des deutschen Arbeitsmarktes bisher nicht habe finden können, rechtfertigt dies keine andere Bewertung. Auch in Deutschland hat sich der Kläger mit dem Erwerb des Haupt- und des Realschulabschlusses sowie mit seiner (geringfügigen) Beschäftigung in einer Pizzeria als grundsätzlich leistungsfähig erwiesen. Er hat die deutsche Sprache schnell gelernt und sich in einem für ihn fremden Land und Kulturkreis gut zurechtgefunden. Dabei war er zwar nicht auf sich allein gestellt, sondern hat bisher mit seinen Eltern in einem gemeinsamen Haushalt gelebt, diese waren aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung und schlechteren deutschen Sprachkenntnisse aber allenfalls in eingeschränktem Umfang in der Lage, ihn zu unterstützen. In erster Linie hat der Kläger geschildert, dass er ihnen helfe, sich in Deutschland zurecht zu finden. Zudem hat er sich nach der Ausreise der Familie aus dem Iran bereits vor Erreichen des Erwachsenenalters, nachdem er von seinen Eltern und seinem Bruder getrennt worden war, jedenfalls von Griechenland bis nach Deutschland ohne familiäre Unterstützung „durchgeschlagen“ und sich auch dadurch als durchaus selbstständig erwiesen. Körperliche Einschränkungen, die seine Arbeits- und Integrationsfähigkeit in Afghanistan in Frage stellen könnten, macht er nicht geltend. Soweit er im Berufungsverfahren weiter vorgetragen hat, er sei ein zurückgezogener Mensch, dem es schwerfalle, Kontakte zu knüpfen und sich Hilfe zu suchen, haben ihn diese Schwierigkeiten jedenfalls nicht gehindert, in einer deutschen Schule gut zurecht zu kommen, seine Eltern etwa bei Arztbesuchen und Behördengängen zu unterstützen und eine geringfügige Beschäftigung in einer Pizzeria zu finden. Auch in Afghanistan wäre es ihm zuzumuten, diese Schwierigkeiten bei der Wohnungs- und Arbeitssuche zu überwinden. 297Für die Rückkehrperspektive des Klägers ist von besonderer Bedeutung, dass er zur Überzeugung des Senats Dari und damit eine der beiden Landessprachen Afghanistans spricht. Soweit er erstmals mit der Berufungsbegründung vorgetragen hat, dass er die Sprache Dari „nicht gut“ beherrsche, weil er sie „nur“ von seinen Eltern gelernt habe, und diesen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat schließlich dahin gesteigert hat, dass er „gar kein Dari“ spreche, sind seine Angaben nicht glaubhaft. 298Die aus Afghanistan stammenden Eltern des Klägers haben beim Bundesamt angegeben, Dari zu sprechen, wobei seine Mutter erklärt hat, dass sie „Dari oder auch Farsi“ beherrsche, während sein Vater mitgeteilt hat, „nur Dari“ zu sprechen. Aufgrund der gemeinsamen Herkunft der Eltern und angesichts der Sprachkenntnisse des Vaters liegt nahe, dass in der Familie Dari und nicht – wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat – (nur) der in der Stadt Maschad übliche persische Dialekt gesprochen worden ist. Dafür, dass der Kläger über entsprechende Sprachkenntnisse und -praxis verfügt, spricht auch, dass er beim Bundesamt „Dari und Farsi“ als Sprachen benannt hat und die Anhörung zu seinem ersten Asylantrag ausweislich der Niederschrift ohne Verständigungsschwierigkeiten auf Dari durchgeführt wurde. Die Erklärungen des Klägers auf entsprechenden Vorhalt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geben zu einer anderen Einschätzung keinen Anlass. Seine Ausführungen, bei der zweiten Anhörung vor dem Bundesamt habe der Dari sprechende Dolmetscher ihn nicht verstanden, sodass er gemerkt habe, dass Farsi für ihn besser sei, ist mit den Sitzungsniederschriften nicht vereinbar. Danach hat nur die erste Anhörung auf Dari, die zweite dagegen auf „Persisch“ stattgefunden. Seine weitere Einlassung, wenn er gesagt habe, dass er Dari sprechen wolle, sei er davon ausgegangen, dass dies keine Rolle spiele, weil er in der Anhörung ohnehin Deutsch sprechen werde, ist vor dem Hintergrund, dass er noch in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren einen Dolmetscher in Anspruch genommen hat, nicht plausibel. Im Übrigen hätte es, spräche der Kläger tatsächlich keine der afghanischen Landessprachen, nahegelegen, darauf zu Beginn seines Asylverfahrens, spätestens aber mit anwaltlicher Vertretung zu Beginn des Klageverfahrens hinzuweisen. Die Bedeutung dieses Umstands liegt auf der Hand. Stattdessen hat der Kläger noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben, dass er Bücher auf Persisch sowie auf Dari lese und seine Dari-Kennt-nisse nicht in Frage gestellt. 299Der Existenzsicherung steht auch nicht entgegen, dass der Kläger im Iran geboren und aufgewachsen ist. Trotz bestehender Unterschiede zwischen den Verhältnissen im Iran und in Afghanistan ist nicht ersichtlich, dass es einem im Iran aufgewachsenen afghanischen Staatsangehörigen, der eine der Landessprachen spricht, grundsätzlich nicht oder nur sehr viel schwerer als anderen Rückkehrern ohne Netzwerke möglich wäre, sein Überleben in Afghanistan zu sichern. 300Vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 29. Januar 2019 – 9 LB 93/18 –, juris, Rn. 128 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Oktober 2018 – A 11 S 316/17 –, juris, Rn. 435 f.; jeweils m.w.N. 301Von Personen, die im Iran zumindest in einer ebenfalls in erheblichem Maße islamisch geprägten, wenn auch aus afghanischer Sicht freizügigeren Gesellschaft gelebt haben, kann in der Regel erwartet werden, sich auch der strengeren afghanischen Lebensweise anzupassen. Auch im Übrigen kann von ihnen eine Integration in die afghanische Gesellschaft jedenfalls dann erwartet werden, wenn sie – wie der Kläger – im Iran in einem afghanischen Familienverband gelebt haben und ihnen daher die afghanischen Gepflogenheiten und Umgangsformen aufgrund familiärer Prägung vertraut sind. Zwar mag sich das Risiko, als Rückkehrer identifiziert und in der Folge sozialer Diskriminierung etwa beim Zugang zum Wohnungs- und Arbeitsmarkt ausgesetzt zu sein, erhöhen, wenn – insbesondere aufgrund des sprachlichen Einschlags – ein längerer Voraufenthalt im Iran erkennbar ist. Aus der bloßen Erkennbarkeit und der daraus gegebenenfalls folgenden Stigmatisierung folgt indes – wie dargelegt – nicht, dass die strengen Voraussetzungen des Art. 3 EMRK mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in jedem dieser Fälle erfüllt wären. Auch das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) geht davon aus, dass Afghanen, die im Iran aufgewachsen sind, zwar Gefahr laufen, als „iranisch“ oder „nicht afghanisch genug“ wahrgenommen und deshalb beleidigenden Kommentaren ausgesetzt zu sein, nimmt darüber hinausgehende – insbesondere die für eine Verfolgung erforderliche Erheblichkeitsschwelle überschreitende – Nachteile aber nur in Ausnahmefällen aufgrund besonderer individueller Umstände an. 302Vgl. EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2018, S. 66 f. 303Besondere individuelle Umstände, die es beachtlich wahrscheinlich erscheinen lassen, dass gerade der Kläger – anders als im Iran aufgewachsene, in das Herkunftsland ihrer Familie zurückkehrende Afghanen im Allgemeinen – nicht in der Lage sein wird, in Afghanistan, namentlich in der Hauptstadt Kabul oder dem letzten Wohnort seiner Eltern, Herat, seine Existenz zu sichern, sind nicht ersichtlich. 304Auch mit Blick auf die medizinische Versorgungslage ist er keinen außergewöhnlichen individuellen Umständen ausgesetzt. Dies käme nur bei akut behandlungs-bedürftigen Vorerkrankungen oder in Fällen in Betracht, in denen aufgrund der allgemeinen Lebensverhältnisse mit einer entsprechend hohen Wahrscheinlich-keit eine lebensbedrohliche Erkrankung zu erwarten wäre, für die dann faktisch kein Zugang zu medizinischer (Grund-)Versorgung bestünde. 305Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – 10 C 15.12 –, juris, Rn. 39. 306Solche Umstände hat der Kläger nicht geltend gemacht. Im Übrigen ist eine medizinische Grundversorgung in Kabul und Herat grundsätzlich gewährleistet. 307II. Ein Verbot, den Kläger nach Afghanistan abzuschieben, folgt auch nicht aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. 308Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn für ihn dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dies kann in erster Linie aus individuellen Gründen der Fall sein. Lediglich ausnahmsweise kommt ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auch infolge einer allgemein unsicheren oder wirtschaftlich schlechten Lage im Zielstaat in Betracht. 3091. Vom Tatbestand des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG werden existentielle Gefahren wie Tötung, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung auch durch nichtstaatliche Gruppen oder Einzelpersonen umfasst, 310vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 12. Dezember 2018 – A 11 S 1923/17 –, juris, Rn. 229 ff., und vom 12. Oktober 2018 – A 11 S 316/17 –, juris, Rn. 443 ff.; Koch, in: BeckOK Ausländerrecht, Stand 15. August 2016, § 60 Rn. 40; Göbel-Zimmermann, in: Huber, AufenthG, 2. Aufl. 2016, § 60 Rn. 71, 311sowie solche auf Grund von Krankheit, für die § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG Präzisierungen enthält. Danach liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (Satz 2). Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (Satz 3). Zudem liegt eine ausreichende medizinische Versorgung in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (Satz 4). Die individuelle Gefahr einer Rechtsgutverletzung muss mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestehen. 312Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 12. Dezember 2018 – A 11 S 1923/17 –, juris, Rn. 233 f., und vom 12. Oktober 2018 – A 11 S 316/17 –, juris, Rn. 447 f.; Göbel-Zimmermann, in: Huber, AufenthG, 2. Aufl. 2016, § 60 Rn. 71, jeweils m.w.N. 313Eine individuelle Gefahr in diesem Sinne besteht für den Kläger an den potentiellen Abschiebungszielorten Kabul und Herat nicht. Gesundheitliche Beeinträchtigungen hat er nicht geltend gemacht. Eine beachtlich wahrscheinliche tatsächliche Gefahr für sein Leben und seine körperliche Unversehrtheit besteht auch nicht aufgrund des Umstands, dass er sich in Deutschland hat taufen lassen. Wie ausgeführt ist weder zu erwarten, dass er selbst von der Taufe berichtet, noch bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sie durch Dritte bekannt werden könnte. 3142. Neben individuellen Gefahren für Leib und Leben können ausnahmsweise auch die generell herrschenden Lebensbedingungen im Zielstaat ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen. 315Zwar sind allgemeine Gefahren – darunter die die Bevölkerung insgesamt treffenden (schlechten) Lebensbedingungen – gemäß § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG bei Anordnungen zur vorübergehenden Aussetzung von Abschiebungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen und begründen demnach grundsätzlich kein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Etwas anderes gilt in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise dann, wenn der Ausländer bei einer Rückkehr aufgrund dieser allgemeinen Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. In diesem Fall gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Ob dies der Fall ist, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit strengeren Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Dieser hohe Wahrscheinlichkeitsgrad ist ohne Unterschied in der Sache in der Formulierung mit umschrieben, dass die Abschiebung dann ausgesetzt werden müsse, wenn der Ausländer ansonsten gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde. 316Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Juni 2013 – 10 C 13.12 –, juris, Rn. 12 f., vom 31. Januar 2013 – 10 C 15.12 –, juris, Rn. 38, und vom 29. September 2011 – 10 C 23.10 –, juris, Rn. 21 f. 317Damit stellt § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG an die Gefahr einer aufgrund allgemeiner Umstände im Zielstaat drohenden Rechtsgutverletzung jedenfalls keine geringeren Anforderungen als § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK. Liegen die Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK nicht vor, scheidet eine nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG relevante Extremgefahr ebenfalls aus. 318Dies zugrunde gelegt kommt für den Kläger aufgrund der in Afghanistan, insbesondere in Kabul und Herat, herrschenden Sicherheits- und humanitären Lage eine ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründende Extremgefahr nicht in Betracht. Auf die Ausführungen zu § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK wird verwiesen. 319Soweit der Kläger schließlich angeführt hat, die Bundesrepublik Deutschland nicht verlassen zu können, weil er hier auch weiterhin seine – wegen § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bleibeberechtigten – Eltern unterstützen müsse, ist dies nicht geeignet, ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot i.S.d. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu begründen. Ob die familiären Umstände des Klägers unter Berücksichtigung auch von Art. 6 GG ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60a Abs. 2 AufenthG zu begründen vermögen, unterliegt der Prüfung der Ausländerbehörde. 320Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 2004 – 1 C 14.04 –, juris, Rn. 29, vom 27. Juli 2000 – 9 C 9.00 –, juris, Rn. 11, und vom 23. Mai 2000 – 9 C 2.00 –, juris, Rn. 8. 321III. Die in Ziffer 3. des angegriffenen Bescheids enthaltene Abschiebungsandrohung mit Ausreiseaufforderung unter Fristsetzung von einer Woche beruht auf § 71 Abs. 4 i.V.m. 34 Abs. 1 und 36 Abs. 1 AsylG und ist nicht zu beanstanden. 322Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 83b AsylG. 323Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO. 324Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. | die berufung des klägers gegen das urteil des verwaltungsgerichts köln vom 29. august 2018 wird zurückgewiesen. der kläger trägt die kosten des berufungsverfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung i.h.v. 110 % des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit i.h.v. 110 % des zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2der 19.. im iran geborene und aufgewachsene kläger ist nach eigenen angaben afghanischer staatsangehöriger tadschikischer volkszugehörigkeit. 3nach eigenen angaben hat er den iran gemeinsam mit seinen aus herat stammenden eltern etwa ende des jahres 2010 verlassen und wurde in der türkei von diesen getrennt. die bundesrepublik deutschland erreichte er im sommer 2011 auf dem luftweg. im september 2011 stellte er in der bundesrepublik deutschland einen ersten asylantrag. nach anhörung des klägers mithilfe eines sprachmittlers für die sprache dari lehnte das bundesamt für migration und flüchtlinge (im folgenden: bundesamt) mit bescheid vom 28. august 2013 den asylantrag ab und stellte fest, dass die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft sowie abschiebungsverbote nach § 60 abs. 2 bis 7 aufenthg nicht vorlägen. zugleich forderte es den kläger unter androhung der abschiebung nach afghanistan auf, die bundesrepublik deutschland innerhalb von 30 tagen nach unanfechtbarem abschuss des asylverfahrens zu verlassen. die hiergegen gerichtete klage vor dem verwaltungsgericht köln – 14 k 5632/13.a – nahm der kläger (wohl wegen versäumung der klagefrist) zurück. 4am 25. juli 2014 stellte er einen asylfolgeantrag. zu dessen begründung trug er im wesentlichen vor, er sei ursprünglich schiitischen glaubens und – mit taufe am 27. april 2014 – zum christentum konvertiert. 5am 26. april 2017 wurde der kläger – mithilfe eines sprachmittlers für die sprache „persisch“ – vor dem bundesamt angehört, wobei er unter anderem folgende angaben machte: im iran habe er die schule ohne abschluss nach der zehnten klasse verlassen und als verkäufer gearbeitet. mit seinen eltern habe er in n. gelebt. dies sei eine sehr religiöse stadt, in der häufig islamische veranstaltungen stattfänden. er habe tausend fragen gehabt, sich aber vom islam entfernt. seine familie habe den iran wegen politischer schwierigkeiten verlassen müssen. er sei vier monate in griechenland gewesen, wo er in einer kirche essen und kleidung bekommen habe. dort habe er das christentum kennengelernt. ein mann habe auf persisch vom christentum erzählt. nach seiner ankunft in deutschland sei er sonntags etwa neun monate lang in eine evangelische kirche in l. gegangen, die ihm ein freund empfohlen habe. dort habe er auch an kursen über religion teilgenommen. der pfarrer habe deutsch gesprochen, aber einen übersetzer gehabt. nachdem er ein wenig deutsch gelernt habe, sei er in eine evangelische kirche in siegburg gegangen. dort sei er getauft worden. er sei der meinung, dass jeder mensch einen glauben haben sollte. die evangelische religion habe er ausgewählt, weil man liebe zu der religion empfinden müsse und der verstand diese religion akzeptiere. in afghanistan würde er als christ getötet werden. außerdem müsse er sich in deutschland um seine eltern kümmern. sie seien krank und verstünden kein deutsch. für sie zu sorgen sei seine pflicht als christ. 6mit bescheid vom 30. mai 2017 lehnte das bundesamt den folgeantrag als unzulässig ab (ziffer 1). den antrag auf abänderung des bescheids vom 28. august 2013 bezüglich der feststellung von abschiebungsverboten lehnte es ebenfalls ab (ziffer 2) und forderte den kläger unter androhung der abschiebung nach afghanistan zur ausreise innerhalb einer woche auf (ziffer 3). 7bereits am 15. februar 2017 hat der kläger klage erhoben. zur begründung hat er im wesentlichen vorgetragen, nach seinem übertritt zum christentum drohe ihm in afghanistan verfolgung. damit bestehe ein grund für das wiederaufgreifen des verfahrens. 8in der mündlichen verhandlung hat der kläger auf fragen unter anderem erklärt: im iran sei er zunächst mit seinem vater zur moschee gegangen, habe aber selbst nicht gebetet. ihn habe das nicht interessiert. in griechenland habe es in einer kirche jeden morgen frühstück für flüchtlinge gegeben. während der essensausgabe habe jemand auf persisch gepredigt. in deutschland sei er zum ersten mal im sommer 2012 zur kirche gegangen, um sich ein bild davon zu machen. er sei zu dem schluss gekommen, dass jeder mensch eine religion brauche. er habe recherchiert, den koran und die bibel gelesen und sich für die christliche, evangelische religion entschieden. er habe sich taufen lassen, nachdem er verstanden habe, was die taufe bedeute, nämlich glaube, reue und die reinigung von sünden. in der schule oder wo er auch sonst sei, mache er werbung für das christentum und führe diskussionen über den glauben. von mitschülern sei er deshalb schon angegriffen und als ungläubiger beschimpft worden. seit seine eltern wüssten, dass er sich zum christentum bekenne, sprächen sie nur sehr wenig mit ihm. sie kämen zu ihm, wenn sie briefe bekämen oder termine hätten. 9der kläger hat beantragt, 10ziffer 1 des bescheids des bundesamtes vom 30. mai 2017 aufzuheben, 11hilfsweise, die beklagte unter entsprechender aufhebung des vorgenannten bescheids zu verpflichten, festzustellen, dass abschiebungsverbote gemäß § 60 abs. 5 oder abs. 7 satz 1 aufenthg in der person des klägers und hinsichtlich afghanistan vorliegen. 12die beklagte hat (schriftsätzlich) beantragt, 13die klage abzuweisen. 14das verwaltungsgericht hat die klage mit urteil vom 29. august 2018 abgewiesen. zur begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: das bundesamt habe den folgeantrag zu recht als unzulässig abgewiesen. eine nachträgliche ände-rung der sachlage sei mit dem vorgetragenen glaubenswechsel nicht einge-treten. zwar interessiere sich der kläger für das christentum, habe sich einiges an wissen hierüber angeeignet und sich mit religiösen fragen auseinander-gesetzt. er sei von einem pfarrer in t. betreut und getauft worden. eine glaubhafte hinwendung des klägers zum christentum, die in afghanistan eine verfolgungsgefahr begründen könnte, sei aber nicht feststellbar. seine antworten hätten überwiegend keinen persönlichen bezug erkennen lassen. wie er seinen glauben im alltag lebe, habe der kläger nicht beschreiben können. gegen einen identitätsprägenden glaubenswechsel spreche auch, dass er sich in keiner weise in seiner gemeinde engagiere, aber hobbies wie fußball- und gitarre-spielen ausübe. seine antworten auf fragen zu religiösen feiertagen begrün-deten zusätzliche zweifel. schließlich sei sein vorbringen über die teilnahme an sonntagsgottesdiensten unglaubhaft gewesen. 15der kläger habe auch keinen anspruch auf die hilfsweise begehrte verpflichtung der beklagten, ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 oder abs. 7 satz 1 aufenthg festzustellen. bei einer abschiebung nach afghanistan drohe ihm auch in anbetracht der dort herrschenden schlechten humanitären verhältnisse nicht mit beachtlicher wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung i.s.d. § 60 abs. 5 aufenthg i.v.m. art. 3 emrk. es sei anzunehmen, dass der inzwischen 24-jährige kläger sich auf dem arbeitsmarkt in kabul – trotz äußerst schwieriger bedingungen – werde durchsetzen können. nach eigenen angaben sei er zwar nicht in afghanistan aufgewachsen, spreche aber zumindest die sprache dari. im iran habe er die schule besucht und bereits als schuhverkäufer gearbeitet. in deutschland habe er den hauptschulabschluss erworben und besuche derzeit noch das abendgymnasium und die volkshochschule. er kümmere sich um seine eltern, etwa indem er behördengänge und andere bürokratische aufgaben für sie übernehme. auch schaffe er es, neben der schule hobbies in seinen alltag zu integrieren. insgesamt weise der kläger somit genügend fähigkeiten auf, um seine existenz in kabul sichern zu können. damit drohe ihm bei einer abschiebung nach afghanistan auch keine extremgefahr i.s.d. § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg. 16dagegen wendet sich der kläger mit seiner vom senat (nur) hinsichtlich der feststellung von abschiebungsverboten nach § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg zugelassenen berufung. zu deren begründung trägt er vor: 17die humanitären verhältnisse in afghanistan seien nach den vom verwaltungsgericht herangezogenen erkenntnismitteln, nach den richtlinien des unhcr vom 30. august 2018 sowie nach dem länderbericht „afghanistan – key socio-economic indicators – focus on kabul city, mazar-e-sharif city and herat city“ des easo aus april 2019 äußerst prekär, wobei sich die situation im dürrejahr 2018 noch einmal verschlechtert habe. mehr als die hälfte der afghanischen bevölkerung lebe unterhalb der nationalen armutsgrenze und könne den erwerb des existenzminimums nicht sicherstellen. in den städten kabul, mazar-e-sharif und herat gebe es nicht genügend zumutbaren wohnraum und keinen gesicherten zugang zu sauberem (trink-)wasser. kabul und herat verfügten nicht flächendeckend über eine funktionierende kanalisation. nach der „country guidance“ des easo von juni 2018 könnten selbst junge arbeitsfähige männer, wenn sie nicht in afghanistan aufgewachsen seien und dort kein familiäres oder sonstiges netzwerk hätten, ihren lebensunterhalt nicht sichern. auch in seinem fall gebe es keine anhaltspunkte dafür, dass ihm dies gelingen werde. außer dem haupt- und realschulabschluss könne er nichts vorweisen. den besuch des abendgymnasiums habe er abgebrochen, da er sich den anforderungen nicht gewachsen gefühlt habe. er suche bisher vergeblich einen ausbildungsplatz. auf geringfügiger basis sei er einer pizzeria beschäftigt. ansonsten kümmere er sich um seine eltern, gehe in die kirche und zum fußballtraining. er lebe in einer festen beziehung, allerdings mit seiner partnerin nicht zusammen, sei ein zurückgezogener mensch und habe keine wirklichen freunde. aufgrund dieser charaktereigenschaften würde es ihm in afghanistan schwerfallen, kontakte zu knüpfen und sich hilfe zu suchen. gelinge ihm die arbeits- und ausbildungsplatzsuche schon in deutschland nicht, werde sie ihm in afghanistan erst recht unmöglich sein. hinzu komme, dass er die landessprache dari nicht gut beherrsche. er kenne sie nur von seinen eltern, sei aber im übrigen mit der iranischen landessprache farsi aufgewachsen, mit der er in afghanistan sofort als „iraner“ erkannt werden würde. 18wegen seiner konversion zum christentum sei zumindest ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg auszusprechen. da die afghanische gesellschaft die abkehr vom islam nicht toleriere, sei er dort einer besonderen gefahr für leib und leben ausgesetzt, die über die allgemeine gefährdungslage der afghanischen bevölkerung hinausgehe. eine reale gefährdung bestehe schon aufgrund der taufe und des umstands, dass er die christliche religion in deutschland praktiziert habe. viele menschen in seinem umfeld wüssten von seiner konversion, insbesondere seine eltern und ehemalige mitschüler, die kontakte nach afghanistan hätten. so könne die konversion dort bekannt werden. hinzu komme, dass erkennbar im iran aufgewachsene personen sich in afghanistan gemeinhin die frage stellen lassen müssten, ob sie schiiten seien. auf eine solch dezidierte frage würde er nicht lügen und seine zugehörigkeit zum christentum geheim halten können. schließlich habe er, wie er im erstinstanzlichen verfahren dargestellt habe, „spaß daran“, sich intensiv mit den theoretischen grundlagen des christentums zu beschäftigen, und wolle seinen glauben immer weiter „verbessern“. wenn er dies, beispielsweise über das internet, in afghanistan täte, könne er entdeckt werden und auch dadurch in lebensgefahr geraten. 19der kläger beantragt, 20das urteil des verwaltungsgerichts köln vom 29. august 2018 zu ändern und die beklagte unter aufhebung von ziffer 2. und 3. des bescheids vom 30. mai 2017 zu verpflichten festzustellen, dass für ihn in bezug auf afghanistan ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 oder abs. 7 satz 1 aufenthg besteht. 21die beklagte beantragt (schriftsätzlich), 22die berufung zurückzuweisen. 23sie nimmt zur begründung auf die ausführungen im angefochtenen urteil des verwaltungsgerichts bezug. ergänzend verweist sie darauf, dass auch nach obergerichtlicher rechtsprechung – insbesondere der verwaltungsgerichtshöfe der länder bayern und baden-württemberg – der existenzsicherung in afghanistan nicht entgegenstehe, dass der betroffene seit früher kindheit nicht dort, sondern im iran gelebt habe. jedenfalls in den größeren städten könne ein leistungsfähiger, erwachsener mann ohne unterhaltsverpflichtung seine existenz auch dann sichern, wenn er aufgrund eines längeren aufenthalts im benachbarten ausland nicht mit den besonderen verhältnissen afghanistans vertraut sei. 24wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakten und des verwaltungsvorgangs des bundesamts bezug genommen. 25 | 26die berufung hat keinen erfolg. sie ist zulässig, aber unbegründet. das verwaltungsgericht hat die klage, soweit sie auf die feststellung von abschiebungsverboten nach § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg gerichtet war, zu recht abgewiesen. der ablehnende bescheid des bundesamts ist insoweit rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz, abs. 5 satz 1 vwgo). der kläger hat im nach § 77 abs. 1 satz 1 asylg maßgeblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung keinen anspruch auf die feststellung eines abschiebungsverbots nach § 60 abs. 5 aufenthg (i.) oder nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg (ii.). die androhung der abschiebung nach afghanistan ist nicht zu beanstanden (iii.). 27dabei kann dahinstehen, ob über abschiebungsverbote in einem asylfolgeverfahren nur zu entscheiden ist, wenn (auch) insoweit die voraussetzungen des § 51 abs. 1 bis 3 bzw. § 51 abs. 5 i.v.m. §§ 48, 49 vwvfg erfüllt sind. 28nach § 31 abs. 3 satz 1 asylg in der seit dem 6. august 2016 geltenden fassung des art. 6 des integrationsgesetzes vom 31. juli 2016, 29vgl. bgbl. i 1939, 30stellt das bundesamt in fällen unzulässiger asylanträge i.s.d. § 29 abs. 1 asylg fest, ob abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg bestehen. 31vgl. dazu bverwg, urteil vom 14. dezember 2016 – 1 c 4.16 –, juris, rn. 18, 20, und beschlüsse vom 27. april 2017 – 1 b 6.17 –, juris, rn. 5, und vom 3. april 2017 – 1 c 9.16 –, juris, rn. 9. 32zu den unzulässigen asylanträgen i.s.d. § 29 abs. 1 asylg gehört nach ziffer 5 der norm auch der folgeantrag. nach dem wortlaut des § 31 abs. 3 satz 1 asylg in der seit dem 6. august 2016 geltenden fassung des art. 6 des integrationsgesetzes vom 31. juli 2016 ist deshalb auch die entscheidung über folgeanträge nach § 29 abs. 1 nr. 5 asylg entgegen der bis zum 5. august 2016 geltenden rechtslage unabhängig davon, ob ein wiederaufgreifensgrund nach § 51 abs. 1 bis 3 vwvfg vorliegt oder die bestandskräftige frühere entscheidung zu § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg gemäß § 51 abs. 5 i.v.m. §§ 48, 49 vwvfg nach pflichtgemäßem ermessen zurückzunehmen oder zu widerrufen ist, mit der feststellung zu verbinden, ob die voraussetzungen eines nationalen abschiebungsverbots erfüllt sind. allerdings bestehen bedenken, ob diese voraussetzungslose überwindung der bestandskraft der vorangegangenen entscheidung von der regelungsabsicht des gesetzgebers umfasst war. die begründung des gesetzentwurfs, 33vgl. bt-drs. 18/8615, s. 18 und 52, 34weist die neufassung nur als eine folgeänderung aus, ohne den willen einer sachlichen änderung erkennen zu lassen. vorliegend kann dahinstehen, ob ein offensichtliches versehen des gesetzesgebers angenommen und § 31 abs. 3 asylg einschränkend dahingehend auszulegen ist, dass eine prüfungs- und entscheidungspflicht des bundesamts für abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg bei folgeanträgen nur unter den voraussetzungen des § 51 abs. 1 bis 3 vwvfg besteht. 35so funke-kaiser, gk-asylg, stand: oktober 2017, § 31 rn. 50; i.e. auch: hailbronner, ausländerrecht, stand: dezember 2016, § 31 asylg rn. 54; a.a. sächsisches ovg, urteil vom 21. juni 2017 – 5 a 109/15.a –, juris, rn. 26; heusch, in: kluth/heusch, beckok ausländerrecht, stand: 1. februar 2019, § 31 asylg rn. 21; dickten, in: kluth/heusch, beckok ausländerrecht, stand: 1. februar 2019, § 71 asylg rn. 28 m.w.n. 36die frage bedarf keiner entscheidung, weil der kläger jedenfalls in der sache keinen anspruch auf die feststellung von abschiebungsverboten nach § 60 abs. 5 oder abs. 7 satz 1 aufenthg hat. 37ii. für den kläger besteht kein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 aufenthg in bezug auf afghanistan. 38nach § 60 abs. 5 aufenthg darf ein ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der anwendung der konvention vom 4. november 1950 zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten – emrk – ergibt, dass die abschiebung unzulässig ist. 39der schutz der emrk bezieht sich grundsätzlich nur auf das territorium ihrer unterzeichnerstaaten. die einhaltung grundlegender menschenrechte in drittstaaten ist nicht regelungsinhalt der emrk. eine beteiligung an einer menschenrechtsverletzung außerhalb des geltungsbereichs der emrk – etwa durch eine abschiebung – wird vom europäischen gerichtshof für menschenrechte deshalb nicht einer verletzung im vertragsgebiet gleichgestellt. allerdings kann die emrk bei besonders hochrangigen schutzgütern – wie dem verbot der folter und der unmenschlichen behandlung nach art. 3 emrk – zu einem abschiebungsverbot führen. so ist in der rechtsprechung des egmr, 40vgl. egmr, urteil vom 7. juli 1998 – nr. 14038/88, soering ./. vereinigtes königreich –, (entscheidungen des egmr jeweils, auch im folgenden, abrufbar unter: https://hudoc.echr.coe.int), 41anerkannt, dass die ausweisung bzw. abschiebung eines ausländers ausnahmsweise fragen zu art. 3 emrk aufwerfen und die verantwortung des betroffenen staates nach der konvention begründen kann. auch andere in der emrk verbürgte, von allen vertragsparteien als grundlegend anerkannte menschenrechtsgarantien können ausnahmsweise abschiebungsverbote begründen. der sache nach handelt es sich um den schutz eines kernbestands an menschenrechtlichen garantien der emrk, die zugleich einen menschenrechtlichen ordre public aller signatarstaaten der emrk verkörpern. 42vgl. bverwg, urteil vom 24. mai 2000 – 9 c 34.99 –, juris, rn. 11. 43die abschiebung eines ausländers ist danach in solche nicht-vertragsstaaten verboten, in denen ihm maßnahmen drohen, die einen äußersten menschenrechtlichen mindeststandard unterschreiten. auch bei eingriffen in den kernbereich solcher anderen, speziellen konventionsgarantien ist eine abschiebung allerdings ebenfalls nur in krassen fällen unzulässig, wenn nämlich die drohenden beeinträchtigungen von ihrer schwere her dem vergleichbar sind, was nach der rechtsprechung wegen menschenunwürdiger behandlung zu einem abschiebungsverbot nach art. 3 emrk führt. 44vgl. egmr, beschluss vom 28. februar 2006 – nr. 27034/05, z. und t. ./. vereinigtes königreich –, s. 7; bverwg, urteil vom 24. mai 2000 – 9 c 34.99 –, juris, rn. 11. 45danach wird eine verantwortlichkeit der bundesrepublik deutschland nach art. 3 emrk im falle einer abschiebung dann begründet, wenn erhebliche gründe für die annahme sprechen, dass der betroffene im zielstaat mit beachtlicher wahrscheinlichkeit tatsächlich gefahr läuft („real risk“), einer art. 3 emrk widersprechenden unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung ausgesetzt zu sein. 46vgl. egmr, urteile vom 28. juni 2011 – nr. 8319/07 und 11449/07, sufi und elmi ./. vereinigtes königreich –, rn. 212 f., und vom 28. februar 2008 – nr. 37201/06, saadi ./. italien –, rn. 129; bverwg, urteile vom vom 13. juni 2013 – 10 c 13.12 –, juris, rn. 25, vom 20. februar 2013 – 10 c 23.12 –, juris, rn. 32, und vom 31. januar 2013 – 10 c 15.12 –, juris, rn. 25 f. 47für die beurteilung, ob die gewährleistungen der emrk einer abschiebung entgegenstehen, ist grundsätzlich auf den gesamten abschiebungszielstaat abzustellen und besonders zu prüfen, ob konventionswidrige umstände an dem ort vorliegen, an dem die abschiebung endet. 48vgl. egmr, urteil vom 28. juni 2011 – nr. 8319/07 und 11449/07, sufi und elmi ./. vereinigtes königreich –, rn. 265, 301, 309; bverwg, urteil vom 31. januar 2013 – 10 c 15.12 –, juris, rn. 26. 49nicht erforderlich ist, dass die konventionsverletzung seitens des staates droht. voraussetzung ist lediglich, dass die tatsächliche gefahr staatlicherseits nicht durch angemessenen schutz abgewendet werden kann. 50vgl. egmr, urteil vom 28. juni 2011 – nr. 8319/07 und 11449/07, sufi und elmi ./. vereinigtes königreich –, rn. 213; bverwg, urteil vom 13. juni 2013 – 10 c 13.12 –, juris, rn. 25. 51zu den grundlegenden speziellen menschenrechtsgarantien, die im einzelfall ein abschiebungsverbot begründen können, gehören das recht auf leben (art. 2 emrk), 52vgl. egmr, beschluss vom 28. februar 2006 – nr. 27034/05, z. und t. ./. vereinigtes königreich –, s. 6, und urteil vom 7. juli 1989 – nr. 14038/88, soering ./. vereinigtes königreich –, rn. 88, 53und der kernbereich des rechts auf ein faires verfahren (art. 6 emrk), der besonders bei drohender todesstrafe betroffen ist, 54vgl. egmr, beschluss vom 28. februar 2006 – nr. 27034/05 –, z. und t. ./. vereinigtes königreich –, s. 6, sowie urteile vom 4. februar 2005 – nr. 46827/88 und 46951/99, mamatkulov und askarov ./. türkei –, rn. 91, und vom 7. juli 1989 – nr. 14038/88, soering ./. vereinigtes könig-reich –, rn. 113. 55ebenso kann die drohende verletzung des unveräußerlichen – nach art. 9 abs. 2 emrk nicht beschränkbaren – kerns der gedanken-, gewissens- und religionsfreiheit, der für die personale würde und entfaltung eines jeden menschen unverzichtbar ist, einer abschiebung entgegenstehen. denn auch wenn die gedanken-, gewissens- und religionsfreiheit nicht zu den nach art. 15 abs. 2 emrk unantastbaren rechten gehört, kommt ihr als einem der grundpfeiler der demokratischen gesellschaft nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte ein besonderer rang zu. 56vgl. zu art. 9 emrk im allgemeinen egmr, urteil vom 25. mai 1993 – nr. 14307/88, kokkinakis ./. griechenland –, rn. 31, und zur berücksich-tigung bei abschiebungen egmr, beschluss vom 28. februar 2006 – nr. 27034/05 –, z. und t. ./. vereinigtes königreich –, s. 7. 571. dies zugrunde gelegt ergibt sich ein verbot, den kläger nach afghanistan abzuschieben, nicht wegen der von ihm geltend gemachten konversion zum christentum aus § 60 abs. 5 aufenthg i.v.m. art. 9 emrk. 58a) eine die abschiebung hindernde offenkundige verletzung des unveräußerlichen kerns der religionsfreiheit nach art. 9 emrk droht nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte dann, wenn der betroffene im zielstaat entweder aus religiösen gründen verfolgung erleiden wird oder wegen seiner religionszugehörigkeit der tatsächlichen gefahr des todes, der ernsthaften misshandlung, der offenkundigen verweigerung eines fairen verfahrens oder der willkürlichen freiheitsentziehung ausgesetzt ist. 59vgl. egmr, beschluss vom 28. februar 2006 – nr. 27034/05 –, z. u. t./vereinigtes königreich –, s. 7 („as a result, protection is offered to those who have a substantiated claim that they will either suffer persecution for, inter alia, religious reasons or will be at risk of death or serious ill-treatment and possibly flagrant denial of a fair trial or arbitraty detention, because of their religious affiliation (…)“. 60dabei bedarf im vorliegenden fall keiner entscheidung, ob der gemäß § 60 abs. 5 aufenthg i.v.m. art. 9 emrk zu gewährende schutz vor religiöser verfolgung in seiner reichweite demjenigen entspricht, den der flüchtlingsschutz nach §§ 3, 3e abs. 1 nr. 2 asylg i.v.m. art. 9 abs. 1 und art. 10 abs. 1 lit. b der sog. qualifikationsrichtlinie, 61richtlinie 2011/95 eu des europäischen parlaments und des rates vom 13. dezember 2011 über normen für die anerkennung von drittstaatsangehörigen oder staatenlosen als personen mit internationalem schutz, für einen einheitlichen status für flüchtlinge oder für personen mit anrecht auf subsidiären schutz und für den inhalt des zu gewährenden schutzes (neufassung), abl. l 337/9 vom 20. dezember 2011, s. 9 ff., 62aus religiösen gründen gewährleistet, oder ob er aufgrund der vom europäischen gerichtshof für menschenrechte aufgestellten hohen anforderungen an konventionsrechtlich begründete abschiebungsverbote dahinter zurückbleibt und auf ein im wesentlichen auf das forum internum beschränktes „religiöses existenzminimum“ begrenzt ist. 63für letzteres vgl. bverwg, urteil vom 24. mai 2000 – 9 c 34.99 –, juris, rn. 12; ovg nrw, urteil vom 9. juni 2011 – 13 a 947/10.a –, juris, rn. 50 ff., 62. 64selbst die maßgaben der §§ 3, 3e abs. 1 nr. 2 asylg i.v.m. art. 9 abs. 1 und art. 10 abs. 1 lit. b der sog. qualifikationsrichtlinie zugrunde gelegt, könnte der kläger sich auf eine verfolgung aus religiösen gründen nicht mit erfolg berufen. 65nach §§ 3, 3e abs. 1 nr. 2 asylg i.v.m. art. 9 abs. 1 und art. 10 abs. 1 lit. b der sog. qualifikationsrichtlinie gehören zu den gefahren, die einer abschiebung entgegenstehen können, nicht nur gravierende eingriffe in die freiheit des betroffenen, seinen glauben im privaten zu praktizieren (forum internum), sondern auch solche in die freiheit, diesen glauben öffentlich zu leben (forum externum). die erforderliche schwere kann insbesondere dann erreicht sein, wenn dem schutzsuchenden aufgrund seiner religiösen überzeugung, der zugehörigkeit zu einer bestimmten religion oder der religionsausübung die gefahr droht, an leib, leben oder freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung oder bestrafung unterworfen zu werden. der schutzbereich der religionsfreiheit erfasst sowohl die von der glaubenslehre vorgeschriebenen verhaltensweisen als auch diejenigen, die der einzelne gläubige als für sich verpflichtend empfindet. dabei kann auch der unter dem druck der genannten konsequenzen erzwungene verzicht auf eine glaubensbetätigung einen hinreichend gravierenden eingriff in die religionsfreiheit darstellen. maßgeblich ist, wie der einzelne seinen glauben lebt, ob die verfolgungsträchtige glaubensbetätigung für ihn ein zentrales element seiner religiösen identität bildet und daher für ihn besonders wichtig und auch bei rückkehr in den herkunftsstaat unverzichtbar ist. 66vgl. eugh, urteil vom 5. september 2012 – c-71/11 u.a. –, juris, rn. 55, 56, 62, 67 ff., 70; bverwg, urteil vom 20. februar 2013 – 10 c 23.12 –, juris, rn. 24 ff., 29 f. 67b) eine religiöse verfolgung in diesem sinne droht dem kläger in afghanistan nicht. 68aa) personen, die sich vom islam abgewandt haben (apostaten), darunter personen, die vom islamischen glauben zum christentum konvertiert sind, sind in afghanistan gefahren für leib und leben ausgesetzt, wenn ihre religiöse überzeugung bekannt wird. im einzelfall kann auch bereits der entsprechende verdacht genügen. 69die zahl afghanischer christen ist nicht verlässlich anzugeben. nichtmuslimische gruppierungen, zu denen auch sikhs, baha’i und hindus gehören, machen jedenfalls weniger als 1 % der afghanischen bevölkerung aus. öffentlich zugängliche christliche kirchen gibt es nicht. lediglich auf dem gelände der italienischen botschaft befindet sich eine kapelle, die ausländischen christen zur verfügung steht. 70vgl. republik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt der staatendokumentation, afghanistan, vom 29. juli 2018, s. 297 f.; auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan, vom 31. mai 2018, s. 11. 71staatlicherseits besteht für konvertiten zum christentum ebenso wie für apostaten im allgemeinen die gefahr der strafverfolgung. apostasie ist im afghanischen strafgesetzbuch nicht ausdrücklich geregelt, gehört nach herrschender rechtsauffassung aber zu den nicht ausdrücklich definierten „ungeheuerlichen straftaten“, die nach der hanafitischen lehre mit dem tod oder bis zu lebenslanger haft bestraft werden. zudem müssen konvertiten – auch schon bevor eine staatliche verfolgung einsetzt – mit sozialer ächtung und mit gewalt bis hin zur lynchjustiz durch familienangehörige, andere mitglieder der örtlichen gemeinschaft sowie durch regierungsfeindliche kräfte, insbesondere die taliban, rechnen. personen, die zum christentum konvertiert sind, sind deshalb gezwungen, ihren glauben zu verheimlichen und sich so zu verhalten, als wären sie (weiterhin) muslime. dies setzt grundsätzlich die teilnahme am religiös-kulturellen leben, etwa den besuch der moschee und das fasten während des ramadan, voraus. mit welcher intensität die religionsausübung erwartet wird, hängt von den umständen des einzelfalls ab. während der nicht regelmäßige moscheebesuch, insbesondere wenn er z.b. beruflich begründet werden kann, in den großstädten nicht notwendig mit einem verlust der glaubwürdigkeit verbunden ist, ist der gefährdungsgrad nicht regelmäßig praktizierender muslime in ländlichen gegenden erheblich höher. rückkehrer aus dem westlichen ausland können in besonderem maße sozialem druck ausgesetzt sein nachzuweisen, dass sie an religiösen riten überzeugt teilnehmen. 72vgl. republik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt der staatendokumentation, afghanistan, vom 31. januar 2019, s. 297 ff.; schweizerische flüchtlingshilfe, afghanistan: gefährdungsprofile, september 2018, s. 13; schweizerische flüchtlingshilfe, afghanistan: gefährdungsprofile, vom 12. september 2018, s. 23; unhcr, richtlinien zur feststellung des internationalen schutzbedarfs afghanischer asylsuchender, vom 30. august 2018, s. 72 f.; accord, anfragebeantwortung: lage von zum christentum konvertierten personen insbesondere in kabul und masar-e-sharif, vom 7. august 2018; easo, country guidance afghanistan, juni 2018, s. 60; auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan, vom 31. mai 2018, s. 11; stahlmann, gutachten für das vg wiesbaden, vom 28. märz 2018, s. 312 ff.; easo, afghanistan: individuals targeted under societal and legal norms, dezember 2017, s. 14 f., 20 ff. 73bb) dem kläger drohen diese gefahren indes nicht mit beachtlicher wahrscheinlichkeit. der senat ist aufgrund des gesamteindrucks, den er durch die anhörung des klägers in der mündlichen verhandlung gewonnen hat, nicht zu der überzeugung gelangt, dass bei dem kläger eine hinwendung zum christlichen glauben vorliegt, die die religiöse betätigung für ihn (auch) in afghanistan unverzichtbar machte, um seine religiöse identität zu wahren. es ist deshalb weder zu erwarten, dass er in afghanistan den christlichen glauben praktizieren würde, noch dass er durch ein solches absehen von religiöser betätigung in innere konflikte geriete. 74die religiöse identität – gegebenenfalls nach hinwendung zu der angenommenen religion – sowie die innere tatsache, dass er die unterdrückte religiöse betätigung seines glaubens für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse identität zu wahren, muss der schutzsuchende zur vollen überzeugung des gerichts nachweisen (§ 108 abs. 1 satz 1 vwgo). dies ist nur anhand seines vorbringens und im wege des rückschlusses von äußeren anhaltspunkten auf seine innere einstellung möglich. dafür ist das religiöse selbstverständnis des betroffenen grundsätzlich sowohl vor als auch nach der ausreise aus dem herkunftsland von bedeutung. beruft er sich auf eine gefährdung wegen konversion zu einem anderen glauben, muss er die inneren beweggründe glaubhaft machen, die ihn zur konversion veranlasst haben. von einem erwachsenen, der sich zum bekenntniswechsel entschlossen hat, darf im regelfall zudem erwartet werden, dass er mit den wesentlichen grundzügen seiner neuen religion vertraut ist. welche anforderungen im einzelnen zu stellen sind, richtet sich vorwiegend nach seiner persönlichkeit und seiner intellektuellen disposition. 75vgl. bverwg, urteil vom 20. februar 2013 – 10 c 23.12 –, juris, rn. 30 f., und beschluss vom 25. august 2015 – 1 b 40.15 –, juris, rn. 14; vgh baden-württemberg, urteil vom 5. dezember 2017 – a 11 s 1144/17 –, juris, rn. 63; ovg nrw, beschlüsse vom 27. april 2016 – 13 a 854/16.a –, juris, rn. 10, und vom 10. september 2014 – 13 a 1171/14.a –, juris, rn. 7. 76dies zugrunde gelegt, ist der senat zwar davon überzeugt, dass der kläger mit dem christentum in der von ihm geschilderten weise in kontakt gekommen ist, sich für die christliche religion interessiert und sich mit ihr beschäftigt hat. es ist gut nachvollziehbar, dass die in einer orthodoxen kirchengemeinde in athen, in der flüchtlinge frühstück erhalten konnten, erfahrene hilfe ihn beeindruckt und positiv für die helfenden gemeindemitglieder eingenommen hat. auch dass der kläger einige zeit nach seiner einreise in die bundesrepublik deutschland mit iranischen freunden, die er im integrationskurs kennengelernt hatte, auf persisch abgehaltene gottesdienste vor allem in l. besucht hat, zieht der senat nicht in zweifel. ebenso ist glaubhaft, dass der kläger, nachdem er besser deutsch gelernt hatte, kontakt zur evangelischen gemeinde an seinem wohnort t. aufgenommen hat und von dem dortigen pfarrer betreut und schließlich getauft worden ist. ein weiterer bezug des klägers zum christentum besteht dadurch, dass seine aus china stammende freundin evangelischen glaubens ist. 77eine die religiöse identität prägende hinwendung des klägers zum christentum, die zudem die christlich-religiöse betätigung für ihn unverzichtbar machte, ist aber nicht festzustellen. letztlich sind weder beweggründe des klägers für einen glaubenswechsel deutlich geworden noch ist erkennbar, dass er den christlichen glauben in einer als für sich verbindlich empfundenen weise praktiziert. 78so hat der kläger auf die frage, was das christentum für ihn bedeute, zunächst ausführlich geschildert, dass er, als er das erste mal zum pfarrer der gemeinde in t. gegangen sei, viele fragen über das christentum und aufgrund von gesprächen mit anderen muslimen vorbehalte insbesondere gegenüber der dreifaltigkeit gehabt habe. der pfarrer habe ihm erklärt, dass es auch im christentum nur einen gott gebe, mit ihm auch über die philosophie der religion gesprochen und so sein misstrauen gegenüber dem christentum beseitigt. die erkenntnis, dass das christentum – ebenso wie der islam – nur einen gott kenne, und der abbau von misstrauen vermögen indes nicht zu erklären, dass die christliche religion für den kläger eine so besondere bedeutung hat, dass dies einen glaubenswechsel begründen könnte. soweit er seinen ausführungen hinzugefügt hat, für ihn heiße christentum „glauben vom herzen und der menschheit zu dienen“, ist dies ohne nähere erklärung und persönlichen bezug geblieben. ebenso allgemein gehalten war seine antwort auf die frage, was den ausschlag dafür gegeben habe, dass er sich habe taufen lassen. sie beschränkte sich darauf, dass der kläger auf die bedeutung der taufe, nämlich „dass man von sünden frei und neu geboren werde“, sowie ohne weitere erklärung darauf verwiesen hat, dass er diese erfahrung habe machen wollen. seine weiteren ausführungen, das ganze könne man nur fühlen und nicht angemessen beschreiben, erhellen seine individuelle motivations- und gefühlslage nur unzureichend. 79aus seinen einlassungen in bezug auf den islam ergibt sich nichts anderes. gefragt, ob er im iran ein religiöser mensch gewesen sei, hat er erklärt, zwar sei er religiös gewesen, es sei aber kein richtiger glaube gewesen. man könne das – bildlich gesprochen – mit einer gruppe vergleichen, die nach hamburg wolle, tatsächlich aber nach münchen fahre. auf nachfrage, was – in diesem bild bleibend – aus seiner sicht hamburg und nicht münchen zum richtigen ziel mache, antwortete er lediglich, das sei anhand des beispiels nicht zu erklären. auf weitere nachfrage, was für ihn den entscheidenden unterschied zwischen christlicher und islamischer religion ausmache, hat er sich auf die allgemeine angabe beschränkt, im christentum sei man viel freier, während man im islam das glauben müsse, was die religionsgelehrten vorschrieben. dies lässt darauf schließen, dass der kläger sich seinen glauben nicht vorschreiben lassen will. eine auf eine überzeugung gestützte hinwendung gerade zum christentum wird damit aber ebenso wenig aufgezeigt wie eine inhaltliche abwendung vom islam. 80eine aktive unterstützung der gemeinde oder die teilnahme an anderen veranstaltungen als dem sonntagsgottesdienst hat der kläger verneint, indem er erklärt hat, natürlich gebe es viele veranstaltungen, er „gehe aber nur noch sonntags hin“. warum ihm gerade die teilnahme am gottesdienst wichtig ist, ist letztlich offen geblieben. auf nachfrage hat er darauf verwiesen, die atmosphäre, die man in der kirche spüre, vermittele „ein geistliches gefühl“, ohne aber auszuführen, inwiefern dies – oder auch die besinnung oder die gemeinschaft mit anderen gläubigen – für ihn persönlich von bedeutung ist. 81seine angaben dazu, in welcher weise er sich über den gottesdienstbesuch hinaus mit seinem glauben beschäftige, lassen darauf schließen, dass er sich in besonderer weise mit unter muslimen verbreiteten ansichten über das christentum auseinandersetzt. für mehr als den in der berufungsbegründung angeführten „spaß daran“, sich mit dem christentum zu beschäftigen, sprechen sie aber nicht. insoweit hat der kläger nämlich in erster linie ausgeführt, er lese im internet, besonders was von muslimen etwa im „facebook“ oder auf „instagram“ über das christentum geschrieben werde, und versuche, darauf antworten zu finden. sein ergänzender verweis darauf, vor allem praktiziere er seinen glauben, indem er anderen helfe, ist lediglich allgemein gehalten. soweit er schließlich ausgeführt hat, außerdem habe er in der schule mit muslimischen mitschülern diskutiert und „werbung“ für das christentum gemacht, woraufhin er von diesen bedroht worden sei, ist seine antwort auf die nachfrage, warum ihm dies wichtig sei, unergiebig geblieben. er hat lediglich ausgeführt, mitleid mit denjenigen zu haben, die so seien wie er früher, dabei aber erneut nicht angeben können, inwiefern sich seine heutige (religiöse) identität positiv von seiner früheren unterscheidet. 82der senat lässt nicht unberücksichtigt, dass der kläger in der mündlichen verhandlung auf weitere nachfragen ausgeführt hat, dass er in einer persischen ausgabe der bibel lese, wobei er einzelne passagen berichten konnte, dass er die bedeutung von pfingsten gut nachvollziehbar zu erklären wusste und auch über persönliches gebet gesprochen hat. allerdings kommt diesen einlassungen in der gesamtbetrachtung eine nur untergeordnete bedeutung zu. die bibellektüre hat der kläger von sich aus auf die frage, in welcher weise er sich neben dem gottesdienstbesuch mit seinem glauben beschäftige, nicht genannt und ihr für seine religiöse praxis damit selbst keine besondere bedeutung beigemessen. seine ausführungen zu pfingsten und über persönliche gebete sind auch mit blick darauf zu bewerten, dass die einzelrichterin des verwaltungsgerichts ihre zweifel an einem die religiöse identität des klägers prägenden glaubenswechsel unter anderem damit begründet hat, dass er, zu kirchlichen feiertagen befragt, unzureichend geantwortet und auch keine inhalte von persönlichen gebeten geschildert habe. vor diesem hintergrund und im gesamtzusammenhang der übrigen einlassungen des klägers deutet einiges darauf hin, dass seine diesbezüglichen angaben dem verfahren angepasst sind. 83dem in der anhörung des klägers zu seiner religion gewonnenen gesamteindruck entspricht schließlich, dass der christliche glaube in seiner antwort auf die frage, was er bei einer rückkehr nach afghanistan befürchte, weitgehend in den hintergrund getreten ist. probleme erwartete der kläger danach in besonderem maße deshalb, weil er mit den verhältnissen in afghanistan nicht vertraut sei und aufgrund seiner sprache für einen iraner gehalten würde, von dem die afghanen glaubten, dass er sich in ihrem land einmische. etwaige ihm wegen einer konversion drohende gefahren befürchtete er offensichtlich nicht. 84cc) art. 9 emrk steht einer abschiebung des klägers auch nicht wegen seiner mit dem formalen akte der taufe begründeten zugehörigkeit zur evangelischen kirche entgegen. 85in bezug auf etwaige gefahren, die aus einer bloß formalen religionszugehörigkeit folgen könnten, fehlt es an tatsächlichen anhaltspunkten dafür, dass dem kläger solche mit beachtlicher wahrscheinlichkeit drohen. da eine ernsthafte hinwendung des klägers zum christlichen glauben nicht festzustellen ist, ist bei prognostischer betrachtung zu erwarten, dass er in afghanistan – auch auf die nach der berufungsbegründung erwartete frage, ob er schiit sei, – nicht selbst von der taufe berichten wird. dass die taufe des klägers ohne sein zutun bekannt wird, ist auch unter berücksichtigung des umstands, dass es in deutschland afghanen – insbesondere ehemalige mitschüler – gibt, die von seiner taufe wissen, nicht beachtlich wahrscheinlich. in afghanistan gibt es – ausgehend von den eigenen angaben des klägers – niemanden, der ihn kennt oder an informationen über seine person aus anderen gründen ein besonderes interesse hätte. 862. ein verbot, den kläger nach afghanistan abzuschieben, ergibt sich auch nicht deshalb, weil ihm aufgrund der dortigen sicherheits- und humanitären lage eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung i.s.d. art. 3 emrk drohte. 87der begriff der unmenschlichen behandlung setzt die vorsätzliche verursachung körperlicher schmerzen oder physischen oder psychischen leids voraus. erniedrigend ist eine behandlung, wenn sie geeignet ist, das opfer zu entwürdigen oder zu demütigen. 88vgl. egmr, urteil vom 21. januar 2011 – nr. 30696/09, m. s. s. ./. belgien und griechenland –, rn. 220 f. m.w.n. 89a) in bezug auf die im zielstaat herrschende sicherheitslage kann sich eine solche erniedrigende behandlung aus einer allgemeinen situation der gewalt, einem besonderen merkmal des betroffenen oder aus einer verbindung von beidem ergeben. 90vgl. egmr, urteile vom 28. juni 2011 – nr. 8319/07 und 11449/07, sufi und elmi ./. vereinigtes königreich –, rn. 216, 218; bverwg, urteil vom 31. januar 2013 – 10 c 15.12 –, juris, rn. 25. 91der europäische gerichtshof für menschenrechte hat allerdings klargestellt, dass eine allgemeine situation der gefahr ein abschiebungsverbot nach art. 3 emrk nur in „äußerst extremen fällen“ („in the most extreme cases“) begründen kann, nämlich wenn sie derart intensiv ist, dass die bloße anwesenheit einer person im zielstaat mit beachtlicher wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung zur folge hat. 92vgl. egmr, urteile vom 23. august 2016 – nr. 59166/12, j. k. u.a. ./. schweden –, rn. 116, vom 9. april 2013 – nr. 70073/10 und 44539/11, h. und b. ./. vereinigtes königreich –, rn. 91, vom 29. januar 2013 – nr. 60367/10, s. h. h. ./. vereinigtes königreich –, rn. 73, und vom 28. juni 2011 – nr. 8319/07 und 11449/07, sufi und elmi ./. vereinigtes königreich –, rn. 218, 241, jeweils m.w.n. 93ob diese intensität erreicht ist, bestimmt sich insbesondere nach der art der von den konfliktparteien eingesetzten kampfmethoden und deren eignung, die zivilbevölkerung – gezielt oder mittelbar – zu gefährden, nach der intensität und ausdehnung des konflikts sowie der anzahl der aufgrund der kampfhandlungen vertriebenen, verletzten und getöteten zivilpersonen. 94vgl. egmr, urteil vom 28. juni 2011 – nr. 8319/07 und 11449/07, sufi und elmi ./. vereinigtes königreich –, rn. 241, 248. 95diese betrachtung schließt eine annäherungsweise quantitative ermittlung der häufung der akte willkürlicher gewalt und der zahl der dabei verletzten und getöteten in relation zur gesamteinwohnerzahl des betreffenden gebietes ein, um das individuelle verletzungsrisiko von zivilpersonen auf einer validen tatsachengrundlage beurteilen zu können. die ermittlung ist in der methode mit der bestimmung der quantitativen gefahrverdichtung vergleichbar, die das bundesverwaltungsgericht bei der prüfung willkürlicher gewalt im rahmen des § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg vornimmt, 96siehe bverwg, urteile vom 13. februar 2014 – 10 c 6.13 –, juris, rn. 24 und vom 17. november 2011 – 10 c 13.10 –, juris, rn. 22 f., 97wobei das ergebnis im rahmen des nationalen abschiebungsverbots nach § 60 abs. 5 i.v.m. art. 3 emrk am maßstab dieses konventionsrechts zu messen ist. 98vgl. niedersächsisches ovg, urteil vom 29. januar 2019 – 9 lb 93/18 –, juris, rn. 44, 74 ff.; siehe im ergebnis wohl auch: bayerischer vgh, urteil vom 8. november 2018 – 13a b 17.31960 –, juris, rn. 38 („im rahmen der prüfung der allgemeinen situation der gewalt kann auf die rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts zur erheblichen individuellen gefahr im rahmen eines bewaffneten konflikts (§ 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg) zurückgegriffen werden, soweit sie sich auf die gefahrendichte bezieht.“), und vgh baden-württemberg, urteil vom 17. januar 2018 – a 11 s 241/17 –, juris, rn. 495 f. m.w.n. 99darüber hinaus können auch schlechte humanitäre verhältnisse in ganz besonderen ausnahmefällen eine erniedrigende behandlung i.s.d. art. 3 emrk darstellen. 100die europäische menschenrechtskonvention dient hauptsächlich dem schutz bürgerlicher und politischer rechte. die sozio-ökonomischen bzw. humanitären bedingungen im abschiebungszielstaat haben keinen notwendigen oder ausschlaggebenden einfluss auf die frage, ob eine person tatsächlich gefahr läuft, im aufnahmeland einer art. 3 emrk widersprechenden behandlung ausgesetzt zu sein. 101vgl. egmr, urteile vom 29. januar 2013 – nr. 60367/10, s. h. h. ./. vereinigtes könig-reich –, rn. 74, vom 28. juni 2011 – nr. 8319/07 und 11449/07, sufi und elmi ./. vereinigtes königreich –, rn. 278, und vom 27. mai 2008 – nr. 26565/05, n. ./. vereinigtes königreich –, rn. 44. 102nur soweit die schlechten humanitären bedingungen nicht nur oder überwiegend auf armut oder fehlende staatliche mittel beim umgang mit naturereignissen zurückzuführen sind, sondern überwiegend auf direkte und indirekte aktionen der konfliktparteien zurückgehen, hält der europäische gerichtshof für menschenrechte das im verfahren m. s. s. gegen belgien und griechenland entwickelte kriterium für maßgeblich, 103vgl. egmr, urteil vom 28. juni 2011 – nr. 8319/07 und 11449/07, sufi und elmi ./. vereinigtes königreich –, rn. 282 f.; bverwg, urteil vom 31. januar 2013 – 10 c 15.12 –, juris, rn. 25, 104nach dem die fähigkeit des beschwerdeführers berücksichtigt werden muss, seine elementaren bedürfnisse nach nahrung, hygiene und unterkunft zu befriedigen, weiter seine verletzlichkeit für misshandlungen und seine aussicht auf eine verbesserung der lage in angemessener zeit. 105vgl. egmr, urteil vom 21. januar 2011 – nr. 30696/09, m. s. s. ./. griechenland und belgien –, rn. 249 ff. 106fehlt es an einem verantwortlichen akteur, ist ein strengerer maßstab anzulegen. schlechte humanitäre bedingungen, die ganz oder in erster linie auf armut oder auf fehlende staatliche mittel, um mit auf natürlichen umständen beruhenden gegebenheiten umzugehen, zurückzuführen sind, können eine erniedrigende behandlung i.s.d. art. 3 emrk nur in krassen ausnahmefällen begründen, wenn ganz außerordentliche individuelle gründe hinzutreten und humanitäre gründe zwingend gegen eine abschiebung sprechen. 107vgl. egmr, urteile vom 29. januar 2013 – nr. 60367/10, s. h. h. ./. vereinigtes könig-reich –, rn. 75, vom 28. juni 2011 – nr. 8319/07 und 11449/07, sufi und elmi ./. vereinigtes königreich –, rn. 282, und vom 27. mai 2008 – 26565/05, n. ./. vereinigtes königreich –, rn. 44; siehe auch bverwg, beschluss vom 13. februar 2019 – 1 b 2.19 –, juris, rn. 10. 108solche außergewöhnlichen individuellen umstände können auch solche sein, die eine person mit anderen personen teilt, die träger des gleichen merkmals sind oder sich in einer im wesentlichen vergleichbaren lage befinden. in einem solchen fall kann ein verstoß gegen art. 3 emrk ausnahmsweise etwa dann zu bejahen sein, wenn die abschiebung, wenngleich nicht unmittelbar zum tod des betroffenen, so doch zu einer ernsthaften, schnellen und irreversiblen verschlechterung seines gesundheitszustands führen würde, die ein schweres leiden oder eine erhebliche verringerung der lebenserwartung zur folge hätte. 109vgl. egmr, urteil vom 13. dezember 2016 – nr. 41738/10, paposhvili ./. belgien –, rn. 183. 110bezogen auf den abschiebungszielstaat afghanistan sind diese hohen anforderungen maßgeblich, 111vgl. egmr, urteile vom 29. januar 2013 – nr. 60367/10, s. h. h. ./. vereinigtes könig-reich – rn. 89 ff., und vom 13. oktober 2011 – 10611/09, husseini ./. schweden –, rn. 91 ff.; siehe auch bverwg, beschluss vom 13. februar 2019 – 1 b 2.19 –, juris, rn. 10; urteil vom 31. januar 2013 – 10 c 15.12 –, juris, rn. 25, 112weil die dortigen humanitären verhältnisse nicht einem akteur zuzuordnen sind, sondern auf einer vielzahl von faktoren beruhen, zu denen die allgemeine wirtschaftliche lage, umweltbedingungen wie klima und naturkatastrophen ebenso wie die sicherheitslage gehören. 113dabei ist im rahmen des § 60 abs. 5 aufenthg nicht die zur durchbrechung der sperrwirkung des § 60 abs. 7 satz 5 aufenthg im rahmen des § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg erforderliche extremgefahr (dazu unter 2.) zu verlangen. auch im rahmen des § 60 abs. 5 aufenthg i.v.m. art. 3 emrk ist in bezug auf die allgemeinen humanitären verhältnisse aber ein extremes gefahrenniveau erforderlich, da nur dann ein ganz außergewöhnlicher fall vorliegt, in dem die humanitären gründe gegen die ausweisung zwingend sind. 114vgl. zum ganzen: bverwg, beschluss vom 13. februar 2019 – 1 b 2.19 –, juris, rn. 10; niedersächsisches ovg, urteil vom 29. januar 2019 – 9 lb 93/18 –, juris, rn. 51; vgh baden-württemberg, urteile vom 12. dezember 2018 – a 11 s 1923/17 –, juris, rn. 121 ff., und vom 12. oktober 2018 – a 11 s 316/17 –, juris, rn. 170 ff.; bayerischer vgh, urteil vom 8. november 2018 – 13a b 17.31960 –, juris, rn. 40; jeweils m.w.n.; berlit, nvwz-extra 2019, 1 (13 f.). 115ob die voraussetzungen erfüllt sind, bestimmt sich durch würdigung aller umstände des einzelfalls, wobei mit der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts eine verletzung von art. 3 emrk – selbst unter berücksichtigung des vom europäischen gerichtshof für menschenrechte im verfahren m. s. s. gegen belgien und griechenland für einen anderen anwendungsfall entwickelten, auf die situation besonderer verletzlichkeit und schutzbedürftigkeit bezogenen maßstabs – jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn die betroffenen durch gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches einkommen erzielen und damit ein leben am rande des existenzminimums finanzieren können. 116vgl. bverwg, urteil vom 31. januar 2013 – 10 c 15.12 –, juris, rn. 28, 39. 117b) ausgehend von diesen grundsätzen erwartet den kläger bei einer rückkehr nach afghanistan nicht mit beachtlicher wahrscheinlichkeit eine erniedrigende behandlung i.s.d. art. 3 emrk. als zielorte der abschiebung kommen die haupt-stadt kabul sowie die stadt herat , aus der die eltern des klägers stammen, in betracht. von kabul ist eine weiterreise nach herat mehrmals täglich mit inlands-flügen der fluglinien „ariana afghan airlines“ und „kam air“ möglich. 118vgl. easo, afghanistan, key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e-sharif city and herat city, april 2019, s. 19. 119aa) eine art. 3 emrk widersprechende behandlung droht dem kläger nicht mit blick auf die in afghanistan bzw. in kabul oder herat herrschende allgemeine sicherheitslage. 120eine allgemeine situation der gewalt, die zur folge hätte, dass eine zivilperson allein aufgrund ihrer anwesenheit in afghanistan, im besonderen in kabul, gefahr liefe, einer art. 3 emrk widersprechenden misshandlung ausgesetzt zu sein, haben aufgrund der jeweiligen erkenntnislage bisher weder der europäische gerichtshof für menschenrechte, 121vgl. egmr, urteile vom 11. juli 2017 – nr. 46051/13, s. m. a. ./. niederlande –, rn. 53, – nr. 41509/12, soleimankheel u.a. ./. niederlande –, rn. 51, – nr. 77691/11, g. r. s. ./. niederlande –, rn. 39, – nr. 72586/11, e. k. ./. niederlande –, rn. 67, – nr. 43538/11 und 63104/11, e. p. und a. r. ./. niederlande –, rn. 80, vom 16. mai 2017 – nr. 15993/09, m. m. ./. niederlande –, rn. 120, vom 5. juli 2016 – nr. 29094/09, a. m. ./. niederlande –, rn. 87, vom 12. januar 2016 – nr. 13442/08, a. g. r. ./. niederlande –, rn. 59, und vom 9. april 2013 – nr. 70073/10 und 44539/11, h. und b. ./. vereinigtes königreich –, rn. 92 f., 122noch die obergerichtliche rechtsprechung, 123vgl. etwa niedersächsisches ovg, urteil vom 29. januar 2019 – 9 lb 93/18 –, juris, rn. 57 ff.; vgh baden-württemberg, urteile vom 12. dezember 2018 – a 11 s 1923/17 –, juris, rn. 225 ff., und 12. oktober 2018 – a 11 s 316/17 –, juris, rn. 302 ff.; bayerischer vgh, urteil vom 8. november 2018 – 13a b 17.31960 –, juris, rn. 43 ff., jeweils m.w.n., 124festgestellt. diese einschätzung teilt der senat aufgrund der ihm vorliegenden erkenntnisse, auf die er die beteiligten hingewiesen hat. 125danach ist die sicherheitslage in afghanistan anhaltend schlecht. sie weist erhebliche regionale unterschiede auf und bleibt volatil. die größeren städte, insbesondere die hauptstadt kabul, sowie insgesamt rund 55,5% der distrikte des landes befinden sich unter staatlicher kontrolle. rund 34% der distrikte gelten als umkämpft. 126vgl. accord, allgemeine sicherheitslage in afghanistan, vom 29. mai 2019, s. 3; vereinigte staaten von amerika, special investigator for afghanistan reconstruction (sigar), quarterly report to the united states congress, vom 30. januar 2019, s. 69; allerdings derselbe zu den schwierigkeiten, die gebietskontrolle zu bestimmen: quarterly report to the united states congress, vom 30. april 2019, s. 73 f. 127das armed conflict location and event data project (acled) der universität sussex, das todesopfer politischer gewalt erfasst, dokumentierte nach angaben vom austrian centre for country of origin and asylum research and documentation (accord) für afghanistan im jahr 2018 insgesamt 43.750 personen (zivile und nicht zivile), die bei sicherheitsrelevanten vorfällen ums leben gekommen sind. damit registrierte die organisation einen anstieg gegenüber dem vorjahr mit 41.689 solcher todesfälle. 128vgl. accord, allgemeine sicherheitslage in afghanistan, vom 29. mai 2019, s. 1. 129leib und leben von zivilpersonen sind weiterhin sowohl durch kampfhandlungen der konfliktparteien und landminen als auch durch improvisierte sprengkörper, selbstmord- und komplexe angriffe regierungsfeindlicher gruppierungen bedroht. 130vgl. unama, quarterly report on the protection of civilians in armed conflict: 1 january to 31 march 2019, vom 24. april 2019, s. 1 f., und afghanistan, protection of civilians in armed conflict, annual report 2018, februar 2019, s. 1; accord, allgemeine sicherheitslage in afghanistan und chronologie für kabul, vom 25. märz 2019; republik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt, vom 31. januar 2019, s. 48 ff. 131die unterstützungsmission der vereinten nationen in afghanistan (united nations assistance mission in afghanistan – unama –) dokumentierte für das jahr 2018 landesweit insgesamt 10.993 zivile opfer (tote und verletzte). dies bedeutet gegenüber dem jahr 2017 mit 10.459 zivilen opfern einen anstieg um rund 5%. gegenüber dem jahr 2016 mit 11.452 zivilen opfern hat sich die zahl um rund 4% verringert. dabei war im jahr 2018 mit 3.804 getöteten zivilpersonen – gegenüber 3.440 im vorjahr und 3.527 im jahr 2016 – die seit beginn der erhebungen der unama im jahr 2009 bisher größte zahl von todesopfern zu verzeichnen. der großteil der zivilen opfer (63%) ging im jahr 2018 wie in den vorjahren auf angriffe regierungsfeindlicher gruppen zurück, insbesondere auf solche der taliban und des sog. islamischen staates (is), denen jeweils 37% bzw. 20% der angriffe zugerechnet werden. 24% der zivilen opfer des jahres 2018 werden auf kampfhandlungen von pro-regierungstruppen zurückgeführt und 10% auf kreuzfeuer, das keiner einzelnen konfliktpartei zugerechnet werden kann. 132vgl. unama, afghanistan, protection of civilians in armed conflict, annual report 2018, februar 2019, s. 1, 4; dazu: bamf, briefing notes, vom 25. februar 2019, s. 1. 133der im jahr 2018 gegenüber dem vorjahr zu verzeichnende anstieg liegt zum einen in dem verheerendsten bisher von unama registrierten anschlag begründet, bei dem am 27. januar 2018 114 zivilisten getötet und 229 verletzt wurden. zum anderen verzeichnete unama eine vielzahl von anschlägen, die in zusammenhang mit der am 20. und 21. oktober 2018 abgehaltenen parlamentswahl gebracht werden und bei denen insgesamt 1.007 zivilisten zu schaden kamen (226 tote und 781 verletzte). 134vgl. unama, afghanistan, protection of civilians in armed conflict, annual report 2018, februar 2019, s. 3, 26. 135im jahr 2019 meldete unama für das erste quartal gegenüber dem entsprechenden zeitraum der drei vorjahre einen rückgang der opferzahlen, nämlich 1.773 zivile opfer (581 tote und 1.192 verletzte) gegenüber 2.305 opfern (799 tote und 1.506 verletzte) im ersten quartal des jahres 2018, 2.255 opfern (789 tote und 1.469 verletzte) im ersten quartal des jahres 2017 und 2.268 opfern (727 tote und 1.541 verletzte) im ersten quartal 2016. insbesondere die anzahl von selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher gruppen ist zurückgegangen. deren angriffe sind weiterhin für den großteil, nämlich 54% (39% taliban, 12% is, 3% andere), der zivilen opfer verantwortlich, während unama 32% der opferzahlen den kampfhandlungen von pro-regierungstruppen zuschreibt. die ursachen des rückgangs der anschläge im ersten quartal 2019 sind bisher nicht mit gewissheit auszumachen. in betracht kommen nach den feststellungen der unama maßnahmen zum schutz der zivilbevölkerung und fortdauernde gespräche der konfliktparteien ebenso wie der im ersten quartal des jahres 2019 ausgesprochen harte winter. 136vgl. unama, quarterly report on the protection of civilians in armed conflict: 1 january to 31 march 2019, vom 24. april 2019, s. 1 ff. 137trotz der damit für zivilpersonen anhaltend bedrohlichen sicherheitslage ist eine landesweit hinreichend beachtliche wahrscheinlichkeit eines schadenseintritts für zivilpersonen weiterhin nicht festzustellen. unter berücksichtigung einer konservativ geschätzten gesamteinwohnerzahl von 27 millionen menschen, 138vgl. auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan, vom 31. mai 2018, s. 18 f., gegenüber den deutlich darüber liegenden angaben etwa der islamischen republik afghanistan, central statistics organization (31,6 millionen menschen für die jahre 2018/2019), abrufbar unter: http://cso.gov.af/en/page/demography-and-socile-statistics/demograph-statistics/3897111, 139beläuft sich das schädigungsrisiko ausgehend von der durch unama landesweit im jahr 2018 ermittelten zahl der zivilen opfer auf etwa 1:2.500 (0,04%). ausgehend von einer die zahlen für das erste quartal zugrunde legenden hochrechnung für das jahr 2019 beträgt es rund 1:3.800 (0,026%). diese gefahrendichte erreicht nicht annähernd diejenige, die nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts für die gewährung subsidiären schutzes wegen einer ernsthaften individuellen bedrohung des lebens oder der körperlichen unversehrtheit einer zivilperson infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten konflikts (§ 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg) erforderlich wäre. 140vgl. bverwg, urteil vom 17. november 2011 – 10 c 13.10 –, juris, rn. 22 f., wonach jedenfalls ein schädigungsrisiko von etwa 1:800 (= 0,125 %) weit von der schwelle der beachtlichen wahrscheinlichkeit entfernt ist. 141auch eine situation extremer allgemeiner gewalt, die eine erniedrigende behandlung i.s.d. art. 3 emrk begründen könnte, weil eine abgeschobene person bereits allein aufgrund ihrer anwesenheit im zielstaat mit beachtlicher wahrscheinlichkeit gefährdet wäre, vermag ein gefahrengrad, der sich in diesem bereich bewegt, in quantitativer hinsicht nicht zu begründen. 142dabei ist dem senat bewusst, dass anhand dieser zahlen lediglich eine annäherungsweise quantitative risikoermittlung möglich ist, bei der ein unsicherheitsfaktor verbleibt. so ist zu berücksichtigen, dass in den statistiken der unama solche vorfälle unerwähnt bleiben, die nicht von drei unabhängigen, überprüfbaren quellen bestätigt werden, sodass mutmaßlich nicht alle tatsächlichen opfer erfasst werden. auch wenn die opferzahlen, wie von stahlmann eingewendet, etwa bei einem anderen validierungsstandard oder unter erweiterung der opfergruppen höher liegen können, 143vgl. stahlmann, gutachten an das vg wiesbaden vom 28. märz 2018, s. 176 ff., 144rechtfertigt dies keine andere bewertung. die von unama mitgeteilten daten sind methodisch nachvollziehbar ermittelt. sie sind auch deswegen belastbar, weil sie von einer von der internationalen staatengemeinschaft getragenen organisation stammen und somit einer verlässlichen, an internationalen standards orientierten quelle zuzuordnen sind. auch stahlmann schätzt die von unama zusammengestellten daten deshalb trotz der erhobenen bedenken letztlich nicht nur als die methodisch vertrauenswürdigste, sondern auch als die umfänglichste zusammenstellung ziviler opfer ein. 145vgl. stahlmann, gutachten an das vg wiesbaden vom 28. märz 2018, s. 177. 146dass (und weshalb) andere auskunftsquellen methodisch belastbareres datenmaterial hätten, ist nicht ersichtlich. die von acled ermittelten zahlen von todesopfern können der betrachtung schon deshalb nicht zugrunde gelegt werden, weil sie sich nicht auf zivilpersonen beschränken. davon abgesehen weist acled selbst darauf hin, dass ihre methode zu einer übererfassung führen könne. die organisation beziehe ihre information von quellen unterschiedlicher glaubwürdigkeit und versuche, diese zu validieren, wo es möglich sei. damit werden aber auch informationen übernommen, die sich nicht haben bestätigen lassen. 147vgl. acled, methodology and coding decisions around the conflict in afghanistan, vom 10. april 2019, s. 5 und 7; abrufbar unter: https://www.acleddata.com/resources/methodology. 148eine „korrektur" der von unama ausgewiesenen zahlen mit hilfe eines – ohnehin schwierig zu bemessenden – faktors, 149vgl. zu diesem ansatz etwa: niedersächsisches ovg, urteil vom 7. september 2015 – 9 lb 98/13 –, juris, rn. 65, 150hält der senat nicht für angezeigt, 151so auch vgh baden-württemberg, urteil vom 12. oktober 2018 – a 11 s 316/17 –, juris, rn. 133 ff., 152zumal die dunkelziffer jedenfalls für anschläge, die zu einer vielzahl von opfern geführt haben, gering sein dürfte. selbst bei dem erfordernis einer bestätigung durch drei quellen ist eine „nichtmeldung“ bei vorfällen mit vielen opfern eher unwahrscheinlich. 153auch für die stadt kabul als möglichem zielort der abschiebung des klägers ist die gefahrenschwelle in quantitativer hinsicht nicht erreicht. allerdings verzeichnete unama für die provinz kabul im jahr 2018 die landesweit höchste zahl ziviler opfer (1.866, davon 596 tote und 1.270 verletzte) und im vergleich zum vorjahr einen anstieg der opferzahlen um 2%. der ganz überwiegende teil der zivilen opfer (1.686, davon 554 tote und 1.132 verletzte) ging auf selbstmord- und komplexe anschläge in der stadt kabul zurück, die weiterhin einer erheblichen anschlagsdichte ausgesetzt ist. von landesweit 65 selbstmordattentaten und komplexen anschlägen ereigneten sich dort 28. die in kabul verübten angriffe richteten sich hauptsächlich gegen zivilisten, einschließlich der zivilen regierungsverwaltung, religiöse stätten, bildungseinrichtungen und orte, die mit den wahlen im oktober in verbindung standen. 154vgl. unama, afghanistan, protection of civilians in armed conflict, annual report 2018, februar 2019, s. 2, 23. 68. 155diese entwicklung setzt sich fort. auch im ersten quartal 2019 verzeichnete unama in kabul die landesweit größte zahl ziviler opfer. so werden bisher etwa folgende vorfälle berichtet: am 14. januar 2019 tötete eine autobombe im osten der stadt sechs zivilisten und verletzte 140. bei einem mörserangriff des is im westlichen teil kabuls starben am 7. märz 2019 elf zivilisten, 140 wurden verletzt. der anschlag ereignete sich in der nähe einer zeremonie zur ehrung eines bekannten, von den taliban ermordeten hazara- und schiitenführers. bei mehreren explosionen, die sich am 21. märz 2019 während der feierlichkeiten zum persischen neujahrsfest in der nähe eines schiitischen schreins ereigneten und die ebenfalls dem is zugerechnet werden, starben mindestens sechs menschen, 23 wurden verletzt. am 20. april 2019 griffen unbekannte das ministerium für kommunikation an, wobei mindestens sieben zivilisten getötet und drei verletzt wurden. über 2.000 mitarbeiter, die sich in dem gebäude befanden, konnten in sicherheit gebracht werden. auf das angebot eines waffenstillstands während des fastenmonats ramadan gingen die taliban nicht ein. am 8. mai 2019 griffen sie den sitz der nichtregierungsorganisation „counterpart international“ an, wobei drei zivilisten verletzt und 20 getötet wurden. für den 11. und 12. mai 2019 wird jeweils eine bombenexplosion berichtet. während bei der ersten niemand zu schaden kam, wurde bei dem zweiten anschlag eine person verletzt und ein polizeifahrzeug zerstört. bei einem bombenanschlag vor dem freitagsgebet am 24. mai 2019 auf eine moschee im osten kabuls wurden drei menschen getötet, darunter der imam. am 30. mai 2019 wurden durch ein selbstmordattentat, für das der is die verantwortung übernommen hat, sechs personen getötet und 16 weitere verletzt. einen tag darauf wurden bei einem anschlag in der nähe der pädagogischen hochschule mindestens sieben zivilisten verletzt oder getötet. im gleichen zeitraum konnte ein weiterer anschlag im 12. polizeidistrikt der stadt verhindert werden. 156vgl. bamf, briefing notes, vom 3. juni 2019, s. 1, vom 27. mai 2019, s. 1, vom 13. mai 2019, s. 1, vom 29. april 2019, s. 1, vom 25. märz 2019, s. 1, und vom 18. märz 2019, s. 1; unama, quarterly report on the protection of civilians in armed conflict: 1 january to 31 march 2019, vom 24. april 2019, s. 2, 3 f.; accord, allgemeine sicherheitslage in afghanistan und chronologie für kabul, vom 25. märz 2019, s. 25 f. 157den opferzahlen stehen bei ebenfalls konservativer schätzung rund 4 millionen einwohner der stadt kabul gegenüber. 158vgl. auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan, vom 31. mai 2018, s. 19; außerdem easo, key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e-sharif and herat city, april 2019, s. 12 (zwischen 3,5 und 5,5 millionen); islamische republik afghanistan, central statistics organization (4,8 millionen einwohner für die jahre 2018/2019), abrufbar unter http://cso.gov.af/en/page/demography-and-socile-statistics/demograph-statistics/3897111; weit höher dagegen etwa von amnesty international angeführte schätzungen von zwischen 7 und 8 millionen, amnesty international, auskunft vom 5. februar 2018 an das vg wiesbaden, s. 55. 159damit ergibt sich ausgehend von der für die stadt kabul im jahr 2018 ermittelten zahl ziviler opfer von selbstmord- und komplexen anschlägen (1.686) eine gefährdungswahrscheinlichkeit von rund 1:2.370 (0,042%). legt man die für alle anschlagsarten lediglich für die gesamte provinz kabul mitgeteilte opferzahl von 1.866 im jahr 2018 zugrunde, liegt die gefährdungswahrscheinlichkeit bei etwa 1:2.150 (0,047%). damit ist eine situation extremer allgemeiner gewalt, in der eine abgeschobene person bereits allein aufgrund ihrer anwesenheit in afghanistan mit beachtlicher wahrscheinlichkeit gefährdet wäre, i.s.d. art. 3 emrk in quantitativer hinsicht nicht erreicht. 160auch in der stadt herat als alternativem zielort für die abschiebung des klägers ist die gefahrenschwelle in quantitativer hinsicht derzeit nicht erreicht. herat wird als eine der friedlichen provinzen gewertet, wenngleich aufständische in einigen distrikten, insbesondere in shindand, kushk, chisht-i-sharif und gulran, vermehrt aktiv sind. 161vgl. republik österreich, bundesamt der staatendokumentation, länderinformationsblatt afghanistan vom 31. januar 2019, s. 128. 162zudem werden – wie in kabul – auch in der stadt herat etwa seit dem jahr 2016 verstärkt anschläge gegen schiitische gebetsstätten verzeichnet, die vor allem, wenn auch nicht allein dem is zugerechnet werden. 163vgl. afghanistan analyst network, speculation abounding: trying to make sense of the attacks against shias in herat, 3. februar 2019; republik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt der staatendokumentation, vom 31. januar 2019, s. 55; auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan, vom 31. mai 2018, s. 10. 164insgesamt verzeichnete unama im jahr 2018 für die provinz herat 259 zivile opfer (95 tote und 122 verletzte) und damit im vergleich zum vorjahr einen rückgang der opferzahlen um 48%. komplexe (nicht selbstmord-)anschläge seien die häufigste ursache gewesen, gefolgt von bodenkämpfen und gezielten tötungen. 165vgl. unama, afghanistan, protection of civilians in armed conflict, annual report 2018, februar 2019, s. 68. 166aus der stadt herat werden (ohne angabe absoluter opferzahlen) für das jahr 2018 insbesondere folgende vorfälle berichtet: am 25. märz 2018 tötete ein dem is zugeschriebener selbstmordanschlag auf eine schiitische moschee eine person und verletzte bis zu 14 menschen. am 9. august 2018 forderte eine in der nähe des fahrzeugs eines früheren polizeikommandanten explodierte bombe mindestens 16 opfer (vier tote, zwölf verletzte, darunter der kommandant). am 5. september 2018 wurden durch zwei explosionen im zentrum von herat city mindestens sechs personen verletzt, darunter zwei verkehrspolizisten. ende august wurden am selben ort zwei personen getötet. am 21. september 2018 konnten polizei und sicherheitsdienst einen anschlag auf eine schiitische moschee verhindern und zwei verdächtige festnehmen. am 4. oktober 2018 verletzte ein auf ein polizeifahrzeug zielender angriff zehn personen. 167vgl. afghanistan analysts network, speculation abounding: trying to make sense of the attacks against shias in herat city, vom 3. februar 2019; accord: afghanistan: entwicklung der wirtschaftlichen situation, der versorgungs- und sicherheitslage in herat, mazar-e-sharif (provinz balkh) und kabul 2010-2018, vom 7. dezember 2018, s. 203 ff.; auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan, vom 31. mai 2018, s. 10. 168den opferzahlen des jahres 2018 stehen für den zeitraum 2017/2018 geschätzte einwohnerzahlen von etwa 1,9 millionen für die provinz herat und rund 507.000 für herat city gegenüber. 169vgl. easo, afghanistan: key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e-sharif and herat city, april 2019, s. 13; republik österreich, bundesamt der staatendokumentation, länderinformationsblatt afghanistan vom 31. januar 2019, s. 128; accord, afghanistan, entwicklung der wirtschaftlichen situation, der versorgungs- und sicherheitslage in herat , mazar-e-sharif (provinz balkh) und kabul 2010-2018, s. 5. 170dies zugrunde gelegt lag die wahrscheinlichkeit, in der provinz herat opfer der dort allgemein herrschenden gewalt zu werden für zivilpersonen bei etwa 0,014%. für die stadt herat blieb die wahrscheinlichkeit selbst bei berücksichtigung aller in der provinz verzeichneten opfer unter 1:1.950 (0,051%). 171seit beginn des jahres 2019 wurden insbesondere folgende vorfälle berichtet: am 7. januar 2019 konnten sicherheitskräfte einen anschlag auf eine moschee im distrikt adraskan in der provinz herat verhindern. am 12. januar 2019 wurde über einen angriff bewaffneter personen auf eine polizeiwache in herat -city berichtet, bei der zwei polizisten und drei zivilisten getötet sowie vier weitere personen verletzt wurden. 172vgl. bamf, briefing notes, vom 14. januar 2019, s. 1. 173damit setzt sich die gefährdungslage fort. eine wesentliche änderung, die in quantitativer hinsicht eine überschreitung des rechtlich erheblichen gefährdungsgrads zur folge haben könnte, ist nach der derzeitigen erkenntnislage indes nicht ersichtlich. 174bei wertender gesamtbetrachtung unter berücksichtigung der vom europäischen gerichtshof für menschenrechte zur beurteilung der allgemeinen sicherheitslage herangezogenen kriterien im übrigen, 175vgl. egmr, urteil vom 28. juni 2011 – nr. 8319/07 und 11449/07, sufi und elmi ./. vereinigtes königreich –, rn. 241, 248, 176ergibt sich nicht, dass das ausmaß der gewalt insbesondere in kabul und herat so intensiv ist, dass für jeden dort anwesenden die gefahr einer behandlung besteht, welche die schwelle des art. 3 emrk erreicht. 177dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich eine medizinische erstversorgung der zivilen opfer ebenso wie gegebenenfalls erforderliche nachbehandlungen nach der derzeitigen erkenntnislage als grundsätzlich möglich erweisen. in ländlichen gegenden afghanistans soll die staatliche gesundheitsversorgung auf drei ebenen gewährleistet werden – nämlich lokal auf gemeinde- und dorfebene, in grundversorgungs-, gesundheitszentren und bezirkskrankenhäusern auf bezirksebene sowie durch provinz- und regionalkrankenhäuser –, jedoch bleibt es vielfach schwierig, diese einrichtungen überhaupt zu erreichen. in den städten übernehmen allgemeine und spezialisierte krankenhäuser die versorgung. die staatliche medizinische grundversorgung ist kostenlos. allerdings ist es nicht unüblich, dass patienten ärzte und medizinisches personal bestechen, um eine bestimmte oder schnellere behandlung zu erhalten. daneben gibt es in den größeren städten privatkliniken, deren behandlungskosten variieren. verfügbarkeit und qualität der behandlung sind durch den mangel an gut ausgebildeten ärzten und medizinischem assistenzpersonal, engpässe in der medikamentenversorgung, schlechtes management und infrastrukturelle missstände begrenzt. auch anschläge und anschlagsdrohungen regierungsfeindlicher kräfte auf medizinische einrichtungen beeinträchtigen die versorgungslage. 178vgl. easo, afghanistan, key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e-sharif city and herat city, april 2019, s. 44 ff.; unama, afghanistan: protection of civilians in armed conflict, annual report 2018, februar 2019, s. 16; republik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt afghanistan, vom 31. januar 2019, s. 347 ff.; medcoi, country fact sheet, access to healthcare: afghanistan, december 2018, s. 21 ff. 179dennoch steht jedenfalls in den städten ein grundsätzlich ausreichendes netz von krankenhäusern zur verfügung, die die grundversorgung gewährleisten. medizinische notfälle können im allgemeinen versorgt werden, auch wenn sich die versorgung der opfer von anschlägen häufig auf amputationen beschränkt und viele der überlebenden physisch und psychisch bleibende schäden zurückbehalten. 180vgl. republik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, länderinformationsblatt afghanistan, vom 31. januar 2019, s. 349; schweizerische flüchtlingshilfe, afghanistan: gefährdungsprofile, vom 12. september 2018, s. 18; auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan, vom 31. mai 2019, s. 27. 181gerade in kabul stellt sich die versorgungslage allerdings besser dar als in anderen regionen. die anzahl der medizinischen zentren, die umfassende leistungen anbieten, ist nach vom austrian centre für country of origin and asylum research and documentation (accord) wiedergegebenen angaben der nationalen statistikbehörde von 40 im jahr 2010/2011 auf 52 im jahr 2017/2018 gestiegen. die stadt verfügt außerdem über kliniken, die – in eingeschränktem maße – spezialisierte behandlungen u.a. auf den gebieten der inneren medizin, der allgemein- und der rekonstruktionschirurgie ermöglichen können. insgesamt 47 einrichtungen erhalten im rahmen des „kabul urban health projects“ neben staatlicher auch internationale unterstützung. 182vgl. accord, entwicklung der wirtschaftlichen situation, der versorgungs- und der sicherheitslage in herat , mazar-e-sharif (provinz balkh) und kabul 2010-2018, vom 7. dezember 2018, s. 113; vgl. außerdem: easo, afghanistan, key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e-sharif city and herat city, april 2019, s. 50 f., und key socio-economic indicators, state protection and mobility in kabul city, mazar-e-sharif city and herat city, august 2017, s. 56; niedersächsisches ovg, urteil vom 29. januar 2019 – 9 lb 93/18 –, juris, rn. 80; zur behandelbarkeit einzelner erkrankungen sowie zur verfügbarkeit bestimmter medikamente: medcoi, country fact sheet, access to healthcare: afghanistan, december 2018, s. 40 ff. 183auch in herat ist die medizinische versorgung besser als in anderen landesteilen. nach den von accord berichteten angaben der nationalen statistikbehörde gibt es seit dem jahr 2017/2018 28 medizinische zentren, die umfassende versorgung anbieten. auch spezialisierte behandlungen, darunter psychologische und psychiatrische therapien, sind nach medcoi-informationen möglich. neben vier öffentlichen gibt es eine vielzahl privater apotheken. aufgrund der hohen zahl von binnenflüchtlingen und rückkehrern, die die region verzeichnet, wird von einer erheblichen überbelegung medizinischer einrichtungen – etwa einer auslastung des regional pediatric hospital von 150% – berichtet, ohne ihnen allerdings die grundsätzliche leistungsfähigkeit abzusprechen. 184vgl. accord, entwicklung der wirtschaftlichen situation, der versorgungs- und der sicherheits-lage in herat , mazar-e-sharif (provinz balkh) und kabul 2010-2018, vom 7. dezember 2018, s. 57; medcoi, country fact sheet, access to health-care: afghanistan, december 2018, s. 40 ff.; vgl. außerdem: easo, afghanistan, key socio-eco-nomic indicators, focus on kabul city, mazar-e-sharif city and herat city, april 2019, s. 51, und key socio-economic indicators, state protection and mobility in kabul city, mazar-e-sharif city and herat city, august 2017, s. 57 f. 185zudem ist in die gesamtbetrachtung einzubeziehen, dass weder aus kabul noch aus der stadt herat konfliktbedingte vertreibungen oder (binnen-)flüchtlingsbewegungen berichtet werden, die auf eine dort ganz außergewöhnliche gefahrenlage schließen lassen würden. im gegenteil bleiben beide städte weiterhin hauptziel der zahlreichen binnenflüchtlinge und rückkehrer. 186vgl. für kabul: easo, afghanistan: key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e-sharif city and herat city, april 2019, s. 14; accord, afghanistan: entwicklung der wirtschaftlichen situation, der versorgungs- und sicherheitslage in herat , mazar-e-sharif (provinz balkh) und kabul 2010-2018, vom 7. dezember 2018, s. 7; islamic republic of afghanistan, central statistics office, afghanistan living conditions survey 2016-17, s. 38 f.; vgl. auch niedersächsisches ovg, urteil vom 29. januar 2019 – 9 lb 93/17 –, juris, rn. 79; vgl. für herat : easo, afghanistan, key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e-sharif city and herat city, april 2019, s. 15; accord, entwicklung der wirtschaftlichen situation, der versorgungs- und der sicherheitslage in herat , mazar-e-sharif (provinz balkh) und kabul 2010-2018, vom 7. dezember 2018, s. 18; easo, key socio-economic indicators, state protection and mobility in kabul city, mazar-e-sharif city and herat city, august 2017, s. 18. 187im übrigen geht das bundesverwaltungsgericht für die gewährung subsidiären schutzes nach § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg davon aus, dass sich in der gesamtbetrachtung selbst eine nicht hinreichende erreichbarkeit medizinischer versorgung oder eine nicht unerhebliche zahl von binnenflüchtlingen im ergebnis nicht auszuwirken vermöchten, solange die in quantitativer hinsicht erforderliche gefahrenschwelle nicht annähernd erreicht ist. 188vgl. bverwg, beschluss vom 17. november 2011 – 10 c 13.10 –, juris, rn. 23. 189angesichts der hohen anforderungen, die der europäische gerichtshof für menschenrechte an eine situation extremer allgemeiner gewalt stellt, die geeignet ist, eine erniedrigende behandlung i.s.d. art. 3 emrk zu begründen, kann nach art. 60 abs. 5 aufenthg i.v.m. art. 3 emrk nichts anderes gelten. 190eine andere bewertung der allgemeinen sicherheitslage ergibt sich im rahmen des art. 3 emrk auch nicht daraus, dass der hohe flüchtlingskommissar der vereinten nationen (unhcr) in seinen richtlinien zur feststellung des internationalen schutzbedarfs afghanischer asylsuchender vom 30. august 2018 – in abkehr von der vorangegangenen fassung aus dem jahr 2016 – zu dem schluss kommt, dass das ballungszentrum kabul angesichts der derzeitigen sicherheitslage als interne schutzalternative grundsätzlich nicht (mehr) in betracht komme. 191vgl. unhcr, richtlinien zur feststellung des internationalen schutzbedarfs afghanischer asylsuchender, vom 30. august 2018, s. 129. 192diese einschätzung des unhcr beruht auf von ihm selbst definierten maßstäben, die sich von dem im rahmen des § 60 abs. 5 aufenthg i.v.m. art. 3 emrk maßgeblichen rechtlichen maßstab unterscheiden. so setzt der unhcr nach seinem leitfaden voraus, dass der betroffene am fraglichen ort frei von gefahr und risiko für leib und leben auf dauer leben können muss. 193vgl. unhcr, leitfaden zur prüfung einer innerstaatlichen schutzalternative in afghanistan, november 2018, s. 1, 6. 194mit dem erfordernis eines lebens frei von gefahr und risiko stellt er andere anforderungen als § 60 abs. 5 aufenthg i.v.m. art. 3 emrk, nach dessen maßstab eine allgemeine situation der gewalt, auch wenn sie eine gefahr für leib und leben begründet, einer abschiebung nur in äußerst extremen fällen entgegensteht, in denen schon die bloße anwesenheit der person mit beachtlicher wahrscheinlichkeit die tatsächliche gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung begründet. 195vgl. niedersächsisches ovg, urteil vom 29. januar 2019 – 9 lb 93/18 –, juris, rn. 114. 196bb) individuelle gefahrerhöhende umstände, die mit blick auf die sicherheit des klägers mit beachtlicher wahrscheinlichkeit eine erniedrigende behandlung i.s.d. art. 3 emrk begründen könnten, liegen nicht vor. sie ergeben sich insbesondere – wie ausgeführt – nicht daraus, dass der kläger sich in deutschland dem formalen akt der taufe unterzogen hat. 197bb) eine erniedrigende behandlung i.s.d. art. 3 emrk droht dem kläger auch nicht aufgrund der ihn in der stadt kabul oder der stadt herat erwartenden humanitären verhältnisse. 198der europäische gerichtshof für menschenrechte hat eine extreme gefahrenlage, bei der sich die humanitären gründe gegen eine ausweisung als zwingend erweisen, in anbetracht der in afghanistan, speziell in kabul, herrschenden allgemeinen lebensverhältnisse bisher nicht feststellen können. 199vgl. egmr, urteile vom 29. januar 2013 – 60367/10, s. h. h. / vereinigtes königreich – rn. 89 ff., und vom 13. oktober 2011 – 10611/09, husseini / schweden –, rn. 83 ff. 200nach den dem senat vorliegenden erkenntnissen besteht eine solche extreme gefahrenlage in afghanistan insgesamt sowie in kabul und herat als möglichen zielorten der abschiebung des klägers für die personengruppe der alleinstehenden, gesunden und arbeitsfähigen jungen männer auch derzeit nicht, sofern nicht besondere, individuell erschwerende umstände hinzukommen. dies gilt selbst dann, wenn diese kein nennenswertes vermögen und keine berufsausbildung haben, am zielort über kein familiäres netzwerk verfügen und im iran aufgewachsen sind. 201siehe so (zur jeweiligen erkenntnislage) auch niedersächsisches ovg, urteil vom 29. januar 2019 – 9 lb 93/18 –, juris, rn. 94; bayerischer vgh, urteil vom 8. november 2018 – 13a b 17.31960 –, juris, rn. 42, 52; vgh baden-württemberg, urteil vom 12. oktober 2018 – a 11 s 316/17 –, juris, rn. 392, 435 f. m.w.n. 202(1) die humanitäre lage in afghanistan ist weiterhin prekär. afghanistan bleibt eines der ärmsten länder der welt. auf der skala des human development index der vereinten nationen hatte es im jahr 2016 rang 169, im jahr 2018 rang 168 von 188 inne. 203vgl. united nations development programme, human development index 2018 und human development index 2016, abrufbar unter: http://hdr.undp.org. 204das amt der vereinten nationen für die koordinierung humanitärer angelegenheiten (united nations office for the coordination of humanitarian affairs – unocha –) schätzt die zahl derer, die im jahr 2019 humanitärer hilfe bedürfen werden, auf 6,3 millionen und verzeichnet damit eine weitere verschlechterung der versorgungslage. zu dieser entwicklung hat besonders die schwere dürre beigetragen, die im jahr 2018 landesweit rund zwei drittel der afghanischen bevölkerung und besonders die provinzen badghis, daykundi, herat und ghor betroffen hat. 205vgl. unocha, humanitarian bulletin, afghanistan, issue 79, 1 october – 31 december 2018, vom 31. dezember 2018, s. 1, und issue 78, 1july – 30 september 2018, vom 30. september 2018, s. 1, und humanitarian needs overview 2018, dezember 2017, s. 24. 206das bundesamt geht aufgrund von informationen der organisation „famine early warning system network“ davon aus, dass die folgen der dürre und der daraus resultierenden schlechten marktlage für saisonarbeiter in der landwirtschaft sich auch im jahr 2019 noch negativ auf die versorgungslage auswirken werden. 207vgl. bamf, briefing notes, vom 11. märz 2019, s. 1. 208im jahr 2018 waren nach angaben von unocha 13,5 millionen afghanen – 6 millionen mehr als im vorjahr – von verschiedenen graden der nahrungsmittelunsicherheit betroffen oder bedroht. schwerwiegende nahrungsmittelunsicherheit habe 3,6 millionen – gegenüber 1,9 millionen im vorjahr – betroffen. 209vgl. unocha, humanitarian bulletin, afghanistan, issue 79, 1 october – 31 december 2018, s. 1, issue 78, 1 july – 30 september 2018, s. 1, und humanitarian needs overview 2018, dezember 2017, s. 24; zur entwicklung in den größeren städten von 2011 bis 2018 im einzel-nen: accord, afghanistan: entwicklung der wirtschaftlichen situation, der versorgungs- und sicherheitslage in herat , mazar-e-sharif (provinz balkh) und kabul 2010-2018, vom 7. dezember 2018, s. 26 ff. 210in besonderem maße sind ihr die bewohner informeller siedlungen ausgesetzt. nach einer im jahr 2017 in 56 informellen siedlungen kabuls durchgeführten erhebung litten unter schwerwiegender nahrungsmittelunsicherheit 62% der dortigen haushalte binnenvertriebener und 46% der dortigen haushalte aus dem ausland zurückgekehrter personen. 211vgl. reach, informal settlement food security assessment, initial findings, 28. februar 2017, s. 18; dazu auch: vgh baden-württemberg, urteil vom 12. oktober 2018 – a 11 s 316/17 –, juris, rn. 268 f. m.w.n. 212nach den im mai 2018 im „afghanistan living conditions survey 2016-17“ veröffentlichten erhebungen der afghanischen regierung ist der anteil der afghanen, die unterhalb der nationalen armutsgrenze leben, von 38,3% in den jahren 2011/ 2012 auf 54,4% in den jahren 2016/2017 angestiegen. dabei wurde die armuts-grenze für den zeitraum 2016/2017 bei einem einkommen von 2.064,00 afghani pro person und monat (ca. 26,00 us-$ oder 23,00 €) angesetzt. die städtische bevölkerung ist von armut grundsätzlich in geringerem maße betroffen als die ländliche. ein erheblicher faktor ist auch die haushaltsgröße: während ein drittel der ein-bis-fünf-personen-haushalte in den jahren 2016/2017 nach der genann-ten definition in armut lebte, waren es bei haushalten mit acht oder mehr personen rund 60%. 213vgl. islamic republic of afghanistan, central statistics office, afghanistan living conditions survey 2016-17, s. 99 ff., 108 f., 110 ff., wiedergegeben etwa von easo, afghanistan: key socio-economic factors: focus on kabul, mazar-e-sharif and herat city, april 2019, s. 34, der schweizerischen flüchtlingshilfe, afghanistan: gefährdungsprofile, vom 12. september 2018, s.15 f., der weltbank, afghanistan development update, august 2018, s. 5 f., und der asia foundation, a survey of afghan people, 2018, s. 67 f. 214das durchschnittliche monatseinkommen wird mit umgerechnet 80,00 bis 120,00 us-$ (ca. 70,00 bis 105,00 €) und etwa 95,00 us-$ (ca. 85,00 €) für nicht dauerhaft beschäftige arbeitskräfte angegeben. 215vgl. easo, country of origin information report: afghanistan – key socio-economic indicators, state protection and mobility in kabul city, mazar-e-sharif city, and herat city, august 2017, s. 23 f.; iom, country fact sheet afghanistan, 2018, s. 5. 216der durchschnittliche tageslohn einer unausgebildeten, nicht im landwirtschaftlichen bereich tätigen arbeitskraft wird für das jahr 2018 mit rund 300,00 afghani (ca. 3,50 €) in kabul und 250,00 afghani (ca. 2,85 €) in herat beziffert. 217vgl. accord, afghanistan: entwicklung der wirtschaftlichen situation, der versorgungs- und sicherheitslage in herat , mazar-e-sharif (provinz balkh) und kabul 2010-2018, vom 7. dezember 2018, s. 165, 163; easo, country of origin information report – afghanistan: networks, januar 2018, s. 28. 218dem stehen in den städten allgemein und in kabul im besonderen verhältnismäßig hohe lebenshaltungskosten gegenüber. für die stadt kabul werden sie – jeweils ohne unterbringungs- bzw. mietkosten (dazu sogleich) – für eine alleinstehende person mit durchschnittlich 100,00 bis 150,00 € und für familien mit durchschnittlich 250,00 bis 600,00 € pro monat angegeben. 219vgl. bamf/iom/zirf, zirf-anfrage wohnraumsituation i: lebenshaltungskosten in kabul für alleinstehenden mann, und zirf-anfrage wohnraumsituation ii: lebenshaltungskosten in kabul für familie bestehend aus vater und drei kindern, jeweils vom 9. mai 2017. 220die lebenssituation in den städten ist zudem geprägt von der angespannten situation sowohl auf dem wohnungs- als auch auf dem arbeitsmarkt. 221zwar steht in den städten grundsätzlich wohnraum – auch auf einem gehobenen niveau – zur verfügung. für kabul wird die durchschnittliche miete für ein 1-zimmer-apartment mit küche und badezimmer mit 160,00 bis 180,00 € zuzüglich nebenkosten in höhe von 20,00 bis 25,00 € im monat, für eine 3-zimmer-wohnung mit etwa 300,00 € zuzüglich nebenkosten in höhe von etwa 30,00 € angegeben. um eine wohnung anzumieten, kann es erforderlich sein, einen bürgen beizubringen und/oder bis zu sechs monatsmieten als kaution zu stellen. 222vgl. easo, country guidance afghanistan, juni 2018, s. 104; bamf/iom/zirf, zirf-anfrage wohnraumsituation i: lebenshaltungskosten in kabul für alleinstehenden mann, und zirf-anfrage wohnraumsituation ii: lebenshaltungskosten in kabul für familie bestehend aus vater und drei kindern, jeweils vom 9. mai 2017; stahlmann, gutachten für das vg wiesbaden, vom 28. märz 2018, s. 244; un habitat/islamic republic afghanistan, afghanistan housing profile, mai 2017, s. 46 ff. 223für einen großteil der bevölkerung erweisen sich solche mietkosten als nicht bezahlbar. dies spiegeln die ergebnisse des „afghanistan living conditions survey 2016-17“ wider, wonach im erfassungszeitraum 44% der städtischen bevölkerung in überbelegtem wohnraum mit durchschnittlich 3 personen pro zimmer und 72,4% in informellen siedlungen oder slums lebten. 224vgl. islamic republic of afghanistan, central statistics office, afghanistan living conditions survey 2016-17, s. 207; un habitat/islamic republic afghanistan, afghanistan housing profile, mai 2017, s. 46 ff. 225für diese siedlungen wird die durchschnittliche haushaltsgröße mit 8 personen und die belegungsdichte der dortigen unterkünfte mit 5,2 personen pro raum angegeben. 226vgl. reach, informal settlement food security assessment afghanistan, januar 2017, s. 2, 16. 227gerade für die bewohner dieser informellen siedlungen und slums ist ein zugang zu grundlegender infrastruktur nicht gewährleistet. landesweit haben 56,5% der städtischen bevölkerung – gegenüber 38,3% auf dem land und 41,4% der gesamtbevölkerung – zugang zu sanitärer grundversorgung. als erheblich über dem landesdurchschnitt wird die quote bezogen auf das jahr 2016 für die stadt herat angegeben, nämlich mit 92,1%. zugang zu sicher verwaltetem trinkwasser haben in den städten 75,3% (81,2% in herat ), auf dem land 25% und insgesamt 36% der bevölkerung. 228vgl. islamic republic of afghanistan, central statistics office, afghanistan living conditions survey 2016-17, s. 207, 226, und final report of herat socio-demographic and economic survey, vom 7. märz 2017, s. 87; easo, afghanistan, key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e-sharif city and herat city, april 2019, s. 56 ff.; accord, afghanistan: entwicklung der wirtschaftlichen situation, der versorgungs- und sicherheitslage in herat , mazar-e-sharif (provinz balkh) und kabul 2010-2018, vom 7. dezember 2018, s. 31 f. 229die schaffung von arbeitsplätzen bleibt eine zentrale herausforderung. die arbeitslosenquote wird als steigend, wenn auch je nach quelle und erfassungsweise unterschiedlich angegeben. für das jahr 2014 wird etwa teils ein arbeitslosenanteil von landesweit rund 9 bis 24% genannt, teils – unter berücksichtigung nicht nur un-, sondern auch unterbeschäftigter personen – eine quote nicht erwerbstätiger von 40% bestimmt. 230vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 12. oktober 2018 – a 11 s 316/17 –, juris, rn. 227 f.; easo, country of origin information report afghanistan – key socio-economic indicators, state protection, and mobility in kabul city, mazar-e-sharif, and herat city, august 2017, s. 21, jeweils m.w.n. 231nach angabe des auswärtigen amtes stieg die arbeitslosenquote von 2008 bis 2015 von 25 auf 40% und auch für das jahr 2016 wird eine arbeitslosenquote von bis zu 40% genannt. 232vgl. auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan, vom 31. mai 2018, s. 25, und vom 19. oktober 2016, s. 21; easo, country of origin information report afghanistan - key socio-economic indicators, state protection, and mobility in kabul city, mazar-e-sharif, and herat city, august 2017, s. 21. 233der „afghanistan living conditions survey 2016-17“ weist für den untersuchungszeitraum einen steigenden arbeitslosenanteil aus, wobei als arbeitslos personen mit einer wochenarbeitszeit von acht oder weniger stunden erfasst wurden. nach dieser definition wird die quote für den zeitraum 2016/2017 mit 23,9% – gegenüber 22,6% in den jahren 2013/2014 – angegeben. für erwerbsfähige männer habe sie sich auf 18,4% und für erwerbsfähige frauen, die ein drittel der erwerbsfähigen bevölkerung ausmachten, auf 41% belaufen. die gruppe der 15- bis 24-jährigen sei mit 31% insgesamt und 47,4% bei frauen überproportional betroffen gewesen. städtische regionen hätten eine höhere arbeitslosenquote aufgewiesen als ländliche. weitere 20,5% der erwerbsfähigen bevölkerung seien mit einer wochenarbeitszeit von weniger als 40 stunden unterbeschäftigt gewesen. 234vgl. islamic republic of afghanistan, central statistics office, afghanistan living conditions survey 2016-17, s. 99 ff., 108 f., 110 ff.; wiedergegeben etwa von: easo, afghanistan: key socio-economic factors: focus on kabul, mazar-e-sharif and herat city, april 2019, s. 27; schweizerische flüchtlingshilfe, afghanistan: gefährdungsprofile, vom 12. september 2018, s.15; weltbank, afghanistan development update, august 2018, s. 6; asia foundation, a survey of afghan people, 2018, s. 73 f. 235studien zufolge wird arbeit vielfach nicht nach qualifikation, sondern traditionell aufgrund persönlicher beziehungen oder empfehlungen insbesondere an verwandte und bekannte vergeben. 236vgl. easo, country of origin information report – afghanistan: networks, s. 27 f., februar 2018, und key socio-economic indicators, state protection and mobility in kabul city, mazar-e-sharif city and herat city, august 2017, s. 67 f., jeweils m.w.n.; vgl. zur bedeutung sozialer netzwerke auch stahlmann, gutachten für das vg wiesbaden, vom 28. märz 2013, s. 204 ff. 237eine staatliche arbeitsvermittlung gibt es nicht. allerdings werden freie stellen im öffentlichen sektor vom „general directorate of civil services management“ der „independent administrative reform and civil service commission“ (auch online unter www.iarcsc.com) bekannt gemacht. unterstützung für arbeitssuchende bietet insbesondere die nichtregierungsorganisation acbar (agency coordinating body for afghan relief) an. über ihre website (www.acbar.org/jobs) besteht die möglichkeit, sich für bei ihr gemeldete freie jobs zu bewerben. zudem gibt es in den städten auf einzelne stadtteile verteilt treffpunkte, an denen arbeitssuchende und „arbeitgeber“ früh morgens zusammenkommen, um vereinbarungen über – in der regel ungelernte – arbeit für den tag oder einen anderen begrenzten zeitraum zu treffen. 238vgl. republik österreich, bundesamt für fremdenwesen und asyl, fact finding mission report afghanistan, april 2018, s. 48 f.; easo, country of origin information report – afghanistan: networks, s. 27 f., februar 2018, und key socio-economic indicators, state protection and mobility in kabul city, mazar-e-sharif city and herat city, august 2017, s. 67 f.; iom, country fact sheet afghanistan 2018, s. 6. 239die lage auf dem wohnungs- und arbeitsmarkt wird durch die anhaltenden migrationsbewegungen – die vor allem in den städten weiterhin in erheblicher zahl eintreffenden binnenflüchtlinge und rückkehrer aus dem ausland – verschärft. nach den vorliegenden erkenntnissen wird es in ganz afghanistan bis ende des jahres 2019 gut 3,5 millionen binnenflüchtlinge geben. bereits im jahr 2015 ging das auswärtige amt von landesweit mindestens 1,1 millionen binnenflüchtlingen aus, zu denen im jahr 2016 rund 670.000 hinzugekommen seien. für die jahre 2017 und 2018 gibt unocha die zahl der durch konflikthandlungen und naturkatastrophen binnenvertriebenen mit 521.000 bzw. 668.000 an. für 2019 werden erneut rund 500.000 binnenvertriebene prognostiziert. 240vgl. unocha, humanitarian bulletin, afghanistan, issue 80, 1 january – 31 märz 2019, vom 31. märz 2019, s. 2; auswärtiges amt, lagebeurteilung für afghanistan nach dem anschlag vom 31. mai 2017, juli 2017, s. 10, und bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan, vom 19. oktober 2016, s. 21. 241im jahr 2016 wurde mit etwa einer million menschen die bisher größte zahl von rückkehrern aus dem ausland – insbesondere aus pakistan und dem iran – verzeichnet. für das jahr 2017 gehen das auswärtige amt und unocha von insgesamt rund 600.000 solcher rückkehrer aus. die zahl der im jahr 2018 zurückgekehrten schätzt unocha auf rund 800.000. für 2019 werden etwa 600.000 rückkehrer prognostiziert. 242vgl. unocha, humanitarian bulletin, afghanistan, issue 80, 1 january – 31 märz 2019, vom 31. märz 2019, s. 3; auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan, vom 31. mai 2018, s. 28. 243die provinz und vor allem die stadt kabul sind hauptziel der migrationsbewegungen. die zahl der einwohner, die im ausland oder an anderen orten innerhalb afghanistans geboren sind, wird mit 1,6 millionen oder etwa einem drittel der bevölkerung angegeben. gerade die binnenflüchtlinge leben zumeist in den informellen siedlungen der stadt. 244vgl. easo, afghanistan: key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e-sharif city and herat city, april 2019, s. 14; islamic republic of afghanistan, central statistics office, afghanistan living conditions survey 2016-17, s. 38 f. 245auch die stadt herat ist besonders betroffen. fast die hälfte der einwohner sind rückkehrer, insbesondere aus dem nahen iran, oder binnenflüchtlinge, die in erster linie aus anderen orten der provinz stammen. allein die dürre des jahres 2018 trieb etwa 60.000 personen in die stadt, von denen viele nur behelfsmäßig unterkamen. 246vgl. easo, afghanistan: key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e-sharif city and herat city, april 2019, s. 16; islamic republic of afghanistan, central statistics office, final report of herat socio-demographic and economic survey, vom 7. märz 2017, s. 29. 247für rückkehrer aus dem westlichen ausland kann der zugang zum wohnungs- und arbeitsmarkt mit besonderen schwierigkeiten verbunden sein, da sie aufgrund gesellschaftlicher wahrnehmungen benachteiligungen erfahren können. 248so besteht etwa die verbreitete annahme, zurückkehrende hätten in europa die eigenen religiösen und kulturellen werte missachtet und sich dem westlichen lebensstil angepasst. hinzu kommt die annahme, nicht freiwillig zurückkehrende seien in europa trotz der dort vielfältigen möglichkeiten gescheitert und/oder müssten gar eine selbst im vermeintlich regellosen europa schwere straftat begangen haben. 249vgl. vereinigtes königreich, country policy and information note, afghanistan: afghans perceived as „westernised“, januar 2018, s. 12 f., 14 f.; asylos, afghanistan: situation of young male „wersternised“ returnees to kabul, august 2017,s. 35 f. 250andererseits können rückkehrer aus dem westlichen ausland anders als die übrige bevölkerung für eine übergangszeit unterstützmaßnahmen in anspruch nehmen. zwar bietet die international organisation of migration (iom) rückkehrern seit april 2019 nicht mehr die möglichkeit, für bis zu zwei wochen unentgeltlich – zuletzt im spinzar hotel – unterzukommen. nach vom bundesamt wiedergegebenen informationen des europäischen auswärtigen dienstes wurde das angebot lediglich von einer geringen anzahl von zurückgeführten in anspruch genommen. stattdessen können zurückgeführte nun eine barzahlung von umgerechnet 150,00 € und informationen auch über hotels und unterkünfte erhalten. 251vgl. bamf, briefing notes, vom 20. mai 2019, s. 1. 252iom bietet rückkehrern aus deutschland in zusammenarbeit mit der bundesregierung über die programme „reintegration and emigration programme for asylum-seekers in germany“ (reag) und „government assisted repatriation programme“ (garp) aber fernerhin auch weitergehende unterstützung in form von geldleistungen an, die die reisekosten, 200,00 € für bedürfnisse während der reise, eine einmalige starthilfe von 1.000,00 € pro volljähriger und 500,00 € pro minderjähriger person, sowie im bedarfsfall die kosten einer medizinischen (anschluss-)versorgung in höhe von bis zu 2.000,00 € umfasst. 253siehe die informationen des bamf und der iom unter https://www.returningfromgermany.de/de/ programmes/reag-garp; auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan, vom 31. mai 2018, s. 26. 254seit januar 2019 können personen, die mithilfe des reag/garp-programms ausreisen, durch das starthilfeplus-programm der bundesregierung sechs bis acht monate nach rückkehr eine ergänzende reintegrationsunterstützung in form einer weiteren geldleistung („zweite rate“) erhalten. 255vgl. https://www.returningfromgermany.de/de/programmes/ergaenzende-reintegrationsunterstuetzung-im-zielland-bei-einer-freiwilligen-rueckkehr-mit-reag-garp. 256das european return and reintegration network (errin), ein überwiegend von der europäischen union finanziertes rückkehr- und reintegrationsprogramm europäischer staaten unter der leitung der niederlande, bietet in zusammenarbeit mit der organisation irara (international returns & reintegration service) und dem afghanistan centre for excellence freiwillig und zwangsweise zurückgekehrten – gegebenenfalls auch kumulativ zu den leistungen des reag/ garp-programms – beratung und sachleistungen an, etwa den empfang am flughafen, unterstützung bei der weiterreise im land, die vermittlung dringender ärztlicher versorgung und unterbringung für etwa eine woche. daneben kann eine beratung in sozialen, medizinischen und rechtlichen angelegenheiten und unterstützung bei der suche nach wohnung und arbeit oder bei der existenz-gründung in anspruch genommen werden. 257vgl. https://www.returningfromgermany.de/de/ programmes/erin. 258die international psychological organisation (ipso) bietet rückkehrern im zentrum für psychosoziale beratung und mentale gesundheit in kabul sowie über einen online video-beratungsdienst kostenlos psychosoziale unterstützung an. 259vgl.https://www.returningfromgermany.de/de/programmes/ipso-afghanistan; auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan, vom 31. mai 2018, s. 26. 260auch der unhcr leistet starthilfe. er betreibt in kabul, herat, jalalabad und kandahar jeweils sog. encashment centres, in denen rückkehrer für einen zeitraum von gewöhnlich bis zu drei monaten eine finanzielle unterstützung in höhe von 200 us-$ sowie eine „pre-paid“ sim-karte erhalten. zudem werden in den zentren verschiedene hilfen angeboten, darunter grundlegende medizinische versorgung und überweisung schwerer fälle an krankenhäuser, unterstützung bei der beschaffung von papieren, rechtsberatung und die vermittlung vorübergehender übernachtungsmöglichkeiten. 261vgl. unhcr, operational fact sheet afghanistan, vom 25. februar 2019, s. 2, und afghanistan: voluntary repatriation update, januar 2019, s. 2 ff. 262(2) diese verhältnisse in ganz afghanistan sowie in den als zielorte der abschiebung des klägers in betracht kommenden städten kabul und herat zugrunde gelegt gelangt der senat nicht zu der überzeugung, dass im falle des klägers ein ganz außergewöhnlicher fall vorliegt, in dem humanitäre gründe einer abschiebung zwingend entgegenstehen. 263obwohl die versorgungslage allgemein schwierig ist, stellt sie sich nicht für alle betroffenen gleichermaßen problematisch dar. bestimmte, vulnerable gruppen wie etwa familien mit jüngeren kindern, alleinstehende frauen, kranke oder ältere menschen sind in besonderem maße gefährdet. besonders betroffen sind auch diejenigen – typischerweise binnenflüchtlinge und rückkehrer aus den benachbarten staaten pakistan und iran –, die in informellen siedlungen lediglich behelfsmäßig untergekommen und dort in großer zahl nicht nur von den prekären wohnverhältnissen, sondern auch von gravierender nahrungsmittelunsicherheit betroffen sind. für junge männliche alleinstehende rückkehrer, zu denen der kläger gehört, wirkt sich die schlechte versorgungslage indes nicht notwendig in gleichem maße aus. dies gilt selbst dann, wenn sie – wie der kläger – in afghanistan nicht über ein familiäres oder sonstiges soziales netzwerk verfügen. 264in den informellen siedlungen finden alleinstehende männliche rückkehrer aus dem westlichen ausland, die über kein soziales netzwerk verfügen, in aller regel schon angesichts der dortigen durchschnittlichen haushaltsgrößen und des umstands, dass die aufnahme eines fremden mannes für die übrigen bewohner, insbesondere dort lebende frauen, zu erheblichen (weiteren) einschränkungen der privatsphäre führen würde, keine anlaufstelle. 265vgl. niedersächsisches ovg, urteil vom 29. januar 2019 – 9 lb 93/18 –, juris, rn. 109; vgh baden-württemberg, urteil vom 12. oktober 2018 – a 11 s 316/17 –, juris, rn. 399; stahlmann, vernehmung in der mündlichen verhandlung in dem verfahren a 11 s 316/17 des vgh baden-württemberg, vom 12. dezember 2018, s. 7 f. 266die dort herrschende besonders schlechte versorgungslage gibt über die situation alleinstehender männlicher rückkehrer aus europa ohne familiäres netzwerk deshalb keinen unmittelbaren aufschluss. 267vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 12. oktober 2018 – a 11 s 316/17 –, juris, rn. 399. 268dass gerade diese personengruppe ihre existenz im allgemeinen nicht sichern könnte, lässt sich nicht feststellen, obwohl sie in afghanistan inzwischen in nicht unerheblicher zahl vertreten ist. mit unterstützung der iom sind in den jahren von 2003 bis 2017 insgesamt 15.041 personen aus verschiedenen europäischen ländern (darunter das vereinigte königreich, norwegen, die niederlande, deutschland, schweden, dänemark, frankreich, belgien und österreich) freiwillig nach afghanistan zurückgekehrt. allein im jahr 2016 unterstützte iom 6.864 personen bei der freiwilligen rückkehr nach afghanistan, davon über 3.000 aus deutschland. die meisten dieser rückkehrer (78% oder 5.382) waren männer, von denen wiederum 4.882 nicht älter als 26 jahre waren. die zahl der zurückgekehrten familien wird mit 733 angegeben. hauptziel der im jahr 2016 freiwillig zurückkehrten war herat, der zweithäufigste zielort kabul. 269vgl. asylos, afghanistan: situation of young male „westernised“ returnees to kabul, august 2017, s. 16; afghanistan analysts network – voluntary and forced returns to afghanistan in 2016/17: trends, statistics and experiences, vom 19. mai 2017, s. 2. 270zu den freiwilligen rückkehrern kommen die aus europa abgeschobenen personen. deren anzahl wird für den zeitraum von oktober 2016 und april 2017 mit 176 angegeben, darunter 106 alleinstehende männer, von denen wiederum einige angaben, keine verwandten in afghanistan zu haben. 271vgl. afghanistan analysts network – voluntary and forced returns to afghanistan in 2016/17: trends, statistics and experiences, vom 19. mai 2017, s. 3, 5. 272vom 31. mai bis zum 31. dezember 2017 wurden 49 männer, im jahr 2018 weitere 283 aus deutschland abgeschoben. 273vgl. bt-drs. 19/632 s. 5; bt-drs. 19/8021, s. 2 f. 274obwohl diese rückkehrer die dargestellten sehr schwierigen humanitären verhältnisse antreffen, sind den umfangreichen erkenntnismitteln keine informationen zu entnehmen, die den schluss zulassen, sie könnten in afghanistan, insbesondere in kabul oder herat, (jedenfalls) ohne ein soziales netzwerk nicht wenigstens ein leben am rande des existenzminimums bestreiten. 275siehe so auch: niedersächsisches ovg, urteil vom 29. januar 2019 – 9 lb 93/18 –, juris, rn. 99; bayerischer vgh, urteil vom 8. november 2018 – 13a b 17.31960 –, juris, rn. 46 ff.; vgh baden-württemberg, urteil vom 12. oktober 2018 – a 11 s 316/17 –, juris, rn. 407. 276der senat verkennt nicht die bedeutung sozialer, insbesondere familiärer, netzwerke für die (re-)integration in die afghanische gesellschaft. 277vgl. dazu insb. republik österreich, bundesamt für asyl und fremdenwesen, länderinformationsblatt afghanistan, vom 31. januar 2019, s. 359 f.; stahlmann, gutachten für das vg wiesbaden, vom 28. märz 2018, s. 170 ff., 204 ff. 278die bisher verfolgten schicksale alleinstehender rückkehrer ohne familiäre unterstützung, 279vgl. stahlmann, vernehmung in der mündlichen verhandlung in dem verfahren a 11 s 316/17 des vgh baden-württemberg, vom 12. oktober 2018, s. 2 ff.; asylos, afghanistan: situation of young male „westernised“ returnees to kabul, august 2017, s. 61 ff., 280machen auch deutlich, dass ernsthafte probleme bei der (re-)integration einschließlich der unterkunfts- und arbeitssuche bestehen können. die schilderungen erweisen sich aber aufgrund der geringen zahl der beispiele und der unterschiede der einzelnen befunde als nicht verallgemeinerungsfähig. so hat insbesondere die sachverständige friederike stahlmann über kontaktpersonen der von ihr ermittelten abgeschobenen nur in weniger als 10% der fälle noch informationen über deren verbleib erhalten können. in der regel brach der kontakt zu rechtsanwälten oder unterstützern in deutschland nach der abschiebung ab. soweit die sachverständige in etwa zehn fällen berichte über die folgen einer stigmatisierung als rückkehrer erhielt, reichten diese von beschimpfungen über die verweigerung medizinischer behandlung mit der bemerkung, der betroffene solle sich in deutschland versorgen lassen, und den „rauswurf“ aus der gemieteten unterkunft bis etwa zu körperlichen misshandlungen wegen „unangepassten“ auftretens. ihre rückmeldungen zur wohnsituation umfassten eine dauerhafte obdachlosigkeit. 17 personen lebten in teilweise täglich wechselnden unterkünften wie preiswerten herbergen oder teehäusern. eine person blieb als zahlender gast im spinzar-hotel, in dem iom rückkehrer bis ende april 2019 auf wunsch für bis zu zwei wochen unentgeltlich unterbrachte. 14 personen kamen (teils wider erwarten) jedenfalls für einen vorübergehenden zeitraum und teils heimlich bei verwandten oder freunden unter. zur nahrungsmittelversorgung alleinstehender rückkehrer führte sie aus, dass diese personengruppe von humanitärer hilfe unterdurchschnittlich profitiere. im übrigen wirke sich auch in dieser hinsicht das fehlen sozialer netzwerke aus. der zugang zu arbeit, der über soziale netz-werke erfolge, sei voraussetzung des zugangs zu nahrung. eine der von ihr nachverfolgten personen habe in einer werkstatt von verwandten gearbeitet, bis die familie beschlossen habe, dass sie aufgrund des risikos, das von ihrer anwesenheit ausgehe, doch versteckt bleiben solle. ein weiterer habe zwar eine „soziale bürgschaft“ für eine wohnung erhalten, aber keine arbeit finden können. 281vgl. stahlmann, vernehmung in der mündlichen verhandlung in dem verfahren a 11 s 316/17 des vgh baden-württemberg, vom 12. oktober 2018, s. 2 ff., 6 ff.; s. 9. 282den schluss, dass leistungsfähigen erwachsenen männlichen rückkehrern, wenn sie über kein familiäres netzwerk verfügen, in weit überwiegender zahl oder gar typischerweise der zugang zu obdach und arbeit verweigert würde und sie infolge der umstände verelendeten, lassen diese erkenntnisse gleichwohl nicht zu. 283siehe so auch niedersächsisches ovg, urteil vom 29. januar 2019 – 9 lb 93/18 –, juris, rn. 102 f.; vgh baden-württemberg, urteil vom 12. oktober 2018 – a 11 s 316/17 –, juris, rn. 407 ff. 284diese einschätzung entspricht der auffassung des unhcr, der in seinen am 30. august 2018 veröffentlichten leitlinien zur feststellung des internationalen schutzbedarfs afghanischer asylsuchender zu den voraussetzungen internen schutzes ausführt, dass alleinstehende leistungsfähige männer und verheiratete kinderlose paare im erwerbsfähigen alter ohne besondere gefährdungsfaktoren auch ohne familiäre oder sonstige soziale unterstützung in städtischen oder halbstädtischen gebieten leben können, die die notwendige infrastruktur sowie lebensgrundlagen zur sicherung der grundversorgung bieten und unter der tatsächlichen kontrolle des staates stehen. 285vgl. unhcr, leitlinien zur feststellung des internationalen schutzbedarfs afghanischer asylsuchender, vom 30. august 2018, s. 125. 286soweit der unhcr in diesen leitlinien – in abkehr von der vorangegangenen fassung aus dem jahr 2016 – zu dem schluss kommt, dass das ballungszentrum kabul angesichts der derzeitigen humanitären lage als interne schutzalternative in der regel nicht in betracht komme, 287vgl. unhcr, leitlinien zur feststellung des internationalen schutzbedarfs afghanischer asylsuchender, vom 30. august 2018, s. 129, 288führt dies zu keiner anderen bewertung. diese einschätzung des unhcr beruht – wie bereits seine einschätzung zur sicherheitslage – auf von ihm selbst definierten maßstäben, die sich von dem im rahmen des § 60 abs. 5 aufenthg i.v.m. art. 3 emrk maßgeblichen rechtlichen maßstab unterscheiden. so setzt der unhcr nach seinem leitfaden voraus, dass der betroffene am fraglichen ort seinen lebensunterhalt angemessen bestreiten können muss, zugang zu unterkunft, sanitärer infrastruktur und medizinischer versorgung im gebiet der innerstaatlichen fluchtalternative haben und in anbetracht sämtlicher umstände in der lage sein muss, ein relativ normales leben zu führen. 289vgl. unhcr, leitfaden, zur prüfung einer innerstaatlichen schutzalternative in afghanistan, november 2018, s. 1, 6. 290mit diesen anforderungen stellt er einen anderen zumutbarkeitsmaßstab auf als 291§ 60 abs. 5 aufenthg i.v.m. art. 3 emrk, wonach die humanitäre lage ein abschiebungsverbot nur in einem ganz außergewöhnlichen fall begründet, wenn der betroffene mit beachtlicher wahrscheinlichkeit der tatsächlichen gefahr einer art. 3 emrk widersprechenden misshandlung ausgesetzt sein wird. 292vgl. niedersächsisches ovg, urteil vom 29. januar 2019 – 9 lb 93/18 –, juris, rn. 115; bayerischer vgh, urteil vom 8. november 2018 – 13a b 17.31960 –, juris, rn. 54. 293auch unter berücksichtigung der besonderen umstände des klägers sind die voraussetzungen des § 60 abs. 5 aufenthg i.v.m. art. 3 emrk mit blick auf die humanitäre lage an den potentiellen zielorten der abschiebung, kabul und herat, zur überzeugung des senats danach nicht erfüllt. 294der kläger kann durch vermittlung von iom eine erste unterkunft finden. für eine weitere übergangszeit ist es ihm als jungem alleinstehenden mann auch zumutbar, in einer der in den städten vorhandenen herbergen oder einem der „teehäuser“ zu nächtigen. gerade die sog. teehäuser, die auch übernachtungs-möglichkeiten vorhalten, dienen typischerweise männlichen einzelpersonen wie handelsreisenden, tagesarbeitern und straßenverkäufern als unterkunft. der preis beträgt zwischen 30 und 100 afghani (ca. 0,34 – 1,14 €) pro nacht. 295vgl. stahlmann, vernehmung in der mündlichen verhandlung in dem verfahren a 11 s 316/17 des vgh baden-württemberg, vom 12. dezember 2018, s. 6-7; easo, country of origin information report, afghanistan networks, januar 2018, s. 2018. 296von dort ist es ihm möglich, sich um eine dauerhafte unterkunft und um arbeit zu bemühen. als erwachsener leistungsfähiger mann, der im iran bereits in jungen jahren, wenn auch im familiären umfeld, für seinen lebensunterhalt mitgearbeitet hat, verfügt er über die persönlichen ressourcen, um – etwa auf dem städtischen tagelöhnermarkt – ein jedenfalls geringes einkommen zu erwirtschaften. soweit der kläger im berufungsverfahren vorgetragen hat, dass er den besuch der abendschule abgebrochen und den gesuchten ausbildungsplatz zum mechatroniker oder elektriker schon unter den einfacheren bedingungen des deutschen arbeitsmarktes bisher nicht habe finden können, rechtfertigt dies keine andere bewertung. auch in deutschland hat sich der kläger mit dem erwerb des haupt- und des realschulabschlusses sowie mit seiner (geringfügigen) beschäftigung in einer pizzeria als grundsätzlich leistungsfähig erwiesen. er hat die deutsche sprache schnell gelernt und sich in einem für ihn fremden land und kulturkreis gut zurechtgefunden. dabei war er zwar nicht auf sich allein gestellt, sondern hat bisher mit seinen eltern in einem gemeinsamen haushalt gelebt, diese waren aufgrund ihrer gesundheitlichen beeinträchtigung und schlechteren deutschen sprachkenntnisse aber allenfalls in eingeschränktem umfang in der lage, ihn zu unterstützen. in erster linie hat der kläger geschildert, dass er ihnen helfe, sich in deutschland zurecht zu finden. zudem hat er sich nach der ausreise der familie aus dem iran bereits vor erreichen des erwachsenenalters, nachdem er von seinen eltern und seinem bruder getrennt worden war, jedenfalls von griechenland bis nach deutschland ohne familiäre unterstützung „durchgeschlagen“ und sich auch dadurch als durchaus selbstständig erwiesen. körperliche einschränkungen, die seine arbeits- und integrationsfähigkeit in afghanistan in frage stellen könnten, macht er nicht geltend. soweit er im berufungsverfahren weiter vorgetragen hat, er sei ein zurückgezogener mensch, dem es schwerfalle, kontakte zu knüpfen und sich hilfe zu suchen, haben ihn diese schwierigkeiten jedenfalls nicht gehindert, in einer deutschen schule gut zurecht zu kommen, seine eltern etwa bei arztbesuchen und behördengängen zu unterstützen und eine geringfügige beschäftigung in einer pizzeria zu finden. auch in afghanistan wäre es ihm zuzumuten, diese schwierigkeiten bei der wohnungs- und arbeitssuche zu überwinden. 297für die rückkehrperspektive des klägers ist von besonderer bedeutung, dass er zur überzeugung des senats dari und damit eine der beiden landessprachen afghanistans spricht. soweit er erstmals mit der berufungsbegründung vorgetragen hat, dass er die sprache dari „nicht gut“ beherrsche, weil er sie „nur“ von seinen eltern gelernt habe, und diesen vortrag in der mündlichen verhandlung vor dem senat schließlich dahin gesteigert hat, dass er „gar kein dari“ spreche, sind seine angaben nicht glaubhaft. 298die aus afghanistan stammenden eltern des klägers haben beim bundesamt angegeben, dari zu sprechen, wobei seine mutter erklärt hat, dass sie „dari oder auch farsi“ beherrsche, während sein vater mitgeteilt hat, „nur dari“ zu sprechen. aufgrund der gemeinsamen herkunft der eltern und angesichts der sprachkenntnisse des vaters liegt nahe, dass in der familie dari und nicht – wie der kläger in der mündlichen verhandlung angegeben hat – (nur) der in der stadt maschad übliche persische dialekt gesprochen worden ist. dafür, dass der kläger über entsprechende sprachkenntnisse und -praxis verfügt, spricht auch, dass er beim bundesamt „dari und farsi“ als sprachen benannt hat und die anhörung zu seinem ersten asylantrag ausweislich der niederschrift ohne verständigungsschwierigkeiten auf dari durchgeführt wurde. die erklärungen des klägers auf entsprechenden vorhalt in der mündlichen verhandlung vor dem senat geben zu einer anderen einschätzung keinen anlass. seine ausführungen, bei der zweiten anhörung vor dem bundesamt habe der dari sprechende dolmetscher ihn nicht verstanden, sodass er gemerkt habe, dass farsi für ihn besser sei, ist mit den sitzungsniederschriften nicht vereinbar. danach hat nur die erste anhörung auf dari, die zweite dagegen auf „persisch“ stattgefunden. seine weitere einlassung, wenn er gesagt habe, dass er dari sprechen wolle, sei er davon ausgegangen, dass dies keine rolle spiele, weil er in der anhörung ohnehin deutsch sprechen werde, ist vor dem hintergrund, dass er noch in der mündlichen verhandlung im berufungsverfahren einen dolmetscher in anspruch genommen hat, nicht plausibel. im übrigen hätte es, spräche der kläger tatsächlich keine der afghanischen landessprachen, nahegelegen, darauf zu beginn seines asylverfahrens, spätestens aber mit anwaltlicher vertretung zu beginn des klageverfahrens hinzuweisen. die bedeutung dieses umstands liegt auf der hand. stattdessen hat der kläger noch in der mündlichen verhandlung vor dem verwaltungsgericht angegeben, dass er bücher auf persisch sowie auf dari lese und seine dari-kennt-nisse nicht in frage gestellt. 299der existenzsicherung steht auch nicht entgegen, dass der kläger im iran geboren und aufgewachsen ist. trotz bestehender unterschiede zwischen den verhältnissen im iran und in afghanistan ist nicht ersichtlich, dass es einem im iran aufgewachsenen afghanischen staatsangehörigen, der eine der landessprachen spricht, grundsätzlich nicht oder nur sehr viel schwerer als anderen rückkehrern ohne netzwerke möglich wäre, sein überleben in afghanistan zu sichern. 300vgl. niedersächsisches ovg, urteil vom 29. januar 2019 – 9 lb 93/18 –, juris, rn. 128 ff.; vgh baden-württemberg, urteil vom 12. oktober 2018 – a 11 s 316/17 –, juris, rn. 435 f.; jeweils m.w.n. 301von personen, die im iran zumindest in einer ebenfalls in erheblichem maße islamisch geprägten, wenn auch aus afghanischer sicht freizügigeren gesellschaft gelebt haben, kann in der regel erwartet werden, sich auch der strengeren afghanischen lebensweise anzupassen. auch im übrigen kann von ihnen eine integration in die afghanische gesellschaft jedenfalls dann erwartet werden, wenn sie – wie der kläger – im iran in einem afghanischen familienverband gelebt haben und ihnen daher die afghanischen gepflogenheiten und umgangsformen aufgrund familiärer prägung vertraut sind. zwar mag sich das risiko, als rückkehrer identifiziert und in der folge sozialer diskriminierung etwa beim zugang zum wohnungs- und arbeitsmarkt ausgesetzt zu sein, erhöhen, wenn – insbesondere aufgrund des sprachlichen einschlags – ein längerer voraufenthalt im iran erkennbar ist. aus der bloßen erkennbarkeit und der daraus gegebenenfalls folgenden stigmatisierung folgt indes – wie dargelegt – nicht, dass die strengen voraussetzungen des art. 3 emrk mit beachtlicher wahrscheinlichkeit in jedem dieser fälle erfüllt wären. auch das europäische unterstützungsbüro für asylfragen (easo) geht davon aus, dass afghanen, die im iran aufgewachsen sind, zwar gefahr laufen, als „iranisch“ oder „nicht afghanisch genug“ wahrgenommen und deshalb beleidigenden kommentaren ausgesetzt zu sein, nimmt darüber hinausgehende – insbesondere die für eine verfolgung erforderliche erheblichkeitsschwelle überschreitende – nachteile aber nur in ausnahmefällen aufgrund besonderer individueller umstände an. 302vgl. easo, country guidance: afghanistan, juni 2018, s. 66 f. 303besondere individuelle umstände, die es beachtlich wahrscheinlich erscheinen lassen, dass gerade der kläger – anders als im iran aufgewachsene, in das herkunftsland ihrer familie zurückkehrende afghanen im allgemeinen – nicht in der lage sein wird, in afghanistan, namentlich in der hauptstadt kabul oder dem letzten wohnort seiner eltern, herat, seine existenz zu sichern, sind nicht ersichtlich. 304auch mit blick auf die medizinische versorgungslage ist er keinen außergewöhnlichen individuellen umständen ausgesetzt. dies käme nur bei akut behandlungs-bedürftigen vorerkrankungen oder in fällen in betracht, in denen aufgrund der allgemeinen lebensverhältnisse mit einer entsprechend hohen wahrscheinlich-keit eine lebensbedrohliche erkrankung zu erwarten wäre, für die dann faktisch kein zugang zu medizinischer (grund-)versorgung bestünde. 305vgl. bverwg, urteil vom 31. januar 2013 – 10 c 15.12 –, juris, rn. 39. 306solche umstände hat der kläger nicht geltend gemacht. im übrigen ist eine medizinische grundversorgung in kabul und herat grundsätzlich gewährleistet. 307ii. ein verbot, den kläger nach afghanistan abzuschieben, folgt auch nicht aus § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg. 308nach dieser vorschrift soll von der abschiebung eines ausländers in einen anderen staat abgesehen werden, wenn für ihn dort eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. dies kann in erster linie aus individuellen gründen der fall sein. lediglich ausnahmsweise kommt ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg auch infolge einer allgemein unsicheren oder wirtschaftlich schlechten lage im zielstaat in betracht. 3091. vom tatbestand des § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg werden existentielle gefahren wie tötung, folter, unmenschliche oder erniedrigende behandlung auch durch nichtstaatliche gruppen oder einzelpersonen umfasst, 310vgl. vgh baden-württemberg, urteile vom 12. dezember 2018 – a 11 s 1923/17 –, juris, rn. 229 ff., und vom 12. oktober 2018 – a 11 s 316/17 –, juris, rn. 443 ff.; koch, in: beckok ausländerrecht, stand 15. august 2016, § 60 rn. 40; göbel-zimmermann, in: huber, aufenthg, 2. aufl. 2016, § 60 rn. 71, 311sowie solche auf grund von krankheit, für die § 60 abs. 7 sätze 2 bis 4 aufenthg präzisierungen enthält. danach liegt eine erhebliche konkrete gefahr aus gesundheitlichen gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden erkrankungen, die sich durch die abschiebung wesentlich verschlechtern würden (satz 2). es ist nicht erforderlich, dass die medizinische versorgung im zielstaat mit der versorgung in der bundesrepublik deutschland gleichwertig ist (satz 3). zudem liegt eine ausreichende medizinische versorgung in der regel auch vor, wenn diese nur in einem teil des zielstaats gewährleistet ist (satz 4). die individuelle gefahr einer rechtsgutverletzung muss mit beachtlicher wahrscheinlichkeit bestehen. 312vgl. vgh baden-württemberg, urteile vom 12. dezember 2018 – a 11 s 1923/17 –, juris, rn. 233 f., und vom 12. oktober 2018 – a 11 s 316/17 –, juris, rn. 447 f.; göbel-zimmermann, in: huber, aufenthg, 2. aufl. 2016, § 60 rn. 71, jeweils m.w.n. 313eine individuelle gefahr in diesem sinne besteht für den kläger an den potentiellen abschiebungszielorten kabul und herat nicht. gesundheitliche beeinträchtigungen hat er nicht geltend gemacht. eine beachtlich wahrscheinliche tatsächliche gefahr für sein leben und seine körperliche unversehrtheit besteht auch nicht aufgrund des umstands, dass er sich in deutschland hat taufen lassen. wie ausgeführt ist weder zu erwarten, dass er selbst von der taufe berichtet, noch bestehen konkrete anhaltspunkte dafür, dass sie durch dritte bekannt werden könnte. 3142. neben individuellen gefahren für leib und leben können ausnahmsweise auch die generell herrschenden lebensbedingungen im zielstaat ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg begründen. 315zwar sind allgemeine gefahren – darunter die die bevölkerung insgesamt treffenden (schlechten) lebensbedingungen – gemäß § 60 abs. 7 satz 5 aufenthg bei anordnungen zur vorübergehenden aussetzung von abschiebungen nach § 60a abs. 1 satz 1 aufenthg zu berücksichtigen und begründen demnach grundsätzlich kein abschiebungsverbot gemäß § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg. etwas anderes gilt in verfassungskonformer anwendung des § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg ausnahmsweise dann, wenn der ausländer bei einer rückkehr aufgrund dieser allgemeinen bedingungen mit hoher wahrscheinlichkeit einer extremen gefahrenlage ausgesetzt wäre. in diesem fall gebieten es die grundrechte aus art. 1 abs. 1 und art. 2 abs. 2 satz 1 gg, trotz einer fehlenden politischen leitentscheidung nach § 60a abs. 1 satz 1 aufenthg abschiebungsschutz nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg zu gewähren. ob dies der fall ist, hängt wesentlich von den umständen des einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen betrachtung. die drohenden gefahren müssen jedoch nach art, ausmaß und intensität von einem solchen gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver betrachtung für den ausländer die begründete furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher weise ein opfer der extremen allgemeinen gefahrenlage zu werden. bezüglich der wahrscheinlichkeit des eintritts der drohenden gefahren ist von einem im vergleich zum prognosemaßstab der beachtlichen wahrscheinlichkeit strengeren maßstab auszugehen. diese gefahren müssen dem ausländer daher mit hoher wahrscheinlichkeit drohen. dieser wahrscheinlichkeitsgrad markiert die grenze, ab der seine abschiebung in den heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. dieser hohe wahrscheinlichkeitsgrad ist ohne unterschied in der sache in der formulierung mit umschrieben, dass die abschiebung dann ausgesetzt werden müsse, wenn der ausländer ansonsten gleichsam sehenden auges dem sicheren tod oder schwersten verletzungen ausgeliefert würde. schließlich müssen sich diese gefahren alsbald nach der rückkehr realisieren. das bedeutet nicht, dass im falle der abschiebung der tod oder schwerste verletzungen sofort, gewissermaßen noch am tag der abschiebung, eintreten müssen. vielmehr besteht eine extreme gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der ausländer mangels jeglicher lebensgrundlage dem baldigen sicheren hungertod ausgeliefert werden würde. 316vgl. bverwg, urteile vom 13. juni 2013 – 10 c 13.12 –, juris, rn. 12 f., vom 31. januar 2013 – 10 c 15.12 –, juris, rn. 38, und vom 29. september 2011 – 10 c 23.10 –, juris, rn. 21 f. 317damit stellt § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg an die gefahr einer aufgrund allgemeiner umstände im zielstaat drohenden rechtsgutverletzung jedenfalls keine geringeren anforderungen als § 60 abs. 5 aufenthg i.v.m. art. 3 emrk. liegen die voraussetzungen eines nationalen abschiebungsverbots nach § 60 abs. 5 aufenthg i.v.m. art. 3 emrk nicht vor, scheidet eine nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg relevante extremgefahr ebenfalls aus. 318dies zugrunde gelegt kommt für den kläger aufgrund der in afghanistan, insbesondere in kabul und herat, herrschenden sicherheits- und humanitären lage eine ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg begründende extremgefahr nicht in betracht. auf die ausführungen zu § 60 abs. 5 aufenthg i.v.m. art. 3 emrk wird verwiesen. 319soweit der kläger schließlich angeführt hat, die bundesrepublik deutschland nicht verlassen zu können, weil er hier auch weiterhin seine – wegen § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg bleibeberechtigten – eltern unterstützen müsse, ist dies nicht geeignet, ein zielstaatsbezogenes abschiebungsverbot i.s.d. § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg zu begründen. ob die familiären umstände des klägers unter berücksichtigung auch von art. 6 gg ein inlandsbezogenes abschiebungshindernis nach § 60a abs. 2 aufenthg zu begründen vermögen, unterliegt der prüfung der ausländerbehörde. 320vgl. bverwg, urteile vom 7. dezember 2004 – 1 c 14.04 –, juris, rn. 29, vom 27. juli 2000 – 9 c 9.00 –, juris, rn. 11, und vom 23. mai 2000 – 9 c 2.00 –, juris, rn. 8. 321iii. die in ziffer 3. des angegriffenen bescheids enthaltene abschiebungsandrohung mit ausreiseaufforderung unter fristsetzung von einer woche beruht auf § 71 abs. 4 i.v.m. 34 abs. 1 und 36 abs. 1 asylg und ist nicht zu beanstanden. 322die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 2 vwgo und § 83b asylg. 323die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit der kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 167 vwgo, 708 nr. 11, 711, 709 satz 2 zpo. 324gründe für die zulassung der revision gemäß § 132 abs. 2 vwgo liegen nicht vor. | Verklagte*r | 0 |
341,048 | 4 K 1793/21.A | 2021-10-11T00:00:00 | Gerichtsbescheid | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Gerichtsbescheids vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die volljährige Klägerin ist iranische Staatsangehörige. Sie ist im Besitz einer finnischen Aufenthaltserlaubnis, die bis zum 26. Juni 2021 gültig war. Sie reiste am 26. Oktober 2020 in das Bundesgebiet ein und beantragte mit Schreiben vom 31. Januar 2021 bei der N. N., ihr eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), hilfsweise gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen. Zur Begründung gab sie im Wesentlichen an, sie sei im Sommer 2019 auf Veranlassung ihres Vaters zwangsweise mit einem in Finnland lebenden Mann verheiratet worden. Sie sei nicht bereit, diese Ehe in Finnland zu führen und könne auch nicht in den Iran zurückkehren, da ihre Haltung dort nicht akzeptiert werde. Im Juni 2021 erhob sie eine Untätigkeitsklage gegen die N. N. mit dem Ziel, eine Bearbeitung ihres Antrags zu erreichen. Mit Schreiben vom 1. Juli 2021 gab diese der Klägerin Gelegenheit, sich zur beabsichtigten Ablehnung ihres Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur äußern und wies dazu darauf hin, die Klägerin äußere ein materielles Asylgesuch, für das ausschließlich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zuständig sei. 3In der Folge wandte sich die Klägerin an das Bundesamt. Einem als "Belehrungsdokumentation" bezeichneten Schreiben der Landesaufnahmeeinrichtung Bochum ist als "Registrierungsdatum" der 13. Juli 2021 zu entnehmen. Das Bundesamt vermerkte als "Datum der Antragstellung" den 14. Juli 2021. Im Rahmen des persönlichen Gesprächs zu Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und der persönlichen Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags beim Bundesamt am 26. Juli 2021 gab die Klägerin im Wesentlichen an, in Deutschland halte sich ein Onkel mütterlicherseits auf, der ihr in ihrer seelischen Verfassung geholfen habe. Sie sei über Schweden nach Deutschland gereist. Die finnische Botschaft habe ihr einen Aufenthaltstitel erteilt, da sie mit einem Finnen zwangsverheiratet worden sei. Sie sei nie in Finnland gewesen, da sie sich nicht mit ihrem Mann treffen und eine richtige Ehe eingehen wolle. In Finnland lebten zwei Onkel väterlicherseits, in deren Umgebung sie nicht leben könne, deren Aufenthaltsort ihr jedoch unbekannt sei. 4Am 29. Juli 2021 richtete das Bundesamt unter Verweis auf Art. 12 Abs. 1 bzw. 3 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-VO) ein Aufnahmeersuchen an die finnischen Behörden. Mit Schreiben vom 30. Juli 2021 teilte der "Finnish Immigration Service" dem Bundesamt mit, dass man das Aufnahmeersuchen akzeptiere. 5Mit Bescheid des Bundesamts vom 30. Juli 2021 lehnte die Beklagte den Asylantrag der Klägerin als unzulässig ab (1.) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (2.). Sie ordnete die Abschiebung der Klägerin nach Finnland (3.) und ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG für zwölf Monate ab dem Tag der Abschiebung (4.) an. 6Am 10. August 2021 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben und zugleich einen einstweiligen Rechtsschutzantrag (4 L 472/21.A) gestellt. 7Zur Begründung verweist sie darauf, die Beklagte sei nach Art. 21 Abs. 1 Satz 3 Dublin-III-VO für die Prüfung ihres Asylantrags zuständig geworden. Nach § 13 Abs. 1 AsylG liege ein Asylantrag vor, wenn sich dem schriftlich geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lasse, dass er im Bundesgebiet Schutz vor Abschiebung in einen Staat begehre, in dem ihm eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG drohe. Dies sei mit dem Antrag vom 21. Januar 2021 gegenüber der Ausländerbehörde der N. N. erfolgt. Über diesen sei trotz mehrfacher Rückfragen und Erinnerungen weder entschieden worden, noch sei sie gemäß § 19 Abs. 1 des Asylgesetzes (AsylG) unverzüglich an die zuständige Aufnahmeeinrichtung zur Meldung weitergeleitet worden. Eine inhaltliche Prüfung ihres Asylgesuchs sei überdies erfolgt, da sie gemäß § 25 AsylG zu ihren Fluchtgründen aus dem Iran angehört worden sei. 8Die Klägerin beantragt, 9den Bescheid des Bundesamtes vom 30. Juli 2021 aufzuheben. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Sie beruft sich auf die Begründung des angegriffenen Bescheids. 13Mit Beschluss vom 7. September 2021 im Verfahren 4 L 472/21.A hat der Einzelrichter den einstweiligen Rechtschutzantrag der Klägerin abgelehnt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Das Gericht kann gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden. 16Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der Bescheid des Bundesamts vom 30. Juli 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 171. Die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig findet ihre Grundlage in § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Dublin-III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. 18Das ist hier der Fall. Die Anwendung der Kriterien des Kapitels III der Dublin-III-VO ergibt, dass Finnland für die Prüfung des Asylantrags der Klägerin zuständig ist (a.). Systemische Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen stehen der Zuständigkeit nicht entgegen (b.). Die Zuständigkeit ist auch nicht auf die Beklagte übergegangen. Sie hat von ihrem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO keinen Gebrauch gemacht und ist dazu auch nicht verpflichtet (c.). Im Übrigen hat sie die maßgeblichen Fristen beachtet (d.). 19a. Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO prüfen die Mitgliedstaaten jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser insbesondere im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Nach Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO finden die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats in der in Kapitel III genannten Rangfolge Anwendung. Dabei wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt, Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-VO. Nach Art. 12 Abs. 1 Dublin-III-VO ist, wenn der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel besitzt, der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat. Nach Art. 12 Abs. 4 Dublin-III-VO gilt selbiges, wenn der Antragsteller einen Aufenthaltstitel besitzt, der weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen ist, solange er das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat. 20So liegt der Fall hier, da die Klägerin in Besitz eines bis zum 26. Juni 2021 gültigen finnischen Aufenthaltstitels ist. Sie hat das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten seit ihrer Einreise auch nicht verlassen. 21Eine abweichende Zuständigkeit ist auch nicht aufgrund eines vorrangig zu prüfenden Kriteriums des Kapitels III der Dublin-III-VO begründet. Auf Art. 8 Dublin-III-VO (Minderjährige) kann sich die volljährige Klägerin nicht berufen. Auch Art. 10 Dublin-III-VO ist nicht einschlägig. Er setzt voraus, dass ein Antragsteller in einem Mitgliedstaat einen Familienangehörigen hat, über dessen Antrag auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung ergangen ist. Daran fehlt es hier, da der einzige in Betracht kommende Verwandte in Deutschland, der Onkel der Klägerin, bereits kein Familienangehöriger i. S. d. Art. 2 lit. g Dublin-III-VO ist. 22Nach Art. 18 Abs. 1 lit. a Dublin-III-VO ist Finnland damit verpflichtet, die Klägerin nach Maßgabe der Art. 21, 22 und 29 Dublin-III-VO aufzunehmen. 23b. Systemische Schwachstellen i. S. d. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin-III-VO stehen der Zuständigkeit Finnlands nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in dem zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen. 24Die Vorschrift des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin-III-VO dient der Umsetzung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den sogenannten systemischen Schwachstellen. Danach gründet sich das Gemeinsame Europäische Asylsystem auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention finden. Daher müsse die Vermutung gelten, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der EU-Grundrechtecharta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention stehe. 25Die Vermutung der menschenrechtskonformen Behandlung von Asylbewerbern ist allerdings widerlegbar. Den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt es, einen Asylbewerber nicht an den "zuständigen Mitgliedstaat" im Sinne der Dublin-III-VO zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta (EU-GRCharta) ausgesetzt zu werden. 26Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaats angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der oben genannten Vermutung auf Grund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat auf Grund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. 27Vgl. statt vieler: Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW, Urteil vom 13. Oktober 2017 - 11 A 78/17.A -, juris, Rn. 34 ff. m. w. N. 28Gleichgültig ist, ob eine Verletzung des Art. 4 EU-GRCharta zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss droht. Systemische, allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen fallen jedoch nur dann unter Art. 4 EU-GRCharta, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen Umständen des Falles abhängt. Diese Schwelle wäre erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre. Die Schwelle ist daher selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund deren die betreffende Person sich in einer solch schwerwiegenden Situation befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann. Auch kann der bloße Umstand, dass im ersuchenden Mitgliedstaat die Sozialhilfeleistungen und/oder die Lebensverhältnisse günstiger sind als im normalerweise für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaat, nicht die Schlussfolgerung stützen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Überstellung in den zuletzt genannten Mitgliedstaat tatsächlich der Gefahr ausgesetzt wäre, eine gegen Art. 4 der Charta verstoßende Behandlung zu erfahren. 29Vgl. Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteile vom 19. März 2019 ‑ C-163/17 -, juris, Rn. 88 ff., und - C-297/17, C-318/17, C-319/17 und C-438/17 -, juris, Rn. 81 ff. 30Den vorstehenden Kriterien entsprechende Anhaltspunkte sind in Bezug auf Finnland als Zielstaat der Überstellung nicht ersichtlich, 31vgl. aus jüngerer Zeit: Verwaltungsgericht (VG) Trier, Urteil vom 18. November 2020 - 7 K 2540/20.TR -, juris, 32und werden auch von der Klägerin nicht substantiiert dargelegt. 33Nach den dem Gericht vorliegenden Informationen arbeitet die finnische Regierung mit dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Flüchtlingen, zurückkehrenden Flüchtlingen, Asylbewerbern, Staatenlosen und anderen betroffenen Personen Schutz und Hilfe zu gewähren. Die Gewährung des Asyl- oder Flüchtlingsstatus ist gesetzlich geregelt, und die Regierung hat ein System zur Gewährung von Schutz für Flüchtlinge eingerichtet. Das Parlament legt eine jährliche Quote für die Aufnahme von Flüchtlingen fest, über deren Zuteilung die Regierung entscheidet. Asylbewerber haben das Recht auf eine kostenlose rechtliche Vertretung während des gesamten Antragsverfahrens, 34vgl. USDOS, 2020 Country Report on Human Rights Practises: Finland, 35wenn auch kritisiert wird, dass Asylbewerber in der Anfangsphase des Asylverfahrens und bei späteren Berufungen nicht stets angemessenen Zugang zu Rechtsbeistand gehabt haben sollen. 36Vgl. auch: Amnesty International, The State of World's Human Rights; Finland 2020. 37Nach Aussage des Menschenrechtszentrum, einer öffentlichen Einrichtung, die dem parlamentarischen Ombudsmann angegliedert ist, wurden im Laufe des Jahres Verbesserungen beim Rechtsbeistand für Asylbewerber vorgenommen, einschließlich größerer Anreize für Anwälte zur Vertretung der Bewerber und Qualitätskontrollen, die von der finnischen Einwanderungsbehörde bei der Bearbeitung von Asylanträgen eingeführt wurden. 38Vgl. USDOS, 2020 Country Report on Human Rights Practises: Finland. 39Die Regierung hält sich an die Dublin-III-VO. Personen, die im Rahmen des Dublin-Regimes nach Finnland zurückkehren, haben vollen Zugang zum Asylverfahren und zu entsprechenden Unterstützungsleistungen. Ihre Verfahren werden, je nach Ausgangslage, entweder neu begonnen oder fortgesetzt. Die Verfahren werden im ordentlichen - oder aber auch im beschleunigten - Verfahren abgewickelt und inhaltlich geprüft, außer der Antrag ist unzulässig nach Art. 33 Abs. 2 lit. b, c der Richtlinie 2013/32/EU vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Verfahrensrichtlinie). Auch ein Asylfolgeantrag ist möglich. 40Vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich (BFA), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Finnland (Gesamtaktualisierung am 4. Mai 2020), S. 7; siehe auch: USDOS, 2020 Country Report on Human Rights Practises: Finland. 41Asylwerber werden in Finnland in Aufnahmezentren untergebracht, die sich auf das ganze Land verteilen. Mit Stand vom 2. März 2020 gab es in Finnland - neben privaten Unterkünften - 35 Aufnahmezentren für Erwachsene und Familien mit einer Gesamtaufnahmekapazität von ca. 6.400 Personen und fünf Einheiten für unbegleitete Minderjährige mit einer Kapazität von 97 Personen. Bedürftige Asylwerber erhalten eine Unterbringungszulage zur Befriedigung grundlegender Bedürfnisse, die vom finnischen Staat finanziert wird. Erwachsene Asylwerber haben Anspruch auf notwendige und dringende medizinische Behandlung. Je nach Anzahl ihrer Bewohner beschäftigen die Aufnahmezentren Krankenschwestern und Krankenpfleger, die die Gesundheitsdienste der Asylsuchenden koordinieren, Erstuntersuchungen durchführen, akute Fälle behandeln und Gesundheitsinformationsveranstaltungen organisieren. Einige Zentren werden auch von ehrenamtlich tätigen Ärzten, Zahnärzten, Psychologen, psychiatrischen Krankenschwestern und -pflegern sowie von Zahnarzthelfern und Hygienikern besucht. Minderjährige Asylwerber haben Anspruch auf dieselben medizinischen Leistungen wie finnische Staatsbürger. Sowohl Erwachsene als auch Minderjährige haben Anspruch auf grundlegende Sozialfürsorgeleistungen. Alle Gemeinden müssen garantieren, dass Kindern, Schulkindern und Schwangeren Zugang zu öffentlichen präventiven Gesundheitsdiensten gewährt wird. MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die Ärzte von MedCOI davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. 42Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Finnland (Gesamtaktualisierung am 4. Mai 2020), S. 10 f., 12 f. 43Personen, denen internationaler oder subsidiärer Schutz gewährt wird, erhalten eine Aufenthaltsberechtigung. Diese wird für vier Jahre erteilt (Aufenthaltsgenehmigung A). Nach diesem Zeitraum muss die Genehmigung erneuert werden und kann dann unbefristet ausgestellt werden (Aufenthaltsgenehmigung P). Die Arbeitsmarktsituation für Migranten hat sich in letzter Zeit verbessert, wenngleich der Prozentsatz der Arbeitslosigkeit unter Migranten immer noch wesentlich höher ist als unter Einheimischen. Was die Unterbringung der Schutzberechtigten betrifft, erfolgt gleichzeitig mit der Gewährung von internationalem oder subsidiärem Schutz eine Überweisung in eine eigene Wohnung in einer finnischen Gemeinde. Als Einwohner einer Gemeinde haben die Schutzberechtigten Zugang zu allen sozialen und sonstigen Leistungen. Auch besteht Zugang zu umfassender medizinischer Versorgung. 44Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Finnland (Gesamtaktualisierung am 4. Mai 2020), S. 13 ff. 45c. Die somit begründete Zuständigkeit ist nicht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auf die Beklagte übergangen. Danach kann jeder Mitgliedstaat abweichend von Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO beschließen, einen bei ihm gestellten Asylantrag zu prüfen, auch wenn er nach den in der Dublin-III-VO festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Die Entscheidung steht grundsätzlich im Ermessen der Beklagten. Sie kann jedoch auch unabhängig von ihrem erklärten Willen aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null zuständig werden, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts hinreichend sicher feststeht, dass innerhalb der nächsten sechs Monate eine Überstellung aus tatsächlichen Gründen nicht möglich sein wird oder durchgeführt werden kann. 46Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2017 - 11 A 1966/15.A -, juris, Rn. 7 ff. m. w. N. 47Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Bundesamt beschlossen hat, den Antrag der Klägerin unter Berufung auf Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO zu prüfen. Dazu genügt insbesondere nicht, dass sie die Klägerin nach der Antragstellung zu ihrem Verfolgungsschicksal angehört hat. 48Vgl. dazu ausführlich: VG Düsseldorf, Beschluss vom 20. Februar 2015 - 10 L 3022/14.A -, juris, Rn. 10; VG Magdeburg, Beschluss vom 20. Februar 2017 - 8 B 90/17 -, juris, Rn. 9 ff., jeweils m. w. N. 49Es steht auch nicht (hinreichend sicher) fest, dass eine Überstellung innerhalb der nächsten sechs Monate aus tatsächlichen Gründen nicht möglich sein wird. 50Angesichts des bisherigen Verlaufs der SARS-Cov-2-Pandemie und der erheblichen Entspannung der Situation durch den Impffortschritt in den Sommermonaten spricht nichts dafür, dass eventuelle Schwierigkeiten bei der Überstellung von Asylbewerbern für weitere sechs Monate anhalten könnten. 51d. Die Beklagte ist auch nicht nach Art. 21 Abs. 1 Dublin-III-VO oder Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO für die Prüfung des Antrags der Klägerin auf internationalen Schutz zuständig (geworden). Nach Art. 21 Abs. 1 UAbs. 3 Dublin-III-VO ist der Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, zuständig, wenn er den anderen Mitgliedstaat nicht innerhalb der Frist des Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 und 2 Dublin-III-VO um die Aufnahme des Antragstellers ersucht. Nach Art. 21 Abs. 1 UABs. 1 Dublin-III-VO kann der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, diesen anderen Mitgliedstaat so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Dublin-III-VO ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen. 52Fristbeginn war im vorliegenden Fall der 13. Juli 2021. Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der Antragstellung i. S. d. Art. 20 Abs. 2 Dublin-III-VO. Danach gilt ein Antrag auf internationalen Schutz als gestellt, wenn den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats ein vom Antragsteller eingereichtes Formblatt oder ein behördliches Protokoll zugegangen ist. Zuständige Behörde ist das Bundesamt und nicht etwa - auch - die Ausländerbehörde. 53Vgl. auch EuGH (Große Kammer), Urteil vom 26. Juli 2017 - C-670/16 -, juris, Rn. 75. 54Der insoweit eindeutige Wortlaut, dem zufolge allein auf den Zugang bei den "zuständigen Behörden" abzustellen ist, wird auch durch eine systematische Betrachtung bestätigt. So gilt ein Antrag auf internationalen Schutz insbesondere dann als gestellt, wenn diesen ein behördliches Protokoll zugegangen ist. Der Eingang der notwendigen Informationen bei einer anderen als der zuständigen Behörde genügt also gerade nicht, entscheidend ist die Weiterleitung dieser in einem behördlichen Protokoll enthaltenen Informationen an die zuständige Behörde. 55Die Ansicht der Klägerin, entscheidend sei die Kenntnis der Ausländerbehörde der N. N., die ihr Asylgesuch unter Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Satz 2 AsylG und Art. 6 Abs. 1 Verfahrensrichtlinie nicht unverzüglich an das Bundesamt weitergeleitet habe, überzeugt daher nicht. Ihr Verweis auf § 14 Abs. 2 Satz 2 AsylG und Art. 6 der Verfahrensrichtlinie führt nicht weiter, da die Verfahren nach Art. 6 der Verfahrensrichtlinie und Art. 20 Dublin-III-VO voneinander zu trennen sind, da sie eigene Anforderungen aufweisen und insbesondere im Bereich der Fristen unterschiedlichen Regelungen unterliegen. 56Vgl. auch EuGH (Große Kammer), Urteil vom 26. Juli 2017 - C-670/16 -, juris, Rn. 102. 57Dies zugrunde gelegt, hat das Bundesamt die maßgebliche Frist gewahrt. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt, zu dem das Aufnahmeersuchen bei dem ersuchten Mitgliedstaat eingeht, wobei sich der Zeitpunkt regelmäßig aus dem vom "DubliNET"-System ausgestellten Empfangsbekenntnis ergibt. 58Vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW, Beschluss vom 6. September 2017 - 11 A 1810/15.A -, juris, Rn. 18 ff. 59Die Ersuchen des Bundesamts, aufgrund dessen die finnischen Behörden sich bereit erklärt haben, die Klägerin aufzunehmen, ist ausweislich des "DubliNET Proof of Delivery" am 29. Juli 2021 und damit rechtzeitig bei den finnischen Behörden eingegangen. 60Auch die Überstellungfrist des Art. 29 Dublin-III-VO ist noch nicht abgelaufen. 612. Die Aufhebung der Feststellung zum Vorliegen von Abschiebungsverboten hinsichtlich Finnlands kommt nicht in Betracht, da das Bundesamt gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG verpflichtet war, eine Entscheidung zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zu treffen, nachdem es den Asylantrag zu Recht als unzulässig abgelehnt hatte. Ungeachtet aller sonstigen Zweifelsfragen waren und sind Abschiebungsverbote zudem nicht festzustellen. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen zu den Aufnahmebedingungen in Finnland verwiesen werden. Soweit die Klägerin angibt, es sei ihr nicht möglich, in der Nähe ihrer Onkel zu leben, muss sie sich entgegenhalten lassen, dass sie nicht einmal angeben konnte, wo diese in Finnland leben. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, warum es dem finnischen Staat nicht möglich sein sollte, sie vor rechtswidrigen Übergriffen - die sie auch selbst nicht behauptet - zu schützen. 623. Auch die Klage gegen die Abschiebungsanordnung ist unbegründet, da diese nicht zu beanstanden ist. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a AsylG. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung in den Staat an, der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, wenn feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Die Abschiebung kann nur dann durchgeführt werden, wenn ihr weder zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote noch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse entgegenstehen, wobei unerheblich ist, ob diese vor oder nach Erlass der Abschiebungsanordnung entstanden sind. 63Vgl. in ständiger Rechtsprechung: OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris, Rn. 4; vgl. auch: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14 -, juris. 64Entsprechende Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vorstehenden Ausführungen zu Feststellung von Abschiebungsverboten verwiesen werden. 654. Schließlich ist das auf zwölf Monate befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot nicht zu beanstanden. Die Ermessensentscheidung des Bundesamtes, es auf zwölf Monate ab dem Tag der Abschiebung zu befristen, ist nach Maßgabe des sich aus § 114 Satz 1 VwGO ergebenden (eingeschränkten) Prüfungsumfangs nicht zu beanstanden (vgl. § 11 Abs. 3 AufenthG). Die Kammer folgt der Einschätzung des Bundesamts, die Klägerin verfüge über keine (wesentlichen) Bindungen, die im Rahmen der Ermessenserwägungen zu berücksichtigten wären. Das familiäre Verhältnis zu volljährigen Familienangehörigen (hier zu ihrem Onkel und dessen Ehefrau) fällt regelmäßig nicht besonders ins Gewicht. 66Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. der gerichtsbescheid ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung abwenden durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des gerichtsbescheids vollstreckbaren betrages, wenn nicht die beklagte zuvor sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die volljährige klägerin ist iranische staatsangehörige. sie ist im besitz einer finnischen aufenthaltserlaubnis, die bis zum 26. juni 2021 gültig war. sie reiste am 26. oktober 2020 in das bundesgebiet ein und beantragte mit schreiben vom 31. januar 2021 bei der n. n., ihr eine aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 abs. 3 des aufenthaltsgesetzes (aufenthg), hilfsweise gemäß § 25 abs. 5 aufenthg zu erteilen. zur begründung gab sie im wesentlichen an, sie sei im sommer 2019 auf veranlassung ihres vaters zwangsweise mit einem in finnland lebenden mann verheiratet worden. sie sei nicht bereit, diese ehe in finnland zu führen und könne auch nicht in den iran zurückkehren, da ihre haltung dort nicht akzeptiert werde. im juni 2021 erhob sie eine untätigkeitsklage gegen die n. n. mit dem ziel, eine bearbeitung ihres antrags zu erreichen. mit schreiben vom 1. juli 2021 gab diese der klägerin gelegenheit, sich zur beabsichtigten ablehnung ihres antrags auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis zur äußern und wies dazu darauf hin, die klägerin äußere ein materielles asylgesuch, für das ausschließlich das bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) zuständig sei. 3in der folge wandte sich die klägerin an das bundesamt. einem als "belehrungsdokumentation" bezeichneten schreiben der landesaufnahmeeinrichtung bochum ist als "registrierungsdatum" der 13. juli 2021 zu entnehmen. das bundesamt vermerkte als "datum der antragstellung" den 14. juli 2021. im rahmen des persönlichen gesprächs zu bestimmung des zuständigen mitgliedstaats und der persönlichen anhörung zur klärung der zulässigkeit des gestellten asylantrags beim bundesamt am 26. juli 2021 gab die klägerin im wesentlichen an, in deutschland halte sich ein onkel mütterlicherseits auf, der ihr in ihrer seelischen verfassung geholfen habe. sie sei über schweden nach deutschland gereist. die finnische botschaft habe ihr einen aufenthaltstitel erteilt, da sie mit einem finnen zwangsverheiratet worden sei. sie sei nie in finnland gewesen, da sie sich nicht mit ihrem mann treffen und eine richtige ehe eingehen wolle. in finnland lebten zwei onkel väterlicherseits, in deren umgebung sie nicht leben könne, deren aufenthaltsort ihr jedoch unbekannt sei. 4am 29. juli 2021 richtete das bundesamt unter verweis auf art. 12 abs. 1 bzw. 3 der verordnung (eu) nr. 604/2013 vom 26. juni 2013 zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedstaats, der für die prüfung eines von einem drittstaatsangehörigen oder staatenlosen in einem mitgliedstaat gestellten antrags auf internationalen schutz zuständig ist (dublin-iii-vo) ein aufnahmeersuchen an die finnischen behörden. mit schreiben vom 30. juli 2021 teilte der "finnish immigration service" dem bundesamt mit, dass man das aufnahmeersuchen akzeptiere. 5mit bescheid des bundesamts vom 30. juli 2021 lehnte die beklagte den asylantrag der klägerin als unzulässig ab (1.) und stellte fest, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 satz 1 aufenthg nicht vorliegen (2.). sie ordnete die abschiebung der klägerin nach finnland (3.) und ein einreise- und aufenthaltsverbot gemäß § 11 abs. 1 aufenthg für zwölf monate ab dem tag der abschiebung (4.) an. 6am 10. august 2021 hat die klägerin die vorliegende klage erhoben und zugleich einen einstweiligen rechtsschutzantrag (4 l 472/21.a) gestellt. 7zur begründung verweist sie darauf, die beklagte sei nach art. 21 abs. 1 satz 3 dublin-iii-vo für die prüfung ihres asylantrags zuständig geworden. nach § 13 abs. 1 asylg liege ein asylantrag vor, wenn sich dem schriftlich geäußerten willen des ausländers entnehmen lasse, dass er im bundesgebiet schutz vor abschiebung in einen staat begehre, in dem ihm eine verfolgung im sinne des § 3 abs. 1 asylg drohe. dies sei mit dem antrag vom 21. januar 2021 gegenüber der ausländerbehörde der n. n. erfolgt. über diesen sei trotz mehrfacher rückfragen und erinnerungen weder entschieden worden, noch sei sie gemäß § 19 abs. 1 des asylgesetzes (asylg) unverzüglich an die zuständige aufnahmeeinrichtung zur meldung weitergeleitet worden. eine inhaltliche prüfung ihres asylgesuchs sei überdies erfolgt, da sie gemäß § 25 asylg zu ihren fluchtgründen aus dem iran angehört worden sei. 8die klägerin beantragt, 9den bescheid des bundesamtes vom 30. juli 2021 aufzuheben. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12sie beruft sich auf die begründung des angegriffenen bescheids. 13mit beschluss vom 7. september 2021 im verfahren 4 l 472/21.a hat der einzelrichter den einstweiligen rechtschutzantrag der klägerin abgelehnt. hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs bezug genommen. 14 | 15das gericht kann gemäß § 84 abs. 1 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid entscheiden, weil die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. die beteiligten sind hierzu gehört worden. 16die zulässige anfechtungsklage ist unbegründet. der bescheid des bundesamts vom 30. juli 2021 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 171. die ablehnung des asylantrags als unzulässig findet ihre grundlage in § 29 abs. 1 nr. 1 asylg. danach ist ein asylantrag unzulässig, wenn ein anderer staat nach maßgabe der dublin-iii-vo für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist. 18das ist hier der fall. die anwendung der kriterien des kapitels iii der dublin-iii-vo ergibt, dass finnland für die prüfung des asylantrags der klägerin zuständig ist (a.). systemische schwachstellen des dortigen asylverfahrens und der aufnahmebedingungen stehen der zuständigkeit nicht entgegen (b.). die zuständigkeit ist auch nicht auf die beklagte übergegangen. sie hat von ihrem selbsteintrittsrecht gemäß art. 17 abs. 1 dublin-iii-vo keinen gebrauch gemacht und ist dazu auch nicht verpflichtet (c.). im übrigen hat sie die maßgeblichen fristen beachtet (d.). 19a. nach art. 3 abs. 1 dublin-iii-vo prüfen die mitgliedstaaten jeden antrag auf internationalen schutz, den ein drittstaatsangehöriger oder staatenloser insbesondere im hoheitsgebiet eines mitgliedstaats stellt. der antrag wird von einem einzigen mitgliedstaat geprüft, der nach den kriterien des kapitels iii als zuständiger staat bestimmt wird. nach art. 7 abs. 1 dublin-iii-vo finden die kriterien zur bestimmung des zuständigen mitgliedstaats in der in kapitel iii genannten rangfolge anwendung. dabei wird von der situation ausgegangen, die zu dem zeitpunkt gegeben ist, zu dem der antragsteller seinen antrag auf internationalen schutz zum ersten mal in einem mitgliedstaat stellt, art. 7 abs. 2 dublin-iii-vo. nach art. 12 abs. 1 dublin-iii-vo ist, wenn der antragsteller einen gültigen aufenthaltstitel besitzt, der mitgliedstaat für die prüfung des antrags auf internationalen schutz zuständig, der den aufenthaltstitel ausgestellt hat. nach art. 12 abs. 4 dublin-iii-vo gilt selbiges, wenn der antragsteller einen aufenthaltstitel besitzt, der weniger als zwei jahre zuvor abgelaufen ist, solange er das hoheitsgebiet der mitgliedstaaten nicht verlassen hat. 20so liegt der fall hier, da die klägerin in besitz eines bis zum 26. juni 2021 gültigen finnischen aufenthaltstitels ist. sie hat das hoheitsgebiet der mitgliedstaaten seit ihrer einreise auch nicht verlassen. 21eine abweichende zuständigkeit ist auch nicht aufgrund eines vorrangig zu prüfenden kriteriums des kapitels iii der dublin-iii-vo begründet. auf art. 8 dublin-iii-vo (minderjährige) kann sich die volljährige klägerin nicht berufen. auch art. 10 dublin-iii-vo ist nicht einschlägig. er setzt voraus, dass ein antragsteller in einem mitgliedstaat einen familienangehörigen hat, über dessen antrag auf internationalen schutz noch keine erstentscheidung ergangen ist. daran fehlt es hier, da der einzige in betracht kommende verwandte in deutschland, der onkel der klägerin, bereits kein familienangehöriger i. s. d. art. 2 lit. g dublin-iii-vo ist. 22nach art. 18 abs. 1 lit. a dublin-iii-vo ist finnland damit verpflichtet, die klägerin nach maßgabe der art. 21, 22 und 29 dublin-iii-vo aufzunehmen. 23b. systemische schwachstellen i. s. d. art. 3 abs. 2 uabs. 2 dublin-iii-vo stehen der zuständigkeit finnlands nicht entgegen. nach dieser vorschrift setzt der die zuständigkeit prüfende mitgliedstaat die prüfung der in kapitel iii vorgesehenen kriterien fort, wenn es wesentliche gründe für die annahme gibt, dass das asylverfahren und die aufnahmebedingungen für antragsteller in dem zunächst als zuständig bestimmten mitgliedstaat systemische schwachstellen aufweisen, die eine gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden behandlung im sinne des art. 4 der eu-grundrechtecharta mit sich bringen. 24die vorschrift des art. 3 abs. 2 uabs. 2 dublin-iii-vo dient der umsetzung der rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union zu den sogenannten systemischen schwachstellen. danach gründet sich das gemeinsame europäische asylsystem auf das prinzip gegenseitigen vertrauens, dass alle daran beteiligten staaten die grundrechte sowie die rechte beachten, die ihre grundlage in der genfer flüchtlingskonvention und dem protokoll von 1967 sowie in der europäischen menschenrechtskonvention finden. daher müsse die vermutung gelten, dass die behandlung der asylbewerber in jedem einzelnen mitgliedstaat in einklang mit den erfordernissen der eu-grundrechtecharta sowie mit der genfer flüchtlingskonvention und der europäischen menschenrechtskonvention stehe. 25die vermutung der menschenrechtskonformen behandlung von asylbewerbern ist allerdings widerlegbar. den mitgliedstaaten einschließlich der nationalen gerichte obliegt es, einen asylbewerber nicht an den "zuständigen mitgliedstaat" im sinne der dublin-iii-vo zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen mängel des asylverfahrens und der aufnahmebedingungen für asylbewerber in diesem mitgliedstaat ernsthafte und durch tatsachen bestätigte gründe für die annahme darstellen, dass der antragsteller tatsächlich gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung im sinne des art. 4 der eu-grundrechtecharta (eu-grcharta) ausgesetzt zu werden. 26die fokussierung der prognose auf systemische mängel ist dabei ausdruck der vorhersehbarkeit solcher defizite, weil sie im rechtssystem des zuständigen mitgliedstaats angelegt sind oder dessen vollzugspraxis strukturell prägen. solche mängel treffen den einzelnen in dem zuständigen mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus sicht der deutschen behörden und gerichte wegen ihrer systemimmanenten regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. die widerlegung der oben genannten vermutung auf grund systemischer mängel setzt deshalb voraus, dass das asylverfahren oder die aufnahmebedingungen im zuständigen mitgliedstaat auf grund größerer funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem asylbewerber im konkret zu entscheidenden einzelfall mit beachtlicher wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung droht. 27vgl. statt vieler: oberverwaltungsgericht (ovg) nrw, urteil vom 13. oktober 2017 - 11 a 78/17.a -, juris, rn. 34 ff. m. w. n. 28gleichgültig ist, ob eine verletzung des art. 4 eu-grcharta zum zeitpunkt der überstellung, während des asylverfahrens oder nach dessen abschluss droht. systemische, allgemeine oder aber bestimmte personengruppen betreffende schwachstellen fallen jedoch nur dann unter art. 4 eu-grcharta, wenn sie eine besonders hohe schwelle der erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen umständen des falles abhängt. diese schwelle wäre erreicht, wenn die gleichgültigkeit der behörden eines mitgliedstaats zur folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher unterstützung abhängige person sich unabhängig von ihrem willen und ihren persönlichen entscheidungen in einer situation extremer materieller not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen zustand der verelendung versetzte, der mit der menschenwürde unvereinbar wäre. die schwelle ist daher selbst in durch große armut oder eine starke verschlechterung der lebensverhältnisse der betreffenden person gekennzeichneten situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller not verbunden sind, aufgrund deren die betreffende person sich in einer solch schwerwiegenden situation befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung gleichgestellt werden kann. auch kann der bloße umstand, dass im ersuchenden mitgliedstaat die sozialhilfeleistungen und/oder die lebensverhältnisse günstiger sind als im normalerweise für die prüfung des antrags auf internationalen schutz zuständigen mitgliedstaat, nicht die schlussfolgerung stützen, dass die betreffende person im fall ihrer überstellung in den zuletzt genannten mitgliedstaat tatsächlich der gefahr ausgesetzt wäre, eine gegen art. 4 der charta verstoßende behandlung zu erfahren. 29vgl. europäischer gerichtshof (eugh), urteile vom 19. märz 2019 ‑ c-163/17 -, juris, rn. 88 ff., und - c-297/17, c-318/17, c-319/17 und c-438/17 -, juris, rn. 81 ff. 30den vorstehenden kriterien entsprechende anhaltspunkte sind in bezug auf finnland als zielstaat der überstellung nicht ersichtlich, 31vgl. aus jüngerer zeit: verwaltungsgericht (vg) trier, urteil vom 18. november 2020 - 7 k 2540/20.tr -, juris, 32und werden auch von der klägerin nicht substantiiert dargelegt. 33nach den dem gericht vorliegenden informationen arbeitet die finnische regierung mit dem amt des hohen flüchtlingskommissars der vereinten nationen (unhcr) und anderen humanitären organisationen zusammen, um flüchtlingen, zurückkehrenden flüchtlingen, asylbewerbern, staatenlosen und anderen betroffenen personen schutz und hilfe zu gewähren. die gewährung des asyl- oder flüchtlingsstatus ist gesetzlich geregelt, und die regierung hat ein system zur gewährung von schutz für flüchtlinge eingerichtet. das parlament legt eine jährliche quote für die aufnahme von flüchtlingen fest, über deren zuteilung die regierung entscheidet. asylbewerber haben das recht auf eine kostenlose rechtliche vertretung während des gesamten antragsverfahrens, 34vgl. usdos, 2020 country report on human rights practises: finland, 35wenn auch kritisiert wird, dass asylbewerber in der anfangsphase des asylverfahrens und bei späteren berufungen nicht stets angemessenen zugang zu rechtsbeistand gehabt haben sollen. 36vgl. auch: amnesty international, the state of world's human rights; finland 2020. 37nach aussage des menschenrechtszentrum, einer öffentlichen einrichtung, die dem parlamentarischen ombudsmann angegliedert ist, wurden im laufe des jahres verbesserungen beim rechtsbeistand für asylbewerber vorgenommen, einschließlich größerer anreize für anwälte zur vertretung der bewerber und qualitätskontrollen, die von der finnischen einwanderungsbehörde bei der bearbeitung von asylanträgen eingeführt wurden. 38vgl. usdos, 2020 country report on human rights practises: finland. 39die regierung hält sich an die dublin-iii-vo. personen, die im rahmen des dublin-regimes nach finnland zurückkehren, haben vollen zugang zum asylverfahren und zu entsprechenden unterstützungsleistungen. ihre verfahren werden, je nach ausgangslage, entweder neu begonnen oder fortgesetzt. die verfahren werden im ordentlichen - oder aber auch im beschleunigten - verfahren abgewickelt und inhaltlich geprüft, außer der antrag ist unzulässig nach art. 33 abs. 2 lit. b, c der richtlinie 2013/32/eu vom 26. juni 2013 zu gemeinsamen verfahren für die zuerkennung und aberkennung des internationalen schutzes (verfahrensrichtlinie). auch ein asylfolgeantrag ist möglich. 40vgl. bundesamt für fremdenwesen und asyl der republik österreich (bfa), länderinformationsblatt der staatendokumentation finnland (gesamtaktualisierung am 4. mai 2020), s. 7; siehe auch: usdos, 2020 country report on human rights practises: finland. 41asylwerber werden in finnland in aufnahmezentren untergebracht, die sich auf das ganze land verteilen. mit stand vom 2. märz 2020 gab es in finnland - neben privaten unterkünften - 35 aufnahmezentren für erwachsene und familien mit einer gesamtaufnahmekapazität von ca. 6.400 personen und fünf einheiten für unbegleitete minderjährige mit einer kapazität von 97 personen. bedürftige asylwerber erhalten eine unterbringungszulage zur befriedigung grundlegender bedürfnisse, die vom finnischen staat finanziert wird. erwachsene asylwerber haben anspruch auf notwendige und dringende medizinische behandlung. je nach anzahl ihrer bewohner beschäftigen die aufnahmezentren krankenschwestern und krankenpfleger, die die gesundheitsdienste der asylsuchenden koordinieren, erstuntersuchungen durchführen, akute fälle behandeln und gesundheitsinformationsveranstaltungen organisieren. einige zentren werden auch von ehrenamtlich tätigen ärzten, zahnärzten, psychologen, psychiatrischen krankenschwestern und -pflegern sowie von zahnarzthelfern und hygienikern besucht. minderjährige asylwerber haben anspruch auf dieselben medizinischen leistungen wie finnische staatsbürger. sowohl erwachsene als auch minderjährige haben anspruch auf grundlegende sozialfürsorgeleistungen. alle gemeinden müssen garantieren, dass kindern, schulkindern und schwangeren zugang zu öffentlichen präventiven gesundheitsdiensten gewährt wird. medcoi bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen anfragen zu eu-mitgliedsstaaten, da die ärzte von medcoi davon ausgehen, dass medizinische behandlungsmöglichkeiten in der eu generell in ausreichendem maße verfügbar sind. 42vgl. bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation finnland (gesamtaktualisierung am 4. mai 2020), s. 10 f., 12 f. 43personen, denen internationaler oder subsidiärer schutz gewährt wird, erhalten eine aufenthaltsberechtigung. diese wird für vier jahre erteilt (aufenthaltsgenehmigung a). nach diesem zeitraum muss die genehmigung erneuert werden und kann dann unbefristet ausgestellt werden (aufenthaltsgenehmigung p). die arbeitsmarktsituation für migranten hat sich in letzter zeit verbessert, wenngleich der prozentsatz der arbeitslosigkeit unter migranten immer noch wesentlich höher ist als unter einheimischen. was die unterbringung der schutzberechtigten betrifft, erfolgt gleichzeitig mit der gewährung von internationalem oder subsidiärem schutz eine überweisung in eine eigene wohnung in einer finnischen gemeinde. als einwohner einer gemeinde haben die schutzberechtigten zugang zu allen sozialen und sonstigen leistungen. auch besteht zugang zu umfassender medizinischer versorgung. 44vgl. bfa, länderinformationsblatt der staatendokumentation finnland (gesamtaktualisierung am 4. mai 2020), s. 13 ff. 45c. die somit begründete zuständigkeit ist nicht gemäß art. 17 abs. 1 dublin-iii-vo auf die beklagte übergangen. danach kann jeder mitgliedstaat abweichend von art. 3 abs. 1 dublin-iii-vo beschließen, einen bei ihm gestellten asylantrag zu prüfen, auch wenn er nach den in der dublin-iii-vo festgelegten kriterien nicht für die prüfung zuständig ist. die entscheidung steht grundsätzlich im ermessen der beklagten. sie kann jedoch auch unabhängig von ihrem erklärten willen aufgrund einer ermessensreduzierung auf null zuständig werden, wenn zum zeitpunkt der entscheidung des gerichts hinreichend sicher feststeht, dass innerhalb der nächsten sechs monate eine überstellung aus tatsächlichen gründen nicht möglich sein wird oder durchgeführt werden kann. 46vgl. ovg nrw, beschluss vom 8. dezember 2017 - 11 a 1966/15.a -, juris, rn. 7 ff. m. w. n. 47es liegen keine anhaltspunkte dafür vor, dass das bundesamt beschlossen hat, den antrag der klägerin unter berufung auf art. 17 abs. 1 dublin-iii-vo zu prüfen. dazu genügt insbesondere nicht, dass sie die klägerin nach der antragstellung zu ihrem verfolgungsschicksal angehört hat. 48vgl. dazu ausführlich: vg düsseldorf, beschluss vom 20. februar 2015 - 10 l 3022/14.a -, juris, rn. 10; vg magdeburg, beschluss vom 20. februar 2017 - 8 b 90/17 -, juris, rn. 9 ff., jeweils m. w. n. 49es steht auch nicht (hinreichend sicher) fest, dass eine überstellung innerhalb der nächsten sechs monate aus tatsächlichen gründen nicht möglich sein wird. 50angesichts des bisherigen verlaufs der sars-cov-2-pandemie und der erheblichen entspannung der situation durch den impffortschritt in den sommermonaten spricht nichts dafür, dass eventuelle schwierigkeiten bei der überstellung von asylbewerbern für weitere sechs monate anhalten könnten. 51d. die beklagte ist auch nicht nach art. 21 abs. 1 dublin-iii-vo oder art. 29 abs. 2 satz 1 dublin-iii-vo für die prüfung des antrags der klägerin auf internationalen schutz zuständig (geworden). nach art. 21 abs. 1 uabs. 3 dublin-iii-vo ist der mitgliedstaat, in dem der antrag gestellt wurde, zuständig, wenn er den anderen mitgliedstaat nicht innerhalb der frist des art. 21 abs. 1 uabs. 1 und 2 dublin-iii-vo um die aufnahme des antragstellers ersucht. nach art. 21 abs. 1 uabs. 1 dublin-iii-vo kann der mitgliedstaat, in dem ein antrag auf internationalen schutz gestellt wurde, diesen anderen mitgliedstaat so bald wie möglich, auf jeden fall aber innerhalb von drei monaten nach antragstellung im sinne von art. 20 abs. 2 dublin-iii-vo ersuchen, den antragsteller aufzunehmen. 52fristbeginn war im vorliegenden fall der 13. juli 2021. maßgeblich ist insoweit der zeitpunkt der antragstellung i. s. d. art. 20 abs. 2 dublin-iii-vo. danach gilt ein antrag auf internationalen schutz als gestellt, wenn den zuständigen behörden des betreffenden mitgliedstaats ein vom antragsteller eingereichtes formblatt oder ein behördliches protokoll zugegangen ist. zuständige behörde ist das bundesamt und nicht etwa - auch - die ausländerbehörde. 53vgl. auch eugh (große kammer), urteil vom 26. juli 2017 - c-670/16 -, juris, rn. 75. 54der insoweit eindeutige wortlaut, dem zufolge allein auf den zugang bei den "zuständigen behörden" abzustellen ist, wird auch durch eine systematische betrachtung bestätigt. so gilt ein antrag auf internationalen schutz insbesondere dann als gestellt, wenn diesen ein behördliches protokoll zugegangen ist. der eingang der notwendigen informationen bei einer anderen als der zuständigen behörde genügt also gerade nicht, entscheidend ist die weiterleitung dieser in einem behördlichen protokoll enthaltenen informationen an die zuständige behörde. 55die ansicht der klägerin, entscheidend sei die kenntnis der ausländerbehörde der n. n., die ihr asylgesuch unter verstoß gegen § 14 abs. 2 satz 2 asylg und art. 6 abs. 1 verfahrensrichtlinie nicht unverzüglich an das bundesamt weitergeleitet habe, überzeugt daher nicht. ihr verweis auf § 14 abs. 2 satz 2 asylg und art. 6 der verfahrensrichtlinie führt nicht weiter, da die verfahren nach art. 6 der verfahrensrichtlinie und art. 20 dublin-iii-vo voneinander zu trennen sind, da sie eigene anforderungen aufweisen und insbesondere im bereich der fristen unterschiedlichen regelungen unterliegen. 56vgl. auch eugh (große kammer), urteil vom 26. juli 2017 - c-670/16 -, juris, rn. 102. 57dies zugrunde gelegt, hat das bundesamt die maßgebliche frist gewahrt. entscheidend ist dabei der zeitpunkt, zu dem das aufnahmeersuchen bei dem ersuchten mitgliedstaat eingeht, wobei sich der zeitpunkt regelmäßig aus dem vom "dublinet"-system ausgestellten empfangsbekenntnis ergibt. 58vgl. oberverwaltungsgericht (ovg) nrw, beschluss vom 6. september 2017 - 11 a 1810/15.a -, juris, rn. 18 ff. 59die ersuchen des bundesamts, aufgrund dessen die finnischen behörden sich bereit erklärt haben, die klägerin aufzunehmen, ist ausweislich des "dublinet proof of delivery" am 29. juli 2021 und damit rechtzeitig bei den finnischen behörden eingegangen. 60auch die überstellungfrist des art. 29 dublin-iii-vo ist noch nicht abgelaufen. 612. die aufhebung der feststellung zum vorliegen von abschiebungsverboten hinsichtlich finnlands kommt nicht in betracht, da das bundesamt gemäß § 31 abs. 3 satz 1 asylg verpflichtet war, eine entscheidung zum vorliegen der voraussetzungen des § 60 abs. 5 und 7 satz 1 aufenthg zu treffen, nachdem es den asylantrag zu recht als unzulässig abgelehnt hatte. ungeachtet aller sonstigen zweifelsfragen waren und sind abschiebungsverbote zudem nicht festzustellen. insoweit kann auf die vorstehenden ausführungen zu den aufnahmebedingungen in finnland verwiesen werden. soweit die klägerin angibt, es sei ihr nicht möglich, in der nähe ihrer onkel zu leben, muss sie sich entgegenhalten lassen, dass sie nicht einmal angeben konnte, wo diese in finnland leben. im übrigen ist nicht ersichtlich, warum es dem finnischen staat nicht möglich sein sollte, sie vor rechtswidrigen übergriffen - die sie auch selbst nicht behauptet - zu schützen. 623. auch die klage gegen die abschiebungsanordnung ist unbegründet, da diese nicht zu beanstanden ist. sie findet ihre rechtsgrundlage in § 34a asylg. nach dieser vorschrift ordnet das bundesamt die abschiebung in den staat an, der für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist, wenn feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. die abschiebung kann nur dann durchgeführt werden, wenn ihr weder zielstaatsbezogene abschiebungsverbote noch inlandsbezogene abschiebungshindernisse entgegenstehen, wobei unerheblich ist, ob diese vor oder nach erlass der abschiebungsanordnung entstanden sind. 63vgl. in ständiger rechtsprechung: ovg nrw, beschluss vom 30. august 2011 - 18 b 1060/11 -, juris, rn. 4; vgl. auch: bundesverfassungsgericht, beschluss vom 17. september 2014 - 2 bvr 1795/14 -, juris. 64entsprechende anhaltspunkte sind nicht ersichtlich. insoweit kann zur vermeidung von wiederholungen auf die vorstehenden ausführungen zu feststellung von abschiebungsverboten verwiesen werden. 654. schließlich ist das auf zwölf monate befristete einreise- und aufenthaltsverbot nicht zu beanstanden. die ermessensentscheidung des bundesamtes, es auf zwölf monate ab dem tag der abschiebung zu befristen, ist nach maßgabe des sich aus § 114 satz 1 vwgo ergebenden (eingeschränkten) prüfungsumfangs nicht zu beanstanden (vgl. § 11 abs. 3 aufenthg). die kammer folgt der einschätzung des bundesamts, die klägerin verfüge über keine (wesentlichen) bindungen, die im rahmen der ermessenserwägungen zu berücksichtigten wären. das familiäre verhältnis zu volljährigen familienangehörigen (hier zu ihrem onkel und dessen ehefrau) fällt regelmäßig nicht besonders ins gewicht. 66die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo und § 83b asylg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung. | Verklagte*r | 0 |
143,938 | 8 K 1220/15 | 2015-10-27T00:00:00 | Urteil | Tenor Ziffer 2. der Verfügung des Beklagten vom 18.03.2015 wird vollständig und Ziff. 3 insoweit aufgehoben, als sie sich auch auf erlaubnisfreie Waffen bezieht. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der am 29.05.1979 in E. geborene Kläger ist seit dem 01.01.2009 Sportschütze im Polizeischießverein PSV E. . Auf seinen Antrag hin stellte der Beklagte ihm am 03.08.2012 eine Waffenbesitzkarte aus, in die eine Pistole eingetragen war. Im Zuge der zuvor durchgeführten Überprüfung der Zuverlässigkeit des Klägers wurde ihm bekannt, dass in der Vergangenheit gegen diesen mehrere Ermittlungsverfahren anhängig waren, darunter eines wegen Beleidigung und Bedrohung, die jedoch sämtlich eingestellt wurden. Darüber hinaus erfuhr er durch eine Abfrage, dass der Kläger im Februar 2012 anlässlich einer Verkehrskontrolle, als er sich ohne Kfz-Papiere auf dem Weg zur Moschee befand, den Polizeibeamtinnen nahegelegt hat, ihn nicht anzusehen, sondern in eine andere Richtung zu schauen. Er sei gläubiger Moslem und habe eine Haddsch durchgeführt. Diese Erkenntnisse standen seinerzeit nach Einschätzung des Beklagten der Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis nicht entgegen. 3Bei einer Wohnungsdurchsuchung in anderer Angelegenheit wurden von der Polizei am 09.11.2012 die Pistole und die zugehörige Munition sowie ein PTB-Revolver zunächst sichergestellt, am 13.11.2012 jedoch wieder an ihn zurückgegeben. 4Im September 2014 erhielt ein Mitarbeiter des Beklagten in einem vertraulichen Gespräch den Hinweis, dass der Kläger vor einiger Zeit eine Wallfahrt nach Mekka unternommen habe und später nochmals nach Mekka gereist sei, wobei er den deutsch-islamistischen Prediger Q. W. begleitet haben solle. Seither sei er in seinem Erscheinungsbild sehr traditionell wie auch seine Ehefrau, die die Burka trage. Aus seinem religiösen Umfeld sei er bereits mehrmals gebeten worden, sein Äußeres zu ändern, was er jedoch abgelehnt habe. Auf Anfrage teilte die Staatsschutzabteilung der Kriminalpolizei C. mit, dass der Kläger dort als Anhänger der islamistischen Szene seit Jahren bekannt sei. Die Zugehörigkeit zur islamistischen Szene sei belegt. Es würden diesbezüglich zahlreiche Hinweise mit mehreren Überprüfungsvorgängen existieren. Hierbei war auch die Äußerung der Leiterin der Kindertagesstätte in M. , die der Sohn des Klägers besucht, erfasst. Diese gab an, dass der Sohn im Kindergarten geäußert habe, dass sein Vater jetzt eine Pistole gekauft habe. Auch sei der Kläger radikaler Islamist und Gegner der Jeziden aus M. . Jezidische Mütter hätten sich vor kurzem überrascht geäußert, dass er in der Kita sei. Der Kläger sei doch befreundet mit dem Q. W. . Die hätten doch im Internet verbreitet, dass sie alle getötet werden sollten. Über die Staatsschutzabteilung der Kriminalpolizei C. wurden darüber hinaus die Teilnahme des Klägers an einer Benefizveranstaltung des salafistisch geprägten Vereins „Helfen in Not“, die zunächst versehentlich auf den 29.09.2014 datiert wurde, tatsächlich aber am 29.09.2013 stattfand, sowie die Teilnahme an einem Grillfest der „Ansaar C. “ im S. Park am 22.06.2014 aktenkundig. Diese Gruppierung - so die Staatsschutzabteilung - unterhalte enge Kontakte zu „Ansaar E1. “, die wiederum Verbindungen zur islamistischen Szene im ganzen Bundesgebiet habe. Deshalb stehe sie im Fokus staatsschutzmäßiger Beobachtungen. 5Daraufhin hörte der Beklagte den Kläger zu einem beabsichtigten Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis und einem Waffenverbot an. In einem nachfolgenden Gespräch mit der Leiterin der Kindertagesstätte in M. , Frau C1. , wies diese einen Mitarbeiter des Beklagten darauf hin, dass die Eltern der in dem Kindergarten betreuten jezidischen Kinder ihre Ängste geäußert hätten, die sie gegenüber dem Kläger hegen würden. Dieser solle auf einer arabischen Internetseite in einer Filmsequenz zu sehen gewesen sein, in der er die Taten des IS gewürdigt habe und wo er auch persönlich schmähend und mit Todesdrohungen gegen Kurden gesprochen haben solle. Diese Seite im Internet sei inzwischen jedoch gelöscht worden. Der Kläger habe ihr nach einem Besuch der Moschee in M. eine Anzahl von Koranausgaben zum ständigen Verbleib mit in den Kindergarten gebracht. Diese seien noch in Folie eingeschweißt gewesen. Sie hätten denen geglichen, die von den Salafisten in den Städten verteilt würden. Auch sei ihr aufgefallen, dass der Sohn des Klägers im Kindergarten „richtig Krieg“ spiele. Nicht einfach nur so, wie Kinder das schon mal täten, sondern in einer Form, die auf sie erschreckend echt und geschult gewirkt hätte. In einem späteren Telefongespräch wies Frau C1. den Beklagten darauf hin, dass sie sich von dem Kläger unter Druck gesetzt fühle. Er habe in zwei Gesprächen von ihr verlangt, dass sie ihre Angaben hinsichtlich seiner Waffe zurücknehme bzw. abschwäche. Er habe ihr mit einer Anzeige wegen Verleumdung gedroht. 6Durch seinen Prozessbevollmächtigten nahm der Kläger zu den beabsichtigten waffenrechtlichen Maßnahmen gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 18.11.2014 Stellung. Er wies darauf hin, er werde aufgrund seines Äußeren vorverurteilt. Er sei Mitglied der DiTiB-Moschee in M. . Aus den Akten lasse sich nicht erkennen, inwiefern ihm ein Bezug zur islamistischen Szene nachgewiesen werden könne. Die angesprochene Polizeikontrolle habe sechs Monate vor Erteilung seiner Waffenbesitzkarte stattgefunden. Sie sei den Behörden bekannt gewesen und hätte seinerzeit seiner waffenrechtlichen Zuverlässigkeit nicht entgegengestanden. Im Übrigen habe er den Polizistinnen dabei nicht gesagt, sie sollten nicht in seine Richtung schauen. Er habe sie nur gebeten, nicht mit der Taschenlampe aus kürzester Entfernung in sein Gesicht zu strahlen. Es sei für ihn eine unangenehme Situation gewesen, aufgrund seines Äußeren wie ein „Verbrecher“ behandelt und provoziert worden zu sein. Wenn sein Sohn im Kindergarten von dem Kauf einer Pistole im Kindergarten gesprochen habe, könne er sich dies nur dadurch erklären, dass er von seinem Sohn unbemerkt beobachtet worden sei, als er die Waffe vor dem Schießtraining in seinen Waffenkoffer gepackt habe. Er habe auch ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis mit Jeziden, mit denen er schon seit 1998 in einem Haus lebe. Als Autohändler habe er auch viele jezidisch-kurdische Kunden, sein Sohn habe jezidische Freunde. In der Kita habe es noch nie Probleme gegeben. Er habe zusammen mit seiner Ehefrau die große Pilgerfahrt nach Mekka im Jahre 2010 vollzogen und damit eine der fünf Pflichten eines jeden Moslems erfüllt. Danach habe er sich aus religiöser Überzeugung einen Vollbart wachsen lassen, der über die Jahre hinweg länger geworden sei. Ab Mai 2010 habe er dann zunächst aus gesundheitlichen Gründen, später aus Bequemlichkeit eine weite Hose getragen. Weil er von der Pilgerfahrt 2010 so begeistert gewesen sei, habe er 2012 allein noch die kleine Pilgerfahrt nach Saudi-Arabien unternommen. Dabei sei er nicht mit Q. W. zusammen gewesen. Seine Ehefrau trage keine Burka, sondern lediglich ein Kopftuch. Er sei weder radikaler Islamist noch predige er Gewalt gegen Andersgläubige. Er gehöre auch keiner radikalen Strömung oder Vereinigung an. Er habe niemals an demonstrativen Aktivitäten der salafistischen Szene teilgenommen und plane dies auch nicht. Eine Trennung von Männern und Frauen bei Veranstaltungen, eine Teilnahme an einem Grillfest oder einer Benefizveranstaltung können nicht als Indiz für eine salafistische Ausrichtung herangezogen werden. Er sei auch nie bei einer solchen Veranstaltung in C3. gewesen. Er habe nicht gewusst, dass „Ansaar C. “ enge Kontakte zu „Ansaar E1. “ unterhalte und diese im Fokus staatsschutzmäßiger Beobachtung stehe. 7Auf Bitten des Klägers teilte der Leiter des PSV E. dem Beklagten mit, dass der Kläger ein respektiertes Vereinsmitglied, zuverlässig, freundlich und gut integriert sei, wenngleich einige Vereinsmitglieder vor einiger Zeit Anstoß an seinem Äußeren genommen hätten. 8Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 18.03.2015 widerrief der Beklagte die dem Kläger erteilte Waffenbesitzkarte (1.) und untersagte ihm den Erwerb und Besitz von erlaubnisfreien und erlaubnispflichtigen Waffen und Munition für unbefristete Zeit (2.). Gleichzeitig ordnete er die Unbrauchbarmachung seiner Waffen bzw. die Überlassung an einen Berechtigten an und forderte den Kläger auf, ihm einen Nachweis hierüber vorzulegen (3.). Schließlich ordnete er noch die sofortige Vollziehung der Verfügungen zu Ziffer 2. und 3. an. Zur Begründung führte er mit umfangreichen Darlegungen aus, dass die Zugehörigkeit des Klägers zur islamistischen Szene aktenkundig sei und er durch sein Verhalten zeige, dass er verfassungsfeindliche Gedanken hege, auch wenn er nicht Mitglied in einer Vereinigung sei, die verfassungswidrige Bestrebungen verfolge. Die Zugehörigkeit zur islamistischen Szene rechtfertige auch die Annahme, dass dem Kläger die erforderliche Zuverlässigkeit auch für den Besitz von erlaubnisfreien Waffen fehle. Das aus diesem Grunde ausgesprochene Waffenverbot setze als Präventionsmaßnahme nicht voraus, dass der Kläger bereits eine Waffe missbräuchlich oder leichtfertig eingesetzt habe. Vielmehr sei durch sein Verhalten und seine Lebenseinstellung zu befürchten, dass er mit Waffen und Munition nicht ordnungsgemäß und rechtskonform umgehen werde. 9Daraufhin hat der Kläger fristgerecht am 30.04.2015 die vorliegende Klage erhoben. 10Auf Anfrage des Gerichts hat die Staatsschutzabteilung der Kriminalpolizei C. über den Beklagten am 23.10.2015 ergänzend mitgeteilt, dass sich der Kläger am 20.07.2014 auf der ersten LIES-Veranstaltung im Sato Festsaal in Köln-Kalk befunden habe. Dort seien als Redner Q. W. , J. B. O. , T. F. - F1. alias B1. E2. und B2. C4. zugegen gewesen. Die Veranstaltung sei durch den Staatsschutz L. aufgeklärt worden. Dabei seien auch die Kennzeichen der dort abgestellten Pkw notiert worden. Eins davon habe dem Kläger als Halter zugeordnet werden können. Im Nachgang zu der Veranstaltung seien Fotos bei Facebook veröffentlicht worden. Auf einem der Fotos sei auch der Kläger zu erkennen. Darüber hinaus habe der Kläger am 08.06.2015 an einer Veranstaltung in Bad Salzuflen teilgenommen. Dort habe der Islamwissenschaftler aus C5. , B3. N. , zu einem Gespräch/einer Diskussion zum Thema Salafismus eingeladen. Im Laufe der Veranstaltung sei es zu Störungen durch fünf Personen gekommen. Es seien Äußerungen gegen Herrn N. gefallen, die dieser als bedrohlich empfunden habe. Eine der störenden Personen sei der Kläger gewesen. Der Organisator der Veranstaltung habe ihn anhand von Lichtbildern wiedererkannt und den Eindruck gehabt, dass er der Sprecher oder Anführer der Gruppe gewesen sei. Darüber hinaus wird noch von einer Streitigkeit und einer vom Kläger ausgesprochenen Bedrohung mit den Worten „Wenn meine Familie nicht hier wäre, dann würde ich dich umbringen“ berichtet. 11In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger schließlich ausgesagt, er erfahre von den Veranstaltungen, an denen er teilnehme, über das Internet oder werde über Facebook oder WhatsApp hiervon benachrichtigt. Er gehe zu derartigen Veranstaltungen, weil er Autohändler sei und auf diese Weise Geschäftsbeziehungen pflegen könne. Außerdem gebe es bei den großen Veranstaltungen die Möglichkeit, besser als anderswo weite Kleidung und Gebetsteppiche, Datteln und dergleichen zu kaufen. Bei der Veranstaltung in L. /Kalk habe es sich um ein „Fastenbrechen“ gehandelt. Damals seien seine Frau und seine Kinder schon in der Türkei gewesen. Er sei allein gewesen und niemand habe für ihn kochen können. Deshalb habe er eine Einladung angenommen und sei mit Freunden dorthin gefahren, zumal er auch dort seine Hinweise auf seinen Autohandel an den abgestellten Pkw habe anbringen dürfen. Er habe nicht gedacht, dass es sich hierbei in irgendeiner Form um etwas Verbotenes handeln könnte. Vielmehr habe er sich vergewissert, dass er durch seine Teilnahme nicht gegen deutsche Gesetze verstoße. Bei der LIES-Kampagne habe er zehn Koran-Ausgaben mitgenommen, weil er von anderen um Überlassung von Koran-Ausgaben gebeten worden sei. Auf Wunsch habe er auch einige im Kindergarten abgegeben. Hierzu sei es nur gekommen, weil die DiTiB-Moschee in M. keine deutschen Koran-Ausgaben mehr vorrätig gehabt habe, die sie an den Kindergarten hätte abgeben können. Da sei er auf Bitten der Moschee eingesprungen und habe dort wunschgemäß vier seiner Exemplare abgegeben. Er habe nie Gelder an die Organisation „Helfen in Not“ gespendet. Auch sei dort kein Eintritt verlangt worden. Ebenso wenig habe er bei der Veranstaltung von Ansaar C. Geld bezahlt oder gespendet. Von den drei nachgewiesenen Veranstaltungen abgesehen habe er niemals salafistische Redner wie Q. W. „live“ gehört. Sein Interesse habe auch niemals den Rednern gegolten, sondern vielmehr seinen Geschäften. Die Reden könne er einfacher über YouTube anhören, wenn er es wolle. Zu Salafisten habe er allenfalls geschäftliche Kontakte. 12Vor dem Jahre 2010 sei er eher „Wochenendmoslem“ gewesen. Dann sei er auf Bitten seiner Frau mit ihr zur Haddsch nach Saudi-Arabien gegangen und habe bereits im Vorfeld eine Bewusstseinsveränderung an sich wahrgenommen. Er habe die emotionale und spirituelle Wirkung erfahren, die mit der Reise nach Mekka zusammenhing. Er habe sich in der Folgezeit stärker mit dem Islam befasst und sich bemüht, streng nach den islamischen Gesetzen zu leben, was auch im Hinblick auf Alkohol, Zigaretten und dergleichen gelte. Wegen dieser spirituellen Erfahrung habe er nochmals nach Saudi-Arabien reisen wollen und sei deshalb im Jahr 2012 und im Jahr 2013 jeweils für zwei Wochen allein auf kleine Pilgerfahrten gegangen, einmal nach Mekka und einmal nach Medina. Man könne die Empfindungen nicht erklären, sondern nur selbst wahrnehmen, die einen dazu veranlassen würden, solche Reisen zu machen. Er wolle weder in Saudi-Arabien, wo man sich ohnehin nur drei Monate aufhalten dürfe, noch in Deutschland unter der Scharia, die hier ja gar nicht zulässig sei, leben. Er sei in Deutschland groß geworden und wolle hier nach der demokratischen Grundordnung im Einklang mit den Gesetzen sein Leben führen. 13Der Kläger beantragt, 14den Bescheid des Beklagten vom 18.03.2015 aufzuheben. 15Der Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Er hält an seiner Bewertung in dem Widerrufsbescheid fest und nimmt auf seine dortige ausführliche Begründung Bezug. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Die Klage ist zulässig, aber nur zum Teil begründet. 21Soweit der Beklagte in dem Bescheid vom 18.03.2015 die Waffenbesitzkarte des Klägers widerrufen hat, begegnet seine Entscheidung keinen rechtlichen Bedenken und verletzt den Kläger auch nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 22Diese Entscheidung findet ihre Rechtsgrundlage in § 45 Abs. 2 des Waffengesetzes (WaffG). Nach dieser Vorschrift ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zu ihrer Versagung hätten führen müssen. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG setzt die Erteilung einer Erlaubnis voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit gemäß § 5 WaffG besitzt. Diese wird in § 5 Abs. 2 Nr. 3 a WaffG im Regelfall für solche Personen verneint, die einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt haben, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass die Verfolgung verfassungsfeindlicher Ziele durch waffenrechtliche Erlaubnisse nicht auch noch von staatlicher Seite scheinbar oder tatsächlich sanktioniert wird. 23So Apel/Bushard, Waffenrecht, 3. Aufl., § 5 RZ 37. 24Wann verfassungsfeindliche Bestrebungen vorliegen, die verfolgt oder unterstützt werden, kann aus den Regelungen des § 92 Abs. 2 des Strafgesetzbuches (StGB) sowie aus § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) hergeleitet werden. Nach den dort enthaltenen Legaldefinitionen zählen zur verfassungsmäßigen Ordnung das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, die Unabhängigkeit der Gerichte, der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. 25Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c BVerfSchG sind Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung nur die in diesem Sinne verfolgten politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen. Bestrebungen müssen also politisch determiniert, folglich objektiv geeignet sein, über kurz oder lang politische Wirkung zu entfalten. Sie erfordern ein aktives Vorgehen ihrer Realisierung. Kein Bestandteil des Merkmals „Bestrebung“ ist jedoch ein „aktiv kämpferisches“ Verhalten. Auch definiert das Gesetz den Begriff der Bestrebung nicht anhand der Merkmale legal/illegal. Es kommt nicht darauf an, ob bestimmte Verhaltensweisen erlaubt sind oder nicht. 26So BVerwG, Urteil vom 21.07.2010 - 6 C 22/09 -, juris. 27Erfasst werden davon Verhaltensweisen, die über rein politische Meinungen hinausgehen und auf Durchsetzung eines Ziels ausgerichtet sind. Dabei müssen die Aktivitäten auf die Beeinträchtigung eines der vom Gesetz geschützten Rechtsgüter abzielen und somit ein maßgeblicher Zweck der Bestrebung sein. Die bloße Inkaufnahme einer entsprechenden Gefährdung ist nicht ausreichend. Die verantwortlich Handelnden müssen auf den Erfolg einer Rechtsgüterbeeinträchtigung hinarbeiten. 28So ebenfalls BVerwG, Urteil vom 21.07.2010, a.a.O. 29Ausgehend von diesen Grundsätzen ist bei extremistischen Salafisten - diesem Personenkreis ordnet der Beklagte den Kläger letztlich zu - die Einschätzung gerechtfertigt, dass sie Bestrebungen gegen die freiheitliche, demokratische Grundordnung verfolgen. Nach dem Verfassungsschutzbericht für das Land Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2014 verstehen extremistische Salafisten die islamische Religion als Ideologie und die Scharia als gottgegebenes Ordnungs- und Herrschaftssystem. Demokratie ist in ihren Augen eine falsche „Religion“. Gesetze können der salafistischen Ideologie zufolge nur von Gott kommen (Prinzip der göttlichen Souveränität) und niemals vom Volk. Die Volkssouveränität als wesentliches Element der Demokratie westlicher Prägung ist demnach unvereinbar mit dem religiös argumentierenden Salafismus. Vertreter dieser Ideologie behaupten, dass alle gesellschaftlichen Probleme nur durch eine uneingeschränkte Anwendung von Koran und Sunna sowie eine entsprechend strikte Ausrichtung des Lebens gelöst werden können. Dazu zählt die konsequente Anwendung der „Scharia“ nach salafistischer Auslegung. Sie fordern eine rigide Trennung von Mann und Frau, nicht nur in der Moschee, sondern insgesamt im öffentlichen Raum. Eine gemeinsame schulische Erziehung von Jungen und Mädchen wird grundsätzlich abgelehnt. Sie grenzen Frauen auf den heimischen Bereich ein. Berufstätigkeit von Frauen wird abgelehnt. Frauen sollen sich ganz auf den Haushalt und die Kindererziehung konzentrieren. Sie sind nach diesem Wertebild nominell gleichwertig, aber keinesfalls gleichberechtigt … Die salafistische Ideologie widerspricht somit in wesentlichen Punkten (Gesellschaftsbild, politisches Ordnungssystem, Gleichberechtigung, individuelle Freiheit) den Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Darüber hinaus führt sie zur Bildung einer Parallelgesellschaft. Dies birgt aufgrund der propagierten feindlichen Einstellungen gegenüber der übrigen Gesellschaft ein großes Konfliktpotential und beeinträchtigt das friedliche gesellschaftliche Zusammenleben. Im Jahr 2014 waren in Nordrhein-Westfalen mindestens 1.900 extremistische Salafisten bekannt, davon rund 1.600 politische Salafisten und 300 gewaltorientierte. 30So der Verfassungsschutzbericht für das Land Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2014, S. 136 bis 138. 31Diese Grundpfeiler der salafistischen Ideologie stehen auch nach Auffassung des erkennenden Gerichts in einem fundamentalen Widerspruch zu einem Kernprinzip der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, weil die Staatsgewalt vom Volk ausgeht und die Rechtssetzung in einem politischen Prozess nach bestimmten demokratischen Verfahrensregeln erfolgt. Zudem widerspricht die Stellung der Frau nach dem vom Salafismus propagierten fundamentalistischen Verständnis des Islam dem Gleichberechtigungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 2 GG. 32So auch VG Aachen, Urteil vom 26.02.2015 - 1 K 1395/14 -, juris, bestätigt durch das OVG NRW, Beschluss vom 13.05.2015 - 1 A 807/15 -, juris. 33Derartige salafistische verfassungsfeindliche Bestrebungen hat der Kläger, wenn nicht gar selbst verfolgt, so doch zumindest in den letzten fünf Jahren unterstützt. Dem steht nicht entgegen, dass er - wie er von sich behauptet - der salafistischen Szene zuzurechnenden Vereinigungen keine finanzielle Unterstützung zukommen lässt. Deren verfassungsfeindliche Bestrebungen können auch durch die „bloße“ Teilnahme an Veranstaltungen unterstützt werden. Hierzu hat das VG München ausgeführt, dass insoweit zu § 5 Abs. 2 Nr. 3 a WaffG zwar keine einschlägige Rechtsprechung vorhanden sei. Der Rechtsprechung im Übrigen lasse sich aber entnehmen, dass die bloße Teilnahme an Demonstrationen oder anderen Veranstaltungen einschneidende sicherheitsrechtliche Maßnahmen rechtfertige, weil dies den Schluss auf die Unterstützung von gesetzlich missbilligten Bestrebungen zulasse. 34So VG München, Urteil vom 13.11.2013 - M 7 K 12.2797 -, juris. 35Dieser Auffassung folgt das Gericht. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem bereits zitierten Urteil vom 21.07.2010 z.B. ausgeführt, dass die Beobachtung einzelner Personen durch den Verfassungsschutz gerechtfertigt ist, wenn deren Tätigkeit lediglich objektiv geeignet ist, verfassungsfeindliche Bestrebungen zu unterstützen. Das Bundesverfassungsschutzgesetz wolle nach seinem Zweck helfen, objektiv bestehende Gefahren für die freiheitlich-demokratische Grundordnung abzuwehren. Solche Gefahren gingen nicht nur von Personen aus, die der freiheitlichen demokratischen Grundordnung feindlich gegenüberstünden und sie ganz oder teilweise beseitigen wollten. Ebenso gefährlich könnten Personen sein, die selbst auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stünden, jedoch bei objektiver Betrachtung durch ihre Tätigkeit verfassungsfeindliche Bestrebungen fördern würden, ohne dies zu erkennen. Eine derartige Person, die nicht merke, wofür sie missbraucht werde, könne für den Bestand der freiheitlich-demokratischen Grundordnung genauso gefährlich sein wie der Überzeugungstäter. 36So BVerwG, Urteil vom 21.07.2010, a.a.O. unter Hinweis auf 37BVerwG, Urteil vom 11.11.2004 - BVerwG 3 C 8.04 -. 38In einer anderen Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht für die Ergreifung ausländerrechtlicher Maßnahmen wegen Unterstützung des internationalen Terrorismus jede Tätigkeit als ausreichend angesehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der inkriminierten Vereinigung auswirkt. Dazu zähle jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördere, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördere und damit ihre potentielle Gefährlichkeit festige und ihr Gefährdungspotential stärke, ohne dass es auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele oder eine subjektive Vorwerfbarkeit ankomme. 39So BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26/03 -, juris. 40Ein Unterstützen könne dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Demonstrationen und Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Gerichts feststehe, dass der Betreffende auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst stehe, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringe und damit deren Stellung in der Gesellschaft begünstigend beeinflusse, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitere und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres latenten Gefahrenpotentials beitrage. 41So wiederum BVerwG, Urteil vom 15.03.2005, a.a.O. 42Diese Darlegungen müssen ‑ auch insoweit folgt das Gericht dem bereits zitierten Urteil des VG München - bei der Bewertung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 WaffG berücksichtigt werden. Ein Unterstützen setzt deshalb nicht voraus, dass sich bei dem Betreffenden bereits Anhaltspunkte für einen Missbrauch von Waffen wegen seiner politischen oder ideologischen Ziele ergeben haben. Deshalb muss die Unterstützungshandlung auch nicht in waffenrechtlicher Hinsicht den Schluss erlauben, dass der Waffenbesitzer seine Waffen künftig im Sinne einer verfassungsfeindlichen Einstellung gegen die Rechtsordnung einsetzen wird. Denn der Gesetzgeber hat lediglich auf das Unterstützen verfassungsfeindlicher Bestrebungen abgestellt, nicht jedoch einen Waffenbezug als weitere Voraussetzung aufgestellt. 43Nach Auffassung des Gerichts unterstützt der Kläger in diesem Sinne auch den extremistischen Salafismus. Nachgewiesenermaßen hat er am 22.06.2014 an einem Grillfest der „Ansaar C. “, im S. Park teilgenommen. Diese Organisation hält enge Kontakte zu „Ansaar E1. “ und steht nach den in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Angaben des Staatsschutzes C. im Fokus staatsschutzmäßiger Beobachtungen. „Ansaar E1. “ wiederum unterhält Verbindungen zur islamistischen Szene im ganzen Bundesgebiet. Bei dem Grillfest wurden Männer und Frauen durch einen zwei Meter hohen Zaun voneinander getrennt. Auf dem Rasen wurden die Gebetsteppiche ausgebreitet. Nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen in seinem schon genannten Bericht (S. 142 f.) handelt es sich bei dem im Jahr 2012 in E1. gegründeten Verein „Ansaar E1. e.V.“ nach eigenem Verständnis um einen Hilfsbund zur Unterstützung notleidender Glaubensgeschwister im In- und Ausland. Der Verein führt auch die Bezeichnung „Ansaar international“. Er ist fest mit der deutschen Salafistenszene verwoben. Er unterstützt Hilfsprojekte für bedürftige Muslime weltweit. Innerhalb Deutschland verfügt die Organisation über mehrere sog. „Ansaar International Teams“, die im Namen des Vereins Spenden sammeln, Werbeaktionen durchführen und im Internet mit eigenen Facebook-Auftritten für sich werben. 44Darüber hinaus nahm der Kläger am 29.09.2013 in I. an einer Veranstaltung der Organisation „Helfen in Not“ teil. Nach dem Verfassungsschutzbericht bezeichnet sich dieser Verein mit Sitz in O1. als Hilfsverein zur Unterstützung notleidender Muslime. Im Vordergrund seiner Aktivitäten steht die Hilfe für die vom Bürgerkrieg betroffenen Menschen in Syrien. Er machte im Berichtsjahr 2014 durch Benefizveranstaltungen auf sich aufmerksam, bei denen für in Not geratene Muslime in Syrien, aber auch in anderen Regionen der Welt gesammelt wurde. Bei diesen Veranstaltungen traten regelmäßig Prediger auf, die fest in der salafistischen Szene verwurzelt sind. Dazu gehörten auch Prediger, die dem gewaltaffinen Spektrum des Salafismus in Nordrhein-Westfalen zuzuordnen ist. Der Verein hat medizinische Güter und Kleidung in mehreren Hilfskonvois nach Syrien gebracht. In diesem Zusammenhang traten ebenfalls Personen des salafistischen Spektrums in Erscheinung, die die Konvois begleiteten oder organisatorisch in die Abwicklung der Transporte eingebunden waren (S. 143 des Verfassungsschutzberichtes). 45Des Weiteren ist die Teilnahme des Klägers an der 1. LIES-Veranstaltung am 20.07.2014 in Köln-Kalk belegt. Als Redner waren dort u.a. auch Q. W. und J. B. O. anwesend. Die Veranstaltung wurde durch den Staatsschutz L. aufgeklärt. Im Nachgang wurden Fotos bei Facebook veröffentlicht, die sich in den Verwaltungsvorgängen befinden und auf denen auch der Kläger zu sehen ist. Im Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen (S. 138) wird Q. W. als bundesweit agierender salafistischer Prediger bezeichnet, der aus Nordrhein-Westfalen stammt und hier seinen schwerpunktmäßigen Wirkungskreis hat. Seine Kundgebungen wurden im Internet beworben und von Angehörigen der jeweiligen örtlichen Salafistenszene angemeldet. Der in L. lebende salafistische Prediger J. B. O. bildet mit seinem Netzwerk „die wahre Religion“ einen Schwerpunkt des politischen Salafismus, wobei eindeutig Bezüge zum extremistischen Salafismus erkennbar sind. In der Öffentlichkeit tritt dieses Netzwerk durch die Verteilung von deutschsprachigen Koranexemplaren unter dem Label „LIES“ bzw. „Haus des Qurans“ hervor. Dabei sind die Aktionen ähnlich wie ein Franchise-System organisiert. Eine Zentralstelle leitet an, die Verantwortlichkeit für die Aktion vor Ort übernehmen autarke lokale Akteure. Ihr Ziel ist nicht die tatsächliche Konversion aller in Deutschland lebenden Menschen zum Islam, sondern das Provozieren medialer und staatlicher Reaktionen. Koranverteilungen sind zwar ‑ so der Verfassungsschutzbericht weiter ‑ grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden. Verteilungen im Rahmen der „LIES-Kampagne“ sind jedoch eindeutig als salafistisch-extremistische Aktionsform zu werten und dienen einem Heranführen junger Menschen an die extremistische Szene. In diesem Zusammenhang ist auch die Teilnahme des Klägers an der „LIES-Veranstaltung“ in Köln-Kalk zu sehen. Der Bezug zu der „LIES-Aktion“ ist den hierzu geposteten Fotos unzweideutig zu entnehmen. Es handelte sich dabei, auch dies lassen die Fotos erkennen, um einen überschaubaren Teilnehmerkreis, nicht um eine Großveranstaltung. Auf einem der Fotos ist auch der Kläger zu erkennen. Ein weiteres Foto zeigt den Redner Q. W. . Nach seinen eigenen Angaben hat der Kläger von dieser Veranstaltung zehn in Folie eingeschweißte deutsche Koranausgaben mitgenommen, um sie an andere Menschen weiter zu verteilen. Dies war dem Beklagten zwar bei seiner Entscheidung noch nicht bekannt, ist hier aber dennoch nicht außer Acht zu lassen, weil es zum Einen im unmittelbaren Zusammenhang mit der schon damals bekannten Abgabe von Koranausgaben im Kindergarten steht, zum Anderen aber auch das in den Blick zu nehmende Gesamtbild von der Persönlichkeit des Klägers und seinen Unterstützungshandlungen abrundet. 46Damit hat der Kläger im Sinne der oben beschriebenen Grundsätze salafistische und damit verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützt. Er gibt zwar vor, nichts von Verbindungen der „Ansaar-C. “ und des Vereins „Helfen in Not“ zur salafistischen und islamistischen Szene zu wissen. Diese Einlassung vermag das Gericht jedoch nicht zu überzeugen. In der mündlichen Verhandlung hat er seinen Wandel von einem früher eher gemäßigten Moslem („Wochenendmoslem“) hin zu einem streng gläubigen Moslem geschildert. Danach begann seine innere Wandlung kurz vor seiner Ausreise zur Haddsch nach Mekka in Saudi-Arabien und war aufgrund seiner emotionalen und spirituellen Erfahrung so bestimmend für ihn, dass er fortan beschloss, in jeder Hinsicht streng nach den islamischen Gesetzen zu leben, er hat sich einen langen Bart wachsen lassen und trägt seither nur noch weite Kleidung. Er richtet sich nach den Vorgaben des Koran aus und hat im Jahre 2012 und nochmals im Jahre 2013 jeweils für zwei Wochen erneut kleine Pilgerfahrten nach Saudi-Arabien, einmal nach Mekka und einmal nach Medina unternommen. Seine extrem strenggläubige Grundhaltung wurde ausweislich der in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Aktenvermerke schon im Februar 2012 deutlich, als er anlässlich einer Verkehrskontrolle die Polizistin unter Hinweis darauf, dass er die Haddsch unternommen habe und streng gläubiger Moslem sei, bat, ihn nicht anzusehen, sondern in eine andere Richtung zu blicken. Zudem hat er in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, von Veranstaltungen wie den oben beschriebenen über das Internet zu erfahren oder in vielfältiger Weise über Facebook oder WhatsApp hiervon benachrichtigt zu werden. Es erscheint dem Gericht ausgeschlossen, dass dem Kläger im Vorfeld der Teilnahme an solchen Veranstaltungen entgangen ist, dass diese einen Bezug zur salafistischen Szene haben, da sich den Einladungen und Hinweisen im Internet auf diese Veranstaltungen schon an den Berichten zu den Hilfsleistungen und der Wortwahl der Einladungen, gepaart mit Hinweisen auf die getrennte Unterbringung von Männern und Frauen in verschiedenen Hallen, entnehmen lässt, dass es sich hierbei um Betreiber und Organisatoren handelt, die eine extrem streng gläubige Auffassung des Koran vertreten. Insofern nimmt das Gericht dem Kläger auch nicht ab, dass er zu derartigen Großveranstaltungen nur gegangen sei, um hierbei Geschäftskontakte als Autohändler zu pflegen. Diese könnten auch auf anderen Großveranstaltungen erreicht werden, die keinen Bezug zur salafistischen Szene haben. Auch der Hinweis des Klägers, auf diesen Veranstaltungen könne man besser als anderswo Gebetsteppiche, weite Hosen und Datteln kaufen, ist nicht geeignet, das Gericht davon zu überzeugen, dass er nicht genau über die salafistischen Bezüge dieser Veranstaltungen in I. und C. informiert war und hieran nicht gerade wegen ihrer extremistischen Ausrichtung teilgenommen hat. Nur hierdurch wird seine mehrfach in der Verhandlung betonte Aussage erklärbar, er habe sich jeweils im Vorfeld von Veranstaltungen erkundigt, ob diese mit den deutschen Gesetzen in Einklang stehen oder er sich durch eine Teilnahme strafbar mache. Einer solchen Nachfrage hätte es nicht bedurft, hätte der Kläger tatsächlich keine Kenntnis von dem salafistischen Bezug der Veranstaltungen gehabt. Insbesondere belegt aber die Teilnahme des Klägers an der ersten „LIES-Veranstaltung“ in Köln-Kalk seine Nähe zur salafistischen Szene und durch die Mitnahme von zehn Koranausgaben auch seine konkrete Unterstützung der extremistischen Islamisten. Wenn er seine Teilnahme hieran in der mündlichen Verhandlung damit zu erklären versuchte, er sei lediglich zum „Fastenbrechen“ nach Ende des Ramadan eingeladen worden und habe dieser Einladung Folge geleistet, weil seine Ehefrau sich schon in der Türkei befunden habe und für ihn nicht habe kochen können, so ist dieser Erklärungsversuch schlicht abwegig. Die Abwesenheit seiner Ehefrau kann ihn zwar genötigt haben, außerhalb seines eigenen Zuhauses zusammen mit anderen Moslems das „Fastenbrechen“ zu begehen. Dies hätte jedoch auch in seinem Wohnort M. im Zusammenhang mit Angehörigen der DiTiB-Moschee, sonstigen Freunden oder Verwandten geschehen können. Eine Reise zu dieser speziellen Veranstaltung nach Köln-Kalk, bei der bekannte salafistische Extremisten als Redner auftraten, ist mit der Tradition des „Fastenbrechens“ nicht erklärbar. Schon gar nicht kann hiermit erläutert werden, warum der Kläger zehn Ausgaben des Koran im Rahmen der „LIES-Kampagne“ mitgenommen hat, die er in dem vom Verfassungsschutzbericht beschriebenen Sinne des Franchise-Systems weiterleiten wollte. Es mag zwar sein, dass er entsprechende Exemplare im Kindergarten in M. nur verteilt hat, weil die DiTiB-Moschee über keine deutschsprachigen Ausgaben des Koran mehr verfügte, die Leitung des Kindergartens bei der DiTiB-Moschee jedoch eine solche angefragt hatte. Dieser Umstand ändert aber nichts an der Tatsache, dass er bei der „LIES-Kampagne“ in Köln-Kalk nach seinem eigenen Bekunden zehn der dort vorhandenen Koranausgaben zur Weiterverteilung an andere Personen mitgenommen und damit diese Aktion unterstützt hat. 47Das besondere Interesse des Klägers am Salafismus wird auch durch seine Teilnahme an der Diskussions- und Gesprächsrunde zum Thema Salafismus am 08.06.2015 in Bad Salzuflen belegt, zu der der Islamwissenschaftler B3. N. aus C5. eingeladen war und bei der es nach Angaben des Staatsschutzes C. zu störenden Zwischenrufen insbesondere auch durch den Kläger kam, die von Herrn N. zum Teil als bedrohlich empfunden wurden. 48Dass der Kläger betont, in Deutschland nach der demokratischen Grundordnung in Einklang mit den deutschen Gesetzen leben zu wollen, ändert nichts an der oben dargelegten Einschätzung seiner Unterstützungstätigkeit. Zum einen kann es sich hierbei um ein bloßes „Lippenbekenntnis“ handeln, das nicht mit seiner inneren Überzeugung übereinstimmt und nur aus Opportunitätsgründen abgegeben wurde. Zum anderen ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts schon dargelegt worden, die insoweit auch auf den Kläger zutreffen kann und die auf die Gefährlichkeit von Personen hinweist, die selbst auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen, objektiv aber verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützen. 49Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. 07.2010 a.a.O. 50Da das Gericht schon durch die Teilnahme des Klägers an den zunächst genannten Veranstaltungen seine Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen der extremistischen Salafisten als gegeben ansieht, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Kläger darüber hinaus in der Vergangenheit auch zusammen mit Q. W. auf jezidenfeindlichen Videos zu sehen war, was die jezidischen Mütter im Kindergarten in M. angstvoll berichtet haben, was aber, da die entsprechende Internetseite gelöscht ist, nicht mehr nachweisbar ist. Außer Acht bleiben können deshalb auch die Rückschlüsse der Leiterin des Kindergartens aus den Äußerungen und Verhaltensweisen des Sohnes des Klägers. 51Insofern ist eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers nach § 5 Abs. 2 Satz 3 Buchstabe a WaffG gegeben. Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend ein Abweichen von der Regelvermutung dieser Norm gerechtfertigt sein könnte, sind nicht ersichtlich. Damit begegnet der in Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung ausgesprochene Widerruf der Waffenbesitzkarte des Klägers keinen rechtlichen Bedenken. 52Soweit sich der Kläger gegen das in Ziffer 2 der Verfügung ausgesprochene Waffenverbot wendet, hat seine Klage jedoch Erfolg. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 WaffG kann der Erwerb und Besitz von erlaubnisfreien und erlaubnispflichtigen Waffen und Munition zwar untersagt werden. Dies ist jedoch nur dann zulässig, wenn dies zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit geboten ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stehen hierbei Prävention und der Schutz von Leben und Gesundheit im Vordergrund. Allerdings wird die Möglichkeit eines waffenrechtlichen Verbotes nicht einfach eingeräumt, soweit es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit in Betracht kommt, sondern nur, soweit es „geboten“ ist. Darin drückt sich eine gesteigerte Anforderung im Sinne einer „Erforderlichkeit“ aus. Diese Anforderung begrenzt den im Verbot liegenden Eingriff, in dem nicht jede Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Voraussetzungen erfüllt, sondern nur eine mit höherer Dringlichkeit. Ein Verbot ist dann geboten, wenn der Waffenbesitzer bzw. der Erwerbswillige in der Vergangenheit ein Verhalten oder eine seiner Person anhaftende Eigenschaft zu Tage gelegt hat, welche den auf Tatsachen beruhenden Verdacht begründet, dass durch einen Umgang mit der Waffe Gefahren für die öffentliche Sicherheit verursacht werden. Nach § 41 Abs. 2 WaffG kann jemandem der Besitz nur untersagt werden, wenn durch den fortdauernden Besitz eine nicht hinnehmbare Gefahrensituation entstehen würde. Anknüpfungspunkt beim Verbot zum Besitz erlaubnispflichtiger Waffen nach § 41 Abs. 2 WaffG ist ebenso wie bei demjenigen nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG eine Gefährlichkeit des Waffenbesitzers. Deshalb sind Anordnungen nach diesen Vorschriften insbesondere dann gerechtfertigt, wenn der Betroffene eine Straftat begangen hat und aus der Tat auf eine rohe oder gewalttätige Gesinnung oder eine Schwäche des Täters zu schließen ist, sich zu Gewalttaten hinreißen zu lassen, oder wenn der Täter eine schwere Straftat mit Hilfe oder unter Mitführung von Waffen begangen hat oder Straftaten begangen hat, die nicht selten unter Mitführen oder Anwenden von Waffen begangen werden. 53So BVerwG, Urteil vom 22.08.2012 - 6 C 30/11 -, juris. 54Gemessen an diesen Voraussetzungen ist die von dem Beklagten ausgesprochene Untersagung des Erwerbs und Besitzes von erlaubnisfreien und erlaubnispflichtigen Waffen nicht gerechtfertigt. Zwar ist der Kläger ‑ wie oben dargelegt ‑ wegen der Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen waffenrechtlich unzuverlässig im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 a WaffG. Hieraus ergibt sich jedoch noch nicht seine Gefährlichkeit, die allein ein Waffenverbot rechtfertigen könnte. Da er wegen des Widerrufs der Waffenbesitzkarte und der damit verbundenen Anordnung der Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung seiner Waffe nicht mehr über eine Waffe verfügt und legal auch eine solche nicht mehr erwerben kann, hat das ausgesprochene Waffenverbot in erster Linie Bedeutung im Hinblick auf erlaubnisfreie Waffen. Dass durch den fortdauernden Besitz des Klägers auch erlaubnisfreier Waffen eine nicht hinnehmbare Gefahrensituation entstehen würde, ist nicht naheliegend. Der Kläger ist in der Vergangenheit nicht nachweisbar durch eine rohe oder gewalttätige Gesinnung oder eine Schwäche, sich zu Gewalttaten hinreißen zu lassen, aufgefallen. Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass ein Waffenverbot nicht voraussetzt, dass der Betroffene bereits eine Waffe oder Munition im Sinne des Waffengesetzes missbräuchlich oder leichtfertig eingesetzt hat. Anders als der Beklagte sieht das Gericht in der Zugehörigkeit des Klägers zur islamistischen Szene allerdings noch keinen zwingenden Hinweis darauf, dass allein aus diesem Grunde die Gefahr missbräuchlicher Verwendung von Waffen für die Zukunft besteht. Auch hat er bislang nicht mit Hilfe oder unter Mitführung von Waffen Straftaten begangen. Da ihm zudem vom vorsitzenden Leiter der Schießsportabteilung des Polizeischießvereins M1. -E. e.V. vom 11.03.2015 bescheinigt wurde, ein respektiertes Vereinsmitglied, zuverlässig, freundlich und gut integriert zu sein, sind keine Gründe ersichtlich, die die Verhängung des Waffenverbots als unausweichlich und somit zur Abwendung einer drohenden Gefahr für die Sicherheit geboten erscheinen lassen. Ziffer 2 der Verfügung vom 18.03.2015 ist deshalb rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. 55Dies hat auch Auswirkungen auf Ziffer 3 der Verfügung, mit der der Beklagte angeordnet hat, dass der Kläger seine Waffen, auch erlaubnisfreie, dauerhaft unbrauchbar machen lassen oder sie dauerhaft einem Berechtigten überlassen muss. Soweit sich diese Anordnung auf erlaubnispflichtige Waffen bezieht, ist die Verfügung nach zulässigem Widerruf der Waffenbesitzkarte rechtlich nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf die erlaubnisfreien Waffen und die hierzu gehörige Munition ist die Anordnung nach dem oben Gesagten dagegen nicht gerechtfertigt. 56Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und Abwendungsbefugnis beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 und 711 ZPO. | ziffer 2. der verfügung des beklagten vom 18.03.2015 wird vollständig und ziff. 3 insoweit aufgehoben, als sie sich auch auf erlaubnisfreie waffen bezieht. im übrigen wird die klage abgewiesen.die kosten des verfahrens trägt der kläger zu 2/3 und der beklagte zu 1/3.das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar.die beteiligten dürfen die vollstreckung gegen sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des aufgrund des urteils jeweils beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die gegenseite zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2der am 29.05.1979 in e. geborene kläger ist seit dem 01.01.2009 sportschütze im polizeischießverein psv e. . auf seinen antrag hin stellte der beklagte ihm am 03.08.2012 eine waffenbesitzkarte aus, in die eine pistole eingetragen war. im zuge der zuvor durchgeführten überprüfung der zuverlässigkeit des klägers wurde ihm bekannt, dass in der vergangenheit gegen diesen mehrere ermittlungsverfahren anhängig waren, darunter eines wegen beleidigung und bedrohung, die jedoch sämtlich eingestellt wurden. darüber hinaus erfuhr er durch eine abfrage, dass der kläger im februar 2012 anlässlich einer verkehrskontrolle, als er sich ohne kfz-papiere auf dem weg zur moschee befand, den polizeibeamtinnen nahegelegt hat, ihn nicht anzusehen, sondern in eine andere richtung zu schauen. er sei gläubiger moslem und habe eine haddsch durchgeführt. diese erkenntnisse standen seinerzeit nach einschätzung des beklagten der erteilung einer waffenrechtlichen erlaubnis nicht entgegen. 3bei einer wohnungsdurchsuchung in anderer angelegenheit wurden von der polizei am 09.11.2012 die pistole und die zugehörige munition sowie ein ptb-revolver zunächst sichergestellt, am 13.11.2012 jedoch wieder an ihn zurückgegeben. 4im september 2014 erhielt ein mitarbeiter des beklagten in einem vertraulichen gespräch den hinweis, dass der kläger vor einiger zeit eine wallfahrt nach mekka unternommen habe und später nochmals nach mekka gereist sei, wobei er den deutsch-islamistischen prediger q. w. begleitet haben solle. seither sei er in seinem erscheinungsbild sehr traditionell wie auch seine ehefrau, die die burka trage. aus seinem religiösen umfeld sei er bereits mehrmals gebeten worden, sein äußeres zu ändern, was er jedoch abgelehnt habe. auf anfrage teilte die staatsschutzabteilung der kriminalpolizei c. mit, dass der kläger dort als anhänger der islamistischen szene seit jahren bekannt sei. die zugehörigkeit zur islamistischen szene sei belegt. es würden diesbezüglich zahlreiche hinweise mit mehreren überprüfungsvorgängen existieren. hierbei war auch die äußerung der leiterin der kindertagesstätte in m. , die der sohn des klägers besucht, erfasst. diese gab an, dass der sohn im kindergarten geäußert habe, dass sein vater jetzt eine pistole gekauft habe. auch sei der kläger radikaler islamist und gegner der jeziden aus m. . jezidische mütter hätten sich vor kurzem überrascht geäußert, dass er in der kita sei. der kläger sei doch befreundet mit dem q. w. . die hätten doch im internet verbreitet, dass sie alle getötet werden sollten. über die staatsschutzabteilung der kriminalpolizei c. wurden darüber hinaus die teilnahme des klägers an einer benefizveranstaltung des salafistisch geprägten vereins „helfen in not“, die zunächst versehentlich auf den 29.09.2014 datiert wurde, tatsächlich aber am 29.09.2013 stattfand, sowie die teilnahme an einem grillfest der „ansaar c. “ im s. park am 22.06.2014 aktenkundig. diese gruppierung - so die staatsschutzabteilung - unterhalte enge kontakte zu „ansaar e1. “, die wiederum verbindungen zur islamistischen szene im ganzen bundesgebiet habe. deshalb stehe sie im fokus staatsschutzmäßiger beobachtungen. 5daraufhin hörte der beklagte den kläger zu einem beabsichtigten widerruf der waffenrechtlichen erlaubnis und einem waffenverbot an. in einem nachfolgenden gespräch mit der leiterin der kindertagesstätte in m. , frau c1. , wies diese einen mitarbeiter des beklagten darauf hin, dass die eltern der in dem kindergarten betreuten jezidischen kinder ihre ängste geäußert hätten, die sie gegenüber dem kläger hegen würden. dieser solle auf einer arabischen internetseite in einer filmsequenz zu sehen gewesen sein, in der er die taten des is gewürdigt habe und wo er auch persönlich schmähend und mit todesdrohungen gegen kurden gesprochen haben solle. diese seite im internet sei inzwischen jedoch gelöscht worden. der kläger habe ihr nach einem besuch der moschee in m. eine anzahl von koranausgaben zum ständigen verbleib mit in den kindergarten gebracht. diese seien noch in folie eingeschweißt gewesen. sie hätten denen geglichen, die von den salafisten in den städten verteilt würden. auch sei ihr aufgefallen, dass der sohn des klägers im kindergarten „richtig krieg“ spiele. nicht einfach nur so, wie kinder das schon mal täten, sondern in einer form, die auf sie erschreckend echt und geschult gewirkt hätte. in einem späteren telefongespräch wies frau c1. den beklagten darauf hin, dass sie sich von dem kläger unter druck gesetzt fühle. er habe in zwei gesprächen von ihr verlangt, dass sie ihre angaben hinsichtlich seiner waffe zurücknehme bzw. abschwäche. er habe ihr mit einer anzeige wegen verleumdung gedroht. 6durch seinen prozessbevollmächtigten nahm der kläger zu den beabsichtigten waffenrechtlichen maßnahmen gegenüber dem beklagten mit schreiben vom 18.11.2014 stellung. er wies darauf hin, er werde aufgrund seines äußeren vorverurteilt. er sei mitglied der ditib-moschee in m. . aus den akten lasse sich nicht erkennen, inwiefern ihm ein bezug zur islamistischen szene nachgewiesen werden könne. die angesprochene polizeikontrolle habe sechs monate vor erteilung seiner waffenbesitzkarte stattgefunden. sie sei den behörden bekannt gewesen und hätte seinerzeit seiner waffenrechtlichen zuverlässigkeit nicht entgegengestanden. im übrigen habe er den polizistinnen dabei nicht gesagt, sie sollten nicht in seine richtung schauen. er habe sie nur gebeten, nicht mit der taschenlampe aus kürzester entfernung in sein gesicht zu strahlen. es sei für ihn eine unangenehme situation gewesen, aufgrund seines äußeren wie ein „verbrecher“ behandelt und provoziert worden zu sein. wenn sein sohn im kindergarten von dem kauf einer pistole im kindergarten gesprochen habe, könne er sich dies nur dadurch erklären, dass er von seinem sohn unbemerkt beobachtet worden sei, als er die waffe vor dem schießtraining in seinen waffenkoffer gepackt habe. er habe auch ein gutes nachbarschaftliches verhältnis mit jeziden, mit denen er schon seit 1998 in einem haus lebe. als autohändler habe er auch viele jezidisch-kurdische kunden, sein sohn habe jezidische freunde. in der kita habe es noch nie probleme gegeben. er habe zusammen mit seiner ehefrau die große pilgerfahrt nach mekka im jahre 2010 vollzogen und damit eine der fünf pflichten eines jeden moslems erfüllt. danach habe er sich aus religiöser überzeugung einen vollbart wachsen lassen, der über die jahre hinweg länger geworden sei. ab mai 2010 habe er dann zunächst aus gesundheitlichen gründen, später aus bequemlichkeit eine weite hose getragen. weil er von der pilgerfahrt 2010 so begeistert gewesen sei, habe er 2012 allein noch die kleine pilgerfahrt nach saudi-arabien unternommen. dabei sei er nicht mit q. w. zusammen gewesen. seine ehefrau trage keine burka, sondern lediglich ein kopftuch. er sei weder radikaler islamist noch predige er gewalt gegen andersgläubige. er gehöre auch keiner radikalen strömung oder vereinigung an. er habe niemals an demonstrativen aktivitäten der salafistischen szene teilgenommen und plane dies auch nicht. eine trennung von männern und frauen bei veranstaltungen, eine teilnahme an einem grillfest oder einer benefizveranstaltung können nicht als indiz für eine salafistische ausrichtung herangezogen werden. er sei auch nie bei einer solchen veranstaltung in c3. gewesen. er habe nicht gewusst, dass „ansaar c. “ enge kontakte zu „ansaar e1. “ unterhalte und diese im fokus staatsschutzmäßiger beobachtung stehe. 7auf bitten des klägers teilte der leiter des psv e. dem beklagten mit, dass der kläger ein respektiertes vereinsmitglied, zuverlässig, freundlich und gut integriert sei, wenngleich einige vereinsmitglieder vor einiger zeit anstoß an seinem äußeren genommen hätten. 8mit dem hier angefochtenen bescheid vom 18.03.2015 widerrief der beklagte die dem kläger erteilte waffenbesitzkarte (1.) und untersagte ihm den erwerb und besitz von erlaubnisfreien und erlaubnispflichtigen waffen und munition für unbefristete zeit (2.). gleichzeitig ordnete er die unbrauchbarmachung seiner waffen bzw. die überlassung an einen berechtigten an und forderte den kläger auf, ihm einen nachweis hierüber vorzulegen (3.). schließlich ordnete er noch die sofortige vollziehung der verfügungen zu ziffer 2. und 3. an. zur begründung führte er mit umfangreichen darlegungen aus, dass die zugehörigkeit des klägers zur islamistischen szene aktenkundig sei und er durch sein verhalten zeige, dass er verfassungsfeindliche gedanken hege, auch wenn er nicht mitglied in einer vereinigung sei, die verfassungswidrige bestrebungen verfolge. die zugehörigkeit zur islamistischen szene rechtfertige auch die annahme, dass dem kläger die erforderliche zuverlässigkeit auch für den besitz von erlaubnisfreien waffen fehle. das aus diesem grunde ausgesprochene waffenverbot setze als präventionsmaßnahme nicht voraus, dass der kläger bereits eine waffe missbräuchlich oder leichtfertig eingesetzt habe. vielmehr sei durch sein verhalten und seine lebenseinstellung zu befürchten, dass er mit waffen und munition nicht ordnungsgemäß und rechtskonform umgehen werde. 9daraufhin hat der kläger fristgerecht am 30.04.2015 die vorliegende klage erhoben. 10auf anfrage des gerichts hat die staatsschutzabteilung der kriminalpolizei c. über den beklagten am 23.10.2015 ergänzend mitgeteilt, dass sich der kläger am 20.07.2014 auf der ersten lies-veranstaltung im sato festsaal in köln-kalk befunden habe. dort seien als redner q. w. , j. b. o. , t. f. - f1. alias b1. e2. und b2. c4. zugegen gewesen. die veranstaltung sei durch den staatsschutz l. aufgeklärt worden. dabei seien auch die kennzeichen der dort abgestellten pkw notiert worden. eins davon habe dem kläger als halter zugeordnet werden können. im nachgang zu der veranstaltung seien fotos bei facebook veröffentlicht worden. auf einem der fotos sei auch der kläger zu erkennen. darüber hinaus habe der kläger am 08.06.2015 an einer veranstaltung in bad salzuflen teilgenommen. dort habe der islamwissenschaftler aus c5. , b3. n. , zu einem gespräch/einer diskussion zum thema salafismus eingeladen. im laufe der veranstaltung sei es zu störungen durch fünf personen gekommen. es seien äußerungen gegen herrn n. gefallen, die dieser als bedrohlich empfunden habe. eine der störenden personen sei der kläger gewesen. der organisator der veranstaltung habe ihn anhand von lichtbildern wiedererkannt und den eindruck gehabt, dass er der sprecher oder anführer der gruppe gewesen sei. darüber hinaus wird noch von einer streitigkeit und einer vom kläger ausgesprochenen bedrohung mit den worten „wenn meine familie nicht hier wäre, dann würde ich dich umbringen“ berichtet. 11in der mündlichen verhandlung hat der kläger schließlich ausgesagt, er erfahre von den veranstaltungen, an denen er teilnehme, über das internet oder werde über facebook oder whatsapp hiervon benachrichtigt. er gehe zu derartigen veranstaltungen, weil er autohändler sei und auf diese weise geschäftsbeziehungen pflegen könne. außerdem gebe es bei den großen veranstaltungen die möglichkeit, besser als anderswo weite kleidung und gebetsteppiche, datteln und dergleichen zu kaufen. bei der veranstaltung in l. /kalk habe es sich um ein „fastenbrechen“ gehandelt. damals seien seine frau und seine kinder schon in der türkei gewesen. er sei allein gewesen und niemand habe für ihn kochen können. deshalb habe er eine einladung angenommen und sei mit freunden dorthin gefahren, zumal er auch dort seine hinweise auf seinen autohandel an den abgestellten pkw habe anbringen dürfen. er habe nicht gedacht, dass es sich hierbei in irgendeiner form um etwas verbotenes handeln könnte. vielmehr habe er sich vergewissert, dass er durch seine teilnahme nicht gegen deutsche gesetze verstoße. bei der lies-kampagne habe er zehn koran-ausgaben mitgenommen, weil er von anderen um überlassung von koran-ausgaben gebeten worden sei. auf wunsch habe er auch einige im kindergarten abgegeben. hierzu sei es nur gekommen, weil die ditib-moschee in m. keine deutschen koran-ausgaben mehr vorrätig gehabt habe, die sie an den kindergarten hätte abgeben können. da sei er auf bitten der moschee eingesprungen und habe dort wunschgemäß vier seiner exemplare abgegeben. er habe nie gelder an die organisation „helfen in not“ gespendet. auch sei dort kein eintritt verlangt worden. ebenso wenig habe er bei der veranstaltung von ansaar c. geld bezahlt oder gespendet. von den drei nachgewiesenen veranstaltungen abgesehen habe er niemals salafistische redner wie q. w. „live“ gehört. sein interesse habe auch niemals den rednern gegolten, sondern vielmehr seinen geschäften. die reden könne er einfacher über youtube anhören, wenn er es wolle. zu salafisten habe er allenfalls geschäftliche kontakte. 12vor dem jahre 2010 sei er eher „wochenendmoslem“ gewesen. dann sei er auf bitten seiner frau mit ihr zur haddsch nach saudi-arabien gegangen und habe bereits im vorfeld eine bewusstseinsveränderung an sich wahrgenommen. er habe die emotionale und spirituelle wirkung erfahren, die mit der reise nach mekka zusammenhing. er habe sich in der folgezeit stärker mit dem islam befasst und sich bemüht, streng nach den islamischen gesetzen zu leben, was auch im hinblick auf alkohol, zigaretten und dergleichen gelte. wegen dieser spirituellen erfahrung habe er nochmals nach saudi-arabien reisen wollen und sei deshalb im jahr 2012 und im jahr 2013 jeweils für zwei wochen allein auf kleine pilgerfahrten gegangen, einmal nach mekka und einmal nach medina. man könne die empfindungen nicht erklären, sondern nur selbst wahrnehmen, die einen dazu veranlassen würden, solche reisen zu machen. er wolle weder in saudi-arabien, wo man sich ohnehin nur drei monate aufhalten dürfe, noch in deutschland unter der scharia, die hier ja gar nicht zulässig sei, leben. er sei in deutschland groß geworden und wolle hier nach der demokratischen grundordnung im einklang mit den gesetzen sein leben führen. 13der kläger beantragt, 14den bescheid des beklagten vom 18.03.2015 aufzuheben. 15der beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17er hält an seiner bewertung in dem widerrufsbescheid fest und nimmt auf seine dortige ausführliche begründung bezug. 18wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten bezug genommen. 19 | 20die klage ist zulässig, aber nur zum teil begründet. 21soweit der beklagte in dem bescheid vom 18.03.2015 die waffenbesitzkarte des klägers widerrufen hat, begegnet seine entscheidung keinen rechtlichen bedenken und verletzt den kläger auch nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 22diese entscheidung findet ihre rechtsgrundlage in § 45 abs. 2 des waffengesetzes (waffg). nach dieser vorschrift ist eine waffenrechtliche erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich tatsachen eintreten, die zu ihrer versagung hätten führen müssen. nach § 4 abs. 1 nr. 2 waffg setzt die erteilung einer erlaubnis voraus, dass der antragsteller die erforderliche zuverlässigkeit gemäß § 5 waffg besitzt. diese wird in § 5 abs. 2 nr. 3 a waffg im regelfall für solche personen verneint, die einzeln oder als mitglied einer vereinigung bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder in den letzten fünf jahren verfolgt oder unterstützt haben, die gegen die verfassungsmäßige ordnung gerichtet sind. mit dieser regelung soll verhindert werden, dass die verfolgung verfassungsfeindlicher ziele durch waffenrechtliche erlaubnisse nicht auch noch von staatlicher seite scheinbar oder tatsächlich sanktioniert wird. 23so apel/bushard, waffenrecht, 3. aufl., § 5 rz 37. 24wann verfassungsfeindliche bestrebungen vorliegen, die verfolgt oder unterstützt werden, kann aus den regelungen des § 92 abs. 2 des strafgesetzbuches (stgb) sowie aus § 4 des bundesverfassungsschutzgesetzes (bverfschg) hergeleitet werden. nach den dort enthaltenen legaldefinitionen zählen zur verfassungsmäßigen ordnung das recht des volkes, die staatsgewalt in wahlen und abstimmungen und durch besondere organe der gesetzgebung, der vollziehenden gewalt und der rechtsprechung auszuüben und die volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer wahl zu wählen, die bindung der gesetzgebung an die verfassungsmäßige ordnung und die bindung der vollziehenden gewalt und der rechtsprechung an gesetz und recht, das recht auf bildung und ausübung einer parlamentarischen opposition, die ablösbarkeit der regierung und ihre verantwortlichkeit gegenüber der volksvertretung, die unabhängigkeit der gerichte, der ausschluss jeder gewalt- und willkürherrschaft und die im grundgesetz konkretisierten menschenrechte. 25nach § 4 abs. 1 satz 1 buchstabe c bverfschg sind bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische grundordnung nur die in diesem sinne verfolgten politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten verhaltensweisen. bestrebungen müssen also politisch determiniert, folglich objektiv geeignet sein, über kurz oder lang politische wirkung zu entfalten. sie erfordern ein aktives vorgehen ihrer realisierung. kein bestandteil des merkmals „bestrebung“ ist jedoch ein „aktiv kämpferisches“ verhalten. auch definiert das gesetz den begriff der bestrebung nicht anhand der merkmale legal/illegal. es kommt nicht darauf an, ob bestimmte verhaltensweisen erlaubt sind oder nicht. 26so bverwg, urteil vom 21.07.2010 - 6 c 22/09 -, juris. 27erfasst werden davon verhaltensweisen, die über rein politische meinungen hinausgehen und auf durchsetzung eines ziels ausgerichtet sind. dabei müssen die aktivitäten auf die beeinträchtigung eines der vom gesetz geschützten rechtsgüter abzielen und somit ein maßgeblicher zweck der bestrebung sein. die bloße inkaufnahme einer entsprechenden gefährdung ist nicht ausreichend. die verantwortlich handelnden müssen auf den erfolg einer rechtsgüterbeeinträchtigung hinarbeiten. 28so ebenfalls bverwg, urteil vom 21.07.2010, a.a.o. 29ausgehend von diesen grundsätzen ist bei extremistischen salafisten - diesem personenkreis ordnet der beklagte den kläger letztlich zu - die einschätzung gerechtfertigt, dass sie bestrebungen gegen die freiheitliche, demokratische grundordnung verfolgen. nach dem verfassungsschutzbericht für das land nordrhein-westfalen über das jahr 2014 verstehen extremistische salafisten die islamische religion als ideologie und die scharia als gottgegebenes ordnungs- und herrschaftssystem. demokratie ist in ihren augen eine falsche „religion“. gesetze können der salafistischen ideologie zufolge nur von gott kommen (prinzip der göttlichen souveränität) und niemals vom volk. die volkssouveränität als wesentliches element der demokratie westlicher prägung ist demnach unvereinbar mit dem religiös argumentierenden salafismus. vertreter dieser ideologie behaupten, dass alle gesellschaftlichen probleme nur durch eine uneingeschränkte anwendung von koran und sunna sowie eine entsprechend strikte ausrichtung des lebens gelöst werden können. dazu zählt die konsequente anwendung der „scharia“ nach salafistischer auslegung. sie fordern eine rigide trennung von mann und frau, nicht nur in der moschee, sondern insgesamt im öffentlichen raum. eine gemeinsame schulische erziehung von jungen und mädchen wird grundsätzlich abgelehnt. sie grenzen frauen auf den heimischen bereich ein. berufstätigkeit von frauen wird abgelehnt. frauen sollen sich ganz auf den haushalt und die kindererziehung konzentrieren. sie sind nach diesem wertebild nominell gleichwertig, aber keinesfalls gleichberechtigt … die salafistische ideologie widerspricht somit in wesentlichen punkten (gesellschaftsbild, politisches ordnungssystem, gleichberechtigung, individuelle freiheit) den grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen grundordnung. darüber hinaus führt sie zur bildung einer parallelgesellschaft. dies birgt aufgrund der propagierten feindlichen einstellungen gegenüber der übrigen gesellschaft ein großes konfliktpotential und beeinträchtigt das friedliche gesellschaftliche zusammenleben. im jahr 2014 waren in nordrhein-westfalen mindestens 1.900 extremistische salafisten bekannt, davon rund 1.600 politische salafisten und 300 gewaltorientierte. 30so der verfassungsschutzbericht für das land nordrhein-westfalen über das jahr 2014, s. 136 bis 138. 31diese grundpfeiler der salafistischen ideologie stehen auch nach auffassung des erkennenden gerichts in einem fundamentalen widerspruch zu einem kernprinzip der freiheitlich-demokratischen grundordnung, weil die staatsgewalt vom volk ausgeht und die rechtssetzung in einem politischen prozess nach bestimmten demokratischen verfahrensregeln erfolgt. zudem widerspricht die stellung der frau nach dem vom salafismus propagierten fundamentalistischen verständnis des islam dem gleichberechtigungsgrundsatz des art. 3 abs. 2 gg. 32so auch vg aachen, urteil vom 26.02.2015 - 1 k 1395/14 -, juris, bestätigt durch das ovg nrw, beschluss vom 13.05.2015 - 1 a 807/15 -, juris. 33derartige salafistische verfassungsfeindliche bestrebungen hat der kläger, wenn nicht gar selbst verfolgt, so doch zumindest in den letzten fünf jahren unterstützt. dem steht nicht entgegen, dass er - wie er von sich behauptet - der salafistischen szene zuzurechnenden vereinigungen keine finanzielle unterstützung zukommen lässt. deren verfassungsfeindliche bestrebungen können auch durch die „bloße“ teilnahme an veranstaltungen unterstützt werden. hierzu hat das vg münchen ausgeführt, dass insoweit zu § 5 abs. 2 nr. 3 a waffg zwar keine einschlägige rechtsprechung vorhanden sei. der rechtsprechung im übrigen lasse sich aber entnehmen, dass die bloße teilnahme an demonstrationen oder anderen veranstaltungen einschneidende sicherheitsrechtliche maßnahmen rechtfertige, weil dies den schluss auf die unterstützung von gesetzlich missbilligten bestrebungen zulasse. 34so vg münchen, urteil vom 13.11.2013 - m 7 k 12.2797 -, juris. 35dieser auffassung folgt das gericht. das bundesverwaltungsgericht hat in seinem bereits zitierten urteil vom 21.07.2010 z.b. ausgeführt, dass die beobachtung einzelner personen durch den verfassungsschutz gerechtfertigt ist, wenn deren tätigkeit lediglich objektiv geeignet ist, verfassungsfeindliche bestrebungen zu unterstützen. das bundesverfassungsschutzgesetz wolle nach seinem zweck helfen, objektiv bestehende gefahren für die freiheitlich-demokratische grundordnung abzuwehren. solche gefahren gingen nicht nur von personen aus, die der freiheitlichen demokratischen grundordnung feindlich gegenüberstünden und sie ganz oder teilweise beseitigen wollten. ebenso gefährlich könnten personen sein, die selbst auf dem boden der freiheitlich-demokratischen grundordnung stünden, jedoch bei objektiver betrachtung durch ihre tätigkeit verfassungsfeindliche bestrebungen fördern würden, ohne dies zu erkennen. eine derartige person, die nicht merke, wofür sie missbraucht werde, könne für den bestand der freiheitlich-demokratischen grundordnung genauso gefährlich sein wie der überzeugungstäter. 36so bverwg, urteil vom 21.07.2010, a.a.o. unter hinweis auf 37bverwg, urteil vom 11.11.2004 - bverwg 3 c 8.04 -. 38in einer anderen entscheidung hat das bundesverwaltungsgericht für die ergreifung ausländerrechtlicher maßnahmen wegen unterstützung des internationalen terrorismus jede tätigkeit als ausreichend angesehen, die sich in irgendeiner weise positiv auf die aktionsmöglichkeiten der inkriminierten vereinigung auswirkt. dazu zähle jedes tätigwerden eines nichtmitglieds, das die innere organisation und den zusammenhalt der vereinigung fördere, ihren fortbestand oder die verwirklichung ihrer auf die unterstützung terroristischer bestrebungen gerichteten ziele fördere und damit ihre potentielle gefährlichkeit festige und ihr gefährdungspotential stärke, ohne dass es auf einen beweis- und messbaren nutzen für die verwirklichung der missbilligten ziele oder eine subjektive vorwerfbarkeit ankomme. 39so bverwg, urteil vom 15.03.2005 - 1 c 26/03 -, juris. 40ein unterstützen könne dann in betracht kommen, wenn durch zahlreiche beteiligungen an demonstrationen und veranstaltungen im umfeld einer vereinigung bei einer wertenden gesamtschau zur überzeugung des gerichts feststehe, dass der betreffende auch als nichtmitglied in einer inneren nähe und verbundenheit zu der vereinigung selbst stehe, die er durch sein engagement als ständiger (passiver) teilnehmer zum ausdruck bringe und damit deren stellung in der gesellschaft begünstigend beeinflusse, ihre aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr rekrutierungsfeld erweitere und dadurch insgesamt zu einer stärkung ihres latenten gefahrenpotentials beitrage. 41so wiederum bverwg, urteil vom 15.03.2005, a.a.o. 42diese darlegungen müssen ‑ auch insoweit folgt das gericht dem bereits zitierten urteil des vg münchen - bei der bewertung der waffenrechtlichen zuverlässigkeit nach § 5 abs. 2 waffg berücksichtigt werden. ein unterstützen setzt deshalb nicht voraus, dass sich bei dem betreffenden bereits anhaltspunkte für einen missbrauch von waffen wegen seiner politischen oder ideologischen ziele ergeben haben. deshalb muss die unterstützungshandlung auch nicht in waffenrechtlicher hinsicht den schluss erlauben, dass der waffenbesitzer seine waffen künftig im sinne einer verfassungsfeindlichen einstellung gegen die rechtsordnung einsetzen wird. denn der gesetzgeber hat lediglich auf das unterstützen verfassungsfeindlicher bestrebungen abgestellt, nicht jedoch einen waffenbezug als weitere voraussetzung aufgestellt. 43nach auffassung des gerichts unterstützt der kläger in diesem sinne auch den extremistischen salafismus. nachgewiesenermaßen hat er am 22.06.2014 an einem grillfest der „ansaar c. “, im s. park teilgenommen. diese organisation hält enge kontakte zu „ansaar e1. “ und steht nach den in den verwaltungsvorgängen befindlichen angaben des staatsschutzes c. im fokus staatsschutzmäßiger beobachtungen. „ansaar e1. “ wiederum unterhält verbindungen zur islamistischen szene im ganzen bundesgebiet. bei dem grillfest wurden männer und frauen durch einen zwei meter hohen zaun voneinander getrennt. auf dem rasen wurden die gebetsteppiche ausgebreitet. nach den erkenntnissen des verfassungsschutzes nordrhein-westfalen in seinem schon genannten bericht (s. 142 f.) handelt es sich bei dem im jahr 2012 in e1. gegründeten verein „ansaar e1. e.v.“ nach eigenem verständnis um einen hilfsbund zur unterstützung notleidender glaubensgeschwister im in- und ausland. der verein führt auch die bezeichnung „ansaar international“. er ist fest mit der deutschen salafistenszene verwoben. er unterstützt hilfsprojekte für bedürftige muslime weltweit. innerhalb deutschland verfügt die organisation über mehrere sog. „ansaar international teams“, die im namen des vereins spenden sammeln, werbeaktionen durchführen und im internet mit eigenen facebook-auftritten für sich werben. 44darüber hinaus nahm der kläger am 29.09.2013 in i. an einer veranstaltung der organisation „helfen in not“ teil. nach dem verfassungsschutzbericht bezeichnet sich dieser verein mit sitz in o1. als hilfsverein zur unterstützung notleidender muslime. im vordergrund seiner aktivitäten steht die hilfe für die vom bürgerkrieg betroffenen menschen in syrien. er machte im berichtsjahr 2014 durch benefizveranstaltungen auf sich aufmerksam, bei denen für in not geratene muslime in syrien, aber auch in anderen regionen der welt gesammelt wurde. bei diesen veranstaltungen traten regelmäßig prediger auf, die fest in der salafistischen szene verwurzelt sind. dazu gehörten auch prediger, die dem gewaltaffinen spektrum des salafismus in nordrhein-westfalen zuzuordnen ist. der verein hat medizinische güter und kleidung in mehreren hilfskonvois nach syrien gebracht. in diesem zusammenhang traten ebenfalls personen des salafistischen spektrums in erscheinung, die die konvois begleiteten oder organisatorisch in die abwicklung der transporte eingebunden waren (s. 143 des verfassungsschutzberichtes). 45des weiteren ist die teilnahme des klägers an der 1. lies-veranstaltung am 20.07.2014 in köln-kalk belegt. als redner waren dort u.a. auch q. w. und j. b. o. anwesend. die veranstaltung wurde durch den staatsschutz l. aufgeklärt. im nachgang wurden fotos bei facebook veröffentlicht, die sich in den verwaltungsvorgängen befinden und auf denen auch der kläger zu sehen ist. im verfassungsschutzbericht nordrhein-westfalen (s. 138) wird q. w. als bundesweit agierender salafistischer prediger bezeichnet, der aus nordrhein-westfalen stammt und hier seinen schwerpunktmäßigen wirkungskreis hat. seine kundgebungen wurden im internet beworben und von angehörigen der jeweiligen örtlichen salafistenszene angemeldet. der in l. lebende salafistische prediger j. b. o. bildet mit seinem netzwerk „die wahre religion“ einen schwerpunkt des politischen salafismus, wobei eindeutig bezüge zum extremistischen salafismus erkennbar sind. in der öffentlichkeit tritt dieses netzwerk durch die verteilung von deutschsprachigen koranexemplaren unter dem label „lies“ bzw. „haus des qurans“ hervor. dabei sind die aktionen ähnlich wie ein franchise-system organisiert. eine zentralstelle leitet an, die verantwortlichkeit für die aktion vor ort übernehmen autarke lokale akteure. ihr ziel ist nicht die tatsächliche konversion aller in deutschland lebenden menschen zum islam, sondern das provozieren medialer und staatlicher reaktionen. koranverteilungen sind zwar ‑ so der verfassungsschutzbericht weiter ‑ grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden. verteilungen im rahmen der „lies-kampagne“ sind jedoch eindeutig als salafistisch-extremistische aktionsform zu werten und dienen einem heranführen junger menschen an die extremistische szene. in diesem zusammenhang ist auch die teilnahme des klägers an der „lies-veranstaltung“ in köln-kalk zu sehen. der bezug zu der „lies-aktion“ ist den hierzu geposteten fotos unzweideutig zu entnehmen. es handelte sich dabei, auch dies lassen die fotos erkennen, um einen überschaubaren teilnehmerkreis, nicht um eine großveranstaltung. auf einem der fotos ist auch der kläger zu erkennen. ein weiteres foto zeigt den redner q. w. . nach seinen eigenen angaben hat der kläger von dieser veranstaltung zehn in folie eingeschweißte deutsche koranausgaben mitgenommen, um sie an andere menschen weiter zu verteilen. dies war dem beklagten zwar bei seiner entscheidung noch nicht bekannt, ist hier aber dennoch nicht außer acht zu lassen, weil es zum einen im unmittelbaren zusammenhang mit der schon damals bekannten abgabe von koranausgaben im kindergarten steht, zum anderen aber auch das in den blick zu nehmende gesamtbild von der persönlichkeit des klägers und seinen unterstützungshandlungen abrundet. 46damit hat der kläger im sinne der oben beschriebenen grundsätze salafistische und damit verfassungsfeindliche bestrebungen unterstützt. er gibt zwar vor, nichts von verbindungen der „ansaar-c. “ und des vereins „helfen in not“ zur salafistischen und islamistischen szene zu wissen. diese einlassung vermag das gericht jedoch nicht zu überzeugen. in der mündlichen verhandlung hat er seinen wandel von einem früher eher gemäßigten moslem („wochenendmoslem“) hin zu einem streng gläubigen moslem geschildert. danach begann seine innere wandlung kurz vor seiner ausreise zur haddsch nach mekka in saudi-arabien und war aufgrund seiner emotionalen und spirituellen erfahrung so bestimmend für ihn, dass er fortan beschloss, in jeder hinsicht streng nach den islamischen gesetzen zu leben, er hat sich einen langen bart wachsen lassen und trägt seither nur noch weite kleidung. er richtet sich nach den vorgaben des koran aus und hat im jahre 2012 und nochmals im jahre 2013 jeweils für zwei wochen erneut kleine pilgerfahrten nach saudi-arabien, einmal nach mekka und einmal nach medina unternommen. seine extrem strenggläubige grundhaltung wurde ausweislich der in den verwaltungsvorgängen befindlichen aktenvermerke schon im februar 2012 deutlich, als er anlässlich einer verkehrskontrolle die polizistin unter hinweis darauf, dass er die haddsch unternommen habe und streng gläubiger moslem sei, bat, ihn nicht anzusehen, sondern in eine andere richtung zu blicken. zudem hat er in der mündlichen verhandlung ausgesagt, von veranstaltungen wie den oben beschriebenen über das internet zu erfahren oder in vielfältiger weise über facebook oder whatsapp hiervon benachrichtigt zu werden. es erscheint dem gericht ausgeschlossen, dass dem kläger im vorfeld der teilnahme an solchen veranstaltungen entgangen ist, dass diese einen bezug zur salafistischen szene haben, da sich den einladungen und hinweisen im internet auf diese veranstaltungen schon an den berichten zu den hilfsleistungen und der wortwahl der einladungen, gepaart mit hinweisen auf die getrennte unterbringung von männern und frauen in verschiedenen hallen, entnehmen lässt, dass es sich hierbei um betreiber und organisatoren handelt, die eine extrem streng gläubige auffassung des koran vertreten. insofern nimmt das gericht dem kläger auch nicht ab, dass er zu derartigen großveranstaltungen nur gegangen sei, um hierbei geschäftskontakte als autohändler zu pflegen. diese könnten auch auf anderen großveranstaltungen erreicht werden, die keinen bezug zur salafistischen szene haben. auch der hinweis des klägers, auf diesen veranstaltungen könne man besser als anderswo gebetsteppiche, weite hosen und datteln kaufen, ist nicht geeignet, das gericht davon zu überzeugen, dass er nicht genau über die salafistischen bezüge dieser veranstaltungen in i. und c. informiert war und hieran nicht gerade wegen ihrer extremistischen ausrichtung teilgenommen hat. nur hierdurch wird seine mehrfach in der verhandlung betonte aussage erklärbar, er habe sich jeweils im vorfeld von veranstaltungen erkundigt, ob diese mit den deutschen gesetzen in einklang stehen oder er sich durch eine teilnahme strafbar mache. einer solchen nachfrage hätte es nicht bedurft, hätte der kläger tatsächlich keine kenntnis von dem salafistischen bezug der veranstaltungen gehabt. insbesondere belegt aber die teilnahme des klägers an der ersten „lies-veranstaltung“ in köln-kalk seine nähe zur salafistischen szene und durch die mitnahme von zehn koranausgaben auch seine konkrete unterstützung der extremistischen islamisten. wenn er seine teilnahme hieran in der mündlichen verhandlung damit zu erklären versuchte, er sei lediglich zum „fastenbrechen“ nach ende des ramadan eingeladen worden und habe dieser einladung folge geleistet, weil seine ehefrau sich schon in der türkei befunden habe und für ihn nicht habe kochen können, so ist dieser erklärungsversuch schlicht abwegig. die abwesenheit seiner ehefrau kann ihn zwar genötigt haben, außerhalb seines eigenen zuhauses zusammen mit anderen moslems das „fastenbrechen“ zu begehen. dies hätte jedoch auch in seinem wohnort m. im zusammenhang mit angehörigen der ditib-moschee, sonstigen freunden oder verwandten geschehen können. eine reise zu dieser speziellen veranstaltung nach köln-kalk, bei der bekannte salafistische extremisten als redner auftraten, ist mit der tradition des „fastenbrechens“ nicht erklärbar. schon gar nicht kann hiermit erläutert werden, warum der kläger zehn ausgaben des koran im rahmen der „lies-kampagne“ mitgenommen hat, die er in dem vom verfassungsschutzbericht beschriebenen sinne des franchise-systems weiterleiten wollte. es mag zwar sein, dass er entsprechende exemplare im kindergarten in m. nur verteilt hat, weil die ditib-moschee über keine deutschsprachigen ausgaben des koran mehr verfügte, die leitung des kindergartens bei der ditib-moschee jedoch eine solche angefragt hatte. dieser umstand ändert aber nichts an der tatsache, dass er bei der „lies-kampagne“ in köln-kalk nach seinem eigenen bekunden zehn der dort vorhandenen koranausgaben zur weiterverteilung an andere personen mitgenommen und damit diese aktion unterstützt hat. 47das besondere interesse des klägers am salafismus wird auch durch seine teilnahme an der diskussions- und gesprächsrunde zum thema salafismus am 08.06.2015 in bad salzuflen belegt, zu der der islamwissenschaftler b3. n. aus c5. eingeladen war und bei der es nach angaben des staatsschutzes c. zu störenden zwischenrufen insbesondere auch durch den kläger kam, die von herrn n. zum teil als bedrohlich empfunden wurden. 48dass der kläger betont, in deutschland nach der demokratischen grundordnung in einklang mit den deutschen gesetzen leben zu wollen, ändert nichts an der oben dargelegten einschätzung seiner unterstützungstätigkeit. zum einen kann es sich hierbei um ein bloßes „lippenbekenntnis“ handeln, das nicht mit seiner inneren überzeugung übereinstimmt und nur aus opportunitätsgründen abgegeben wurde. zum anderen ist die rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts schon dargelegt worden, die insoweit auch auf den kläger zutreffen kann und die auf die gefährlichkeit von personen hinweist, die selbst auf dem boden der freiheitlich-demokratischen grundordnung stehen, objektiv aber verfassungsfeindliche bestrebungen unterstützen. 49vgl. bverwg, urteil vom 21. 07.2010 a.a.o. 50da das gericht schon durch die teilnahme des klägers an den zunächst genannten veranstaltungen seine unterstützung verfassungsfeindlicher bestrebungen der extremistischen salafisten als gegeben ansieht, kommt es nicht mehr darauf an, ob der kläger darüber hinaus in der vergangenheit auch zusammen mit q. w. auf jezidenfeindlichen videos zu sehen war, was die jezidischen mütter im kindergarten in m. angstvoll berichtet haben, was aber, da die entsprechende internetseite gelöscht ist, nicht mehr nachweisbar ist. außer acht bleiben können deshalb auch die rückschlüsse der leiterin des kindergartens aus den äußerungen und verhaltensweisen des sohnes des klägers. 51insofern ist eine waffenrechtliche unzuverlässigkeit des klägers nach § 5 abs. 2 satz 3 buchstabe a waffg gegeben. anhaltspunkte dafür, dass vorliegend ein abweichen von der regelvermutung dieser norm gerechtfertigt sein könnte, sind nicht ersichtlich. damit begegnet der in ziffer 1 der angefochtenen verfügung ausgesprochene widerruf der waffenbesitzkarte des klägers keinen rechtlichen bedenken. 52soweit sich der kläger gegen das in ziffer 2 der verfügung ausgesprochene waffenverbot wendet, hat seine klage jedoch erfolg. nach § 41 abs. 1 satz 1 nr. 2 und abs. 2 waffg kann der erwerb und besitz von erlaubnisfreien und erlaubnispflichtigen waffen und munition zwar untersagt werden. dies ist jedoch nur dann zulässig, wenn dies zur verhütung von gefahren für die sicherheit geboten ist. nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts stehen hierbei prävention und der schutz von leben und gesundheit im vordergrund. allerdings wird die möglichkeit eines waffenrechtlichen verbotes nicht einfach eingeräumt, soweit es zur verhütung von gefahren für die sicherheit in betracht kommt, sondern nur, soweit es „geboten“ ist. darin drückt sich eine gesteigerte anforderung im sinne einer „erforderlichkeit“ aus. diese anforderung begrenzt den im verbot liegenden eingriff, in dem nicht jede gefahr für die öffentliche sicherheit die voraussetzungen erfüllt, sondern nur eine mit höherer dringlichkeit. ein verbot ist dann geboten, wenn der waffenbesitzer bzw. der erwerbswillige in der vergangenheit ein verhalten oder eine seiner person anhaftende eigenschaft zu tage gelegt hat, welche den auf tatsachen beruhenden verdacht begründet, dass durch einen umgang mit der waffe gefahren für die öffentliche sicherheit verursacht werden. nach § 41 abs. 2 waffg kann jemandem der besitz nur untersagt werden, wenn durch den fortdauernden besitz eine nicht hinnehmbare gefahrensituation entstehen würde. anknüpfungspunkt beim verbot zum besitz erlaubnispflichtiger waffen nach § 41 abs. 2 waffg ist ebenso wie bei demjenigen nach § 41 abs. 1 satz 1 nr. 1 waffg eine gefährlichkeit des waffenbesitzers. deshalb sind anordnungen nach diesen vorschriften insbesondere dann gerechtfertigt, wenn der betroffene eine straftat begangen hat und aus der tat auf eine rohe oder gewalttätige gesinnung oder eine schwäche des täters zu schließen ist, sich zu gewalttaten hinreißen zu lassen, oder wenn der täter eine schwere straftat mit hilfe oder unter mitführung von waffen begangen hat oder straftaten begangen hat, die nicht selten unter mitführen oder anwenden von waffen begangen werden. 53so bverwg, urteil vom 22.08.2012 - 6 c 30/11 -, juris. 54gemessen an diesen voraussetzungen ist die von dem beklagten ausgesprochene untersagung des erwerbs und besitzes von erlaubnisfreien und erlaubnispflichtigen waffen nicht gerechtfertigt. zwar ist der kläger ‑ wie oben dargelegt ‑ wegen der unterstützung verfassungsfeindlicher bestrebungen waffenrechtlich unzuverlässig im sinne des § 5 abs. 2 nr. 3 a waffg. hieraus ergibt sich jedoch noch nicht seine gefährlichkeit, die allein ein waffenverbot rechtfertigen könnte. da er wegen des widerrufs der waffenbesitzkarte und der damit verbundenen anordnung der überlassung bzw. unbrauchbarmachung seiner waffe nicht mehr über eine waffe verfügt und legal auch eine solche nicht mehr erwerben kann, hat das ausgesprochene waffenverbot in erster linie bedeutung im hinblick auf erlaubnisfreie waffen. dass durch den fortdauernden besitz des klägers auch erlaubnisfreier waffen eine nicht hinnehmbare gefahrensituation entstehen würde, ist nicht naheliegend. der kläger ist in der vergangenheit nicht nachweisbar durch eine rohe oder gewalttätige gesinnung oder eine schwäche, sich zu gewalttaten hinreißen zu lassen, aufgefallen. dem beklagten ist zwar zuzugeben, dass ein waffenverbot nicht voraussetzt, dass der betroffene bereits eine waffe oder munition im sinne des waffengesetzes missbräuchlich oder leichtfertig eingesetzt hat. anders als der beklagte sieht das gericht in der zugehörigkeit des klägers zur islamistischen szene allerdings noch keinen zwingenden hinweis darauf, dass allein aus diesem grunde die gefahr missbräuchlicher verwendung von waffen für die zukunft besteht. auch hat er bislang nicht mit hilfe oder unter mitführung von waffen straftaten begangen. da ihm zudem vom vorsitzenden leiter der schießsportabteilung des polizeischießvereins m1. -e. e.v. vom 11.03.2015 bescheinigt wurde, ein respektiertes vereinsmitglied, zuverlässig, freundlich und gut integriert zu sein, sind keine gründe ersichtlich, die die verhängung des waffenverbots als unausweichlich und somit zur abwendung einer drohenden gefahr für die sicherheit geboten erscheinen lassen. ziffer 2 der verfügung vom 18.03.2015 ist deshalb rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten. 55dies hat auch auswirkungen auf ziffer 3 der verfügung, mit der der beklagte angeordnet hat, dass der kläger seine waffen, auch erlaubnisfreie, dauerhaft unbrauchbar machen lassen oder sie dauerhaft einem berechtigten überlassen muss. soweit sich diese anordnung auf erlaubnispflichtige waffen bezieht, ist die verfügung nach zulässigem widerruf der waffenbesitzkarte rechtlich nicht zu beanstanden. im hinblick auf die erlaubnisfreien waffen und die hierzu gehörige munition ist die anordnung nach dem oben gesagten dagegen nicht gerechtfertigt. 56die kostenentscheidung folgt aus § 155 abs. 1 satz 1 vwgo. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit und abwendungsbefugnis beruht auf §§ 167 vwgo, 708 nr. 11 und 711 zpo. | Klaeger*in | 1 |
164,772 | 17 K 8479/14.A | 2015-06-16T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger behauptet syrischer Staatsangehörigkeit und arabischer Volks- sowie sunnitischer Religionszugehörigkeit zu sein. Er reiste über Ungarn kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 8. September 2014 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag; am selben Tag wurde ein persönliches Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates für die Durchführung des Asylverfahrens geführt. 3Ein von der Beklagten durchgeführter Datenabgleich ergab, dass der Kläger in Ungarn erfasst wurde (sog. EURODAC-Treffer). Auf das am 21. November 2014 an Ungarn gestellte Wiederaufnahmegesuch gemäß der Verordnung (EG) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III VO) teilten die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 mit, es bestünde ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b) Dublin III VO. Der Kläger habe am 16. August 2014 in Ungarn einen Asylantrag gestellt. 4Mit Bescheid vom 5. Dezember 2014 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Ziffer 1) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Ziffer 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) unzulässig, weil Ungarn für dessen Prüfung zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Beklagte zur Ausübung eines Selbsteintrittsrechts veranlassen könnten, bestünden nicht. Ungarn erfülle gegenüber Ausländern, die dort einen Asylantrag stellten, die erforderlichen Mindeststandards. Die Abschiebungsanordnung fuße auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. 5Gegen den Bescheid hat der Kläger am 16. Dezember 2014 Klage erhoben und zugleich um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Das Gericht hat letzterem Begehren mit unanfechtbarem Beschluss vom 5. Februar 2015 – 17 L 3110/14.A – wegen seinerzeit offener Erfolgsaussichten der Hauptsache stattgegeben. 6Zur Begründung seiner Klage führt er im Wesentlichen aus, sein Asylverfahren sei in Deutschland durchzuführen. In Ungarn sei er der Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt, das dortige Asylverfahren weise systemische Mängel auf. Dies belege auch seine dortige Inhaftnahme bei Stellung des Asylbegehrens. 7Der Kläger beantragt, 8den Bescheid des Bundesamtes vom 5. Dezember 2014 aufzuheben. 9Die Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Zur Begründung nimmt sie auf die Gründe des angefochtenen Bescheides Bezug. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14Die Klage hat keinen Erfolg. 15Sie ist zulässig (A.), jedoch unbegründet (B.). 16A. Gegen den angefochtenen Bescheid ist zutreffende Klageart die (isolierte) Anfechtungsklage. Zwar ist bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde im Falle eines gebundenen begünstigenden Verwaltungsakts regelmäßig die dem Rechtsschutzbegehren des Klägers allein entsprechende Verpflichtungsklage die richtige Klageart mit der Konsequenz, dass das Gericht die Sache spruchreif zu machen hat und sich nicht auf eine Entscheidung über die Aufhebung des den begünstigenden Verwaltungsakt ablehnenden Bescheid beschränken darf, was im Ergebnis einer Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde gleichkäme, 17vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264/94 -, juris Rn 15. 18Dieser auch im Asylverfahren geltende Grundsatz findet allerdings auf behördliche Entscheidungen, die -wie hier- auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangen sind, keine Anwendung. Die Entscheidungen nach §§ 27a und 34a Abs. 1 AsylVfG stellen belastende Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar, deren isolierte Aufhebung – anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens – ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrages führt. Denn das Bundesamt ist nach Aufhebung des Bescheides bereits gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen, §§ 31, 24 AsylVfG. Das Bundesamt hat sich in den Fällen des § 27a AsylVfG lediglich mit der - einer materiellen Prüfung des Asylbegehrens vorrangigen - Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers zuständig ist; eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache nicht erfolgt. Mit der Aufhebung des Bescheides wird ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens beseitigt, und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es zu Unrecht beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen. Ist - wie dargelegt - das Asylbegehren in der Sache noch gar nicht geprüft worden und wäre nunmehr das Gericht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen und durchzuentscheiden, ginge den Asylbewerbern eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenderen Verfahrensgarantien ausgestattet ist. Das gilt sowohl für die Verpflichtung der Behörde zur persönlichen Anhörung (§ 24 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG) als auch zur umfassenden Sachaufklärung sowie der Erhebung der erforderlichen Beweise von Amts wegen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) ohne die einmonatige Präklusionsfrist, wie sie für das Gerichtsverfahren in § 74 Abs. 2 AsylVfG in Verbindung mit § 87b Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vorgesehen ist. Ungeachtet dessen führte ein Durchentscheiden des Gerichts im Ergebnis dazu, dass das Gericht nicht eine Entscheidung der Behörde kontrollieren würde, sondern anstelle der Exekutive erstmalig selbst sich mit dem Antrag sachlich auseinandersetzte und entschiede, was im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung aus Art. 20 Abs. 2 Grundgesetz (GG) zumindest bedenklich wäre, da eine Entscheidung, die der Gesetzgeber mit dem Asylverfahrensgesetz der Exekutive zur Prüfung zugewiesen hat, übergangen würde, 19vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn. 28 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 23. April 2013 – 17 K 1506/12.A –, juris Rn. 18. 20B. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 5. Dezember 2014 ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 21Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylVfG seine Abschiebung nach Ungarn angeordnet. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylVfG). 22Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass Ungarn grundsätzlich der für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständige Mitgliedstaat ist (I.). Des Weiteren liegen keine Gründe vor, die trotz der genannten Zuständigkeit Ungarns einer Rückführung des Klägers dorthin entgegenstehen (II.). Ebensowenig ist die Beklagte verpflichtet, ihr eigenes Prüfrecht (sog. Selbsteintrittsrecht) zugunsten des Klägers auszuüben (III.). Schließlich steht fest, dass die Abschiebung nach Ungarn durchgeführt werden kann (IV.). 23I. Nach den hier anwendbaren Vorschriften der Dublin III VO (vgl. Art. 49 Unterabsatz 2 Satz 1 Dublin III VO) ist Ungarn der zuständige Mitgliedstaat für die Prüfung des durch den Kläger gestellten Asylantrags. Die Zuständigkeit ergibt sich, da die gemäß Art. 7 Abs. 1 Dublin III VO vorrangig zu prüfenden Zuständigkeitskriterien nach Art. 8 bis 12 dieser Verordnung nicht einschlägig sind, aus Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III VO, wonach ein Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist, wenn ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat. Der Kläger hat bei seinem persönlichen Gespräch vor dem Bundesamt am 8. September 2014 selbst angegeben, im August 2014 illegal die Grenze nach Ungarn von Griechenland kommend überschritten zu haben. Ungeachtet dessen liegt bei ihm auch für Ungarn ein sog. Eurodac-Treffer der Kategorie „1“ (Kennzeichnung für illegal Eingereiste mit Status des Asylbewerbers) vor, 24vgl. Art. 8 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von „Eurodac“ für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens i.V.m. Art. 2 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 407/2002 des Rates vom 28. Februar 2002 zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 über die Einrichtung von „Eurodac“ für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens bzw. nunmehr Art. 14 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist und über der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Neufassung). 25Wie der Übernahmeerklärung der ungarischen Behörden (Office of Immigration and Nationality) vom 1. Dezember 2014 zu entnehmen ist, hat er sodann am 16. August 2014 in Ungarn einen Asylantrag gestellt. 26Die Zuständigkeit ist auch nicht gemäß Art. 23 Abs. 3 Dublin III VO auf die Beklagte übergegangen. Sie richtete ihr Wiederaufnahmegesuch datierend vom 21. November 2014 gemäß Art. 23 Abs. 1 Dublin III VO innerhalb der in Art. 23 Abs. 2 Satz 1 Dublin III VO bestimmten Frist von zwei Monaten nach der Eurodac-Treffermeldung vom 2. Oktober 2014 an Ungarn. Diesem Wiederaufnahmegesuch wurde seitens der ungarischen Behörden mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 auf Grundlage von Art. 25 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 lit. b) Dublin III VO entsprochen. Damit ist Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. 27II. Es liegen auch keine Gründe vor, die trotz der genannten Zuständigkeit Ungarns gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2, 3 Dublin III VO einer Rückführung des Klägers nach Ungarn entgegenstehen. 28Die Beklagte ist nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2, 3 Dublin III VO gehindert, den Kläger nach Ungarn zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GrCh) mit sich bringen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und des Europäischen Gerichtshofs, 29EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 u.a. –, juris Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413, 30der Fall wäre, liegen nicht vor, 31vgl. hierzu bezogen auf Ungarn: VG Düsseldorf, Urteil vom 30. April 2015 – 17 K 7591/14 –, n.V.; VG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 2015 – 13 K 501/14.A –, juris Rn. 50 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 31. März 2015 – 13 L 229/15.A –, juris Rn. 23 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 1. April 2015 – 13 L 1031/15.A –, juris Rn. 21 ff. 32Systemische Mängel in diesem Sinne können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Art. 4 GrCh bzw. Art. 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, mithin systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können, 33vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 u.a. –, juris Rn. 94; VG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 2015 – 13 K 501/14.A –, juris Rn. 52; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. April 2015 ‑ 17 K 7591/14 –, n.V. 34Die im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem grundsätzlich bestehende Vermutung, dass jeder Mitgliedstaat ein sicherer Drittstaat ist und die Grundrechte von Asylbewerbern einschließlich des Refoulement-Verbots hinreichend achtet, ist nicht unwiderleglich. Vielmehr hat eine Überstellung in einen Mitgliedstaat zu unterbleiben, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GrCh implizieren, 35vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 86; VG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 2015 – 13 K 501/14.A –, juris Rn. 54; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. April 2015 ‑ 17 K 7591/14 – n.V. 36Eine Widerlegung der Vermutung ist aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft. Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Das Gericht muss sich vielmehr die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird, 37vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris Rn. 6 m.w.N.; VG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 2015 – 13 K 501/14.A –, juris Rn. 56; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. April 2015 ‑ 17 K 7591/14 –. 38Bei der Bewertung der in Ungarn anzutreffenden Umstände der Durchführung des Asylverfahrens und der Aufnahme von Flüchtlingen sind dabei vorliegend diejenigen Umstände heranzuziehen, die auf die Situation des Klägers zutreffen. Abzustellen ist demnach auf die Situation von Flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen oder tatsächlichen Lage, wohingegen die Situation von Flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen keine unmittelbare Rolle spielt. Sie kann allenfalls ergänzend herangezogen werden, sofern sich diese Umstände auch auf die Situation des Klägers auswirken (können), 39vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12 –, juris Rn. 130; VG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 2015 – 13 K 501/14.A –, juris Rn. 58; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. April 2015 ‑ 17 K 7591/14 –. 40Damit ist vorliegend in erster Linie die Situation von Dublin-Rückkehrern zu betrachten, die – wie der Kläger – vor der Ausreise aus Ungarn dort bereits einen ersten Asylantrag gestellt haben, über den materiell noch nicht entschieden worden ist. 41Hierzu hat die 13. Kammer des erkennenden Gerichts, 42vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 2015 – 13 K 501/14.A –, juris Rn. 61 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 31. März 2015 – 13 L 229/15.A –, juris Rn. 36 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 1. April 2015 – 13 L 1031/15.A –, juris Rn. 34 ff., 43grundlegend im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: 44„[…] Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in dem zuständigen Mitgliedstaat sind nach der Rechtsprechung des EuGH […] die regelmäßigen und übereinstimmenden Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, Berichte der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems und Berichte des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort, 45vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C 411/10 et. al. –, juris, Rn. 90 ff. 46Letzteren Informationen kommt bei der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem nach der Dublin […] Verordnung zuständigen Mitgliedstaat besondere Relevanz zu. Dies entspricht der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, wobei letztere bei der Auslegung der unionsrechtlichen Asylvorschriften zu beachten ist, 47vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2013 – C 528/11 –, juris, Rn. 44. 48Für die Frage, ob in Ungarn „systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber“ im Sinne der zitierten Rechtsprechung vorliegen, kommen dabei allerdings vorliegend von vorne herein nur solche Auskünfte und Berichte der genannten Organisationen in Betracht, die sich mit der Sach- und Rechtslage in Ungarn seit dem 1. Juli 2013 befassen. Für den Zeitraum bis zum 30. Juni 2013, insbesondere ab dem 1. Januar 2013, ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte davon auszugehen, dass die in den Jahren bis 2012 festgestellten Mängel des ungarischen Asylsystems und der Aufnahmebedingungen durch zwischenzeitliche weitreichende tatsächliche und rechtliche Verbesserungen, insbesondere die vorübergehende Abschaffung der Inhaftierungsmöglichkeiten für Asylbewerber mit Wirkung zum 1. Januar 2013, entfallen sind, 49vgl. EGMR, Urteil vom 6. Juni 2013 – 2283/12 –, juris, Rn. 105, Mohammed gegen Österreich, in Auszügen veröffentlicht unter asyl.net. 50Zum 1. Juli 2013 wurde das Asylsystem Ungarns allerdings erneut verändert. Insbesondere wurden erneut umfassende Gründe für die Inhaftierung von Asylbewerbern, sog. asylum detention – eine durch die für das Asylverfahren zuständige Behörde angeordnete Verwaltungshaft – in das Asylrecht aufgenommen. 51Der EGMR, dessen Rechtsprechung auf der Ebene des (nationalen) Verfassungsrechts als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes dienen kann, 52vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 14. Oktober 2004 – 2 BvR 1481/04 –, juris, Rn. 32, 53und dessen Rechtsprechung maßgeblich für die Auslegung der Menschenrechte der EMRK ist, hat mit Urteil vom 3. Juli 2014 das Vorliegen systemischer Mängel in Ungarn unter Berücksichtigung der veränderten Rechtslage verneint […], 54EGMR, Urteil vom 3. Juli 2014 – 71932/12 –, Mohammadi gegen Österreich, Rn. 68 bis 70. 55Auch das erkennende Gericht vermag nach Auswertung der im vorliegenden Verfahren eingeholten aktuellen Auskünfte des UNHCR, des Auswärtigen Amtes und von Pro Asyl ‑ welche dem EGMR bei seiner Entscheidung nicht vorlagen – nicht festzustellen, dass der Kläger Gefahr liefe, nach seiner Rücküberstellung nach Ungarn einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. im Sinne von Artikel 3 EMRK zu unterfallen. Dies ergibt sich aus folgenden rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen: 56Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. Artikel 3 EMRK normieren das Verbot der Folter und unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung. Eine Behandlung ist „unmenschlich”, wenn sie vorsätzlich und ohne Unterbrechung über Stunden zugefügt wurde und entweder körperliche Verletzungen oder intensives physisches oder psychisches Leid verursacht hat. „Erniedrigend” ist eine Behandlung, wenn sie eine Person demütigt oder erniedrigt, es an Achtung für ihre Menschenwürde fehlen lässt oder sie herabsetzt oder in ihr Gefühle der Angst, Beklemmung oder Unterlegenheit erweckt, geeignet, den moralischen oder körperlichen Widerstand zu brechen. Es kann ausreichen, dass ein Opfer in seinen Augen erniedrigt ist, auch wenn andere das nicht so sehen. Ob Zweck der Behandlung war, das Opfer zu erniedrigen oder zu demütigen, ist zu berücksichtigen, aber auch wenn das nicht gewollt war, schließt das die Feststellung einer Verletzung von Artikel 3 EMRK nicht zwingend aus. 57EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413, Rn. 220 m.w.N. 58Eine Behandlung in diesem Sinne kann nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme zumindest nicht positiv festgestellt werden. 59Zwar hat sich nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen bestätigt, dass Dublin-Rückkehrer flächendeckend – so der UNHCR – bzw. regelmäßig – so Pro Asyl – inhaftiert werden. 60Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 30. September 2014 zu Frage 3, Seite 2; Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 31. Oktober 2014 zu Frage 3 b), Seite. 61Indes begründet die Tatsache, dass das ungarische Asylrecht seit der erneuten Rechtsänderung zum 1. Juli 2013 – wieder – Inhaftierungsgründe für Asylbewerber enthält und Ungarn auf dieser Grundlage praktisch alle Dublin-Rückkehr – so der UNHCR – bzw. regelmäßig, allerdings nicht sämtliche Dublin-Rückkehrer – so Pro Asyl – inhaftiert, für sich genommen noch keinen begründeten Anhaltspunkt für das Vorliegen systemischer Mängel des Asylsystems. Vielmehr verpflichtet Artikel 3 EMRK die Mitgliedstaaten, sich zu vergewissern, dass die Bedingungen der Haft mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar sind und dass Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme den Gefangenen nicht Leid oder Härten unterwirft, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß an Leiden übersteigt, und dass seine Gesundheit und sein Wohlbefinden unter Berücksichtigung der praktischen Bedürfnisse der Haft angemessen sichergestellt sind. 62Vgl. EGMR, Urteile vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, juris, Rn. 221, und 15. Juli 2002 – 47095/99 –, Rn. 95. 63Die Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (AufnahmeRL), enthält für die Inhaftierung von Asylbewerbern Mindeststandards, zu denen auch die Benennung von Haftgründen gehört. Anhaltspunkte dafür, dass diese Mindeststandards ihrerseits nicht genügen, um die Asylbewerber vor einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung zu schützen, liegen dem Gericht nicht vor. Danach darf Haft nicht allein deswegen angeordnet werden, weil der Betroffene einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes gestellt hat, sondern nur in Ausnahmefällen, insbesondere zur Überprüfung seiner Identität oder Staatsangehörigkeit, im Falle notwendiger Beweissicherung, insbesondere bei Fluchtgefahr, zur Prüfung des Einreiserechts, zur Durch- oder Fortführung eines Abschiebeverfahrens, wenn die Gefahr der Verzögerung oder der Vereitelung durch den Betroffenen besteht und bei Gefahr für die nationale Sicherheit und Ordnung (Artikel 8 Absatz 1 und 3 AufnahmeRL). Die Inhaftierung darf nur für den kürzest möglichen Zeitraum und nur so lange, wie die Gründe gemäß Artikel 8 Absatz 3 bestehen, angeordnet werden (Artikel 9 Absatz 1 Satz 1 AufnahmeRL). Die Haftanordnung ist zu begründen (Artikel 9 Absatz 2 AufnahmeRL); bei einer Anordnung durch eine Verwaltungsbehörde ist eine zügige Überprüfung durch ein Gericht herbeizuführen (Artikel 9 Absatz 3 AufnahmeRL). In diesem Fall soll dem Betroffenen unentgeltlicher Rechtsbeistand zur Verfügung stehen (Artikel 9 Absatz 6 AufnahmeRL). Auch im Übrigen ist eine turnusmäßige Haftüberprüfung von Amts wegen vorzusehen (Artikel 9 Absatz 5 AufnahmeRL). Die Schutzsuchenden sind in speziellen Hafteinrichtungen unterzubringen, auf jeden Fall aber getrennt von gewöhnlichen Strafgefangenen (Artikel 10 Absatz 1 AufnahmeRL). Die Inhaftierung von besonders schutzbedürftigen Personen ist nur im Ausnahmefall und unter weiteren sehr eingeschränkten Bedingungen zulässig (Artikel 11 AufnahmeRL). 64Dahingestellt bleiben kann, wann ein Verstoß gegen diese Mindeststandards die Annahme systemischer Mängel indiziert, da die gesetzlichen Regelungen Ungarns zur Inhaftierung von Asylbewerbern (Act LXXX of 2007 on Asylum, im Folgenden: Asylum Act Hungary) den vorstehend genannten Vorgaben im Wesentlichen gerecht werden: 65Gemäß § 31/B Absatz 1 Asylum Act Hungary darf eine Inhaftierung nicht alleine deswegen erfolgen, weil die Antragsteller einen Asylantrag gestellt haben. Die in § 31/A Absatz 1 Asylum Act Hungary genannten Haftgründe entsprechen ganz überwiegend denen des Artikel 8 Absatz 3 der AufnahmeRL; insbesondere wird auch die Fluchtgefahr als ein Haftgrund genannt (Buchstabe c). Dabei darf entsprechend den Vorgaben der AufnahmeRL nach § 31/A Absatz 3 des ungarischen Gesetzes eine Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen und nur, wenn nicht durch andere Maßnahmen sichergestellt werden kann, dass der Asylbewerber sich dem Asylverfahren nicht entzieht. Unbegleitete Minderjährige dürfen gemäß § 31/B Absatz 2 Asylum Act Hungary nicht inhaftiert werden; Familien mit Minderjährigen dürfen nur ultima ratio inhaftiert werden, wobei das Kindeswohl vorrangig zu berücksichtigen ist. Gemäß § 31/A Absatz 10 Asylum Act Hungary soll Asylhaft nur in speziellen Einrichtungen vollzogen werden. Dabei soll die Inhaftierung von Männern und Frauen sowie Familien mit Minderjährigen jeweils getrennt erfolgen (§ 31/F Absatz 1 Asylum Act Hungary). Die zulässige Höchstdauer von Asylhaft regelt § 31/A Absatz 7 Asylum Act Hungary. Danach soll die Haft maximal sechs Monate dauern; bei Familien mit Kindern nicht länger als 30 Tage. Gemäß § 31/A Absatz 6 Asylum Act Hungary kann die Flüchtlingsbehörde innerhalb von 24 Stunden seit der Haftanordnung die Verlängerung der Inhaftierung auf mehr als 72 Stunden bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht beantragen. Das Gericht kann die Haftdauer sodann auf höchstens 60 Tage verlängern. Eine Verlängerung auf weitere 60 Tage ist nach einem erneuten Antrag der Flüchtlingsbehörde durch das zuständige Amtsgericht möglich. Hieraus folgt, dass eine Überprüfung der Inhaftierung von Amts wegen nach 72 Stunden und anschließend nach 60 Tagen erfolgt. Darüber hinaus besteht gemäß § 31/C Absatz 3 Asylum Act Hungary die Möglichkeit gegen die Inhaftierung Einspruch einzulegen. Gemäß § 31/E Absatz 1 Asylum Act Hungary sollen inhaftierte Asylbewerber über ihre Rechte und Pflichten in ihrer Muttersprache oder einer anderen Sprache, die sie verstehen können, informiert werden. Gemäß § 31/D Absatz 4 Asylum Act Hungary soll das Gericht einen Vormund bestellen, wenn der Asylbewerber kein ungarisch spricht und nicht in der Lage ist seine Vertretung durch einen Bevollmächtigten sicherzustellen. § 31/A Absatz 8 Asylum Act Hungary zählt schließlich auf, in welchen Fällen die Inhaftierung unverzüglich zu beenden ist. Danach endet die Haft unter anderem, wenn der Haftgrund entfallen ist. 66Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die ungarischen Behörden diese Vorgaben bei ihrer Entscheidung über die Inhaftierung von Asylbewerbern – speziell Dublin-Rückkehrern – nicht nur in Einzelfällen, sondern systemisch nicht beachten und sich hieraus eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung im oben genannten Sinne ergibt, liegen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vor. 67Das Gericht hat im Rahmen der Beweisaufnahme unter anderem danach gefragt, auf welche konkreten Haftgründe die Inhaftierungen seit dem 1. Juli 2013 gestützt werden (Frage 4). 68Pro Asyl gab an, dass laut dem Hungarian Helsinki Committee (HHC) in der Praxis vor allem der Haftgrund „risk of absconding“ (c) bzw. der Haftgrund „risk of absconding“ in Verbindung mit „establishment of identiy“ (a) Anwendung finde. Weiterhin würden Inhaftierungen auf dem Haftgrund „previous absconding“ (b) basieren. 69Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 31. Oktober 2014 zu Frage 4, Seite 3. 70Bei diesen Haftgründen, welche dazu dienen, einer bestehende Fluchtgefahr zu begegnen oder die Identität des Asylbewerbers festzustellen, handelt es sich um Haftgründe, die den in Artikel 8 Absatz 3 AufnahmeRL genannten entsprechen. Allerdings hat Pro Asyl im Rahmen der Beantwortung von Frage 9 unter Bezugnahme auf die Ausführungen des HHC angegeben, dass in der Mehrheit der Haftanordnungen weiterhin auf Gründe verwiesen werde, die nicht unter die im „Asylum Act“ definierten Haftgründe fallen würden. Das HHC führt diesbezüglich auf Seite 6 der „INFORMATION NOTE ON ASYLUM-SEEKERS IN DETENTION AND IN DUBLIN PROCEDURES IN HUNGARY“ von Mai 2014 aus, dass viele Entscheidungen verschiedene Umstände und Gründe benennen würden, die oftmals über die zulässigen Haftgründe nach dem Asylum Act Hungary hinausgingen. Beispielsweise genannt werden der unrechtmäßige Aufenthalt, die Einreise auf irreguläre Weise, das Fehlen ausreichender finanzieller Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts und das Fehlen von Verbindungen nach Ungarn. Dahingestellt bleiben kann, inwieweit die vorstehend genannten Beispiele unter einen der in Artikel 8 Absatz 3 AufnahmeRL bzw. § 31/A Absatz 1 Asylum Act Hungary genannten Haftgründe subsumiert werden können. Zunächst liegen dem Gericht keine Erkenntnisse vor, wonach diese Haftgründe auch bei Dublin-Rückkehrern angewandt werden. Sodann bestehen nach dem oben Ausgeführten tragfähige Anhaltspunkte, die die häufige Heranziehung des auch in der AufnahmeRL aufgeführten Haftgrundes der Fluchtgefahr belegen. Schließlich lässt sich jedenfalls nicht allein aus einer etwaigen europarechtswidrigen Annahme eines Haftgrundes ohne weiteres auf das Vorliegen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 3 EMRK bzw. Artikel 4 EU-GR-Charta schließen. Entscheidend ist vielmehr, dass das ungarische Recht den Asylbewerbern in solchen Fällen ermöglicht, sich gegen eine unrechtmäßige Inhaftierung zu wehren. 71Zwar gibt es gemäß § 31/C Absatz 2 Asylum Act Hungary keine individuellen Rechtsmittel, sondern gemäß Absatz 3 nur die Möglichkeit eines Einspruchs („objection“), gegen die Haftanordnung. 72Vgl auch Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 31. Oktober 2014 zu Frage 11, Seite 9 und Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 30. September 2014 zu Frage 11, Seite 7. 73Dahingestellt bleiben kann, inwieweit dieser Rechtsbehelf hinreichenden Rechtschutz zu gewähren vermag. Denn die Asylbewerber haben jedenfalls die Möglichkeit, die Rechtswidrigkeit ihrer Inhaftierung im Rahmen der von Amts wegen erfolgenden Überprüfung nach 72 Stunden bzw. 60 Tagen vor dem Amtsgericht geltend zu machen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Fristregelungen gegen Artikel 9 Absatz 3 AufnahmeRL – der seinerseits keine konkreten Fristvorgaben enthält – verstoßen und/oder diese Vorgaben in der Praxis nicht umgesetzt werden, sind nicht ersichtlich. Ebenso wenig steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die vorgeschriebenen gerichtlichen Haftüberprüfungen nicht geeignet sind, den Asylbewerbern effektiven Rechtschutz zu gewähren. Zwar kritisieren Pro Asyl und der UNHCR, dass es in der Praxis so gut wie nie zu einer Entlassung komme. 74Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 31. Oktober 2014 zu Frage 11, Seite 10 und Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 30. September 2014 zu Frage 11, Seite 7. 75Zum einen konnte keine der drei befragten Organisationen verlässliche Auskünfte zu der Frage, wie viele der nach dem 1. Juli 2013 erlassenen Anordnungen von Asylhaft aufgrund der bestehenden Rechtschutzmöglichkeiten tatsächlich aufgehoben worden sind, geben. 76Vgl. die Antworten des Auswärtigen Amtes, UNHCR und von Pro Asyl zu Frage 12 des Beweisbeschlusses. 77Zum anderen ließe sich allein aus einer geringen Erfolgsquote der Rechtsbehelfe auch nicht ohne weiteres darauf schließen, dass die ungarischen Gerichte keinen effektiven Rechtschutz gewährleisten. Dass derartige Haftprüfungsanträge durch die Gerichte angeblich mit schematisierten Entscheidungen abgelehnt werden und die Verhandlungen nur wenige Minuten dauern, muss nicht bedeuten, dass diese Rechtsbehelfe nicht individuell geprüft würden. Vielmehr kann in Haftsachen, die Massenverfahren darstellen, aus Gründen der Vereinfachung auch eine individuelle richterliche Überprüfung zu einer schematisierten Begründung führen, wenn das Gericht keine besonders begründungsbedürftigen Umstände des Einzelfalles angenommen hat, ohne dass grundlegende rechtsstaatliche Garantien verletzt wären; die Annahme von (fortbestehender) Fluchtgefahr bei Personen, die sich dem Asylverfahren bereits in der Vergangenheit entzogen haben, erscheint dem erkennenden Gericht zumindest nicht unvertretbar. 78Vgl. Verwaltungsgericht Würzburg, Urteil vom 23. September 2014 – W 1 K 14.50050 –, juris, Rn. 37. 79Gleichfalls steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Inhaftierung von Dublin-Rückkehrern in der Praxis entgegen den Vorgaben des Artikel 8 Absatz 2 AufnahmeRL und § 31/A Absatz 2 Asylum Act Hungary erfolgt. Danach dürfen die Mitgliedstaaten in Fällen, in denen es erforderlich ist, auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung den Antragsteller in Haft nehmen, wenn sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. 80Zwar spricht vieles dafür, dass die Haftanordnung regelmäßig schematisch erfolgt und eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Argumentation unter Abwägung der Rechts- bzw. Verhältnismäßigkeit in der Regel nicht stattfindet. 81Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 31. Oktober 2014 zu Frage 9, Seite 8. 82Indes lässt sich daraus bereits nicht ableiten, dass eine Einzelfallprüfung auch tatsächlich nicht stattgefunden hat. Vielmehr erscheint es dem Gericht nachvollziehbar, dass die Haftanordnungen größtenteils inhaltlich identisch aussehen und von einer individuellen Begründung absehen, da die Haftanordnung bei Dublin Rückkehrern regelmäßig auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützt wird. Vor dem Hintergrund, dass die Dublin-Rückkehr[er] bereits einmal aus Ungarn geflohen sind, erscheint diese Annahme auch nicht willkürlich (s.o.). 83Ungeachtet dessen widerlegt die Tatsache, dass es auch Fälle gibt, in denen die Haftanordnung auch individuelle Einzelheiten berücksichtigt, 84vgl. HHC “INFORMATION NOTE ON ASYLUM-SEEKERS IN DETENTION AND IN DUBLIN PROCEDURES IN HUNGARY“, Seite 6, 85die Annahme der fehlenden individuellen Einzelfallprüfung. Auch spricht für die Durchführung einer Einzelfallprüfung, dass Familien und besonders schutzbedürftige Personen in der Regel nicht inhaftiert werden, obwohl die Inhaftierung dieser Personengruppen ebenfalls rechtlich möglich wäre. 86Vgl. Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 30. September 2014 zu Frage 6, Seite 6. 87Zudem wird zumindest auch in vereinzelten Fällen von den im ungarischen Recht vorgesehenen Haftalternativen Gebrauch gemacht. Laut dem HHC sei in 13 der 107 untersuchten Haftentscheidungen begründet worden, warum nicht auf Haftalternativen zurückgegriffen worden sei. Im Zeitraum vom 1. Juli 2013 bis zum 17. April 2014 sei in 32 Fällen eine Kaution angeordnet worden. Die Betroffenen seien vorab gefragt worden, ob sie Geld besäßen bzw. jemand Geld schicken könne. 88Vgl. Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 30. September 2014 zu Frage 10, Seite 9; dem UNHCR liegen hierzu keine Informationen vor. 89Daraus geht hervor, dass die gesetzlich vorgesehenen Haftalternativen in der Praxis ‑ wenn auch nur in Ausnahmefällen – tatsächlich angewendet werden. Dass die Anzahl von Fällen, in denen eine Kaution angeordnet wurde, gering ausfällt überrascht das Gericht nicht, da Flüchtlinge in der Regel nicht über entsprechende finanzielle Mittel verfügen werden, um eine Kaution in Höhe von 962,00 und 2.000,00 Euro bezahlen zu können. 90Vgl. Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 30. September 2014 zu Frage 10, Seite 9. 91Unter Berücksichtigung der Funktion einer Kaution als eine Sicherheitsleistung, welche nur bei einer gewissen – für den Betroffenen spürbaren – Höhe erfüllt werden kann, bestehen keine Bedenken gegen die geforderte Höhe. Auch spricht der Umstand, dass die Höhe der geforderten Kaution variiert, dafür, dass die Höhe der Kaution im jeweiligen Einzelfall entsprechend der wirtschaftlichen Verhältnisse des Inhaftierten festgesetzt wird. 92Aus den vorstehenden Ausführungen folgt überdies, dass die Haftanordnung in Übereinstimmung mit Artikel 9 Absatz 2 AufnahmeRL schriftlich unter Angabe der sachlichen und rechtlichen Gründe für die Haft, die letztlich eine Überprüfbarkeit gewährleisten, ergeht. Diese werden den Asylsuchenden auch verbal übersetzt. 93Vgl. Auskunft Pro Asyl an das Verwaltungsgericht München vom 30. Oktober 2014 zu Frage 1. 94Damit wird dem durch Artikel 5 Absatz 2 EMRK gewährleisteten Recht eines jeden Festgenommenen auf Unterrichtung hinreichend entsprochen. Eine mündliche Unterrichtung genügt insoweit. 95Vgl. Dörr, in: Grote/Marahun, EMRK/GG, S. 574, Rn. 36. 96Auch aus den Erkenntnissen des Gerichts zur Haftdauer lässt sich keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Dublin-Rückkehrern ableiten. Vielmehr steht die Rechtslage und tatsächlich gelebte Praxis in Ungarn auch insoweit in Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben. Laut Auskunft von Pro Asyl beobachtete das HHC in der Vergangenheit, dass die maximale Haftdauer von sechs Monaten in vielen Fällen ausgeschöpft worden sei. Seit Kurzem würden inhaftierte Asylsuchende aus der Asylhaft entlassen, sobald das OIN im „in-merit procedure“ über das Asylgesuch entschieden hat und zwar auch dann, wenn diese Entscheidung negativ ausgefallen sei und der Betroffene Rechtmitte eingelegt habe. Demgegenüber ist nicht ersichtlich, dass die Höchstgrenze der zulässigen Haftdauer überschritten wird. 97vgl. Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 31. Oktober 2014 zu Frage 2 Buchstabe, Seite 2. 98Es erscheint zumindest nicht unvertretbar, bei Dublin-Rückkehrern anzunehmen, dass der Haftgrund der Fluchtgefahr – bis zu einer Entscheidung über das Asylbegehren bzw. unter Umständen auch nach einer ablehnenden Entscheidung – fortlaufend gegeben ist. 99Vgl. Verwaltungsgericht Stade, Beschluss vom 14. Juli 2014 – 1 B 862/14 –, juris, Rn. 15. 100Hinzu kommt, dass die Inhaftierung von Amts wegen alle 60 Tage überprüft wird (s.o.), die Asylbewerber mithin die Möglichkeit haben, ihre Inhaftierung auf die fortbestehende Rechtmäßigkeit hin überprüfen zu lassen. 101Schließlich kann das Gericht den aktuellen Auskünften nicht entnehmen, dass die konkreten Haftbedingungen in Ungarn systemisch eine unmenschliche, erniedrigende Behandlung der Dublin-Rückkehrer darstellen. 102Hinsichtlich der Haftbedingungen in den Asylhaftanstalten liegen dem Gericht im Wesentlichen die folgenden Erkenntnisse vor: 103Die Asylhafteinrichtungen seien nicht überbelegt. Die gesetzliche Mindestvorgabe von 5 m² pro Person werde in allen Einrichtungen gewahrt. Asylbewerber könnten sich innerhalb der Hafteinrichtungen zwischen 6 und 23 Uhr frei bewegen. Außerhalb der Einrichtungen, auf dem Weg zum Krankenhaus oder zum Gericht, würden die Asylbewerber hingegen an einer Leine geführt. Zur Freizeitgestaltung gebe es in den Hafteinrichtungen Computerräume mit Internetzugang, Fitnessräume und Gemeinschaftsräume, in denen ein Fernseher stehe. Bezüglich der hygienischen Verhältnisse in den Asylhafteinrichtungen lägen Mängel vor. In Békéscaba hätten einige der Toiletten keine Türen gehabt und einige Wasserhähne würden nicht funktionieren, weshalb der Zugang zu warmen Wasser nicht immer gewährleistet sei. In Nyírbátor habe eine unzureichende Versorgung mit Putzutensilien und Reinigungsmitteln zur Reinigung der Toiletten und Duschen stattgefunden. Der Waschraum im ersten Stock sei permanent dreckig gewesen und würde stinken. Auch sei das Wasser von mangelhafter Qualität gewesen, was zu Hautausschlägen geführt habe. In Debrecen seien Duschen im zweiten Stock häufig verstopft und daher unbenutzbar gewesen. Eine Versorgung mit Lebensmitteln erfolge entsprechend einer Verordnung des Innenministeriums. Religiöse und medizinische Besonderheiten würden in der Regel berücksichtigt. Kritisiert werde aber die schlechte Qualität des Essens. Eine medizinische Grundversorgung werde gewährleistet, auch wenn diese oft als unzureichend empfunden werde. Sanitäter bzw. Krankenschwestern seien permanent anwesend; Allgemeinmediziner würden die Einrichtungen zweitweise besuchen. In schwerwiegenden Fällen könne eine Zuweisung zu den Allgemein- oder Spezialeinrichtungen des Gesundheitssystems erfolgen. Die Kosten der Behandlung trage der ungarische Staat bzw. seine Gesundheitseinrichtung. In der Aufnahmeeinrichtung Békéscaba werde zudem psychologische Betreuung durch Spezialisten und Psychologen der Cordelia Stiftung gewährt. 104Vgl. Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 31. Oktober 2014 zu Frage 5 b) bis f), Seite 3 ff.; Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 30. September 2014 zu Frage 5 b) bis f), Seite 3 f.; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. November 2014 zu Frage 5 b) bis f), Seite 3 f.; HHC “INFORMATION NOTE ON ASYLUM-SEEKERS IN DETENTION AND IN DUBLIN PROCEDURES IN HUNGARY“, S. 15 ff. 105Obschon das Gericht nicht verkennt, dass Defizite in den Haftbedingungen bestehen, erreichen diese jedenfalls nicht das erforderliche Mindestmaß an Schwere, um von systemischen Mängeln in dem geschilderten Sinne ausgehen zu können. Die Beurteilung dieses Mindestmaßes ist relativ und hängt von allen Umständen des Einzelfalls ab, wie die Dauer der Behandlung und ihre physischen und psychischen Wirkungen und manchmal das Geschlecht, das Alter und der Gesundheitszustand des Opfers. 106Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 – M.S. S./Belgien u. Griechenland, Rn. 219. 107Die vorstehend genannten hygienischen, medizinischen und sonstigen Mängel in den Asylhaftanstalten, insbesondere auch die Vorfälle, in denen Asylbewerber von „armed security guards“ misshandelt worden sind, sind zwar nicht zu vernachlässigen. Indes lässt sich daraus nicht ableiten, dass die inhaftierten Asylbewerber in Ungarn nicht nur vereinzelt, sondern gerade systematisch einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterliegen. Vielmehr zeigt ein Vergleich mit der früheren Lage in Ungarn, dass zwischenzeitlich weitreichende tatsächliche und rechtliche Verbesserungen eingetreten sind. 108So auch EGMR, Urteil vom 3. Juli 2014 – 71932/12 – Mohammadi gegen Österreich, Rn. 68. 109Soweit die Bedingungen in einzelnen Aufnahmeeinrichtungen noch verbesserungswürdig sind, ist darauf hinzuweisen, dass einzelne Missstände, die in bestimmten Aufnahmeeinrichtungen auftreten, das Asyl- und Aufnahmesystem nicht insgesamt tangieren. Auch der Umstand, dass sich die Situation in Ungarn deutlich schlechter darstellen mag als in der Bundesrepublik Deutschland, begründet für sich keinen systemischen Mangel. 110Vgl. EGMR, Urteil vom 3. Juli 2014 – 71932/12 – Mohammadi gegen Österreich, Rn. 69; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 30. Januar 2015 – 13 L 58/15.A –, juris, Rn. 43 m.w.N. 111Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass der UNHCR – auch nach einer intensiven Auseinandersetzung mit der Inhaftierungspraxis Ungarns infolge der durch das Gericht veranlassten Beweisaufnahme – keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder Aufnahmebedingungen in Ungarn explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach Ungarn zu überstellen. 112[...]“. 113Den vorstehenden Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht an. Steht demnach nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das ungarische Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen dort an systemischen Mängeln leiden, geht dieser Umstand ‑ nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast – zu Lasten des Klägers. Bereits aus dem eingangs dargestellten Erfordernis, dass sich das Gericht zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen muss, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird, 114vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 – 10 B 16.14 –, juris Rn. 3; VG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 2015 – 13 K 501/14.A –, juris Rn. 136; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. April 2015 ‑ 17 K 7591/14 –, 115folgt, dass es zu Lasten des Asylbewerbers geht, wenn das Gericht – wie hier – nicht zu dieser Überzeugungsgewissheit gelangt. Gleiches ergibt sich auch aus der Diktion des EuGH, wonach ein Asylbewerber seiner Überstellung in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta ausgesetzt zu werden, 116vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, juris Rn. 62; VG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 2015 – 13 K 501/14.A –, juris Rn. 138; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. April 2015 ‑ 17 K 7591/14 –. 117III. Gründe, für eine Verpflichtung der Beklagten zur Ausübung des eigenen Prüfrechts (sog. Selbsteintrittsrecht) nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III VO bestehen -ungeachtet der Frage, ob sich der Kläger auf diese Norm überhaupt individualrechtlich berufen könnte- nicht. Wie unter B. II. dargelegt, weisen das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber wie den Kläger (Dublin - Rückkehrer) in Ungarn keine systemische Mängel auf, die für ihn eine tatsächliche Gefahr begründeten, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Auch unter Berücksichtigung der Situation des Klägers selbst, ist keine andere Bewertung geboten. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen kann es zwar im Einzelfall aus individuellen, in der Person des Asylsuchenden liegenden und an den Fallgruppen des Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes orientieren Gründen im Einzelfall geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat abzusehen. Hinweise auf das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls bestehen indes nicht und sind auch nicht substantiiert vorgebracht. Der 28 Jahre alte männliche Kläger ist ausweislich der vorliegenden Unterlagen nicht erkrankt, Anhaltspunkte für eine besondere Schutzbedürftigkeit bestehen nicht. 118IV. Ebenso ist die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG rechtmäßig und es steht fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. 1191. Die Rückübernahmebereitschaft des Drittstaates, in den abgeschoben werden soll, ist positiv geklärt, 120vgl. dieses Erfordernis verlangend: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. März 2015 ‑ 14 B 162/15.A –, n.v.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. März 2015 – 14 B 102/15.A –, n.v. 121Die ungarischen Behörden (Office of Immigration and Nationality) haben durch Mitteilung vom 1. Dezember 2014 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b) Dublin III VO ihre Bereitschaft zur Rückübernahme des Klägers erklärt. 1222. Es sind auch keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote oder inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse ersichtlich, geschweige denn geltend gemacht. 123C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert richtet sich nach § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des gerichtskostenfreien verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der kläger behauptet syrischer staatsangehörigkeit und arabischer volks- sowie sunnitischer religionszugehörigkeit zu sein. er reiste über ungarn kommend in die bundesrepublik deutschland ein und stellte am 8. september 2014 beim bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) einen asylantrag; am selben tag wurde ein persönliches gespräch zur bestimmung des zuständigen mitgliedstaates für die durchführung des asylverfahrens geführt. 3ein von der beklagten durchgeführter datenabgleich ergab, dass der kläger in ungarn erfasst wurde (sog. eurodac-treffer). auf das am 21. november 2014 an ungarn gestellte wiederaufnahmegesuch gemäß der verordnung (eg) nr. 604/2013 des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedstaats, der für die prüfung eines von einem drittstaatsangehörigen oder staatenlosen in einem mitgliedstaat gestellten antrags auf internationalen schutz zuständig ist (dublin iii vo) teilten die ungarischen behörden mit schreiben vom 1. dezember 2014 mit, es bestünde ihre zuständigkeit für die bearbeitung des asylantrags gemäß art. 18 abs. 1 lit. b) dublin iii vo. der kläger habe am 16. august 2014 in ungarn einen asylantrag gestellt. 4mit bescheid vom 5. dezember 2014 lehnte das bundesamt den asylantrag des klägers als unzulässig ab (ziffer 1) und ordnete die abschiebung nach ungarn an (ziffer 2). zur begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der asylantrag sei gemäß § 27a asylverfahrensgesetz (asylvfg) unzulässig, weil ungarn für dessen prüfung zuständig sei. außergewöhnliche humanitäre gründe, die die beklagte zur ausübung eines selbsteintrittsrechts veranlassen könnten, bestünden nicht. ungarn erfülle gegenüber ausländern, die dort einen asylantrag stellten, die erforderlichen mindeststandards. die abschiebungsanordnung fuße auf § 34a abs. 1 satz 1 asylvfg. 5gegen den bescheid hat der kläger am 16. dezember 2014 klage erhoben und zugleich um gewährung vorläufigen rechtsschutzes nachgesucht. das gericht hat letzterem begehren mit unanfechtbarem beschluss vom 5. februar 2015 – 17 l 3110/14.a – wegen seinerzeit offener erfolgsaussichten der hauptsache stattgegeben. 6zur begründung seiner klage führt er im wesentlichen aus, sein asylverfahren sei in deutschland durchzuführen. in ungarn sei er der gefahr unmenschlicher oder erniedrigender behandlung ausgesetzt, das dortige asylverfahren weise systemische mängel auf. dies belege auch seine dortige inhaftnahme bei stellung des asylbegehrens. 7der kläger beantragt, 8den bescheid des bundesamtes vom 5. dezember 2014 aufzuheben. 9die beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11zur begründung nimmt sie auf die gründe des angefochtenen bescheides bezug. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten und den der beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 13 | 14die klage hat keinen erfolg. 15sie ist zulässig (a.), jedoch unbegründet (b.). 16a. gegen den angefochtenen bescheid ist zutreffende klageart die (isolierte) anfechtungsklage. zwar ist bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher entscheidung der behörde im falle eines gebundenen begünstigenden verwaltungsakts regelmäßig die dem rechtsschutzbegehren des klägers allein entsprechende verpflichtungsklage die richtige klageart mit der konsequenz, dass das gericht die sache spruchreif zu machen hat und sich nicht auf eine entscheidung über die aufhebung des den begünstigenden verwaltungsakt ablehnenden bescheid beschränken darf, was im ergebnis einer zurückverweisung an die verwaltungsbehörde gleichkäme, 17vgl. bverwg, urteil vom 7. märz 1995 - 9 c 264/94 -, juris rn 15. 18dieser auch im asylverfahren geltende grundsatz findet allerdings auf behördliche entscheidungen, die -wie hier- auf der grundlage von § 27a asylvfg ergangen sind, keine anwendung. die entscheidungen nach §§ 27a und 34a abs. 1 asylvfg stellen belastende verwaltungsakte im sinne des § 35 verwaltungsverfahrensgesetz (vwvfg) dar, deren isolierte aufhebung – anders als in sonstigen fällen eines verpflichtungsbegehrens – ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre beseitigung grundsätzlich zur formellen und materiellen prüfung des gestellten asylantrages führt. denn das bundesamt ist nach aufhebung des bescheides bereits gesetzlich verpflichtet, das asylverfahren durchzuführen, §§ 31, 24 asylvfg. das bundesamt hat sich in den fällen des § 27a asylvfg lediglich mit der - einer materiellen prüfung des asylbegehrens vorrangigen - frage befasst, welcher staat nach den rechtsvorschriften der europäischen union für die prüfung des asylbegehrens des klägers zuständig ist; eine prüfung des asylbegehrens ist in der sache nicht erfolgt. mit der aufhebung des bescheides wird ein verfahrenshindernis für die inhaltliche prüfung des asylbegehrens beseitigt, und das asylverfahren ist in dem stadium, in dem es zu unrecht beendet worden ist, durch das bundesamt weiterzuführen. ist - wie dargelegt - das asylbegehren in der sache noch gar nicht geprüft worden und wäre nunmehr das gericht verpflichtet, die sache spruchreif zu machen und durchzuentscheiden, ginge den asylbewerbern eine tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenderen verfahrensgarantien ausgestattet ist. das gilt sowohl für die verpflichtung der behörde zur persönlichen anhörung (§ 24 abs. 1 satz 3 asylvfg) als auch zur umfassenden sachaufklärung sowie der erhebung der erforderlichen beweise von amts wegen (§ 24 abs. 1 satz 1 asylvfg) ohne die einmonatige präklusionsfrist, wie sie für das gerichtsverfahren in § 74 abs. 2 asylvfg in verbindung mit § 87b abs. 3 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) vorgesehen ist. ungeachtet dessen führte ein durchentscheiden des gerichts im ergebnis dazu, dass das gericht nicht eine entscheidung der behörde kontrollieren würde, sondern anstelle der exekutive erstmalig selbst sich mit dem antrag sachlich auseinandersetzte und entschiede, was im hinblick auf den grundsatz der gewaltenteilung aus art. 20 abs. 2 grundgesetz (gg) zumindest bedenklich wäre, da eine entscheidung, die der gesetzgeber mit dem asylverfahrensgesetz der exekutive zur prüfung zugewiesen hat, übergangen würde, 19vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 7. märz 2014 – 1 a 21/12.a –, juris rn. 28 ff.; vg düsseldorf, urteil vom 23. april 2013 – 17 k 1506/12.a –, juris rn. 18. 20b. der angefochtene bescheid des bundesamtes vom 5. dezember 2014 ist zu dem für die rechtliche beurteilung maßgeblichen zeitpunkt der entscheidung des gerichts (vgl. § 77 abs. 1 satz 1 asylvfg rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 21das bundesamt hat den asylantrag des klägers zu recht nach § 27a asylvfg als unzulässig abgelehnt und auf der grundlage des § 34a abs. 1 satz 1 alt. 2 asylvfg seine abschiebung nach ungarn angeordnet. gemäß § 27a asylvfg ist ein asylantrag unzulässig, wenn ein anderer staat auf grund von rechtsvorschriften der europäischen gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen vertrages für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist. in einem solchen fall prüft die beklagte den asylantrag nicht, sondern ordnet die abschiebung in den zuständigen staat an (§ 34a abs. 1 satz 1 alt. 2 asylvfg). 22die beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass ungarn grundsätzlich der für die durchführung des asylverfahrens des klägers zuständige mitgliedstaat ist (i.). des weiteren liegen keine gründe vor, die trotz der genannten zuständigkeit ungarns einer rückführung des klägers dorthin entgegenstehen (ii.). ebensowenig ist die beklagte verpflichtet, ihr eigenes prüfrecht (sog. selbsteintrittsrecht) zugunsten des klägers auszuüben (iii.). schließlich steht fest, dass die abschiebung nach ungarn durchgeführt werden kann (iv.). 23i. nach den hier anwendbaren vorschriften der dublin iii vo (vgl. art. 49 unterabsatz 2 satz 1 dublin iii vo) ist ungarn der zuständige mitgliedstaat für die prüfung des durch den kläger gestellten asylantrags. die zuständigkeit ergibt sich, da die gemäß art. 7 abs. 1 dublin iii vo vorrangig zu prüfenden zuständigkeitskriterien nach art. 8 bis 12 dieser verordnung nicht einschlägig sind, aus art. 13 abs. 1 satz 1 dublin iii vo, wonach ein mitgliedstaat für die prüfung des asylantrags zuständig ist, wenn ein asylbewerber aus einem drittstaat kommend die land-, see- oder luftgrenze eines mitgliedstaats illegal überschritten hat. der kläger hat bei seinem persönlichen gespräch vor dem bundesamt am 8. september 2014 selbst angegeben, im august 2014 illegal die grenze nach ungarn von griechenland kommend überschritten zu haben. ungeachtet dessen liegt bei ihm auch für ungarn ein sog. eurodac-treffer der kategorie „1“ (kennzeichnung für illegal eingereiste mit status des asylbewerbers) vor, 24vgl. art. 8 abs. 1 verordnung (eg) nr. 2725/2000 des rates vom 11. dezember 2000 über die einrichtung von „eurodac“ für den vergleich von fingerabdrücken zum zwecke der effektiven anwendung des dubliner übereinkommens i.v.m. art. 2 abs. 3 verordnung (eg) nr. 407/2002 des rates vom 28. februar 2002 zur festlegung von durchführungsbestimmungen zur verordnung (eg) nr. 2725/2000 über die einrichtung von „eurodac“ für den vergleich von fingerabdrücken zum zwecke der effektiven anwendung des dubliner übereinkommens bzw. nunmehr art. 14 abs. 1 verordnung (eu) nr. 603/2013 des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 über die einrichtung von eurodac für den abgleich von fingerabdruckdaten zum zwecke der effektiven anwendung der verordnung (eu) nr. 604/2013 zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedstaats, der für die prüfung eines von einem drittstaatsangehörigen oder staatenlosen in einem mitgliedstaat gestellten antrags auf internationalen schutz zuständig ist und über der gefahrenabwehr und strafverfolgung dienende anträge der gefahrenabwehr- und strafverfolgungsbehörden der mitgliedstaaten und europols auf den abgleich mit eurodac-daten sowie zur änderung der verordnung (eu) nr. 1077/2011 zur errichtung einer europäischen agentur für das betriebsmanagement von it-großsystemen im raum der freiheit, der sicherheit und des rechts (neufassung). 25wie der übernahmeerklärung der ungarischen behörden (office of immigration and nationality) vom 1. dezember 2014 zu entnehmen ist, hat er sodann am 16. august 2014 in ungarn einen asylantrag gestellt. 26die zuständigkeit ist auch nicht gemäß art. 23 abs. 3 dublin iii vo auf die beklagte übergegangen. sie richtete ihr wiederaufnahmegesuch datierend vom 21. november 2014 gemäß art. 23 abs. 1 dublin iii vo innerhalb der in art. 23 abs. 2 satz 1 dublin iii vo bestimmten frist von zwei monaten nach der eurodac-treffermeldung vom 2. oktober 2014 an ungarn. diesem wiederaufnahmegesuch wurde seitens der ungarischen behörden mit schreiben vom 1. dezember 2014 auf grundlage von art. 25 abs. 1, art. 18 abs. 1 lit. b) dublin iii vo entsprochen. damit ist ungarn für die durchführung des asylverfahrens zuständig. 27ii. es liegen auch keine gründe vor, die trotz der genannten zuständigkeit ungarns gemäß art. 3 abs. 2 unterabsatz 2, 3 dublin iii vo einer rückführung des klägers nach ungarn entgegenstehen. 28die beklagte ist nicht gemäß art. 3 abs. 2 unterabsatz 2, 3 dublin iii vo gehindert, den kläger nach ungarn zu überstellen, weil es wesentliche gründe für die annahme gibt, dass das asylverfahren und die aufnahmebedingungen für antragsteller in diesem mitgliedstaat systemische schwachstellen aufweisen, die eine gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden behandlung im sinne des artikels 4 der charta der grundrechte der europäischen union (grch) mit sich bringen. die voraussetzungen, unter denen das nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte (egmr) und des europäischen gerichtshofs, 29eugh, urteil vom 21. dezember 2011 – c-411/10 u.a. –, juris rn. 83 ff., 99; egmr, urteil vom 21. januar 2011 – 30696/09 –, nvwz 2011, 413, 30der fall wäre, liegen nicht vor, 31vgl. hierzu bezogen auf ungarn: vg düsseldorf, urteil vom 30. april 2015 – 17 k 7591/14 –, n.v.; vg düsseldorf, urteil vom 20. märz 2015 – 13 k 501/14.a –, juris rn. 50 ff.; vg düsseldorf, beschluss vom 31. märz 2015 – 13 l 229/15.a –, juris rn. 23 ff.; vg düsseldorf, beschluss vom 1. april 2015 – 13 l 1031/15.a –, juris rn. 21 ff. 32systemische mängel in diesem sinne können erst angenommen werden, wenn grundrechtsverletzungen einer art. 4 grch bzw. art. 3 der konvention zum schutz der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk) entsprechenden gravität nicht nur in einzelfällen, sondern strukturell bedingt, mithin systemisch vorliegen. diese müssen dabei aus sicht des überstellenden staates offensichtlich sein. in der diktion des europäischen gerichtshofs dürfen diese systemischen mängel dem überstellenden mitgliedstaat nicht unbekannt sein können, 33vgl. eugh, urteil vom 21. dezember 2011 – c-411/10 u.a. –, juris rn. 94; vg düsseldorf, urteil vom 20. märz 2015 – 13 k 501/14.a –, juris rn. 52; vg düsseldorf, urteil vom 30. april 2015 ‑ 17 k 7591/14 –, n.v. 34die im gemeinsamen europäischen asylsystem grundsätzlich bestehende vermutung, dass jeder mitgliedstaat ein sicherer drittstaat ist und die grundrechte von asylbewerbern einschließlich des refoulement-verbots hinreichend achtet, ist nicht unwiderleglich. vielmehr hat eine überstellung in einen mitgliedstaat zu unterbleiben, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das asylverfahren und die aufnahmebedingungen für asylbewerber im zuständigen mitgliedstaat systemische mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung der an diesen mitgliedstaat überstellten asylbewerber im sinne von art. 4 grch implizieren, 35vgl. eugh, urteil vom 21. dezember 2011 – c-411/10 et al. –, juris rn. 86; vg düsseldorf, urteil vom 20. märz 2015 – 13 k 501/14.a –, juris rn. 54; vg düsseldorf, urteil vom 30. april 2015 ‑ 17 k 7591/14 – n.v. 36eine widerlegung der vermutung ist aber wegen der gewichtigen zwecke des gemeinsamen europäischen asylsystems an hohe hürden geknüpft. nicht jede drohende grundrechtsverletzung oder geringste verstöße gegen die richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die überstellung eines asylbewerbers an den normalerweise zuständigen mitgliedstaat zu vereiteln. das gericht muss sich vielmehr die überzeugungsgewissheit (§ 108 abs. 1 satz 1 vwgo) verschaffen, dass der asylbewerber wegen systemischer mängel des asylverfahrens oder der aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung ausgesetzt wird, 37vgl. bverwg, urteil vom 19. märz 2014 – 10 b 6.14 –, juris rn. 6 m.w.n.; vg düsseldorf, urteil vom 20. märz 2015 – 13 k 501/14.a –, juris rn. 56; vg düsseldorf, urteil vom 30. april 2015 ‑ 17 k 7591/14 –. 38bei der bewertung der in ungarn anzutreffenden umstände der durchführung des asylverfahrens und der aufnahme von flüchtlingen sind dabei vorliegend diejenigen umstände heranzuziehen, die auf die situation des klägers zutreffen. abzustellen ist demnach auf die situation von flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen oder tatsächlichen lage, wohingegen die situation von flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen umständen keine unmittelbare rolle spielt. sie kann allenfalls ergänzend herangezogen werden, sofern sich diese umstände auch auf die situation des klägers auswirken (können), 39vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 7. märz 2014 – 1 a 21/12 –, juris rn. 130; vg düsseldorf, urteil vom 20. märz 2015 – 13 k 501/14.a –, juris rn. 58; vg düsseldorf, urteil vom 30. april 2015 ‑ 17 k 7591/14 –. 40damit ist vorliegend in erster linie die situation von dublin-rückkehrern zu betrachten, die – wie der kläger – vor der ausreise aus ungarn dort bereits einen ersten asylantrag gestellt haben, über den materiell noch nicht entschieden worden ist. 41hierzu hat die 13. kammer des erkennenden gerichts, 42vgl. vg düsseldorf, urteil vom 20. märz 2015 – 13 k 501/14.a –, juris rn. 61 ff.; vg düsseldorf, beschluss vom 31. märz 2015 – 13 l 229/15.a –, juris rn. 36 ff.; vg düsseldorf, beschluss vom 1. april 2015 – 13 l 1031/15.a –, juris rn. 34 ff., 43grundlegend im wesentlichen folgendes ausgeführt: 44„[…] maßgeblich für die beurteilung der sach- und rechtslage in dem zuständigen mitgliedstaat sind nach der rechtsprechung des eugh […] die regelmäßigen und übereinstimmenden berichte von internationalen nichtregierungsorganisationen, berichte der kommission zur bewertung des dublin-systems und berichte des unhcr zur lage von flüchtlingen und migranten vor ort, 45vgl. eugh, urteil vom 21. dezember 2011 – c 411/10 et. al. –, juris, rn. 90 ff. 46letzteren informationen kommt bei der beurteilung der funktionsfähigkeit des asylsystems in dem nach der dublin […] verordnung zuständigen mitgliedstaat besondere relevanz zu. dies entspricht der rolle, die dem amt des unhcr durch die genfer flüchtlingskonvention übertragen worden ist, wobei letztere bei der auslegung der unionsrechtlichen asylvorschriften zu beachten ist, 47vgl. eugh, urteil vom 30. mai 2013 – c 528/11 –, juris, rn. 44. 48für die frage, ob in ungarn „systemische mängel des asylverfahrens und der aufnahmebedingungen für asylbewerber“ im sinne der zitierten rechtsprechung vorliegen, kommen dabei allerdings vorliegend von vorne herein nur solche auskünfte und berichte der genannten organisationen in betracht, die sich mit der sach- und rechtslage in ungarn seit dem 1. juli 2013 befassen. für den zeitraum bis zum 30. juni 2013, insbesondere ab dem 1. januar 2013, ist in übereinstimmung mit der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte davon auszugehen, dass die in den jahren bis 2012 festgestellten mängel des ungarischen asylsystems und der aufnahmebedingungen durch zwischenzeitliche weitreichende tatsächliche und rechtliche verbesserungen, insbesondere die vorübergehende abschaffung der inhaftierungsmöglichkeiten für asylbewerber mit wirkung zum 1. januar 2013, entfallen sind, 49vgl. egmr, urteil vom 6. juni 2013 – 2283/12 –, juris, rn. 105, mohammed gegen österreich, in auszügen veröffentlicht unter asyl.net. 50zum 1. juli 2013 wurde das asylsystem ungarns allerdings erneut verändert. insbesondere wurden erneut umfassende gründe für die inhaftierung von asylbewerbern, sog. asylum detention – eine durch die für das asylverfahren zuständige behörde angeordnete verwaltungshaft – in das asylrecht aufgenommen. 51der egmr, dessen rechtsprechung auf der ebene des (nationalen) verfassungsrechts als auslegungshilfe für die bestimmung von inhalt und reichweite von grundrechten und rechtsstaatlichen grundsätzen des grundgesetzes dienen kann, 52vgl. bundesverfassungsgericht (bverfg), beschluss vom 14. oktober 2004 – 2 bvr 1481/04 –, juris, rn. 32, 53und dessen rechtsprechung maßgeblich für die auslegung der menschenrechte der emrk ist, hat mit urteil vom 3. juli 2014 das vorliegen systemischer mängel in ungarn unter berücksichtigung der veränderten rechtslage verneint […], 54egmr, urteil vom 3. juli 2014 – 71932/12 –, mohammadi gegen österreich, rn. 68 bis 70. 55auch das erkennende gericht vermag nach auswertung der im vorliegenden verfahren eingeholten aktuellen auskünfte des unhcr, des auswärtigen amtes und von pro asyl ‑ welche dem egmr bei seiner entscheidung nicht vorlagen – nicht festzustellen, dass der kläger gefahr liefe, nach seiner rücküberstellung nach ungarn einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung im sinne von artikel 4 eu-gr-charta bzw. im sinne von artikel 3 emrk zu unterfallen. dies ergibt sich aus folgenden rechtlichen und tatsächlichen erwägungen: 56artikel 4 eu-gr-charta bzw. artikel 3 emrk normieren das verbot der folter und unmenschlichen oder erniedrigenden strafe oder behandlung. eine behandlung ist „unmenschlich”, wenn sie vorsätzlich und ohne unterbrechung über stunden zugefügt wurde und entweder körperliche verletzungen oder intensives physisches oder psychisches leid verursacht hat. „erniedrigend” ist eine behandlung, wenn sie eine person demütigt oder erniedrigt, es an achtung für ihre menschenwürde fehlen lässt oder sie herabsetzt oder in ihr gefühle der angst, beklemmung oder unterlegenheit erweckt, geeignet, den moralischen oder körperlichen widerstand zu brechen. es kann ausreichen, dass ein opfer in seinen augen erniedrigt ist, auch wenn andere das nicht so sehen. ob zweck der behandlung war, das opfer zu erniedrigen oder zu demütigen, ist zu berücksichtigen, aber auch wenn das nicht gewollt war, schließt das die feststellung einer verletzung von artikel 3 emrk nicht zwingend aus. 57egmr, urteil vom 21. januar 2011 – 30696/09 –, nvwz 2011, 413, rn. 220 m.w.n. 58eine behandlung in diesem sinne kann nach den ergebnissen der beweisaufnahme zumindest nicht positiv festgestellt werden. 59zwar hat sich nach den dem gericht vorliegenden erkenntnissen bestätigt, dass dublin-rückkehrer flächendeckend – so der unhcr – bzw. regelmäßig – so pro asyl – inhaftiert werden. 60auskunft des unhcr an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 30. september 2014 zu frage 3, seite 2; auskunft von pro asyl an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 31. oktober 2014 zu frage 3 b), seite. 61indes begründet die tatsache, dass das ungarische asylrecht seit der erneuten rechtsänderung zum 1. juli 2013 – wieder – inhaftierungsgründe für asylbewerber enthält und ungarn auf dieser grundlage praktisch alle dublin-rückkehr – so der unhcr – bzw. regelmäßig, allerdings nicht sämtliche dublin-rückkehrer – so pro asyl – inhaftiert, für sich genommen noch keinen begründeten anhaltspunkt für das vorliegen systemischer mängel des asylsystems. vielmehr verpflichtet artikel 3 emrk die mitgliedstaaten, sich zu vergewissern, dass die bedingungen der haft mit der achtung der menschenwürde vereinbar sind und dass art und methode des vollzugs der maßnahme den gefangenen nicht leid oder härten unterwirft, die das mit einer haft unvermeidbar verbundene maß an leiden übersteigt, und dass seine gesundheit und sein wohlbefinden unter berücksichtigung der praktischen bedürfnisse der haft angemessen sichergestellt sind. 62vgl. egmr, urteile vom 21. januar 2011 – 30696/09 –, juris, rn. 221, und 15. juli 2002 – 47095/99 –, rn. 95. 63die richtlinie 2013/33/eu des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zur festlegung von normen für die aufnahme von personen, die internationalen schutz beantragen (aufnahmerl), enthält für die inhaftierung von asylbewerbern mindeststandards, zu denen auch die benennung von haftgründen gehört. anhaltspunkte dafür, dass diese mindeststandards ihrerseits nicht genügen, um die asylbewerber vor einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung zu schützen, liegen dem gericht nicht vor. danach darf haft nicht allein deswegen angeordnet werden, weil der betroffene einen antrag auf gewährung internationalen schutzes gestellt hat, sondern nur in ausnahmefällen, insbesondere zur überprüfung seiner identität oder staatsangehörigkeit, im falle notwendiger beweissicherung, insbesondere bei fluchtgefahr, zur prüfung des einreiserechts, zur durch- oder fortführung eines abschiebeverfahrens, wenn die gefahr der verzögerung oder der vereitelung durch den betroffenen besteht und bei gefahr für die nationale sicherheit und ordnung (artikel 8 absatz 1 und 3 aufnahmerl). die inhaftierung darf nur für den kürzest möglichen zeitraum und nur so lange, wie die gründe gemäß artikel 8 absatz 3 bestehen, angeordnet werden (artikel 9 absatz 1 satz 1 aufnahmerl). die haftanordnung ist zu begründen (artikel 9 absatz 2 aufnahmerl); bei einer anordnung durch eine verwaltungsbehörde ist eine zügige überprüfung durch ein gericht herbeizuführen (artikel 9 absatz 3 aufnahmerl). in diesem fall soll dem betroffenen unentgeltlicher rechtsbeistand zur verfügung stehen (artikel 9 absatz 6 aufnahmerl). auch im übrigen ist eine turnusmäßige haftüberprüfung von amts wegen vorzusehen (artikel 9 absatz 5 aufnahmerl). die schutzsuchenden sind in speziellen hafteinrichtungen unterzubringen, auf jeden fall aber getrennt von gewöhnlichen strafgefangenen (artikel 10 absatz 1 aufnahmerl). die inhaftierung von besonders schutzbedürftigen personen ist nur im ausnahmefall und unter weiteren sehr eingeschränkten bedingungen zulässig (artikel 11 aufnahmerl). 64dahingestellt bleiben kann, wann ein verstoß gegen diese mindeststandards die annahme systemischer mängel indiziert, da die gesetzlichen regelungen ungarns zur inhaftierung von asylbewerbern (act lxxx of 2007 on asylum, im folgenden: asylum act hungary) den vorstehend genannten vorgaben im wesentlichen gerecht werden: 65gemäß § 31/b absatz 1 asylum act hungary darf eine inhaftierung nicht alleine deswegen erfolgen, weil die antragsteller einen asylantrag gestellt haben. die in § 31/a absatz 1 asylum act hungary genannten haftgründe entsprechen ganz überwiegend denen des artikel 8 absatz 3 der aufnahmerl; insbesondere wird auch die fluchtgefahr als ein haftgrund genannt (buchstabe c). dabei darf entsprechend den vorgaben der aufnahmerl nach § 31/a absatz 3 des ungarischen gesetzes eine inhaftierung nur aufgrund einer individuellen ermessensentscheidung erfolgen und nur, wenn nicht durch andere maßnahmen sichergestellt werden kann, dass der asylbewerber sich dem asylverfahren nicht entzieht. unbegleitete minderjährige dürfen gemäß § 31/b absatz 2 asylum act hungary nicht inhaftiert werden; familien mit minderjährigen dürfen nur ultima ratio inhaftiert werden, wobei das kindeswohl vorrangig zu berücksichtigen ist. gemäß § 31/a absatz 10 asylum act hungary soll asylhaft nur in speziellen einrichtungen vollzogen werden. dabei soll die inhaftierung von männern und frauen sowie familien mit minderjährigen jeweils getrennt erfolgen (§ 31/f absatz 1 asylum act hungary). die zulässige höchstdauer von asylhaft regelt § 31/a absatz 7 asylum act hungary. danach soll die haft maximal sechs monate dauern; bei familien mit kindern nicht länger als 30 tage. gemäß § 31/a absatz 6 asylum act hungary kann die flüchtlingsbehörde innerhalb von 24 stunden seit der haftanordnung die verlängerung der inhaftierung auf mehr als 72 stunden bei dem örtlich zuständigen amtsgericht beantragen. das gericht kann die haftdauer sodann auf höchstens 60 tage verlängern. eine verlängerung auf weitere 60 tage ist nach einem erneuten antrag der flüchtlingsbehörde durch das zuständige amtsgericht möglich. hieraus folgt, dass eine überprüfung der inhaftierung von amts wegen nach 72 stunden und anschließend nach 60 tagen erfolgt. darüber hinaus besteht gemäß § 31/c absatz 3 asylum act hungary die möglichkeit gegen die inhaftierung einspruch einzulegen. gemäß § 31/e absatz 1 asylum act hungary sollen inhaftierte asylbewerber über ihre rechte und pflichten in ihrer muttersprache oder einer anderen sprache, die sie verstehen können, informiert werden. gemäß § 31/d absatz 4 asylum act hungary soll das gericht einen vormund bestellen, wenn der asylbewerber kein ungarisch spricht und nicht in der lage ist seine vertretung durch einen bevollmächtigten sicherzustellen. § 31/a absatz 8 asylum act hungary zählt schließlich auf, in welchen fällen die inhaftierung unverzüglich zu beenden ist. danach endet die haft unter anderem, wenn der haftgrund entfallen ist. 66ausreichende anhaltspunkte dafür, dass die ungarischen behörden diese vorgaben bei ihrer entscheidung über die inhaftierung von asylbewerbern – speziell dublin-rückkehrern – nicht nur in einzelfällen, sondern systemisch nicht beachten und sich hieraus eine unmenschliche und erniedrigende behandlung im oben genannten sinne ergibt, liegen nach dem ergebnis der beweisaufnahme nicht vor. 67das gericht hat im rahmen der beweisaufnahme unter anderem danach gefragt, auf welche konkreten haftgründe die inhaftierungen seit dem 1. juli 2013 gestützt werden (frage 4). 68pro asyl gab an, dass laut dem hungarian helsinki committee (hhc) in der praxis vor allem der haftgrund „risk of absconding“ (c) bzw. der haftgrund „risk of absconding“ in verbindung mit „establishment of identiy“ (a) anwendung finde. weiterhin würden inhaftierungen auf dem haftgrund „previous absconding“ (b) basieren. 69auskunft von pro asyl an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 31. oktober 2014 zu frage 4, seite 3. 70bei diesen haftgründen, welche dazu dienen, einer bestehende fluchtgefahr zu begegnen oder die identität des asylbewerbers festzustellen, handelt es sich um haftgründe, die den in artikel 8 absatz 3 aufnahmerl genannten entsprechen. allerdings hat pro asyl im rahmen der beantwortung von frage 9 unter bezugnahme auf die ausführungen des hhc angegeben, dass in der mehrheit der haftanordnungen weiterhin auf gründe verwiesen werde, die nicht unter die im „asylum act“ definierten haftgründe fallen würden. das hhc führt diesbezüglich auf seite 6 der „information note on asylum-seekers in detention and in dublin procedures in hungary“ von mai 2014 aus, dass viele entscheidungen verschiedene umstände und gründe benennen würden, die oftmals über die zulässigen haftgründe nach dem asylum act hungary hinausgingen. beispielsweise genannt werden der unrechtmäßige aufenthalt, die einreise auf irreguläre weise, das fehlen ausreichender finanzieller mittel zur bestreitung des lebensunterhalts und das fehlen von verbindungen nach ungarn. dahingestellt bleiben kann, inwieweit die vorstehend genannten beispiele unter einen der in artikel 8 absatz 3 aufnahmerl bzw. § 31/a absatz 1 asylum act hungary genannten haftgründe subsumiert werden können. zunächst liegen dem gericht keine erkenntnisse vor, wonach diese haftgründe auch bei dublin-rückkehrern angewandt werden. sodann bestehen nach dem oben ausgeführten tragfähige anhaltspunkte, die die häufige heranziehung des auch in der aufnahmerl aufgeführten haftgrundes der fluchtgefahr belegen. schließlich lässt sich jedenfalls nicht allein aus einer etwaigen europarechtswidrigen annahme eines haftgrundes ohne weiteres auf das vorliegen einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung im sinne von artikel 3 emrk bzw. artikel 4 eu-gr-charta schließen. entscheidend ist vielmehr, dass das ungarische recht den asylbewerbern in solchen fällen ermöglicht, sich gegen eine unrechtmäßige inhaftierung zu wehren. 71zwar gibt es gemäß § 31/c absatz 2 asylum act hungary keine individuellen rechtsmittel, sondern gemäß absatz 3 nur die möglichkeit eines einspruchs („objection“), gegen die haftanordnung. 72vgl auch auskunft von pro asyl an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 31. oktober 2014 zu frage 11, seite 9 und auskunft des unhcr an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 30. september 2014 zu frage 11, seite 7. 73dahingestellt bleiben kann, inwieweit dieser rechtsbehelf hinreichenden rechtschutz zu gewähren vermag. denn die asylbewerber haben jedenfalls die möglichkeit, die rechtswidrigkeit ihrer inhaftierung im rahmen der von amts wegen erfolgenden überprüfung nach 72 stunden bzw. 60 tagen vor dem amtsgericht geltend zu machen. anhaltspunkte dafür, dass diese fristregelungen gegen artikel 9 absatz 3 aufnahmerl – der seinerseits keine konkreten fristvorgaben enthält – verstoßen und/oder diese vorgaben in der praxis nicht umgesetzt werden, sind nicht ersichtlich. ebenso wenig steht zur überzeugung des gerichts fest, dass die vorgeschriebenen gerichtlichen haftüberprüfungen nicht geeignet sind, den asylbewerbern effektiven rechtschutz zu gewähren. zwar kritisieren pro asyl und der unhcr, dass es in der praxis so gut wie nie zu einer entlassung komme. 74auskunft von pro asyl an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 31. oktober 2014 zu frage 11, seite 10 und auskunft des unhcr an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 30. september 2014 zu frage 11, seite 7. 75zum einen konnte keine der drei befragten organisationen verlässliche auskünfte zu der frage, wie viele der nach dem 1. juli 2013 erlassenen anordnungen von asylhaft aufgrund der bestehenden rechtschutzmöglichkeiten tatsächlich aufgehoben worden sind, geben. 76vgl. die antworten des auswärtigen amtes, unhcr und von pro asyl zu frage 12 des beweisbeschlusses. 77zum anderen ließe sich allein aus einer geringen erfolgsquote der rechtsbehelfe auch nicht ohne weiteres darauf schließen, dass die ungarischen gerichte keinen effektiven rechtschutz gewährleisten. dass derartige haftprüfungsanträge durch die gerichte angeblich mit schematisierten entscheidungen abgelehnt werden und die verhandlungen nur wenige minuten dauern, muss nicht bedeuten, dass diese rechtsbehelfe nicht individuell geprüft würden. vielmehr kann in haftsachen, die massenverfahren darstellen, aus gründen der vereinfachung auch eine individuelle richterliche überprüfung zu einer schematisierten begründung führen, wenn das gericht keine besonders begründungsbedürftigen umstände des einzelfalles angenommen hat, ohne dass grundlegende rechtsstaatliche garantien verletzt wären; die annahme von (fortbestehender) fluchtgefahr bei personen, die sich dem asylverfahren bereits in der vergangenheit entzogen haben, erscheint dem erkennenden gericht zumindest nicht unvertretbar. 78vgl. verwaltungsgericht würzburg, urteil vom 23. september 2014 – w 1 k 14.50050 –, juris, rn. 37. 79gleichfalls steht nicht zur überzeugung des gerichts fest, dass die inhaftierung von dublin-rückkehrern in der praxis entgegen den vorgaben des artikel 8 absatz 2 aufnahmerl und § 31/a absatz 2 asylum act hungary erfolgt. danach dürfen die mitgliedstaaten in fällen, in denen es erforderlich ist, auf der grundlage einer einzelfallprüfung den antragsteller in haft nehmen, wenn sich weniger einschneidende maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. 80zwar spricht vieles dafür, dass die haftanordnung regelmäßig schematisch erfolgt und eine auf den konkreten einzelfall bezogene argumentation unter abwägung der rechts- bzw. verhältnismäßigkeit in der regel nicht stattfindet. 81auskunft von pro asyl an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 31. oktober 2014 zu frage 9, seite 8. 82indes lässt sich daraus bereits nicht ableiten, dass eine einzelfallprüfung auch tatsächlich nicht stattgefunden hat. vielmehr erscheint es dem gericht nachvollziehbar, dass die haftanordnungen größtenteils inhaltlich identisch aussehen und von einer individuellen begründung absehen, da die haftanordnung bei dublin rückkehrern regelmäßig auf den haftgrund der fluchtgefahr gestützt wird. vor dem hintergrund, dass die dublin-rückkehr[er] bereits einmal aus ungarn geflohen sind, erscheint diese annahme auch nicht willkürlich (s.o.). 83ungeachtet dessen widerlegt die tatsache, dass es auch fälle gibt, in denen die haftanordnung auch individuelle einzelheiten berücksichtigt, 84vgl. hhc “information note on asylum-seekers in detention and in dublin procedures in hungary“, seite 6, 85die annahme der fehlenden individuellen einzelfallprüfung. auch spricht für die durchführung einer einzelfallprüfung, dass familien und besonders schutzbedürftige personen in der regel nicht inhaftiert werden, obwohl die inhaftierung dieser personengruppen ebenfalls rechtlich möglich wäre. 86vgl. auskunft des unhcr an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 30. september 2014 zu frage 6, seite 6. 87zudem wird zumindest auch in vereinzelten fällen von den im ungarischen recht vorgesehenen haftalternativen gebrauch gemacht. laut dem hhc sei in 13 der 107 untersuchten haftentscheidungen begründet worden, warum nicht auf haftalternativen zurückgegriffen worden sei. im zeitraum vom 1. juli 2013 bis zum 17. april 2014 sei in 32 fällen eine kaution angeordnet worden. die betroffenen seien vorab gefragt worden, ob sie geld besäßen bzw. jemand geld schicken könne. 88vgl. auskunft von pro asyl an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 30. september 2014 zu frage 10, seite 9; dem unhcr liegen hierzu keine informationen vor. 89daraus geht hervor, dass die gesetzlich vorgesehenen haftalternativen in der praxis ‑ wenn auch nur in ausnahmefällen – tatsächlich angewendet werden. dass die anzahl von fällen, in denen eine kaution angeordnet wurde, gering ausfällt überrascht das gericht nicht, da flüchtlinge in der regel nicht über entsprechende finanzielle mittel verfügen werden, um eine kaution in höhe von 962,00 und 2.000,00 euro bezahlen zu können. 90vgl. auskunft von pro asyl an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 30. september 2014 zu frage 10, seite 9. 91unter berücksichtigung der funktion einer kaution als eine sicherheitsleistung, welche nur bei einer gewissen – für den betroffenen spürbaren – höhe erfüllt werden kann, bestehen keine bedenken gegen die geforderte höhe. auch spricht der umstand, dass die höhe der geforderten kaution variiert, dafür, dass die höhe der kaution im jeweiligen einzelfall entsprechend der wirtschaftlichen verhältnisse des inhaftierten festgesetzt wird. 92aus den vorstehenden ausführungen folgt überdies, dass die haftanordnung in übereinstimmung mit artikel 9 absatz 2 aufnahmerl schriftlich unter angabe der sachlichen und rechtlichen gründe für die haft, die letztlich eine überprüfbarkeit gewährleisten, ergeht. diese werden den asylsuchenden auch verbal übersetzt. 93vgl. auskunft pro asyl an das verwaltungsgericht münchen vom 30. oktober 2014 zu frage 1. 94damit wird dem durch artikel 5 absatz 2 emrk gewährleisteten recht eines jeden festgenommenen auf unterrichtung hinreichend entsprochen. eine mündliche unterrichtung genügt insoweit. 95vgl. dörr, in: grote/marahun, emrk/gg, s. 574, rn. 36. 96auch aus den erkenntnissen des gerichts zur haftdauer lässt sich keine unmenschliche oder erniedrigende behandlung von dublin-rückkehrern ableiten. vielmehr steht die rechtslage und tatsächlich gelebte praxis in ungarn auch insoweit in einklang mit den europarechtlichen vorgaben. laut auskunft von pro asyl beobachtete das hhc in der vergangenheit, dass die maximale haftdauer von sechs monaten in vielen fällen ausgeschöpft worden sei. seit kurzem würden inhaftierte asylsuchende aus der asylhaft entlassen, sobald das oin im „in-merit procedure“ über das asylgesuch entschieden hat und zwar auch dann, wenn diese entscheidung negativ ausgefallen sei und der betroffene rechtmitte eingelegt habe. demgegenüber ist nicht ersichtlich, dass die höchstgrenze der zulässigen haftdauer überschritten wird. 97vgl. auskunft von pro asyl an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 31. oktober 2014 zu frage 2 buchstabe, seite 2. 98es erscheint zumindest nicht unvertretbar, bei dublin-rückkehrern anzunehmen, dass der haftgrund der fluchtgefahr – bis zu einer entscheidung über das asylbegehren bzw. unter umständen auch nach einer ablehnenden entscheidung – fortlaufend gegeben ist. 99vgl. verwaltungsgericht stade, beschluss vom 14. juli 2014 – 1 b 862/14 –, juris, rn. 15. 100hinzu kommt, dass die inhaftierung von amts wegen alle 60 tage überprüft wird (s.o.), die asylbewerber mithin die möglichkeit haben, ihre inhaftierung auf die fortbestehende rechtmäßigkeit hin überprüfen zu lassen. 101schließlich kann das gericht den aktuellen auskünften nicht entnehmen, dass die konkreten haftbedingungen in ungarn systemisch eine unmenschliche, erniedrigende behandlung der dublin-rückkehrer darstellen. 102hinsichtlich der haftbedingungen in den asylhaftanstalten liegen dem gericht im wesentlichen die folgenden erkenntnisse vor: 103die asylhafteinrichtungen seien nicht überbelegt. die gesetzliche mindestvorgabe von 5 m² pro person werde in allen einrichtungen gewahrt. asylbewerber könnten sich innerhalb der hafteinrichtungen zwischen 6 und 23 uhr frei bewegen. außerhalb der einrichtungen, auf dem weg zum krankenhaus oder zum gericht, würden die asylbewerber hingegen an einer leine geführt. zur freizeitgestaltung gebe es in den hafteinrichtungen computerräume mit internetzugang, fitnessräume und gemeinschaftsräume, in denen ein fernseher stehe. bezüglich der hygienischen verhältnisse in den asylhafteinrichtungen lägen mängel vor. in békéscaba hätten einige der toiletten keine türen gehabt und einige wasserhähne würden nicht funktionieren, weshalb der zugang zu warmen wasser nicht immer gewährleistet sei. in nyírbátor habe eine unzureichende versorgung mit putzutensilien und reinigungsmitteln zur reinigung der toiletten und duschen stattgefunden. der waschraum im ersten stock sei permanent dreckig gewesen und würde stinken. auch sei das wasser von mangelhafter qualität gewesen, was zu hautausschlägen geführt habe. in debrecen seien duschen im zweiten stock häufig verstopft und daher unbenutzbar gewesen. eine versorgung mit lebensmitteln erfolge entsprechend einer verordnung des innenministeriums. religiöse und medizinische besonderheiten würden in der regel berücksichtigt. kritisiert werde aber die schlechte qualität des essens. eine medizinische grundversorgung werde gewährleistet, auch wenn diese oft als unzureichend empfunden werde. sanitäter bzw. krankenschwestern seien permanent anwesend; allgemeinmediziner würden die einrichtungen zweitweise besuchen. in schwerwiegenden fällen könne eine zuweisung zu den allgemein- oder spezialeinrichtungen des gesundheitssystems erfolgen. die kosten der behandlung trage der ungarische staat bzw. seine gesundheitseinrichtung. in der aufnahmeeinrichtung békéscaba werde zudem psychologische betreuung durch spezialisten und psychologen der cordelia stiftung gewährt. 104vgl. auskunft von pro asyl an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 31. oktober 2014 zu frage 5 b) bis f), seite 3 ff.; auskunft des unhcr an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 30. september 2014 zu frage 5 b) bis f), seite 3 f.; auskunft des auswärtigen amtes an das verwaltungsgericht düsseldorf vom 19. november 2014 zu frage 5 b) bis f), seite 3 f.; hhc “information note on asylum-seekers in detention and in dublin procedures in hungary“, s. 15 ff. 105obschon das gericht nicht verkennt, dass defizite in den haftbedingungen bestehen, erreichen diese jedenfalls nicht das erforderliche mindestmaß an schwere, um von systemischen mängeln in dem geschilderten sinne ausgehen zu können. die beurteilung dieses mindestmaßes ist relativ und hängt von allen umständen des einzelfalls ab, wie die dauer der behandlung und ihre physischen und psychischen wirkungen und manchmal das geschlecht, das alter und der gesundheitszustand des opfers. 106vgl. egmr, urteil vom 21. januar 2011 – 30696/09 – m.s. s./belgien u. griechenland, rn. 219. 107die vorstehend genannten hygienischen, medizinischen und sonstigen mängel in den asylhaftanstalten, insbesondere auch die vorfälle, in denen asylbewerber von „armed security guards“ misshandelt worden sind, sind zwar nicht zu vernachlässigen. indes lässt sich daraus nicht ableiten, dass die inhaftierten asylbewerber in ungarn nicht nur vereinzelt, sondern gerade systematisch einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung unterliegen. vielmehr zeigt ein vergleich mit der früheren lage in ungarn, dass zwischenzeitlich weitreichende tatsächliche und rechtliche verbesserungen eingetreten sind. 108so auch egmr, urteil vom 3. juli 2014 – 71932/12 – mohammadi gegen österreich, rn. 68. 109soweit die bedingungen in einzelnen aufnahmeeinrichtungen noch verbesserungswürdig sind, ist darauf hinzuweisen, dass einzelne missstände, die in bestimmten aufnahmeeinrichtungen auftreten, das asyl- und aufnahmesystem nicht insgesamt tangieren. auch der umstand, dass sich die situation in ungarn deutlich schlechter darstellen mag als in der bundesrepublik deutschland, begründet für sich keinen systemischen mangel. 110vgl. egmr, urteil vom 3. juli 2014 – 71932/12 – mohammadi gegen österreich, rn. 69; verwaltungsgericht düsseldorf, beschluss vom 30. januar 2015 – 13 l 58/15.a –, juris, rn. 43 m.w.n. 111lediglich ergänzend weist das gericht darauf hin, dass der unhcr – auch nach einer intensiven auseinandersetzung mit der inhaftierungspraxis ungarns infolge der durch das gericht veranlassten beweisaufnahme – keine systemischen mängel des asylverfahrens oder aufnahmebedingungen in ungarn explizit festgestellt und keine generelle empfehlung ausgesprochen hat, im rahmen des dublin-verfahrens asylbewerber nicht nach ungarn zu überstellen. 112[...]“. 113den vorstehenden ausführungen schließt sich das erkennende gericht an. steht demnach nicht zur überzeugung des gerichts fest, dass das ungarische asylverfahren oder die aufnahmebedingungen dort an systemischen mängeln leiden, geht dieser umstand ‑ nach den grundsätzen der materiellen beweislast – zu lasten des klägers. bereits aus dem eingangs dargestellten erfordernis, dass sich das gericht zur widerlegung der auf dem prinzip gegenseitigen vertrauens unter den mitgliedstaaten gründenden vermutung, die behandlung der asylbewerber stehe in jedem mitgliedstaat in einklang mit den erfordernissen der grundrechte-charta sowie mit der genfer flüchtlingskonvention und der emrk, die überzeugungsgewissheit (§ 108 abs. 1 satz 1 vwgo) verschaffen muss, dass der asylbewerber wegen systemischer mängel des asylverfahrens oder der aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung ausgesetzt wird, 114vgl. bverwg, beschluss vom 15. april 2014 – 10 b 16.14 –, juris rn. 3; vg düsseldorf, urteil vom 20. märz 2015 – 13 k 501/14.a –, juris rn. 136; vg düsseldorf, urteil vom 30. april 2015 ‑ 17 k 7591/14 –, 115folgt, dass es zu lasten des asylbewerbers geht, wenn das gericht – wie hier – nicht zu dieser überzeugungsgewissheit gelangt. gleiches ergibt sich auch aus der diktion des eugh, wonach ein asylbewerber seiner überstellung in den eigentlich zuständigen mitgliedstaat nur damit entgegentreten kann, dass er systemische mängel des asylverfahrens und der aufnahmebedingungen für asylbewerber in diesem mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch tatsachen bestätigte gründe für die annahme darstellen, dass er tatsächlich gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung im sinne von art. 4 eu-gr-charta ausgesetzt zu werden, 116vgl. eugh, urteil vom 10. dezember 2013 – c-394/12 –, juris rn. 62; vg düsseldorf, urteil vom 20. märz 2015 – 13 k 501/14.a –, juris rn. 138; vg düsseldorf, urteil vom 30. april 2015 ‑ 17 k 7591/14 –. 117iii. gründe, für eine verpflichtung der beklagten zur ausübung des eigenen prüfrechts (sog. selbsteintrittsrecht) nach art. 17 abs. 1 dublin iii vo bestehen -ungeachtet der frage, ob sich der kläger auf diese norm überhaupt individualrechtlich berufen könnte- nicht. wie unter b. ii. dargelegt, weisen das asylverfahren oder die aufnahmebedingungen für asylbewerber wie den kläger (dublin - rückkehrer) in ungarn keine systemische mängel auf, die für ihn eine tatsächliche gefahr begründeten, einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung ausgesetzt zu sein. auch unter berücksichtigung der situation des klägers selbst, ist keine andere bewertung geboten. ungeachtet der vorstehenden ausführungen kann es zwar im einzelfall aus individuellen, in der person des asylsuchenden liegenden und an den fallgruppen des art. 20 abs. 3 richtlinie 2011/95/eu des europäischen parlaments und des rates vom 13. dezember 2011 über normen für die anerkennung von drittstaatsangehörigen oder staatenlosen als personen mit anspruch auf internationalen schutz, für einen einheitlichen status für flüchtlinge oder für personen mit anrecht auf subsidiären schutz und für den inhalt des zu gewährenden schutzes orientieren gründen im einzelfall geboten sein, von überstellungen in den anderen mitgliedstaat abzusehen. hinweise auf das vorliegen eines solchen ausnahmefalls bestehen indes nicht und sind auch nicht substantiiert vorgebracht. der 28 jahre alte männliche kläger ist ausweislich der vorliegenden unterlagen nicht erkrankt, anhaltspunkte für eine besondere schutzbedürftigkeit bestehen nicht. 118iv. ebenso ist die abschiebungsanordnung nach § 34a abs. 1 satz 1 asylvfg rechtmäßig und es steht fest, dass die abschiebung durchgeführt werden kann. 1191. die rückübernahmebereitschaft des drittstaates, in den abgeschoben werden soll, ist positiv geklärt, 120vgl. dieses erfordernis verlangend: ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 10. märz 2015 ‑ 14 b 162/15.a –, n.v.; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 3. märz 2015 – 14 b 102/15.a –, n.v. 121die ungarischen behörden (office of immigration and nationality) haben durch mitteilung vom 1. dezember 2014 gemäß art. 18 abs. 1 lit. b) dublin iii vo ihre bereitschaft zur rückübernahme des klägers erklärt. 1222. es sind auch keine zielstaatsbezogenen abschiebungsverbote oder inlandsbezogenen abschiebungshindernisse ersichtlich, geschweige denn geltend gemacht. 123c. die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo, § 83b asylvfg. der gegenstandswert richtet sich nach § 30 abs. 1 rechtsanwaltsvergütungsgesetz. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung. | Verklagte*r | 0 |
173,610 | S 8 SO 200/13 | 2014-07-08T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren noch darum, ob der Kläger von der Beklagten die Gewährung von Leistungen für die Kosten eines Kabelanschlusses beanspruchen kann. 3Der Kläger wurde am 00.00.1940 geboren. Er bewohnt eine Wohnung B Q-kamp 00 in H, für die eine Kaltmiete in Höhe von 256,35 EUR monatlich, Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 50 EUR monatlich sowie Vorauszahlungen für Heizkosten an den Energieversorger F in Höhe von 73 EUR monatlich in den Monaten November 2011 bis September 2012 und in Höhe von 69 EUR monatlich in den Monaten Oktober 2012 bis September 2013 zu zahlen waren. In den Betriebskosten waren ausweislich des Mietvertrages Kosten für Kabelfernsehgebühren nicht enthalten. 4Auf Antrag vom 13.04.2012 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 24.09.2012 dem Kläger Leistungen nach dem IV. Kapitel des SGB XII für den Zeitraum von April 2012 bis August 2013. Monatlich wurde ein Betrag in Höhe von 149,10 EUR bewilligt. Kosten der Unterkunft wurden in Höhe von 345,92 EUR der Berechnung zugrunde gelegt, wobei eine "Bereinigung der Miete" in Höhe von 27,35 EUR ausgewiesen war. Hiergegen hat der Kläger am 01.10.2012 Widerspruch erhoben. Zur Begründung führt er aus: Die "Bereinigung der Miete" empfinde er als unzulässig. Seine Wohnung sei angemessen. Er habe schnell umziehen müssen, da sein Bruder für das Elternhaus einen Räumungstitel erwirkt habe. Weiter sei der Kläger nicht einverstanden, dass für den Monat Oktober keine Heizkosten gezahlt würden. Zwar sei es richtig, dass der Energielieferant F Abschlagszahlungen nur bis einschließlich September aufliste. Daraus aber zu schließen, dass für den Monat Oktober nichts gezahlt werden müsse, sei abenteuerlich. Aufgrund der späten Leistungsbewilligung seien zudem Abschläge für Strom und Gas in den Monaten Juli, August und September zu spät gezahlt worden, sodass der Versorger nunmehr Mahnkosten berechne. Weiter widerspreche er der Entscheidung, die TV-Kabelkosten nicht zu den Nebenkosten zu rechnen. Er habe mitgeteilt, dass er keine andere Wahl habe als TV-Empfang über Kabel. Laut Auskunft von Herrn U komme es in diesem Falle nicht darauf an, ob die Kabelkosten im Mietvertrag aufgeführt seien oder nicht. Der TV-Anschluss zähle also direkt zu den Nebenkosten. 5Mit Bescheid vom 23.11.2012 half der Kreis H dem Widerspruch teilweise ab. Die Unterkunftskosten wurden ohne die im Bescheid enthaltene Bereinigung von 27,35 EUR monatlich gewährt. Bezüglich der Heizkosten werde auf die endgültige Abrechnung nach der Jahresabrechnung verwiesen. Die Übernahme der Mahnkosten komme nicht in Betracht. Hinsichtlich der Kosten des Kabelanschlusses sei bereits kein Nachweis erbracht, dass überhaupt ein entsprechender Vertrag mit V bestehe und Zahlungen geleistet würden. Auch den Kontoauszügen ließen sich keine entsprechenden Abbuchungen entnehmen. Sofern der Nachweis erbracht werde, komme eine Übernahme der Kosten nur in Betracht, wenn fest stünde, dass der Kläger nicht auf andere Weise, beispielsweise über DVBT, Zugang zum Fernsehen habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2013 wies der Kreis H den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück. 6Hiergegen hat der Kläger am 02.07.2013 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus: Die durch die verspätete Bewilligung entstandenen Mahngebühren seien von der Beklagten im Wege des Schadensersatzes zu ersetzen. Zudem begehre er die Übernahme der Kosten für einen TV-Kabelanschluss. Der Empfang über DVBT erweise sich als mangelhaft. Zudem müsse die Grundversorgung sichergestellt werden. Pressemeldungen zufolge würden die Fernseh-Übertragungsrechte für die Qualifikationsspiele zur Fußball-Europameisterschaft 2016 sowie zur Fußballweltmeisterschaft 2018 an RTL vergeben und seien nicht über DVBT zu empfangen. Er verweise diesbezüglich auch auf ein Urteil des EuGH, wonach Fußballwelt- und -europameisterschaften nicht nur im PayTV gezeigt werden dürften. Schließlich handele es sich bei TV-Kabelanschlüssen um ebensolche Versorgungsleitungen wie Anschlüsse für Wasser, Elektrizität oder Gas, welche als Nebenkosten anerkannt würden. Überdies finde eine Benachteiligung gegenüber Mitbürgern mit Migrationshintergrund statt, denen zugebilligt würde, Sender aus ihren Herkunftsländern zu empfangen. Zum Nachweis der angefallenen Kosten legt er Kontoauszüge vor, aus denen sich eine Überweisung vom 18.07.2012 bzw. 30.10.2012 an V in Höhe von 34,40 EUR bzw. 38,80 EUR sowie am 23.07.2013 an die N T UG in Höhe von 53,69 EUR Erstattung TV-Kabel V ergaben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kontoauszüge Bezug genommen. 7In der mündlichen Verhandlung am 08.07.2014 hat der Kläger erklärt, dass er sich derzeit noch in einem Rechtsstreit mit dem Energieversorger F befinde und daher die Klage bezüglich der Mahngebühren nicht weiter verfolgen wolle. 8Der Kläger beantragt nunmehr noch, 9die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24.09.2012 in der Fassung des Bescheides vom 23.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2013 zu verurteilen, ihm weitere Leistungen nach dem SGB XII für die Kosten des Kabelanschlusses zu gewähren. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Zur Begründung nimmt sie zunächst Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und führt weiter aus: Der Auffassung des Klägers, wonach der Fernsehempfang über DVBT unzureichend sei, könne nicht gefolgt werden. 13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Die zulässige Klage ist unbegründet. 16Der Kläger ist durch den Bescheid der Beklagten vom 24.09.2012 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 23.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2013 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG, da der Bescheid rechtmäßig ist. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII für die Kosten eines Kabelanschlusses. 17Der Kläger hat zunächst keinen Anspruch auf Gewährung der Kosten für den Kabelanschluss als Kosten der Unterkunft gemäß §§ 41 Abs. 1, 42 Nr. 4, 35 SGB XII. Gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 SGB XII werden Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Zwar können Kosten für einen Breitbandkabelsanschluss als Betriebskosten im Sinne des § 2 BetrkV grundsätzlich berücksichtigungsfähige Unterkunftskosten darstellen. Voraussetzung ist dabei aber, dass die Verpflichtung zur Zahlung dieser Kosten durch den Mietvertrag begründet wurde (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009, Az.: B 4 AS 48/08 R). Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Ausweislich des Mietvertrages ist der Kläger nicht im Rahmen der Betriebskosten zur Zahlung von Kabelanschlussgebühren verpflichtet. 18Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung der Kosten für den Kabelanschluss als Hilfe in sonstigen Lebenslagen gemäß § 73 SGB XII. Gemäß § 73 S. 1 SGB XII können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffent-licher Mittel rechtfertigen. § 73 SGB XII beinhaltet eine Regelung zur Befriedigung von Bedarfen, die sich aus besonderen, atypischen Lebenslagen ergeben und im Hinblick auf den Zielauftrag des § 1 S. 1 SGB XII zur Führung eines menschenwürdigen Lebens zu decken sind, jedoch von den sonstigen Leistungsansprüchen der Hilfebedürftigen nach dem SGB XII nicht erfasst sind (Böttiger in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 73 Rn. 7). Sind daher Bedarfslagen bereits von den Regelbedarfen des § 27 a Abs. 2 SGB XII erfasst, kommt eine Gewährung weiterer Leistungen hierfür gemäß § 73 SGB XII nicht in Betracht. Stellt sich im Einzelfall eine Unterdeckung dieser Bedarfe heraus, ist der individuelle Bedarf gemäß § 27 a Abs. 4 SGB XII anzupassen. Die von dem Kläger geltend gemachten Kosten für einen Kabelanschluss betreffen den Bereich Freizeit, Unterhaltung, Kultur, für den gemäß § 5 RBEG bereits Ausgaben im Regelsatz enthalten sind. Es handelt sich somit nicht um einen besonderen, atypischen Bedarf im Sinne des § 73 SGB XII. 19Darüber hinaus hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Gewährung der Kosten für einen Kabelanschluss gemäß § 27 a SGB XII. Gemäß § 27 a Abs. 1 S. 1 SGB XII umfasst der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört gemäß § 27 a Abs. 1 S. 2 SGB XII in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft; dies gilt in besonderem Maß für Kinder und Jugendliche. Gemäß § 27 a Abs. 2 S. 1 SGB XII ergibt der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt den monatlichen Regelbedarf. Gemäß § 27 a Abs. 3 S. 1 SGB XII sind zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 ergeben, monatliche Regelsätze zu gewähren. Gemäß § 27 a Abs. 4 S. 1 SGB XII wird der individuelle Bedarf im Einzelfall abweichend vom Regelsatz festgelegt, wenn ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Besteht die Leistungsberechtigung für einen Monat, ist der Regelsatz gemäß § 27 a Abs. 4 S. 2 SGB XII anteilig zu zahlen. 20Hier hat die Beklagte der Leistungsberechnung den Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1 gemäß der Anlage zu § 28 für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die als al-leinstehende Person einen eigenen Haushalt führt, zugrunde gelegt. Dieser betrug in der Zeit vom 01.04.2012 bis 31.12.2012 monatlich 374 EUR und im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.08.2013 monatlich 382 EUR. Hierin enthalten sind gemäß § 5 Abs. 1 RBEG auch Auf-wendungen für Freizeit, Unterhaltung und Kultur in Höhe von 39,96 EUR bezogen auf den im Jahr 2011 gültigen Regelsatz von 364 EUR. Die Aufwendungen für Kabelfernsehen sind dem Bereich Freizeit, Unterhaltung und Kultur zuzuordnen. In Anbetracht des im Regelsatz enthaltenen Betrages für Freizeit, Unterhaltung und Kultur ist es dem Kläger zumutbar, die Aufwendungen für einen Kabelfernsehanschluss aus dem Regelsatz zu bestreiten. Die Notwendigkeit einer individuellen Bedarfsfestsetzung ist nicht ersichtlich; es besteht im Falle des Klägers kein erheblich vom Durchschnitt abweichender Bedarf. Der Kläger ist hier darauf zu verweisen, die im Regelsatz enthaltenen Beträge für die soziale und kulturelle Teilhabe entsprechend seinen persönlichen Prioritäten einzusetzen und hier eine Schwerpunktsetzung vorzunehmen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass hinsichtlich der sozialen und kulturellen Teilhabe in der Bevölkerung die unterschiedlichsten individuellen Vorstellungen bestehen, wie diese realisiert werden soll, jeweils entsprechend der individuellen Lebensgestaltung, der unterschiedlichen Lebenssituationen, Vorlieben und Wünsche. Der Regelsatz bildet hierbei lediglich einen Durchschnitt ab. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass der Regelsatz lediglich ein Mindestmaß an individueller Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben gewährleisten kann. Gerade vor dem Hintergrund dieser Vielfalt ist es den Leistungsberechtigten aber zuzumuten, die in diesem Zusammenhang im Regelsatz enthaltenen Mittel entsprechend ihren persönlichen Vorlieben und Wünschen einzusetzen. Eine darüber hinausgehende Leistungsgewährung kann nur in eng begrenzten Ausnahmefällen erfolgen. Soweit der Kläger hier entsprechend seinen individuellen Wünschen Wert auf einen Kabelanschluss legt, um insbesondere bestimmte Sportereignisse zu verfolgen, die lediglich im privaten Fernsehen übertragen werden, ist es ihm zuzumuten, den Regelsatz hinsichtlich des sozio-kulturellen Existenzminimums hierfür einzusetzen und dafür an anderer Stelle Einsparungen zu tätigen. Die vom Kläger geltend gemachten Kosten in Höhe von etwa 35 EUR monatlich übersteigen nicht den Anteil für Freizeit, Unterhaltung und Kultur. Soweit der Kläger darauf verweist, dass die Grundversorgung sicherzustellen sei, so ist ihm entgegen zu halten, dass ein Empfang öffentlich-rechtlicher Sender am Wohnort des Klägers bereits ohne Kabelanschluss kostenfrei über DVBT technisch möglich ist. Soweit er auf ein Urteil des EuGH zur Vergabe der Fernsehrechte für Fußballgroßveranstaltungen an PayTV-Sender verweist, führt dies ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Die Frage der Vergabe von Fernsehrechten ist unabhängig von der Frage zu beurteilen, inwiefern der örtliche Sozialhilfeträger Leistungen für eine bestimmte Art des Fernsehempfangs zu erbringen hat. Eine Benachteiligung gegenüber Mitbürgern mit Migrationshintergrund findet ebenfalls nicht statt; die Frage, ob diese höhere Leistungen nach dem SGB XII für den Empfang ausländischer Fernsehsender beanspruchen können, beurteilt sich nach den gleichen Maßstäben wie im Falle des Klägers. 21Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG. | die klage wird abgewiesen. kosten sind nicht zu erstatten. 1 | 2die beteiligten streiten im vorliegenden verfahren noch darum, ob der kläger von der beklagten die gewährung von leistungen für die kosten eines kabelanschlusses beanspruchen kann. 3der kläger wurde am 00.00.1940 geboren. er bewohnt eine wohnung b q-kamp 00 in h, für die eine kaltmiete in höhe von 256,35 eur monatlich, betriebskostenvorauszahlungen in höhe von 50 eur monatlich sowie vorauszahlungen für heizkosten an den energieversorger f in höhe von 73 eur monatlich in den monaten november 2011 bis september 2012 und in höhe von 69 eur monatlich in den monaten oktober 2012 bis september 2013 zu zahlen waren. in den betriebskosten waren ausweislich des mietvertrages kosten für kabelfernsehgebühren nicht enthalten. 4auf antrag vom 13.04.2012 bewilligte die beklagte mit bescheid vom 24.09.2012 dem kläger leistungen nach dem iv. kapitel des sgb xii für den zeitraum von april 2012 bis august 2013. monatlich wurde ein betrag in höhe von 149,10 eur bewilligt. kosten der unterkunft wurden in höhe von 345,92 eur der berechnung zugrunde gelegt, wobei eine "bereinigung der miete" in höhe von 27,35 eur ausgewiesen war. hiergegen hat der kläger am 01.10.2012 widerspruch erhoben. zur begründung führt er aus: die "bereinigung der miete" empfinde er als unzulässig. seine wohnung sei angemessen. er habe schnell umziehen müssen, da sein bruder für das elternhaus einen räumungstitel erwirkt habe. weiter sei der kläger nicht einverstanden, dass für den monat oktober keine heizkosten gezahlt würden. zwar sei es richtig, dass der energielieferant f abschlagszahlungen nur bis einschließlich september aufliste. daraus aber zu schließen, dass für den monat oktober nichts gezahlt werden müsse, sei abenteuerlich. aufgrund der späten leistungsbewilligung seien zudem abschläge für strom und gas in den monaten juli, august und september zu spät gezahlt worden, sodass der versorger nunmehr mahnkosten berechne. weiter widerspreche er der entscheidung, die tv-kabelkosten nicht zu den nebenkosten zu rechnen. er habe mitgeteilt, dass er keine andere wahl habe als tv-empfang über kabel. laut auskunft von herrn u komme es in diesem falle nicht darauf an, ob die kabelkosten im mietvertrag aufgeführt seien oder nicht. der tv-anschluss zähle also direkt zu den nebenkosten. 5mit bescheid vom 23.11.2012 half der kreis h dem widerspruch teilweise ab. die unterkunftskosten wurden ohne die im bescheid enthaltene bereinigung von 27,35 eur monatlich gewährt. bezüglich der heizkosten werde auf die endgültige abrechnung nach der jahresabrechnung verwiesen. die übernahme der mahnkosten komme nicht in betracht. hinsichtlich der kosten des kabelanschlusses sei bereits kein nachweis erbracht, dass überhaupt ein entsprechender vertrag mit v bestehe und zahlungen geleistet würden. auch den kontoauszügen ließen sich keine entsprechenden abbuchungen entnehmen. sofern der nachweis erbracht werde, komme eine übernahme der kosten nur in betracht, wenn fest stünde, dass der kläger nicht auf andere weise, beispielsweise über dvbt, zugang zum fernsehen habe. mit widerspruchsbescheid vom 07.06.2013 wies der kreis h den widerspruch im übrigen als unbegründet zurück. 6hiergegen hat der kläger am 02.07.2013 klage erhoben. zur begründung führt er aus: die durch die verspätete bewilligung entstandenen mahngebühren seien von der beklagten im wege des schadensersatzes zu ersetzen. zudem begehre er die übernahme der kosten für einen tv-kabelanschluss. der empfang über dvbt erweise sich als mangelhaft. zudem müsse die grundversorgung sichergestellt werden. pressemeldungen zufolge würden die fernseh-übertragungsrechte für die qualifikationsspiele zur fußball-europameisterschaft 2016 sowie zur fußballweltmeisterschaft 2018 an rtl vergeben und seien nicht über dvbt zu empfangen. er verweise diesbezüglich auch auf ein urteil des eugh, wonach fußballwelt- und -europameisterschaften nicht nur im paytv gezeigt werden dürften. schließlich handele es sich bei tv-kabelanschlüssen um ebensolche versorgungsleitungen wie anschlüsse für wasser, elektrizität oder gas, welche als nebenkosten anerkannt würden. überdies finde eine benachteiligung gegenüber mitbürgern mit migrationshintergrund statt, denen zugebilligt würde, sender aus ihren herkunftsländern zu empfangen. zum nachweis der angefallenen kosten legt er kontoauszüge vor, aus denen sich eine überweisung vom 18.07.2012 bzw. 30.10.2012 an v in höhe von 34,40 eur bzw. 38,80 eur sowie am 23.07.2013 an die n t ug in höhe von 53,69 eur erstattung tv-kabel v ergaben. wegen der einzelheiten wird auf die kontoauszüge bezug genommen. 7in der mündlichen verhandlung am 08.07.2014 hat der kläger erklärt, dass er sich derzeit noch in einem rechtsstreit mit dem energieversorger f befinde und daher die klage bezüglich der mahngebühren nicht weiter verfolgen wolle. 8der kläger beantragt nunmehr noch, 9die beklagte unter abänderung des bescheides vom 24.09.2012 in der fassung des bescheides vom 23.11.2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 07.06.2013 zu verurteilen, ihm weitere leistungen nach dem sgb xii für die kosten des kabelanschlusses zu gewähren. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12zur begründung nimmt sie zunächst bezug auf die ausführungen im widerspruchsbescheid und führt weiter aus: der auffassung des klägers, wonach der fernsehempfang über dvbt unzureichend sei, könne nicht gefolgt werden. 13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsakte der beklagten, die gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind, bezug genommen. 14 | 15die zulässige klage ist unbegründet. 16der kläger ist durch den bescheid der beklagten vom 24.09.2012 in der fassung des teilabhilfebescheides vom 23.11.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 07.06.2013 nicht beschwert im sinne des § 54 abs. 2 sgg, da der bescheid rechtmäßig ist. der kläger hat gegen die beklagte keinen anspruch auf gewährung von leistungen nach dem sgb xii für die kosten eines kabelanschlusses. 17der kläger hat zunächst keinen anspruch auf gewährung der kosten für den kabelanschluss als kosten der unterkunft gemäß §§ 41 abs. 1, 42 nr. 4, 35 sgb xii. gemäß § 35 abs. 1 s. 1 sgb xii werden leistungen für die unterkunft in höhe der tatsächlichen aufwendungen erbracht. zwar können kosten für einen breitbandkabelsanschluss als betriebskosten im sinne des § 2 betrkv grundsätzlich berücksichtigungsfähige unterkunftskosten darstellen. voraussetzung ist dabei aber, dass die verpflichtung zur zahlung dieser kosten durch den mietvertrag begründet wurde (vgl. bsg, urteil vom 19.02.2009, az.: b 4 as 48/08 r). diese voraussetzung liegt hier nicht vor. ausweislich des mietvertrages ist der kläger nicht im rahmen der betriebskosten zur zahlung von kabelanschlussgebühren verpflichtet. 18der kläger hat auch keinen anspruch auf gewährung der kosten für den kabelanschluss als hilfe in sonstigen lebenslagen gemäß § 73 sgb xii. gemäß § 73 s. 1 sgb xii können leistungen auch in sonstigen lebenslagen erbracht werden, wenn sie den einsatz öffent-licher mittel rechtfertigen. § 73 sgb xii beinhaltet eine regelung zur befriedigung von bedarfen, die sich aus besonderen, atypischen lebenslagen ergeben und im hinblick auf den zielauftrag des § 1 s. 1 sgb xii zur führung eines menschenwürdigen lebens zu decken sind, jedoch von den sonstigen leistungsansprüchen der hilfebedürftigen nach dem sgb xii nicht erfasst sind (böttiger in jurispk-sgb xii, 2. aufl. 2014, § 73 rn. 7). sind daher bedarfslagen bereits von den regelbedarfen des § 27 a abs. 2 sgb xii erfasst, kommt eine gewährung weiterer leistungen hierfür gemäß § 73 sgb xii nicht in betracht. stellt sich im einzelfall eine unterdeckung dieser bedarfe heraus, ist der individuelle bedarf gemäß § 27 a abs. 4 sgb xii anzupassen. die von dem kläger geltend gemachten kosten für einen kabelanschluss betreffen den bereich freizeit, unterhaltung, kultur, für den gemäß § 5 rbeg bereits ausgaben im regelsatz enthalten sind. es handelt sich somit nicht um einen besonderen, atypischen bedarf im sinne des § 73 sgb xii. 19darüber hinaus hat der kläger auch keinen anspruch auf gewährung der kosten für einen kabelanschluss gemäß § 27 a sgb xii. gemäß § 27 a abs. 1 s. 1 sgb xii umfasst der für die gewährleistung des existenzminimums notwendige lebensunterhalt insbesondere ernährung, kleidung, körperpflege, hausrat, haushaltsenergie ohne die auf heizung und erzeugung von warmwasser entfallenden anteile, persönliche bedürfnisse des täglichen lebens sowie unterkunft und heizung. zu den persönlichen bedürfnissen des täglichen lebens gehört gemäß § 27 a abs. 1 s. 2 sgb xii in vertretbarem umfang eine teilhabe am sozialen und kulturellen leben in der gemeinschaft; dies gilt in besonderem maß für kinder und jugendliche. gemäß § 27 a abs. 2 s. 1 sgb xii ergibt der gesamte notwendige lebensunterhalt nach absatz 1 mit ausnahme der bedarfe nach dem zweiten bis vierten abschnitt den monatlichen regelbedarf. gemäß § 27 a abs. 3 s. 1 sgb xii sind zur deckung der regelbedarfe, die sich nach den regelbedarfsstufen der anlage zu § 28 ergeben, monatliche regelsätze zu gewähren. gemäß § 27 a abs. 4 s. 1 sgb xii wird der individuelle bedarf im einzelfall abweichend vom regelsatz festgelegt, wenn ein bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder unabweisbar seiner höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen bedarf abweicht. besteht die leistungsberechtigung für einen monat, ist der regelsatz gemäß § 27 a abs. 4 s. 2 sgb xii anteilig zu zahlen. 20hier hat die beklagte der leistungsberechnung den regelsatz der regelbedarfsstufe 1 gemäß der anlage zu § 28 für eine erwachsene leistungsberechtigte person, die als al-leinstehende person einen eigenen haushalt führt, zugrunde gelegt. dieser betrug in der zeit vom 01.04.2012 bis 31.12.2012 monatlich 374 eur und im zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.08.2013 monatlich 382 eur. hierin enthalten sind gemäß § 5 abs. 1 rbeg auch auf-wendungen für freizeit, unterhaltung und kultur in höhe von 39,96 eur bezogen auf den im jahr 2011 gültigen regelsatz von 364 eur. die aufwendungen für kabelfernsehen sind dem bereich freizeit, unterhaltung und kultur zuzuordnen. in anbetracht des im regelsatz enthaltenen betrages für freizeit, unterhaltung und kultur ist es dem kläger zumutbar, die aufwendungen für einen kabelfernsehanschluss aus dem regelsatz zu bestreiten. die notwendigkeit einer individuellen bedarfsfestsetzung ist nicht ersichtlich; es besteht im falle des klägers kein erheblich vom durchschnitt abweichender bedarf. der kläger ist hier darauf zu verweisen, die im regelsatz enthaltenen beträge für die soziale und kulturelle teilhabe entsprechend seinen persönlichen prioritäten einzusetzen und hier eine schwerpunktsetzung vorzunehmen. zu berücksichtigen ist dabei, dass hinsichtlich der sozialen und kulturellen teilhabe in der bevölkerung die unterschiedlichsten individuellen vorstellungen bestehen, wie diese realisiert werden soll, jeweils entsprechend der individuellen lebensgestaltung, der unterschiedlichen lebenssituationen, vorlieben und wünsche. der regelsatz bildet hierbei lediglich einen durchschnitt ab. gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass der regelsatz lediglich ein mindestmaß an individueller teilhabe am sozialen und kulturellen leben gewährleisten kann. gerade vor dem hintergrund dieser vielfalt ist es den leistungsberechtigten aber zuzumuten, die in diesem zusammenhang im regelsatz enthaltenen mittel entsprechend ihren persönlichen vorlieben und wünschen einzusetzen. eine darüber hinausgehende leistungsgewährung kann nur in eng begrenzten ausnahmefällen erfolgen. soweit der kläger hier entsprechend seinen individuellen wünschen wert auf einen kabelanschluss legt, um insbesondere bestimmte sportereignisse zu verfolgen, die lediglich im privaten fernsehen übertragen werden, ist es ihm zuzumuten, den regelsatz hinsichtlich des sozio-kulturellen existenzminimums hierfür einzusetzen und dafür an anderer stelle einsparungen zu tätigen. die vom kläger geltend gemachten kosten in höhe von etwa 35 eur monatlich übersteigen nicht den anteil für freizeit, unterhaltung und kultur. soweit der kläger darauf verweist, dass die grundversorgung sicherzustellen sei, so ist ihm entgegen zu halten, dass ein empfang öffentlich-rechtlicher sender am wohnort des klägers bereits ohne kabelanschluss kostenfrei über dvbt technisch möglich ist. soweit er auf ein urteil des eugh zur vergabe der fernsehrechte für fußballgroßveranstaltungen an paytv-sender verweist, führt dies ebenfalls zu keinem anderen ergebnis. die frage der vergabe von fernsehrechten ist unabhängig von der frage zu beurteilen, inwiefern der örtliche sozialhilfeträger leistungen für eine bestimmte art des fernsehempfangs zu erbringen hat. eine benachteiligung gegenüber mitbürgern mit migrationshintergrund findet ebenfalls nicht statt; die frage, ob diese höhere leistungen nach dem sgb xii für den empfang ausländischer fernsehsender beanspruchen können, beurteilt sich nach den gleichen maßstäben wie im falle des klägers. 21die kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 sgg. | Verklagte*r | 0 |
336,761 | 32 C 159/18 | 2021-04-16T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.569,15 EUR sowie nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 19.06.2018 zu zahlen. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen. 4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten über eine restliche Werklohnforderung. 3Die Beklagte beauftragte den Kläger im August 2017 bezüglich des Bauvorhabens C3 in E mit der Verlegung bauseits gestellten Parketts, bei dem es sich um ein sogenanntes „Klicksystem“ handelt, bei der die Dielen miteinander verklickt werden. Grundlage war ein Angebot des Klägers vom 11.08.2017, welches nach Übermittlung von der Beklagten am 12.08.2017 modifiziert wurde. Man einigte sich letztlich darauf, dass das bauseits gestellte Parkett nur zu verlegen sei. Es wurde ein Skonto von 2% mit einer achttägigen Skontofrist vereinbart. Weitere Skonti oder ein Sicherungseinbehalt wurden nicht vereinbart. 4Die Arbeiten wurden am 19.09.2017 abgeschlossen. Unmittelbar nach Fertigstellung der Leistung des Klägers zog die eine Person in die Wohnung ein. 5Der Kläger berechnete seine Leistungen in drei Teilrechnungen. Mit Rechnung Nr. 17-432 vom 09.09.2017 berechnete der Kläger 4.892,94 EUR, auf die die Beklagte 3.327,88 EUR leistete. Mit der Rechnung Nr. 17-433 vom 18.09.2017 berechnete der Kläger 1.477,85 EUR, auf welche die Beklagte 1.303,47 EUR zahlte. Mit der Rechnung Nr. 17-434 vom 26.09.2017 berechnete der Kläger 1.549,32 EUR, auf welche die Beklagte 719,61 EUR zahlte. Sämtliche Zahlungen erfolgten außerhalb der vereinbarten Skontofrist. 6Unter dem 27.10.2017 mahnte der Kläger letztmalig unter Fristsetzung bis zum 03.11.2017 eine ausstehende Forderung in Höhe von 2.426,59 EUR an. Eine Reaktion erfolgte nicht. Der Kläger beauftragte daraufhin seine Prozessbevollmächtigten, die unter dem 18.12.2017 eine Forderung in Höhe von 2.569,15 EUR anmahnten. Dafür vielen Anwaltskosten in Höhe von 281,30 EUR an. 7Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 03.01.2018 und teilte mit, dass ein Anwalt eingeschaltet worden sei, der sich melden werde. Eine weitere Reaktion erfolgte jedoch nicht. 8Die Firma I I1 baute als Subunternehmer der Beklagten beschädigte Parkettdielen aus, besserte sie soweit möglich aus und arbeitete sie bei und baute neue Parkettdielen ein. Die Rechnung vom 09.05.2019 belief sich auf 3.200,00 EUR netto. Der Parkettlieferant der Beklagten stellte für neue Parkettdielen mit Rechnung vom 20.03.2019 einen Betrag in Höhe von 384,80 EUR netto und für das zur Neueinpflege des Parkettbodens erforderliche Pflegematerial mit Rechnung vom 12.08.2019 einen Betrag in Höhe von 27,84 EUR in Rechnung. 9Die Beklagte trat im September 2020 alle bestehenden Erfüllungs-, Mängelhaftungs- und Schadensersatzansprüche an den Bauherrn in vollem Umfang ab. 10Der Kläger behauptet, er habe die vertraglich vereinbarte Leistung vollständig und beanstandungslos ausgeführt. Mängel seien bis jedenfalls zum 06.06.2018 nicht gerügt worden. Mängel seien erstmalig mit der Klageerwiderung vom 16.07.2018 genannt. Bei dem verwendeten Klicksystem sei ein Hammer oder sonstige Werkzeige für die Verlegung nicht notwendig. Am 19.09.2017 sei die Auftraggeberin der Beklagten in die Wohnung eingezogen. Die Höhe der Selbstvornahmekosten sei überzogen und unverhältnismäßig. 11Der Kläger beantragt, 12die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.569,15 EUR nebst 9 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit sowie nicht anrechenbare vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 179,27 EUR nebst 9 Prozentpunkten Zinsen hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. 13Die Beklagte beantragt, 14 die Klage abzuweisen. 15Die Beklagte behauptet, dass nach der Ausführung der beauftragten Arbeiten vom Kunden der Beklagten bzw. dessen Mieterin erhebliche Mängel gerügt und dem Kläger angezeigt worden seien. Im Randbereich der verlegten Parkettdielen befänden sich zahlreiche Macken, die wohl darauf zurückzuführen seien, dass die Dielen ohne Schlagholz eingeschlagen worden seien. Des Weiteren befänden sich auf dem verlegten Parkett Schlieren, die darauf zurückzuführen seien, dass die vorgeölte Oberfläche mit einem unbrauchbaren Produkt vom Kläger eingeölt worden sei. Am 19.09.2017 sei eine Mieterin des Auftraggebers der Beklagten in die Wohnung eingezogen und habe nach ihrem Einzug die streitgegenständlichen Mängel gerügt. Die Mängel hätten bereits vor dem Einzug der Mieterin vorgelegen. 16Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 20.01.2020 mit den Kosten für die Tätigkeit der Firma I2 I3 in Höhe von 3.200 EUR, für die neuen Parkettdielen in Höhe von 384,80 EUR und das Pflegematerial in Höhe von 27,84 EUR in dieser Reihenfolge aufgerechnet. Dazu behauptet er, dass diese Kosten tatsächlich angefallen und verhältnismäßig seien. 17Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens sowie einer Anhörung des Sachverständigen C4. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen C5 vom 04.12.2019 (Bl. 124 ff. d. A.) sowie das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2020 (Bl. 238 ff. d. A.) Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19I. 20Die Klage ist weit überwiegend zulässig und insoweit auch begründet. 211. 22Die Klage ist weit überwiegend zulässig. Lediglich soweit die Klägerin Zinsen aus den nicht anrechenbaren Anwaltskosten verlangt, ist die Klage zu unbestimmt, da nicht dargelegt ist, ab wann diese Zinsen verlangt werden. Da dies ausschließlich Nebenforderungen betraf, war ein Hinweis darauf nicht erforderlich (§ 139 Abs. 2 ZPO). 232. 24Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, weit überwiegend begründet. 25a) 26Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Werklohn in Höhe von 2.569,15 EUR gemäß § 631 Abs. 1 BGB. 27aa) 28Ursprünglich hatte der Kläger Werklohnforderungen in Höhe von 7.920,11 EUR. Zwischen den Parteien bestand ein Werkvertrag, mit dem die Parteien diesen Werklohn vereinbart haben. 29Die Werklohnforderungen waren auch fällig. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte das Werk abgenommen hat. Sie hat nämlich eine Selbstvornahme vorgenommen und mit dieser Forderung die Prozessaufrechnung erklärt. Damit hat die Beklagte hinreichend deutlich gemacht, kein Interesse mehr an der Nacherfüllung durch den Kläger zu haben, so dass ein Abrechnungsverhältnis entstanden ist. Im Rahmen dieses Abrechnungsverhältnis ist die Abnahme keine Voraussetzung der Fälligkeit mehr. 30bb) 31Die Werklohnforderung ist im Umfang von insgesamt 5.350,96 EUR durch Leistung gemäß § 362 BGB erloschen, da die Beklagte in dieser Höhe unstreitig Zahlungen erbracht hat. 32Im Übrigen ist die Werklohnforderung jedoch nicht durch Aufrechnung erloschen. Die Beklagte hat gegen die Klageforderung im Schriftsatz vom 20.01.2020 mit Selbstvornahmekosten aufgerechnet. Dabei ist entscheidend, wann die Prozessaufrechnung ihre materiell-rechtliche Wirkung entfaltet. In Betracht kommt zum einen, dass die materiell-rechtliche Wirkung bereits mit der Aufrechnungserklärung, also vorliegend mit dem Zugang des Schriftsatzes vom 20.01.2020 beim Kläger eingetreten ist. Zum anderen könnte die materiell-rechtliche Wirkung auch erst zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eintreten. Zutreffend ist letzterer Zeitpunkt. 33In der Rechtsprechung und der Literatur wird zwar weit überwiegend vertreten, dass die materiell-rechtliche Wirkung der Prozessaufrechnung mit der Zustellung des Schriftsatzes an den Kläger eintritt (OLG Frankfurt, NJW 2015, 2512, Rn. 4; Schlüter, in: MüKo BGB, 8. Aufl., § 388, Rn. 2; Skamel, in: BeckOGK, Stand: 01.01.2021, § 388, Rn. 31). Dies wird teilweise dahingehend eingeschränkt, dass die Erklärung in Schriftsätzen nur eine Ankündigung darstellt, die Aufrechnung in der mündlicher Verhandlung erklären zu wollen (Fritsche, in: MüKo ZPO, 6. Aufl., § 145 ZPO, 19). Dem kann jedoch nicht zugestimmt werden. 34Die materiell-rechtliche Wirkung der Prozessaufrechnung tritt nur bei einer wirksamen Prozesshandlung ein (vgl. BGH, NJW 2009, 1071, Rn. 28 ff.; Stürner, in: Jauernig, BGB, 18. Aufl., § 387, Rn. 20; Schulze, in: Schulze, BGB, 10. Aufl., Rn. 16). An der Ausgangsfrage ändert dies allerdings nichts, da die Frage verbleibt, ob die Aufrechnung bereits mit ihrer Erklärung oder erst mit der letzten mündlichen Verhandlung wirksam wird. Ungeachtet der Vielzahl an Stimmen, die letztlich auf die Erklärung der Aufrechnung abstellen, ist dies keineswegs so klar zu beantworten, wie es den Anschein hat. Der BGH hat die Frage, ob die Aufrechnungserklärung bereits mit Erklärung oder erst in der letzten mündlichen Verhandlung wirksam wird, jedenfalls aufgeworfen und offengelassen (BGH, NJW 2009, 1071, Rn. 29). 35Letztlich kann die Wirksamkeit der Prozesshandlung (und damit die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Aufrechnung) erst zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beurteilt werden. Dies gilt nicht nur für die Hilfsaufrechnung, sondern auch für die Primäraufrechnung. Andernfalls entstehen nicht aufzuklärende Widersprüche. Es ist nämlich möglich, dass die Prozessaufrechnung nicht wirksam wird. Der BGH hat dies ausdrücklich anerkannt für den Fall, dass die Prozessaufrechnung zurückgenommen wird. Dann soll auch die materiell-rechtliche Wirkung entfallen (BGH, NJW 2009, 1071, Rn. 12). Dabei geht die Beklagte fehl in der Annahme, dass dir Rücknahmemöglichkeit allein auf Hilfsaufrechnungen beschränkt wäre. Der BGH hat dies vielmehr auch für die Primäraufrechnung entschieden (BGH, NJW-RR 1991, 156; auch bei BGH, NJW 2009, 1071, Rn. 12 spricht er zunächst allgemein von der Prozessaufrechnung). Wenn die Aufrechnungserklärung nun aber bereits mit der Erklärung wirksam wäre und dementsprechend zugleich die materiell-rechtliche Wirkung eintreten würde, so wäre überhaupt nicht ersichtlich, wie diese materiell-rechtliche Wirkung wieder entfallen soll, wenn die Prozessaufrechnung letztlich zurückgenommen wird (so auch OLG Koblenz, Urt. v. 10. 8.2007 – 5 U 1256/05 –, Rn. 59, juris; Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 145 ZPO, Rn. 11c). Es ist gerade allgemein anerkannt, dass eine einmal erklärte Aufrechnung materiell-rechtlich nicht zurückgenommen werden kann (Schlüter, in: MüKo BGB, 8. Aufl., § 388, Rn. 3; Skamel, in: BeckOGK, Stand: 01.01.2021, § 388, Rn. 23). Dieses Ergebnis lässt sich daher nur widerspruchsfrei erzielen, wenn die Prozessaufrechnung unter der Bedingung steht, dass sie für das Ergebnis relevant wird (vgl. BGH, NJW 2009, 1071, Rn. 29: „unter der Bedingung, dass die Aufrechnung später zum Tragen kommt“). Wenn die Prozessaufrechnung erst wirksam ist, wenn sie für das Ergebnis relevant ist, kann auch nur dann die materiell-rechtliche Wirkung eintreten (so auch: Leichsenring, NJW 2013, 2155, 2160; kritisch dazu aber: Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 145 ZPO, Rn. 11c). Bei Rücknahme der Prozessaufrechnung wird die materiell-rechtliche Wirkung also nicht beseitigt, sondern tritt gar nicht erst ein. Oder umgekehrt formuliert: Die materiell-rechtliche Wirkung tritt erst ein, wenn die Aufrechnung zum Tragen kommt. Dies ist mit Bedingungseintritt der Fall, der nur im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung gegeben sein kann. Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass die Aufrechnung bedingungsfeindlich ist (§ 388 Satz 2 BGB). Wie bei anderen bedingungsfeindlichen Erklärungen sind Bedingungen gerade zulässig, soweit es sich um eine innerprozessuale Bedingung handelt. Die Prozessaufrechnung steht nach der hier dargelegten Rechtsauffassung gerade unter einer solchen innerprozessualen Bedingung. 36Da die Aufrechnung erst zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung wirksam wurde, müssen auch die Voraussetzungen der Aufrechnung zu diesem Zeitpunkt bestehen. Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung war die Aufrechnung jedoch nicht wirksam, da die Beklagte hinsichtlich der (behaupteten) Gegenforderung nicht mehr aktivlegitimiert war. Es ist unstreitig, dass alle bestehenden Erfüllungs-, Mängelhaftungs- und Schadensersatzansprüche an den Bauherren abgetreten wurden. Davon ist auch die geltend gemachte Gegenforderung umfasst, da es sich zum einen um einen Mängelhaftungsanspruch handelt. Die ursprüngliche Aktivlegitimation der Beklagten hinsichtlich der Gegenforderung wirkt auch nicht gemäß § 265 ZPO für die Beklagte fort. § 265 ZPO setzt die Rechtshängigkeit der Forderung voraussetzt und kann bei einer Prozessaufrechnung somit nicht eingreifen. Die Prozessaufrechnung macht die Gegenforderung nämlich nicht rechtshängig (stRspr: BGH, Versäumnisurt. vom 08.01.2004 – Az. III ZR 401/02 –, Rn. 8, m.w.N., juris). Dieses Ergebnis ist auch keinesfalls unbillig, da es der Beklagten unbenommen gewesen wäre, außergerichtlich die Aufrechnung zu erklären, die sodann sofort materiell-rechtliche Wirkung entfaltet hätte. Wenn sie sich mit lediglich mit einer Prozessaufrechnung, also einem Verteidigungsmittel im Rahmen eines Rechtsstreits verteidigt, muss sie die dadurch eintretenden Nachteile hinnehmen. Im Gegenzug erhält sie dafür den Vorteil, dass sie die Prozessaufrechnung zurücknehmen kann, was bei einer außerprozessualen Aufrechnungserklärung nicht möglich wäre. 37cc) 38Die Werklohnforderung besteht somit in Höhe von 2.569,15 EUR (7.920,11 EUR abzüglich 5.350,96 EUR) fort. 39b) 40Daneben hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Prozesszinsen in der zugesprochenen Höhe gemäß §§ 291, 288 Abs. 2 BGB. Sowohl der Kläger als auch der Beklagte sind keine Verbraucher. 41c) 42Der Kläger hat gegen die Beklagte aber keinen Anspruch auf Erstattung der nicht anrechenbaren vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 179,27 EUR. Zum Zeitpunkt der Beauftragung und Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers war der Vergütungsanspruch nämlich nicht fällig, so dass kein Verzug vorlag. Mangels ausdrücklicher Abnahme war noch keine Fälligkeit eingetreten (§ 641 BGB). Auch eine konkludente Abnahme liegt nicht vor. Diese ist nach den Gesamtumständen zu beurteilen. Dabei sind zwar die nicht unerheblichen Teilleistungen der Beklagten zu berücksichtigen, die in etwa 2/3 der gesamten Werklohnforderung ausmachen. Allerdings war somit auch noch ein erheblicher Betrag von 1/3 ausstehend. Ungeachtet der Frage, ob Mängelrügen an den Kläger herangetragen wurden, lag auch eine verhältnismäßig kurze Zeit von drei Monaten zwischen dem Abschluss der Arbeiten am 19.09.2017 und dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 18.12.2017. Nach den Gesamtumständen ist eine konkludente Abnahme daher nicht gegeben. Auch ein Abrechnungsverhältnis bestand zu diesem Zeitpunkt noch nicht. 43II. 44Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2, Nr. 1 ZPO. Soweit der Kläger mit den Anwaltskosten und den darauf entfallenden Zinsen unterlegen ist, handelt es sich um eine geringfügige Zuvielforderung, durch die keine zusätzlichen Kosten entstanden sind. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO. 45Der Streitwert wird auf 2.569,15 EUR festgesetzt. 46Rechtsbehelfsbelehrung: 47A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 481. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 492. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 50Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Mönchengladbach, Hohenzollernstr. 157, 41061 Mönchengladbach, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 51Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Mönchengladbach zu begründen. 52Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Mönchengladbach durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 53Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 54B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Viersen statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Viersen, Dülkener Str. 5, 41747 Viersen, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. 55Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 56Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr: 57Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de. 58S | 1. die beklagte wird verurteilt, an den kläger 2.569,15 eur sowie nebst zinsen in höhe von 9 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz hieraus seit dem 19.06.2018 zu zahlen. 2. im übrigen wird die klage abgewiesen. 3. die kosten des rechtsstreits hat die beklagte zu tragen. 4. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die parteien streiten über eine restliche werklohnforderung. 3die beklagte beauftragte den kläger im august 2017 bezüglich des bauvorhabens c3 in e mit der verlegung bauseits gestellten parketts, bei dem es sich um ein sogenanntes „klicksystem“ handelt, bei der die dielen miteinander verklickt werden. grundlage war ein angebot des klägers vom 11.08.2017, welches nach übermittlung von der beklagten am 12.08.2017 modifiziert wurde. man einigte sich letztlich darauf, dass das bauseits gestellte parkett nur zu verlegen sei. es wurde ein skonto von 2% mit einer achttägigen skontofrist vereinbart. weitere skonti oder ein sicherungseinbehalt wurden nicht vereinbart. 4die arbeiten wurden am 19.09.2017 abgeschlossen. unmittelbar nach fertigstellung der leistung des klägers zog die eine person in die wohnung ein. 5der kläger berechnete seine leistungen in drei teilrechnungen. mit rechnung nr. 17-432 vom 09.09.2017 berechnete der kläger 4.892,94 eur, auf die die beklagte 3.327,88 eur leistete. mit der rechnung nr. 17-433 vom 18.09.2017 berechnete der kläger 1.477,85 eur, auf welche die beklagte 1.303,47 eur zahlte. mit der rechnung nr. 17-434 vom 26.09.2017 berechnete der kläger 1.549,32 eur, auf welche die beklagte 719,61 eur zahlte. sämtliche zahlungen erfolgten außerhalb der vereinbarten skontofrist. 6unter dem 27.10.2017 mahnte der kläger letztmalig unter fristsetzung bis zum 03.11.2017 eine ausstehende forderung in höhe von 2.426,59 eur an. eine reaktion erfolgte nicht. der kläger beauftragte daraufhin seine prozessbevollmächtigten, die unter dem 18.12.2017 eine forderung in höhe von 2.569,15 eur anmahnten. dafür vielen anwaltskosten in höhe von 281,30 eur an. 7die beklagte antwortete mit schreiben vom 03.01.2018 und teilte mit, dass ein anwalt eingeschaltet worden sei, der sich melden werde. eine weitere reaktion erfolgte jedoch nicht. 8die firma i i1 baute als subunternehmer der beklagten beschädigte parkettdielen aus, besserte sie soweit möglich aus und arbeitete sie bei und baute neue parkettdielen ein. die rechnung vom 09.05.2019 belief sich auf 3.200,00 eur netto. der parkettlieferant der beklagten stellte für neue parkettdielen mit rechnung vom 20.03.2019 einen betrag in höhe von 384,80 eur netto und für das zur neueinpflege des parkettbodens erforderliche pflegematerial mit rechnung vom 12.08.2019 einen betrag in höhe von 27,84 eur in rechnung. 9die beklagte trat im september 2020 alle bestehenden erfüllungs-, mängelhaftungs- und schadensersatzansprüche an den bauherrn in vollem umfang ab. 10der kläger behauptet, er habe die vertraglich vereinbarte leistung vollständig und beanstandungslos ausgeführt. mängel seien bis jedenfalls zum 06.06.2018 nicht gerügt worden. mängel seien erstmalig mit der klageerwiderung vom 16.07.2018 genannt. bei dem verwendeten klicksystem sei ein hammer oder sonstige werkzeige für die verlegung nicht notwendig. am 19.09.2017 sei die auftraggeberin der beklagten in die wohnung eingezogen. die höhe der selbstvornahmekosten sei überzogen und unverhältnismäßig. 11der kläger beantragt, 12die beklagte zu verurteilen, an ihn 2.569,15 eur nebst 9 prozentpunkten zinsen über dem jeweiligen basiszinssatz hieraus seit rechtshängigkeit sowie nicht anrechenbare vorgerichtliche anwaltskosten in höhe von 179,27 eur nebst 9 prozentpunkten zinsen hieraus über dem jeweiligen basiszinssatz zu zahlen. 13die beklagte beantragt, 14 die klage abzuweisen. 15die beklagte behauptet, dass nach der ausführung der beauftragten arbeiten vom kunden der beklagten bzw. dessen mieterin erhebliche mängel gerügt und dem kläger angezeigt worden seien. im randbereich der verlegten parkettdielen befänden sich zahlreiche macken, die wohl darauf zurückzuführen seien, dass die dielen ohne schlagholz eingeschlagen worden seien. des weiteren befänden sich auf dem verlegten parkett schlieren, die darauf zurückzuführen seien, dass die vorgeölte oberfläche mit einem unbrauchbaren produkt vom kläger eingeölt worden sei. am 19.09.2017 sei eine mieterin des auftraggebers der beklagten in die wohnung eingezogen und habe nach ihrem einzug die streitgegenständlichen mängel gerügt. die mängel hätten bereits vor dem einzug der mieterin vorgelegen. 16die beklagte hat im schriftsatz vom 20.01.2020 mit den kosten für die tätigkeit der firma i2 i3 in höhe von 3.200 eur, für die neuen parkettdielen in höhe von 384,80 eur und das pflegematerial in höhe von 27,84 eur in dieser reihenfolge aufgerechnet. dazu behauptet er, dass diese kosten tatsächlich angefallen und verhältnismäßig seien. 17das gericht hat beweis erhoben durch einholung eines schriftlichen sachverständigengutachtens sowie einer anhörung des sachverständigen c4. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das gutachten des sachverständigen c5 vom 04.12.2019 (bl. 124 ff. d. a.) sowie das sitzungsprotokoll der mündlichen verhandlung vom 25.09.2020 (bl. 238 ff. d. a.) bezug genommen. 18 | 19i. 20die klage ist weit überwiegend zulässig und insoweit auch begründet. 211. 22die klage ist weit überwiegend zulässig. lediglich soweit die klägerin zinsen aus den nicht anrechenbaren anwaltskosten verlangt, ist die klage zu unbestimmt, da nicht dargelegt ist, ab wann diese zinsen verlangt werden. da dies ausschließlich nebenforderungen betraf, war ein hinweis darauf nicht erforderlich (§ 139 abs. 2 zpo). 232. 24die klage ist, soweit sie zulässig ist, weit überwiegend begründet. 25a) 26der kläger hat gegen die beklagte einen anspruch auf werklohn in höhe von 2.569,15 eur gemäß § 631 abs. 1 bgb. 27aa) 28ursprünglich hatte der kläger werklohnforderungen in höhe von 7.920,11 eur. zwischen den parteien bestand ein werkvertrag, mit dem die parteien diesen werklohn vereinbart haben. 29die werklohnforderungen waren auch fällig. dabei kann dahinstehen, ob die beklagte das werk abgenommen hat. sie hat nämlich eine selbstvornahme vorgenommen und mit dieser forderung die prozessaufrechnung erklärt. damit hat die beklagte hinreichend deutlich gemacht, kein interesse mehr an der nacherfüllung durch den kläger zu haben, so dass ein abrechnungsverhältnis entstanden ist. im rahmen dieses abrechnungsverhältnis ist die abnahme keine voraussetzung der fälligkeit mehr. 30bb) 31die werklohnforderung ist im umfang von insgesamt 5.350,96 eur durch leistung gemäß § 362 bgb erloschen, da die beklagte in dieser höhe unstreitig zahlungen erbracht hat. 32im übrigen ist die werklohnforderung jedoch nicht durch aufrechnung erloschen. die beklagte hat gegen die klageforderung im schriftsatz vom 20.01.2020 mit selbstvornahmekosten aufgerechnet. dabei ist entscheidend, wann die prozessaufrechnung ihre materiell-rechtliche wirkung entfaltet. in betracht kommt zum einen, dass die materiell-rechtliche wirkung bereits mit der aufrechnungserklärung, also vorliegend mit dem zugang des schriftsatzes vom 20.01.2020 beim kläger eingetreten ist. zum anderen könnte die materiell-rechtliche wirkung auch erst zum zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung eintreten. zutreffend ist letzterer zeitpunkt. 33in der rechtsprechung und der literatur wird zwar weit überwiegend vertreten, dass die materiell-rechtliche wirkung der prozessaufrechnung mit der zustellung des schriftsatzes an den kläger eintritt (olg frankfurt, njw 2015, 2512, rn. 4; schlüter, in: müko bgb, 8. aufl., § 388, rn. 2; skamel, in: beckogk, stand: 01.01.2021, § 388, rn. 31). dies wird teilweise dahingehend eingeschränkt, dass die erklärung in schriftsätzen nur eine ankündigung darstellt, die aufrechnung in der mündlicher verhandlung erklären zu wollen (fritsche, in: müko zpo, 6. aufl., § 145 zpo, 19). dem kann jedoch nicht zugestimmt werden. 34die materiell-rechtliche wirkung der prozessaufrechnung tritt nur bei einer wirksamen prozesshandlung ein (vgl. bgh, njw 2009, 1071, rn. 28 ff.; stürner, in: jauernig, bgb, 18. aufl., § 387, rn. 20; schulze, in: schulze, bgb, 10. aufl., rn. 16). an der ausgangsfrage ändert dies allerdings nichts, da die frage verbleibt, ob die aufrechnung bereits mit ihrer erklärung oder erst mit der letzten mündlichen verhandlung wirksam wird. ungeachtet der vielzahl an stimmen, die letztlich auf die erklärung der aufrechnung abstellen, ist dies keineswegs so klar zu beantworten, wie es den anschein hat. der bgh hat die frage, ob die aufrechnungserklärung bereits mit erklärung oder erst in der letzten mündlichen verhandlung wirksam wird, jedenfalls aufgeworfen und offengelassen (bgh, njw 2009, 1071, rn. 29). 35letztlich kann die wirksamkeit der prozesshandlung (und damit die materiell-rechtliche wirksamkeit der aufrechnung) erst zum zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung beurteilt werden. dies gilt nicht nur für die hilfsaufrechnung, sondern auch für die primäraufrechnung. andernfalls entstehen nicht aufzuklärende widersprüche. es ist nämlich möglich, dass die prozessaufrechnung nicht wirksam wird. der bgh hat dies ausdrücklich anerkannt für den fall, dass die prozessaufrechnung zurückgenommen wird. dann soll auch die materiell-rechtliche wirkung entfallen (bgh, njw 2009, 1071, rn. 12). dabei geht die beklagte fehl in der annahme, dass dir rücknahmemöglichkeit allein auf hilfsaufrechnungen beschränkt wäre. der bgh hat dies vielmehr auch für die primäraufrechnung entschieden (bgh, njw-rr 1991, 156; auch bei bgh, njw 2009, 1071, rn. 12 spricht er zunächst allgemein von der prozessaufrechnung). wenn die aufrechnungserklärung nun aber bereits mit der erklärung wirksam wäre und dementsprechend zugleich die materiell-rechtliche wirkung eintreten würde, so wäre überhaupt nicht ersichtlich, wie diese materiell-rechtliche wirkung wieder entfallen soll, wenn die prozessaufrechnung letztlich zurückgenommen wird (so auch olg koblenz, urt. v. 10. 8.2007 – 5 u 1256/05 –, rn. 59, juris; greger, in: zöller, zpo, 33. aufl., § 145 zpo, rn. 11c). es ist gerade allgemein anerkannt, dass eine einmal erklärte aufrechnung materiell-rechtlich nicht zurückgenommen werden kann (schlüter, in: müko bgb, 8. aufl., § 388, rn. 3; skamel, in: beckogk, stand: 01.01.2021, § 388, rn. 23). dieses ergebnis lässt sich daher nur widerspruchsfrei erzielen, wenn die prozessaufrechnung unter der bedingung steht, dass sie für das ergebnis relevant wird (vgl. bgh, njw 2009, 1071, rn. 29: „unter der bedingung, dass die aufrechnung später zum tragen kommt“). wenn die prozessaufrechnung erst wirksam ist, wenn sie für das ergebnis relevant ist, kann auch nur dann die materiell-rechtliche wirkung eintreten (so auch: leichsenring, njw 2013, 2155, 2160; kritisch dazu aber: greger, in: zöller, zpo, 33. aufl., § 145 zpo, rn. 11c). bei rücknahme der prozessaufrechnung wird die materiell-rechtliche wirkung also nicht beseitigt, sondern tritt gar nicht erst ein. oder umgekehrt formuliert: die materiell-rechtliche wirkung tritt erst ein, wenn die aufrechnung zum tragen kommt. dies ist mit bedingungseintritt der fall, der nur im zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung gegeben sein kann. dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass die aufrechnung bedingungsfeindlich ist (§ 388 satz 2 bgb). wie bei anderen bedingungsfeindlichen erklärungen sind bedingungen gerade zulässig, soweit es sich um eine innerprozessuale bedingung handelt. die prozessaufrechnung steht nach der hier dargelegten rechtsauffassung gerade unter einer solchen innerprozessualen bedingung. 36da die aufrechnung erst zum zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung wirksam wurde, müssen auch die voraussetzungen der aufrechnung zu diesem zeitpunkt bestehen. zum zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung war die aufrechnung jedoch nicht wirksam, da die beklagte hinsichtlich der (behaupteten) gegenforderung nicht mehr aktivlegitimiert war. es ist unstreitig, dass alle bestehenden erfüllungs-, mängelhaftungs- und schadensersatzansprüche an den bauherren abgetreten wurden. davon ist auch die geltend gemachte gegenforderung umfasst, da es sich zum einen um einen mängelhaftungsanspruch handelt. die ursprüngliche aktivlegitimation der beklagten hinsichtlich der gegenforderung wirkt auch nicht gemäß § 265 zpo für die beklagte fort. § 265 zpo setzt die rechtshängigkeit der forderung voraussetzt und kann bei einer prozessaufrechnung somit nicht eingreifen. die prozessaufrechnung macht die gegenforderung nämlich nicht rechtshängig (strspr: bgh, versäumnisurt. vom 08.01.2004 – az. iii zr 401/02 –, rn. 8, m.w.n., juris). dieses ergebnis ist auch keinesfalls unbillig, da es der beklagten unbenommen gewesen wäre, außergerichtlich die aufrechnung zu erklären, die sodann sofort materiell-rechtliche wirkung entfaltet hätte. wenn sie sich mit lediglich mit einer prozessaufrechnung, also einem verteidigungsmittel im rahmen eines rechtsstreits verteidigt, muss sie die dadurch eintretenden nachteile hinnehmen. im gegenzug erhält sie dafür den vorteil, dass sie die prozessaufrechnung zurücknehmen kann, was bei einer außerprozessualen aufrechnungserklärung nicht möglich wäre. 37cc) 38die werklohnforderung besteht somit in höhe von 2.569,15 eur (7.920,11 eur abzüglich 5.350,96 eur) fort. 39b) 40daneben hat der kläger gegen die beklagte einen anspruch auf prozesszinsen in der zugesprochenen höhe gemäß §§ 291, 288 abs. 2 bgb. sowohl der kläger als auch der beklagte sind keine verbraucher. 41c) 42der kläger hat gegen die beklagte aber keinen anspruch auf erstattung der nicht anrechenbaren vorgerichtlichen rechtsanwaltsgebühren in höhe von 179,27 eur. zum zeitpunkt der beauftragung und tätigkeit der prozessbevollmächtigten des klägers war der vergütungsanspruch nämlich nicht fällig, so dass kein verzug vorlag. mangels ausdrücklicher abnahme war noch keine fälligkeit eingetreten (§ 641 bgb). auch eine konkludente abnahme liegt nicht vor. diese ist nach den gesamtumständen zu beurteilen. dabei sind zwar die nicht unerheblichen teilleistungen der beklagten zu berücksichtigen, die in etwa 2/3 der gesamten werklohnforderung ausmachen. allerdings war somit auch noch ein erheblicher betrag von 1/3 ausstehend. ungeachtet der frage, ob mängelrügen an den kläger herangetragen wurden, lag auch eine verhältnismäßig kurze zeit von drei monaten zwischen dem abschluss der arbeiten am 19.09.2017 und dem schreiben der prozessbevollmächtigten vom 18.12.2017. nach den gesamtumständen ist eine konkludente abnahme daher nicht gegeben. auch ein abrechnungsverhältnis bestand zu diesem zeitpunkt noch nicht. 43ii. 44die kostenentscheidung folgt aus § 92 abs. 2, nr. 1 zpo. soweit der kläger mit den anwaltskosten und den darauf entfallenden zinsen unterlegen ist, handelt es sich um eine geringfügige zuvielforderung, durch die keine zusätzlichen kosten entstanden sind. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 709 satz 1 zpo. 45der streitwert wird auf 2.569,15 eur festgesetzt. 46rechtsbehelfsbelehrung: 47a) gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 481. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 492. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 50die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht mönchengladbach, hohenzollernstr. 157, 41061 mönchengladbach, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 51die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht mönchengladbach zu begründen. 52die parteien müssen sich vor dem landgericht mönchengladbach durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 53mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 54b) gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das amtsgericht viersen statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt oder das amtsgericht die beschwerde zugelassen hat. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem amtsgericht viersen, dülkener str. 5, 41747 viersen, schriftlich in deutscher sprache oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden. 55ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann die beschwerde noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 56hinweis zum elektronischen rechtsverkehr: 57die einlegung ist auch durch übertragung eines elektronischen dokuments an die elektronische poststelle des gerichts möglich. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 130a zpo nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (bgbl. 2017 i, s. 3803) eingereicht werden. weitere informationen erhalten sie auf der internetseite www.justiz.de. 58s | Klaeger*in | 1 |
173,327 | 6a K 1986/13.A | 2014-07-18T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Klägerin. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die 1961 geborene Klägerin ist armenische Staats- und Volkszugehörige und armenisch orthodoxer Religionszugehörigkeit. 3Sie hielt sich bereits von 2000 bis 2011 in der Bundesrepublik Deutschland (I. ) auf und betrieb unter einem Aliasnamen ein Asylverfahren. Im September 2011 kehrte sie nach Armenien zurück. 4Ihren eigenen Angaben zufolge verließ sie Armenien im März 2012 erneut und reiste über Kiew auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein. 5Ausweislich der Aktenlage wurde sie am 10. Mai 2012 von einer Polizeistreife am B. Hauptbahnhof aufgegriffen und gab an, sie wolle einen erneuten Asylantrag stellen. Befragt zu den Gründen des Verlassens ihres Heimatlandes gab die Klägerin der Polizei gegenüber an, sie habe in Armenien ein religiöses Problem. Da sie einen türkischen Freund, der Moslem gewesen sei, gehabt habe, sei es zum Problem geworden. Ein Mann aus der Nachbarschaft sei Mafiaboss gewesen. Dieser sei von drei Männern getötet worden. Der Mann ihrer Schwester und sie hätten das alles gesehen. Daraufhin sei der Mann ihrer Schwester durch die drei Männer umgebracht worden. Da sie das auch gesehen habe, hätten sie ihr damit gedroht sie auch umzubringen. Da sie nun Angst um ihr Leben gehabt habe, habe sie das Land verlassen. 6Am 21. Mai 2012 stellte die Klägerin einen Asylantrag, den sie im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Bielefeld am 5. Juni 2012 im wesentlichen damit begründete, sie sei bereits bei ihrer freiwilligen Rückkehr am 22. September 2011 am Flughafen in Armenien für zehn Tage in Gewahrsam genommen worden, weil sie das inoffiziell verlangte Geld nicht habe zahlen können. Die Rückkehrerbeihilfe sei ihr abgenommen worden. Sie habe zu ihrem Elternhaus gewollt, das sie jedoch verschlossen vorgefunden habe. Daraufhin sei sie zum Haus ihrer Schwester gegangen. Dort habe sie gesehen wie Männer ihren ermordeten Schwager aufgehängt haben. Diese Männer hätten sie fünf Tage festgehalten und da es ihr sehr schlecht gegangen sei, hätten diese Männer sie nach B1. ins Krankenhaus gebracht. Dort habe man ihr jedoch nicht helfen können und sie sei in ein Krankenhaus nach F. verlegt worden. Diese Männer hätten sie auch im Krankenhaus besucht um sicherzustellen, dass sie nichts von dem sagt, was sie gesehen hat. 7Darüber hinaus legte die Klägerin ein Attest des Evangelischen Krankenhauses C. vom 30. Mai 2012 über einen stationären Klinikaufenthalt vom 26. bis zum 27. Mai 2012 vor. Den sie dort behandelnden Ärzten gegenüber gab sie an, wegen derselben Beschwerden bereits im Dezember 2012 in Armenien 15 Tage im Krankenhaus gewesen zu sein. 8Mit Bescheid vom 20. Februar 2013 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte ab (Ziffer 1.) und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 2.) und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 – 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 3.). Es forderte die Klägerin unter Androhung der Abschiebung nach Armenien auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen (Ziffer 4.). 9Die Klägerin hat am 6. März 2013 die vorliegende Klage erhoben, zu deren Begründung sie weitere Atteste, namentlich die Atteste des Facharztes für Allgemeinmedizin B2. C1. vom 30. April 2013 und vom 28. April 2014 und der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. R. M. vom 13. März 2013 vorgelegt hat sowie eine Bescheinigung über einen stationären Aufenthalt vom 31. Oktober bis zum 13. November 2012 im Knappschaftskrankenhaus C2. und eine notfallmedizinische Versorgung im Bergmannsheil C2. am 20. März 2013. 10Die Klägerin beantragt schriftsätzlich (sinngemäß) 11121. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Februar 2013 zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und ihr die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, 132. hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 3. und 4. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Februar 2013 zu verpflichten, ihr subsidiären internationalen Schutz zuzuerkennen, 143. hilfsweise, die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Ziffern 3. und 4. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Februar 2013 zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich Armeniens besteht. 15Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich), 16die Klage abzuweisen. 17Sie nimmt zur Begründung Bezug auf den angegriffenen Bescheid und führt weiter aus, die ärztlichen Bescheinigungen seien nicht geeignet, eine Abänderung der in dem angegriffenen Bescheid getroffenen Entscheidung herbeizuführen. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Das Gericht kann gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen eines Fernbleibens von der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden sind. 21Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 22Die Entscheidung des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO); die Klägerin hat auf der Grundlage der gemäß § 77 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte im Sinne von Art. 16a Grundgesetz (GG), auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylVfG, auf Feststellung von subsidiärem Schutz im Sinne von § 4 AsylVfG oder auf Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 S. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). 231. 24Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte im Sinne von Art. 16a GG. Ein solcher Anspruch steht ihr bereits aufgrund von Art. 16a Abs. 2 GG in Verbindung mit § 26a AsylVfG nicht zu. Danach kann sich ein Ausländer, der aus einem sicheren Drittstaat in das Bundesgebiet eingereist ist, nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen. Sichere Drittstaaten sind unter anderem die Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die Klägerin ist nach eigenen Angaben auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat eingereist. 252. 26Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG. Nach dieser Vorschrift ist – unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben – einem Ausländer dann internationaler Schutz im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG in Form der Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr.1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b). 27Von einer „Verfolgung“ kann dabei nur ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen, so dass der davon Betroffene gezwungen ist, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es hingegen regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsstaat zu erleiden hat, etwa in Folge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolutionen und Kriegen. 28Vgl. OVG NRW, Urteile vom 14. Dezember 2010 - 19 A 2999/06.A -, vom 10. Mai 2011 - 3 A 133/10.A -, und vom 2. Juli 2013 - 8 A 2632/06.A -, juris, jeweils mit weiteren Nachweisen und unter maßgeblicher Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315 ff. 29Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn sie aufgrund der im Herkunftsland des Klägers gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Dies setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen als die dagegen sprechenden. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. 30Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, BVerwGE 146, 67 (81), OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -, juris, Rn. 35 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen. 31Es obliegt dem Schutz vor Verfolgung Suchenden, die Voraussetzungen hierfür glaubhaft zu machen. Er muss in Bezug auf die in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse und persönlichen Erlebnisse eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, seinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen. Ein in diesem Sinne schlüssiges Schutzbegehren setzt im Regelfall voraus, dass der Schutz Suchende konkrete Einzelheiten seines individuellen Verfolgungsschicksals vorträgt und sich nicht auf unsubstantiierte allgemeine Darlegungen beschränkt. Er muss nachvollziehbar machen, wieso und weshalb gerade er eine Verfolgung befürchtet. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es regelmäßig, wenn er im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheinen oder er sein Vorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere, wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgebend bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst spät in das Asylverfahren einführt. 32Vgl. zu alledem nur OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2013 - 8 A 2632/06.A -, juris, mit weiteren Nachweisen. 33Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft im Falle der Klägerin nicht vor. Das Gericht geht nicht davon aus, dass der Klägerin bei einer Rückkehr nach Armenien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit landesweit Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylVfG droht. Die Klägerin hat eine Verfolgung, die sich einigermaßen zuverlässig dem Staat oder der jetzt herrschenden Partei zurechnen ließe, nicht dargetan. Soweit die Klägerin schildert, dass „Leute“, bei denen es sich um Gefolgsleute des armenischen Regierungschef I1. B5. handeln soll, sie mitgenommen und bedroht haben, hält die Kammer diesen Vortrag wegen zahlreicher Widersprüche und Ungereimtheiten für durchgreifend unglaubhaft. Die Klägerin will sich nach eigenen Angaben etwa sechs Monate im Heimatland aufgehalten haben. Schon ihre unterschiedlichen zeitlichen Angaben bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung zum angeblich ausreiseursächlichen Geschehensablauf, stimmen damit nicht überein. Beim Bundesamt hatte sie angegeben, zunächst zehn Tage am Flughafen festgehalten worden und dann zum Elternhaus gefahren zu sein. Als dort niemand gewesen sei, habe sie das Haus ihrer Schwester aufgesucht und sei dort Augenzeugin geworden, wie die „Leute“ ihren ermordeten Schwager aufgehängt hätten. Anschließend hätten diese „Leute“ sie für fünf Tage mit zu sich nach Hause genommen. Was danach geschehen sein soll, ist schon bei der Anhörung vor dem Bundesamt von der Klägerin widersprüchlich geschildert worden. Einerseits heißt es, diese „Leute“ hätten sie freigelassen und nach etwa zehn bis fünfzehn Tagen sei sie ins Krankenhaus nach Artachat gekommen, an anderer Stelle heißt es, als es ihr bei den „Leuten“ zu Hause sehr schlecht gegangen sei, hätten diese sie ins Krankenhaus nach B4. gebracht und von dort sei sie weiter nach F. verlegt worden. Diese „Leute“ hätten sie immer besucht und bedroht den Mund zu halten. Im Krankenhaus habe sie dann zwei Brüder kennengelernt, die ihr zur Flucht verholfen hätten. In der mündlichen Verhandlung hingegen hat die Klägerin den Geschehensablauf außerhalb des von ihr stets oberflächlich und detailarm geschilderten Kerngeschehens im Zusammenhang mit dem Vorfall im Haus ihrer Schwester völlig anders dargestellt. Sie sei zunächst vom Flughafen für zehn Tage zu einer Freundin gefahren. Auf Nachfrage hat die Klägerin ausdrücklich erklärt, am Flughafen habe es keinerlei Probleme gegeben. Von der Freundin habe sie sich zum Haus ihrer Schwester begeben. Die Taxifahrt habe etwa 15 Minuten gedauert. Abweichend von ihrem bisherigen Vortrag hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ihren Vortrag dann erheblich gesteigert und erstmalig von zwei Krankenhausaufhalten und einer deutlich längeren Zeit im Hause dieser „Leute“ berichtet. Abweichend von ihrer ersten Darstellung hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung behauptet, diese „Leute“ hätten sich erst getraut sie ins Krankenhaus zu bringen, nachdem sie aus einem fünftägigen Koma erwacht sei. Sie sei auch direkt ins Krankenhaus nach F. gebracht worden. Völlig neu ist der weitere Vortrag, dass diese „Leute“ sie nach drei Wochen wieder aus dem Krankenhaus abgeholt, sie einige Tage bei sich zu Hause untergebracht und sie anschließend wieder ins Krankenhaus nach F. gebracht haben und im übrigen auch für die Krankenhausrechnungen aufgekommen sein sollen. Konfrontiert mit den inhaltlichen Widersprüchen und dem Umstand, dass sie bei beiden Versionen schon rein zeitlich nicht die etwa halbjährige Aufenthaltsdauer in Armenien erklären könne, hat die Klägerin dann erstmals behauptet, sich vor der Einreise auch noch länger in der Ukraine aufgehalten zu haben. Diese inhaltlichen Widersprüche vermochte die Klägerin nicht ansatzweise auszuräumen. Insofern hat sie lediglich immer wieder geltend betont, sie sei krankheitsbedingt durcheinander. Manches, wie die Geschehnisse am Flughafen, habe sie nicht erzählen wollen, anderes wie die Verbringung ins Krankenhaus von B3. statt F. durch die „Leute“ habe sie nicht für erwähnenswert gehalten. 343. 35Der Klägerin ist auch nicht gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG subsidiärer Schutz zuzuerkennen. Subsidiär schutzberechtigt ist nach dieser Vorschrift, wer stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, ihm drohe in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Anhaltspunkte für das Vorliegen einer entsprechenden Gefahr ergeben sich weder aus dem Vortrag der Klägerin noch aus den dem Gericht aktuell vorliegenden Erkenntnissen über die Situation in ihrem Heimatland. 364. 37Auch die Voraussetzungen eines (zielstaatsbezogenen) Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 AufenthG vermag das Gericht nicht festzustellen. In Betracht kommt vorliegend allenfalls das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. 38Auch mit Blick auf die erwähnten Erkrankungen der Klägerin lassen sich die Voraussetzungen für ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG nicht feststellen. Eine (individuelle) Gefahr im Sinne dieser Vorschrift kann auch bestehen, wenn der Ausländer an einer Erkrankung leidet, die sich aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat voraussichtlich verschlimmern wird. Erforderlich aber auch ausreichend ist insoweit, dass sich die vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise zu verschlimmern droht, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d.h. eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. 39Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. September 1997 – 9 C48.96 –, BVerwGE 105, 383 ff., und vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 –, BVerwGE 127, 33 (36); Beschluss vom 17. August 2011 – 10 B 13.11 –, juris. 40Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn in dem Abschiebezielstaat dringend erforderliche Behandlungsmöglichkeiten fehlen oder wenn solche Behandlungsmöglichkeiten zwar vorhanden, für den betreffenden Ausländer aber aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen nicht erreichbar sind. 41Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2002 – 1 C 1.02 –, DVBl. 2003, 463. 42Allerdings muss sich der Ausländer grundsätzlich auf den im Heimatstaat vorhandenen Versorgungsstand im Gesundheitswesen verweisen lassen. Denn § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG garantiert auch für chronisch Erkrankte keinen Anspruch auf „optimale Behandlung“ einer Erkrankung oder auf Teilhabe an dem medizinischen Standard in Deutschland. Der Abschiebungsschutz soll den Ausländer vielmehr vor einer gravierenden Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter bewahren. 43Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Juni 2005 – 11 A 4518/02.A –, juris, und vom 30. Oktober 2006 – 13 A 2820/04.A –, juris. 44Um ein durch eine Erkrankung begründetes Abschiebungshindernis feststellen zu können, ist indes stets eine hinreichend konkrete Darlegung der gesundheitlichen Situation erforderlich, die in der Regel durch ein ärztliches Attest zu untermauern ist. Zwar ist der Verwaltungsprozess grundsätzlich durch den in § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO statuierten Amtsermittlungsgrundsatz geprägt. Aus § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO und § 74 Abs. 2 AsylVfG ergibt sich jedoch die Pflicht der Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken, was in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen. Eine Erkrankung ist ein solcher Umstand. Insoweit muss von einem Kläger, der sich zur Begründung eines Abschiebungshindernisses auf eine Erkrankung beruft, ein Mindestmaß an substantiiertem, durch ein ärztliches Attest belegtem Vortrag erwartet werden. 45Vgl. dazu nur VG München, Urteil vom 24. Februar 2012 – M 22 K 10.30780 –, juris; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 11. Februar 2014 – 6a K 2325/12.A – und vom 17. Juli 2012 – 6a K 4667/10.A –, jeweils juris; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 2. Januar 2012 – 13 A 2586/11.A –, juris; Bergmann, in: Renner, Ausländerrecht, Kommentar, 10. Aufl. 2013, § 74 AsylVfG Rdnr. 25 ff. 46Im Falle einer behaupteten psychischen Erkrankung ist angesichts der Unschärfe des Krankheitsbildes sowie der vielfältigen Symptome regelmäßig ein gewissen Mindestanforderungen genügendes fachärztliches Attest vorzulegen, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Arzt zu seiner Diagnose gelangt ist und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. 47Grundlegend dazu BVerwG, Urteil vom 11. September 2007– 10 C 8.07 –, BVerwGE 129, 251 ff. 48Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer psychischen Erkrankung, etwa einer PTBS, auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. 49Vgl. zu den Anforderungen: BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8/07 – und Beschluss vom 6. Februar 1995 – 1 B 205/93 –, jeweils juris. 50Gemessen daran lässt sich ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht feststellen. Ein den vorgenannten Anforderungen entsprechendes Vorbringen der Klägerin liegt im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vor (§ 77 Abs. 1 AsylVfG). Den vorgelegten Attesten ist schon nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass die Klägerin an Erkrankungen leidet, die sich alsbald nach der Rückkehr in das Heimatland wesentlich zu verschlimmern drohen. Allein die Aufzählung der bei der Klägerin diagnostizierten Erkrankungen in den verschiedenen von ihr vorgelegten Attesten, namentlich den beiden Attesten des Facharztes für Allgemeinmedizin B2. C1. , genügt den vorgenannten Anforderungen nicht. Es fehlen Angaben zu dem jeweiligen aktuellen Krankheitsstadium und zum konkreten Behandlungsbedarf der Klägerin. Die allein in dem Attest der Ärztin Dr. M. vom 13. März 2013 getroffene pauschale Aussage, es sei eine engmaschige und umfassende neurologisch psychiatrische Behandlung erforderlich, lässt insoweit nur einen Schluss auf die in diesem Attest zugleich attestierten Erkrankungen der Klägerin, Myelopathie und ausgeprägte depressive Symptomatik, zu. Angesichts der Vielschichtigkeit von Myelopathie und Depression vermag diese attestierte erforderliche Behandlung, sowie die Aussage bei Unterbrechung der Behandlung sei eine psychische Dekompensation und deutliche Zunahme neurologischer Defizite zu erwarten, nicht ansatzweise die Anforderungen zu erfüllen, die von der vorzitierten Rechtsprechung an ein solches Attest zu stellen sind. Unabhängig von dem Umstand, dass das Attest zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung schon älter als ein Jahr ist, kann auf der Grundlage dieses Attestes und auch der übrigen Atteste nicht beurteilt werden, in welcher konkreten Weise und welchem Umfang sich die Erkrankungen bei Rückkehr ins Heimatland verschlechtern würden. Mit diesen Angaben hätte das Gericht aber überhaupt erst der Frage nachgehen können, ob eine eventuell erforderliche Behandlung der geltend gemachten Erkrankungen der Klägerin für diese auch in Armenien gewährleistet wäre und ob das Ausbleiben einer Behandlung ein Abschiebungshindernis begründen würde. Das Gericht hat die Klägerin wiederholt, zuletzt mit einer gerichtlicher Verfügung gemäß § 87b Abs. 2 VwGO vom 12. Mai 2014, aufgefordert entsprechende ärztliche Atteste vorzulegen. Dieser Aufforderung ist die Klägerin nicht nachgekommen. Vor diesem Hintergrund war das Gericht nicht gehalten, den Sachverhalt weiter aufzuklären. 51Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 83b AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Zivilprozessordnung. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die klägerin. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die 1961 geborene klägerin ist armenische staats- und volkszugehörige und armenisch orthodoxer religionszugehörigkeit. 3sie hielt sich bereits von 2000 bis 2011 in der bundesrepublik deutschland (i. ) auf und betrieb unter einem aliasnamen ein asylverfahren. im september 2011 kehrte sie nach armenien zurück. 4ihren eigenen angaben zufolge verließ sie armenien im märz 2012 erneut und reiste über kiew auf dem landweg in die bundesrepublik deutschland ein. 5ausweislich der aktenlage wurde sie am 10. mai 2012 von einer polizeistreife am b. hauptbahnhof aufgegriffen und gab an, sie wolle einen erneuten asylantrag stellen. befragt zu den gründen des verlassens ihres heimatlandes gab die klägerin der polizei gegenüber an, sie habe in armenien ein religiöses problem. da sie einen türkischen freund, der moslem gewesen sei, gehabt habe, sei es zum problem geworden. ein mann aus der nachbarschaft sei mafiaboss gewesen. dieser sei von drei männern getötet worden. der mann ihrer schwester und sie hätten das alles gesehen. daraufhin sei der mann ihrer schwester durch die drei männer umgebracht worden. da sie das auch gesehen habe, hätten sie ihr damit gedroht sie auch umzubringen. da sie nun angst um ihr leben gehabt habe, habe sie das land verlassen. 6am 21. mai 2012 stellte die klägerin einen asylantrag, den sie im rahmen ihrer persönlichen anhörung vor dem bundesamt für migration und flüchtlinge in bielefeld am 5. juni 2012 im wesentlichen damit begründete, sie sei bereits bei ihrer freiwilligen rückkehr am 22. september 2011 am flughafen in armenien für zehn tage in gewahrsam genommen worden, weil sie das inoffiziell verlangte geld nicht habe zahlen können. die rückkehrerbeihilfe sei ihr abgenommen worden. sie habe zu ihrem elternhaus gewollt, das sie jedoch verschlossen vorgefunden habe. daraufhin sei sie zum haus ihrer schwester gegangen. dort habe sie gesehen wie männer ihren ermordeten schwager aufgehängt haben. diese männer hätten sie fünf tage festgehalten und da es ihr sehr schlecht gegangen sei, hätten diese männer sie nach b1. ins krankenhaus gebracht. dort habe man ihr jedoch nicht helfen können und sie sei in ein krankenhaus nach f. verlegt worden. diese männer hätten sie auch im krankenhaus besucht um sicherzustellen, dass sie nichts von dem sagt, was sie gesehen hat. 7darüber hinaus legte die klägerin ein attest des evangelischen krankenhauses c. vom 30. mai 2012 über einen stationären klinikaufenthalt vom 26. bis zum 27. mai 2012 vor. den sie dort behandelnden ärzten gegenüber gab sie an, wegen derselben beschwerden bereits im dezember 2012 in armenien 15 tage im krankenhaus gewesen zu sein. 8mit bescheid vom 20. februar 2013 lehnte das bundesamt den antrag auf anerkennung als asylberechtigte ab (ziffer 1.) und stellte fest, dass die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft (ziffer 2.) und abschiebungsverbote nach § 60 abs. 2 – 7 aufenthaltsgesetz (aufenthg) nicht vorliegen (ziffer 3.). es forderte die klägerin unter androhung der abschiebung nach armenien auf, die bundesrepublik deutschland innerhalb eines monats nach bekanntgabe des bescheides zu verlassen (ziffer 4.). 9die klägerin hat am 6. märz 2013 die vorliegende klage erhoben, zu deren begründung sie weitere atteste, namentlich die atteste des facharztes für allgemeinmedizin b2. c1. vom 30. april 2013 und vom 28. april 2014 und der fachärztin für neurologie und psychiatrie dr. med. r. m. vom 13. märz 2013 vorgelegt hat sowie eine bescheinigung über einen stationären aufenthalt vom 31. oktober bis zum 13. november 2012 im knappschaftskrankenhaus c2. und eine notfallmedizinische versorgung im bergmannsheil c2. am 20. märz 2013. 10die klägerin beantragt schriftsätzlich (sinngemäß) 11121. die beklagte unter aufhebung des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 20. februar 2013 zu verpflichten, sie als asylberechtigte anzuerkennen und ihr die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, 132. hilfsweise, die beklagte unter aufhebung der ziffern 3. und 4. des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 20. februar 2013 zu verpflichten, ihr subsidiären internationalen schutz zuzuerkennen, 143. hilfsweise, die beklagte unter teilweiser aufhebung der ziffern 3. und 4. des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 20. februar 2013 zu verpflichten, festzustellen, dass ein abschiebungsverbot gemäß § 60 abs. 5 oder § 60 abs. 7 s. 1 aufenthg hinsichtlich armeniens besteht. 15die beklagte beantragt (schriftsätzlich), 16die klage abzuweisen. 17sie nimmt zur begründung bezug auf den angegriffenen bescheid und führt weiter aus, die ärztlichen bescheinigungen seien nicht geeignet, eine abänderung der in dem angegriffenen bescheid getroffenen entscheidung herbeizuführen. 18wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs der beklagten bezug genommen. 19 | 20das gericht kann gemäß § 102 abs. 2 vwgo trotz des ausbleibens eines vertreters der beklagten in der mündlichen verhandlung entscheiden, da die beteiligten ordnungsgemäß geladen und auf die folgen eines fernbleibens von der mündlichen verhandlung hingewiesen worden sind. 21die klage ist zulässig, aber unbegründet. 22die entscheidung des bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 5 vwgo); die klägerin hat auf der grundlage der gemäß § 77 abs. 1 asylverfahrensgesetz (asylvfg) maßgeblichen sach- und rechtslage im zeitpunkt der mündlichen verhandlung keinen anspruch auf anerkennung als asylberechtigte im sinne von art. 16a grundgesetz (gg), auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft im sinne von § 3 abs. 1 asylvfg, auf feststellung von subsidiärem schutz im sinne von § 4 asylvfg oder auf feststellung eines (nationalen) abschiebungsverbotes gemäß § 60 abs. 5 oder abs. 7 s. 1 aufenthaltsgesetz (aufenthg). 231. 24die klägerin hat keinen anspruch auf anerkennung als asylberechtigte im sinne von art. 16a gg. ein solcher anspruch steht ihr bereits aufgrund von art. 16a abs. 2 gg in verbindung mit § 26a asylvfg nicht zu. danach kann sich ein ausländer, der aus einem sicheren drittstaat in das bundesgebiet eingereist ist, nicht auf art. 16a abs. 1 gg berufen. sichere drittstaaten sind unter anderem die mitgliedstaaten der europäischen union. die klägerin ist nach eigenen angaben auf dem landweg und damit aus einem sicheren drittstaat eingereist. 252. 26die klägerin hat auch keinen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 abs. 1 asylvfg. nach dieser vorschrift ist – unter berücksichtigung der unionsrechtlichen vorgaben – einem ausländer dann internationaler schutz im sinne von § 1 abs. 1 nr. 2 asylvfg in form der flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe (nr.1) außerhalb des landes (herkunftsland) befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will (nr. 2a) oder in dem er als staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser furcht nicht zurückkehren will (nr. 2b). 27von einer „verfolgung“ kann dabei nur ausgegangen werden, wenn dem einzelnen in anknüpfung an die genannten merkmale gezielt rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer intensität nach aus der übergreifenden friedensordnung der staatlichen einheit ausgrenzen, so dass der davon betroffene gezwungen ist, in begründeter furcht vor einer ausweglosen lage sein heimatland zu verlassen und im ausland schutz zu suchen. an einer gezielten rechtsverletzung fehlt es hingegen regelmäßig bei nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen zustände in seinem herkunftsstaat zu erleiden hat, etwa in folge von naturkatastrophen, arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen lage oder infolge allgemeiner auswirkungen von unruhen, revolutionen und kriegen. 28vgl. ovg nrw, urteile vom 14. dezember 2010 - 19 a 2999/06.a -, vom 10. mai 2011 - 3 a 133/10.a -, und vom 2. juli 2013 - 8 a 2632/06.a -, juris, jeweils mit weiteren nachweisen und unter maßgeblicher bezugnahme auf bverfg, beschluss vom 10. juli 1989 - 2 bvr 502/86 u.a. -, bverfge 80, 315 ff. 29die furcht vor verfolgung ist begründet, wenn sie aufgrund der im herkunftsland des klägers gegebenen umstände in anbetracht seiner individuellen lage mit beachtlicher wahrscheinlichkeit droht. dies setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden würdigung des zur prüfung gestellten lebenssachverhalts die für eine verfolgung sprechenden umstände ein größeres gewicht besitzen als die dagegen sprechenden. dabei ist eine „qualifizierende“ betrachtungsweise im sinne einer gewichtung und abwägung aller festgestellten umstände und ihrer bedeutung anzulegen. es kommt darauf an, ob in anbetracht dieser umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen menschen in der lage des betroffenen furcht vor verfolgung hervorgerufen werden kann. 30vgl. bverwg, urteil vom 20. februar 2013 - 10 c 23.12 -, bverwge 146, 67 (81), ovg nrw, urteil vom 17. august 2010 - 8 a 4063/06.a -, juris, rn. 35 ff., jeweils mit weiteren nachweisen. 31es obliegt dem schutz vor verfolgung suchenden, die voraussetzungen hierfür glaubhaft zu machen. er muss in bezug auf die in seine eigene sphäre fallenden ereignisse und persönlichen erlebnisse eine schilderung abgeben, die geeignet ist, seinen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen. ein in diesem sinne schlüssiges schutzbegehren setzt im regelfall voraus, dass der schutz suchende konkrete einzelheiten seines individuellen verfolgungsschicksals vorträgt und sich nicht auf unsubstantiierte allgemeine darlegungen beschränkt. er muss nachvollziehbar machen, wieso und weshalb gerade er eine verfolgung befürchtet. an der glaubhaftmachung von verfolgungsgründen fehlt es regelmäßig, wenn er im laufe des verfahrens unterschiedliche angaben macht und sein vorbringen nicht auflösbare widersprüche enthält, wenn seine darstellungen nach der lebenserfahrung oder auf grund der kenntnis entsprechender vergleichbarer geschehensabläufe unglaubhaft erscheinen oder er sein vorbringen im laufe des asylverfahrens steigert, insbesondere, wenn er tatsachen, die er für sein begehren als maßgebend bezeichnet, ohne vernünftige erklärung erst spät in das asylverfahren einführt. 32vgl. zu alledem nur ovg nrw, urteil vom 2. juli 2013 - 8 a 2632/06.a -, juris, mit weiteren nachweisen. 33ausgehend von diesen grundsätzen liegen die voraussetzungen der flüchtlingseigenschaft im falle der klägerin nicht vor. das gericht geht nicht davon aus, dass der klägerin bei einer rückkehr nach armenien mit beachtlicher wahrscheinlichkeit landesweit verfolgung im sinne von § 3 abs. 1 asylvfg droht. die klägerin hat eine verfolgung, die sich einigermaßen zuverlässig dem staat oder der jetzt herrschenden partei zurechnen ließe, nicht dargetan. soweit die klägerin schildert, dass „leute“, bei denen es sich um gefolgsleute des armenischen regierungschef i1. b5. handeln soll, sie mitgenommen und bedroht haben, hält die kammer diesen vortrag wegen zahlreicher widersprüche und ungereimtheiten für durchgreifend unglaubhaft. die klägerin will sich nach eigenen angaben etwa sechs monate im heimatland aufgehalten haben. schon ihre unterschiedlichen zeitlichen angaben bei ihrer anhörung vor dem bundesamt und in der mündlichen verhandlung zum angeblich ausreiseursächlichen geschehensablauf, stimmen damit nicht überein. beim bundesamt hatte sie angegeben, zunächst zehn tage am flughafen festgehalten worden und dann zum elternhaus gefahren zu sein. als dort niemand gewesen sei, habe sie das haus ihrer schwester aufgesucht und sei dort augenzeugin geworden, wie die „leute“ ihren ermordeten schwager aufgehängt hätten. anschließend hätten diese „leute“ sie für fünf tage mit zu sich nach hause genommen. was danach geschehen sein soll, ist schon bei der anhörung vor dem bundesamt von der klägerin widersprüchlich geschildert worden. einerseits heißt es, diese „leute“ hätten sie freigelassen und nach etwa zehn bis fünfzehn tagen sei sie ins krankenhaus nach artachat gekommen, an anderer stelle heißt es, als es ihr bei den „leuten“ zu hause sehr schlecht gegangen sei, hätten diese sie ins krankenhaus nach b4. gebracht und von dort sei sie weiter nach f. verlegt worden. diese „leute“ hätten sie immer besucht und bedroht den mund zu halten. im krankenhaus habe sie dann zwei brüder kennengelernt, die ihr zur flucht verholfen hätten. in der mündlichen verhandlung hingegen hat die klägerin den geschehensablauf außerhalb des von ihr stets oberflächlich und detailarm geschilderten kerngeschehens im zusammenhang mit dem vorfall im haus ihrer schwester völlig anders dargestellt. sie sei zunächst vom flughafen für zehn tage zu einer freundin gefahren. auf nachfrage hat die klägerin ausdrücklich erklärt, am flughafen habe es keinerlei probleme gegeben. von der freundin habe sie sich zum haus ihrer schwester begeben. die taxifahrt habe etwa 15 minuten gedauert. abweichend von ihrem bisherigen vortrag hat die klägerin in der mündlichen verhandlung ihren vortrag dann erheblich gesteigert und erstmalig von zwei krankenhausaufhalten und einer deutlich längeren zeit im hause dieser „leute“ berichtet. abweichend von ihrer ersten darstellung hat die klägerin in der mündlichen verhandlung behauptet, diese „leute“ hätten sich erst getraut sie ins krankenhaus zu bringen, nachdem sie aus einem fünftägigen koma erwacht sei. sie sei auch direkt ins krankenhaus nach f. gebracht worden. völlig neu ist der weitere vortrag, dass diese „leute“ sie nach drei wochen wieder aus dem krankenhaus abgeholt, sie einige tage bei sich zu hause untergebracht und sie anschließend wieder ins krankenhaus nach f. gebracht haben und im übrigen auch für die krankenhausrechnungen aufgekommen sein sollen. konfrontiert mit den inhaltlichen widersprüchen und dem umstand, dass sie bei beiden versionen schon rein zeitlich nicht die etwa halbjährige aufenthaltsdauer in armenien erklären könne, hat die klägerin dann erstmals behauptet, sich vor der einreise auch noch länger in der ukraine aufgehalten zu haben. diese inhaltlichen widersprüche vermochte die klägerin nicht ansatzweise auszuräumen. insofern hat sie lediglich immer wieder geltend betont, sie sei krankheitsbedingt durcheinander. manches, wie die geschehnisse am flughafen, habe sie nicht erzählen wollen, anderes wie die verbringung ins krankenhaus von b3. statt f. durch die „leute“ habe sie nicht für erwähnenswert gehalten. 343. 35der klägerin ist auch nicht gemäß § 4 abs. 1 asylvfg subsidiärer schutz zuzuerkennen. subsidiär schutzberechtigt ist nach dieser vorschrift, wer stichhaltige gründe für die annahme vorgebracht hat, ihm drohe in seinem herkunftsland ein ernsthafter schaden. als ernsthafter schaden gilt die verhängung oder vollstreckung der todesstrafe (nr. 1), folter oder unmenschliche oder erniedrigende behandlung oder bestrafung (nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle bedrohung des lebens oder der unversehrtheit einer zivilperson infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten konflikts (nr. 3). anhaltspunkte für das vorliegen einer entsprechenden gefahr ergeben sich weder aus dem vortrag der klägerin noch aus den dem gericht aktuell vorliegenden erkenntnissen über die situation in ihrem heimatland. 364. 37auch die voraussetzungen eines (zielstaatsbezogenen) abschiebungshindernisses nach § 60 abs. 5 oder § 60 abs. 7 aufenthg vermag das gericht nicht festzustellen. in betracht kommt vorliegend allenfalls das abschiebungsverbot nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg. danach soll von der abschiebung in einen anderen staat abgesehen werden, wenn dort für den ausländer eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. 38auch mit blick auf die erwähnten erkrankungen der klägerin lassen sich die voraussetzungen für ein zielstaatsbezogenes abschiebungshindernis nach § 60 abs. 7 s. 1 aufenthg nicht feststellen. eine (individuelle) gefahr im sinne dieser vorschrift kann auch bestehen, wenn der ausländer an einer erkrankung leidet, die sich aufgrund der verhältnisse im abschiebezielstaat voraussichtlich verschlimmern wird. erforderlich aber auch ausreichend ist insoweit, dass sich die vorhandene erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener umstände in einer weise zu verschlimmern droht, die zu einer erheblichen und konkreten gefahr für leib und leben führt, d.h. eine wesentliche verschlimmerung der erkrankung alsbald nach der rückkehr des ausländers droht. 39vgl. bverwg, urteile vom 9. september 1997 – 9 c48.96 –, bverwge 105, 383 ff., und vom 17. oktober 2006 – 1 c 18.05 –, bverwge 127, 33 (36); beschluss vom 17. august 2011 – 10 b 13.11 –, juris. 40dies kann beispielsweise dann der fall sein, wenn in dem abschiebezielstaat dringend erforderliche behandlungsmöglichkeiten fehlen oder wenn solche behandlungsmöglichkeiten zwar vorhanden, für den betreffenden ausländer aber aus finanziellen oder sonstigen persönlichen gründen nicht erreichbar sind. 41vgl. bverwg, urteil vom 29. oktober 2002 – 1 c 1.02 –, dvbl. 2003, 463. 42allerdings muss sich der ausländer grundsätzlich auf den im heimatstaat vorhandenen versorgungsstand im gesundheitswesen verweisen lassen. denn § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg garantiert auch für chronisch erkrankte keinen anspruch auf „optimale behandlung“ einer erkrankung oder auf teilhabe an dem medizinischen standard in deutschland. der abschiebungsschutz soll den ausländer vielmehr vor einer gravierenden beeinträchtigung seiner rechtsgüter bewahren. 43vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 14. juni 2005 – 11 a 4518/02.a –, juris, und vom 30. oktober 2006 – 13 a 2820/04.a –, juris. 44um ein durch eine erkrankung begründetes abschiebungshindernis feststellen zu können, ist indes stets eine hinreichend konkrete darlegung der gesundheitlichen situation erforderlich, die in der regel durch ein ärztliches attest zu untermauern ist. zwar ist der verwaltungsprozess grundsätzlich durch den in § 86 abs. 1 satz 1 halbsatz 1 vwgo statuierten amtsermittlungsgrundsatz geprägt. aus § 86 abs. 1 satz 1 halbsatz 2 vwgo und § 74 abs. 2 asylvfg ergibt sich jedoch die pflicht der beteiligten, an der erforschung des sachverhalts mitzuwirken, was in besonderem maße für umstände gilt, die in die eigene sphäre des beteiligten fallen. eine erkrankung ist ein solcher umstand. insoweit muss von einem kläger, der sich zur begründung eines abschiebungshindernisses auf eine erkrankung beruft, ein mindestmaß an substantiiertem, durch ein ärztliches attest belegtem vortrag erwartet werden. 45vgl. dazu nur vg münchen, urteil vom 24. februar 2012 – m 22 k 10.30780 –, juris; vg gelsenkirchen, urteile vom 11. februar 2014 – 6a k 2325/12.a – und vom 17. juli 2012 – 6a k 4667/10.a –, jeweils juris; siehe auch ovg nrw, beschluss vom 2. januar 2012 – 13 a 2586/11.a –, juris; bergmann, in: renner, ausländerrecht, kommentar, 10. aufl. 2013, § 74 asylvfg rdnr. 25 ff. 46im falle einer behaupteten psychischen erkrankung ist angesichts der unschärfe des krankheitsbildes sowie der vielfältigen symptome regelmäßig ein gewissen mindestanforderungen genügendes fachärztliches attest vorzulegen, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher grundlage der arzt zu seiner diagnose gelangt ist und wie sich die krankheit im konkreten fall darstellt. 47grundlegend dazu bverwg, urteil vom 11. september 2007– 10 c 8.07 –, bverwge 129, 251 ff. 48dazu gehören etwa angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der patient in ärztlicher behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten beschwerden durch die erhobenen befunde bestätigt werden. des weiteren sollte das attest aufschluss über die schwere der krankheit, deren behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen behandlungsverlauf (medikation und therapie) geben. wird das vorliegen einer psychischen erkrankung, etwa einer ptbs, auf traumatisierende erlebnisse im heimatland gestützt und werden die symptome erst längere zeit nach der ausreise aus dem heimatland vorgetragen, so ist in der regel auch eine begründung dafür erforderlich, warum die erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. 49vgl. zu den anforderungen: bverwg, urteil vom 11. september 2007 – 10 c 8/07 – und beschluss vom 6. februar 1995 – 1 b 205/93 –, jeweils juris. 50gemessen daran lässt sich ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg nicht feststellen. ein den vorgenannten anforderungen entsprechendes vorbringen der klägerin liegt im hier maßgeblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung nicht vor (§ 77 abs. 1 asylvfg). den vorgelegten attesten ist schon nicht mit hinreichender deutlichkeit zu entnehmen, dass die klägerin an erkrankungen leidet, die sich alsbald nach der rückkehr in das heimatland wesentlich zu verschlimmern drohen. allein die aufzählung der bei der klägerin diagnostizierten erkrankungen in den verschiedenen von ihr vorgelegten attesten, namentlich den beiden attesten des facharztes für allgemeinmedizin b2. c1. , genügt den vorgenannten anforderungen nicht. es fehlen angaben zu dem jeweiligen aktuellen krankheitsstadium und zum konkreten behandlungsbedarf der klägerin. die allein in dem attest der ärztin dr. m. vom 13. märz 2013 getroffene pauschale aussage, es sei eine engmaschige und umfassende neurologisch psychiatrische behandlung erforderlich, lässt insoweit nur einen schluss auf die in diesem attest zugleich attestierten erkrankungen der klägerin, myelopathie und ausgeprägte depressive symptomatik, zu. angesichts der vielschichtigkeit von myelopathie und depression vermag diese attestierte erforderliche behandlung, sowie die aussage bei unterbrechung der behandlung sei eine psychische dekompensation und deutliche zunahme neurologischer defizite zu erwarten, nicht ansatzweise die anforderungen zu erfüllen, die von der vorzitierten rechtsprechung an ein solches attest zu stellen sind. unabhängig von dem umstand, dass das attest zum zeitpunkt der mündlichen verhandlung schon älter als ein jahr ist, kann auf der grundlage dieses attestes und auch der übrigen atteste nicht beurteilt werden, in welcher konkreten weise und welchem umfang sich die erkrankungen bei rückkehr ins heimatland verschlechtern würden. mit diesen angaben hätte das gericht aber überhaupt erst der frage nachgehen können, ob eine eventuell erforderliche behandlung der geltend gemachten erkrankungen der klägerin für diese auch in armenien gewährleistet wäre und ob das ausbleiben einer behandlung ein abschiebungshindernis begründen würde. das gericht hat die klägerin wiederholt, zuletzt mit einer gerichtlicher verfügung gemäß § 87b abs. 2 vwgo vom 12. mai 2014, aufgefordert entsprechende ärztliche atteste vorzulegen. dieser aufforderung ist die klägerin nicht nachgekommen. vor diesem hintergrund war das gericht nicht gehalten, den sachverhalt weiter aufzuklären. 51die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1, § 155 abs. 2 vwgo in verbindung mit § 83b asylvfg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit der kosten ergibt sich aus § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 zivilprozessordnung. | Verklagte*r | 0 |
164,288 | 10 K 1856/12 | 2015-07-07T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger steht als Beamter im Dienst der Deutschen Telekom AG. Derzeit hat er das Statusamt eines Technischen Fernmeldeoberamtsrats (Besoldungsgruppe A 13 VZ BBesO) inne; die Ernennung in dieses Amt erfolgte mit Wirkung vom 1. Juli 2009. 3Mit Wirkung vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2002 wurde der Kläger unter Wegfall der Bezüge für eine Tätigkeit bei der Deutschen Telekom Computerservicemanagement GmbH (DeTeCSM), einer 100%-igen Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG, beurlaubt. Anschließend erfolgten weitere Beurlaubungen unter Wegfall der Bezüge für Tätigkeiten bei Tochtergesellschaften der Deutschen Telekom AG. 4Im Jahr 2011 beantragte der Kläger schriftlich bei der Deutschen Telekom AG, ihn in das laufende Beförderungsverfahren für beurlaubte und insichbeurlaubte Beamte der Deutschen Telekom AG von Besoldungsgruppe A 13 VZ nach Besoldungsgruppe A 13 VZ+Z t einzubeziehen. Unter dem 8. November 2011 teilte die Deutschen Telekom AG dem Kläger mit, dass er nicht für eine Beförderung berücksichtigt worden sei. 5Mit bei der Deutschen Telekom AG am 24. November 2011 eingegangenem Schreiben legte der Kläger "Widerspruch" gegen den "Ablehnungsbescheid vom 8. November 2011" ein. 6Der Kläger beantragte am 23. November 2011, der Deutschen Telekom AG im Wege einstweiliger Anordnung zu untersagen, Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A 13 VZ+Z t aus dem Planstellenhaushalt der Deutschen Telekom AG bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seinen Widerspruch und seine Klage gegen seine Nichtberücksichtigung bei dem Bewerbungsverfahren zu übertragen (VG Minden 10 L 636/11). Mit Schriftsatz vom 24. November 2011 teilte die Deutsche Telekom AG mit, dass sie bis zur Entscheidung in der Hauptsache eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 13 VZ+Z t für den Kläger reserviert habe. Mit weiterem Schriftsatz vom 15. Dezember 2011 gab die Deutsche Telekom AG an, dass am 23. November 2011 die Ernennungsurkunden an die Konkurrenten des Klägers versandt worden seien. Die Beteiligten haben daraufhin das Verfahren 10 L 636/11 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. 7Der Kläger hat am 24. Mai 2012 Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt: Die Auswahlentscheidung der Deutschen Telekom AG sei rechtswidrig. Durch die Aushändigung der Ernennungsurkunden an die Konkurrenten habe die Deutsche Telekom AG den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Daher stehe der Grundsatz der Ämterstabilität seiner Klage nicht entgegen. Er habe einen Anspruch auf Aufhebung der Ernennung des von ihm namentlich benannten Konkurrenten und auf Neubescheidung seines Bewerbungsgesuchs. Die Klage sei auch nicht unzulässig. Die Einlegung eines Widerspruchs gegen die Ernennung der Konkurrenten sei entbehrlich gewesen, weil die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens von vornherein aussichtslos gewesen sei. Die Deutsche Telekom AG habe damals die Auffassung vertreten, dass der Grundsatz der Ämterstabilität in Fällen, in denen - wie hier - für den Kläger eine Planstelle reserviert worden sei, nicht durchbrochen sei. Danach sei eine Aufhebung der Ernennungen der Konkurrenten nicht in Betracht gekommen. Darüber hinaus sei ein Widerspruch aber auch jetzt noch möglich: Die Frist des § 58 Abs. 2 VwGO beginne nur zu laufen, wenn die konkrete Entscheidung zugestellt, eröffnet oder verkündet worden sei (§ 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Er, der Kläger habe erstmals durch die von der Deutschen Telekom AG im November 2014 vorgelegte Akte Einsicht in die Liste der beförderten Konkurrenten nehmen können. Erst zu diesem Zeitpunkt habe er Kenntnis davon erlangt, wer ernannt worden sei. Eine Rechtsbehelfsfrist habe daher nicht vor diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen. 8Der Kläger hat mit Schreiben an die Deutsche Telekom AG vom 30. Januar 2015 Widerspruch gegen die Ernennung eines namentlich benannten Beamten, Herrn D. H2. , eingelegt. 9Der Kläger beantragt, 10die Ernennung des Konkurrenten D. H2. sowie seine Einweisung in die zugehörige Planstelle der Besoldungsgruppe A 13 VZ+Z t mit Wirkung ab Rechtskraft des Urteils aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über seine Bewerbung auf eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 13 VZ+Z t aus dem Planstellenhaushalt der Deutschen Telekom AG 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Sie ist insbesondere der Auffassung, die Klage sei bereits unzulässig. Der Kläger habe das erforderliche Vorverfahren gegen die Ernennung des von ihm benannten Konkurrenten nicht durchgeführt. Außerdem habe der Kläger keinen Anspruch auf Aufhebung der Ernennung dieses Konkurrenten. Ein Fall, bei dem der Grundsatz der Ämterstabilität wegen einer Vereitelung des Rechtsschutzes durchbrochen sei, sei vorliegend nicht gegeben, weil die Deutsche Telekom AG dem Kläger vor Aushändigung der Ernennungsurkunden an die Konkurrenten zugesichert habe, speziell für ihn eine Planstelle freizuhalten. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten der Verfahren 10 K 1856/12, 10 L 535/11 und 10 L 636/11 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (9 Hefte) Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16I. Zum Streitgegenstand ist vorab zu bemerken: Der Kläger hatte zunächst mit Klageschrift vom 24. Mai 2012 angekündigt zu beantragen, 1. den Kläger mit Wirkung zum 1. September 2011 in die freigehaltene Planstelle A 13 VZ +Z t aus dem Planstellenhaushalt 2011 der Deutschen Telekom AG einzuweisen und die Besoldungsdifferenz nachzuzahlen, 2. hilfsweise die Einweisung eines Konkurrenten, welcher nach erfolgter Akteneinsicht noch näher benannt werde, in die Planstelle A 13 VZ+Z t mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, über das Bewerbungsgesuch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden und die Besoldungsdifferenz seit dem 1. September 2011 nachzuzahlen. Erst mit Schriftsatz vom 13. Februar 2015 hat er seinem Antrag die aus dem Tatbestand ersichtliche Form gegeben. In dieser Umformulierung des Klageantrags, insbesondere der damit verbundenen Beschränkung der Klage auf einen namentlich benannten Konkurrenten, liegt eine Klarstellung des von Anfang an gewollten Klagebegehrens und keine (teilweise) Klagerücknahme. Der Antrag dient zunächst der Verdeutlichung des Klagebegehrens; er wird in der Klageschrift lediglich angekündigt und erst in der mündlichen Verhandlung gestellt (vgl. § 103 Abs. 3 VwGO). 17Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 2013 - 9 B 46.12 -, juris Rn. 5. 18II. Die Klage bleibt ohne Erfolg. Sie ist bereits unzulässig, weil der Kläger weder den erforderlichen Widerspruch gegen die Ernennung des von ihm benannten Konkurrenten noch die Klage rechtzeitig erhoben hat. 191. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthaft. Die Ernennung eines nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählten Bewerbers für ein Amt stellt einen Verwaltungsakt dar, der darauf gerichtet ist, unmittelbare Rechtswirkungen für die durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber zu entfalten (Verwaltungsakt mit Drittwirkung). 20Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, juris Leitsatz 1 und Rn. 17. 21In Fällen, in denen der Dienstherr den nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG gebotenen Rechtsschutz vereitelt, kann dem unterlegenen Bewerber nach der Ernennung der ausgewählten Bewerber gerichtlicher Rechtsschutz nur im Wege der Anfechtungsklage gegen die Ernennung der ausgewählten Bewerber gewährt werden. 22Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, juris Rn. 37 ff.; OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2012 - 1 A 1339/10 -, juris Rn. 33. 23Zusätzlich ist ein auf die erneute Bescheidung der Bewerbung des unterlegenen Bewerbers gerichteter Verpflichtungsantrag erforderlich. 24Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, juris Rn. 10, 16 und 58; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Auflage § 3 Rn. 78. 25Vorliegend hat die Deutsche Telekom AG den Rechtsschutz des Klägers vereitelt, weil sie die Ernennungsurkunden an die Konkurrenten des Klägers ihren eigenen Angaben zufolge bereits am 23. November 2011 abgesandt hat, obwohl zu diesem Zeitpunkt die in Fällen der vorliegenden Art übliche Wartezeit von zwei Wochen für die Geltendmachung von Rechtsschutz, die mit dem Zugang der Mitteilung über die Ablehnung der Bewerbung zu laufen beginnt 26- vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, juris Rn. 34 -, 27noch nicht abgelaufen war. Zwar geht aus dem Verwaltungsvorgang der Beklagten nicht hervor, wann die Beklagte die Konkurrentenmitteilung vom 8. November 2011 abgesandt hat. Wird zugunsten der Beklagten unterstellt, dies sei bereits am 8. November 2011 erfolgt, gälte die nach Aktenlage dem Prozessbevollmächtigten des Klägers per einfacher Post übersandte Mitteilung diesem gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post, also am 11. November 2011, als bekannt gegeben. Die Zwei-Wochen-Frist hätte also selbst im günstigsten Fall (erst) mit Ablauf des 25. November 2011 geendet. Der Kläger hat allerdings mit Schreiben vom 23. November 2011, bei der Beklagten eingegangen am 24. November 2011 "Widerspruch" gegen den "Bescheid vom 8.11.2011", mit dem die Deutsche Telekom AG dem Kläger mitgeteilt hatte, dass der Kläger nicht befördert werde, eingelegt und der Beklagten mitgeteilt, dass er beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt habe. Am 23. November 2011 ist auch ein gegen die Beklagte gerichteter Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Verwaltungsgericht Minden eingegangen. 28An der Feststellung, dass die Deutsche Telekom AG den Rechtsschutz des Klägers vereitelt hat, ändert auch nichts, dass sie zuvor mitgeteilt hatte, speziell für den Kläger eine Planstelle reserviert zu haben. Die Erklärung, eine gesonderte Planstelle speziell für den unterlegenen Bewerber freizuhalten, kann nicht wirksam abgegeben werden. 29Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 7. Februar 2014 - 3 CE 13.2374 -, juris Rn. 17. 30Es unterliegt nämlich grundsätzlich nicht der Dispositionsbefugnis des Dienstherrn, für einen um Rechtsschutz nachsuchenden Bewerber eine andere als die zu besetzende Planstelle quasi als "Reserve" freizuhalten und später mit dem im Auswahlverfahren zunächst unterlegenen Bewerber zu besetzen, wenn sich im Gerichtsverfahren die Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung herausstellen sollte. Denn auch die freigehaltene Planstelle darf erst nach einem auf sie bezogenen Vergabeverfahren besetzt werden. 31Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14.02 -, juris Rn. 21. 322. Der Kläger hat den erforderlichen Widerspruch gegen die Ernennung des von ihm benannten Konkurrenten nicht rechtzeitig erhoben. 33a) Ein Vorverfahren gegen die Ernennung des vom Kläger benannten Konkurrenten ist erforderlich. Dies ergibt sich aus § 126 Abs. 2 Satz 1 BBG, wonach vor allen Klagen von Beamten ein Vorverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung durchzuführen ist. Dies gilt auch dann, wenn die Maßnahme von der obersten Dienstbehörde getroffen worden ist (§ 126 Abs. 1 Satz 2 BBG). 34b) Das danach erforderliche Vorverfahren war hier auch nicht ausnahmsweise entbehrlich. 35aa) Die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens ergibt sich nicht aus § 75 VwGO. Diese Norm gewährleistet zeitnahen gerichtlichen Rechtsschutz (Art. 19 Abs.4 GG), falls die Behörde über einen Widerspruch oder einen Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht entschieden hat. 36Vgl. etwa Saurenhaus, in: Wysk, VwGO, § 75, Rn. 1. 37§ 75 VwGO ermöglicht dem Kläger nach Ablauf einer bestimmten, angemessenen Frist auch ohne Vorliegen des an sich erforderlichen Widerspruchsbescheids Klage erheben zu können. Die Norm dient dem Schutz eines Klägers, der seinerseits alles Erforderliche getan hat, um die Sachurteilsvoraussetzungen einer Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage zu erfüllen. 38Vgl. Brenner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 75, Rn. 2 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 68 Rn. 32. 39Den Widerspruch gegen die Ernennung des namentlich benannten Konkurrenten hat der Kläger allerdings erst mit Schreiben vom 30. Januar 2015, also deutlich nach Erhebung der Klage am 24. Mai 2012 und somit – wie unter c) noch im Einzelnen zu zeigen sein wird – verspätet erhoben; er hat also gerade nicht alles seinerseits Erforderliche getan, um die Sachurteilsvoraussetzungen der Anfechtungsklage zu erfüllen, und kann sich daher auch nicht mit Erfolg auf § 75 VwGO berufen. 40bb) Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil sich die Beklagte im Klageverfahren zur Sache eingelassen hat, ohne die tatsächliche Einlegung eines Widerspruchs zu rügen. 41Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 1963 - V C 105.61 -, juris Rn. 28 und vom 2. September 1983 - 7 C 97.81 -, juris Rn. 8; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 68 Rn. 28 und Vorb § 68 Rn. 11. 42Gegen die in der Klageschrift noch mit dem Hilfsantrag - jedenfalls der Sache nach - geltend gemachte Aufhebung der Ernennungen der Konkurrenten des Klägers hat die Deutsche Telekom AG in ihrer Klageerwiderung vom 9. Juli 2012 (S. 8 f.) sowie in ihrem weiteren Schriftsatz vom 7. Dezember 2012 (S. 2) eingewandt, dass eine Durchbrechung des Grundsatzes der Ämterstabilität im vorliegenden Fall nicht zulässig sei, weil kein Fall der Rechtsschutzvereitelung vorliege. Damit hat sie der Sache nach geltend gemacht, dass die Anfechtung der Ernennungen der Konkurrenten des Klägers nicht statthaft ist. Bei einer solchen Sachlage kann von einer rügelosen Einlassung zur Hauptsache keine Rede sein. Nachdem das Gericht mit Verfügung vom 11. November 2014 darauf hingewiesen hatte, dass ein Fall der Rechtschutzvereitelung in Betracht komme und der Grundsatz der Ämterstabilität der Klage somit nicht entgegen stehen dürfte, hat die Deutsche Telekom AG sich umgehend mit Schriftsatz vom 26. November 2014 (S. 2) u.a. auch darauf berufen, dass der Kläger gegen die Ernennung seiner Konkurrenten keinen Widerspruch erhoben habe. 43cc) Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens war hier auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil ein solches Verfahren von vornherein aussichtlos gewesen wäre. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn die Ziele, denen die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens dient, namentlich die Selbstkontrolle der Verwaltung, die Gewährleistung individuellen Rechtsschutzes und die Entlastung der Verwaltungsgerichte, nicht (mehr) erreicht werden können oder schon auf andere Weise erreicht worden sind. Dabei ist auf einen objektivierten Beurteilungsmaßstab abzustellen. 44Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. September 2010 - 8 C 21.09 -, juris Rn. 24 ff. 45Das Widerspruchsverfahren kann seinen Zweck auch dann nicht mehr erreichen, wenn feststeht, dass der Widerspruch unabhängig von der Begründung keinen Erfolg haben würde. Dabei kommt es vor allem auf den Inhalt der vorgerichtlichen Erklärungen der Beklagten an. Ergibt deren Gesamtwürdigung, dass sich die Beklagte endgültig darauf festgelegt hat, das Rechtschutzbegehren abzulehnen, ist ein Widerspruchsverfahren sinnlos. Eine derartige Festlegung setzt voraus, dass die Beklagte zu erkennen gegeben hat, sie habe sich ihre Auffassung gebildet und gedenke daran auf jeden Fall festzuhalten. 46Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 -, juris Rn. 35 ff. 47Dies ist hier nicht der Fall. Als vorgerichtliche Erklärungen kommen hier - soweit aus den Gerichtsakten und Verwaltungsvorgängen ersichtlich - lediglich die Ausführungen der Deutschen Telekom AG in den Eilverfahren 10 L 535/11 und 10 L 636/11 in Betracht. Stellungnahmen der Behörde in einem Verfahren nach § 123 VwGO können allerdings grundsätzlich die Durchführung des Widerspruchsverfahrens nicht entbehrlich machen. Andernfalls wäre ein Widerspruch stets entbehrlich, wenn der Klage ein Verfahren nach § 123 VwGO vorausging, in dem die Behörde an ihrem Standpunkt festhält. Dem steht bereits entgegen, dass der Behörde im Anordnungsverfahren in der Regel wegen seines Eilcharakters eine umfassende Nachprüfung des Falls nicht möglich sein wird. Eine solche Auffassung wäre daher mit der zwingenden Vorschrift des § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO und ihrem Sinn und Zweck nicht vereinbar. 48Vgl. Bay VGH, Beschluss vom 9. Februar 1983 - Nr. 7 B 80 A.2328 -, BayVBl. 1983, 309 f. 49Aber auch unabhängig hiervon, ergeben die vorgerichtlichen Erklärungen der Deutschen Telekom AG nicht, dass sie sich endgültig darauf festgelegt hat, das Rechtsschutzbegehren des Klägers abzulehnen. Im Eilverfahren 10 L 636/11 hatte die Deutsche Telekom AG ausgeführt, dass sie speziell für den Kläger eine Planstelle reserviert habe; damit sei dem Anliegen des Antragstellers Rechnung getragen. Sie hat dadurch lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sie davon ausgeht, durch die abgegebene Freihalteerklärung den Rechtsschutz des Klägers nicht zu vereiteln. Die Deutsche Telekom AG ist dabei - wie bereits ausgeführt - von einer falschen Rechtsansicht ausgegangen. Durch diese im Eilverfahren abgegebene Erklärung hat sie aber nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie sich auf ihre Auffassung endgültig festgelegt habe. Es kann weder aus dieser Erklärung noch aus der sonstigen Vorgehensweise der Deutschen Telekom AG, insbesondere in der vorzeitigen Aushändigung der Ernennungsurkunden entgegen vorhergehender Zusicherung in dem Verfahren 10 L 535/11 (Schriftsatz vom 20. Oktober 2011, S. 13) geschlossen werden, dass sie das Rechtschutzbegehren des Klägers auf jeden Fall abgelehnt hätte, wenn dieser Widerspruch gegen die Ernennungen der Konkurrenten erhoben hätte und diesen unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung damit begründet hätte, dass ein Freihalten einer Planstelle für eine spezielle Person nicht zulässig sei. Der anwaltlich vertretene Kläger hat sowohl im Verfahren 10 L 636/11 (Schriftsatz vom 30. November 2011, S. 2) als auch in der Klageschrift ausgeführt, dass das Freihalten einer Planstelle unzulässig sei. Dafür, dass die Deutsche Telekom AG von vornherein nicht gewillt war, sich mit dieser durch Gerichtsentscheidungen untermauerten Argumentation auseinanderzusetzen, liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor. 50c) Der am 30. Januar 2015 gegen die Ernennung des namentlich benannten Konkurrenten eingelegte Widerspruch ist verspätet erhoben, weil der Kläger sein Widerspruchsrecht jedenfalls zu diesem Zeitpunkt verwirkt hatte. 51aa) Allerdings ist dem Kläger gegenüber weder in unmittelbarer noch in analoger Anwendung der §§ 57, 58 und 70 VwGO eine Frist für die Einlegung des Widerspruchs gegen die Ernennung des namentlich benannten Konkurrenten in Lauf gesetzt worden, weil diese Ernennung dem Kläger nicht im Sinne von § 57 Abs. 1, § 58 Abs. 2 und § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO bekanntgegeben worden ist. 52Vgl. zu entsprechenden Fällen BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1974 - IV C 2.72 - juris Rn. 20 ff. 53Das Widerspruchsrecht unterliegt jedoch - ebenso wie andere Verfahrensrechte - der Verwirkung. Die Verwirkung hat als Ausfluss des Grundsatzes von Treu und Glauben für die gesamte Rechtsordnung Gültigkeit. Eine Verwirkung des Widerspruchsrechts ist dann anzunehmen, wenn die spätere Einlegung des Widerspruchs gegen Treu und Glauben und gegen das öffentliche Interesse am Rechtsfrieden verstößt, insbesondere weil der Widerspruchsführer, obwohl er von dem maßgeblichen Sachverhalt bereits längere Zeit Kenntnis hatte oder hätte haben müssen, erst zu einem Zeitpunkt Widerspruch einlegt, in dem der Widerspruchsgegner oder ein betroffener Dritter schon darauf vertrauen durfte, dass kein Widerspruch mehr eingelegt wird. 54Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2014 - 2 B 75.13 -, juris Rn. 15 und Beschluss vom 4. Juni 1991 - 6 ER 400.91-, juris Rn. 8 m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. März 2006 - 12 A 11.05 -, juris Rn. 22; Brenner, in: Sodan/Ziekow, 4. Auflage 2014, § 74 Rn. 63. 55Dabei hängt die Dauer des Zeitraums der Untätigkeit des Berechtigten, nach dessen Ablauf im Hinblick auf die Gebote von Treu und Glauben von einer Verwirkung des Rechts die Rede sein kann, entscheidend von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. In Fällen, in denen - wie hier - dem Dritten gegenüber ein Verwaltungsakt nicht bekanntgegeben worden ist, bietet grundsätzlich die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO einen Anhaltspunkt dafür, ob Verwirkung eingetreten ist. 56Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1974 - IV C 2.72 -, juris Rn. 25; OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2012 - 1 A 1339/10 -, juris Rn. 45; Geis, in: Sodan/Ziekow, 4. Auflage 2014, § 70 Rn. 31. 57Danach hat der Kläger sein Widerspruchsrecht verwirkt. Die Deutsche Telekom AG hat in ihrem Schriftsatz vom 15. Dezember 2011 zum Verfahren 10 L 636/11 mitgeteilt, dass die Konkurrenten des Klägers mittlerweile ernannt worden seien. Die entsprechend § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO als Anhaltspunkt für eine Verwirkung des Widerspruchsrechts heranzuziehende Jahresfrist endete damit im Dezember 2012. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Widersprucherhebung Ende Januar 2015, also über drei Jahre nach Kenntnis von der Ernennung der Konkurrenten, ist eine Verwirkung des Widerspruchsrechts des Klägers eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt durften sowohl die Deutsche Telekom AG als auch der namentlich benannte Konkurrent auf den Bestand seiner Ernennung vertrauen. Zu einem so späten Zeitpunkt musste niemand mehr damit rechnen, dass der Kläger Widerspruch erhebt. Dies gilt umso mehr, als zum Zeitpunkt der Mitteilung über die Vollziehung der Ernennungen von Konkurrenten an den Kläger die Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Drittanfechtung von Ernennungen bei vereiteltem Rechtsschutz 58- vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, juris -, 59bereits seit etwa einem Jahr vorlag und der anwaltlich vertretene Kläger daher von seiner Obliegenheit, die Bestandskraft der Ernennung durch Einlegung eines Widerspruchs zu verhindern, hätte Kenntnis haben müssen. 60Vgl. zu einem ähnlichen Fall VG Köln, Urteil vom 27. Oktober 2014 - 15 K 3361/13 -, juris Rn. 43 ff. 61bb) Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass der Kläger im Jahr 2011 lediglich davon Kenntnis erlangt hat, dass andere Bewerber ernannt werden sollten, und nicht um welche Bewerber es sich konkret handelt. Die Widerspruchserhebung soll verhindern, dass die Ernennungen der Konkurrenten bestandkräftig werden und sicherstellen, dass eine eigene Ernennung möglich bleibt. Gegen welche konkreten Ernennungen der Kläger sich wenden will, hätte er im späteren Verlauf des Widerspruchsverfahrens - möglicherweise nach erfolgter Akteneinsicht - durch eine Konkretisierung seines Widerspruchs noch klarstellen können und ggf. auch müssen. Der Kläger hat auch im November 2011 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Verwaltungsgericht gestellt und im Mai 2012 - jedenfalls der Sache nach - Klage gegen die Ernennung seiner Konkurrenten erhoben, ohne dass ihm zu diesen Zeitpunkten bekannt war, um wen es sich konkret handelt. 62cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass der Kläger bereits am 24. November 2011 "Widerspruch" gegen den "Ablehnungsbescheid vom 8.11.2011" erhoben hat. Dabei kann offen bleiben, ob die Auswahlentscheidung als solche überhaupt einen anfechtbaren Verwaltungsakt darstellt. 63Verneinend OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15. September 2014- 1 M 76/14 -, juris Rn. 11. 64Mit diesem "Widerspruch", der noch vor der Ernennung der Konkurrenten erhoben worden ist, hat der Kläger nicht zum Ausdruck gebracht, dass er die Aufhebung der Ernennung der ausgewählten Konkurrenten mit Wirkung für die Zukunft erstrebt. Mit der Mitteilung der Auswahlentscheidung ist das Auswahlverfahren noch nicht abgeschlossen. Dieses endet vielmehr erst mit der Ernennung. 65Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, juris Rn. 19 und 26. 66Solange das Auswahlverfahren noch nicht abgeschlossen ist, ist der Rechtsschutz darauf gerichtet, dem Dienstherren die Ernennung des ausgewählten Bewerbers zu untersagen. Erst wenn der Dienstherr den Konkurrenten ernennt, ergibt sich eine neue Sach- und Rechtslage und ist der Rechtsschutz auf die Anfechtung der Ernennung des Konkurrenten gerichtet. 67Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, juris Rn. 31 und 37 ff. 68Erst ab diesem Zeitpunkt kann gemäß §§ 126 Abs. 2 Satz 1 BBG, 70 Abs. 1 VwGO ("nachdem") Widerspruch gegen die Ernennung von Konkurrenten eingelegt werden. 693. Unabhängig hiervon ist die Klage aber auch deshalb unzulässig, weil die Klage ebenfalls zu spät erhoben wurde. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 24. Mai 2012, also rund fünf Monate nach Kenntniserlangung von der Ernennung der Konkurrenten, hatte der Kläger sein Klagerecht schon verwirkt. Wie oben bereits ausgeführt, hängt die Dauer des Zeitraums der Untätigkeit des Berechtigten, nach dessen Ablauf im Hinblick auf die Gebote von Treu und Glauben von einer Verwirkung des Rechts die Rede sein kann, entscheidend von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Ein Mindestzeitraum für die Verwirkung eines Rechts muss sich allerdings erkennbar von den jeweils in Betracht kommenden regelmäßigen Rechtsbehelfsfristen abheben. 70Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991 - 4 C 4.89 -, juris Rn. 22 , für die Verwirkung eines materiellen Rechts. 71Andererseits kann Verwirkung aber auch schon vor Ablauf der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO eintreten. Dies gilt insbesondere für die Verwirkung des verfahrensrechtlichen Widerspruchsrechts, welches nicht an die Fristen der §§ 70 Abs. 1 und 58 Abs. 2 VwGO gebunden ist. 72Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1974 - IV C. 2.72 -, juris Rn. 28. 73Im Verhältnis zwischen Dienstherrn und Beamten ist bei der Bemessung des Zeitraums, nach dessen Ablauf ein Recht verwirkt ist, maßgeblich die das Beamtenverhältnis prägende gegenseitige Treuepflicht (§ 4 BBG) zu berücksichtigen. Diese beinhaltet u.a. eine Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme und damit eine Verpflichtung zur angemessenen Berücksichtigung der Interessen der „Gegenseite“, in Fällen der vorliegenden Art das Interesse des Dienstherrn an einer stabilen Verwaltung. Darüber hinaus ist in Fallkonstellationen, in denen - wie hier - Dritte von der Anfechtung des Verwaltungsakts betroffen sind, das auf Grund des Zeitablaufs eingetretene Bestandsvertrauen der betroffenen Dritten von besonderer Bedeutung. 74Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2012 - 1 A 1339/10 -, juris Rn. 45; VG Köln, Urteil vom 27. Oktober 2014 - 15 K 3361/13 -, juris Rn. 45; Geis, in: Sodan/Ziekow, 4. Auflage 2014, § 70 Rn. 31. 75Danach war die Klagefrist im vorliegenden Fall bereits bei Klageerhebung am 24. Mai 2012 verwirkt. Der Kläger hatte bei seiner Entscheidung, ob er gegen die ihm nicht ordnungsgemäß bekannt gegebenen Ernennungen seiner Konkurrenten durch Einlegung eines Widerspruchs oder Erhebung einer Klage vorgeht, das Interesse der Deutschen Telekom AG an einer stabilen Verwaltung sowie das Vertrauen der beförderten Konkurrenten auf den Bestand ihrer Ernennungen zu berücksichtigen. Ihm war spätestens seit Ende Dezember 2011 bekannt, dass die ihm vorgezogenen Konkurrenten ihre Ernennungsurkunden bereits erhalten hatten. Daraufhin hat der Kläger das der Sache nach auf Untersagung der Aushändigung der Ernennungsurkunden gerichtete Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (10 L 636/11) bereits mit Schriftsatz vom 24. Dezember 2011 für erledigt erklärt. Gründe, die dafür sprechen, mit der Erhebung einer (zunächst hilfsweisen) Klage gegen die Ernennung von Konkurrenten noch weitere fünf Monate abzuwarten, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Angesicht dessen hat der Kläger vor Erhebung seiner Klage einen unangemessen langen Zeitraum verstreichen lassen, so dass zum Zeitpunkt der Erhebung seiner Klage weder die Deutsche Telekom AG noch die ihm vorgezogenen Konkurrenten mehr mit einer Klage rechnen mussten. 76III. Von einer - vom Kläger ursprünglich beantragten - Beiladung des namentlich benannten Konkurrenten hat das Gericht im Interesse des Klägers zur Minimierung seines Kostenrisikos abgesehen. Ein Fall der notwendigen Beiladung (§ 65 Abs. 2 VwGO) liegt nicht vor. Nach dieser Norm sind Dritte notwendig zum Verfahren beizuladen, wenn die Entscheidung auch Ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Nach Sinn und Zweck des § 65 Abs. 2 VwGO kommt eine notwendige Beiladung immer nur dann in Betracht, wenn der klägerische Antrag und damit das Klageziel den Dritten in negativer Weise betrifft. Kann sich dagegen ein Obsiegen des Klägers allenfalls zugunsten des Dritten auswirken, liegt ein Fall der notwendigen Beiladung nicht vor. Nur wenn das Ergebnis des Rechtsstreits für einen Dritten möglicherweise belastend sein kann, weil es seine Rechtsstellung in irgendeiner Weise beeinträchtigt, besteht vor dem Hintergrund der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG die Notwendigkeit, den Dritten zwingend am Verfahren zu beteiligen. 77Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. September 1995 - 3 C 11.94 -, juris Rn. 3. 78Ist eine Klage - wie hier - unzulässig, ist ausgeschlossen, dass die Rechtsstellung eines Dritten berührt wird 79- vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. September 1988 - BVerwG 7 B 150.88 -, juris Rn. 10 f. und Urteil vom 2. September 1983 - 7 C 97.81 -, juris Rn. 14 -, 80so dass hier von einer Beiladung abgesehen werden konnte. Dadurch wird der Kläger nicht in seinen Rechten beeinträchtigt. Sollte das Oberverwaltungsgericht die Berufung zulassen, hat es erneut über eine Beiladung des namentlich benannten Konkurrenten zu entscheiden. 81Vgl. Czybulka, in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 65 Rn. 167. 82Im Übrigen hat der Kläger seinen Antrag auf Beiladung in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. 83IV. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2der kläger steht als beamter im dienst der deutschen telekom ag. derzeit hat er das statusamt eines technischen fernmeldeoberamtsrats (besoldungsgruppe a 13 vz bbeso) inne; die ernennung in dieses amt erfolgte mit wirkung vom 1. juli 2009. 3mit wirkung vom 1. januar 1998 bis zum 31. dezember 2002 wurde der kläger unter wegfall der bezüge für eine tätigkeit bei der deutschen telekom computerservicemanagement gmbh (detecsm), einer 100%-igen tochtergesellschaft der deutschen telekom ag, beurlaubt. anschließend erfolgten weitere beurlaubungen unter wegfall der bezüge für tätigkeiten bei tochtergesellschaften der deutschen telekom ag. 4im jahr 2011 beantragte der kläger schriftlich bei der deutschen telekom ag, ihn in das laufende beförderungsverfahren für beurlaubte und insichbeurlaubte beamte der deutschen telekom ag von besoldungsgruppe a 13 vz nach besoldungsgruppe a 13 vz+z t einzubeziehen. unter dem 8. november 2011 teilte die deutschen telekom ag dem kläger mit, dass er nicht für eine beförderung berücksichtigt worden sei. 5mit bei der deutschen telekom ag am 24. november 2011 eingegangenem schreiben legte der kläger "widerspruch" gegen den "ablehnungsbescheid vom 8. november 2011" ein. 6der kläger beantragte am 23. november 2011, der deutschen telekom ag im wege einstweiliger anordnung zu untersagen, beförderungsplanstellen der besoldungsgruppe a 13 vz+z t aus dem planstellenhaushalt der deutschen telekom ag bis zur rechtskräftigen entscheidung über seinen widerspruch und seine klage gegen seine nichtberücksichtigung bei dem bewerbungsverfahren zu übertragen (vg minden 10 l 636/11). mit schriftsatz vom 24. november 2011 teilte die deutsche telekom ag mit, dass sie bis zur entscheidung in der hauptsache eine planstelle der besoldungsgruppe a 13 vz+z t für den kläger reserviert habe. mit weiterem schriftsatz vom 15. dezember 2011 gab die deutsche telekom ag an, dass am 23. november 2011 die ernennungsurkunden an die konkurrenten des klägers versandt worden seien. die beteiligten haben daraufhin das verfahren 10 l 636/11 übereinstimmend in der hauptsache für erledigt erklärt. 7der kläger hat am 24. mai 2012 klage erhoben, zu deren begründung er im wesentlichen vorträgt: die auswahlentscheidung der deutschen telekom ag sei rechtswidrig. durch die aushändigung der ernennungsurkunden an die konkurrenten habe die deutsche telekom ag den bewerbungsverfahrensanspruch des klägers aus art. 33 abs. 2 gg verletzt. daher stehe der grundsatz der ämterstabilität seiner klage nicht entgegen. er habe einen anspruch auf aufhebung der ernennung des von ihm namentlich benannten konkurrenten und auf neubescheidung seines bewerbungsgesuchs. die klage sei auch nicht unzulässig. die einlegung eines widerspruchs gegen die ernennung der konkurrenten sei entbehrlich gewesen, weil die durchführung eines widerspruchsverfahrens von vornherein aussichtslos gewesen sei. die deutsche telekom ag habe damals die auffassung vertreten, dass der grundsatz der ämterstabilität in fällen, in denen - wie hier - für den kläger eine planstelle reserviert worden sei, nicht durchbrochen sei. danach sei eine aufhebung der ernennungen der konkurrenten nicht in betracht gekommen. darüber hinaus sei ein widerspruch aber auch jetzt noch möglich: die frist des § 58 abs. 2 vwgo beginne nur zu laufen, wenn die konkrete entscheidung zugestellt, eröffnet oder verkündet worden sei (§ 58 abs. 2 satz 1 vwgo). er, der kläger habe erstmals durch die von der deutschen telekom ag im november 2014 vorgelegte akte einsicht in die liste der beförderten konkurrenten nehmen können. erst zu diesem zeitpunkt habe er kenntnis davon erlangt, wer ernannt worden sei. eine rechtsbehelfsfrist habe daher nicht vor diesem zeitpunkt zu laufen begonnen. 8der kläger hat mit schreiben an die deutsche telekom ag vom 30. januar 2015 widerspruch gegen die ernennung eines namentlich benannten beamten, herrn d. h2. , eingelegt. 9der kläger beantragt, 10die ernennung des konkurrenten d. h2. sowie seine einweisung in die zugehörige planstelle der besoldungsgruppe a 13 vz+z t mit wirkung ab rechtskraft des urteils aufzuheben und die beklagte zu verpflichten, über seine bewerbung auf eine planstelle der besoldungsgruppe a 13 vz+z t aus dem planstellenhaushalt der deutschen telekom ag 2011 unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu entscheiden. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13sie ist insbesondere der auffassung, die klage sei bereits unzulässig. der kläger habe das erforderliche vorverfahren gegen die ernennung des von ihm benannten konkurrenten nicht durchgeführt. außerdem habe der kläger keinen anspruch auf aufhebung der ernennung dieses konkurrenten. ein fall, bei dem der grundsatz der ämterstabilität wegen einer vereitelung des rechtsschutzes durchbrochen sei, sei vorliegend nicht gegeben, weil die deutsche telekom ag dem kläger vor aushändigung der ernennungsurkunden an die konkurrenten zugesichert habe, speziell für ihn eine planstelle freizuhalten. 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakten der verfahren 10 k 1856/12, 10 l 535/11 und 10 l 636/11 sowie die beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten (9 hefte) bezug genommen. 15 | 16i. zum streitgegenstand ist vorab zu bemerken: der kläger hatte zunächst mit klageschrift vom 24. mai 2012 angekündigt zu beantragen, 1. den kläger mit wirkung zum 1. september 2011 in die freigehaltene planstelle a 13 vz +z t aus dem planstellenhaushalt 2011 der deutschen telekom ag einzuweisen und die besoldungsdifferenz nachzuzahlen, 2. hilfsweise die einweisung eines konkurrenten, welcher nach erfolgter akteneinsicht noch näher benannt werde, in die planstelle a 13 vz+z t mit wirkung für die zukunft aufzuheben, über das bewerbungsgesuch des klägers unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu entscheiden und die besoldungsdifferenz seit dem 1. september 2011 nachzuzahlen. erst mit schriftsatz vom 13. februar 2015 hat er seinem antrag die aus dem tatbestand ersichtliche form gegeben. in dieser umformulierung des klageantrags, insbesondere der damit verbundenen beschränkung der klage auf einen namentlich benannten konkurrenten, liegt eine klarstellung des von anfang an gewollten klagebegehrens und keine (teilweise) klagerücknahme. der antrag dient zunächst der verdeutlichung des klagebegehrens; er wird in der klageschrift lediglich angekündigt und erst in der mündlichen verhandlung gestellt (vgl. § 103 abs. 3 vwgo). 17vgl. bverwg, urteil vom 23. mai 2013 - 9 b 46.12 -, juris rn. 5. 18ii. die klage bleibt ohne erfolg. sie ist bereits unzulässig, weil der kläger weder den erforderlichen widerspruch gegen die ernennung des von ihm benannten konkurrenten noch die klage rechtzeitig erhoben hat. 191. die klage ist als kombinierte anfechtungs- und verpflichtungsklage statthaft. die ernennung eines nach maßgabe des art. 33 abs. 2 gg ausgewählten bewerbers für ein amt stellt einen verwaltungsakt dar, der darauf gerichtet ist, unmittelbare rechtswirkungen für die durch art. 33 abs. 2 gg gewährleisteten bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen bewerber zu entfalten (verwaltungsakt mit drittwirkung). 20vgl. bverwg, urteil vom 4. november 2010 - 2 c 16.09 -, juris leitsatz 1 und rn. 17. 21in fällen, in denen der dienstherr den nach art. 19 abs. 4 satz 1 gg, art. 33 abs. 2 gg gebotenen rechtsschutz vereitelt, kann dem unterlegenen bewerber nach der ernennung der ausgewählten bewerber gerichtlicher rechtsschutz nur im wege der anfechtungsklage gegen die ernennung der ausgewählten bewerber gewährt werden. 22vgl. bverwg, urteil vom 4. november 2010 - 2 c 16.09 -, juris rn. 37 ff.; ovg nrw, urteil vom 4. juli 2012 - 1 a 1339/10 -, juris rn. 33. 23zusätzlich ist ein auf die erneute bescheidung der bewerbung des unterlegenen bewerbers gerichteter verpflichtungsantrag erforderlich. 24vgl. bverwg, urteil vom 4. november 2010 - 2 c 16.09 -, juris rn. 10, 16 und 58; schnellenbach, beamtenrecht in der praxis, 8. auflage § 3 rn. 78. 25vorliegend hat die deutsche telekom ag den rechtsschutz des klägers vereitelt, weil sie die ernennungsurkunden an die konkurrenten des klägers ihren eigenen angaben zufolge bereits am 23. november 2011 abgesandt hat, obwohl zu diesem zeitpunkt die in fällen der vorliegenden art übliche wartezeit von zwei wochen für die geltendmachung von rechtsschutz, die mit dem zugang der mitteilung über die ablehnung der bewerbung zu laufen beginnt 26- vgl. bverwg, urteil vom 4. november 2010 - 2 c 16.09 -, juris rn. 34 -, 27noch nicht abgelaufen war. zwar geht aus dem verwaltungsvorgang der beklagten nicht hervor, wann die beklagte die konkurrentenmitteilung vom 8. november 2011 abgesandt hat. wird zugunsten der beklagten unterstellt, dies sei bereits am 8. november 2011 erfolgt, gälte die nach aktenlage dem prozessbevollmächtigten des klägers per einfacher post übersandte mitteilung diesem gemäß § 41 abs. 2 satz 1 vwvfg am dritten tag nach der aufgabe zur post, also am 11. november 2011, als bekannt gegeben. die zwei-wochen-frist hätte also selbst im günstigsten fall (erst) mit ablauf des 25. november 2011 geendet. der kläger hat allerdings mit schreiben vom 23. november 2011, bei der beklagten eingegangen am 24. november 2011 "widerspruch" gegen den "bescheid vom 8.11.2011", mit dem die deutsche telekom ag dem kläger mitgeteilt hatte, dass der kläger nicht befördert werde, eingelegt und der beklagten mitgeteilt, dass er beim verwaltungsgericht einen antrag auf erlass einer einstweiligen anordnung gestellt habe. am 23. november 2011 ist auch ein gegen die beklagte gerichteter antrag des klägers auf erlass einer einstweiligen anordnung beim verwaltungsgericht minden eingegangen. 28an der feststellung, dass die deutsche telekom ag den rechtsschutz des klägers vereitelt hat, ändert auch nichts, dass sie zuvor mitgeteilt hatte, speziell für den kläger eine planstelle reserviert zu haben. die erklärung, eine gesonderte planstelle speziell für den unterlegenen bewerber freizuhalten, kann nicht wirksam abgegeben werden. 29vgl. bay. vgh, beschluss vom 7. februar 2014 - 3 ce 13.2374 -, juris rn. 17. 30es unterliegt nämlich grundsätzlich nicht der dispositionsbefugnis des dienstherrn, für einen um rechtsschutz nachsuchenden bewerber eine andere als die zu besetzende planstelle quasi als "reserve" freizuhalten und später mit dem im auswahlverfahren zunächst unterlegenen bewerber zu besetzen, wenn sich im gerichtsverfahren die fehlerhaftigkeit der auswahlentscheidung herausstellen sollte. denn auch die freigehaltene planstelle darf erst nach einem auf sie bezogenen vergabeverfahren besetzt werden. 31vgl. bverwg, urteil vom 21. august 2003 - 2 c 14.02 -, juris rn. 21. 322. der kläger hat den erforderlichen widerspruch gegen die ernennung des von ihm benannten konkurrenten nicht rechtzeitig erhoben. 33a) ein vorverfahren gegen die ernennung des vom kläger benannten konkurrenten ist erforderlich. dies ergibt sich aus § 126 abs. 2 satz 1 bbg, wonach vor allen klagen von beamten ein vorverfahren nach den vorschriften des 8. abschnitts der verwaltungsgerichtsordnung durchzuführen ist. dies gilt auch dann, wenn die maßnahme von der obersten dienstbehörde getroffen worden ist (§ 126 abs. 1 satz 2 bbg). 34b) das danach erforderliche vorverfahren war hier auch nicht ausnahmsweise entbehrlich. 35aa) die entbehrlichkeit des vorverfahrens ergibt sich nicht aus § 75 vwgo. diese norm gewährleistet zeitnahen gerichtlichen rechtsschutz (art. 19 abs.4 gg), falls die behörde über einen widerspruch oder einen antrag auf erlass eines verwaltungsaktes ohne zureichenden grund in angemessener frist nicht entschieden hat. 36vgl. etwa saurenhaus, in: wysk, vwgo, § 75, rn. 1. 37§ 75 vwgo ermöglicht dem kläger nach ablauf einer bestimmten, angemessenen frist auch ohne vorliegen des an sich erforderlichen widerspruchsbescheids klage erheben zu können. die norm dient dem schutz eines klägers, der seinerseits alles erforderliche getan hat, um die sachurteilsvoraussetzungen einer anfechtungs- bzw. verpflichtungsklage zu erfüllen. 38vgl. brenner, in: sodan/ziekow, vwgo, 4. auflage 2014, § 75, rn. 2 f.; kopp/schenke, vwgo, 21. auflage 2015, § 68 rn. 32. 39den widerspruch gegen die ernennung des namentlich benannten konkurrenten hat der kläger allerdings erst mit schreiben vom 30. januar 2015, also deutlich nach erhebung der klage am 24. mai 2012 und somit – wie unter c) noch im einzelnen zu zeigen sein wird – verspätet erhoben; er hat also gerade nicht alles seinerseits erforderliche getan, um die sachurteilsvoraussetzungen der anfechtungsklage zu erfüllen, und kann sich daher auch nicht mit erfolg auf § 75 vwgo berufen. 40bb) die durchführung eines widerspruchsverfahrens ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil sich die beklagte im klageverfahren zur sache eingelassen hat, ohne die tatsächliche einlegung eines widerspruchs zu rügen. 41vgl. bverwg, urteile vom 27. februar 1963 - v c 105.61 -, juris rn. 28 und vom 2. september 1983 - 7 c 97.81 -, juris rn. 8; kopp/schenke, vwgo, 21. auflage 2015, § 68 rn. 28 und vorb § 68 rn. 11. 42gegen die in der klageschrift noch mit dem hilfsantrag - jedenfalls der sache nach - geltend gemachte aufhebung der ernennungen der konkurrenten des klägers hat die deutsche telekom ag in ihrer klageerwiderung vom 9. juli 2012 (s. 8 f.) sowie in ihrem weiteren schriftsatz vom 7. dezember 2012 (s. 2) eingewandt, dass eine durchbrechung des grundsatzes der ämterstabilität im vorliegenden fall nicht zulässig sei, weil kein fall der rechtsschutzvereitelung vorliege. damit hat sie der sache nach geltend gemacht, dass die anfechtung der ernennungen der konkurrenten des klägers nicht statthaft ist. bei einer solchen sachlage kann von einer rügelosen einlassung zur hauptsache keine rede sein. nachdem das gericht mit verfügung vom 11. november 2014 darauf hingewiesen hatte, dass ein fall der rechtschutzvereitelung in betracht komme und der grundsatz der ämterstabilität der klage somit nicht entgegen stehen dürfte, hat die deutsche telekom ag sich umgehend mit schriftsatz vom 26. november 2014 (s. 2) u.a. auch darauf berufen, dass der kläger gegen die ernennung seiner konkurrenten keinen widerspruch erhoben habe. 43cc) die durchführung eines widerspruchsverfahrens war hier auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil ein solches verfahren von vornherein aussichtlos gewesen wäre. dies ist grundsätzlich dann der fall, wenn die ziele, denen die durchführung eines widerspruchsverfahrens dient, namentlich die selbstkontrolle der verwaltung, die gewährleistung individuellen rechtsschutzes und die entlastung der verwaltungsgerichte, nicht (mehr) erreicht werden können oder schon auf andere weise erreicht worden sind. dabei ist auf einen objektivierten beurteilungsmaßstab abzustellen. 44vgl. bverwg, urteil vom 15. september 2010 - 8 c 21.09 -, juris rn. 24 ff. 45das widerspruchsverfahren kann seinen zweck auch dann nicht mehr erreichen, wenn feststeht, dass der widerspruch unabhängig von der begründung keinen erfolg haben würde. dabei kommt es vor allem auf den inhalt der vorgerichtlichen erklärungen der beklagten an. ergibt deren gesamtwürdigung, dass sich die beklagte endgültig darauf festgelegt hat, das rechtschutzbegehren abzulehnen, ist ein widerspruchsverfahren sinnlos. eine derartige festlegung setzt voraus, dass die beklagte zu erkennen gegeben hat, sie habe sich ihre auffassung gebildet und gedenke daran auf jeden fall festzuhalten. 46vgl. bverwg, urteil vom 30. oktober 2013 - 2 c 23.12 -, juris rn. 35 ff. 47dies ist hier nicht der fall. als vorgerichtliche erklärungen kommen hier - soweit aus den gerichtsakten und verwaltungsvorgängen ersichtlich - lediglich die ausführungen der deutschen telekom ag in den eilverfahren 10 l 535/11 und 10 l 636/11 in betracht. stellungnahmen der behörde in einem verfahren nach § 123 vwgo können allerdings grundsätzlich die durchführung des widerspruchsverfahrens nicht entbehrlich machen. andernfalls wäre ein widerspruch stets entbehrlich, wenn der klage ein verfahren nach § 123 vwgo vorausging, in dem die behörde an ihrem standpunkt festhält. dem steht bereits entgegen, dass der behörde im anordnungsverfahren in der regel wegen seines eilcharakters eine umfassende nachprüfung des falls nicht möglich sein wird. eine solche auffassung wäre daher mit der zwingenden vorschrift des § 68 abs. 1 satz 1 vwgo und ihrem sinn und zweck nicht vereinbar. 48vgl. bay vgh, beschluss vom 9. februar 1983 - nr. 7 b 80 a.2328 -, bayvbl. 1983, 309 f. 49aber auch unabhängig hiervon, ergeben die vorgerichtlichen erklärungen der deutschen telekom ag nicht, dass sie sich endgültig darauf festgelegt hat, das rechtsschutzbegehren des klägers abzulehnen. im eilverfahren 10 l 636/11 hatte die deutsche telekom ag ausgeführt, dass sie speziell für den kläger eine planstelle reserviert habe; damit sei dem anliegen des antragstellers rechnung getragen. sie hat dadurch lediglich zum ausdruck gebracht, dass sie davon ausgeht, durch die abgegebene freihalteerklärung den rechtsschutz des klägers nicht zu vereiteln. die deutsche telekom ag ist dabei - wie bereits ausgeführt - von einer falschen rechtsansicht ausgegangen. durch diese im eilverfahren abgegebene erklärung hat sie aber nicht zum ausdruck gebracht, dass sie sich auf ihre auffassung endgültig festgelegt habe. es kann weder aus dieser erklärung noch aus der sonstigen vorgehensweise der deutschen telekom ag, insbesondere in der vorzeitigen aushändigung der ernennungsurkunden entgegen vorhergehender zusicherung in dem verfahren 10 l 535/11 (schriftsatz vom 20. oktober 2011, s. 13) geschlossen werden, dass sie das rechtschutzbegehren des klägers auf jeden fall abgelehnt hätte, wenn dieser widerspruch gegen die ernennungen der konkurrenten erhoben hätte und diesen unter hinweis auf einschlägige rechtsprechung damit begründet hätte, dass ein freihalten einer planstelle für eine spezielle person nicht zulässig sei. der anwaltlich vertretene kläger hat sowohl im verfahren 10 l 636/11 (schriftsatz vom 30. november 2011, s. 2) als auch in der klageschrift ausgeführt, dass das freihalten einer planstelle unzulässig sei. dafür, dass die deutsche telekom ag von vornherein nicht gewillt war, sich mit dieser durch gerichtsentscheidungen untermauerten argumentation auseinanderzusetzen, liegen keine hinreichenden anhaltspunkte vor. 50c) der am 30. januar 2015 gegen die ernennung des namentlich benannten konkurrenten eingelegte widerspruch ist verspätet erhoben, weil der kläger sein widerspruchsrecht jedenfalls zu diesem zeitpunkt verwirkt hatte. 51aa) allerdings ist dem kläger gegenüber weder in unmittelbarer noch in analoger anwendung der §§ 57, 58 und 70 vwgo eine frist für die einlegung des widerspruchs gegen die ernennung des namentlich benannten konkurrenten in lauf gesetzt worden, weil diese ernennung dem kläger nicht im sinne von § 57 abs. 1, § 58 abs. 2 und § 70 abs. 1 satz 1 vwgo bekanntgegeben worden ist. 52vgl. zu entsprechenden fällen bverwg, urteil vom 25. januar 1974 - iv c 2.72 - juris rn. 20 ff. 53das widerspruchsrecht unterliegt jedoch - ebenso wie andere verfahrensrechte - der verwirkung. die verwirkung hat als ausfluss des grundsatzes von treu und glauben für die gesamte rechtsordnung gültigkeit. eine verwirkung des widerspruchsrechts ist dann anzunehmen, wenn die spätere einlegung des widerspruchs gegen treu und glauben und gegen das öffentliche interesse am rechtsfrieden verstößt, insbesondere weil der widerspruchsführer, obwohl er von dem maßgeblichen sachverhalt bereits längere zeit kenntnis hatte oder hätte haben müssen, erst zu einem zeitpunkt widerspruch einlegt, in dem der widerspruchsgegner oder ein betroffener dritter schon darauf vertrauen durfte, dass kein widerspruch mehr eingelegt wird. 54vgl. bverwg, beschluss vom 6. juni 2014 - 2 b 75.13 -, juris rn. 15 und beschluss vom 4. juni 1991 - 6 er 400.91-, juris rn. 8 m.w.n.; ovg berlin-brandenburg, urteil vom 20. märz 2006 - 12 a 11.05 -, juris rn. 22; brenner, in: sodan/ziekow, 4. auflage 2014, § 74 rn. 63. 55dabei hängt die dauer des zeitraums der untätigkeit des berechtigten, nach dessen ablauf im hinblick auf die gebote von treu und glauben von einer verwirkung des rechts die rede sein kann, entscheidend von den jeweiligen umständen des einzelfalles ab. in fällen, in denen - wie hier - dem dritten gegenüber ein verwaltungsakt nicht bekanntgegeben worden ist, bietet grundsätzlich die jahresfrist des § 58 abs. 2 satz 1 vwgo einen anhaltspunkt dafür, ob verwirkung eingetreten ist. 56vgl. bverwg, urteil vom 25. januar 1974 - iv c 2.72 -, juris rn. 25; ovg nrw, urteil vom 4. juli 2012 - 1 a 1339/10 -, juris rn. 45; geis, in: sodan/ziekow, 4. auflage 2014, § 70 rn. 31. 57danach hat der kläger sein widerspruchsrecht verwirkt. die deutsche telekom ag hat in ihrem schriftsatz vom 15. dezember 2011 zum verfahren 10 l 636/11 mitgeteilt, dass die konkurrenten des klägers mittlerweile ernannt worden seien. die entsprechend § 58 abs. 2 satz 1 vwgo als anhaltspunkt für eine verwirkung des widerspruchsrechts heranzuziehende jahresfrist endete damit im dezember 2012. jedenfalls zum zeitpunkt der widersprucherhebung ende januar 2015, also über drei jahre nach kenntnis von der ernennung der konkurrenten, ist eine verwirkung des widerspruchsrechts des klägers eingetreten. zu diesem zeitpunkt durften sowohl die deutsche telekom ag als auch der namentlich benannte konkurrent auf den bestand seiner ernennung vertrauen. zu einem so späten zeitpunkt musste niemand mehr damit rechnen, dass der kläger widerspruch erhebt. dies gilt umso mehr, als zum zeitpunkt der mitteilung über die vollziehung der ernennungen von konkurrenten an den kläger die grundsatzentscheidung des bundesverwaltungsgerichts zur drittanfechtung von ernennungen bei vereiteltem rechtsschutz 58- vgl. bverwg, urteil vom 4. november 2010 - 2 c 16.09 -, juris -, 59bereits seit etwa einem jahr vorlag und der anwaltlich vertretene kläger daher von seiner obliegenheit, die bestandskraft der ernennung durch einlegung eines widerspruchs zu verhindern, hätte kenntnis haben müssen. 60vgl. zu einem ähnlichen fall vg köln, urteil vom 27. oktober 2014 - 15 k 3361/13 -, juris rn. 43 ff. 61bb) diesem ergebnis steht nicht entgegen, dass der kläger im jahr 2011 lediglich davon kenntnis erlangt hat, dass andere bewerber ernannt werden sollten, und nicht um welche bewerber es sich konkret handelt. die widerspruchserhebung soll verhindern, dass die ernennungen der konkurrenten bestandkräftig werden und sicherstellen, dass eine eigene ernennung möglich bleibt. gegen welche konkreten ernennungen der kläger sich wenden will, hätte er im späteren verlauf des widerspruchsverfahrens - möglicherweise nach erfolgter akteneinsicht - durch eine konkretisierung seines widerspruchs noch klarstellen können und ggf. auch müssen. der kläger hat auch im november 2011 einen antrag auf erlass einer einstweiligen anordnung beim verwaltungsgericht gestellt und im mai 2012 - jedenfalls der sache nach - klage gegen die ernennung seiner konkurrenten erhoben, ohne dass ihm zu diesen zeitpunkten bekannt war, um wen es sich konkret handelt. 62cc) etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der tatsache, dass der kläger bereits am 24. november 2011 "widerspruch" gegen den "ablehnungsbescheid vom 8.11.2011" erhoben hat. dabei kann offen bleiben, ob die auswahlentscheidung als solche überhaupt einen anfechtbaren verwaltungsakt darstellt. 63verneinend ovg sachsen-anhalt, beschluss vom 15. september 2014- 1 m 76/14 -, juris rn. 11. 64mit diesem "widerspruch", der noch vor der ernennung der konkurrenten erhoben worden ist, hat der kläger nicht zum ausdruck gebracht, dass er die aufhebung der ernennung der ausgewählten konkurrenten mit wirkung für die zukunft erstrebt. mit der mitteilung der auswahlentscheidung ist das auswahlverfahren noch nicht abgeschlossen. dieses endet vielmehr erst mit der ernennung. 65vgl. bverwg, urteil vom 4. november 2010 - 2 c 16.09 -, juris rn. 19 und 26. 66solange das auswahlverfahren noch nicht abgeschlossen ist, ist der rechtsschutz darauf gerichtet, dem dienstherren die ernennung des ausgewählten bewerbers zu untersagen. erst wenn der dienstherr den konkurrenten ernennt, ergibt sich eine neue sach- und rechtslage und ist der rechtsschutz auf die anfechtung der ernennung des konkurrenten gerichtet. 67vgl. bverwg, urteil vom 4. november 2010 - 2 c 16.09 -, juris rn. 31 und 37 ff. 68erst ab diesem zeitpunkt kann gemäß §§ 126 abs. 2 satz 1 bbg, 70 abs. 1 vwgo ("nachdem") widerspruch gegen die ernennung von konkurrenten eingelegt werden. 693. unabhängig hiervon ist die klage aber auch deshalb unzulässig, weil die klage ebenfalls zu spät erhoben wurde. zum zeitpunkt der klageerhebung am 24. mai 2012, also rund fünf monate nach kenntniserlangung von der ernennung der konkurrenten, hatte der kläger sein klagerecht schon verwirkt. wie oben bereits ausgeführt, hängt die dauer des zeitraums der untätigkeit des berechtigten, nach dessen ablauf im hinblick auf die gebote von treu und glauben von einer verwirkung des rechts die rede sein kann, entscheidend von den jeweiligen umständen des einzelfalles ab. ein mindestzeitraum für die verwirkung eines rechts muss sich allerdings erkennbar von den jeweils in betracht kommenden regelmäßigen rechtsbehelfsfristen abheben. 70vgl. bverwg, urteil vom 16. mai 1991 - 4 c 4.89 -, juris rn. 22 , für die verwirkung eines materiellen rechts. 71andererseits kann verwirkung aber auch schon vor ablauf der jahresfrist des § 58 abs. 2 vwgo eintreten. dies gilt insbesondere für die verwirkung des verfahrensrechtlichen widerspruchsrechts, welches nicht an die fristen der §§ 70 abs. 1 und 58 abs. 2 vwgo gebunden ist. 72vgl. bverwg, urteil vom 25. januar 1974 - iv c. 2.72 -, juris rn. 28. 73im verhältnis zwischen dienstherrn und beamten ist bei der bemessung des zeitraums, nach dessen ablauf ein recht verwirkt ist, maßgeblich die das beamtenverhältnis prägende gegenseitige treuepflicht (§ 4 bbg) zu berücksichtigen. diese beinhaltet u.a. eine verpflichtung zur gegenseitigen rücksichtnahme und damit eine verpflichtung zur angemessenen berücksichtigung der interessen der „gegenseite“, in fällen der vorliegenden art das interesse des dienstherrn an einer stabilen verwaltung. darüber hinaus ist in fallkonstellationen, in denen - wie hier - dritte von der anfechtung des verwaltungsakts betroffen sind, das auf grund des zeitablaufs eingetretene bestandsvertrauen der betroffenen dritten von besonderer bedeutung. 74vgl. ovg nrw, urteil vom 4. juli 2012 - 1 a 1339/10 -, juris rn. 45; vg köln, urteil vom 27. oktober 2014 - 15 k 3361/13 -, juris rn. 45; geis, in: sodan/ziekow, 4. auflage 2014, § 70 rn. 31. 75danach war die klagefrist im vorliegenden fall bereits bei klageerhebung am 24. mai 2012 verwirkt. der kläger hatte bei seiner entscheidung, ob er gegen die ihm nicht ordnungsgemäß bekannt gegebenen ernennungen seiner konkurrenten durch einlegung eines widerspruchs oder erhebung einer klage vorgeht, das interesse der deutschen telekom ag an einer stabilen verwaltung sowie das vertrauen der beförderten konkurrenten auf den bestand ihrer ernennungen zu berücksichtigen. ihm war spätestens seit ende dezember 2011 bekannt, dass die ihm vorgezogenen konkurrenten ihre ernennungsurkunden bereits erhalten hatten. daraufhin hat der kläger das der sache nach auf untersagung der aushändigung der ernennungsurkunden gerichtete verfahren auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes (10 l 636/11) bereits mit schriftsatz vom 24. dezember 2011 für erledigt erklärt. gründe, die dafür sprechen, mit der erhebung einer (zunächst hilfsweisen) klage gegen die ernennung von konkurrenten noch weitere fünf monate abzuwarten, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. angesicht dessen hat der kläger vor erhebung seiner klage einen unangemessen langen zeitraum verstreichen lassen, so dass zum zeitpunkt der erhebung seiner klage weder die deutsche telekom ag noch die ihm vorgezogenen konkurrenten mehr mit einer klage rechnen mussten. 76iii. von einer - vom kläger ursprünglich beantragten - beiladung des namentlich benannten konkurrenten hat das gericht im interesse des klägers zur minimierung seines kostenrisikos abgesehen. ein fall der notwendigen beiladung (§ 65 abs. 2 vwgo) liegt nicht vor. nach dieser norm sind dritte notwendig zum verfahren beizuladen, wenn die entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. nach sinn und zweck des § 65 abs. 2 vwgo kommt eine notwendige beiladung immer nur dann in betracht, wenn der klägerische antrag und damit das klageziel den dritten in negativer weise betrifft. kann sich dagegen ein obsiegen des klägers allenfalls zugunsten des dritten auswirken, liegt ein fall der notwendigen beiladung nicht vor. nur wenn das ergebnis des rechtsstreits für einen dritten möglicherweise belastend sein kann, weil es seine rechtsstellung in irgendeiner weise beeinträchtigt, besteht vor dem hintergrund der rechtsschutzgarantie des art. 19 abs. 4 gg die notwendigkeit, den dritten zwingend am verfahren zu beteiligen. 77vgl. bverwg, beschluss vom 27. september 1995 - 3 c 11.94 -, juris rn. 3. 78ist eine klage - wie hier - unzulässig, ist ausgeschlossen, dass die rechtsstellung eines dritten berührt wird 79- vgl. bverwg, beschluss vom 23. september 1988 - bverwg 7 b 150.88 -, juris rn. 10 f. und urteil vom 2. september 1983 - 7 c 97.81 -, juris rn. 14 -, 80so dass hier von einer beiladung abgesehen werden konnte. dadurch wird der kläger nicht in seinen rechten beeinträchtigt. sollte das oberverwaltungsgericht die berufung zulassen, hat es erneut über eine beiladung des namentlich benannten konkurrenten zu entscheiden. 81vgl. czybulka, in sodan/ziekow, vwgo, 4. auflage 2014, § 65 rn. 167. 82im übrigen hat der kläger seinen antrag auf beiladung in der mündlichen verhandlung zurückgenommen. 83iv. die kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 abs. 1 vwgo. die übrigen nebenentscheidungen folgen aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. | Verklagte*r | 0 |
143,984 | 35 C 110/15 | 2015-10-23T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 120 % des aus dem Urteil jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Beklagte mietete durch Mietvertrag vom 01.06.2010 die Wohnung XY. Die Klägerin selbst bewohnt das Vorderhaus und die Beklagte das Hinterhaus. Vormieter der Wohnung der Beklagten war Herr N. Dieser hatte einen Briefkasten am Hofeingang angebracht und hatte den Briefkasten nach seinem Auszug dort belassen. Der Briefkasten war zu Zeiten des Vormieters dazu bestimmt, die für den Vormieter bestimmte Post aufzunehmen. Der Briefkasten hing an der Hofeinfahrt bis zum Frühjahr 2014 und wurde auch von der Beklagten genutzt. Im Frühjahr 2014 demontierten die Beklagte den Briefkasten. Sie brachte den Briefkasten den Nachbarn zur Entsorgung und brachte einen neuen Briefkasten an ihrer Hauseingangstür an. Für den Postdienst hat dies zur Folge, dass zum ausliefern der Post jeweils ein Weg gewählt werden muss, der an der Eingangstür des Vorderhauses der Klägerin vorbeiführt. Im Regelfall kommt der Postdienst mit dem Auto. 3Die Klägerin war mit der Änderung zum Briefkasten nicht einverstanden. Sie versuchte zunächst auszuprobieren, ob sie mit dem veränderten Zustand psychisch klar komme. Im Dezember 2014 ließe der Beklagten mitteilen, der Zustand sei für sie mehr und mehr belastend. Weitere Lösungsversuche war nicht erfolgreich. Die Klägerin ließ daraufhin Klage erheben. 4Die Klägerin macht geltend, für sie sei der jetzige Zustand unzumutbar. Sie behauptet, sie sei durch das auffahren von PKWs auf das Grundstück aufgeschreckt. Durch die Verlegung des Briefkastens an das Haus der Beklagten selbst sei es für sie zu unzumutbaren Belästigungen gekommen. Sie macht geltend, sie sei-das ist unstreitig-aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit im Landeskrankenhaus und einer in Ausübung dieses Dienstes erhaltenen Morddrohung und Drohungen im Februar 2012 psychisch sehr destabilisiert. Sie sei deshalb auch in ambulanter psychologischer Behandlung in der Klinik und deshalb zu 50 % selbst Patientin. Sie macht geltend, die Belegenheit des Briefkastens am Hofeingang habe das gesamte Mietverhältnis geprägt. Der Beklagten sei zuzumuten, einen Briefkasten an dieser Stelle weiterhin zu benutzen. Sie bezieht sich zur weiteren Dokumentation auf von ihr eingereichte Fotos zum Zustand und zur Belegenheit des Briefkastens an der Hofeinfahrt. 5Die Klägerin beantragt, 6der Beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, den Briefkasten an der Toreinfahrt, zuzukleben sowie einen eigenen Briefkasten an der Eingangstüre ihrer Wohnung anzubringen und den angebrachten Briefkasten der Marke Burgwächter in Stahlfarbe zu demontieren. 7Die Beklagte beantragt, 8die Klage abzuweisen. 9Sie behauptet, es sei ihr nicht zumutbar, bei Wind und Wetter, Trockenheit und Nässe, Wärme und Kälte gut 100 m über eine kaum befestigte, mit Schlaglöchern versehene Straße zu laufen, um nachzuschauen, ob Post eingeworfen worden sei bzw. die Post abzuholen. Sie selbst sei-auf das ist unstreitig-zu 90 % schwer behindert und leider an Osteoporose mit erheblichen Beschwerden an der Wirbelsäule und den Gelenken. Sie meint, ihr als Mieterin stehe das Recht zu, in unmittelbarer bzw. zumindest angemessener Entfernung zum Haus oder Wohnungseinheit einen Briefkasten zu haben sie meint, ein Briefkasten sei auch vor Feuchtigkeit zu schützen und macht geltend, der Briefkasten an der Hofeinfahrt sei nicht ausreichend gegen Feuchtigkeit geschützt. Das gelte auch im Hinblick auf Pflanzenbewuchs im Umkreis des Briefkastens. Hierzu überreicht sie diverse Fotos und bezieht sich auf diese. Sie macht geltend, bei Installation des Briefkastens im Jahre 2014 an ihrer Haustür habe die Klägerin zunächst keine Einwände erhoben. Zum Zeitpunkt der Installation habe es ihr, der Beklagten, nach einer Krebserkrankung und diagnostizierte Osteoporose sehr schlecht gegangen. 10Wegen der Einzelheiten des wechselseitigen Vortrages wird auf die eingereichten Schriftsätze und den Akteninhalt verwiesen. 11Entscheidungsgründe: 12Die Klage ist unbegründet und abzuweisen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Demontage des durch die Beklagte angebrachten Briefkastens. Ein Briefkasten gehört zur ordnungsgemäßen Nutzung einer Mietwohnung (Landgerichts Berlin Urteil vom 11.05.1990 Az.: 29 S 20/90, Fundstelle:Juris). Die Klägerin kann die Beklagte nicht auf die Nutzung des Briefkastens an der Toreinfahrt verweisen. Dieser Briefkasten genügt den Anforderungen eines ordnungsgemäßen Briefkastens für den Mieter nicht. Der Hausbriefkasten muss so platziert und beschaffen sein, dass sein Inhalt vor Witterung und Nässe gut geschützt ist. Sowohl Beschädigungen der Postsendungen als auch Verletzungsgefahren für die Nutzer des Briefkastens müssen ausgeschlossen sein. Das kann bei dem Briefkasten an der Toreinfahrt nicht festgestellt werden. Die vorgelegten Fotos lassen erkennen, dass zumindest gelegentlich der Briefkasten von Pflanzen stark umwuchert ist. Der Briefkasten ist nicht überdacht. Bei Nässe besteht die Gefahr, dass der Entleerer und das entnommene Postgut nass werden. Der Briefkasten befindet sich nicht erkennbar der Wohnung der Beklagten zugeordnet, sondern mehr als 50 Meter entfernt. Das bedeutet für den Mieter, dass ein entsprechender Weg zurückzulegen ist. Aus den überreichten Fotos ist erkennbar, dass der Weg nicht beleuchtet und nicht asphaltiert ist. Erkennbar ist ein Schotterweg, auf dem auch Pfützen erkennbar sind. Hier besteht bei Dunkelheit oder schlechter Witterung wie Regen – oder im Winter Glatteis – die Gefahr, dass der Mieter beim Postholen ausrutscht und sich verletzt. Das ist nicht zumutbar und den genügt den Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Briefkasten für den Mieter nicht. 13Die Klägerin kann die Entfernung des von der Beklagten angebrachten Briefkastens auch nicht unter dem Gesichtspunkt verlangen, dass die Beklagte den genauen Anbringungsort mit ihr nicht zuvor abgesprochen hat. Zwar muss grundsätzlich die Anbringung mit dem Vermieter abgesprochen werden. Wenn aber, wie hier, ein Briefkasten bereits angebracht ist, ohne dass der Vermieter zeitnah hiergegen Einwendungen erhoben hat, widerspräche allein die Berufung auf eine nicht erfolgte Abstimmung vor Anbringung gegen Treu und Glauben. 14Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, ihr sei aus besonderen psychischen Gründen nicht zuzumuten, dass Postbedienstete an ihrem Haus vorbeiführen, um Post direkt zum Briefkasten an der Wohnung der Beklagten zu befördern. Dabei soll nicht verkannt werden, dass für die Klägerin im Hinblick auf die Belegenheit des Anwesens das Vorüberfahren von Postautos mit Unsicherheiten und Ängsten verbunden ist. Es ist aber nicht erkennbar, dass nur eine Nutzung des Außenbriefkastens an der Toreinfahrt geeignet wäre, diese Ängste bei der Klägerin zu mindern. Es gibt auch andere Möglichkeiten, ihr Anwesen zu sichern, beispielsweise durch eine Alarmanlage oder die zusätzliche Anbringung eines Zaunes oder Torweges. Solche anderweitigen Sicherungsmöglichkeiten waren auch Gegenstand der durchgeführten Güteverhandlung. Da nicht erkennbar ist, dass insoweit alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, reichen bei Abwägung der beiderseitigen Interessen dir vorgebrachten Gründe nicht aus, der Beklagten die Nutzung des Briefkastens an ihrer Wohnungstür zu verbieten. Auch der Verweis darauf, dass der Briefkasten an der Toreinfahrt schon seit Mietbeginn das Mietverhältnis geprägt habe, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Beklagte hat ausgeführt, sie habe sich zu einem Briekasten an ihrer Wohnungstür entschlossen, nachdem sich ihre gesundheitliche Situation verschlechtert habe. Insoweit hat sie nicht willkürlich gehandelt, sondern aufgrund eines berechtigten Anlasses. Der von ihr angebrachte Briefkasten ist auch nicht unästhetisch, sondern entspricht den üblichen Normbestimmungen und fügt sich in das Gesamtbild des Hauses ein. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass es auch Paketboten oder sonstige Besucher gibt, die denselben Weg wie der Postbote nehmen müssen, um zu der Beklagten zu gelangen. Auch solche Besucher können die Aufmerksamkeit der Klägerin auf sich ziehen. Hier sind besondere Belastungen durch die Post im Verhältnis zu anderen Besuchern nicht erkennbar. 15Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte es unterlässt, den Briefkasten an der Toreinfahrt zuzukleben. Der Briefkasten ist der Wohnung der Mieterin zugeordnet. Wenn diese sich entschließt, statt dieses Briefkastens den an ihrer Haustür angebrachten Briefkasten zu nutzen, ist es von ihrem Nutzungsrecht zum Torbriefkasten umfasst, dessen Nutzung durch Zukleben zu unterbinden. 16Die Klage ist deshalb insgesamt unbegründet und abzuweisen. 17Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Ziff. 11, 711 ZPO. 18Die Ausführungen der Parteien in den nachgereichten Schriftsätzen geben keine Veranlassung, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten. 19Der Streitwert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt. 20Rechtsbehelfsbelehrung: 21Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 221. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 232. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 24Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Kleve, Schloßberg 1 (Schwanenburg), 47533 Kleve, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 25Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Kleve zu begründen. 26Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Kleve durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 27Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 28 L. Kleve, 23.10.2015AmtsgerichtL.Richterin am Amtsgericht | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen, die zwangsvollstreckung der beklagten durch sicherheitsleistung oder hinterlegung eines betrages in höhe von 120 % des aus dem urteil jeweils zu vollstreckenden betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2die beklagte mietete durch mietvertrag vom 01.06.2010 die wohnung xy. die klägerin selbst bewohnt das vorderhaus und die beklagte das hinterhaus. vormieter der wohnung der beklagten war herr n. dieser hatte einen briefkasten am hofeingang angebracht und hatte den briefkasten nach seinem auszug dort belassen. der briefkasten war zu zeiten des vormieters dazu bestimmt, die für den vormieter bestimmte post aufzunehmen. der briefkasten hing an der hofeinfahrt bis zum frühjahr 2014 und wurde auch von der beklagten genutzt. im frühjahr 2014 demontierten die beklagte den briefkasten. sie brachte den briefkasten den nachbarn zur entsorgung und brachte einen neuen briefkasten an ihrer hauseingangstür an. für den postdienst hat dies zur folge, dass zum ausliefern der post jeweils ein weg gewählt werden muss, der an der eingangstür des vorderhauses der klägerin vorbeiführt. im regelfall kommt der postdienst mit dem auto. 3die klägerin war mit der änderung zum briefkasten nicht einverstanden. sie versuchte zunächst auszuprobieren, ob sie mit dem veränderten zustand psychisch klar komme. im dezember 2014 ließe der beklagten mitteilen, der zustand sei für sie mehr und mehr belastend. weitere lösungsversuche war nicht erfolgreich. die klägerin ließ daraufhin klage erheben. 4die klägerin macht geltend, für sie sei der jetzige zustand unzumutbar. sie behauptet, sie sei durch das auffahren von pkws auf das grundstück aufgeschreckt. durch die verlegung des briefkastens an das haus der beklagten selbst sei es für sie zu unzumutbaren belästigungen gekommen. sie macht geltend, sie sei-das ist unstreitig-aufgrund ihrer langjährigen tätigkeit im landeskrankenhaus und einer in ausübung dieses dienstes erhaltenen morddrohung und drohungen im februar 2012 psychisch sehr destabilisiert. sie sei deshalb auch in ambulanter psychologischer behandlung in der klinik und deshalb zu 50 % selbst patientin. sie macht geltend, die belegenheit des briefkastens am hofeingang habe das gesamte mietverhältnis geprägt. der beklagten sei zuzumuten, einen briefkasten an dieser stelle weiterhin zu benutzen. sie bezieht sich zur weiteren dokumentation auf von ihr eingereichte fotos zum zustand und zur belegenheit des briefkastens an der hofeinfahrt. 5die klägerin beantragt, 6der beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, den briefkasten an der toreinfahrt, zuzukleben sowie einen eigenen briefkasten an der eingangstüre ihrer wohnung anzubringen und den angebrachten briefkasten der marke burgwächter in stahlfarbe zu demontieren. 7die beklagte beantragt, 8die klage abzuweisen. 9sie behauptet, es sei ihr nicht zumutbar, bei wind und wetter, trockenheit und nässe, wärme und kälte gut 100 m über eine kaum befestigte, mit schlaglöchern versehene straße zu laufen, um nachzuschauen, ob post eingeworfen worden sei bzw. die post abzuholen. sie selbst sei-auf das ist unstreitig-zu 90 % schwer behindert und leider an osteoporose mit erheblichen beschwerden an der wirbelsäule und den gelenken. sie meint, ihr als mieterin stehe das recht zu, in unmittelbarer bzw. zumindest angemessener entfernung zum haus oder wohnungseinheit einen briefkasten zu haben sie meint, ein briefkasten sei auch vor feuchtigkeit zu schützen und macht geltend, der briefkasten an der hofeinfahrt sei nicht ausreichend gegen feuchtigkeit geschützt. das gelte auch im hinblick auf pflanzenbewuchs im umkreis des briefkastens. hierzu überreicht sie diverse fotos und bezieht sich auf diese. sie macht geltend, bei installation des briefkastens im jahre 2014 an ihrer haustür habe die klägerin zunächst keine einwände erhoben. zum zeitpunkt der installation habe es ihr, der beklagten, nach einer krebserkrankung und diagnostizierte osteoporose sehr schlecht gegangen. 10wegen der einzelheiten des wechselseitigen vortrages wird auf die eingereichten schriftsätze und den akteninhalt verwiesen. 11 | 12die klage ist unbegründet und abzuweisen. die klägerin hat keinen anspruch auf demontage des durch die beklagte angebrachten briefkastens. ein briefkasten gehört zur ordnungsgemäßen nutzung einer mietwohnung (landgerichts berlin urteil vom 11.05.1990 az.: 29 s 20/90, fundstelle:juris). die klägerin kann die beklagte nicht auf die nutzung des briefkastens an der toreinfahrt verweisen. dieser briefkasten genügt den anforderungen eines ordnungsgemäßen briefkastens für den mieter nicht. der hausbriefkasten muss so platziert und beschaffen sein, dass sein inhalt vor witterung und nässe gut geschützt ist. sowohl beschädigungen der postsendungen als auch verletzungsgefahren für die nutzer des briefkastens müssen ausgeschlossen sein. das kann bei dem briefkasten an der toreinfahrt nicht festgestellt werden. die vorgelegten fotos lassen erkennen, dass zumindest gelegentlich der briefkasten von pflanzen stark umwuchert ist. der briefkasten ist nicht überdacht. bei nässe besteht die gefahr, dass der entleerer und das entnommene postgut nass werden. der briefkasten befindet sich nicht erkennbar der wohnung der beklagten zugeordnet, sondern mehr als 50 meter entfernt. das bedeutet für den mieter, dass ein entsprechender weg zurückzulegen ist. aus den überreichten fotos ist erkennbar, dass der weg nicht beleuchtet und nicht asphaltiert ist. erkennbar ist ein schotterweg, auf dem auch pfützen erkennbar sind. hier besteht bei dunkelheit oder schlechter witterung wie regen – oder im winter glatteis – die gefahr, dass der mieter beim postholen ausrutscht und sich verletzt. das ist nicht zumutbar und den genügt den anforderungen an einen ordnungsgemäßen briefkasten für den mieter nicht. 13die klägerin kann die entfernung des von der beklagten angebrachten briefkastens auch nicht unter dem gesichtspunkt verlangen, dass die beklagte den genauen anbringungsort mit ihr nicht zuvor abgesprochen hat. zwar muss grundsätzlich die anbringung mit dem vermieter abgesprochen werden. wenn aber, wie hier, ein briefkasten bereits angebracht ist, ohne dass der vermieter zeitnah hiergegen einwendungen erhoben hat, widerspräche allein die berufung auf eine nicht erfolgte abstimmung vor anbringung gegen treu und glauben. 14die klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, ihr sei aus besonderen psychischen gründen nicht zuzumuten, dass postbedienstete an ihrem haus vorbeiführen, um post direkt zum briefkasten an der wohnung der beklagten zu befördern. dabei soll nicht verkannt werden, dass für die klägerin im hinblick auf die belegenheit des anwesens das vorüberfahren von postautos mit unsicherheiten und ängsten verbunden ist. es ist aber nicht erkennbar, dass nur eine nutzung des außenbriefkastens an der toreinfahrt geeignet wäre, diese ängste bei der klägerin zu mindern. es gibt auch andere möglichkeiten, ihr anwesen zu sichern, beispielsweise durch eine alarmanlage oder die zusätzliche anbringung eines zaunes oder torweges. solche anderweitigen sicherungsmöglichkeiten waren auch gegenstand der durchgeführten güteverhandlung. da nicht erkennbar ist, dass insoweit alle anderen möglichkeiten ausgeschöpft sind, reichen bei abwägung der beiderseitigen interessen dir vorgebrachten gründe nicht aus, der beklagten die nutzung des briefkastens an ihrer wohnungstür zu verbieten. auch der verweis darauf, dass der briefkasten an der toreinfahrt schon seit mietbeginn das mietverhältnis geprägt habe, rechtfertigt keine andere beurteilung. die beklagte hat ausgeführt, sie habe sich zu einem briekasten an ihrer wohnungstür entschlossen, nachdem sich ihre gesundheitliche situation verschlechtert habe. insoweit hat sie nicht willkürlich gehandelt, sondern aufgrund eines berechtigten anlasses. der von ihr angebrachte briefkasten ist auch nicht unästhetisch, sondern entspricht den üblichen normbestimmungen und fügt sich in das gesamtbild des hauses ein. schließlich ist zu berücksichtigen, dass es auch paketboten oder sonstige besucher gibt, die denselben weg wie der postbote nehmen müssen, um zu der beklagten zu gelangen. auch solche besucher können die aufmerksamkeit der klägerin auf sich ziehen. hier sind besondere belastungen durch die post im verhältnis zu anderen besuchern nicht erkennbar. 15die klägerin hat auch keinen anspruch darauf, dass die beklagte es unterlässt, den briefkasten an der toreinfahrt zuzukleben. der briefkasten ist der wohnung der mieterin zugeordnet. wenn diese sich entschließt, statt dieses briefkastens den an ihrer haustür angebrachten briefkasten zu nutzen, ist es von ihrem nutzungsrecht zum torbriefkasten umfasst, dessen nutzung durch zukleben zu unterbinden. 16die klage ist deshalb insgesamt unbegründet und abzuweisen. 17die nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 abs. 1, 708 ziff. 11, 711 zpo. 18die ausführungen der parteien in den nachgereichten schriftsätzen geben keine veranlassung, erneut in die mündliche verhandlung einzutreten. 19der streitwert wird auf 2.000,00 eur festgesetzt. 20rechtsbehelfsbelehrung: 21gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 221. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 232. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 24die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht kleve, schloßberg 1 (schwanenburg), 47533 kleve, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 25die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht kleve zu begründen. 26die parteien müssen sich vor dem landgericht kleve durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 27mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 28 l. kleve, 23.10.2015amtsgerichtl.richterin am amtsgericht | Verklagte*r | 0 |
143,716 | 11 K 1952/13 | 2015-11-04T00:00:00 | Urteil | Tenor Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Kläger die Klagezurückgenommen haben. Im Übrigen wird der Beklagte unter entsprechender Aufhebung seines Bescheides vom 8. März 2013 verpflichtet, für die vollstationäre Unterbringung der Klägerin im °°°°°°°° Pflege- und Betreuungs°°°°° in S. ab dem 1. Januar 2013 bis zum 1. Oktober 2013 Pflegewohngeld in Höhe von zunächst 699,05 Euro monatlich zu zahlen. Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Klägerin zu 1/6, der Kläger zu 1/3 und der Beklagte zu 1/2. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1 Tatbestand: 2Die am °°. °°° 1961 in Manila/Philippinen geborene Klägerin ist seit 1993 bzw. 1994 mit dem Kläger verheiratet. Mit Beschluss des Amtsgerichts N. vom 13. März 2012 wurde für sie Frau N1. I. endgültig zur Betreuerin bestellt. 3Seit dem 5. September 2012 befindet sich die Klägerin nach einem vorangegangenen Krankenhausaufenthalt im °°°°°°° Pflege- und Betreuungs°°°°° in S. , und zwar zunächst im Rahmen der Kurzzeitpflege und seit dem 2. Oktober 2012 zur vollstationären Pflege. Anträge auf Übernahme der ungedeckten Kosten für die Kurzzeitpflege sowie der Kosten für die vollstationäre Heimunterbringung wurden am 3. September 2012 und 1. Oktober 2012 durch die Betreuerin gestellt. Am 2. Oktober 2012 beantragte auch das Pflegeheim die Gewährung von Pflegewohngeld und Sozialhilfe für den vollstationären Heimaufenthalt ab dem 2. Oktober 2012. 4Mit Wirkung vom 3. Oktober 2012 wurden der Klägerin erstmals Leistungen bei Pflegebedürftigkeit bewilligt, und zwar unmittelbar nach der Pflegestufe III. Nach dem der Entscheidung zugrunde liegenden MDK-Gutachten leidet die Klägerin an einer paranoiden Schizophrenie, welche sich über Jahre bei einem starken, nicht erfüllten Kinderwunsch entwickelt habe. Nach dem Tod ihrer Eltern sei sie vollkommen auffällig geworden. Sie habe nichts mehr gemacht und alles verweigert, inklusive Nahrung und Trinken. Sie sei psychiatrisch behandelt worden und habe eine PEG bekommen. Bei der Heimaufnahme sei sie bedingt durch die große Aufnahme von Psychopharmaka nicht mehr ansprechbar gewesen. Der Ehemann komme unregelmäßig zum Besuch. Als Grund für die Notwendigkeit vollstationärer Pflege wurde im MDK-Gutachten die Überforderung der Pflegeperson angegeben. 5Im Fragebogen zur Begründung der Heimpflegebedürftigkeit gab die Betreuerin der Klägerin an, dass die Klägerin vor der Heimaufnahme in Haushaltsgemeinschaft mit dem Ehepartner gelebt habe, der auch die Pflege ausgeübt habe. 6Im Formularantrag auf Hilfen in Einrichtungen vom 16. Oktober 2012, der von der Betreuerin sowie dem Ehemann der Klägerin unterzeichnet wurde, wurde bei Familienstand der pflegebedürftigen Person „verheiratet“, nicht aber „getrennt lebend“ angekreuzt. 7Zum Einkommen der Eheleute ergab sich aus den zunächst vorgelegten Unterlagen, dass die Klägerin selbst eine Rente wegen voller Erwerbsminderung über 91,02 € (netto) monatlich bezog und darüber hinaus Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII, wobei insoweit neben dem Renteneinkommen ein weiteres Einkommen über insgesamt 150,00 € monatlich aus zwei Tätigkeiten als Zustellerin des Sonntagsblattes und Platzwartin angerechnet wurde. Die Grundsicherungsleistungen wurden dabei wunschgemäß auf das Konto des Ehemannes und Klägers überwiesen. Der Kläger seinerseits bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. 8In vermögensrechtlicher Hinsicht war den anfangs eingereichten Unterlagen zum 5. September 2012 zu entnehmen, dass für die Klägerin ein Sparkonto mit einem Guthaben von 7,29 € und ein Girokonto mit einem Guthaben von 52,10 € bei der Sparkasse I1. am T. bestand. Für den Kläger wurden ein Girokonto (Nr. 6511158, P-Konto) mit einem Guthaben über 1.411,89 € sowie zwei Darlehenskonten über-23.425,81 € (Nr. 60057924) und -24.329,96 € (Nr. 60057932) bei der genannten Sparkasse nachgewiesen. 9Darüber hinaus war und ist der Kläger seit 1987 Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks W. . °° in I1. am T. . Im Erhebungsbogen gab der Kläger zu dieser damals wohl ausschließlich selbst bewohnten Immobilie an, dass es sich um ein im Jahr 1937 erbautes Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 130 qm handele; das Grundstück sei 700 qm groß. Hierauf bezögen sich auch die Darlehensschulden. Im Grundbuch eingetragen war ein Wohnrecht für die bereits verstorbene Mutter des Klägers K. T1. . Aus den zur Akte genommen Kopien aus der Bauakte ergibt sich indessen lediglich eine Wohnfläche von 112,24 qm. Darüber hinaus handelt es sich bei der Immobilie konkret um eine Doppelhaushälfte. 10Nachfolgend erfuhr zunächst das Jobcenter S. und anschließend auch der Beklagte, dass vier Konten bei der Volksbank I1. am T. verschwiegen worden waren, und zwar ein Kontokorrentkonto über 1.257,25 €, ein Geschäftskonto über 15,00 € sowie zwei Spareinlagen über 20.604,41 € (Kläger) und 32,69 € (Klägerin) jeweils zum 5. September 2012. 11Die Betreuerin der Klägerin gab hierzu an, dass der Ehemann das Vermögen nach eigenen Angaben illegal erworben habe, indem er Schrumpfköpfe aus Amerika importiert und weiter verkauft habe, weshalb er das Sparbuch nicht angegeben habe. Der Kläger sei nicht bereit, dieses Vermögen zur Deckung der Heimkosten seiner Ehefrau einzusetzen. 12Im Hinblick auf das verschwiegene Vermögen nahm das Jobcenter mit Bescheiden vom 23. Oktober 2012 und 22. November 2012 die zugunsten des Klägers erfolgte Bewilligung von SGB-II-Leistungen für den Zeitraum ab dem 1. Februar 2012 zurück bzw. hob diese auf und forderte eine Erstattung der Leistungen in Höhe von insgesamt 5.070,34 €. Diesen Betrag überwies der Kläger am 3. Dezember 2012 an die Kreiskasse S. . Weitere 10.000 € hatte der Kläger bereits am 20. November 2012 zur Darlehenssondertilgung verwandt und auf sein Darlehenskonto bei der Sparkasse I1. am T. mit der Nr. 60057924 eingezahlt. 13In einem internen Vermerk legte der Beklagte dar, dass das Grundstück des Klägers nach dem Bodenrichtwert ohne aufstehendes Gebäude ca. 122.500 € wert sei. Abzüglich der Schulden verblieben noch 79.744,23 €, so dass im Hinblick auf die Heimkosten ein Darlehen in Höhe von 56.000 € angebracht sei. 14Mit Bescheid vom 5. Februar 2013 lehnte der Beklagte die Zahlung von Hilfe zur Pflege ab, erklärte aber zugleich die Bereitschaft, ein Darlehen in Höhe von 56.000 € unter der Bedingung zu bewilligen, dass der Rückzahlungsanspruch umgehend durch Bestellung einer Grundschuld gesichert werde. Bei der Immobilie handele es sich um nicht geschütztes Vermögen. Allerdings würde die sofortige Verwertung für den Ehemann der Klägerin eine Härte bedeuten, weshalb die Sozialhilfe als Darlehen gewährt werde. 15Hiergegen erhoben die Kläger durch ihre Prozessbevollmächtigte Widerspruch, zu dessen Begründung sie vortrugen, dass es sich bei der Immobilie um nicht verwertbares Vermögen nach § 90 Abs. 1 SGB XII handele. So beziehe der Kläger selbst Sozialleistungen. In diesem Rahmen sei das Hausgrundstück als nicht einzusetzendes Vermögen gewürdigt worden. Auch verfüge der Kläger über keinerlei Altersrücklagen, weshalb die Verwertung unbillig sei. Schließlich lebten die Eheleute nunmehr räumlich getrennt, so dass ohnehin fraglich sei, inwieweit die Eheleute noch als Bedarfsgemeinschaft angesehen werden könnten. 16Mit Bescheid vom 8. März 2013 lehnte der Beklagte die Gewährung von Pflegewohngeld wegen des vorhandenen Vermögens der Eheleute ab. Der Ehemann der Klägerin sei Eigentümer eines unangemessenen Hausgrundstücks, das nicht gemäß § 90 Abs. 2 oder 3 SGB XII geschützt sei. Es sei hier von einem erheblichen Wert auszugehen. Hier hätten bereite Mittel zur Verfügung gestanden, wenn der Ehemann der Klägerin das Darlehensangebot angenommen hätte. Seine Verweigerung gehe zu seinen Lasten. Die Eheleute stellten auch eine Einkommen- und Vermögensgemeinschaft dar, weil sie sich für nicht getrennt lebend erklärt hätten. Eine räumliche Trennung sei nach der Rechtsprechung im Übrigen unerheblich. 17Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag lehnte der Beklagte auch die Gewährung von Leistungen der Hilfe zur Pflege für die ungedeckten Heimkosten der Kurzzeitpflege und für den dauerhaften Heimaufenthalt ab, wogegen die Klägerin Widerspruch erhob. 18Die Kläger haben am 10. April 2013 die vorliegende Klage erhoben. 19Der Kläger hat seine Klage bereits am 17. Juni 2013 auf gerichtlichen Hinweis vollumfänglich zurückgenommen. 20Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor: 21Hinsichtlich des Grundvermögens ihres Ehemannes sei zweifelhaft, ob es sich um verwertbares Vermögen handele. Denn ihr Ehemann sei seit langem Bezieher von Leistungen nach dem SGB II. Hier sei die Immobilie nicht als verwertbares Vermögen angesehen worden, weil es für den Ehemann angesichts der nur geringen Wohnkosten wesentlich wirtschaftlicher sei, die Immobilie nicht zu beleihen oder zu verkaufen. Erst nachdem im Rahmen des vorliegenden Verfahrens die Frage der Berücksichtigung der Immobilie neu aufgeworfen worden sei, habe das Jobcenter Leistungen nach dem SGB II nur noch als Darlehen bewilligt; dem hiergegen eingelegten Widerspruch sei indessen mittlerweile stattgegeben worden. Die rechtliche Beurteilung könne hier damit nicht anders sein. Zudem habe der Beklagte ihr selbst vor der Heimaufnahme Leistungen nach dem SGB XII bewilligt, sei mithin damals ebenfalls davon ausgegangen, dass kein anzurechnendes Vermögen vorhanden gewesen sei. Auch sei das Schonvermögen im Hinblick auf die für gemischte Bedarfsgemeinschaften geltenden Grundsätze falsch berechnet worden. 22Hinsichtlich des Grundvermögens sei zudem die Frage der bereiten Mittel zu prüfen; entsprechende Feststellungen seien hier nicht getroffen worden. 23Im Übrigen sei das Vermögen ihres Ehemannes schon deshalb nicht berücksichtigungsfähig, weil dieser nicht mehr in einer Bedarfs- und Einstandsgemeinschaft mit ihr lebe. Vielmehr seien sie wie getrennt lebende Eheleute zu behandeln. Schon längere Zeit vor der Heimaufnahme habe sie - die Klägerin - die Absicht gehabt, wieder auf die Philippinen zurückzukehren. Deshalb hätte sie im Beisein ihres Ehemannes und einer Bekannten zunächst einen Pass beantragt. Auch seien bereits Flugtickets gekauft worden, die allein aus gesundheitlichen Gründen nicht genutzt worden seien. Ihr Ehemann habe sie begleiten wollen, da sie nicht in der Lage gewesen wäre, alleine zu fliegen. Für sie sei ebenfalls ein Rückflug gebucht worden, weil ein Hin- und Rückflugticket billiger gewesen sei als nur ein Hinflugticket. Die Absicht zur Rückkehr auf die Philippinen sei auch zwei Bekannten mitgeteilt worden. 24Der Ehemann habe durch sein Verhalten nach der Heimaufnahme zudem gezeigt, dass er nicht mehr bereit sei, für seine Ehefrau einzustehen. Denn er habe sein Sparbuch ausschließlich für seine Belange eingesetzt und sich geweigert, eine Grundschuldbestellung für die Heimkosten vorzunehmen. 25Mit Schriftsatz vom 13. April 2015 hat der Kläger und Ehemann der Klägerin beim Amtsgericht (Familiengericht) N. die Scheidung beantragt und dabei vorgetragen, dass sich die Klägerin im Juni 2012 von ihm getrennt habe. Daraufhin hat der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 16. Juni 2015 für den Zeitraum 1. Mai 2015 bis 30. April 2016 Pflegewohngeld bewilligt. 26Die Klägerin hat zunächst beantragt, 27den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid des Beklagten vom 8. März 2013 aufzuheben und ihr Pflegewohngeld nach den gesetzlichen Regelungen ab dem 2. Oktober 2012 zu bewilligen. 28In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin nunmehr den Antrag gestellt, 29den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 8. März 2012 zu verpflichten, für ihre vollstationäre Unterbringung im °°°°°°°° Pflege- und Betreuungs°°°°°° in S. ab dem 1. Januar 2013 Pflegewohngeld in Höhe von monatlich zunächst 699,05 € zu bewilligen. 30Der Beklagte beantragt, 31die Klage abzuweisen. 32Der Gewährung von Pflegewohngeld habe in der Vergangenheit das Vermögen des Ehemannes der Klägerin, namentlich in Form der nicht geschützten Immobilie, entgegengestanden. Das Hausgrundstück habe auch verwertbares Vermögen dargestellt, da seitens des Beklagten ein Darlehensbescheid ergangen sei. Bei den Eheleuten sei bis zum Scheidungsantrag auch nicht von einer Trennung auszugehen, da es nach den vorliegenden Gesamtumständen an dem notwendigen Trennungswillen gefehlt habe. Im Verwaltungsverfahren habe der Ehemann der Klägerin verschiedene Unterlagen zur Einkommens- und Vermögenssituation vorgelegt, ohne sich auf eine Nichtberücksichtigung seines Vermögens wegen Getrenntlebens zu berufen. 33Der Beklagte hat im Klageverfahren ein von der kommunalen Bewertungsstelle erstelltes Wertermittlungsgutachten bezüglich des Hausgrundstücks des Ehemannes der Klägerin vom 27. Juni 2014 vorgelegt, das einen Verkehrswert von ca. 150.000 € ausweist. Die Wohnfläche der Doppelhaushälfte mit Anbau liege bei rund 109 qm. 34Die Kammer hat der Klägerin mit Beschluss vom 2. Juni 2014 Prozesskostenhilfe bewilligt. 35Im zugehörigen Eilverfahren 11 L 1752/14 hat die Kammer mit Beschluss vom 21. Januar 2015 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach der Kündigung des Heimvertrages abgelehnt. In den Gründen ist darauf abgestellt worden, dass sich ein Getrenntleben der Eheleute nicht hinreichend sicher habe feststellen lassen und das Grundvermögen des Ehemannes einer Bewilligung von Pflegewohngeld entgegen stehe. 36Nachdem das Pflegeheim eine Räumungsklage erhoben hat, hat die Klägerin einen weiteren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, den die Kammer mit Beschluss vom 7. September 2015 (11 L 1382/15) ebenfalls abgelehnt hat. 37Ein sozialgerichtliches Eilverfahren auf Leistungen der Hilfe zur Pflege hatte ebenfalls keinen Erfolg. Ein entsprechendes Klageverfahren ist noch anhängig. 38Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 11 K 1952/13, 11 L 1752/14 und 11 L 1382/15 sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. 39Entscheidungsgründe: 40Soweit der Kläger die pflegewohnrechtliche Klage am 17. Juni 2013 vollumfänglich und die Klägerin in der mündlichen Verhandlung für den Zeitraum vom 2. Oktober 2012 bis zum 31. Dezember 2012 teilweise zurückgenommen haben, ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Dadurch dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 4. November 2015 lediglich die Gewährung von Pflegewohngeld ab dem 1. Januar 2013 beantragt hat, während es ihr anfangs gemäß der ebenfalls in der mündlichen Verhandlung erfolgten Klarstellung um eine Leistungsgewährung ab dem 2. Oktober 2012 gegangen ist, hat sie inzident die Klage für den oben bezeichneten Zeitraum zurückgenommen. 41Im Übrigen ist die Klage der Klägerin zulässig und begründet. 42Da Pflegewohngeld nach § 7 Abs. 2 Satz 1 der im Bewilligungszeitraum noch geltenden Pflegeeinrichtungsförderverordnung vom 15. Oktober 2003 – bei Fortbestand der Berechtigung – für einen Zeitraum von zwölf Monaten bewilligt wird, in zulässiger Weise mithin auch im Klageverfahren nur ein entsprechendes Begehren verfolgt werden kann, ist vorliegend angesichts der Teilrücknahme nur noch der Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 1. Oktober 2013 Streitgegenstand. Hiermit in Einklang steht auch, dass die Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass bei dem Beklagten Folgeanträge bereits gestellt worden seien. 43Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass für den von ihr genutzten Heimplatz in dem hier noch in Rede stehenden Zeitraum Pflegewohngeld gezahlt wird. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 8. März 2013 erweist sich damit insoweit als rechtswidrig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 44Die Gewährung von Pflegewohngeld setzt nach dem bis zum 15. Oktober 2014 und damit im Bewilligungszeitraum geltenden und hier noch anzuwendenden § 12 Abs. 3 PflG NRW voraus, dass das Einkommen und das Vermögen des Heimbewohners im Sinne des Absatzes 2 und seines nicht getrennt lebenden Ehegatten zur Finanzierung der Aufwendungen für Investitionskosten ganz oder teilweise nicht ausreicht (Satz 1). Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Abschnitts des Elften Kapitels des SGB XII und die §§ 25 ff. BVG zur Bestimmung des anrechenbaren Einkommens und des Vermögens bei der stationären Hilfe zur Pflege gelten entsprechend (Satz 2). Die Gewährung von Pflegewohngeld darf zudem nicht abhängig gemacht werden von dem Einsatz oder der Verwertung kleinerer Barbeträge und sonstiger Geldwerte in Höhe von bis zu 10.000 Euro (so § 12 Abs. 3 Satz 4 PfG NRW). 45Vorliegend ist allein streitig, ob das Vermögen des Ehemannes der Klägerin der Pflegewohngeldbewilligung entgegensteht, was im Ergebnis zu verneinen ist. Dabei ist nur das im Alleineigentum des Ehemannes der Klägerin stehende Einfamilienhaus (Doppelhaushälfte) als Vermögensgegenstand in den Blick zu nehmen, da das auf den Bankkonten der Eheleute vorhandene Guthaben, das bei der Heimaufnahme der Klägerin noch bei insgesamt 23.380,63 € lag, nach der Darlehenssondertilgung des Ehemannes der Klägerin über 10.000 € am 20. November 2012 und der von diesem geleisteten Erstattung der überzahlten SGB-II-Leistungen am 3. Dezember 2012 über 5.070,34 € in dem hier in Rede stehenden Zeitraum ab Januar 2013 ersichtlich unter dem Vermögensschonbetrag von 10.000 € lag. 46Dass die Doppelhaushälfte W. . °° in I1. am T. nicht im Eigentum der Klägerin selbst steht, steht der Berücksichtigung der Immobilie als für die Heimkosten der Klägerin einzusetzender Vermögensgegenstand als solches nicht entgegen. Denn § 12 Abs. 3 Satz 1 PfG NRW schreibt bei nicht getrennt lebenden Eheleuten ausdrücklich die vollständige Zusammenrechnung des Vermögens vor. 47Dass es sich im Beurteilungszeitraum bei der Klägerin und ihrem Ehemann um nicht getrennt lebende Eheleute gehandelt hat, hat die Kammer bereits in ihrem Eilbeschluss vom 21. Januar 2015 im Verfahren 11 L 1752/14 ausführlich dargelegt; hierauf wird Bezug genommen. An der dortigen Einschätzung ist festzuhalten, zumal die Eheleute sich selbst im Verwaltungsverfahren gerade nicht als getrennt lebend bezeichnet haben und auch für die Betreuerin der Klägerin nach deren Bekundungen in der mündlichen Verhandlung nichts auf eine Trennung hindeutete. 48Die Kammer hat zudem in dem oben bereits bezeichneten Eilbeschluss vom 21. Januar 2015 ausführlich dargelegt, dass das Hausgrundstück des Ehemannes der Klägerin nicht angemessen im Sinne des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII und deshalb nach § 12 Abs. 3 Satz 2 PfG NRW i.V.m. § 90 Abs. 1 SGB XII als – den Vermögensschonbetrag im Wert weit übersteigendes – Vermögen der Eheleute für die Heimkosten der Klägerin grundsätzlich einzusetzen bzw. zu verwerten ist; auch hieran ist festzuhalten. 49Indessen würde es für die Klägerin unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles eine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII (vgl. auch § 25 f Abs. 1 BVG) bedeuten, sie auf den Einsatz des Hausgrundstückes ihres Ehemannes zu verweisen. 50Nach dem allgemein gefassten § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII gehört ein Vermögensgegenstand zum sogenannten "Schonvermögen", soweit dessen Verwertung für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Nach dem für das Sozialhilferecht entwickelten Verständnis setzt Härte grundsätzlich eine Fallgestaltung voraus, die nach den Leitvorstellungen des § 90 Abs. 2 SGB XII vom Vermögenseinsatz frei bleiben soll, aber wegen ihrer Atypik nicht von der dortigen Aufzählung erfasst werden konnte. 51Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 2008 – 16 A 1409/07 – juris, m.w.N. 52Der Begriff der Härte ist vorliegend über das sozialhilferechtliche Grundverständnis hinaus aber in seinem spezifisch pflegewohngeldrechtlichen Regelungszusammenhang zu bestimmen. Über den Verweis in § 12 Abs. 3 Satz 2 PfG NRW ist die sozialhilferechtliche Rechtslage nicht unverändert in das Pflegewohngeldrecht übernommen worden. Die Verweisung hat vielmehr vorwiegend die gesetzestechnische Aufgabe, die Anspruchsvoraussetzungen für den Erhalt von Pflegewohngeld möglichst kurz gefasst und ohne überflüssige Wiederholungen zu regeln. Zur Auslegung des Begriffs der Härte im Pflegewohngeldrecht hat das OVG NRW, 53vgl. Urteil vom 14. Oktober 2008, a.a.O.; s. auch Urteil vom 16. November 2009 – 12 A 1363/09 –, juris, 54ausgeführt, dass der Regelung zunächst eine Korrekturfunktion zukomme, indem sie den offensichtlich zu weit ausgreifenden Vermögensbegriff dergestalt bereinige, dass diejenigen Vermögensgegenstände von der Einsatzpflicht ausgenommen würden, die nach dem Landespflegegesetz NRW freigestellt bleiben sollten. Zudem verfolge das Landespflegegesetz mit dem Pflegewohngeld unter anderem das Anliegen, die Zahl derjenigen zu verringern, die im Pflegefall auf Sozialhilfe oder Leistungen der Kriegsopferfürsorge angewiesen seien. Die Koppelung des Pflegewohngelds an die Voraussetzungen, unter denen Sozialhilfe bzw. Kriegsopferfürsorge gewährt werde, diene in diesem Zusammenhang in erster Linie dazu, die Investitionsförderung aus öffentlichen Mitteln so zu begrenzen, dass sie innerhalb des zugleich gesteckten sozialpolitischen Rahmens bliebe. Im Ausgangspunkt solle Pflegewohngeld demzufolge immer dann gewährt werden, wenn sonst die Sozialhilfe oder die Kriegsopferfürsorge eingreifen müsste, um den Heimbewohner in den Stand zu setzen, die nicht gedeckten Investitionskosten für das Pflegeheim zu begleichen. Daraus folge, dass der sozialpolitische Gesetzeszweck nur erreicht werde, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegewohngeld und von Sozialhilfe oder Kriegsopferfürsorge im Grundsatz übereinstimmten. Das Landespflegegesetz NRW gehe jedoch weiter. Es wolle nicht lediglich die sozialhilferechtliche Bedürftigkeit vermeiden, sondern habe diesen Ausgangspunkt zugunsten des Heimbewohners weiterentwickelt. Es privilegiere den Heimbewohner, indem es das Pflegewohngeld bereits bei einer Einkommens- und Vermögenslage gewähre, die den Bezug von Sozialhilfe- bzw. Kriegsopferfürsorgeleistungen noch ausschließe. 55Von diesem Maßstäben ausgehend träfe die Klägerin der Verweis auf den Einsatz des Vermögens ihres im Beurteilungszeitraum von ihr nicht getrennt lebenden Ehegatten hart im spezifisch pflegewohngeldrechtlichen Sinne von § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII, da ihr Ehemann nach den besonderen Umständen des vorliegenden Falles glaubhaft zu keinem Zeitpunkt bereit war, sein im Sinne des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII nicht angemessenes Hausgrundstück für ihre Heimkosten einzusetzen und die Klägerin selbst keine rechtlichen Möglichkeiten hatte und hat, auf diese Immobilie Zugriff zu nehmen bzw. im Zusammenhang damit stehende Ansprüche gegen ihren Ehemann zu verfolgen. Die in § 12 Abs. 3 Satz 1 PfG NRW zugrunde gelegte Einstandsgemeinschaft der Eheleute liegt in einem solchen Fall nicht vor. Hat die Klägerin aber keine Möglichkeit, den Verlust ihres Heimplatzes abzuwenden, so gehört das Hausgrundstück ihres Ehemannes zum Schonvermögen. 56Der Ehemann der Klägerin ist seit 1987 Alleineigentümer des Hausgrundstückes W. . °° in I1. am T. , das bereits zuvor im Eigentum seiner Familie stand. Der Einsatz der Immobilie ist nach der bereits Jahre vor der Heimaufnahme der Klägerin gegebenen Hilfebedürftigkeit der Eheleute weder von der für die Klägerin zuständigen SGB-II-Behörde noch von dem für ihren Ehemann zuständigen Jobcenter verlangt worden; für den Ehemann der Klägerin gilt dies aus nicht nachvollziehbaren Gründen bis heute, obwohl anscheinend ein Teil des Hauses mittlerweile sogar vermietet ist. Nach der Heimaufnahme der Klägerin hat der Ehemann der Klägerin sich zunächst insbesondere unter Hinweis auf diese Umstände gegen den Einsatz seines Hauses für die Heimkosten der Klägerin gewandt. Er war schon damals weder bereit, das Haus zu verkaufen noch das Darlehensangebot des Beklagten anzunehmen und im Gegenzug eine Grundschuld zu bestellen. Vielmehr hat er sich nachfolgend noch auf eine angeblich von der Klägerin ausgehende Trennung von ihm berufen, die nach Auffassung des Gerichts keinen realen Hintergrund hatte, um sein Vermögen nicht für die Klägerin verwenden zu müssen. Dass es dem Ehemann der Klägerin ernst war mit der Weigerung, seine Immobilie für die Heimkosten der Klägerin zu verwenden, macht hier zudem gerade auch der Umstand deutlich, dass selbst nach der Kündigung des Heimvertrages und nach der anscheinend erfolgreichen Räumungsklage des Heimes es zu keiner Verhaltensänderung bei dem Ehemann der Klägerin gekommen ist. Offenkundig ist ihm der Erhalt seines Hausgrundstücks deutlich wichtiger als der Erhalt des Heimplatzes seiner Noch-Ehefrau und damit deren Schicksal. 57Die Klägerin selbst hatte im Bewilligungszeitraum auch keine Möglichkeit, ihren Ehemann auf den Einsatz seines Hausgrundstücks für ihre Heimkosten in Anspruch zu nehmen. Angesichts seines Alleineigentums konnte und kann nur er über die Immobilie unmittelbar verfügen; zudem gibt es während der Ehezeit keine vermögensrechtlichen Ausgleichsansprüche und angesichts des eigenen Bezugs von Sozialleistungen durch den Ehemann nicht einmal unterhaltsrechtliche Ansprüche der Klägerin gegen ihren Ehemann, die sie für ihre Heimkosten hätte nutzbar machen können. Die Klägerin hatte und hat damit letztlich keine Möglichkeit, den Verlust ihres Heimplatzes abzuwenden, was sich angesichts der glaubhaften Weigerung ihres Ehemannes zum Einsatz seines Hausgrundstücks als Härte darstellt. 58Dass bei einer derartigen Fallgestaltung eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII anzunehmen ist, folgt letztlich auch aus einem Vergleich mit den im Sozialhilferecht und damit vorliegend für den Bereich der Hilfe zur Pflege geltenden Vorschriften. So dürfte für die Klägerin aus § 19 Abs. 5 i.V.m. § 61 SGB XII für die weiteren ungedeckten Heimkosten ein Anspruch auf „erweiterte“ Sozialhilfe folgen, da sie sich in einer Notlage befindet, der sie trotz fehlender Bedürftigkeit nicht begegnen kann, weil sie weder tatsächlich noch rechtlich auf das Vermögen ihres Ehemannes zurückgreifen kann, 59vgl. hierzu allgemein LSG NRW, Beschluss vom 26. November 2014 – L 9 SO 429/14 B –, juris, Rdnr. 35. 60Zwar verweist § 12 Abs. 3 Satz 2 PfG NRW nicht auf § 19 Abs. 5 SGB XII, so dass dieser hier nicht als solches anwendbar ist. Indessen soll von den oben dargelegten Grundsätzen ausgehend das Pflegewohngeld gerade eine Sozialhilfebedürftigkeit verhindern und der Heimbewohner gegenüber dem Sozialhilfeempfänger durch das Landespflegegesetz privilegiert werden, indem Pflegewohngeld bereits bei einer Einkommens- und Vermögenslage gewährt wird, die den Bezug von Sozialhilfe- bzw. Kriegsopferfürsorgeleistungen noch ausschließt. Der vom Gesetzgeber gewollten Privilegierung des Heimbewohners würde es aber letztlich widersprechen, wenn ihm nicht genauso wie einem Sozialhilfeempfänger Leistungen der öffentlichen Hand gewährt würden, um den drohenden Verlust des Heimplatzes abzuwenden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie im vorliegenden Fall der Ehegatte des Heimbewohners alleiniger Eigentümer eines an sich einzusetzenden Vermögensgegenstandes ist und in glaubhafter Weise nicht zum Vermögenseinsatz bereit ist und dem Heimbewohner in diesem Zusammenhang selbst keine Ansprüche gegen den Ehegatten zustehen. In diesen Fällen liegt es auf der Hand, eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII anzunehmen, weil der Heimbewohner sonst zwar über § 19 Abs. 5 i.V.m. § 61 SGB XII einen Anspruch auf „erweiterte“ Sozialhilfe und damit im Ergebnis auf die Übernahme der weitergehenden ungedeckten Heimkosten hat, aber allein durch die fehlende Zahlung von Pflegewohngeld seinen Heimplatz verlieren würde, ohne eine Möglichkeit zu haben, dies abzuwenden. 61Da die investiven Kosten für den Heimaufenthalt der Klägerin jedenfalls Anfang 2013 bei 22,98 € täglich lagen, folgt daraus ein monatlicher Pflegewohngeldanspruch von zunächst 699,05 € monatlich. 62Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 und 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO und entspricht bezogen auf den Gegenstandswert mit den angefallenen Anwaltskosten dem Anteil des Obsiegens bzw. Unterliegens sowie den kostenrechtlichen Folgen der (teilweisen) Klagerücknahmen. 63Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. | das verfahren wird eingestellt, soweit die kläger die klagezurückgenommen haben. im übrigen wird der beklagte unter entsprechender aufhebung seines bescheides vom 8. märz 2013 verpflichtet, für die vollstationäre unterbringung der klägerin im °°°°°°°° pflege- und betreuungs°°°°° in s. ab dem 1. januar 2013 bis zum 1. oktober 2013 pflegewohngeld in höhe von zunächst 699,05 euro monatlich zu zahlen. die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die klägerin zu 1/6, der kläger zu 1/3 und der beklagte zu 1/2. der jeweilige vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung gegen sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des jeweils beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2die am °°. °°° 1961 in manila/philippinen geborene klägerin ist seit 1993 bzw. 1994 mit dem kläger verheiratet. mit beschluss des amtsgerichts n. vom 13. märz 2012 wurde für sie frau n1. i. endgültig zur betreuerin bestellt. 3seit dem 5. september 2012 befindet sich die klägerin nach einem vorangegangenen krankenhausaufenthalt im °°°°°°° pflege- und betreuungs°°°°° in s. , und zwar zunächst im rahmen der kurzzeitpflege und seit dem 2. oktober 2012 zur vollstationären pflege. anträge auf übernahme der ungedeckten kosten für die kurzzeitpflege sowie der kosten für die vollstationäre heimunterbringung wurden am 3. september 2012 und 1. oktober 2012 durch die betreuerin gestellt. am 2. oktober 2012 beantragte auch das pflegeheim die gewährung von pflegewohngeld und sozialhilfe für den vollstationären heimaufenthalt ab dem 2. oktober 2012. 4mit wirkung vom 3. oktober 2012 wurden der klägerin erstmals leistungen bei pflegebedürftigkeit bewilligt, und zwar unmittelbar nach der pflegestufe iii. nach dem der entscheidung zugrunde liegenden mdk-gutachten leidet die klägerin an einer paranoiden schizophrenie, welche sich über jahre bei einem starken, nicht erfüllten kinderwunsch entwickelt habe. nach dem tod ihrer eltern sei sie vollkommen auffällig geworden. sie habe nichts mehr gemacht und alles verweigert, inklusive nahrung und trinken. sie sei psychiatrisch behandelt worden und habe eine peg bekommen. bei der heimaufnahme sei sie bedingt durch die große aufnahme von psychopharmaka nicht mehr ansprechbar gewesen. der ehemann komme unregelmäßig zum besuch. als grund für die notwendigkeit vollstationärer pflege wurde im mdk-gutachten die überforderung der pflegeperson angegeben. 5im fragebogen zur begründung der heimpflegebedürftigkeit gab die betreuerin der klägerin an, dass die klägerin vor der heimaufnahme in haushaltsgemeinschaft mit dem ehepartner gelebt habe, der auch die pflege ausgeübt habe. 6im formularantrag auf hilfen in einrichtungen vom 16. oktober 2012, der von der betreuerin sowie dem ehemann der klägerin unterzeichnet wurde, wurde bei familienstand der pflegebedürftigen person „verheiratet“, nicht aber „getrennt lebend“ angekreuzt. 7zum einkommen der eheleute ergab sich aus den zunächst vorgelegten unterlagen, dass die klägerin selbst eine rente wegen voller erwerbsminderung über 91,02 € (netto) monatlich bezog und darüber hinaus grundsicherungsleistungen im alter und bei erwerbsminderung nach dem sgb xii, wobei insoweit neben dem renteneinkommen ein weiteres einkommen über insgesamt 150,00 € monatlich aus zwei tätigkeiten als zustellerin des sonntagsblattes und platzwartin angerechnet wurde. die grundsicherungsleistungen wurden dabei wunschgemäß auf das konto des ehemannes und klägers überwiesen. der kläger seinerseits bezog leistungen zur sicherung des lebensunterhalts nach dem sgb ii. 8in vermögensrechtlicher hinsicht war den anfangs eingereichten unterlagen zum 5. september 2012 zu entnehmen, dass für die klägerin ein sparkonto mit einem guthaben von 7,29 € und ein girokonto mit einem guthaben von 52,10 € bei der sparkasse i1. am t. bestand. für den kläger wurden ein girokonto (nr. 6511158, p-konto) mit einem guthaben über 1.411,89 € sowie zwei darlehenskonten über-23.425,81 € (nr. 60057924) und -24.329,96 € (nr. 60057932) bei der genannten sparkasse nachgewiesen. 9darüber hinaus war und ist der kläger seit 1987 eigentümer des mit einem wohnhaus bebauten grundstücks w. . °° in i1. am t. . im erhebungsbogen gab der kläger zu dieser damals wohl ausschließlich selbst bewohnten immobilie an, dass es sich um ein im jahr 1937 erbautes einfamilienhaus mit einer wohnfläche von 130 qm handele; das grundstück sei 700 qm groß. hierauf bezögen sich auch die darlehensschulden. im grundbuch eingetragen war ein wohnrecht für die bereits verstorbene mutter des klägers k. t1. . aus den zur akte genommen kopien aus der bauakte ergibt sich indessen lediglich eine wohnfläche von 112,24 qm. darüber hinaus handelt es sich bei der immobilie konkret um eine doppelhaushälfte. 10nachfolgend erfuhr zunächst das jobcenter s. und anschließend auch der beklagte, dass vier konten bei der volksbank i1. am t. verschwiegen worden waren, und zwar ein kontokorrentkonto über 1.257,25 €, ein geschäftskonto über 15,00 € sowie zwei spareinlagen über 20.604,41 € (kläger) und 32,69 € (klägerin) jeweils zum 5. september 2012. 11die betreuerin der klägerin gab hierzu an, dass der ehemann das vermögen nach eigenen angaben illegal erworben habe, indem er schrumpfköpfe aus amerika importiert und weiter verkauft habe, weshalb er das sparbuch nicht angegeben habe. der kläger sei nicht bereit, dieses vermögen zur deckung der heimkosten seiner ehefrau einzusetzen. 12im hinblick auf das verschwiegene vermögen nahm das jobcenter mit bescheiden vom 23. oktober 2012 und 22. november 2012 die zugunsten des klägers erfolgte bewilligung von sgb-ii-leistungen für den zeitraum ab dem 1. februar 2012 zurück bzw. hob diese auf und forderte eine erstattung der leistungen in höhe von insgesamt 5.070,34 €. diesen betrag überwies der kläger am 3. dezember 2012 an die kreiskasse s. . weitere 10.000 € hatte der kläger bereits am 20. november 2012 zur darlehenssondertilgung verwandt und auf sein darlehenskonto bei der sparkasse i1. am t. mit der nr. 60057924 eingezahlt. 13in einem internen vermerk legte der beklagte dar, dass das grundstück des klägers nach dem bodenrichtwert ohne aufstehendes gebäude ca. 122.500 € wert sei. abzüglich der schulden verblieben noch 79.744,23 €, so dass im hinblick auf die heimkosten ein darlehen in höhe von 56.000 € angebracht sei. 14mit bescheid vom 5. februar 2013 lehnte der beklagte die zahlung von hilfe zur pflege ab, erklärte aber zugleich die bereitschaft, ein darlehen in höhe von 56.000 € unter der bedingung zu bewilligen, dass der rückzahlungsanspruch umgehend durch bestellung einer grundschuld gesichert werde. bei der immobilie handele es sich um nicht geschütztes vermögen. allerdings würde die sofortige verwertung für den ehemann der klägerin eine härte bedeuten, weshalb die sozialhilfe als darlehen gewährt werde. 15hiergegen erhoben die kläger durch ihre prozessbevollmächtigte widerspruch, zu dessen begründung sie vortrugen, dass es sich bei der immobilie um nicht verwertbares vermögen nach § 90 abs. 1 sgb xii handele. so beziehe der kläger selbst sozialleistungen. in diesem rahmen sei das hausgrundstück als nicht einzusetzendes vermögen gewürdigt worden. auch verfüge der kläger über keinerlei altersrücklagen, weshalb die verwertung unbillig sei. schließlich lebten die eheleute nunmehr räumlich getrennt, so dass ohnehin fraglich sei, inwieweit die eheleute noch als bedarfsgemeinschaft angesehen werden könnten. 16mit bescheid vom 8. märz 2013 lehnte der beklagte die gewährung von pflegewohngeld wegen des vorhandenen vermögens der eheleute ab. der ehemann der klägerin sei eigentümer eines unangemessenen hausgrundstücks, das nicht gemäß § 90 abs. 2 oder 3 sgb xii geschützt sei. es sei hier von einem erheblichen wert auszugehen. hier hätten bereite mittel zur verfügung gestanden, wenn der ehemann der klägerin das darlehensangebot angenommen hätte. seine verweigerung gehe zu seinen lasten. die eheleute stellten auch eine einkommen- und vermögensgemeinschaft dar, weil sie sich für nicht getrennt lebend erklärt hätten. eine räumliche trennung sei nach der rechtsprechung im übrigen unerheblich. 17mit einem weiteren bescheid vom selben tag lehnte der beklagte auch die gewährung von leistungen der hilfe zur pflege für die ungedeckten heimkosten der kurzzeitpflege und für den dauerhaften heimaufenthalt ab, wogegen die klägerin widerspruch erhob. 18die kläger haben am 10. april 2013 die vorliegende klage erhoben. 19der kläger hat seine klage bereits am 17. juni 2013 auf gerichtlichen hinweis vollumfänglich zurückgenommen. 20zur begründung ihrer klage trägt die klägerin vor: 21hinsichtlich des grundvermögens ihres ehemannes sei zweifelhaft, ob es sich um verwertbares vermögen handele. denn ihr ehemann sei seit langem bezieher von leistungen nach dem sgb ii. hier sei die immobilie nicht als verwertbares vermögen angesehen worden, weil es für den ehemann angesichts der nur geringen wohnkosten wesentlich wirtschaftlicher sei, die immobilie nicht zu beleihen oder zu verkaufen. erst nachdem im rahmen des vorliegenden verfahrens die frage der berücksichtigung der immobilie neu aufgeworfen worden sei, habe das jobcenter leistungen nach dem sgb ii nur noch als darlehen bewilligt; dem hiergegen eingelegten widerspruch sei indessen mittlerweile stattgegeben worden. die rechtliche beurteilung könne hier damit nicht anders sein. zudem habe der beklagte ihr selbst vor der heimaufnahme leistungen nach dem sgb xii bewilligt, sei mithin damals ebenfalls davon ausgegangen, dass kein anzurechnendes vermögen vorhanden gewesen sei. auch sei das schonvermögen im hinblick auf die für gemischte bedarfsgemeinschaften geltenden grundsätze falsch berechnet worden. 22hinsichtlich des grundvermögens sei zudem die frage der bereiten mittel zu prüfen; entsprechende feststellungen seien hier nicht getroffen worden. 23im übrigen sei das vermögen ihres ehemannes schon deshalb nicht berücksichtigungsfähig, weil dieser nicht mehr in einer bedarfs- und einstandsgemeinschaft mit ihr lebe. vielmehr seien sie wie getrennt lebende eheleute zu behandeln. schon längere zeit vor der heimaufnahme habe sie - die klägerin - die absicht gehabt, wieder auf die philippinen zurückzukehren. deshalb hätte sie im beisein ihres ehemannes und einer bekannten zunächst einen pass beantragt. auch seien bereits flugtickets gekauft worden, die allein aus gesundheitlichen gründen nicht genutzt worden seien. ihr ehemann habe sie begleiten wollen, da sie nicht in der lage gewesen wäre, alleine zu fliegen. für sie sei ebenfalls ein rückflug gebucht worden, weil ein hin- und rückflugticket billiger gewesen sei als nur ein hinflugticket. die absicht zur rückkehr auf die philippinen sei auch zwei bekannten mitgeteilt worden. 24der ehemann habe durch sein verhalten nach der heimaufnahme zudem gezeigt, dass er nicht mehr bereit sei, für seine ehefrau einzustehen. denn er habe sein sparbuch ausschließlich für seine belange eingesetzt und sich geweigert, eine grundschuldbestellung für die heimkosten vorzunehmen. 25mit schriftsatz vom 13. april 2015 hat der kläger und ehemann der klägerin beim amtsgericht (familiengericht) n. die scheidung beantragt und dabei vorgetragen, dass sich die klägerin im juni 2012 von ihm getrennt habe. daraufhin hat der beklagte der klägerin mit bescheid vom 16. juni 2015 für den zeitraum 1. mai 2015 bis 30. april 2016 pflegewohngeld bewilligt. 26die klägerin hat zunächst beantragt, 27den beklagten zu verpflichten, den bescheid des beklagten vom 8. märz 2013 aufzuheben und ihr pflegewohngeld nach den gesetzlichen regelungen ab dem 2. oktober 2012 zu bewilligen. 28in der mündlichen verhandlung hat die klägerin nunmehr den antrag gestellt, 29den beklagten unter aufhebung seines bescheides vom 8. märz 2012 zu verpflichten, für ihre vollstationäre unterbringung im °°°°°°°° pflege- und betreuungs°°°°°° in s. ab dem 1. januar 2013 pflegewohngeld in höhe von monatlich zunächst 699,05 € zu bewilligen. 30der beklagte beantragt, 31die klage abzuweisen. 32der gewährung von pflegewohngeld habe in der vergangenheit das vermögen des ehemannes der klägerin, namentlich in form der nicht geschützten immobilie, entgegengestanden. das hausgrundstück habe auch verwertbares vermögen dargestellt, da seitens des beklagten ein darlehensbescheid ergangen sei. bei den eheleuten sei bis zum scheidungsantrag auch nicht von einer trennung auszugehen, da es nach den vorliegenden gesamtumständen an dem notwendigen trennungswillen gefehlt habe. im verwaltungsverfahren habe der ehemann der klägerin verschiedene unterlagen zur einkommens- und vermögenssituation vorgelegt, ohne sich auf eine nichtberücksichtigung seines vermögens wegen getrenntlebens zu berufen. 33der beklagte hat im klageverfahren ein von der kommunalen bewertungsstelle erstelltes wertermittlungsgutachten bezüglich des hausgrundstücks des ehemannes der klägerin vom 27. juni 2014 vorgelegt, das einen verkehrswert von ca. 150.000 € ausweist. die wohnfläche der doppelhaushälfte mit anbau liege bei rund 109 qm. 34die kammer hat der klägerin mit beschluss vom 2. juni 2014 prozesskostenhilfe bewilligt. 35im zugehörigen eilverfahren 11 l 1752/14 hat die kammer mit beschluss vom 21. januar 2015 den antrag auf erlass einer einstweiligen anordnung nach der kündigung des heimvertrages abgelehnt. in den gründen ist darauf abgestellt worden, dass sich ein getrenntleben der eheleute nicht hinreichend sicher habe feststellen lassen und das grundvermögen des ehemannes einer bewilligung von pflegewohngeld entgegen stehe. 36nachdem das pflegeheim eine räumungsklage erhoben hat, hat die klägerin einen weiteren antrag auf erlass einer einstweiligen anordnung gestellt, den die kammer mit beschluss vom 7. september 2015 (11 l 1382/15) ebenfalls abgelehnt hat. 37ein sozialgerichtliches eilverfahren auf leistungen der hilfe zur pflege hatte ebenfalls keinen erfolg. ein entsprechendes klageverfahren ist noch anhängig. 38wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten 11 k 1952/13, 11 l 1752/14 und 11 l 1382/15 sowie die verwaltungsvorgänge des beklagten bezug genommen. 39 | 40soweit der kläger die pflegewohnrechtliche klage am 17. juni 2013 vollumfänglich und die klägerin in der mündlichen verhandlung für den zeitraum vom 2. oktober 2012 bis zum 31. dezember 2012 teilweise zurückgenommen haben, ist das verfahren gemäß § 92 abs. 3 satz 1 vwgo einzustellen. dadurch dass die klägerin in der mündlichen verhandlung vom 4. november 2015 lediglich die gewährung von pflegewohngeld ab dem 1. januar 2013 beantragt hat, während es ihr anfangs gemäß der ebenfalls in der mündlichen verhandlung erfolgten klarstellung um eine leistungsgewährung ab dem 2. oktober 2012 gegangen ist, hat sie inzident die klage für den oben bezeichneten zeitraum zurückgenommen. 41im übrigen ist die klage der klägerin zulässig und begründet. 42da pflegewohngeld nach § 7 abs. 2 satz 1 der im bewilligungszeitraum noch geltenden pflegeeinrichtungsförderverordnung vom 15. oktober 2003 – bei fortbestand der berechtigung – für einen zeitraum von zwölf monaten bewilligt wird, in zulässiger weise mithin auch im klageverfahren nur ein entsprechendes begehren verfolgt werden kann, ist vorliegend angesichts der teilrücknahme nur noch der zeitraum vom 1. januar 2013 bis zum 1. oktober 2013 streitgegenstand. hiermit in einklang steht auch, dass die prozessbevollmächtigte der klägerin in der mündlichen verhandlung erklärt hat, dass bei dem beklagten folgeanträge bereits gestellt worden seien. 43die klägerin hat einen anspruch darauf, dass für den von ihr genutzten heimplatz in dem hier noch in rede stehenden zeitraum pflegewohngeld gezahlt wird. der ablehnungsbescheid des beklagten vom 8. märz 2013 erweist sich damit insoweit als rechtswidrig (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). 44die gewährung von pflegewohngeld setzt nach dem bis zum 15. oktober 2014 und damit im bewilligungszeitraum geltenden und hier noch anzuwendenden § 12 abs. 3 pflg nrw voraus, dass das einkommen und das vermögen des heimbewohners im sinne des absatzes 2 und seines nicht getrennt lebenden ehegatten zur finanzierung der aufwendungen für investitionskosten ganz oder teilweise nicht ausreicht (satz 1). die vorschriften des ersten bis dritten abschnitts des elften kapitels des sgb xii und die §§ 25 ff. bvg zur bestimmung des anrechenbaren einkommens und des vermögens bei der stationären hilfe zur pflege gelten entsprechend (satz 2). die gewährung von pflegewohngeld darf zudem nicht abhängig gemacht werden von dem einsatz oder der verwertung kleinerer barbeträge und sonstiger geldwerte in höhe von bis zu 10.000 euro (so § 12 abs. 3 satz 4 pfg nrw). 45vorliegend ist allein streitig, ob das vermögen des ehemannes der klägerin der pflegewohngeldbewilligung entgegensteht, was im ergebnis zu verneinen ist. dabei ist nur das im alleineigentum des ehemannes der klägerin stehende einfamilienhaus (doppelhaushälfte) als vermögensgegenstand in den blick zu nehmen, da das auf den bankkonten der eheleute vorhandene guthaben, das bei der heimaufnahme der klägerin noch bei insgesamt 23.380,63 € lag, nach der darlehenssondertilgung des ehemannes der klägerin über 10.000 € am 20. november 2012 und der von diesem geleisteten erstattung der überzahlten sgb-ii-leistungen am 3. dezember 2012 über 5.070,34 € in dem hier in rede stehenden zeitraum ab januar 2013 ersichtlich unter dem vermögensschonbetrag von 10.000 € lag. 46dass die doppelhaushälfte w. . °° in i1. am t. nicht im eigentum der klägerin selbst steht, steht der berücksichtigung der immobilie als für die heimkosten der klägerin einzusetzender vermögensgegenstand als solches nicht entgegen. denn § 12 abs. 3 satz 1 pfg nrw schreibt bei nicht getrennt lebenden eheleuten ausdrücklich die vollständige zusammenrechnung des vermögens vor. 47dass es sich im beurteilungszeitraum bei der klägerin und ihrem ehemann um nicht getrennt lebende eheleute gehandelt hat, hat die kammer bereits in ihrem eilbeschluss vom 21. januar 2015 im verfahren 11 l 1752/14 ausführlich dargelegt; hierauf wird bezug genommen. an der dortigen einschätzung ist festzuhalten, zumal die eheleute sich selbst im verwaltungsverfahren gerade nicht als getrennt lebend bezeichnet haben und auch für die betreuerin der klägerin nach deren bekundungen in der mündlichen verhandlung nichts auf eine trennung hindeutete. 48die kammer hat zudem in dem oben bereits bezeichneten eilbeschluss vom 21. januar 2015 ausführlich dargelegt, dass das hausgrundstück des ehemannes der klägerin nicht angemessen im sinne des § 90 abs. 2 nr. 8 sgb xii und deshalb nach § 12 abs. 3 satz 2 pfg nrw i.v.m. § 90 abs. 1 sgb xii als – den vermögensschonbetrag im wert weit übersteigendes – vermögen der eheleute für die heimkosten der klägerin grundsätzlich einzusetzen bzw. zu verwerten ist; auch hieran ist festzuhalten. 49indessen würde es für die klägerin unter berücksichtigung der konkreten umstände des vorliegenden falles eine härte im sinne von § 90 abs. 3 satz 1 sgb xii (vgl. auch § 25 f abs. 1 bvg) bedeuten, sie auf den einsatz des hausgrundstückes ihres ehemannes zu verweisen. 50nach dem allgemein gefassten § 90 abs. 3 satz 1 sgb xii gehört ein vermögensgegenstand zum sogenannten "schonvermögen", soweit dessen verwertung für den, der das vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten angehörigen eine härte bedeuten würde. nach dem für das sozialhilferecht entwickelten verständnis setzt härte grundsätzlich eine fallgestaltung voraus, die nach den leitvorstellungen des § 90 abs. 2 sgb xii vom vermögenseinsatz frei bleiben soll, aber wegen ihrer atypik nicht von der dortigen aufzählung erfasst werden konnte. 51vgl. ovg nrw, urteil vom 14. oktober 2008 – 16 a 1409/07 – juris, m.w.n. 52der begriff der härte ist vorliegend über das sozialhilferechtliche grundverständnis hinaus aber in seinem spezifisch pflegewohngeldrechtlichen regelungszusammenhang zu bestimmen. über den verweis in § 12 abs. 3 satz 2 pfg nrw ist die sozialhilferechtliche rechtslage nicht unverändert in das pflegewohngeldrecht übernommen worden. die verweisung hat vielmehr vorwiegend die gesetzestechnische aufgabe, die anspruchsvoraussetzungen für den erhalt von pflegewohngeld möglichst kurz gefasst und ohne überflüssige wiederholungen zu regeln. zur auslegung des begriffs der härte im pflegewohngeldrecht hat das ovg nrw, 53vgl. urteil vom 14. oktober 2008, a.a.o.; s. auch urteil vom 16. november 2009 – 12 a 1363/09 –, juris, 54ausgeführt, dass der regelung zunächst eine korrekturfunktion zukomme, indem sie den offensichtlich zu weit ausgreifenden vermögensbegriff dergestalt bereinige, dass diejenigen vermögensgegenstände von der einsatzpflicht ausgenommen würden, die nach dem landespflegegesetz nrw freigestellt bleiben sollten. zudem verfolge das landespflegegesetz mit dem pflegewohngeld unter anderem das anliegen, die zahl derjenigen zu verringern, die im pflegefall auf sozialhilfe oder leistungen der kriegsopferfürsorge angewiesen seien. die koppelung des pflegewohngelds an die voraussetzungen, unter denen sozialhilfe bzw. kriegsopferfürsorge gewährt werde, diene in diesem zusammenhang in erster linie dazu, die investitionsförderung aus öffentlichen mitteln so zu begrenzen, dass sie innerhalb des zugleich gesteckten sozialpolitischen rahmens bliebe. im ausgangspunkt solle pflegewohngeld demzufolge immer dann gewährt werden, wenn sonst die sozialhilfe oder die kriegsopferfürsorge eingreifen müsste, um den heimbewohner in den stand zu setzen, die nicht gedeckten investitionskosten für das pflegeheim zu begleichen. daraus folge, dass der sozialpolitische gesetzeszweck nur erreicht werde, wenn die voraussetzungen für die gewährung von pflegewohngeld und von sozialhilfe oder kriegsopferfürsorge im grundsatz übereinstimmten. das landespflegegesetz nrw gehe jedoch weiter. es wolle nicht lediglich die sozialhilferechtliche bedürftigkeit vermeiden, sondern habe diesen ausgangspunkt zugunsten des heimbewohners weiterentwickelt. es privilegiere den heimbewohner, indem es das pflegewohngeld bereits bei einer einkommens- und vermögenslage gewähre, die den bezug von sozialhilfe- bzw. kriegsopferfürsorgeleistungen noch ausschließe. 55von diesem maßstäben ausgehend träfe die klägerin der verweis auf den einsatz des vermögens ihres im beurteilungszeitraum von ihr nicht getrennt lebenden ehegatten hart im spezifisch pflegewohngeldrechtlichen sinne von § 90 abs. 3 satz 1 sgb xii, da ihr ehemann nach den besonderen umständen des vorliegenden falles glaubhaft zu keinem zeitpunkt bereit war, sein im sinne des § 90 abs. 2 nr. 8 sgb xii nicht angemessenes hausgrundstück für ihre heimkosten einzusetzen und die klägerin selbst keine rechtlichen möglichkeiten hatte und hat, auf diese immobilie zugriff zu nehmen bzw. im zusammenhang damit stehende ansprüche gegen ihren ehemann zu verfolgen. die in § 12 abs. 3 satz 1 pfg nrw zugrunde gelegte einstandsgemeinschaft der eheleute liegt in einem solchen fall nicht vor. hat die klägerin aber keine möglichkeit, den verlust ihres heimplatzes abzuwenden, so gehört das hausgrundstück ihres ehemannes zum schonvermögen. 56der ehemann der klägerin ist seit 1987 alleineigentümer des hausgrundstückes w. . °° in i1. am t. , das bereits zuvor im eigentum seiner familie stand. der einsatz der immobilie ist nach der bereits jahre vor der heimaufnahme der klägerin gegebenen hilfebedürftigkeit der eheleute weder von der für die klägerin zuständigen sgb-ii-behörde noch von dem für ihren ehemann zuständigen jobcenter verlangt worden; für den ehemann der klägerin gilt dies aus nicht nachvollziehbaren gründen bis heute, obwohl anscheinend ein teil des hauses mittlerweile sogar vermietet ist. nach der heimaufnahme der klägerin hat der ehemann der klägerin sich zunächst insbesondere unter hinweis auf diese umstände gegen den einsatz seines hauses für die heimkosten der klägerin gewandt. er war schon damals weder bereit, das haus zu verkaufen noch das darlehensangebot des beklagten anzunehmen und im gegenzug eine grundschuld zu bestellen. vielmehr hat er sich nachfolgend noch auf eine angeblich von der klägerin ausgehende trennung von ihm berufen, die nach auffassung des gerichts keinen realen hintergrund hatte, um sein vermögen nicht für die klägerin verwenden zu müssen. dass es dem ehemann der klägerin ernst war mit der weigerung, seine immobilie für die heimkosten der klägerin zu verwenden, macht hier zudem gerade auch der umstand deutlich, dass selbst nach der kündigung des heimvertrages und nach der anscheinend erfolgreichen räumungsklage des heimes es zu keiner verhaltensänderung bei dem ehemann der klägerin gekommen ist. offenkundig ist ihm der erhalt seines hausgrundstücks deutlich wichtiger als der erhalt des heimplatzes seiner noch-ehefrau und damit deren schicksal. 57die klägerin selbst hatte im bewilligungszeitraum auch keine möglichkeit, ihren ehemann auf den einsatz seines hausgrundstücks für ihre heimkosten in anspruch zu nehmen. angesichts seines alleineigentums konnte und kann nur er über die immobilie unmittelbar verfügen; zudem gibt es während der ehezeit keine vermögensrechtlichen ausgleichsansprüche und angesichts des eigenen bezugs von sozialleistungen durch den ehemann nicht einmal unterhaltsrechtliche ansprüche der klägerin gegen ihren ehemann, die sie für ihre heimkosten hätte nutzbar machen können. die klägerin hatte und hat damit letztlich keine möglichkeit, den verlust ihres heimplatzes abzuwenden, was sich angesichts der glaubhaften weigerung ihres ehemannes zum einsatz seines hausgrundstücks als härte darstellt. 58dass bei einer derartigen fallgestaltung eine härte im sinne des § 90 abs. 3 satz 1 sgb xii anzunehmen ist, folgt letztlich auch aus einem vergleich mit den im sozialhilferecht und damit vorliegend für den bereich der hilfe zur pflege geltenden vorschriften. so dürfte für die klägerin aus § 19 abs. 5 i.v.m. § 61 sgb xii für die weiteren ungedeckten heimkosten ein anspruch auf „erweiterte“ sozialhilfe folgen, da sie sich in einer notlage befindet, der sie trotz fehlender bedürftigkeit nicht begegnen kann, weil sie weder tatsächlich noch rechtlich auf das vermögen ihres ehemannes zurückgreifen kann, 59vgl. hierzu allgemein lsg nrw, beschluss vom 26. november 2014 – l 9 so 429/14 b –, juris, rdnr. 35. 60zwar verweist § 12 abs. 3 satz 2 pfg nrw nicht auf § 19 abs. 5 sgb xii, so dass dieser hier nicht als solches anwendbar ist. indessen soll von den oben dargelegten grundsätzen ausgehend das pflegewohngeld gerade eine sozialhilfebedürftigkeit verhindern und der heimbewohner gegenüber dem sozialhilfeempfänger durch das landespflegegesetz privilegiert werden, indem pflegewohngeld bereits bei einer einkommens- und vermögenslage gewährt wird, die den bezug von sozialhilfe- bzw. kriegsopferfürsorgeleistungen noch ausschließt. der vom gesetzgeber gewollten privilegierung des heimbewohners würde es aber letztlich widersprechen, wenn ihm nicht genauso wie einem sozialhilfeempfänger leistungen der öffentlichen hand gewährt würden, um den drohenden verlust des heimplatzes abzuwenden. dies gilt jedenfalls dann, wenn wie im vorliegenden fall der ehegatte des heimbewohners alleiniger eigentümer eines an sich einzusetzenden vermögensgegenstandes ist und in glaubhafter weise nicht zum vermögenseinsatz bereit ist und dem heimbewohner in diesem zusammenhang selbst keine ansprüche gegen den ehegatten zustehen. in diesen fällen liegt es auf der hand, eine härte im sinne des § 90 abs. 3 sgb xii anzunehmen, weil der heimbewohner sonst zwar über § 19 abs. 5 i.v.m. § 61 sgb xii einen anspruch auf „erweiterte“ sozialhilfe und damit im ergebnis auf die übernahme der weitergehenden ungedeckten heimkosten hat, aber allein durch die fehlende zahlung von pflegewohngeld seinen heimplatz verlieren würde, ohne eine möglichkeit zu haben, dies abzuwenden. 61da die investiven kosten für den heimaufenthalt der klägerin jedenfalls anfang 2013 bei 22,98 € täglich lagen, folgt daraus ein monatlicher pflegewohngeldanspruch von zunächst 699,05 € monatlich. 62die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1, 155 abs. 2 und 188 satz 2 halbsatz 1 vwgo und entspricht bezogen auf den gegenstandswert mit den angefallenen anwaltskosten dem anteil des obsiegens bzw. unterliegens sowie den kostenrechtlichen folgen der (teilweisen) klagerücknahmen. 63die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. § 708 nr. 11, § 711 zpo. | Klaeger*in | 1 |
324,846 | S 38 AS 4342/19 ER | 2019-11-29T00:00:00 | Beschluss | Tenor Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vom 30.10.2019 wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Entscheidungsgründe: 3I. Die ledige, arbeitslose, bulgarische Antragstellerin begehrt die Auszahlung von bewilligten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) und die Weiterversicherung bei ihrer Krankenversicherung. 4Die 19xx geborene Antragstellerin wohnt noch mit ihren Geschwistern bei ihren Eltern. Die Familie ist mit der Antragstellerin am 04.01.2009 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und hält sich seitdem hier auf. 5Die Antragstellerin hat in Deutschland vom 01.04.2012 bis zum 31.3.2013 gearbeitet. Vom 01.06.2014 bis zum 30.04.2015 absolvierte sie eine Ausbildung bei einem Zahnarzt in D., allerdings brach sie diese im April 2015 ab. Vom 30.07.2015 bis zum 13.11.2015 war die Antragstellerin als Hilfe in einer Küche beschäftigt. Seit 30.7.2015 bezieht sie fortlaufend Leistungen nach dem SGB II von der Antragsgegnerin. 6Im Jahre 2017 hat die Antragstellerin wohl letzte Bewerbungsbemühungen an den Tag gelegt, danach jedoch keine mehr. 7Durch Bescheid vom 16.4.2019 bewilligte die Antragsgegnerin auf den Weiterbewilligungsantrag der Antragstellerin vom 11.03.2019 Leistungen nach dem SGB II in Höhe der Regelleistung vom 01.05.2019 bis 30.04.2020. 8Am 20.09.2019 erließ die Ausländerbehörde der Stadt D. eine Ordnungsverfügung und setzte die Antragsgegnerin hiervon per E-Mail in Kenntnis. Die Ordnungsverfügung vom 20.9.2019 hat folgenden Inhalt: 9Die Behörde hat ein Daueraufenthaltsrecht der Antragstellerin gemäß § 4a Freizügigkeitsgesetz/EU abgelehnt (1) sowie den Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt in die Bundesrepublik Deutschland der Antragstellerin (2). Die Behörde hat die sofortige Vollziehung der Feststellung des Verlusts angeordnet (4). Die Antragstellerin wurde aufgefordert, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Verfügung das Bundesgebiet zu verlassen; für den Fall der Nichteinhaltung dieser Frist wurde die Abschiebung nach Bulgarien angedroht (3). 10Gegen die Ordnungsverfügung des Ausländeramtes der Stadt D. vom 20.09.2019 erhob die Antragstellerin am 11.10.2019 Klage und reichte einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO vor dem Verwaltungsgericht Dü. (7 K 7389/19 und 7 L 2722/19) ein. Beide Verfahren sind noch anhängig. Das Verfahren dürfte nach Stellungnahme des Verwaltungsgerichts im Januar 2020 erst zur Entscheidung kommen. 11Durch Bescheid vom 11.10.2019 hob daraufhin die Antragsgegnerin die der Antragstellerin gewährten Leistungen ab 01.11.2019 vollständig auf. Zur Begründung führte sie aus, dass am 20.09.2019 durch die Ausländerbehörde der Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt gemäß § 5 Abs. 4 FreizügigkeitsG/EU festgestellt worden sei und die Antragstellerin gemäß § 7 Abs. 1 SGB II keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II mehr besitze. 12Gegen diesen Aufhebungsbescheid vom 11.10.2019 hat die Antragstellerin am 17.10.2019 Widerspruch erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sie gegen den Verlust ihres Rechts auf Einreise und Aufenthalt von 20.09.2019 Klage erhoben und einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO dem Verwaltungsgericht gestellt habe. 13Am 30.10.2019 hat die Antragstellerin einen einstweiligen Rechtsschutzantrag bei dem erkennenden Gericht gestellt. Sie ist der Auffassung, dass sie weiterhin leistungsberechtigt sei, weil sie die Ordnungsverfügung des Ausländeramtes der Stadt D. vom 20.9.2019 angefochten habe, so dass diese nicht bestandskräftig sei. 14Sie beantragt, 15die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Zahlung von Arbeitslosengeld II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des SGB II zu verpflichten und der Weiterversicherung bei der A. 16Die Antragsgegnerin beantragt, 17den Antrag abzulehnen. 18Die Antragsgegnerin führt dazu aus, dass der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden sind. Insbesondere sei der Antragstellerin durch die Ausländerbehörde am 20.09.2019 das Recht auf Einreise und Aufenthalt gemäß § 5 Abs. 4 FreizügigkeitsG/EU entzogen worden und daher zähle die Antragstellerin nicht mehr zum Kreis der Berechtigten im Sinne des § 7 Abs. 2 SGB II; der Bescheid vom 11.10.2019 sei insofern rechtmäßig. 19Im Übrigen wird auf den Inhalt der Prozessakte Bezug genommen. 20II. 21Der gemäß § 86b Abs. 2 SGG zulässige einstweilige Rechtsschutzantrag ist unbegründet. 22Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt somit voraus, dass ein materieller Anspruch besteht, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (sog. Anordnungsanspruch) und, dass der Erlass einer gerichtlichen Entscheidung besonders eilbedürftig ist (sog. Anordnungsgrund). Eilbedarf besteht, wenn dem Betroffenen ohne die Eilentscheidung eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 Rn. 23 - Breith 2005, 803; BVerfG Beschluss vom 16.05.1995 – 1 BvR 1087/91 Rn. 28 - BVerfGE 93, 1). Der von der Antragstellerin geltend gemachte (Anordnungs-)Anspruch und die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Für die Glaubhaftmachung genügt es, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4). 23Vorliegend fehlt es nach der im einstweiligen Rechtsschutz anzustellenden summarischen Prüfung am Vorliegen eines Anordnungsanspruchs, weil ein Anspruch der Antragstellerin auf Leistungen nach Feststellung des Entzuges der Freizügigkeit durch die Ausländerbehörde der Stadt D. nicht mehr besteht. 24Zu Recht hat die Antragsgegnerin die durch Bescheid vom 16.04.2019 bewilligten SGB II-Leistungen in Form der Regelleistung aufgehoben, da die Voraussetzungen des §§ 48 Abs.1 SGB X vorliegend erfüllt sind, da durch die Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts der Antragstellerin am 20.09.2019 eine wesentliche Änderung eingetreten ist. 25Vorliegend ist Rechtsgrundlage des Bescheides vom 11.10.2019 § 48 Abs. 1 SGB X. 26Gemäß § 48 Abs. 1 SGB X kann ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufgehoben werden, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. 271. 28Vorliegend ist durch die Feststellung des Verlusts der Freizügigkeit der Antragstellerin am 20.09.2019 durch die Ausländerbehörde der Stadt D. eine wesentliche Änderung in rechtlicher Hinsicht eingetreten. Die Antragstellerin hat durch die Verlustfeststellung kein Freizügigkeitsrecht mehr Deutschland und damit auch keinen Anspruch nach dem SGB II mehr. Diese Verlustfeststellung hat Tatbestandswirkung und ist auch für das Sozialgericht bindend. Das Gericht hat nicht darüber zu entscheiden, ob der Entzug der Freizügigkeit rechtmäßig ist, weil die Ausländerbehörde der Stadt D. die Ordnungsverfügung vom 20.09.2019 bereits erlassen hat. 29Die Antragstellerin besitzt bereits allein durch die Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II (§ 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II) mehr, denn sie hat kein Recht zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland mehr und kann auch keinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland mehr begründen. 30Nach § 7 Abs. 1 SGB II sind nur folgende Personen nach dem SGB II leistungsberechtigt: 31Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). 32Ausgenommen sind 1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, 2. Ausländerinnen und Ausländer, a) die kein Aufenthaltsrecht haben, b) deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder c) die ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S. 1) geändert worden ist, ableiten, und ihre Familienangehörigen, 3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes. (§ 7 SGB II in der Fassung vom 8.7.2019) 33Die Antragstellerin ist auch nicht Arbeitnehmerin, sie verfügt auch nicht über ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Freizügigkeitsgesetz/EU. 34Das Freizügigkeitsrecht von Unionsbürgern ergibt sich unmittelbar aus dem Gemeinschaftsrecht. Ihr Aufenthalt kann daher nur unter den Voraussetzungen der §§ 5, 6 und 7 Freizügigkeitsgesetz/EU oder des Nichtbestehens der Freizügigkeit, also nach Durchführung eines Verwaltungsverfahrens, beendet werden (BSG, Urteil vom 30.1.2013, B 4 AS 54/12 R; LSG NRW, Beschluss vom 19.03.2018, L 19 AS 133/1( B ER). 35Die Ausländerbehörde der Stadt D. hat aber mit Ordnungsverfügung vom 20.9.2019 den Verlust der Freizügigkeitsberechtigung festgestellt. Damit liegt die erforderliche Verlustfeststellung nach § 2 Abs. 1 FreizügigkeitsG/EU vor. 36Das Sozialgericht ist an die Feststellung des Verlusts der Freizügigkeit gebunden. 37Eine Verlustvorstellung kann nur mit ex-nunc-Wirkung aufgehoben werden, also durch einen entsprechenden, feststellenden Verwaltungsakt der zuständigen Behörde auch nur gerichtet auf die Zukunft. Eine solche Aufhebung der Feststellung über das Nichtbestehen der Freizügigkeit ist erforderlich, weil damit die Freizügigkeitsvermutung wiederauflebt und zugleich für Dritte - etwa Sozialleistungsbehörden - erkennbar wird, dass der Betroffene sich wieder rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Dienelt , in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 7 Freizügigkeitgesetz/EU, Rn. 25). Hierdurch wird aber auch deutlich, dass es den Sozialleistungsträgern wie auch den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eine eigenständige Prüfung der materiellen aufenthaltsrechtlichen Lage nach Erlass einer Verlustfeststellung verwehrt ist. Den Verwaltungsakten der Ausländerbehörde über die Feststellung des Bestehens sowie des Verlusts der Freizügigkeitsberechtigung und der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausreisepflicht verbunden mit einer Abschiebungsandrohung kommt Tatbestandswirkung zu, so dass dieser ohne Rücksicht auf materielle Richtigkeit bindende Wirkung entfaltet. Dies gilt auf der Grundlage des § 7 Abs. 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 22.12.2016 (Bundesgesetzblatt I S. 3155) indessen S. 4 ausdrücklich hinsichtlich des gewöhnlichen Aufenthalts und der Leistungsberechtigung auf den bloßen Erlass einer Verlustfeststellung abgestellt wird (vergleiche zur Tatbestandswirkung von Aufenthaltserlaubnissen: BSG, Urteil vom 02.12.2014, Aktenzeichen B 14 AS 8/13 R). 38Nach der durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.9.2007 erfolgten Änderung des § 7 FreizügG/EU entsteht die Ausreispflicht nicht mehr erst dann, wenn die Ausländerbehörde unanfechtbar festgestellt hat, dass das Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht, sondern grundsätzlich bereits mit der bloßen Feststellung des Verlustes (BT-Drucks. 16/5065, S. 211; Beschluss des 11. Senats a.a.O.; Geyer, a.a.O.). Somit wirkt auch schon die Feststellung des Verlustes der Freizügigkeitsberechtigung einer Festigung des Aufenthaltsrechtes entgegen bzw. der Aufenthalt kann nicht mehr als verfestigt i.S. des § 7 Abs. 1 S. 4 SGB II angesehen werden (so auch BT-Drucks. 18/10211 S. 14: "Sollte die Ausländerbehörde allerdings feststellen, dass ein Freizügigkeitsrecht nach § 2 Absatz 1 FreizügG/EU nicht (mehr) besteht, ist der Aufenthalt nicht mehr verfestigt. (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26.5.2017 – L 15 AS 62/17 B ER –, Rn. 11 - 12, juris)). 39Dem steht auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin gegen die Verfügung der Ausländerbehörde der Stadt D. vom 20.09.2019 Klage und einen Antrag nach Abs. 5 VwGO im Verwaltungsgericht gestellt hat und damit eine Durchsetzung der Ausreisepflicht noch nicht erfolgen kann. Unabhängig von der Frage der Durchsetzbarkeit, die allein davon abhängt, ob Rechtsmittel eingelegt worden sind (§ 7 Abs. 1 S. 4 FreizügG/EU), begründet bereits die bloße Verlustfeststellung eine Ausreisepflicht (so auch: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.11.2016- L 11 AS 567/16 B; Geyer, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 7 FreizügG/EU Rn. 3; Brinkmann in: Huber, Aufenthaltsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 7 FreizügG/EU Rn. 5; vgl. auch Kurzidem, in: Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 2016, § 7 FreizügG/EU Rn. 2). Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. 40Hieraus ergibt sich für den Bereich des SGB II, dass allein der wirksame Erlass einer Verlustfeststellung sowie die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht verbunden mit einer Abschiebungsandrohung zur Folge hat, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt im Bundesgebiet nicht mehr besteht (LSG NRW, Beschluss vom 06.10.2017, Az. L 19 AS 1761/17 B ER). 41Die Antragstellerin ist nicht mehr unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt, nachdem ihr die Freizügigkeit gemäß § 5 Abs. 4 Freizügigkeitsgesetz/EU entzogen worden ist. 42Da die Antragstellerin durch die Feststellung des Verlustes der Freizügigkeit nach dem Asylbewerberleistungsgesetz leistungsberechtigt nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 Asylbewerberleistungsgesetz ist, ist sie darüber hinaus auch nicht nach dem SGB II anspruchsberechtigt. 432. 44Ein Anspruch auf Sozialhilfe der Antragstellerin gemäß § 23 Abs. 2 SGB XII ist ebenfalls ausgeschlossen. 45Danach erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes keine Leistungen der Sozialhilfe. 46Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 Asylbewerberleistungsgesetz ist leistungsberechtigt nach diesem Gesetz, wer vollziehbar ausreisepflichtig ist, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist. 47Vorliegend ist die Antragstellerin gemäß der Ordnungsverfügung des Ausländeramtes vom 20.09.2019 innerhalb eines Monats ausreisepflichtig; die Abschiebung nach Bulgarien ist bereits angedroht worden. Dass die Antragstellerin die Ordnungsverfügung vom 20.09.2019 vor dem Verwaltungsgericht angefochten hat, bewirkt nur, dass die Abschiebungsandrohung derzeit bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtes nicht vollziehbar ist. Somit ist die Antragstellerin nach dem Asylbewerberleistungsgesetz leistungsberechtigt. 48Die Antragstellerin ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 Asylbewerberleistungsgesetz leistungsberechtigt, so dass sie auch keine Leistungen nach dem SGB XII erhalten kann, weil sie von einem Bezug der SGB XII-Leistungen ausgenommen ist. 493. 50Zwar käme grundsätzlich auch ein Anspruch der Antragstellerin nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 Asylbewerberleistungsgesetz in Betracht, aber es fehlt insofern an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. 51Die mittlerweile anwaltlich vertretene Antragstellerin hat sich bislang nämlich nicht an die Stadt D. gewandt und Asylbewerberleistungen begehrt, weil sie der Auffassung ist die SGB-II-Leistungen zustehen. Die Antragstellerin ist zunächst gehalten, sich an den Leistungsträger unmittelbar zu wenden, bevor sie gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nimmt (LSG NRW, Beschluss vom 19.03.2018, L 19 AS 133/18 B ER, juris, Rn. 11). 52Da die Antragstellerin derzeit keinen Anordnungsgrund für Asylbewerberleistungen besitzt, war der Antrag vom 30.10.2019 abzulehnen. 53Die Kammer weist bezüglich etwaiger Ansprüche der Antragstellerin nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf folgendes hin: 54Das Grundgesetz garantiert nicht die Gewährung bedarfsunabhängiger, voraussetzungsloser Sozialleistungen (BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010 – 1 BvR 2556/09, juris Rz. 13). Die Situation eines Asylbewerbers nicht mit der eines EU-Ausländers zu vergleichen, denn EU-Ausländern steht es regelmäßig frei, in ihr Heimatland zurückzukehren, dort ohne Sprachbarriere (wieder) eine Tätigkeit aufzunehmen oder auf die dortigen sozialen Sicherungssysteme zurückzugreifen. Auf Leistungen der Bundesrepublik Deutschland sind EU-Ausländer zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz regelhaft nicht angewiesen (LSG NRW, Beschluss vom 07.03.2016 – L 12 SO 79/16 B ER –, Rn. 35 - 36, juris). Der zuständige Leistungsträger ist nicht - wie bei Ansprüchen nach dem SGB XII oder nach dem SGB II - verpflichtet, ausreisepflichtigen EU-Bürgern für den restlichen Zeitraum ihres noch bevorstehenden Kurzaufenthaltes die Kosten einer angemessenen eigenen Wohnung iS des § 22 SGB II des §§ 35 Abs. 2 SGB XII zu zahlen. Dies rechtfertigt sich unter anderem aus den in der Begründung des Gesetzentwurfes (BT Drucks 18/10211, S 13 ff: Begründung zu Art 2) dargelegten Erwägungen, wonach der Umfang von Überbrückungsleistungen mit dem Ziel der Vermeidung von Fehlanreizen zur Wiedereinreise an den eingeschränkten Leistungen nach § 1a Abs 2 AsylbLG orientiert ist. So kann der Unterkunftsbedarf auch durch das Angebot der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft gedeckt werden. Ebenso wenig ist der zuständige Leistungsträger gezwungen, dass Unerlässliche zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes ausschließlich in Geld zu erbringen. In Anlehnung an § 1a Abs 2 S 4 AsylbLG kommen stattdessen auch Sachleistungen in Betracht. In zeitlicher Hinsicht ist die Gewährung des zum Lebensunterhalt Unerlässlichen für Personen, die nach erfolgter Verlustfeststellung ausreisepflichtig sind, lediglich für die Zeit bis zur nächsten zumutbaren Ausreisemöglichkeit verfassungsrechtlich geboten. Grundsätzlich begegnet eine enge zeitliche Begrenzung der zum Lebensunterhalt unerlässlichen Leistungen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn es sich um EU-Bürger handelt, die aufgrund erfolgter Verlustfeststellung ausreisepflichtig sind. Dieser Personenkreis kann im Sinne einer Selbsthilfemöglichkeit darauf verwiesen werden, die erforderlichen Existenzsicherungsleistungen durch die Inanspruchnahme von Sozialleistungen im Heimatstaat zu realisieren (hier: Sozialhilfe in Bulgarien). (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.11.2016 – L 11 AS 567/16 B ER –, juris) III. 55Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung. 56Vorliegend ist die Beschwerde statthaft, weil die Antragstellerin die Regelleistung i.H.v. 424 EUR pro Monat von November 2019 April 2020 begehrt, so dass der Betrag von insgesamt 2.120 EUR hier streitgegenständlich ist. | der antrag auf einstweiligen rechtsschutz vom 30.10.2019 wird abgelehnt. außergerichtliche kosten sind nicht zu erstatten. 1 | 2 | 3i. die ledige, arbeitslose, bulgarische antragstellerin begehrt die auszahlung von bewilligten leistungen der grundsicherung für arbeitssuchende nach dem zweiten sozialgesetzbuch (sgb ii) und die weiterversicherung bei ihrer krankenversicherung. 4die 19xx geborene antragstellerin wohnt noch mit ihren geschwistern bei ihren eltern. die familie ist mit der antragstellerin am 04.01.2009 in die bundesrepublik deutschland eingereist und hält sich seitdem hier auf. 5die antragstellerin hat in deutschland vom 01.04.2012 bis zum 31.3.2013 gearbeitet. vom 01.06.2014 bis zum 30.04.2015 absolvierte sie eine ausbildung bei einem zahnarzt in d., allerdings brach sie diese im april 2015 ab. vom 30.07.2015 bis zum 13.11.2015 war die antragstellerin als hilfe in einer küche beschäftigt. seit 30.7.2015 bezieht sie fortlaufend leistungen nach dem sgb ii von der antragsgegnerin. 6im jahre 2017 hat die antragstellerin wohl letzte bewerbungsbemühungen an den tag gelegt, danach jedoch keine mehr. 7durch bescheid vom 16.4.2019 bewilligte die antragsgegnerin auf den weiterbewilligungsantrag der antragstellerin vom 11.03.2019 leistungen nach dem sgb ii in höhe der regelleistung vom 01.05.2019 bis 30.04.2020. 8am 20.09.2019 erließ die ausländerbehörde der stadt d. eine ordnungsverfügung und setzte die antragsgegnerin hiervon per e-mail in kenntnis. die ordnungsverfügung vom 20.9.2019 hat folgenden inhalt: 9die behörde hat ein daueraufenthaltsrecht der antragstellerin gemäß § 4a freizügigkeitsgesetz/eu abgelehnt (1) sowie den verlust des rechts auf einreise und aufenthalt in die bundesrepublik deutschland der antragstellerin (2). die behörde hat die sofortige vollziehung der feststellung des verlusts angeordnet (4). die antragstellerin wurde aufgefordert, innerhalb eines monats nach bekanntgabe der verfügung das bundesgebiet zu verlassen; für den fall der nichteinhaltung dieser frist wurde die abschiebung nach bulgarien angedroht (3). 10gegen die ordnungsverfügung des ausländeramtes der stadt d. vom 20.09.2019 erhob die antragstellerin am 11.10.2019 klage und reichte einen antrag nach § 80 abs. 5 vwgo vor dem verwaltungsgericht dü. (7 k 7389/19 und 7 l 2722/19) ein. beide verfahren sind noch anhängig. das verfahren dürfte nach stellungnahme des verwaltungsgerichts im januar 2020 erst zur entscheidung kommen. 11durch bescheid vom 11.10.2019 hob daraufhin die antragsgegnerin die der antragstellerin gewährten leistungen ab 01.11.2019 vollständig auf. zur begründung führte sie aus, dass am 20.09.2019 durch die ausländerbehörde der verlust des rechts auf einreise und aufenthalt gemäß § 5 abs. 4 freizügigkeitsg/eu festgestellt worden sei und die antragstellerin gemäß § 7 abs. 1 sgb ii keinen anspruch auf leistungen nach dem sgb ii mehr besitze. 12gegen diesen aufhebungsbescheid vom 11.10.2019 hat die antragstellerin am 17.10.2019 widerspruch erhoben. zur begründung hat sie ausgeführt, dass sie gegen den verlust ihres rechts auf einreise und aufenthalt von 20.09.2019 klage erhoben und einen antrag nach § 80 abs. 5 vwgo dem verwaltungsgericht gestellt habe. 13am 30.10.2019 hat die antragstellerin einen einstweiligen rechtsschutzantrag bei dem erkennenden gericht gestellt. sie ist der auffassung, dass sie weiterhin leistungsberechtigt sei, weil sie die ordnungsverfügung des ausländeramtes der stadt d. vom 20.9.2019 angefochten habe, so dass diese nicht bestandskräftig sei. 14sie beantragt, 15die antragsgegnerin im wege der einstweiligen anordnung zur zahlung von arbeitslosengeld ii nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen des sgb ii zu verpflichten und der weiterversicherung bei der a. 16die antragsgegnerin beantragt, 17den antrag abzulehnen. 18die antragsgegnerin führt dazu aus, dass der anordnungsanspruch und der anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden sind. insbesondere sei der antragstellerin durch die ausländerbehörde am 20.09.2019 das recht auf einreise und aufenthalt gemäß § 5 abs. 4 freizügigkeitsg/eu entzogen worden und daher zähle die antragstellerin nicht mehr zum kreis der berechtigten im sinne des § 7 abs. 2 sgb ii; der bescheid vom 11.10.2019 sei insofern rechtmäßig. 19im übrigen wird auf den inhalt der prozessakte bezug genommen. 20ii. 21der gemäß § 86b abs. 2 sgg zulässige einstweilige rechtsschutzantrag ist unbegründet. 22nach § 86b abs. 2 s. 2 sgg kann das gericht der hauptsache auf antrag eine einstweilige anordnung zur regelung eines vorläufigen zustandes in bezug auf ein streitiges rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche regelung zur abwendung wesentlicher nachteile notwendig erscheint. der erlass einer einstweiligen anordnung setzt somit voraus, dass ein materieller anspruch besteht, für den vorläufiger rechtsschutz begehrt wird (sog. anordnungsanspruch) und, dass der erlass einer gerichtlichen entscheidung besonders eilbedürftig ist (sog. anordnungsgrund). eilbedarf besteht, wenn dem betroffenen ohne die eilentscheidung eine erhebliche, über randbereiche hinausgehende verletzung in seinen rechten droht, die durch die entscheidung in der hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. bverfg beschluss vom 12.05.2005 - 1 bvr 569/05 rn. 23 - breith 2005, 803; bverfg beschluss vom 16.05.1995 – 1 bvr 1087/91 rn. 28 - bverfge 93, 1). der von der antragstellerin geltend gemachte (anordnungs-)anspruch und die eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86b abs. 2 s. 4 sgg in verbindung mit §§ 920 abs. 2, 294 abs. 1 zivilprozessordnung (zpo)). für die glaubhaftmachung genügt es, wenn die tatsächlichen voraussetzungen von anordnungsanspruch und anordnungsgrund überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. bsg, beschluss vom 08.08.2001 - b 9 v 23/01 b - sozr 3-3900 § 15 nr. 4). 23vorliegend fehlt es nach der im einstweiligen rechtsschutz anzustellenden summarischen prüfung am vorliegen eines anordnungsanspruchs, weil ein anspruch der antragstellerin auf leistungen nach feststellung des entzuges der freizügigkeit durch die ausländerbehörde der stadt d. nicht mehr besteht. 24zu recht hat die antragsgegnerin die durch bescheid vom 16.04.2019 bewilligten sgb ii-leistungen in form der regelleistung aufgehoben, da die voraussetzungen des §§ 48 abs.1 sgb x vorliegend erfüllt sind, da durch die feststellung des verlusts des freizügigkeitsrechts der antragstellerin am 20.09.2019 eine wesentliche änderung eingetreten ist. 25vorliegend ist rechtsgrundlage des bescheides vom 11.10.2019 § 48 abs. 1 sgb x. 26gemäß § 48 abs. 1 sgb x kann ein verwaltungsakt mit dauerwirkung für die zukunft aufgehoben werden, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen verhältnissen, die beim erlass eines verwaltungsaktes mit dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche änderung eingetreten ist. 271. 28vorliegend ist durch die feststellung des verlusts der freizügigkeit der antragstellerin am 20.09.2019 durch die ausländerbehörde der stadt d. eine wesentliche änderung in rechtlicher hinsicht eingetreten. die antragstellerin hat durch die verlustfeststellung kein freizügigkeitsrecht mehr deutschland und damit auch keinen anspruch nach dem sgb ii mehr. diese verlustfeststellung hat tatbestandswirkung und ist auch für das sozialgericht bindend. das gericht hat nicht darüber zu entscheiden, ob der entzug der freizügigkeit rechtmäßig ist, weil die ausländerbehörde der stadt d. die ordnungsverfügung vom 20.09.2019 bereits erlassen hat. 29die antragstellerin besitzt bereits allein durch die feststellung des verlusts des freizügigkeitsrechts keinen anspruch auf leistungen nach dem sgb ii (§ 7 abs. 1 s. 2 nr. 3 sgb ii) mehr, denn sie hat kein recht zum aufenthalt in der bundesrepublik deutschland mehr und kann auch keinen gewöhnlichen aufenthalt in der bundesrepublik deutschland mehr begründen. 30nach § 7 abs. 1 sgb ii sind nur folgende personen nach dem sgb ii leistungsberechtigt: 31leistungen nach diesem buch erhalten personen, die 1. das 15. lebensjahr vollendet und die altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen aufenthalt in der bundesrepublik deutschland haben (erwerbsfähige leistungsberechtigte). 32ausgenommen sind 1. ausländerinnen und ausländer, die weder in der bundesrepublik deutschland arbeitnehmerinnen, arbeitnehmer oder selbständige noch aufgrund des § 2 absatz 3 des freizügigkeitsgesetzes/eu freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre familienangehörigen für die ersten drei monate ihres aufenthalts, 2. ausländerinnen und ausländer, a) die kein aufenthaltsrecht haben, b) deren aufenthaltsrecht sich allein aus dem zweck der arbeitsuche ergibt oder c) die ihr aufenthaltsrecht allein oder neben einem aufenthaltsrecht nach buchstabe b aus artikel 10 der verordnung (eu) nr. 492/2011 des europäischen parlaments und des rates vom 5. april 2011 über die freizügigkeit der arbeitnehmer innerhalb der union (abl. l 141 vom 27.5.2011, s. 1), die durch die verordnung (eu) 2016/589 (abl. l 107 vom 22.4.2016, s. 1) geändert worden ist, ableiten, und ihre familienangehörigen, 3. leistungsberechtigte nach § 1 des asylbewerberleistungsgesetzes. (§ 7 sgb ii in der fassung vom 8.7.2019) 33die antragstellerin ist auch nicht arbeitnehmerin, sie verfügt auch nicht über ein daueraufenthaltsrecht nach § 4a freizügigkeitsgesetz/eu. 34das freizügigkeitsrecht von unionsbürgern ergibt sich unmittelbar aus dem gemeinschaftsrecht. ihr aufenthalt kann daher nur unter den voraussetzungen der §§ 5, 6 und 7 freizügigkeitsgesetz/eu oder des nichtbestehens der freizügigkeit, also nach durchführung eines verwaltungsverfahrens, beendet werden (bsg, urteil vom 30.1.2013, b 4 as 54/12 r; lsg nrw, beschluss vom 19.03.2018, l 19 as 133/1( b er). 35die ausländerbehörde der stadt d. hat aber mit ordnungsverfügung vom 20.9.2019 den verlust der freizügigkeitsberechtigung festgestellt. damit liegt die erforderliche verlustfeststellung nach § 2 abs. 1 freizügigkeitsg/eu vor. 36das sozialgericht ist an die feststellung des verlusts der freizügigkeit gebunden. 37eine verlustvorstellung kann nur mit ex-nunc-wirkung aufgehoben werden, also durch einen entsprechenden, feststellenden verwaltungsakt der zuständigen behörde auch nur gerichtet auf die zukunft. eine solche aufhebung der feststellung über das nichtbestehen der freizügigkeit ist erforderlich, weil damit die freizügigkeitsvermutung wiederauflebt und zugleich für dritte - etwa sozialleistungsbehörden - erkennbar wird, dass der betroffene sich wieder rechtmäßig im bundesgebiet aufhält (dienelt , in: bergmann/dienelt, ausländerrecht, 12. aufl. 2018, § 7 freizügigkeitgesetz/eu, rn. 25). hierdurch wird aber auch deutlich, dass es den sozialleistungsträgern wie auch den gerichten der sozialgerichtsbarkeit eine eigenständige prüfung der materiellen aufenthaltsrechtlichen lage nach erlass einer verlustfeststellung verwehrt ist. den verwaltungsakten der ausländerbehörde über die feststellung des bestehens sowie des verlusts der freizügigkeitsberechtigung und der anordnung der sofortigen vollziehung der ausreisepflicht verbunden mit einer abschiebungsandrohung kommt tatbestandswirkung zu, so dass dieser ohne rücksicht auf materielle richtigkeit bindende wirkung entfaltet. dies gilt auf der grundlage des § 7 abs. 1 sgb ii in der fassung des gesetzes vom 22.12.2016 (bundesgesetzblatt i s. 3155) indessen s. 4 ausdrücklich hinsichtlich des gewöhnlichen aufenthalts und der leistungsberechtigung auf den bloßen erlass einer verlustfeststellung abgestellt wird (vergleiche zur tatbestandswirkung von aufenthaltserlaubnissen: bsg, urteil vom 02.12.2014, aktenzeichen b 14 as 8/13 r). 38nach der durch das gesetz zur umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher richtlinien der europäischen union vom 19.9.2007 erfolgten änderung des § 7 freizügg/eu entsteht die ausreispflicht nicht mehr erst dann, wenn die ausländerbehörde unanfechtbar festgestellt hat, dass das recht auf einreise und aufenthalt nicht besteht, sondern grundsätzlich bereits mit der bloßen feststellung des verlustes (bt-drucks. 16/5065, s. 211; beschluss des 11. senats a.a.o.; geyer, a.a.o.). somit wirkt auch schon die feststellung des verlustes der freizügigkeitsberechtigung einer festigung des aufenthaltsrechtes entgegen bzw. der aufenthalt kann nicht mehr als verfestigt i.s. des § 7 abs. 1 s. 4 sgb ii angesehen werden (so auch bt-drucks. 18/10211 s. 14: "sollte die ausländerbehörde allerdings feststellen, dass ein freizügigkeitsrecht nach § 2 absatz 1 freizügg/eu nicht (mehr) besteht, ist der aufenthalt nicht mehr verfestigt. (lsg niedersachsen-bremen, beschluss vom 26.5.2017 – l 15 as 62/17 b er –, rn. 11 - 12, juris)). 39dem steht auch nicht entgegen, dass die antragstellerin gegen die verfügung der ausländerbehörde der stadt d. vom 20.09.2019 klage und einen antrag nach abs. 5 vwgo im verwaltungsgericht gestellt hat und damit eine durchsetzung der ausreisepflicht noch nicht erfolgen kann. unabhängig von der frage der durchsetzbarkeit, die allein davon abhängt, ob rechtsmittel eingelegt worden sind (§ 7 abs. 1 s. 4 freizügg/eu), begründet bereits die bloße verlustfeststellung eine ausreisepflicht (so auch: lsg niedersachsen-bremen, beschluss vom 25.11.2016- l 11 as 567/16 b; geyer, in: hofmann, ausländerrecht, 2. aufl. 2016, § 7 freizügg/eu rn. 3; brinkmann in: huber, aufenthaltsgesetz, 2. aufl. 2016, § 7 freizügg/eu rn. 5; vgl. auch kurzidem, in: kluth/heusch, ausländerrecht, 2016, § 7 freizügg/eu rn. 2). dies entspricht auch dem willen des gesetzgebers. 40hieraus ergibt sich für den bereich des sgb ii, dass allein der wirksame erlass einer verlustfeststellung sowie die anordnung der sofortigen vollziehbarkeit der ausreisepflicht verbunden mit einer abschiebungsandrohung zur folge hat, dass ein gewöhnlicher aufenthalt im bundesgebiet nicht mehr besteht (lsg nrw, beschluss vom 06.10.2017, az. l 19 as 1761/17 b er). 41die antragstellerin ist nicht mehr unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt, nachdem ihr die freizügigkeit gemäß § 5 abs. 4 freizügigkeitsgesetz/eu entzogen worden ist. 42da die antragstellerin durch die feststellung des verlustes der freizügigkeit nach dem asylbewerberleistungsgesetz leistungsberechtigt nach § 1 abs. 1 nr. 5 asylbewerberleistungsgesetz ist, ist sie darüber hinaus auch nicht nach dem sgb ii anspruchsberechtigt. 432. 44ein anspruch auf sozialhilfe der antragstellerin gemäß § 23 abs. 2 sgb xii ist ebenfalls ausgeschlossen. 45danach erhalten leistungsberechtigte nach § 1 des asylbewerberleistungsgesetzes keine leistungen der sozialhilfe. 46gemäß § 1 abs. 1 nr. 5 asylbewerberleistungsgesetz ist leistungsberechtigt nach diesem gesetz, wer vollziehbar ausreisepflichtig ist, auch wenn eine abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist. 47vorliegend ist die antragstellerin gemäß der ordnungsverfügung des ausländeramtes vom 20.09.2019 innerhalb eines monats ausreisepflichtig; die abschiebung nach bulgarien ist bereits angedroht worden. dass die antragstellerin die ordnungsverfügung vom 20.09.2019 vor dem verwaltungsgericht angefochten hat, bewirkt nur, dass die abschiebungsandrohung derzeit bis zur entscheidung des verwaltungsgerichtes nicht vollziehbar ist. somit ist die antragstellerin nach dem asylbewerberleistungsgesetz leistungsberechtigt. 48die antragstellerin ist gemäß § 1 abs. 1 nr. 5 asylbewerberleistungsgesetz leistungsberechtigt, so dass sie auch keine leistungen nach dem sgb xii erhalten kann, weil sie von einem bezug der sgb xii-leistungen ausgenommen ist. 493. 50zwar käme grundsätzlich auch ein anspruch der antragstellerin nach § 1 abs. 1 nr. 5 asylbewerberleistungsgesetz in betracht, aber es fehlt insofern an der glaubhaftmachung eines anordnungsgrundes. 51die mittlerweile anwaltlich vertretene antragstellerin hat sich bislang nämlich nicht an die stadt d. gewandt und asylbewerberleistungen begehrt, weil sie der auffassung ist die sgb-ii-leistungen zustehen. die antragstellerin ist zunächst gehalten, sich an den leistungsträger unmittelbar zu wenden, bevor sie gerichtlichen rechtsschutz in anspruch nimmt (lsg nrw, beschluss vom 19.03.2018, l 19 as 133/18 b er, juris, rn. 11). 52da die antragstellerin derzeit keinen anordnungsgrund für asylbewerberleistungen besitzt, war der antrag vom 30.10.2019 abzulehnen. 53die kammer weist bezüglich etwaiger ansprüche der antragstellerin nach dem asylbewerberleistungsgesetz auf folgendes hin: 54das grundgesetz garantiert nicht die gewährung bedarfsunabhängiger, voraussetzungsloser sozialleistungen (bverfg, beschl. v. 7.7.2010 – 1 bvr 2556/09, juris rz. 13). die situation eines asylbewerbers nicht mit der eines eu-ausländers zu vergleichen, denn eu-ausländern steht es regelmäßig frei, in ihr heimatland zurückzukehren, dort ohne sprachbarriere (wieder) eine tätigkeit aufzunehmen oder auf die dortigen sozialen sicherungssysteme zurückzugreifen. auf leistungen der bundesrepublik deutschland sind eu-ausländer zur sicherung einer menschenwürdigen existenz regelhaft nicht angewiesen (lsg nrw, beschluss vom 07.03.2016 – l 12 so 79/16 b er –, rn. 35 - 36, juris). der zuständige leistungsträger ist nicht - wie bei ansprüchen nach dem sgb xii oder nach dem sgb ii - verpflichtet, ausreisepflichtigen eu-bürgern für den restlichen zeitraum ihres noch bevorstehenden kurzaufenthaltes die kosten einer angemessenen eigenen wohnung is des § 22 sgb ii des §§ 35 abs. 2 sgb xii zu zahlen. dies rechtfertigt sich unter anderem aus den in der begründung des gesetzentwurfes (bt drucks 18/10211, s 13 ff: begründung zu art 2) dargelegten erwägungen, wonach der umfang von überbrückungsleistungen mit dem ziel der vermeidung von fehlanreizen zur wiedereinreise an den eingeschränkten leistungen nach § 1a abs 2 asylblg orientiert ist. so kann der unterkunftsbedarf auch durch das angebot der unterbringung in einer gemeinschaftsunterkunft gedeckt werden. ebenso wenig ist der zuständige leistungsträger gezwungen, dass unerlässliche zur sicherstellung des lebensunterhaltes ausschließlich in geld zu erbringen. in anlehnung an § 1a abs 2 s 4 asylblg kommen stattdessen auch sachleistungen in betracht. in zeitlicher hinsicht ist die gewährung des zum lebensunterhalt unerlässlichen für personen, die nach erfolgter verlustfeststellung ausreisepflichtig sind, lediglich für die zeit bis zur nächsten zumutbaren ausreisemöglichkeit verfassungsrechtlich geboten. grundsätzlich begegnet eine enge zeitliche begrenzung der zum lebensunterhalt unerlässlichen leistungen keinen verfassungsrechtlichen bedenken, wenn es sich um eu-bürger handelt, die aufgrund erfolgter verlustfeststellung ausreisepflichtig sind. dieser personenkreis kann im sinne einer selbsthilfemöglichkeit darauf verwiesen werden, die erforderlichen existenzsicherungsleistungen durch die inanspruchnahme von sozialleistungen im heimatstaat zu realisieren (hier: sozialhilfe in bulgarien). (lsg niedersachsen-bremen, beschluss vom 25.11.2016 – l 11 as 567/16 b er –, juris) iii. 55die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg und trägt dem ausgang des verfahrens rechnung. 56vorliegend ist die beschwerde statthaft, weil die antragstellerin die regelleistung i.h.v. 424 eur pro monat von november 2019 april 2020 begehrt, so dass der betrag von insgesamt 2.120 eur hier streitgegenständlich ist. | Verklagte*r | 0 |
116,442 | 43 C 205/16 | 2016-11-03T00:00:00 | Urteil | Tenor hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 14.10.2016 durch den Richter I für Recht erkannt: Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger buchte über die von der Beklagten betriebene Internetseite B ein von dem Anbieter X angebotenes Ferienhaus für den Zeitraum 25.07 - 08.08.2015 zu einem Gesamtpreis von € 3.018,00. Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageschrift Bezug genommen. Im Rahmen der Buchung akzeptierte der Kläger die AGB der Beklagten (Anlage B1) und bestätigte deren Kenntnisnahme. Ohne eine solche Bestätigung kann eine Buchung über die Website der Beklagten nicht erfolgen. 3Die AGB sind mit „Vermittlungsbedingungen der B GmbH“ überschrieben. In ihnen heißt es einleitend: 4„Die B GmbH vermittelt den Abschluss von Verträgen für Ferienunterkünfte, Flüge und Mietwagen zwischen Kunden und Vermietern / Veranstaltern / Fluggesellschaften. Die B GmbH ist nur Vermittler und kein Veranstalter, vertritt die Anbieter in der Anbahnung und Abschluss von Verträgen.“ 5Auch wurde der Kläger in der Buchungsbestätigung der Beklagten darauf hingewiesen, dass durch die Beklagte lediglich eine Vermittlung der Objekte erfolge. 6Bei seiner Ankunft stellte der Kläger diverse Mängel an dem Ferienhaus fest. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Klageschrift sowie die E-Mail vom 11.08.2016 (Anlage K 1) verwiesen. 7Der Kläger zeigte die Mängel vor Ort an, wobei er erst am 04.08.2015 jemanden erreichte. 8Mit E-Mail vom 11.08.2015 (Anlage K 1) begehrte der Kläger von der Beklagten u.a. die Rückzahlung des hälftigen Gesamtpreises in Höhe von € 1.505,00. 9Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger seine Forderung weiter. 10Er ist der Ansicht, die Beklagte sei zum Ausgleich seiner Forderungen verpflichtet, insbesondere sei sie nicht als bloße Vermittlerin der Reiseleistungen anzusehen, da sie auf ihre Vermittlerrolle nicht hinreichend hinweise. Auch entfalte sie durch ihren Internetauftritt eine besondere Vertrauensstellung und garantiere, dass die auf ihrer Internetseite abgebildeten und beschrieben Unterkünfte den tatsächlichen Begebenheiten entsprächen, was insbesondere aus der unter dem Slogan „What you see is what you get“ abgegebenen Erklärung folge (vgl. Anlage K 4). 11Er beantragt, 12die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 1.505,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 26.08.2015 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 255,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 13Die Beklagte beantragt, 14 die Klage abzuweisen. 15Sie ist der Ansicht, dass ein Reisevertrag bzw. ein Mietvertrag zwischen den Parteien nicht zu Stande gekommen sei, sie habe den betreffenden Vertragsschluss bzgl. des Ferienhauses lediglich vermittelt. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Die zulässige Klage ist unbegründet. 19I. 20Dem Kläger steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. 211. 22Der geltend gemachte Anspruch scheitert vorliegend bereits daran, dass die Beklagte hinsichtlich der geltend gemachten reise- bzw. mietvertraglichen Schadensersatzansprüche jedenfalls nicht passivlegitimiert ist. 23Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht kein Reisevertrag i.S.d. §§ 651a ff. BGB. Die Beklagte vermittelt Ferienhäuser und Wohnungen im In- und Ausland. Zu diesem Zweck betreibt sie eine Internetseite mit Mietangeboten verschiedener Ferienhäuser. Im Falle einer Buchung über das Portal der Beklagten tritt die Beklagte als Vermittler des jeweiligen Objekts auf. Sie wird damit nicht als Vermieterin bzw. als Reiseveranstalterin gem. § 651a BGB tätig (vgl. zuletzt AG Düsseldorf, Urteil vom 05.10.2015, Az. 45 C 261/15 m.w.N.). 24Der Vermittlungseinwand der Beklagten bleibt auch nicht nach § 651 a Abs. 2 BGB unberücksichtigt. Soweit nach dieser Vorschrift die Erklärung, nur Verträge mit den Personen zu vermitteln, welche die einzelnen Reiseleistungen ausführen sollen, unberücksichtigt bleibt, wenn nach den sonstigen Umständen der Anschein begründet wird, dass der Erklärende vertraglich vorgesehene Reiseleistungen in eigener Verantwortung erbringt, liegen die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht vor. Die Beklagte hat nicht den Anschein erweckt, die vorgesehenen Reiseleistungen in eigener Verantwortung erbringen zu wollen, sondern ausreichend auf ihre bloße Vermittlungstätigkeit hingewiesen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach entscheidend ist, ob gezielt eine eigene Vertrauenswerbung entfaltet wird und der Erklärende sich dabei nicht nur auf die Rolle eines Vermittlers beschränkt (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.1992, Az. VII ZR 7/92; zitiert nach juris). 25So ist dem klägerischen Vorbringen nicht ansatzweise zu entnehmen, dass die Beklagte sich vorliegend im Rahmen der Vertragsverhandlungen als Reiseveranstalter geriert hat, mithin den Eindruck erweckt hat, in eigenem Namen für die Leistungserbringung sowie die Mangelfreiheit dieser einstehen zu wollen. So wird bereits unstreitig in der im Zuge des Vertragsschluss übersandten Buchungsbestätigung darauf verwiesen, dass die Beklagte die Objekte nur vermittelt. Weiter ergibt sich eindeutig die Vermittlereigenschaft bereits aus den AGB der Beklagten, die im Übrigen mit „Vermittlungsbedingungen der B GmbH“ überschrieben sind. Auch die Einleitung derselben lässt keinen Zweifel daran, dass die Beklagte lediglich vermittelnd tätig wird („Die B GmbH ist nur Vermittler und kein Veranstalter, vertritt die Anbieter in der Anbahnung und Abschluss von Verträgen.“). 26Der Kläger hat die Kenntnisnahme der AGB im Rahmen der Buchung über das Online-Formular unbestritten bestätigt. 27Etwas anderes folgt schließlich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus der unter dem Slogan „What you see is what you get“ abgegebenen Erklärung auf der Homepage der Beklagten (vgl. Anlage K 4). Zum einen ist dem hierunter abgegebenen Text nochmals eindeutig zu entnehmen, dass – im Einklang mit den Vermittlungsbedingungen – eine Mängelrüge gegenüber dem Anbieter geltend zu machen ist. Auch aus der Aufzählung „ob sie nun von einem Privatvermieter, einer lokalen Agentur oder einem Reiseveranstalter stammt“ wird nochmals deutlich, dass die Beklagte lediglich als Vertragsvermittlerin tätig wird. Zum anderen folgt aus der Erklärung kein eigener vertraglicher Anspruch gegen die Beklagte auf Schadensersatz. Dies folgt bereits daraus, dass die Beklagte zunächst auf die Geltendmachung gegenüber dem Anbieter verweist – wie dies im Übrigen auch vorprozessual erfolgt ist. Eine solche Geltendmachung ist durch den Kläger jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich. Ohnehin gibt die Beklagte an der angegeben Stelle jedoch weiter nur an, dass für den Fall, dass der Anbieter vor Ort keine Abhilfe schaffe, der Kunde sich an die Beklagte wenden könne. Sie führt aus: „Wir sichern ihnen kulante und unbürokratische Bearbeitung zu“. Bereits aus der Wortwahl „Kulanz“ ist ersichtlich, dass eben keine vertraglichen direkten Ansprüche sondern, eben nur Kulanzleistungen angekündigt werden. Auf diese kann jedoch kein Rechtsanspruch bestehen. 282. 29Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus sonstigen Gesichtspunkten, insbesondere lässt sich dem klägerischen Vorbringen eine Pflichtverletzung der Beklagten im Rahmen der aus dem Vertrag mit dem Kläger geschuldeten Vermittlungsleistung nicht entnehmen. 303. 31Mangels Bestands der Hauptforderung stehen dem Kläger auch die geltend gemachten Nebenforderungen nicht zu. 32II. 33Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 34III. 35Der Streitwert wird auf 1.505,00 € festgesetzt. 36Rechtsbehelfsbelehrung: 37A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 381. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 392. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 40Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 41Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen. 42Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 43Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 44B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Düsseldorf statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. 45Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 46I | hat das amtsgericht düsseldorf auf die mündliche verhandlung vom 14.10.2016 durch den richter i für recht erkannt: die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages sicherheit leistet. 1 | 2der kläger buchte über die von der beklagten betriebene internetseite b ein von dem anbieter x angebotenes ferienhaus für den zeitraum 25.07 - 08.08.2015 zu einem gesamtpreis von € 3.018,00. wegen der einzelheiten wird auf die klageschrift bezug genommen. im rahmen der buchung akzeptierte der kläger die agb der beklagten (anlage b1) und bestätigte deren kenntnisnahme. ohne eine solche bestätigung kann eine buchung über die website der beklagten nicht erfolgen. 3die agb sind mit „vermittlungsbedingungen der b gmbh“ überschrieben. in ihnen heißt es einleitend: 4„die b gmbh vermittelt den abschluss von verträgen für ferienunterkünfte, flüge und mietwagen zwischen kunden und vermietern / veranstaltern / fluggesellschaften. die b gmbh ist nur vermittler und kein veranstalter, vertritt die anbieter in der anbahnung und abschluss von verträgen.“ 5auch wurde der kläger in der buchungsbestätigung der beklagten darauf hingewiesen, dass durch die beklagte lediglich eine vermittlung der objekte erfolge. 6bei seiner ankunft stellte der kläger diverse mängel an dem ferienhaus fest. wegen der einzelheiten wird auf den inhalt der klageschrift sowie die e-mail vom 11.08.2016 (anlage k 1) verwiesen. 7der kläger zeigte die mängel vor ort an, wobei er erst am 04.08.2015 jemanden erreichte. 8mit e-mail vom 11.08.2015 (anlage k 1) begehrte der kläger von der beklagten u.a. die rückzahlung des hälftigen gesamtpreises in höhe von € 1.505,00. 9mit der vorliegenden klage verfolgt der kläger seine forderung weiter. 10er ist der ansicht, die beklagte sei zum ausgleich seiner forderungen verpflichtet, insbesondere sei sie nicht als bloße vermittlerin der reiseleistungen anzusehen, da sie auf ihre vermittlerrolle nicht hinreichend hinweise. auch entfalte sie durch ihren internetauftritt eine besondere vertrauensstellung und garantiere, dass die auf ihrer internetseite abgebildeten und beschrieben unterkünfte den tatsächlichen begebenheiten entsprächen, was insbesondere aus der unter dem slogan „what you see is what you get“ abgegebenen erklärung folge (vgl. anlage k 4). 11er beantragt, 12die beklagte zu verurteilen, an ihn € 1.505,00 nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz hieraus seit dem 26.08.2015 sowie vorgerichtliche rechtsanwaltskosten in höhe von 255,85 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz hieraus seit rechtshängigkeit zu zahlen. 13die beklagte beantragt, 14 die klage abzuweisen. 15sie ist der ansicht, dass ein reisevertrag bzw. ein mietvertrag zwischen den parteien nicht zu stande gekommen sei, sie habe den betreffenden vertragsschluss bzgl. des ferienhauses lediglich vermittelt. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den akteninhalt bezug genommen. 17 | 18die zulässige klage ist unbegründet. 19i. 20dem kläger steht gegen die beklagte der geltend gemachte schadensersatzanspruch aus keinem rechtlichen gesichtspunkt zu. 211. 22der geltend gemachte anspruch scheitert vorliegend bereits daran, dass die beklagte hinsichtlich der geltend gemachten reise- bzw. mietvertraglichen schadensersatzansprüche jedenfalls nicht passivlegitimiert ist. 23zwischen dem kläger und der beklagten besteht kein reisevertrag i.s.d. §§ 651a ff. bgb. die beklagte vermittelt ferienhäuser und wohnungen im in- und ausland. zu diesem zweck betreibt sie eine internetseite mit mietangeboten verschiedener ferienhäuser. im falle einer buchung über das portal der beklagten tritt die beklagte als vermittler des jeweiligen objekts auf. sie wird damit nicht als vermieterin bzw. als reiseveranstalterin gem. § 651a bgb tätig (vgl. zuletzt ag düsseldorf, urteil vom 05.10.2015, az. 45 c 261/15 m.w.n.). 24der vermittlungseinwand der beklagten bleibt auch nicht nach § 651 a abs. 2 bgb unberücksichtigt. soweit nach dieser vorschrift die erklärung, nur verträge mit den personen zu vermitteln, welche die einzelnen reiseleistungen ausführen sollen, unberücksichtigt bleibt, wenn nach den sonstigen umständen der anschein begründet wird, dass der erklärende vertraglich vorgesehene reiseleistungen in eigener verantwortung erbringt, liegen die voraussetzungen dieser vorschrift nicht vor. die beklagte hat nicht den anschein erweckt, die vorgesehenen reiseleistungen in eigener verantwortung erbringen zu wollen, sondern ausreichend auf ihre bloße vermittlungstätigkeit hingewiesen. dies gilt auch unter berücksichtigung der rechtsprechung des bundesgerichtshofes, wonach entscheidend ist, ob gezielt eine eigene vertrauenswerbung entfaltet wird und der erklärende sich dabei nicht nur auf die rolle eines vermittlers beschränkt (vgl. bgh, urteil vom 09.07.1992, az. vii zr 7/92; zitiert nach juris). 25so ist dem klägerischen vorbringen nicht ansatzweise zu entnehmen, dass die beklagte sich vorliegend im rahmen der vertragsverhandlungen als reiseveranstalter geriert hat, mithin den eindruck erweckt hat, in eigenem namen für die leistungserbringung sowie die mangelfreiheit dieser einstehen zu wollen. so wird bereits unstreitig in der im zuge des vertragsschluss übersandten buchungsbestätigung darauf verwiesen, dass die beklagte die objekte nur vermittelt. weiter ergibt sich eindeutig die vermittlereigenschaft bereits aus den agb der beklagten, die im übrigen mit „vermittlungsbedingungen der b gmbh“ überschrieben sind. auch die einleitung derselben lässt keinen zweifel daran, dass die beklagte lediglich vermittelnd tätig wird („die b gmbh ist nur vermittler und kein veranstalter, vertritt die anbieter in der anbahnung und abschluss von verträgen.“). 26der kläger hat die kenntnisnahme der agb im rahmen der buchung über das online-formular unbestritten bestätigt. 27etwas anderes folgt schließlich entgegen der ansicht des klägers auch nicht aus der unter dem slogan „what you see is what you get“ abgegebenen erklärung auf der homepage der beklagten (vgl. anlage k 4). zum einen ist dem hierunter abgegebenen text nochmals eindeutig zu entnehmen, dass – im einklang mit den vermittlungsbedingungen – eine mängelrüge gegenüber dem anbieter geltend zu machen ist. auch aus der aufzählung „ob sie nun von einem privatvermieter, einer lokalen agentur oder einem reiseveranstalter stammt“ wird nochmals deutlich, dass die beklagte lediglich als vertragsvermittlerin tätig wird. zum anderen folgt aus der erklärung kein eigener vertraglicher anspruch gegen die beklagte auf schadensersatz. dies folgt bereits daraus, dass die beklagte zunächst auf die geltendmachung gegenüber dem anbieter verweist – wie dies im übrigen auch vorprozessual erfolgt ist. eine solche geltendmachung ist durch den kläger jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich. ohnehin gibt die beklagte an der angegeben stelle jedoch weiter nur an, dass für den fall, dass der anbieter vor ort keine abhilfe schaffe, der kunde sich an die beklagte wenden könne. sie führt aus: „wir sichern ihnen kulante und unbürokratische bearbeitung zu“. bereits aus der wortwahl „kulanz“ ist ersichtlich, dass eben keine vertraglichen direkten ansprüche sondern, eben nur kulanzleistungen angekündigt werden. auf diese kann jedoch kein rechtsanspruch bestehen. 282. 29der geltend gemachte anspruch ergibt sich auch nicht aus sonstigen gesichtspunkten, insbesondere lässt sich dem klägerischen vorbringen eine pflichtverletzung der beklagten im rahmen der aus dem vertrag mit dem kläger geschuldeten vermittlungsleistung nicht entnehmen. 303. 31mangels bestands der hauptforderung stehen dem kläger auch die geltend gemachten nebenforderungen nicht zu. 32ii. 33die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 abs. 1, 708 nr. 11, 711 zpo. 34iii. 35der streitwert wird auf 1.505,00 € festgesetzt. 36rechtsbehelfsbelehrung: 37a) gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 381. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 392. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 40die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht düsseldorf, werdener straße 1, 40227 düsseldorf, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 41die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht düsseldorf zu begründen. 42die parteien müssen sich vor dem landgericht düsseldorf durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 43mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 44b) gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das amtsgericht düsseldorf statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt oder das amtsgericht die beschwerde zugelassen hat. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem amtsgericht düsseldorf, werdener straße 1, 40227 düsseldorf, schriftlich in deutscher sprache oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden. 45ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann die beschwerde noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 46i | Verklagte*r | 0 |
336,246 | 4 K 2245/19 Erb | 2021-03-10T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist die Tochter der Erblasserin. 3Die Erblasserin war Eigentümerin eines mit einem Zweifamilienhaus bebauten Grundstücks. Eine der Wohnungen nutzte die Erblasserin selbst, die andere Wohnung hatte die Tochter der Klägerin angemietet. Die Gesamtwohnfläche beträgt 250 m². 4Die Erblasserin verstarb am 23.7.2016. Sie wurde von der Klägerin allein beerbt. 5Die Klägerin bezog gemeinsam mit ihrem Ehemann nach der Durchführung von Renovierungsarbeiten Anfang 2018 die von der Erblasserin bis zu ihrem Tod genutzte Wohnung in dem Haus. 6Am 26.1.2017 reichte die Klägerin eine Erbschaftsteuererklärung ein. Eine Steuerbefreiung für das Grundvermögen wurde nicht geltend gemacht, insbesondere wurde die Anlage „Steuerbefreiung Familienheim“ nicht beigefügt. Der Beklagte setzte im Februar 2017 zunächst 3.927 € Erbschaftsteuer gegen die Klägerin fest, wobei das streitgegenständliche Grundstück erklärungsgemäß mit einem Wert von 261.000 € als steuerpflichtig behandelt wurde. Der Bescheid wurde bestandskräftig. 7Unter Verweis auf den Feststellungsbescheid des Finanzamtes vom 10.12.2018 änderte der Beklagte den ursprünglichen Bescheid nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO ab und setzte unter dem 1.3.2019 gegen die Klägerin nunmehr 79.380 € Erbschaftsteuer fest. Dabei setzte es das streitgegenständliche Grundstück mit dem vom Finanzamt festgestellten Wert von 734.148 € an. 8Mit ihrem dagegen eingelegten Einspruch trug die Klägerin vor: Ihr stehe für die von der Erblasserin genutzte Wohnung mit einer Wohnfläche von 185 m² die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zu. Sie habe mit der Selbstnutzung der von der Erblasserin bewohnten Wohnung erst am 15.1.2018 beginnen können. Zuvor hätten der Hausrat und teilweise hochwertiges Inventar ausgeräumt sowie veräußert werden müssen. Das habe sich bis in den Januar 2017 hingezogen. Die Arbeiten hätten sich wegen ihrer Hüftprobleme verzögert. Da sich seit dem Tod des Ehemannes der Erblasserin im Jahr 2007 ein erheblicher Renovierungsbedarf angestaut habe, habe die Wohnung vor der von ihr im Zeitpunkt des Erbfalls beabsichtigten Selbstnutzung erst in einen zeitgemäßen Zustand gebracht werden müssen. Deshalb hätten die Fußböden erneuert, die Fenster ausgetauscht und die Bäder renoviert werden müssen. Ferner hätten Elektro- und Malerarbeiten ausgeführt werden müssen. Im Zeitraum von Februar bis März 2017 habe sie Gespräche mit Handwerkern geführt und Angebote eingeholt. Die Abgabe der Angebote durch die Handwerker habe sich wegen der guten Auslastung im Ausbaugewerbe bis zum April 2017 verzögert. Erste Aufträge habe sie im Mai 2017 erteilt. Durch ihre fortschreitenden Hüftprobleme sei ihr die gebotene Bauüberwachung nicht immer möglich gewesen. Deshalb seien die Arbeiten nicht entsprechend dem vorgesehenen Zeitplan ausgeführt worden. Die Renovierung des Bads sei erst im November 2017 abgeschlossen worden. 9Die Klägerin übersandte eine tabellarische Übersicht hinsichtlich der durchgeführten Arbeiten, wobei neben Ausräum- und Entrümpelungsarbeiten im Wesentlichen der Einbau einer neuen Küche, neuer Fenster und eines Treppenlifts sowie Installations- und Bodenarbeiten ausgewiesen wurden. Als Einzugsdatum gab sie darin den 19.2.2018 an. 10Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 17.7.2019 zurück und führte aus: Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG lägen nicht vor, weil die Klägerin erst am 19.2.2018 und damit nicht innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall in die von der Erblasserin genutzte Wohnung eingezogen sei. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass ihr ein früherer Einzug aus zwingenden, von ihr nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich gewesen sei. Die Auslastung des Baugewerbes sei ein allgemein bekanntes Problem gewesen. Es sei der Klägerin anzulasten, dass sie nicht auf eine zeitnahe Erstellung der Angebote gedrängt und keine weiteren Angebote eingeholt habe. Die Arbeiten an den Fußböden hätten erst am 19.10.2017 beginnen können, weil die Ausräumarbeiten verzögert durchgeführt worden sein. Die Klägerin hätte für das Ausräumen der Wohnung ein Unternehmen beauftragen müssen, um den Beginn der Renovierungsarbeiten zu beschleunigen. Sie habe zudem die neue Küche erst am 21.8.2017 bestellt, so dass diese erst am 6.12.2017 habe eingebaut werden können. Die Bauaufsicht hätte zumindest teilweise der Ehemann der Klägerin führen können. 11Die Klägerin trägt mit ihrer Klage vor: Sie sei an einer früheren Selbstnutzung der Wohnung der Erblasserin durch Gründe gehindert gewesen, die nicht in ihrem Verantwortungsbereich gelegen hätten. Unter Berücksichtigung der Auslastung der Handwerker und der umfangreichen Baumaßnahmen könne ein Zeitraum von weniger als 18 Monaten bis zum Einzug als nicht zu lang angesehen werden. Dies auch deshalb, weil für sie von Anfang an ein Einzug in die Wohnung der Erblasserin festgestanden habe. 12Die Klägerin beantragt, 13 1. den Erbschaftsteueränderungsbescheid vom 1.3.2019 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.7.2019 mit der Maßgabe aufzuheben, dass es bei der Festsetzung vom 8.2.2017 verbleibt; 14 2. hilfsweise, die Revision zuzulassen. 15Der Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. 19Entscheidungsgründe: 20Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 1.3.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.7.2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). 21Der Erwerb des von der Erblasserin genutzten Teils des Grundvermögens ist nicht nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG steuerfrei. 221. Nach dieser Regelung ist steuerfrei u.a. der Erwerb von Todes wegen des Eigentums an einem im Inland belegenen bebauten Grundstück im Sinne des § 181 Abs. 1 Nr. 1-5 des Bewertungsgesetzes durch Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat, die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist und soweit die Wohnfläche 200 m² nicht übersteigt. 23Um die Wohnung unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 des Bürgerlichen Gesetzbuches) zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke zu bestimmen, muss der Erwerber innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem Erbfall die Absicht zur Selbstnutzung der Wohnung fassen und durch den Einzug in die Wohnung tatsächlich umsetzen (Bundesfinanzhof –BFH –, Urteile v. 23.6.2015 – II R 39/13, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2016, 295, Rn. 23 und v. 28.5.2019 – II R 37/16, BStBl. II 2019, 678, Rn. 17). Die bloße Absicht der Selbstnutzung ist ebenso unzureichend wie die Vornahme von Vorbereitungshandlungen, etwa Renovierungsarbeiten (Finanzgericht – FG – Münster, Urteil v. 24.10.2019 – 3 K 3184/17 Erb, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2020, 214, Rev. anh. II R 46/19, Rn. 22, 28). Wird die Selbstnutzung der Wohnung erst nach Ablauf von sechs Monaten aufgenommen, kann zwar eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung vorliegen. Allerdings muss der Erwerber in diesem Fall darlegen und glaubhaft machen, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke entschlossen hat, aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug in die Wohnung nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat. Umstände im Einflussbereich des Erwerbers, die nach Ablauf des Sechsmonatszeitraums zu einer längeren Verzögerung des Einzugs führen (wie z.B. eine Renovierung der Wohnung), sind nur unter besonderen Voraussetzungen nicht dem Erwerber anzulasten. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn sich die Renovierung deshalb länger hinzieht, weil nach Beginn der Renovierungsarbeiten ein gravierender Mangel der Wohnung entdeckt wird, der vor dem Einzug beseitigt werden muss. Je größer der zeitliche Abstand zwischen dem Erbfall und dem tatsächlichen Einzug des Erwerbers in die Wohnung ist, umso höhere Anforderungen sind an die Darlegung des Erwerbers und seine Gründe für die verzögerte Nutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke zu stellen (BFH, Urteile vom 23.6.2015 – II R 39/13, BStBl. II 2016, 295, Rn. 26 und v. 28.5.2019 – II R 37/16, BStBl. II 2019, 678, Rn. 22). Zudem ist eine restriktive Auslegung der Vorschrift geboten, um im Hinblick auf bestehende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Steuerbefreiung eine Überbegünstigung zu vermeiden (BFH, Urteil v. 28.5.2019 – II R 37/16, BStBl. II 2019, 678, Rn. 23, m.w.N.; FG Nürnberg, Urteil v. 4.4.2018 – 4 K 476/16, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht – UVR – 2018, 264, Rn. 53). Eine solche ist darüber hinaus auch deshalb erforderlich, weil der Erwerber es andernfalls in der Hand hätte, den durch die Behaltensfrist des § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 5 ErbStG vorgesehenen Zeitraum der Eigennutzung von mindestens zehn Jahren durch eine erheblich verzögerte Selbstnutzung zu verkürzen (FG Nürnberg, Urteil v. 4.4.2018 – 4 K 476/16, UVR 2018, 264, Rn. 52). 242. Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin die von der Erblasserin genutzte Wohnung nicht unverzüglich nach dem Erbfall zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke bestimmt. Während der Miteinzug des Ehemannes der Klägerin unschädlich ist (vgl. BFH, Urteil v. 5.10.2016 – II R 32/15, BStBl. II 2017, 130, Rn. 16), ist das Merkmal der Unverzüglichkeit nicht erfüllt. 25Dabei kann offen bleiben, ob die Klägerin, wie sie mit der Klage geltend macht, in subjektiver Hinsicht tatsächlich bereits im Zeitpunkt des Erbfalls zur Selbstnutzung entschlossen war. Denn es fehlt jedenfalls an einer tatsächlichen Umsetzung dieses Entschlusses binnen angemessener Frist. 26Tatsächlich wurde die Selbstnutzung erst Anfang 2018 aufgenommen. Ungeachtet dessen, ob Einzugstermin der 15.1.2018 oder – wofür die im Einspruchsverfahren vorgelegte Zeittafel spricht – der 19.2.2018 war, waren seit dem Erbfall am 23.7.2016 jedenfalls etwa 18 Monate vergangen. Das verzögerte Ausräumen und die Renovierung der Wohnung waren Umstände im Einflussbereich der Klägerin, die ihr nur unter besonderen Voraussetzungen nicht anzulasten wären. Solche besonderen Voraussetzungen, wie ein erst nach Beginn der Renovierungsarbeiten entdeckter gravierender Mangel der Wohnung (BFH, Urteile v. 23.6.2015 – II R 39/13, BStBl. II 2016, 295, Rn. 26 und v. 28.5.2019 – II R 37/16, BStBl. II 2019, 678, Rn. 22), lagen hier nicht vor. Bei den ausgeführten Handwerkerleistungen handelt es sich vielmehr um reguläre Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten. Auch ein möglicher Mangel an Handwerksbetrieben, die die Renovierungsarbeiten hätten ausführen können, war – anders als die vom BFH angesprochenen versteckten Mängel – bereits zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin vorhersehbar. Ebenso war der Umstand, dass aus Sicht der Klägerin erheblicher Renovierungsbedarf bzw. ein Instandhaltungsrückstand vorlag, jedenfalls unmittelbar nach dem Erbfall erkennbar. Der Klägerin ist deshalb anzulasten, dass sie die Handwerker nicht früher mit der Erstellung von Angeboten beauftragt hat bzw. nicht weitere Handwerksbetriebe angesprochen hat. So fand die erste Besichtigung der Wohnung durch den Fliesenleger erst am 16.12.2016 und damit beinahe fünf Monate nach dem Erbfall statt. Ortsbesichtigungen im Hinblick auf die Arbeiten an Böden, Türen und Fenstern fanden sogar erst im Januar 2017 statt, also gegen Ende des Sechs-Monats-Zeitraums. 27Der Klägerin ist auch anzulasten, dass sie mit dem Ausräumen der Wohnung kein Unternehmen beauftragt hat. Nach der im Einspruchsverfahren vorgelegten Bestätigung einer Privatperson, hat sie dieser angeboten, diverse Einrichtungsgegenstände („Küche, Schlafzimmer, Wohnzimmergarnitur, Esszimmertisch mit Eckbank, Stühle, Porzellan und Glas“) zu übernehmen. Weiter ergibt sich aus der Bestätigung, dass die Klägerin ihn erst im Spätherbst des Jahres 2016 und damit bereits Monate nach dem Erbfall angesprochen hat und dass dieser den Abtransport des Inventars nur in seiner Freizeit durchführen konnte. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ihren Vortrag dahingehend ergänzt, dass Herr A nur am Wochenende zur Verfügung gestanden habe. Auch weist der Beklagte in der Einspruchsbegründung zurecht darauf hin, dass noch im August 2017 ein Container im Zuge der Hausentrümpelung abgeholt wurde. Damit dürfte das verzögerte Ausräumen der Wohnung zumindest mitursächlich dafür gewesen sein, dass sich auch die Bodenarbeiten verzögerten, mit denen letztlich erst im Oktober 2017 begonnen wurde. Die Bodenarbeiten dauerten noch bis Januar 2018 an und dürften daher u.a. für den späten Einzugstermin ausschlaggebend gewesen sein. 28Die Klägerin hat überdies die neue Küche für die Wohnung erst am 21.8.2017 bestellt. Der Beklagte weist deshalb zu Recht darauf hin, dass dies zur Folge hatte, dass die neue Küche schließlich erst am 6.12.2017 eingebaut wurde. 29Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin nach ihrem Vortrag insbesondere durch ein Hüftleiden eingeschränkt war und für einige Zeit nicht selbst die Aufträge erteilen und deren Ausführung überwachen konnte. Auch insoweit hätte sich die Klägerin indes externer, erforderlichenfalls professioneller Unterstützung bedienen können. Zudem hat sie auf den Einwand des Beklagten in der Einspruchsentscheidung, die Bauaufsicht hätte zumindest teilweise ihr Ehemann führen können, nicht vorgetragen, dass dieser dazu nicht in der Lage gewesen wäre. 303. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen (vgl. bereits FG Münster, Urteil v. 24.10.2019 – 3 K 3184/17 Erb, EFG 2020, 214, Rev. anh. II R 46/19, Rn. 30). | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. die revision wird zugelassen. 1 | 2die klägerin ist die tochter der erblasserin. 3die erblasserin war eigentümerin eines mit einem zweifamilienhaus bebauten grundstücks. eine der wohnungen nutzte die erblasserin selbst, die andere wohnung hatte die tochter der klägerin angemietet. die gesamtwohnfläche beträgt 250 m². 4die erblasserin verstarb am 23.7.2016. sie wurde von der klägerin allein beerbt. 5die klägerin bezog gemeinsam mit ihrem ehemann nach der durchführung von renovierungsarbeiten anfang 2018 die von der erblasserin bis zu ihrem tod genutzte wohnung in dem haus. 6am 26.1.2017 reichte die klägerin eine erbschaftsteuererklärung ein. eine steuerbefreiung für das grundvermögen wurde nicht geltend gemacht, insbesondere wurde die anlage „steuerbefreiung familienheim“ nicht beigefügt. der beklagte setzte im februar 2017 zunächst 3.927 € erbschaftsteuer gegen die klägerin fest, wobei das streitgegenständliche grundstück erklärungsgemäß mit einem wert von 261.000 € als steuerpflichtig behandelt wurde. der bescheid wurde bestandskräftig. 7unter verweis auf den feststellungsbescheid des finanzamtes vom 10.12.2018 änderte der beklagte den ursprünglichen bescheid nach § 175 abs. 1 nr. 1 ao ab und setzte unter dem 1.3.2019 gegen die klägerin nunmehr 79.380 € erbschaftsteuer fest. dabei setzte es das streitgegenständliche grundstück mit dem vom finanzamt festgestellten wert von 734.148 € an. 8mit ihrem dagegen eingelegten einspruch trug die klägerin vor: ihr stehe für die von der erblasserin genutzte wohnung mit einer wohnfläche von 185 m² die steuerbefreiung nach § 13 abs. 1 nr. 4c satz 1 des erbschaftsteuer- und schenkungsteuergesetzes (erbstg) zu. sie habe mit der selbstnutzung der von der erblasserin bewohnten wohnung erst am 15.1.2018 beginnen können. zuvor hätten der hausrat und teilweise hochwertiges inventar ausgeräumt sowie veräußert werden müssen. das habe sich bis in den januar 2017 hingezogen. die arbeiten hätten sich wegen ihrer hüftprobleme verzögert. da sich seit dem tod des ehemannes der erblasserin im jahr 2007 ein erheblicher renovierungsbedarf angestaut habe, habe die wohnung vor der von ihr im zeitpunkt des erbfalls beabsichtigten selbstnutzung erst in einen zeitgemäßen zustand gebracht werden müssen. deshalb hätten die fußböden erneuert, die fenster ausgetauscht und die bäder renoviert werden müssen. ferner hätten elektro- und malerarbeiten ausgeführt werden müssen. im zeitraum von februar bis märz 2017 habe sie gespräche mit handwerkern geführt und angebote eingeholt. die abgabe der angebote durch die handwerker habe sich wegen der guten auslastung im ausbaugewerbe bis zum april 2017 verzögert. erste aufträge habe sie im mai 2017 erteilt. durch ihre fortschreitenden hüftprobleme sei ihr die gebotene bauüberwachung nicht immer möglich gewesen. deshalb seien die arbeiten nicht entsprechend dem vorgesehenen zeitplan ausgeführt worden. die renovierung des bads sei erst im november 2017 abgeschlossen worden. 9die klägerin übersandte eine tabellarische übersicht hinsichtlich der durchgeführten arbeiten, wobei neben ausräum- und entrümpelungsarbeiten im wesentlichen der einbau einer neuen küche, neuer fenster und eines treppenlifts sowie installations- und bodenarbeiten ausgewiesen wurden. als einzugsdatum gab sie darin den 19.2.2018 an. 10der beklagte wies den einspruch mit entscheidung vom 17.7.2019 zurück und führte aus: die voraussetzungen des § 13 abs. 1 nr. 4c satz 1 erbstg lägen nicht vor, weil die klägerin erst am 19.2.2018 und damit nicht innerhalb von sechs monaten nach dem erbfall in die von der erblasserin genutzte wohnung eingezogen sei. die klägerin habe nicht dargelegt, dass ihr ein früherer einzug aus zwingenden, von ihr nicht zu vertretenden gründen nicht möglich gewesen sei. die auslastung des baugewerbes sei ein allgemein bekanntes problem gewesen. es sei der klägerin anzulasten, dass sie nicht auf eine zeitnahe erstellung der angebote gedrängt und keine weiteren angebote eingeholt habe. die arbeiten an den fußböden hätten erst am 19.10.2017 beginnen können, weil die ausräumarbeiten verzögert durchgeführt worden sein. die klägerin hätte für das ausräumen der wohnung ein unternehmen beauftragen müssen, um den beginn der renovierungsarbeiten zu beschleunigen. sie habe zudem die neue küche erst am 21.8.2017 bestellt, so dass diese erst am 6.12.2017 habe eingebaut werden können. die bauaufsicht hätte zumindest teilweise der ehemann der klägerin führen können. 11die klägerin trägt mit ihrer klage vor: sie sei an einer früheren selbstnutzung der wohnung der erblasserin durch gründe gehindert gewesen, die nicht in ihrem verantwortungsbereich gelegen hätten. unter berücksichtigung der auslastung der handwerker und der umfangreichen baumaßnahmen könne ein zeitraum von weniger als 18 monaten bis zum einzug als nicht zu lang angesehen werden. dies auch deshalb, weil für sie von anfang an ein einzug in die wohnung der erblasserin festgestanden habe. 12die klägerin beantragt, 13 1. den erbschaftsteueränderungsbescheid vom 1.3.2019 in der gestalt der einspruchsentscheidung vom 17.7.2019 mit der maßgabe aufzuheben, dass es bei der festsetzung vom 8.2.2017 verbleibt; 14 2. hilfsweise, die revision zuzulassen. 15der beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17zur begründung verweist er im wesentlichen auf seine einspruchsentscheidung. 18wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakten sowie die beigezogenen verwaltungsvorgänge verwiesen. 19 | 20die zulässige klage ist unbegründet. der bescheid vom 1.3.2019 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 17.7.2019 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 100 abs. 1 satz 1 der finanzgerichtsordnung (fgo). 21der erwerb des von der erblasserin genutzten teils des grundvermögens ist nicht nach § 13 abs. 1 nr. 4c satz 1 erbstg steuerfrei. 221. nach dieser regelung ist steuerfrei u.a. der erwerb von todes wegen des eigentums an einem im inland belegenen bebauten grundstück im sinne des § 181 abs. 1 nr. 1-5 des bewertungsgesetzes durch kinder im sinne der steuerklasse i nr. 2, soweit der erblasser darin bis zum erbfall eine wohnung zu eigenen wohnzwecken genutzt hat, die beim erwerber unverzüglich zur selbstnutzung zu eigenen wohnzwecken bestimmt ist und soweit die wohnfläche 200 m² nicht übersteigt. 23um die wohnung unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes zögern (§ 121 des bürgerlichen gesetzbuches) zur selbstnutzung für eigene wohnzwecke zu bestimmen, muss der erwerber innerhalb einer angemessenen zeit nach dem erbfall die absicht zur selbstnutzung der wohnung fassen und durch den einzug in die wohnung tatsächlich umsetzen (bundesfinanzhof –bfh –, urteile v. 23.6.2015 – ii r 39/13, bundessteuerblatt – bstbl. – ii 2016, 295, rn. 23 und v. 28.5.2019 – ii r 37/16, bstbl. ii 2019, 678, rn. 17). die bloße absicht der selbstnutzung ist ebenso unzureichend wie die vornahme von vorbereitungshandlungen, etwa renovierungsarbeiten (finanzgericht – fg – münster, urteil v. 24.10.2019 – 3 k 3184/17 erb, entscheidungen der finanzgerichte – efg – 2020, 214, rev. anh. ii r 46/19, rn. 22, 28). wird die selbstnutzung der wohnung erst nach ablauf von sechs monaten aufgenommen, kann zwar eine unverzügliche bestimmung zur selbstnutzung vorliegen. allerdings muss der erwerber in diesem fall darlegen und glaubhaft machen, zu welchem zeitpunkt er sich zur selbstnutzung der wohnung für eigene wohnzwecke entschlossen hat, aus welchen gründen ein tatsächlicher einzug in die wohnung nicht früher möglich war und warum er diese gründe nicht zu vertreten hat. umstände im einflussbereich des erwerbers, die nach ablauf des sechsmonatszeitraums zu einer längeren verzögerung des einzugs führen (wie z.b. eine renovierung der wohnung), sind nur unter besonderen voraussetzungen nicht dem erwerber anzulasten. das kann beispielsweise der fall sein, wenn sich die renovierung deshalb länger hinzieht, weil nach beginn der renovierungsarbeiten ein gravierender mangel der wohnung entdeckt wird, der vor dem einzug beseitigt werden muss. je größer der zeitliche abstand zwischen dem erbfall und dem tatsächlichen einzug des erwerbers in die wohnung ist, umso höhere anforderungen sind an die darlegung des erwerbers und seine gründe für die verzögerte nutzung der wohnung für eigene wohnzwecke zu stellen (bfh, urteile vom 23.6.2015 – ii r 39/13, bstbl. ii 2016, 295, rn. 26 und v. 28.5.2019 – ii r 37/16, bstbl. ii 2019, 678, rn. 22). zudem ist eine restriktive auslegung der vorschrift geboten, um im hinblick auf bestehende verfassungsrechtliche bedenken gegen die steuerbefreiung eine überbegünstigung zu vermeiden (bfh, urteil v. 28.5.2019 – ii r 37/16, bstbl. ii 2019, 678, rn. 23, m.w.n.; fg nürnberg, urteil v. 4.4.2018 – 4 k 476/16, umsatzsteuer- und verkehrsteuer-recht – uvr – 2018, 264, rn. 53). eine solche ist darüber hinaus auch deshalb erforderlich, weil der erwerber es andernfalls in der hand hätte, den durch die behaltensfrist des § 13 abs. 1 nr. 4c satz 5 erbstg vorgesehenen zeitraum der eigennutzung von mindestens zehn jahren durch eine erheblich verzögerte selbstnutzung zu verkürzen (fg nürnberg, urteil v. 4.4.2018 – 4 k 476/16, uvr 2018, 264, rn. 52). 242. nach diesen grundsätzen hat die klägerin die von der erblasserin genutzte wohnung nicht unverzüglich nach dem erbfall zur selbstnutzung für eigene wohnzwecke bestimmt. während der miteinzug des ehemannes der klägerin unschädlich ist (vgl. bfh, urteil v. 5.10.2016 – ii r 32/15, bstbl. ii 2017, 130, rn. 16), ist das merkmal der unverzüglichkeit nicht erfüllt. 25dabei kann offen bleiben, ob die klägerin, wie sie mit der klage geltend macht, in subjektiver hinsicht tatsächlich bereits im zeitpunkt des erbfalls zur selbstnutzung entschlossen war. denn es fehlt jedenfalls an einer tatsächlichen umsetzung dieses entschlusses binnen angemessener frist. 26tatsächlich wurde die selbstnutzung erst anfang 2018 aufgenommen. ungeachtet dessen, ob einzugstermin der 15.1.2018 oder – wofür die im einspruchsverfahren vorgelegte zeittafel spricht – der 19.2.2018 war, waren seit dem erbfall am 23.7.2016 jedenfalls etwa 18 monate vergangen. das verzögerte ausräumen und die renovierung der wohnung waren umstände im einflussbereich der klägerin, die ihr nur unter besonderen voraussetzungen nicht anzulasten wären. solche besonderen voraussetzungen, wie ein erst nach beginn der renovierungsarbeiten entdeckter gravierender mangel der wohnung (bfh, urteile v. 23.6.2015 – ii r 39/13, bstbl. ii 2016, 295, rn. 26 und v. 28.5.2019 – ii r 37/16, bstbl. ii 2019, 678, rn. 22), lagen hier nicht vor. bei den ausgeführten handwerkerleistungen handelt es sich vielmehr um reguläre renovierungs- und modernisierungsarbeiten. auch ein möglicher mangel an handwerksbetrieben, die die renovierungsarbeiten hätten ausführen können, war – anders als die vom bfh angesprochenen versteckten mängel – bereits zum zeitpunkt des todes der erblasserin vorhersehbar. ebenso war der umstand, dass aus sicht der klägerin erheblicher renovierungsbedarf bzw. ein instandhaltungsrückstand vorlag, jedenfalls unmittelbar nach dem erbfall erkennbar. der klägerin ist deshalb anzulasten, dass sie die handwerker nicht früher mit der erstellung von angeboten beauftragt hat bzw. nicht weitere handwerksbetriebe angesprochen hat. so fand die erste besichtigung der wohnung durch den fliesenleger erst am 16.12.2016 und damit beinahe fünf monate nach dem erbfall statt. ortsbesichtigungen im hinblick auf die arbeiten an böden, türen und fenstern fanden sogar erst im januar 2017 statt, also gegen ende des sechs-monats-zeitraums. 27der klägerin ist auch anzulasten, dass sie mit dem ausräumen der wohnung kein unternehmen beauftragt hat. nach der im einspruchsverfahren vorgelegten bestätigung einer privatperson, hat sie dieser angeboten, diverse einrichtungsgegenstände („küche, schlafzimmer, wohnzimmergarnitur, esszimmertisch mit eckbank, stühle, porzellan und glas“) zu übernehmen. weiter ergibt sich aus der bestätigung, dass die klägerin ihn erst im spätherbst des jahres 2016 und damit bereits monate nach dem erbfall angesprochen hat und dass dieser den abtransport des inventars nur in seiner freizeit durchführen konnte. in der mündlichen verhandlung hat die klägerin ihren vortrag dahingehend ergänzt, dass herr a nur am wochenende zur verfügung gestanden habe. auch weist der beklagte in der einspruchsbegründung zurecht darauf hin, dass noch im august 2017 ein container im zuge der hausentrümpelung abgeholt wurde. damit dürfte das verzögerte ausräumen der wohnung zumindest mitursächlich dafür gewesen sein, dass sich auch die bodenarbeiten verzögerten, mit denen letztlich erst im oktober 2017 begonnen wurde. die bodenarbeiten dauerten noch bis januar 2018 an und dürften daher u.a. für den späten einzugstermin ausschlaggebend gewesen sein. 28die klägerin hat überdies die neue küche für die wohnung erst am 21.8.2017 bestellt. der beklagte weist deshalb zu recht darauf hin, dass dies zur folge hatte, dass die neue küche schließlich erst am 6.12.2017 eingebaut wurde. 29der senat verkennt nicht, dass die klägerin nach ihrem vortrag insbesondere durch ein hüftleiden eingeschränkt war und für einige zeit nicht selbst die aufträge erteilen und deren ausführung überwachen konnte. auch insoweit hätte sich die klägerin indes externer, erforderlichenfalls professioneller unterstützung bedienen können. zudem hat sie auf den einwand des beklagten in der einspruchsentscheidung, die bauaufsicht hätte zumindest teilweise ihr ehemann führen können, nicht vorgetragen, dass dieser dazu nicht in der lage gewesen wäre. 303. die kostenentscheidung beruht auf § 135 abs. 1 fgo. die revision war zur fortbildung des rechts nach § 115 abs. 2 nr. 2 fgo zuzulassen (vgl. bereits fg münster, urteil v. 24.10.2019 – 3 k 3184/17 erb, efg 2020, 214, rev. anh. ii r 46/19, rn. 30). | Verklagte*r | 0 |
164,294 | 22 O 366/14 | 2015-07-07T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. 1 Tatbestand: 2Gegenstand des vorliegenden Rechtstreits sind die Beteiligungen der Kläger in Höhe von jeweils 18.000,- EUR zuzüglich 5 % Agio an dem Schiffsfonds MS „T“ mbH und Co KG, welche die Kläger mit Beitrittserklärung vom 14.09.2006 (Anlagen K 1 und K 2) und nach Beratung durch den Zeugen R zeichneten. Die Kläger besaßen bei der Beklagten bereits ein Wertpapierdepot, in dem sich Aktien und Aktienfonds befanden. Der damalige Hauptkundenbetreuer der Kläger, der Zeuge N, zog im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Fonds den Zeugen R als Fachberater hinzu. Zwischen den Parteien ist im Einzelnen streitig, ob es nur ein oder zwei Anlagegespräche gab. Jedenfalls wird in einem auf den 11.09.2006 datierten und von den Klägern unterschriebenen Anlagekonzept der Beklagten (Anlage B 1), als Gesprächsanlass in Bezug auf einen Anlagebetrag von 70.000,- EUR „Optimierung Vermögensstruktur“ als Ziel genannt und: „Eheleute D möchten bewusst eine Anlage eingehen, deren Renditeerwartungen die Verzinsung Ihrer Kreditengagements übersteigt“. In den von den Klägern unterschriebenen Beratungsdokumentationen (Anlage B 2 und B 3), ebenfalls vom 11.09.2006 heißt es, der Kunde habe nach eigenen Angaben Kenntnisse/Erfahrungen mit Schiffsbeteiligungen und schätze seine Anlegermentalität als wachstumsorientiert ein. Ziffer 2 der Beratungsdokumentationen („Angaben des Kunden über die mit der Anlage verfolgten Ziele“ u.a. „Altersvorsorge“) ist nicht ausgefüllt. Bei einem Beratungsgespräch mit dem Zeugen R, welches sodann am 14.09.2006 im Hause der Beklagten stattfand, wurde die streitgegenständliche Beteiligung von den Klägern gezeichnet. Auf der Beitrittserklärung unterschrieben die Kläger zudem, den Emissionsprospekt bereits vor Zeichnung erhalten zu haben und ausreichend Zeit gehabt zu haben, um diesen und die hierin enthaltenen Risikohinweise zu lesen. Der Kläger erhielt in der Folgezeit Ausschüttungen in Höhe von 716,- EUR, die Klägerin in Höhe von 720,- EUR. Dementsprechend verlangt der Kläger ausgehend von der Beteiligungssumme von 18.000,- EUR mit der vorliegenden Klage die Zahlung von 18.184,- EUR und die Klägerin Zahlung von 18.180,- EUR. Mit Schreiben vom 15.01.2009 (Anlage B 14) und vom 10.07.2009 (Anlage B 15) wurden die Kläger über die wirtschaftlich schwierige Situation der Gesellschaft informiert sowie erneut mit Schreiben vom 11.02.2010 (Anlage B 16) und vom 08.12.2010 (Anlage B 17). Die Ausschüttungen blieben deutlich hinter den erfolgten Prognosen zurück und fielen im Jahr 2008 vollständig aus. Mit Schreiben vom 17.04.2013 forderte der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Beklagte zur Leistung von Schadensersatz auf, was die Beklagte jedoch mit Schreiben vom 17.06.2013 ablehnte. 3Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen N und R. Ferner wurde eine Parteivernehmung der Klägerin in Bezug auf die Rückvergütung durchgeführt und diese auch persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 16.06.2015 verwiesen. 4Die Kläger behaupten, sie seien nicht über sämtliche mit der Beteiligung verbundenen Risiken aufgeklärt worden, u.a. seien sie nicht über das Totalverlustrisiko und die Provisionen, welche an die Beklagte geflossen seien informiert worden. Die Kläger behaupten weiter, die streitgegenständliche Anlage sei zur Altersvorsorge gedacht gewesen. 5Die Kläger beantragen, 6die Beklagte zu verurteilen, 7an den Kläger zu 1) 18.184,- Nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten vom 14.09.2006 bis Rechtshängigkeit sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug und Zug gegen Abtretung aller Rechte aus seiner Beteiligung an dem Schiffsfonds MS „ T“ mbH § Co KG in Höhe von nominal 18.000,- EUR. 8an die Klägerin zu 2) 18.180,- Nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten vom 14.09.2006 bis Rechtshängigkeit sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug und Zug gegen Abtretung aller Rechte aus ihrer Beteiligung an dem Schiffsfonds MS „ T“ mbH § Co KG in Höhe von nominal 18.000,- EUR, 9festzustellen, dass die Beklagte mit der Annahme der Abtretung zu Ziff. 1 in Verzug ist, 10die Beklagte zu verurteilen, den Klägern die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.639,21 zu erstatten, 11festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Kläger von allen wirtschaftlichen Nachteilen, insbesondere auch von einer etwaigen Pflicht zur Rückzahlung von Ausschüttungen, freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der Ziff. 1 genannten Gesellschaft resultieren und die ohne Zeichnung nicht eingetreten wären. 12Die Beklagte beantragt Klageabweisung. 13Die Beklagte behauptet, dass es sich bei den Klägern um wachstumsorientierte Anleger gehandelt habe. Sie hätten bereits rechtzeitig vor der Zeichnung einen Prospekt erhalten, welcher auf Seite 10 die Provisionen thematisiere. Im Übrigen seien sie auch mündlich über die Risiken und insbesondere auch die Rückvergütung aufgeklärt worden. Die Beklagte behauptet weiter, dass die Kläger die Beteiligung auch bei Aufklärung über die exakte Höhe der Provisionen erworben hätten, die Provisionszahlungen also für die Anlageentscheidung irrelevant gewesen seien. Sie beruft sich auf die Einrede der Verjährung. Aufgrund der Schreiben an die Kläger aus den Jahren 2009 und 2010 zu der wirtschaftlich schwierigen Situation und der Tatsache, dass die Ausschüttungen deutlich hinter der Prognose zurück geblieben und im Jahr 2008 vollständig ausgefallen seien ergebe sich, dass die Kläger seit 2009, spätestens aber 2010 Kenntnis der behaupteten anspruchsbegründenden Tatsachen gehabt hätten, so dass mit Ablauf des 31.12.2012, spätestens aber mit Ablauf des 31.12.2013 Verjährung eingetreten sei. 14Entscheidungsgründe: 15Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Kläger haben gegenüber der Beklagten keinen Schadensersatzanspruch gemäß den §§ 280 Abs.1, 249 BGB. Zwar ist zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen, welcher – in Abgrenzung zur Anlagevermittlung – regelmäßig charakterisiert ist durch eine auf die persönlichen Verhältnisse des Anlegers zugeschnittene Beratung (BGH, Urt. v. 11.12.2014 - III ZR 365/13, Rn. 11; vgl. ausf. BGH, Urt. v. 18.01.2007 - III ZR 44/06 Rn. 10, m.w.N.). Eine anlegergerechte Beratung muss die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden berücksichtigen, insbesondere muss das Anlageziel, die Risikobereitschaft und der Wissensstand des Anlageinteressenten abgeklärt werden (BGH, Urt. v. 11.12.2014 - III ZR 365/13, Rn. 13; vgl. ebenso BGH, Urt. v. 06.12.2012 - III ZR 66/12, Rn. 20). In Bezug auf das Anlageobjekt muss der Anlageberater rechtzeitig, richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig beraten. Insbesondere muss er den Interessenten über die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (BGH, Urt. v. 24.04.2014 - III ZR 389/12, Rn. 9). 16Eine von den Klägern zu beweisende unzureichende oder fehlerhafte Aufklärung ist jedoch nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt worden. Sofern die Kläger vortragen, dass keine ausreichende Aufklärung über die Rückvergütung, d.h. die Provision der Beklagten stattgefunden habe sowie einen Beratungsfehler im Zusammenhang mit der Frage behaupteten, ob ein funktionierender Zweitmarkt für die Beteiligung besteht, sind mögliche Ansprüche der Kläger verjährt. 17Die Kläger haben weder bewiesen, dass sie nicht anlagegerecht beraten worden sind, noch dass sie nicht anlegergerecht beraten worden sind. Dies haben die Kläger zur Überzeugung des Gerichts, auch unter Berücksichtigung der Beweisaufnahme, nicht zu beweisen vermocht. Grundsätzlich muss der Anleger nachweisen, dass er über ein bestimmtes Risiko bzw. eine aufklärungspflichtige Provisionszahlung nicht oder falsch aufgeklärt bzw. beraten worden ist (BGH, Beschl. v. 17.09.2009 - XI ZR 264/08, Tz. 4). Die Bank muss jedoch die behauptete unterlassene Beratung/Aufklärung substantiiert bestreiten, d.h. sie muss im Wege der sekundären Darlegungslast erklären, wann, wo und wie die gebotene Beratung bzw. Aufklärung vorgenommen wurde (BGH, Urt. v. 09.05.2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1443; BGH, Urt. v. 27.06.2000 - XI ZR 174/99, WM 2000, 1685, 1686). Die Beweislast für die Nichtaushändigung schriftlicher Informationen liegt im Streitfall beim geschädigten Anleger. Er muss beweisen, dass ihm der Prospekt mit den erforderlichen Risikohinweisen nicht ausgehändigt wurde, sofern die Bank im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast die behauptete fehlerhafte Beratung oder Aufklärung substantiiert bestritten und konkret dargelegt hat, wann, wo und wie die gebotene Beratung bzw. Aufklärung vorgenommen worden ist (BGH, Urt. v. 11.05.2006 - III ZR 205/05, Tz. 6 f.; OLG Frankfurt, Urt. v. 21.09.2010 - 9 U 151/09, Juris Rn. 61). 18Ob der Emissionsprospekt den Klägern vorliegend rechtzeitig vor dem Beratungsgespräch und der Zeichnung am 14.09.2006 ausgehändigt wurde kann dahin stehen, da den Klägern der ihnen obliegende Beweis dafür, dass sie nicht im Beratungsgespräch selbst aufgeklärt wurden, nicht gelungen ist. Zwar erklärte die Klägerin persönlich angehört, die Anlage sei als gut und sicher dargestellt worden und über Risiken sei nicht aufgeklärt worden. Weiter erklärte sie, dass ihnen nicht klar gewesen sei, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handelt. Zugleich räumte sie ein, dass sie Geschäftsberichte zugeschickt bekommen habe und diese auch am Anfang gelesen habe. In Bezug auf die Anlage K 2 erklärte sie gelesen zu haben, dass dort von „der Beteiligungsgesellschaft“ die Rede ist, dies jedoch insoweit nicht übersetzt zu haben. 19Der Zeuge N sagte aus, die Klägerin habe immer alles ganz genau wissen wollen. Der Zeuge R räumte zunächst ein, nichts zu dem im Einzelnen betroffenen Gespräch sagen zu können, da das Ganze bereits acht Jahre her sei. Er konnte jedoch aussagen, wie das Ganze grundsätzlich abgelaufen ist. Beispielsweise habe er bei einer Schiffsbeteiligung explizit auf Risiken und Ausgaben hingewiesen und auch das Agio erwähnt. Weiter habe er auf das Beschäftigungsrisiko und eine mögliche Insolvenz hingewiesen und auch auf das Risiko, dass die Preise fallen. Auf Nachfrage sagte er aus, dass in der Regel darüber aufgeklärt wurde, dass es sich um eine sehr sehr langfristige Anlageform handelt und sogar die Prognose falsch sein kann. Es handele sich um eine unternehmerische Beteiligung, so dass man das Geld auf keinen Fall dort anlegen solle, wenn man es kurzfristig zur Verfügung haben wolle. Es bestehe ausnahmsweise die Möglichkeit, die Beteiligung über den Sekundärmarkt zu vertreiben, die Preise seien dann aber voraussichtlich so im Keller, dass sich das nicht mehr lohne. Es sei nicht wie bei Aktien, die man einfach so an der Börse handele. Er sagte weiter aus, für den Fall, dass der Schiffsfonds pleitegeht darüber aufgeklärt zu haben, dass der Anleger in die Haftung kommen könnte und die Ausschüttungen möglicherweise auch zur Schuldentilgung verwendet und zurückgefordert werden könnten. In Bezug auf die Anlage B 3 erklärte er, in jedem Fall, alle dort genannten Punkte durchgegangen zu sein. Auf Nachfrage, gab er an, ausschließen zu können, dass bei dem Beratungsgespräch – so, wie von der Klägerin dargestellt – keinerlei Risiken besprochen worden seien. Er sagte aus, beim Beratungsgespräch immer den Prospekt zusammen mit der Produktbeschreibung verwendet zu haben. Er habe zunächst anhand eines Flyers einen Überblick verschafft, die typisierten Risiken genannt und geschaut, ob der Kunde das verstanden hat und auch Rückfragen beantwortet. 20Das Gericht hält die Angaben der Zeugen N und R für glaubhaft. Beide räumten ein, nach so langer Zeit keine Einzelheiten eines konkreten Beratungsgesprächs mehr zu erinnern. Zugleich konnten sie nachvollziehbar schildern, wie sie grundsätzlich vorgegangen sind. Insbesondere der Zeuge R konnte detailliert schildern, wie Beratungen im Zusammenhang mit einem Schiffsfonds abliefen, worüber im Einzelnen aufgeklärt wurde und warum er dabei wie vorging. Dabei konnte das Gericht auch keine Belastungstendenz erkennen. Vielmehr räumte der Zeuge R zum Beispiel ein, nicht jede Seite des Prospekts durchgegangen zu sei, aber über die wesentlichen Risiken aufgeklärt zu haben. Auf Nachfrage und unter Vorhalt der Anlage B 3 erklärte er überzeugend, dass auf jeden Fall alle dort genannten Punkte durchgegangen worden seien, da dies auch eine gute Hilfestellung für ihn gewesen sei um zu klären, ob darüber schon mit den Kunden gesprochen worden sei oder nicht. Bei der Frage, ob eine als „spekulativ“ eingestufte Anlage auch im Beratungsgespräch entsprechend dargestellt worden sei, war er sich sicher, dass dies auf jeden Fall so gewesen sei. Er habe diese definitiv immer als unternehmerische Beteiligung dargestellt. Auf dieser Grundlage ist von den Klägern der Beweis, dass keine anlagegerechte Beratung vorlag und die behaupteten Beratungsmängel vorlagen nicht geführt. 21Ebenso wenig ist den Klägern der Beweis gelungen, dass die Kläger nicht anlegergerecht beraten worden sind. Grunsäztlich hat eine Kapitalanlageberatung "anlegergerecht" zu erfolgen. Sie hat sich daran auszurichten, ob das beabsichtigte Anlagegeschäft der sicheren Geldanlage dienen soll oder spekulativen Charakter hat. Die empfohlene Anlage muss unter Berücksichtigung dieses Ziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten sein. Zu den dabei zu berücksichtigenden Umständen in der Person des Kunden gehören insbesondere dessen Wissensstand über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft; zu berücksichtigen ist also vor allem, ob es sich bei dem Kunden um einen erfahrenen Anleger mit einschlägigem Fachwissen handelt und welches Anlageziel der Kunde verfolgt. Die Kenntnis von solchen Umständen kann die Bank aus langjährigen Geschäftsbeziehungen mit dem Kunden gewonnen haben; verfügt sie nicht über entsprechendes Wissen, muss sie Informationsstand und Anlageziel des Kunden erfragen (BGH, Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, Juris Rn. 15 ff., BGH, Urt. v. 31.03.2006 - XI ZR 63/05, Tz. 12). 22Die Angaben der Kläger, wonach sie ihr Geld zur Altersvorsorge anlegen wollten, steht bereits im Widerspruch dazu, dass unter Ziffer 2 der Anlage B 2 bzw. B 3, bei den Angaben des Kunden über die mit der Anlage verfolgten Ziele kein Eintrag (u.a. Altersvorsorge) vorgenommen wurde. Zugleich aber auf Anlage B 2 und B 3, d.h. den jeweils von den Klägern unterschriebenen Beratungsdokumentationen heißt, der Kunde habe nach eigenen Angaben Kenntnisse/Erfahrungen mit Schiffsbeteiligungen und schätze seine Anlegermentalität als wachstumsorientiert ein. Hierzu sagte der Zeuge R aus, sicherlich keinen Schiffsfonds empfohlen zu haben, wenn ihm als Anlageziel Altersvorsorge genannt worden wäre. Er könne in Bezug auf Anlage B 3 ganz sicher sagen, dass ihm nicht als Ziel Altersvorsorge genannt worden wäre und er dies auch als Anlageziel eingetragen hätte, wenn ihm dies jemand genannt hätte. 23Erst Recht im Widerspruch zu dem von den Klägern behaupteten Anlageziel der Altersvorsorge steht das von den Klägern unterschriebene Anlagekonzept der Beklagten vom 11.09.2006 (Anlage B 1), wo es heißt, „Eheleute D möchten bewusst eine Anlage eingehen, deren Renditeerwartungen die Verzinsung Ihrer Kreditengagements übersteigt“. Hierzu sagte der Zeuge R überzeugend aus, dass es sich hierbei um eine Besonderheit handele und jemand, der so viel Zinsen erzielen möchte, dass man damit die Zinsen des Kreditengagements übersteigt, bereit sein müsse, ein besonders hohes Risiko einzugehen. Da sei er sich hundertprozentig sicher, dass ihm dann in diesem Fall keine Altersvorsorge als Anlageziel vorgegeben gewesen sein könne. Auch insoweit hält das Gericht die Aussage des Zeugen R für umfassend glaubhaft, so dass nicht nachgewiesen ist, dass die Kläger nicht anlegergerecht beraten wurden. 24Sofern die Kläger vortragen, dass keine ausreichende Aufklärung über die Rückvergütung, d.h. die Provision der Beklagten stattgefunden habe, so sind mögliche Ansprüche der Kläger verjährt. Nach dem BGH hat ein Anleger, der weiß, dass die Bank für die Empfehlung einer Kapitalanlage eine Provision eines Dritten erhält, deren Höhe ihm aber nicht ausdrücklich offenbart wurde, Kenntnis von sämtlichen anspruchsbegründenden Umständen, mit der Folge, dass die subjektiven Voraussetzungen für den Verjährungsbeginn nach § 199 Nr. 1 BGB vorliegen (BGH Urteil vom 26.02.2013, AZ: XI ZR 498/11). Dies ist vorliegen der Fall. Zwar erklärte die Klägerin im Rahmen ihrer Parteivernehmung zunächst, es sei nicht über eine Rückvergütung gesprochen worden. Zugleich erklärte sie, dass von vornherein klar gewesen sei, dass das Agio zu zahlen sei, da dies ja auch bei den Unterlagen dabei gestanden habe. Sie habe sich gedacht, dass dies zusätzliche Betriebskosten seien. Sie sei davon ausgegangen, dass das Geld an die Gesellschaft gehe. Dass die Sparkasse etwas an ihrem Geld verdiene, störe sie grundsätzlich nicht. Es könne jedoch sein, dass es sie von der Zeichnung abgehalten hätte, wenn ihr gesagt worden wäre, dass die Sparkasse einen Teil erhält. Der Zeuge R hat hierzu ausgesagt, er habe das Agio und die Kosten für die Kunden genannt und auch gesagt, dass das ein Teil des Ertrages ist, den die Sparkasse aus der Vermittlung bekommt. Es sei von Hart- und Weichkosten die Rede gewesen, wobei er auf Nachfrage erklärte, dass sich die Weichkosten aus vielen verschiedenen Positionen zusammen setzten, dass könne z.B. der Vertrieb sein, also auch die Summe, die die Sparkasse erhält oder das Agio oder Kosten bei Gericht usw. Auf erneute Nachfrage äußerte er, gesagt zu haben, dass 5 Prozent Agio zu zahlen seien und dass das Agio einen Teil-Bestandteil unseres Ertrages ausmacht. Demnach geht das Gericht davon aus, dass die Kläger bereits bei dem Beratungsgespräch im Jahr 2006 Kenntnis davon hatten, dass die Beklagte für die Empfehlung eine Provision erhält. In Bezug auf diesen – einzeln zu prüfenden – Aufklärungsfehler, begann die dreijährige Verjährungsfrist daher am 31.12.2006 zu laufen. Der Anspruch war daher insoweit zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2014 bereits verjährt. Gleiches gilt für einen behaupteten Beratungsfehler im Zusammenhang mit der Frage, ob ein funktionierender Zweitmarkt für die Beteiligung besteht. Unstreitig wurden die Kläger mit Schreiben vom 15.01.2009 (Anlage B 14) und vom 10.07.2009 (Anlage B 15) über die wirtschaftlich schwierige Situation informiert, sowie erneut mit Schreiben vom 11.02.2010 (Anlage B 16) und vom 08.12.2010 (Anlage B 17). Ebenfalls unstreitig blieben die Ausschüttungen deutlich hinter der Prognose zurück und fielen im Jahr 2008 vollständig aus. Zu Recht weist daher die Beklagte darauf hin, dass die Kläger spätestens 2010 Kenntnis von den entsprechenden behaupteten anspruchsbegründenden Tatsachen hatten, so dass mit Ablauf des 31.12.2013 auch insoweit Verjährung eingetreten ist. 25Nachdem den Klägern keine Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung zusteht, sind auch die übrigen Anträge der Kläger abzuweisen. 26Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1 ZPO, 709 S. 1 und 2 ZPO. 27Der Streitwert wird auf 37.512,80 EUR festgesetzt. 28Rechtsbehelfsbelehrung: 29Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 301. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 312. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist. 32Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 33Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen. 34Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 35Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits tragen die kläger. das urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die beklagte jedoch nur gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags. 1 | 2gegenstand des vorliegenden rechtstreits sind die beteiligungen der kläger in höhe von jeweils 18.000,- eur zuzüglich 5 % agio an dem schiffsfonds ms „t“ mbh und co kg, welche die kläger mit beitrittserklärung vom 14.09.2006 (anlagen k 1 und k 2) und nach beratung durch den zeugen r zeichneten. die kläger besaßen bei der beklagten bereits ein wertpapierdepot, in dem sich aktien und aktienfonds befanden. der damalige hauptkundenbetreuer der kläger, der zeuge n, zog im zusammenhang mit den streitgegenständlichen fonds den zeugen r als fachberater hinzu. zwischen den parteien ist im einzelnen streitig, ob es nur ein oder zwei anlagegespräche gab. jedenfalls wird in einem auf den 11.09.2006 datierten und von den klägern unterschriebenen anlagekonzept der beklagten (anlage b 1), als gesprächsanlass in bezug auf einen anlagebetrag von 70.000,- eur „optimierung vermögensstruktur“ als ziel genannt und: „eheleute d möchten bewusst eine anlage eingehen, deren renditeerwartungen die verzinsung ihrer kreditengagements übersteigt“. in den von den klägern unterschriebenen beratungsdokumentationen (anlage b 2 und b 3), ebenfalls vom 11.09.2006 heißt es, der kunde habe nach eigenen angaben kenntnisse/erfahrungen mit schiffsbeteiligungen und schätze seine anlegermentalität als wachstumsorientiert ein. ziffer 2 der beratungsdokumentationen („angaben des kunden über die mit der anlage verfolgten ziele“ u.a. „altersvorsorge“) ist nicht ausgefüllt. bei einem beratungsgespräch mit dem zeugen r, welches sodann am 14.09.2006 im hause der beklagten stattfand, wurde die streitgegenständliche beteiligung von den klägern gezeichnet. auf der beitrittserklärung unterschrieben die kläger zudem, den emissionsprospekt bereits vor zeichnung erhalten zu haben und ausreichend zeit gehabt zu haben, um diesen und die hierin enthaltenen risikohinweise zu lesen. der kläger erhielt in der folgezeit ausschüttungen in höhe von 716,- eur, die klägerin in höhe von 720,- eur. dementsprechend verlangt der kläger ausgehend von der beteiligungssumme von 18.000,- eur mit der vorliegenden klage die zahlung von 18.184,- eur und die klägerin zahlung von 18.180,- eur. mit schreiben vom 15.01.2009 (anlage b 14) und vom 10.07.2009 (anlage b 15) wurden die kläger über die wirtschaftlich schwierige situation der gesellschaft informiert sowie erneut mit schreiben vom 11.02.2010 (anlage b 16) und vom 08.12.2010 (anlage b 17). die ausschüttungen blieben deutlich hinter den erfolgten prognosen zurück und fielen im jahr 2008 vollständig aus. mit schreiben vom 17.04.2013 forderte der prozessbevollmächtigte der kläger die beklagte zur leistung von schadensersatz auf, was die beklagte jedoch mit schreiben vom 17.06.2013 ablehnte. 3wegen des weiteren sach- und streitstandes wird auf die wechselseitigen schriftsätze der parteien nebst anlagen verwiesen. das gericht hat beweis erhoben durch vernehmung der zeugen n und r. ferner wurde eine parteivernehmung der klägerin in bezug auf die rückvergütung durchgeführt und diese auch persönlich angehört. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das protokoll der sitzung vom 16.06.2015 verwiesen. 4die kläger behaupten, sie seien nicht über sämtliche mit der beteiligung verbundenen risiken aufgeklärt worden, u.a. seien sie nicht über das totalverlustrisiko und die provisionen, welche an die beklagte geflossen seien informiert worden. die kläger behaupten weiter, die streitgegenständliche anlage sei zur altersvorsorge gedacht gewesen. 5die kläger beantragen, 6die beklagte zu verurteilen, 7an den kläger zu 1) 18.184,- nebst zinsen in höhe von 2 prozentpunkten vom 14.09.2006 bis rechtshängigkeit sowie zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen, zug und zug gegen abtretung aller rechte aus seiner beteiligung an dem schiffsfonds ms „ t“ mbh § co kg in höhe von nominal 18.000,- eur. 8an die klägerin zu 2) 18.180,- nebst zinsen in höhe von 2 prozentpunkten vom 14.09.2006 bis rechtshängigkeit sowie zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen, zug und zug gegen abtretung aller rechte aus ihrer beteiligung an dem schiffsfonds ms „ t“ mbh § co kg in höhe von nominal 18.000,- eur, 9festzustellen, dass die beklagte mit der annahme der abtretung zu ziff. 1 in verzug ist, 10die beklagte zu verurteilen, den klägern die vorgerichtlichen rechtsanwaltsgebühren in höhe von 1.639,21 zu erstatten, 11festzustellen, dass die beklagte verpflichtet ist, die kläger von allen wirtschaftlichen nachteilen, insbesondere auch von einer etwaigen pflicht zur rückzahlung von ausschüttungen, freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der ziff. 1 genannten gesellschaft resultieren und die ohne zeichnung nicht eingetreten wären. 12die beklagte beantragt klageabweisung. 13die beklagte behauptet, dass es sich bei den klägern um wachstumsorientierte anleger gehandelt habe. sie hätten bereits rechtzeitig vor der zeichnung einen prospekt erhalten, welcher auf seite 10 die provisionen thematisiere. im übrigen seien sie auch mündlich über die risiken und insbesondere auch die rückvergütung aufgeklärt worden. die beklagte behauptet weiter, dass die kläger die beteiligung auch bei aufklärung über die exakte höhe der provisionen erworben hätten, die provisionszahlungen also für die anlageentscheidung irrelevant gewesen seien. sie beruft sich auf die einrede der verjährung. aufgrund der schreiben an die kläger aus den jahren 2009 und 2010 zu der wirtschaftlich schwierigen situation und der tatsache, dass die ausschüttungen deutlich hinter der prognose zurück geblieben und im jahr 2008 vollständig ausgefallen seien ergebe sich, dass die kläger seit 2009, spätestens aber 2010 kenntnis der behaupteten anspruchsbegründenden tatsachen gehabt hätten, so dass mit ablauf des 31.12.2012, spätestens aber mit ablauf des 31.12.2013 verjährung eingetreten sei. 14 | 15die zulässige klage ist unbegründet. die kläger haben gegenüber der beklagten keinen schadensersatzanspruch gemäß den §§ 280 abs.1, 249 bgb. zwar ist zwischen den parteien ein anlageberatungsvertrag zustande gekommen, welcher – in abgrenzung zur anlagevermittlung – regelmäßig charakterisiert ist durch eine auf die persönlichen verhältnisse des anlegers zugeschnittene beratung (bgh, urt. v. 11.12.2014 - iii zr 365/13, rn. 11; vgl. ausf. bgh, urt. v. 18.01.2007 - iii zr 44/06 rn. 10, m.w.n.). eine anlegergerechte beratung muss die persönlichen wirtschaftlichen verhältnisse des kunden berücksichtigen, insbesondere muss das anlageziel, die risikobereitschaft und der wissensstand des anlageinteressenten abgeklärt werden (bgh, urt. v. 11.12.2014 - iii zr 365/13, rn. 13; vgl. ebenso bgh, urt. v. 06.12.2012 - iii zr 66/12, rn. 20). in bezug auf das anlageobjekt muss der anlageberater rechtzeitig, richtig und sorgfältig, dabei für den kunden verständlich und vollständig beraten. insbesondere muss er den interessenten über die eigenschaften und risiken unterrichten, die für die anlageentscheidung wesentliche bedeutung haben oder haben können (bgh, urt. v. 24.04.2014 - iii zr 389/12, rn. 9). 16eine von den klägern zu beweisende unzureichende oder fehlerhafte aufklärung ist jedoch nicht zur überzeugung des gerichts festgestellt worden. sofern die kläger vortragen, dass keine ausreichende aufklärung über die rückvergütung, d.h. die provision der beklagten stattgefunden habe sowie einen beratungsfehler im zusammenhang mit der frage behaupteten, ob ein funktionierender zweitmarkt für die beteiligung besteht, sind mögliche ansprüche der kläger verjährt. 17die kläger haben weder bewiesen, dass sie nicht anlagegerecht beraten worden sind, noch dass sie nicht anlegergerecht beraten worden sind. dies haben die kläger zur überzeugung des gerichts, auch unter berücksichtigung der beweisaufnahme, nicht zu beweisen vermocht. grundsätzlich muss der anleger nachweisen, dass er über ein bestimmtes risiko bzw. eine aufklärungspflichtige provisionszahlung nicht oder falsch aufgeklärt bzw. beraten worden ist (bgh, beschl. v. 17.09.2009 - xi zr 264/08, tz. 4). die bank muss jedoch die behauptete unterlassene beratung/aufklärung substantiiert bestreiten, d.h. sie muss im wege der sekundären darlegungslast erklären, wann, wo und wie die gebotene beratung bzw. aufklärung vorgenommen wurde (bgh, urt. v. 09.05.2000 - xi zr 159/99, wm 2000, 1441, 1443; bgh, urt. v. 27.06.2000 - xi zr 174/99, wm 2000, 1685, 1686). die beweislast für die nichtaushändigung schriftlicher informationen liegt im streitfall beim geschädigten anleger. er muss beweisen, dass ihm der prospekt mit den erforderlichen risikohinweisen nicht ausgehändigt wurde, sofern die bank im rahmen ihrer sekundären darlegungslast die behauptete fehlerhafte beratung oder aufklärung substantiiert bestritten und konkret dargelegt hat, wann, wo und wie die gebotene beratung bzw. aufklärung vorgenommen worden ist (bgh, urt. v. 11.05.2006 - iii zr 205/05, tz. 6 f.; olg frankfurt, urt. v. 21.09.2010 - 9 u 151/09, juris rn. 61). 18ob der emissionsprospekt den klägern vorliegend rechtzeitig vor dem beratungsgespräch und der zeichnung am 14.09.2006 ausgehändigt wurde kann dahin stehen, da den klägern der ihnen obliegende beweis dafür, dass sie nicht im beratungsgespräch selbst aufgeklärt wurden, nicht gelungen ist. zwar erklärte die klägerin persönlich angehört, die anlage sei als gut und sicher dargestellt worden und über risiken sei nicht aufgeklärt worden. weiter erklärte sie, dass ihnen nicht klar gewesen sei, dass es sich um eine unternehmerische beteiligung handelt. zugleich räumte sie ein, dass sie geschäftsberichte zugeschickt bekommen habe und diese auch am anfang gelesen habe. in bezug auf die anlage k 2 erklärte sie gelesen zu haben, dass dort von „der beteiligungsgesellschaft“ die rede ist, dies jedoch insoweit nicht übersetzt zu haben. 19der zeuge n sagte aus, die klägerin habe immer alles ganz genau wissen wollen. der zeuge r räumte zunächst ein, nichts zu dem im einzelnen betroffenen gespräch sagen zu können, da das ganze bereits acht jahre her sei. er konnte jedoch aussagen, wie das ganze grundsätzlich abgelaufen ist. beispielsweise habe er bei einer schiffsbeteiligung explizit auf risiken und ausgaben hingewiesen und auch das agio erwähnt. weiter habe er auf das beschäftigungsrisiko und eine mögliche insolvenz hingewiesen und auch auf das risiko, dass die preise fallen. auf nachfrage sagte er aus, dass in der regel darüber aufgeklärt wurde, dass es sich um eine sehr sehr langfristige anlageform handelt und sogar die prognose falsch sein kann. es handele sich um eine unternehmerische beteiligung, so dass man das geld auf keinen fall dort anlegen solle, wenn man es kurzfristig zur verfügung haben wolle. es bestehe ausnahmsweise die möglichkeit, die beteiligung über den sekundärmarkt zu vertreiben, die preise seien dann aber voraussichtlich so im keller, dass sich das nicht mehr lohne. es sei nicht wie bei aktien, die man einfach so an der börse handele. er sagte weiter aus, für den fall, dass der schiffsfonds pleitegeht darüber aufgeklärt zu haben, dass der anleger in die haftung kommen könnte und die ausschüttungen möglicherweise auch zur schuldentilgung verwendet und zurückgefordert werden könnten. in bezug auf die anlage b 3 erklärte er, in jedem fall, alle dort genannten punkte durchgegangen zu sein. auf nachfrage, gab er an, ausschließen zu können, dass bei dem beratungsgespräch – so, wie von der klägerin dargestellt – keinerlei risiken besprochen worden seien. er sagte aus, beim beratungsgespräch immer den prospekt zusammen mit der produktbeschreibung verwendet zu haben. er habe zunächst anhand eines flyers einen überblick verschafft, die typisierten risiken genannt und geschaut, ob der kunde das verstanden hat und auch rückfragen beantwortet. 20das gericht hält die angaben der zeugen n und r für glaubhaft. beide räumten ein, nach so langer zeit keine einzelheiten eines konkreten beratungsgesprächs mehr zu erinnern. zugleich konnten sie nachvollziehbar schildern, wie sie grundsätzlich vorgegangen sind. insbesondere der zeuge r konnte detailliert schildern, wie beratungen im zusammenhang mit einem schiffsfonds abliefen, worüber im einzelnen aufgeklärt wurde und warum er dabei wie vorging. dabei konnte das gericht auch keine belastungstendenz erkennen. vielmehr räumte der zeuge r zum beispiel ein, nicht jede seite des prospekts durchgegangen zu sei, aber über die wesentlichen risiken aufgeklärt zu haben. auf nachfrage und unter vorhalt der anlage b 3 erklärte er überzeugend, dass auf jeden fall alle dort genannten punkte durchgegangen worden seien, da dies auch eine gute hilfestellung für ihn gewesen sei um zu klären, ob darüber schon mit den kunden gesprochen worden sei oder nicht. bei der frage, ob eine als „spekulativ“ eingestufte anlage auch im beratungsgespräch entsprechend dargestellt worden sei, war er sich sicher, dass dies auf jeden fall so gewesen sei. er habe diese definitiv immer als unternehmerische beteiligung dargestellt. auf dieser grundlage ist von den klägern der beweis, dass keine anlagegerechte beratung vorlag und die behaupteten beratungsmängel vorlagen nicht geführt. 21ebenso wenig ist den klägern der beweis gelungen, dass die kläger nicht anlegergerecht beraten worden sind. grunsäztlich hat eine kapitalanlageberatung "anlegergerecht" zu erfolgen. sie hat sich daran auszurichten, ob das beabsichtigte anlagegeschäft der sicheren geldanlage dienen soll oder spekulativen charakter hat. die empfohlene anlage muss unter berücksichtigung dieses ziels auf die persönlichen verhältnisse des kunden zugeschnitten sein. zu den dabei zu berücksichtigenden umständen in der person des kunden gehören insbesondere dessen wissensstand über anlagegeschäfte der vorgesehenen art und dessen risikobereitschaft; zu berücksichtigen ist also vor allem, ob es sich bei dem kunden um einen erfahrenen anleger mit einschlägigem fachwissen handelt und welches anlageziel der kunde verfolgt. die kenntnis von solchen umständen kann die bank aus langjährigen geschäftsbeziehungen mit dem kunden gewonnen haben; verfügt sie nicht über entsprechendes wissen, muss sie informationsstand und anlageziel des kunden erfragen (bgh, urt. v. 06.07.1993, xi zr 12/93, juris rn. 15 ff., bgh, urt. v. 31.03.2006 - xi zr 63/05, tz. 12). 22die angaben der kläger, wonach sie ihr geld zur altersvorsorge anlegen wollten, steht bereits im widerspruch dazu, dass unter ziffer 2 der anlage b 2 bzw. b 3, bei den angaben des kunden über die mit der anlage verfolgten ziele kein eintrag (u.a. altersvorsorge) vorgenommen wurde. zugleich aber auf anlage b 2 und b 3, d.h. den jeweils von den klägern unterschriebenen beratungsdokumentationen heißt, der kunde habe nach eigenen angaben kenntnisse/erfahrungen mit schiffsbeteiligungen und schätze seine anlegermentalität als wachstumsorientiert ein. hierzu sagte der zeuge r aus, sicherlich keinen schiffsfonds empfohlen zu haben, wenn ihm als anlageziel altersvorsorge genannt worden wäre. er könne in bezug auf anlage b 3 ganz sicher sagen, dass ihm nicht als ziel altersvorsorge genannt worden wäre und er dies auch als anlageziel eingetragen hätte, wenn ihm dies jemand genannt hätte. 23erst recht im widerspruch zu dem von den klägern behaupteten anlageziel der altersvorsorge steht das von den klägern unterschriebene anlagekonzept der beklagten vom 11.09.2006 (anlage b 1), wo es heißt, „eheleute d möchten bewusst eine anlage eingehen, deren renditeerwartungen die verzinsung ihrer kreditengagements übersteigt“. hierzu sagte der zeuge r überzeugend aus, dass es sich hierbei um eine besonderheit handele und jemand, der so viel zinsen erzielen möchte, dass man damit die zinsen des kreditengagements übersteigt, bereit sein müsse, ein besonders hohes risiko einzugehen. da sei er sich hundertprozentig sicher, dass ihm dann in diesem fall keine altersvorsorge als anlageziel vorgegeben gewesen sein könne. auch insoweit hält das gericht die aussage des zeugen r für umfassend glaubhaft, so dass nicht nachgewiesen ist, dass die kläger nicht anlegergerecht beraten wurden. 24sofern die kläger vortragen, dass keine ausreichende aufklärung über die rückvergütung, d.h. die provision der beklagten stattgefunden habe, so sind mögliche ansprüche der kläger verjährt. nach dem bgh hat ein anleger, der weiß, dass die bank für die empfehlung einer kapitalanlage eine provision eines dritten erhält, deren höhe ihm aber nicht ausdrücklich offenbart wurde, kenntnis von sämtlichen anspruchsbegründenden umständen, mit der folge, dass die subjektiven voraussetzungen für den verjährungsbeginn nach § 199 nr. 1 bgb vorliegen (bgh urteil vom 26.02.2013, az: xi zr 498/11). dies ist vorliegen der fall. zwar erklärte die klägerin im rahmen ihrer parteivernehmung zunächst, es sei nicht über eine rückvergütung gesprochen worden. zugleich erklärte sie, dass von vornherein klar gewesen sei, dass das agio zu zahlen sei, da dies ja auch bei den unterlagen dabei gestanden habe. sie habe sich gedacht, dass dies zusätzliche betriebskosten seien. sie sei davon ausgegangen, dass das geld an die gesellschaft gehe. dass die sparkasse etwas an ihrem geld verdiene, störe sie grundsätzlich nicht. es könne jedoch sein, dass es sie von der zeichnung abgehalten hätte, wenn ihr gesagt worden wäre, dass die sparkasse einen teil erhält. der zeuge r hat hierzu ausgesagt, er habe das agio und die kosten für die kunden genannt und auch gesagt, dass das ein teil des ertrages ist, den die sparkasse aus der vermittlung bekommt. es sei von hart- und weichkosten die rede gewesen, wobei er auf nachfrage erklärte, dass sich die weichkosten aus vielen verschiedenen positionen zusammen setzten, dass könne z.b. der vertrieb sein, also auch die summe, die die sparkasse erhält oder das agio oder kosten bei gericht usw. auf erneute nachfrage äußerte er, gesagt zu haben, dass 5 prozent agio zu zahlen seien und dass das agio einen teil-bestandteil unseres ertrages ausmacht. demnach geht das gericht davon aus, dass die kläger bereits bei dem beratungsgespräch im jahr 2006 kenntnis davon hatten, dass die beklagte für die empfehlung eine provision erhält. in bezug auf diesen – einzeln zu prüfenden – aufklärungsfehler, begann die dreijährige verjährungsfrist daher am 31.12.2006 zu laufen. der anspruch war daher insoweit zum zeitpunkt der klageerhebung im jahr 2014 bereits verjährt. gleiches gilt für einen behaupteten beratungsfehler im zusammenhang mit der frage, ob ein funktionierender zweitmarkt für die beteiligung besteht. unstreitig wurden die kläger mit schreiben vom 15.01.2009 (anlage b 14) und vom 10.07.2009 (anlage b 15) über die wirtschaftlich schwierige situation informiert, sowie erneut mit schreiben vom 11.02.2010 (anlage b 16) und vom 08.12.2010 (anlage b 17). ebenfalls unstreitig blieben die ausschüttungen deutlich hinter der prognose zurück und fielen im jahr 2008 vollständig aus. zu recht weist daher die beklagte darauf hin, dass die kläger spätestens 2010 kenntnis von den entsprechenden behaupteten anspruchsbegründenden tatsachen hatten, so dass mit ablauf des 31.12.2013 auch insoweit verjährung eingetreten ist. 25nachdem den klägern keine schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter anlageberatung zusteht, sind auch die übrigen anträge der kläger abzuweisen. 26die nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 abs. 1 zpo, 709 s. 1 und 2 zpo. 27der streitwert wird auf 37.512,80 eur festgesetzt. 28rechtsbehelfsbelehrung: 29gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 301. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 312. wenn die berufung in dem urteil durch das landgericht zugelassen worden ist. 32die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem oberlandesgericht köln, reichenspergerplatz 1, 50670 köln, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils (datum des urteils, geschäftsnummer und parteien) gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 33die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem oberlandesgericht köln zu begründen. 34die parteien müssen sich vor dem oberlandesgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 35mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. | Verklagte*r | 0 |
186,583 | S 1 U 500/12 | 2013-12-10T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 26.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.09.2012 verurteilt, bei der Klägerin als Folge ihres Arbeitsunfalls vom 21.08.2006 eine "Angststörung" anzuerkennen und ihr wegen der Folgen, ab dem 01.04.2010 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % zu gewähren. Die Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls, den die Klägerin am 00.00.2006 erlitten hat. 3Die am 00.00.1962 geborene Klägerin, wurde am Unfalltag Opfer eines Raubüberfalls. Sie arbeitete zu diesem Zeitpunkt als Filialleiterin bei der Firma T1. Ein zunächst unbekannter Täter bedrohte die Klägerin und ihre beiden Kolleginnen mit einer Pistole und forderte die Herausgabe des Tresorinhalts. Danach sperrte er die Klägerin und ihre Kolleginnen in der Toilette ein und flüchtete. 4Aufgrund der Vorabmeldung des Überfallgeschehens durch den Arbeitgeber vom 22.08.2006, erfolgte durch die Beklagte eine Akutintervention. Hier nahm die Klägerin an zwei Therapiegesprächen teil und trat sodann ihren seit sehr langer Zeit geplanten Urlaub, in Form einer Amerikareise an. Nach Rückkehr aus diesem Urlaub, hat sie ihre Tätigkeit bei ihrem Arbeitgeber wieder aufgenommen. 2008 wurden mehrere Knieoperationen bei ihr notwendig, die zu längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten und letztendlich zum Verlust des Arbeitsplatzes führten. Auch trennte die Klägerin sich von ihrem Lebenspartner. 5Mit Schreiben vom 07.06.2011 beantrage der Dipl.-Psych. T2 die Übernahme der Kosten einer durch ihn durchgeführten Behandlung. Die Klägerin sei seit dem 07.04.2010 bei ihm in Behandlung. Bisher seien 30 Sitzungen durchgeführt worden. Außerdem sei die Klägerin vom 02.02.2011 bis zum 16.03.2011 stationär in der H Klinik behandelt worden. Dort sei die Diagnose einer postraumatischen Belastungsstörung (PTBS) auf dem Hintergrund eines Überfalls am Arbeitsplatz gestellt worden. 6Daraufhin holte die Beklagte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von U1 ein. Der Sachverständige berichtete in seinem Gutachten vom 13.06.2012, dass es keine Hinweise gebe, dass bei der Klägerin eine psychoreaktive Störung von Krankheitswert vorläge, die auf das Unfallgeschehen zurückgeführt werden könnte. Unfallunabhängig bestünde eine leichtgradige Depression. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in Folge des Unfallgeschehens läge deshalb nicht vor. 7Auf der Basis dieses Gutachtens lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26.06.2012 die Gewährung einer Verletztenrente ab. Nach dem Überfall sei es zu einer Erstintervention gekommen. Danach sei die Klägerin in Urlaub gefahren. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeitszeit habe insoweit vom 22.08. bis zum 02.09.2006 bestanden. Ab dem 20.10.2006 habe die Klägerin wieder gearbeitet. Erst im September 2011 habe die Klägerin Leistungen nach dem Unfall vom 21.08.2006 geltend gemacht. Nach so langer Zeit seien die Unfallfolgen vollständig abgeheilt. Leistungen über den 02.09.2006 hinaus, würden nicht gewährt. 8Ihren gegen diese Entscheidung eingelegten Widerspruch, begründete die Klägerin mit der Vorlage eines Befundberichtes von E. Dieser diagnostizierte unter dem 19.12.2011 eine "schwere PTBS". 9Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.09.2012 zurückgewiesen. 10Hiergegen richtet sich die am 08.10.2012 erhobene Klage der Klägerin. Mit der Klage begehrt sie die Feststellung von Unfallfolgen und die Gewährung einer Verletztenrente wegen dieser Unfallfolgen. Sie trägt dazu vor, dass sie unter ganz erheblichen Angstzuständen leide, die auf den seinerzeit stattgehabten Überfall zurückzuführen seien. 11Die Klägerin beantragt, 12die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 26.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.09.2012 zu verurteilen, bei ihr als Folge ihres Arbeitsunfalls vom 00.00.2006 eine 13"Angststörung" 14anzuerkennen und ihr wegen dieser Folgen, eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 % zu gewähren. 15Die Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Sie ist der Auffassung, dass die im Verwaltungsverfahren getroffene Entscheidung zutreffend und richtig ist. Das Entstehen einer PTBS nach einer so langen Latenzzeit von 2006 bis 2010 sei nahezu ausgeschlossen. Das Gutachten von U1 bestätige diese Einschätzung. 18Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Frau Q-U2. Die Sachverständige ist Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, sowie für Psychotherapie. In ihrem Gutachten vom 24.06.2013 kommt sie zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass das Vollbild einer PTBS bei der Klägerin nicht vorliege. Zwar sei das Ereignis vom 00.00.2006 grundsätzlich geeignet eine PTBS zu verursachen. Es läge jedoch eine andere reaktive Störung bei der Klägerin vor, die durch dieses Ereignis ausgelöst worden ist. In den ersten 1-2 Jahren nach dem Ereignis, sei es zu einer Verbesserung der Situation gekommen. Zwar habe keine regelrechte Retraumatisierung stattgefunden. Doch sei die Klägerin zunächst durch ihren Einsatz am Arbeitsplatz und dann in der Bewältigung ihrer Kniegelenksbeschwerden und der daraus sich ergebenden Folgen, insbesondere mit dem Verlust des Arbeitsplatzes, so beschäftigt gewesen, dass die reaktive Störung kompensiert blieb. Neben dieser reaktiven Störungen, die sich als Angststörung mit Ängsten in der Öffentlichkeit, Schlafstörung und innere Anspannung darstelle, bestehe eine leichte Depression, die jedoch nicht auf das Unfallgeschehen zurückzuführen sei. Bei der Klägerin bestehe als Folge des Unfallgeschehens eine 19"Angststörung nach einem schädigenden Ereignis". 20Zumindest dieser Teil der jetzt noch vorliegenden Störung sei unfallbedingt. Die MdE für diese Angststörung betrage 20 %. 21Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakten und auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. 22Entscheidungsgründe: 23Die zulässige Klage der Klägerin ist begründet. Die Klägerin wird durch den angefochtenen Bescheid vom 26.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.09.2012 in ihren Rechten beschwert. Denn der Bescheid ist rechtswidrig. Zu Unrecht hat die Beklagte es abgelehnt, in Folge des Arbeitsunfalls der Klägerin vom 21.08.2006, Unfallfolgen anzuerkennen und ihr eine Verletztenrente nach einer Mde von 20 % zu gewähren. Denn die Klägerin erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung einer solchen Rente jedenfalls ab dem 01.04.2010. 24Gemäß § 56 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, 7. Buch (SGB VII) erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 % gemindert ist, eine Rente. Gemäß § 56 Abs. 2 SGB VII richtet sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögen ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Dabei werden diejenigen Bedingungen als ursächlich oder mitursächlich für den Eintritt des Erfolges gewertet, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes wegen ihrer besonderen Bedeutung zum Eintritt des Erfolges wesentlich beigetragen haben. Die wesentliche Ursächlich– oder Mitursächlichkeit einer Bedingung für den Erfolg braucht zwar nicht nachgewiesen zu sein, muss aber zumindest wahrscheinlich sein. Das ist dann der Fall, wenn bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Umstände, die auf die Verursachung hindeutenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren billigerweise außer Betracht bleiben müssen. 25Auch der von der Klägerin am Arbeitsplatz erlittene Raubüberfall ist ein Arbeitsunfall und damit ein Versicherungsfall im Sinne des § 8 SGB VII. Der Räuber bedrohte die Klägerin unter Vorhalten einer Waffe mit dem Leben und verlangte den Tresorinhalt der Filiale heraus. Diese potenziell lebensbedrohliche Situation, hat bei der Klägerin ein Trauma im Sinne einer psychischen Reaktion ausgelöst und damit einen Gesundheitsschaden verursacht. Dies ist aus der Tatsache abzuleiten, dass unmittelbar nach dem Raubüberfall eine Akutintervention durch einen Psychologen stattgefunden hat. Zwar hat die Klägerin die Behandlung nicht weiter fortgesetzt. Dies ist jedoch durch den bevorstehenden und seit sehr langer Zeit geplanten Amerikaurlaub mit ihrem Partner und Freunden zu erklären. Die Sachverständige Frau Q-U2 beschreibt in ihrem Gutachten die glaubhaften Bekundungen der Klägerin, dass sie von der eigenen Selbsteinschätzung her und aus Rücksicht gegenüber den anderen Teilnehmern gar nicht anders konnte, als an der Urlaubsreise teilzunehmen. Während der Reise litt sie an Intrusionen, Schlafstörungen und Angstzuständen. Diese Tatsachen sind zwar durch keine medizinischen Befunde belegt, sie ergeben sich aber aus den glaubhaften Berichten der Klägerin in der Anamneseerhebung aus Anlass der Begutachtung bei der Sachverständigen Q-U2. Diese wiederum bewertet die Aussagen als glaubhaft. Die Kammer hält das Gutachten auch an dieser Stelle für überzeugend. 26Mit der Gutachterin geht die Kammer davon aus, dass die Folgen dieses Traumas zunächst stumm verlaufen sind. Durch die leistungsorientierte Selbsteinschätzung der Klägerin und die weiteren biographischen Schwierigkeiten die die Klägerin zu bewältigen hatte, blieben die Störungen zumindest soweit kompensiert, dass sie nicht in den Vordergrund traten. Erst nach Abschluss der Bewältigung der Knieoperation, dem Verlust des Partners und dem Verlust des Arbeitsplatzes, trat die Angststörung in den Vordergrund. Eine Zeitangabe, wann dies eingetreten ist, fehlt allerdings im Gutachten der Sachverständigen. Als einziger Anknüpfungspunkt bietet sich hier der Beginn der Behandlung der Angststörung durch den Dipl.-Psych. T2 im April 2010 an. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt ist der Leidensdruck der Klägerin gegenüber ihrer Angststörung so groß geworden, dass sie sich in professionelle Behandlung begeben hat. 27Dem Gutachten von U1 vermag die Kammer nicht zu folgen. Zwar steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass bei der Klägerin das Vollbild einer PTBS nicht entstanden ist. Dies wird in überzeugender Weise von der Sachverständigen Q-U2 dargestellt. Der Ausschluss einer PTBS als Folge eines erlittenen Traumas bedeutet jedoch nicht, dass es bei der Klägerin keine ursächlich auf das Unfallgeschehen zurückzuführende pathologischen Befunde gäbe. Vielmehr stellt die Sachverständige Q-U2 überzeugend dar, dass die bei der Klägerin bestehende Angststörung durch die Situation während des Raubüberfalls entstanden ist. 28Es trifft zwar zu, wie es auch U1 festgestellt hat, dass bei der Klägerin neben dieser Angststörung auch eine leichte Depression besteht. Hierin stimmen die Sachverständigen U1 und Q-U2 überein. U1 schließt aufgrund dieser schädigungsunabhängigen Depression alle anderen reaktiven Störungen als Unfallfolgen aus. Dass dies nicht zutrifft, erläutert die Sachverständige Q-U2 überzeugend in ihrem Gutachten. Neben der Depression der Klägerin, deren Ursache die Sachverständige in der Lebensbiographie mit der Trennung vom Partner und dem Verlust des Arbeitsplatzes und damit des eigenen Selbstwertgefühls sieht, besteht bei der Klägerin eine Angststörung die isoliert neben der Depression zu betrachten ist. 29Diese Angststörung verursacht eine MdE von 20 %. Die Sachverständige beschreibt in ihrem Gutachten anschaulich die sozialen Einschränkungen, unter denen die Klägerin wegen dieser Angststörung leidet. Die Bewertung mit einer MdE von 20 %, wie sie die Sachverständige vornimmt, ist deshalb für die Kammer überzeugend. 30Bezüglich des Beginns einer rentenberechtigenden MdE verhält sich das Gutachten indifferent. Zum Einen führt die Sachverständige aus, die MdE bestünde seit Beginn der Traumatisierung. Zum Anderen gibt sie in ihrem Gutachten an, dass unmittelbar nach dem Unfall eine Besserung eingetreten sei und dass Lebensumstände vorgelegen hätten, die zumindest zu einer Teilkompensation geführt hätten. Die Kammer konnte sich deshalb nicht davon überzeugen, dass eine rentenberechtigende MdE bereits ab 2006 vorgelegen hat. Der einzige Anknüpfungspunkt für das Intensivwerden der Beschwerden, ist der Behandlungsbeginn beim Dipl.-Psych. T2 im April 2010. Der Rentenbeginn war deshalb auf den 01.04.2010 festzulegen. Soweit allerdings zu diesem Zeitpunkt für die Klägerin wegen des Arbeitsunfalls ein Verletztengeldanspruch bestehen sollte, was hier nicht zur Überprüfung anstand, wäre der gesetzliche Vorrang der Verletztengeldzahlung zu beachten. 31Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). | die beklagte wird unter teilweiser aufhebung des bescheides vom 26.06.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 13.09.2012 verurteilt, bei der klägerin als folge ihres arbeitsunfalls vom 21.08.2006 eine "angststörung" anzuerkennen und ihr wegen der folgen, ab dem 01.04.2010 eine verletztenrente nach einer minderung der erwerbsfähigkeit von 20 % zu gewähren. die beklagte hat der klägerin ihre außergerichtlichen kosten zu erstatten. 1 | 2die beteiligten streiten um die gewährung einer verletztenrente wegen der folgen eines arbeitsunfalls, den die klägerin am 00.00.2006 erlitten hat. 3die am 00.00.1962 geborene klägerin, wurde am unfalltag opfer eines raubüberfalls. sie arbeitete zu diesem zeitpunkt als filialleiterin bei der firma t1. ein zunächst unbekannter täter bedrohte die klägerin und ihre beiden kolleginnen mit einer pistole und forderte die herausgabe des tresorinhalts. danach sperrte er die klägerin und ihre kolleginnen in der toilette ein und flüchtete. 4aufgrund der vorabmeldung des überfallgeschehens durch den arbeitgeber vom 22.08.2006, erfolgte durch die beklagte eine akutintervention. hier nahm die klägerin an zwei therapiegesprächen teil und trat sodann ihren seit sehr langer zeit geplanten urlaub, in form einer amerikareise an. nach rückkehr aus diesem urlaub, hat sie ihre tätigkeit bei ihrem arbeitgeber wieder aufgenommen. 2008 wurden mehrere knieoperationen bei ihr notwendig, die zu längeren arbeitsunfähigkeitszeiten und letztendlich zum verlust des arbeitsplatzes führten. auch trennte die klägerin sich von ihrem lebenspartner. 5mit schreiben vom 07.06.2011 beantrage der dipl.-psych. t2 die übernahme der kosten einer durch ihn durchgeführten behandlung. die klägerin sei seit dem 07.04.2010 bei ihm in behandlung. bisher seien 30 sitzungen durchgeführt worden. außerdem sei die klägerin vom 02.02.2011 bis zum 16.03.2011 stationär in der h klinik behandelt worden. dort sei die diagnose einer postraumatischen belastungsstörung (ptbs) auf dem hintergrund eines überfalls am arbeitsplatz gestellt worden. 6daraufhin holte die beklagte ein neurologisch-psychiatrisches gutachten von u1 ein. der sachverständige berichtete in seinem gutachten vom 13.06.2012, dass es keine hinweise gebe, dass bei der klägerin eine psychoreaktive störung von krankheitswert vorläge, die auf das unfallgeschehen zurückgeführt werden könnte. unfallunabhängig bestünde eine leichtgradige depression. eine minderung der erwerbsfähigkeit in folge des unfallgeschehens läge deshalb nicht vor. 7auf der basis dieses gutachtens lehnte die beklagte mit bescheid vom 26.06.2012 die gewährung einer verletztenrente ab. nach dem überfall sei es zu einer erstintervention gekommen. danach sei die klägerin in urlaub gefahren. eine unfallbedingte arbeitsunfähigkeitszeit habe insoweit vom 22.08. bis zum 02.09.2006 bestanden. ab dem 20.10.2006 habe die klägerin wieder gearbeitet. erst im september 2011 habe die klägerin leistungen nach dem unfall vom 21.08.2006 geltend gemacht. nach so langer zeit seien die unfallfolgen vollständig abgeheilt. leistungen über den 02.09.2006 hinaus, würden nicht gewährt. 8ihren gegen diese entscheidung eingelegten widerspruch, begründete die klägerin mit der vorlage eines befundberichtes von e. dieser diagnostizierte unter dem 19.12.2011 eine "schwere ptbs". 9der widerspruch der klägerin wurde mit widerspruchsbescheid vom 13.09.2012 zurückgewiesen. 10hiergegen richtet sich die am 08.10.2012 erhobene klage der klägerin. mit der klage begehrt sie die feststellung von unfallfolgen und die gewährung einer verletztenrente wegen dieser unfallfolgen. sie trägt dazu vor, dass sie unter ganz erheblichen angstzuständen leide, die auf den seinerzeit stattgehabten überfall zurückzuführen seien. 11die klägerin beantragt, 12die beklagte unter teilweiser aufhebung des bescheides vom 26.06.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 13.09.2012 zu verurteilen, bei ihr als folge ihres arbeitsunfalls vom 00.00.2006 eine 13"angststörung" 14anzuerkennen und ihr wegen dieser folgen, eine verletztenrente nach einer minderung der erwerbsfähigkeit von mindestens 20 % zu gewähren. 15die beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17sie ist der auffassung, dass die im verwaltungsverfahren getroffene entscheidung zutreffend und richtig ist. das entstehen einer ptbs nach einer so langen latenzzeit von 2006 bis 2010 sei nahezu ausgeschlossen. das gutachten von u1 bestätige diese einschätzung. 18das gericht hat beweis erhoben durch einholung eines sachverständigengutachtens von frau q-u2. die sachverständige ist fachärztin für neurologie und psychiatrie, sowie für psychotherapie. in ihrem gutachten vom 24.06.2013 kommt sie zusammenfassend zu dem ergebnis, dass das vollbild einer ptbs bei der klägerin nicht vorliege. zwar sei das ereignis vom 00.00.2006 grundsätzlich geeignet eine ptbs zu verursachen. es läge jedoch eine andere reaktive störung bei der klägerin vor, die durch dieses ereignis ausgelöst worden ist. in den ersten 1-2 jahren nach dem ereignis, sei es zu einer verbesserung der situation gekommen. zwar habe keine regelrechte retraumatisierung stattgefunden. doch sei die klägerin zunächst durch ihren einsatz am arbeitsplatz und dann in der bewältigung ihrer kniegelenksbeschwerden und der daraus sich ergebenden folgen, insbesondere mit dem verlust des arbeitsplatzes, so beschäftigt gewesen, dass die reaktive störung kompensiert blieb. neben dieser reaktiven störungen, die sich als angststörung mit ängsten in der öffentlichkeit, schlafstörung und innere anspannung darstelle, bestehe eine leichte depression, die jedoch nicht auf das unfallgeschehen zurückzuführen sei. bei der klägerin bestehe als folge des unfallgeschehens eine 19"angststörung nach einem schädigenden ereignis". 20zumindest dieser teil der jetzt noch vorliegenden störung sei unfallbedingt. die mde für diese angststörung betrage 20 %. 21wegen des weiteren sach- und streitstandes wird auf den inhalt der prozessakten und auf den inhalt der verwaltungsakten der beklagten, die gegenstand der mündlichen verhandlung waren, verwiesen. 22 | 23die zulässige klage der klägerin ist begründet. die klägerin wird durch den angefochtenen bescheid vom 26.06.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 13.09.2012 in ihren rechten beschwert. denn der bescheid ist rechtswidrig. zu unrecht hat die beklagte es abgelehnt, in folge des arbeitsunfalls der klägerin vom 21.08.2006, unfallfolgen anzuerkennen und ihr eine verletztenrente nach einer mde von 20 % zu gewähren. denn die klägerin erfüllt die anspruchsvoraussetzungen für die gewährung einer solchen rente jedenfalls ab dem 01.04.2010. 24gemäß § 56 abs. 1 sozialgesetzbuch, 7. buch (sgb vii) erhalten versicherte, deren erwerbsfähigkeit in folge eines versicherungsfalles über die 26. woche nach dem versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 % gemindert ist, eine rente. gemäß § 56 abs. 2 sgb vii richtet sich die minderung der erwerbsfähigkeit nach dem umfang der sich aus der beeinträchtigung des körperlichen und geistigen leistungsvermögen ergebenden verminderten arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten gebiet des erwerbslebens. dabei werden diejenigen bedingungen als ursächlich oder mitursächlich für den eintritt des erfolges gewertet, die unter abwägung ihres verschiedenen wertes wegen ihrer besonderen bedeutung zum eintritt des erfolges wesentlich beigetragen haben. die wesentliche ursächlich– oder mitursächlichkeit einer bedingung für den erfolg braucht zwar nicht nachgewiesen zu sein, muss aber zumindest wahrscheinlich sein. das ist dann der fall, wenn bei vernünftiger abwägung aller für und gegen den ursächlichen zusammenhang sprechenden umstände, die auf die verursachung hindeutenden faktoren so stark überwiegen, dass darauf die entscheidung gestützt werden kann und die gegen den ursächlichen zusammenhang sprechenden faktoren billigerweise außer betracht bleiben müssen. 25auch der von der klägerin am arbeitsplatz erlittene raubüberfall ist ein arbeitsunfall und damit ein versicherungsfall im sinne des § 8 sgb vii. der räuber bedrohte die klägerin unter vorhalten einer waffe mit dem leben und verlangte den tresorinhalt der filiale heraus. diese potenziell lebensbedrohliche situation, hat bei der klägerin ein trauma im sinne einer psychischen reaktion ausgelöst und damit einen gesundheitsschaden verursacht. dies ist aus der tatsache abzuleiten, dass unmittelbar nach dem raubüberfall eine akutintervention durch einen psychologen stattgefunden hat. zwar hat die klägerin die behandlung nicht weiter fortgesetzt. dies ist jedoch durch den bevorstehenden und seit sehr langer zeit geplanten amerikaurlaub mit ihrem partner und freunden zu erklären. die sachverständige frau q-u2 beschreibt in ihrem gutachten die glaubhaften bekundungen der klägerin, dass sie von der eigenen selbsteinschätzung her und aus rücksicht gegenüber den anderen teilnehmern gar nicht anders konnte, als an der urlaubsreise teilzunehmen. während der reise litt sie an intrusionen, schlafstörungen und angstzuständen. diese tatsachen sind zwar durch keine medizinischen befunde belegt, sie ergeben sich aber aus den glaubhaften berichten der klägerin in der anamneseerhebung aus anlass der begutachtung bei der sachverständigen q-u2. diese wiederum bewertet die aussagen als glaubhaft. die kammer hält das gutachten auch an dieser stelle für überzeugend. 26mit der gutachterin geht die kammer davon aus, dass die folgen dieses traumas zunächst stumm verlaufen sind. durch die leistungsorientierte selbsteinschätzung der klägerin und die weiteren biographischen schwierigkeiten die die klägerin zu bewältigen hatte, blieben die störungen zumindest soweit kompensiert, dass sie nicht in den vordergrund traten. erst nach abschluss der bewältigung der knieoperation, dem verlust des partners und dem verlust des arbeitsplatzes, trat die angststörung in den vordergrund. eine zeitangabe, wann dies eingetreten ist, fehlt allerdings im gutachten der sachverständigen. als einziger anknüpfungspunkt bietet sich hier der beginn der behandlung der angststörung durch den dipl.-psych. t2 im april 2010 an. jedenfalls zu diesem zeitpunkt ist der leidensdruck der klägerin gegenüber ihrer angststörung so groß geworden, dass sie sich in professionelle behandlung begeben hat. 27dem gutachten von u1 vermag die kammer nicht zu folgen. zwar steht zur überzeugung der kammer fest, dass bei der klägerin das vollbild einer ptbs nicht entstanden ist. dies wird in überzeugender weise von der sachverständigen q-u2 dargestellt. der ausschluss einer ptbs als folge eines erlittenen traumas bedeutet jedoch nicht, dass es bei der klägerin keine ursächlich auf das unfallgeschehen zurückzuführende pathologischen befunde gäbe. vielmehr stellt die sachverständige q-u2 überzeugend dar, dass die bei der klägerin bestehende angststörung durch die situation während des raubüberfalls entstanden ist. 28es trifft zwar zu, wie es auch u1 festgestellt hat, dass bei der klägerin neben dieser angststörung auch eine leichte depression besteht. hierin stimmen die sachverständigen u1 und q-u2 überein. u1 schließt aufgrund dieser schädigungsunabhängigen depression alle anderen reaktiven störungen als unfallfolgen aus. dass dies nicht zutrifft, erläutert die sachverständige q-u2 überzeugend in ihrem gutachten. neben der depression der klägerin, deren ursache die sachverständige in der lebensbiographie mit der trennung vom partner und dem verlust des arbeitsplatzes und damit des eigenen selbstwertgefühls sieht, besteht bei der klägerin eine angststörung die isoliert neben der depression zu betrachten ist. 29diese angststörung verursacht eine mde von 20 %. die sachverständige beschreibt in ihrem gutachten anschaulich die sozialen einschränkungen, unter denen die klägerin wegen dieser angststörung leidet. die bewertung mit einer mde von 20 %, wie sie die sachverständige vornimmt, ist deshalb für die kammer überzeugend. 30bezüglich des beginns einer rentenberechtigenden mde verhält sich das gutachten indifferent. zum einen führt die sachverständige aus, die mde bestünde seit beginn der traumatisierung. zum anderen gibt sie in ihrem gutachten an, dass unmittelbar nach dem unfall eine besserung eingetreten sei und dass lebensumstände vorgelegen hätten, die zumindest zu einer teilkompensation geführt hätten. die kammer konnte sich deshalb nicht davon überzeugen, dass eine rentenberechtigende mde bereits ab 2006 vorgelegen hat. der einzige anknüpfungspunkt für das intensivwerden der beschwerden, ist der behandlungsbeginn beim dipl.-psych. t2 im april 2010. der rentenbeginn war deshalb auf den 01.04.2010 festzulegen. soweit allerdings zu diesem zeitpunkt für die klägerin wegen des arbeitsunfalls ein verletztengeldanspruch bestehen sollte, was hier nicht zur überprüfung anstand, wäre der gesetzliche vorrang der verletztengeldzahlung zu beachten. 31die kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 sozialgerichtsgesetz (sgg). | Klaeger*in | 1 |
329,358 | S 49 AS 3304/16 | 2020-05-29T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Beklagte trägt keine außergerichtlichen Kosten der Kläger. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides, mit welchem von den Klägern für den Zeitraum von September 2011 bis Oktober 2013 Leistungen in Höhe von insgesamt 40.414,44 EUR zurückgefordert werden. 3Die am 24.03.19xx geborene Klägerin zu 1) ist die Ehefrau des Klägers zu 3), der am 15.04.19xx geboren worden ist. Die am 01.12.19xx geborene Klägerin zu 2) ist das gemeinsame Kind der Kläger zu 1) und 3), die beide iranische Staatsbürger sind. Der Kläger zu 3), der infolge eines Schlaganfalles schwerbehindert mit einem GdB von 40 % ist, ist 2000 aus dem Iran geflohen und hat 2001 in Deutschland Asyl beantragt. Der gemeinsame Sohn der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 3) ist am 25.08.20xx infolge eines Hirntumors verstorben. In der Vergangenheit lebten die Kläger in häuslicher Gemeinschaft in einer Wohnung in Oberhausen und bezogen von dem Beklagten seit dem 16.09.2011 laufend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch [SGB II]. 4Der Kläger zu 3) war in der Vergangenheit der erste Vorsitzende für den "Verein der zum Christentum konvertierten Moslems (CKM)" gewesen, den er nach seiner Konvertierung zum Christentum 2006/2007 in W. gegründet hatte. Der stellvertretende Vorsitzende des Vereins ist Herr Pouraskar P. gewesen. Ausweislich der Vereinssatzung sei der Verein nach "§ 2 – Zweck des Vereins" uneigennützig tätig und verfolge nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Nach "§ 18 – Finanzierung" habe der Verein das Recht Spenden entgegenzunehmen. Jedes Mitglied zahle jährlich einen Betrag von 120,00 EUR. Der Verein werde nach "§ 20 – Vertreter des Vereins" von dem Vorsitzenden vertreten. Nach "§ 3 – Mittel des Vereins" dürften die Mittel des Vereins nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwandt werden. Die Mitglieder würden keine Zuwendungen aus Mitteln des Vereins erhalten. Das eigentliche Tätigkeitsfeld des Vereins oder die "satzungsgemäßen Zwecke", für welche die Vereinsmittel zu verwenden sein sollen, werden in der Satzung nicht konkret beschrieben. Der Verein beauftragte in der Vergangenheit teilweise Herrn Rechtsanwalt M. mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten. Auf den noch 2013 verwandten Anmeldungsformularen ist ein Herr Juan Emanuel V. in der Fußzeile als Kassierer des "Vereins der zum Christentum konvertierten Moslems (CKM)" aufgeführt. 5Nach einem umfangreichen Ermittlungsverfahren zum Aktenzeichen 125 Js xx/13 unter Beteiligung der Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung Flughaften Frankfurt/Main ging die Staatsanwaltschaft D. davon aus, dass die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 3) während des Ermittlungszeitraumes von Januar 2011 bis Oktober 2013 fortlaufend Straftaten begangen hätten. Hierbei habe der Kläger zu 3) teilweise mit Kenntnis und in bewusster Zusammenarbeit mit der Klägerin zu 1) Ausländern gegen Entgelt zur Einreise und unberechtigten Anerkennung als Asylberechtigter verholfen. Um eine erfolgsversprechende Lebensgeschichte der Ausländer vorzutäuschen, seien in Deutschland hierfür gegen entsprechende Entgelte - auch - die Strukturen des "Vereins der zum Christentum konvertierten Moslems (CKM)" genutzt worden. Die entsprechenden Ausländer seien fälschlicherweise als Personen ausgegeben worden, die zum Christentum konvertiert wären. Hieran sei auch Herr Rechtsanwalt M. bewusst beteiligt gewesen. Die Kläger hätten ihre Leistungen nach dem SGB II erheblich erhöht, indem die Mitgliedsbeiträge und Gelder, welche für die Einstellung der Glaubensbekenntnisse ins Internet gezahlt worden seien, von der Familie vereinnahmt worden wären. Die Gelder seien in bar und verdeckt an den Kläger zu 3) und die Klägerin zu 1) übergeben worden. Die so von den Asylbewerbern bereit gestellten Gelder seien von der Familie zur Bestreitung ihres täglichen Lebensunterhaltes sowie für Urlaubs- und Auslandsreisen genutzt worden. Die tatsächlichen Ausgaben, welche die Kläger für den "Verein der zum Christentum konvertierten Moslems (CKM)" gehabt hätten, hätten sich nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hingegen in Grenzen gehalten. So hätte ermittelt werden können, dass die Verköstigungseinkäufe für die Teilnehmer des Bibelkreises pro Treffen um die 50,00 EUR gekostet hätten. 6Es existieren zahlreiche Gesprächsmitschnitte aus der entsprechend § 100a Strafprozessordnung [StPO] veranlassten Telekommunikationsüberwachung der Kläger, in denen verschiedene Personen gegenüber dem Kläger zu 3) die Zahlung / Übergabe von Geldsummen für das nächste Treffen mit dem Kläger zu 3) ankündigen oder der Kläger zu 3) anderen Personen mitteilt, dass er Geldbeträge in bar erhalten habe. Nach einer Gesprächsaufzeichnung vom 22.03.2013 erklärte der Kläger zu 3) bspw. seiner Tochter, der Zeugin Maral G., dass er von Herrn N. 250,00 EUR für den Anwalt erhalten habe. Der Kläger zu 3) gab gegenüber seiner Tochter lachend an, dass er dieses Geld selbst eingesteckt habe. In einer Gesprächsaufzeichnung vom 05.10.2013 unterhalten sich die Klägern zu 1) und 3) etwa darüber, dass sie nicht wissen, wie sie die Ausgaben decken sollen, wenn im nächsten Monat nicht vier Leute kommen und Mitglied werden wollen würden. Mit einer E-Mail vom 18.04.2013 teilte der Kläger zu 3) einer Priesterin in Malaysia mit, dass er Menschen, die Mitglied des Vereins seien, die erforderlichen Ratschläge geben könne. Er könne ihnen im Zusammenhang mit der Anhörung sagen, wie dort gefragt werde und was man als Antwort geben müsse, damit man sie positiv stimme. Und es gebe viele andere Sachen, die er nicht aufschreiben könne, weil sie zu einem Beweis gegen ihn ausgelegt werden könnten. Wenn man sich näher kennenlerne, könnte sie auch mehr von ihm wissen. Im Rahmen eines Telefonates des Klägers zu 3) mit einer Gesprächspartnerin im Iran am 19.04.2013 teilte der Kläger zu 3) dieser u.a. mit, dass ein Eintritt in den "Verein der zum Christentum konvertierten Moslems (CKM)" von Zahlungen abhänge. Wenn die Gesprächspartnerin jetzt vor Abgabe der Steuererklärung des Vereins zahle und beitrete, werde es keine Probleme geben und der Kläger zu 3) werde eine Mitgliedschaft für sie und 7 weitere Personen seit 2012 bescheinigen. Die Gesprächspartnerin müsse allerdings ihr religiöses Wissen "anheben"; der Kläger zu 3) könne ihr gegen die Zahlungen das nötige Wissen in Vorbereitung auf entsprechende Prüfungen vermitteln. Sie könne sich schon einmal auf der Webseite des Vereins die Informationen über das Christentum durchlesen. Der Kläger zu 3) werde sie dann befragen, um festzustellen, ob sie den Text und den Inhalt gut verstanden hat und an etwaigen Schwächen im Unterricht mit ihr arbeiten. 7Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurde festgestellt, dass der Kläger zu 3) Inhaber folgender Konten war: • Commerzbank, Kontonummer: xxxxxxxx (ab dem 26.01.2009); • DKB, Kontonummer: xxxxxxxxxxxxxxxxx (ab dem 16.03.2009); • DKB, Kontonummer: xxxxxxxxxxxxxxxx (vom 16.03.2009 bis zum 09.05.2011); • DKB, Kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 13.03.2009); • Barclays Bank PLC, Kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 27.04.2012); • Sparkasse M. O., Kontonummer: xxxxxxxxxx (vom 18.03.2009 bis zum 14.12.2011); • Sparkasse M. O., Kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 01.06.2001); • Sparkasse M. O., Kontonummer: xxxxxxxxxx (vom 13.012.2007 bis zum 17.11.2011); • Sparkasse M. O., Kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 09.12.2011); • Sparkasse M. O., Kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 18.03.2009); • Sparkasse M. O., Kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 09.12.2011); • Volksbank A.-S.-W.f e.G., Kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 16.07.2012) 8Zusätzlich war er verfügungsbefugt hinsichtlich folgender Konten: • Ghadir B., Sparkasse M. O., Kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 10.06.2008); 9Die Klägerin zu 1) war verfügungsbefugt über folgende Konten: • Kläger zu 3), Sparkasse M. O., Kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 01.06.2003); • Kläger zu 3), Sparkasse M. O., Kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 18.03.2009); • Ghadir B., Sparkasse M. O., Kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 10.06.2008). 10Die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 3) unterhielten zudem ein ausländisches Konto bei der Advanzia Bank S.A. mit Sitz in Luxemburg. Auf dieses Konto wurden ab Januar 2011 Zahlungen in Höhe von 19.102,41 EUR geleistet, wobei Bareinzahlungen nicht berücksichtigt worden sind. Ferner verfügte der Kläger zu 3) über ein weiteres Konto im Iran, wo zahlreiche Familienmitglieder – u.a. seine Mutter - lebten. 11Für den "Verein der zum Christentum konvertierten Moslems (CKM)" war am 19.05.2006 ein Konto bei der Volksbank A.-S.-W. e.G. (Kontonummer: xxxxxxxxxx) eröffnet worden, für das allein der Kläger zu 3) verfügungsbefugt gewesen ist. 12Nach der Auswertung der Kontobewegungen durch die Staatsanwaltschaft D. erfolgten im Zeitraum von Januar 2011 bis Oktober 2013 von den Konten der Kläger Ausgaben in Höhe von 261.385,90 EUR denen Einnahmen in Höhe von 251.924,48 EUR gegenüberständen, von denen lediglich Anteile von 44.579,92 EUR (Arbeitslosengeld II) und 888,73 EUR (zwischenzeitliches Arbeitseinkommen der Klägerin zu 1)) der Herkunft nach als Realeinkommen konkret bestimmt werden könnten. Hierbei habe es insgesamt 48.180,00 EUR Bareinzahlungen gegeben, die fast ausschließlich auf das Girokonto des Klägers zu 3) bei der Sparkasse M. O. erfolgt wären, und Barauszahlungen von 59.705,00 EUR. Unter den Zahlungseingängen auf den Konten der Kläger finden sich vielfach Zahlungen, die als Verwendungszweck "Darlehen" aufweisen. Durch Herrn A. erfolgten zugunsten der Kläger von Juli 2012 bis Mai 2013 mehrere Zahlungen in Höhe von insgesamt 5.750,00 EUR. Von dem Konto von Herrn Alireza G., dem Ehemann der Zeugin Maral G., erfolgten von September 2011 bis November 2012 Zahlungen in Höhe von 16.220,00 EUR, während der Kläger zu 3) in diesem Zeitraum einmalig 1.500,00 EUR auf das Konto von Alireza G. überwies. Herr Juan Manuel V. überwies am 26.05.2011 einen Betrag von 4.000,00 EUR mit dem Betreff Darlehen, woraufhin an diesen durch die Kläger kontinuierlich Zahlungen von 250,00 EUR / 100,00 EUR erfolgten. Herr Erman A. zahlte 2011 an die Kläger 3.500,00 EUR, während die Kläger an diesen 1.419,67 EUR zahlten. 13Der "Verein der zum Christentum konvertierten Moslems (CKM)" hatte über 1.000 Mitglieder wobei nach Durchsicht des Vereinskontos seit Januar 2011 nur 60 Einzahler ersichtlich sind. 14Bei einer Hausdurchsuchung am 30.10.2013, in deren Anschluss der Kläger zu 3) inhaftiert worden ist, konnte im Haushalt der Kläger Bargeld in Höhe von 5.200,00 EUR sichergestellt werden. Nach der eigenen Darstellung des Klägers zu 3) endete zeitgleich mit seiner Inhaftierung auch die Existenz des "Vereins der zum Christentum konvertierten Moslems (CKM)", dessen Abwicklung und Löschung er bei Eintritt in die Strafhaft noch veranlasst habe. 15Mit Anklageschrift vom 28.03.2014 beantragte die Staatsanwaltschaft eine Eröffnung des strafrechtlichen Hauptsacheverfahrens gegenüber dem Kläger zu 3), der Klägerin zu 1), Herrn P., Herrn Rechtsanwalt M. sowie einem Herrn A. Den Angeschuldigten wurden im Zeitraum zwischen März 2011 und Oktober 2013 Straftaten nach §§ 95, 96 Aufenthaltsgesetz [AufenthG], § 84 Asylgesetz [AsylG] i.V.m. §§ 25 Abs. 2, 27, 52, 53 Strafgesetzbuch [StGB] zur Last gelegt, die variierend nach den jeweiligen Tatbeträgen der Angeschuldigten durch bis zu zweiundzwanzig selbstständige Handlungen begangen worden seien. Mit Beschluss vom 04.07.2014 ließ das LG D. unter dem Az. 31 KLs-125 Js xx/13-xx/14 die Anklagen der Staatsanwaltschaft D. gegenüber dem Kläger zu 3), die Klägerin zu 1), Herrn P., Herrn Rechtsanwalt M. und Herrn A. in unveränderter Form zum strafrechtlichen Hauptverfahren zu. 16Am 07.08.2014, am 14.08.2014, am 15.08.2014 und 21.08.2014 wurden in dem Strafverfahren vor dem LG D. Hauptverhandlungstermine durchgeführt. 17Im Verhandlungstermin vom 14.08.2014 verständigten sich die Beteiligten nach §§ 202a, 212, 257c StPO auf eine auflagenbedingte Einstellung der Strafverfahren nach § 154a StPO gegenüber Rechtsanwalt M. und Herrn A. gegen die Zahlung von jeweils 800,00 EUR zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung, welcher das LG D. mit Kammerbeschluss vom 14.08.2014 entsprach. Gegenüber dem Kläger zu 3), der Klägerin zu 1) und Herrn P. ist das Verfahren fortgeführt worden. Im weiteren Verlauf des Termins erklärten sich die Beteiligten mit weiteren Verständigungsvorschlägen des Gerichtes nach § 257c StPO einverstanden. Hiernach wurde Herrn P. für eine geständige Einlassung zu vier Fällen der mittäterschaftlichen Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Abs. 1 AsylG i.V.m. §§ 25 Abs. 2, 53 StGB eine Gesamtstrafe zwischen 60 und 120 Tagessätzen in Aussicht gestellt. Herrn P. ließ sich hierzu geständig ein, worauf das Verfahren nach Antrag der Staatsanwaltschaft D. mit Kammerbeschluss nach § 154a Abs. 1, Abs. 2 StPO auf die vier Fälle der mittäterschaftlichen Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung beschränkt werde. Für das Strafverfahren gegenüber Klägerin zu 1) wurde eine Einstellung nach § 154a Abs. 1, Abs. 2 StPO unter Auflage einer Zahlung von 500,00 EUR zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung erörtert. Gegenüber dem Kläger zu 3) stellte das Gericht die Beschränkung der Anklage nach § 154 Abs.1, Abs. 2 StPO auf vierzehn Fälle der Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Abs. 1 Asylgesetz [AsylG] i.V.m. § 53 Strafgesetzbuch [StGB], eine formlose Einziehung des sichergestellten Geldbetrages von 5.200,00 EUR, die Aufhebung des bestehenden Haftbefehls sowie eine Gesamtstrafe zwischen zwei Jahren und sechs Monaten und drei Jahren und sechs Monaten in Aussicht, falls dieser alsbald ein glaubhaftes Geständnis der Taten abgeben sollte. 18Im darauf folgenden Verhandlungstermin vom 15.08.2014 gab der Verteidiger des Klägers zu 3) eine geständige Einlassung zur Sache ab, welche sich der Kläger zu 3) mit ergänzenden Ausführungen zu eigen machte, auf die Herausgabe der sichergestellten 5.200,00 EUR verzichtete und sich mit der außergerichtlichen Einziehung der Geldmittel einverstanden erklärte. Daraufhin wurde das Verfahren gegenüber dem Kläger zu 3) nach Antrag der Staatsanwaltschaft D. mit Kammerbeschluss nach § 154 Abs. 1, Abs. 2, § 154a Abs. 1, Abs. 2 StPO auf vierzehn Fälle der Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung beschränkt. Zusätzlich wurde das Verfahren gegenüber der Klägerin zu 1) mit Kammerbeschluss gegen die Auflage einer Zahlung von 500,00 EUR zugunsten der Aktion "Friedensdorf e.V." nach § 154a Abs. 1, Abs. 2 StPO eingestellt. Auf die weitere Vernehmung von Zeugen verzichteten der Kläger zu 3) und Herr P. 19Im letzten Verhandlungstermin vom 21.08.2014 vernahm das LG D. den an den Ermittlungen beteiligten Polizeibeamten, Herrn Marco L., sowie Herrn Helmut V. als Zeugen. Mit rechtskräftigem Urteil vom 21.08.2014 verurteilte das LG D. den Kläger zu 3) nach § 84 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 AsylG i.V.m. § 25 Abs. 2, § 53 StGB wegen gewerbsmäßiger Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Nach dem Tatbestand des Strafurteils wirke sich der Schlaganfall des Klägers zu 3) einschließlich dessen Schwerbehinderung nicht auf die Schuldfähigkeit des Klägers zu 3) nach §§ 20, 21 StGB aus. Zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt vor dem 18.03.2011 habe der Kläger zu 3) den Tatplan gefasst, iranischen und afghanischen Staatsangehörigen gegen Entgelt dabei behilflich zu sein, in Deutschland mittels Angabe fingierter und wahrheitswidrig veränderter Asylgründe, welche der Kläger zu 3) für die Asylsuchenden frei erfand, religiöses Asyl zu beantragen. In Ausführung dieses Tatplans habe der Kläger zu 3) in der Folgezeit Asylbewerber, die kurz zuvor eingereist sind oder auch bereits in Deutschland gemeldete und deren Asyl abgelehnt worden war, z.B. dahingehend beraten und geschult, dass er ihnen wahrheitswidrig bestimmte Reisen und bestimmte Asylgründe vorgegeben habe. Der Kläger zu 3) habe auch Asylgründe wahrheitswidrig so verändert, dass diese den Anforderungen für die Zuerkennung von Asyl entsprochen hätten, wie sie sich nach vorheriger Auswertung seitens des Klägers zu 3) aus den Anhörungsprotokollen und Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ergaben, um so die Anerkennung der betreffenden Asylbewerber als Asylberechtigte zu ermöglichen. Des Weiteren habe der Kläger zu 3), seinem Tatplan entsprechend, die Asylbewerber aufgefordert, christliches Kultur- und Gedankengut - insbesondere Gebete, Feiertage und die Lebensgeschichte von Jesus Christus - auswendig zu lernen, um das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und ggf. die zuständigen Verwaltungsgerichte bei dem vorstehenden Anhörung über eine tatsächlich nicht erfolgte Konversion des Ausländers zum Christentum zu täuschen. Dabei habe der Kläger zu 3) seine Funktion als Vorsitzender des von ihm gegründeten "Vereins der zum Christentum konvertierten Moslems (CKM)", der im Vereinsregister eingetragen und an seiner Wohnanschrift in O. ansässig war, sowie dessen Vereinskonto mit der Nr. xxxxxxxxxx bei der Volksbank A.–S.–W. eG genutzt, für das der Kläger zu 3) allein verfügungsberechtigt gewesen. Um die angebliche Zugehörigkeit der Asylbewerber zum Christentum zu belegen, habe der Kläger zu 3) diese aufgefordert, Mitglieder des "Vereins der zum Christentum konvertierten Moslems (CKM)" zu werden, wofür er in der Regel bereits im Voraus die Entrichtung eines "Mitgliedsbeitrags" i.H.v. 120,00 EUR pro Jahr, zumindest aber eine Anzahlung darauf, verlangt habe. Tatsächlich hätten diese Zahlungen jedoch eine Entlohnung des Klägers zu 3) für dessen zuvor beschriebenen Tätigkeiten dargestellt, während der "Verein der zum Christentum konvertierten Moslems (CKM)" selbst für die Asylbewerber keinerlei Leistungen erbracht hätte. Um die Anerkennungschancen weiter zu erhöhen, habe der Kläger zu 3) den Asylbewerbern darüber hinaus die Ausstellung von zum Teil rückdatierten Mitgliedsausweisen sowie die Einstellung von persönlichen Glaubensbekenntnissen auf der Internetseite des Vereins angeboten, wofür er Entgelte in Höhe von jeweils 20,00 EUR (Mitgliedsausweis) bzw. 350,00 EUR (Glaubensbekenntnis) verlangt habe. Die im Namen des Vereins vereinnahmten Beträge habe der Kläger zu 3) für sich selbst verbraucht. Darüber hinaus habe er die Asylbewerber in mehreren Fällen zu weiteren Zahlungen an sich veranlasst. Sämtliche Zahlungen habe der Kläger zu 3) seinem zuvor gefassten Tatplan entsprechend in der Absicht vereinnahmt, sich aus der wiederholten Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einigen Umfang und einiger Dauer zu verschaffen. Diese Absicht habe in allen Fällen das bestimmende Motiv für das Handeln des Klägers zu 3) dargestellt. Lediglich als untergeordnete Nebenaspekte hätten möglicherweise auch die in einem eigenen christlichen Glauben des Klägers zu 3) wurzelnden Aspekte der Hilfsbereitschaft und Emission eine Rolle gespielt. Tatsächlich habe der Kläger zu 3) in dem Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.10.2013 Einnahmen in Höhe von ca. 260.000,00 EUR erzielt, die weder aus dem Bezug von Sozialleistungen noch aus einer legalen Beschäftigung stammen würden. Aus den 14 Fällen, auf die das Verfahren konkret beschränkt worden ist, habe der Kläger zu 3) von verschiedenen Personen für seine Tätigkeiten Entgelte in Höhe von 7.670,00 EUR erhalten, die er in der Folge jeweils für sich vollständig verbraucht habe. Auf die weitere Begründung des Urteils des LG D., mit dem auch der Angeklagte P. rechtskräftig wegen Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung in vier Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 35,00 EUR verurteilt worden ist, wird Bezug genommen. 20Während des Strafverfahrens befand sich der Kläger zu 3) vom 30.10.2013 bis zum 15.08.2014 in Untersuchungshaft. Der Kläger zu 3) war nach Abschluss des Strafverfahrens in der JVA B.-S., Außenstelle B., R.weg Hausnummer xx, xxxxx D.-B. inhaftiert. 21Mit Anhörungsschreiben vom 13.01.2015 wies der Beklagte die Kläger darauf hin, dass aufgrund der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft D. davon ausgegangen werde, dass Einkommen aus den gewerbemäßig begangenen Straftaten erzielt worden sei. Im Zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.03.2012 seien für die Klägerin zu 1) Leistungen in Höhe von 3.401,58 EUR, für den Kläger zu 3) Leistungen in Höhe von 3.401,56 EUR und für die Klägerin zu 2) in Leistungen in Höhe von 2.842,36 EUR überzahlt worden. Im Zeitraum vom 01.04.2012 bis zum 30.09.2012 seien für die Klägerin zu 1) Leistungen in Höhe von 3.253,83 EUR, für den Kläger zu 3) Leistungen in Höhe von 3.253,82 EUR und für die Klägerin zu 2) in Leistungen in Höhe von 2.709,39 EUR überzahlt worden. Im Zeitraum vom 01.10.2012 bis zum 31.03.2013 seien für die Klägerin zu 1) Leistungen in Höhe von 3.278,07 EUR, für den Kläger zu 3) Leistungen in Höhe von 3.278,07 EUR und für die Klägerin zu 2) in Leistungen in Höhe von 3.863,19 EUR überzahlt worden. Im Zeitraum vom 01.04.2013 bis zum 31.10.2013 seien für die Klägerin zu 1) Leistungen in Höhe von 3.857,40 EUR, für den Kläger zu 3) Leistungen in Höhe von 3.841,32 EUR und für die Klägerin zu 2) in Leistungen in Höhe von 3.433,85 EUR überzahlt worden. Die Aufhebung würde sich jeweils nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X] richten, weil in den jeweiligen Leistungsanträgen zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht worden seien. Die Kläger wurden aufgefordert sich bis zum 30.01.2015 zu der Angelegenheit zu äußern. Eine Reaktion der Kläger erfolgte nicht. 22Mit den hier angefochtenen Bescheiden vom 04.02.2015 hob der Beklagte gegenüber den Klägern gesondert – unter konkreter Benennung der jeweils aufzuhebenden Leistungsbescheide - die Leistungsbewilligungen für den Zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 vollständig auf und forderte die Rückzahlung von für diesen Zeitraum zu Unrecht gezahlten Leistungen in Höhe von insgesamt 40.414,44 EUR. Im Zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.03.2012 seien für die Klägerin zu 1) Leistungen in Höhe von 3.401,58 EUR, für den Kläger zu 3) Leistungen in Höhe von 3.401,56 EUR und für die Klägerin zu 2) in Leistungen in Höhe von 2.842,36 EUR überzahlt worden. Im Zeitraum vom 01.04.2012 bis zum 30.09.2012 seien für die Klägerin zu 1) Leistungen in Höhe von 3.253,83 EUR, für den Kläger zu 3) Leistungen in Höhe von 3.253,82 EUR und für die Klägerin zu 2) in Leistungen in Höhe von 2.709,39 EUR überzahlt worden. Im Zeitraum vom 01.10.2012 bis zum 31.03.2013 seien für die Klägerin zu 1) Leistungen in Höhe von 3.278,07 EUR, für den Kläger zu 3) Leistungen in Höhe von 3.278,07 EUR und für die Klägerin zu 2) in Leistungen in Höhe von 3.863,19 EUR überzahlt worden. Im Zeitraum vom 01.04.2013 bis zum 31.10.2013 seien für die Klägerin zu 1) Leistungen in Höhe von 3.857,40 EUR, für den Kläger zu 3) Leistungen in Höhe von 3.841,32 EUR und für die Klägerin zu 2) in Leistungen in Höhe von 3.433,85 EUR überzahlt worden. Gegenüber der Klägerin zu 1) wurde ein Rückzahlungsanspruch von insgesamt 13.790,88 EUR geltend gemacht. Die Klägerin zu 2) forderte der Beklagte zur Rückzahlung von insgesamt 12.848,79 EUR auf. Der Kläger zu 3) wurde aufgefordert an den Beklagten insgesamt 13.774,77 EUR zurück zuzahlen. Zur Begründung der streitgegenständlichen Bescheide verwies der Beklagte bzgl. der Aufhebungsentscheidung jeweils auf § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2, Nr. 3 SGB X. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, da die Kläger in ihren Anträgen jeweils falsche Angaben gemacht hätten. Darüber hinaus sei den Klägern die fehlerhafte Leistungsbewilligung bekannt gewesen. Diese hätten erkennen können, dass ihnen Leistungen nicht in der bewilligten Höhe zugestanden hätten. 23Am 10.02.2015 erhoben die Kläger jeweils Widerspruch gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 04.02.2015. Zur Begründung führten die Kläger aus, es seien keine Einnahmen erzielt worden. Vielmehr würde es sich um ein Missverständnis handeln. Der Kläger zu 3) habe zum angegebenen Zeitpunkt kein Einkommen aus einer erwerbsmäßigen Tätigkeit erzielt. Hierüber könnten die Anwälte aus dem Strafverfahren Auskunft geben. Über ihren früheren Prozessbevollmächtigten ließen die Kläger später vortragen, dass sie keinerlei Einkünfte durch Einschleusungen von Asylbewerbern gehabt hätten. 24Mit Widerspruchsbescheid vom 05.07.2016 wies der Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Die Aufhebung der Leistungsbewilligungen nach § 45 SGB X sei ebenso wenig zu beanstanden wie die Erstattungsforderung nach § 50 SGB X. Laut den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft D. sei der Kläger zu 3) vorwiegend iranischen und afghanischen Staatsangehörigen gegen Entgelt dabei behilflich gewesen, in Deutschland mittels Angabe fingierter und wahrheitswidrig veränderter Asylgründe, welche er für die Asylsuchenden erfand, religiöses Asyl zu beantragen. In dem von der Staatsanwaltschaft D. überwachten Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.10.2013 habe er Einnahmen von 314.339,05 EUR gehabt, von denen lediglich ca. 55.087,23 EUR aus regulären Einnahmen (Realeinkommen/Arbeitslosengeld) herrühren würden. Diese Ermittlungen würden eindrucksvoll bestätigen, dass sich der Kläger zu 3) aus der wiederholten Tatbegehung eine tatsächlich fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschafft habe. Insofern werde auf das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft D. und das Urteil des LG D. vom 08.10.2014 (Az. 31 KLs-125 Js xx/13-xx/14) Bezug genommen. Die so erzielten Einnahmen hätten die Kläger trotz Aufklärung über ihre Mitwirkungspflichten bei der Beantragung von SGB II-Leistungen gegenüber dem Beklagten nicht angegeben. In der Zeit von Januar 2011 bis Oktober 2013 seien aus den illegalen Tätigkeiten des Klägers zu 3) durchschnittlich mindestens 7.625,05 EUR erzielt worden (314.339,05 EUR abzgl. 55.087,23 EUR / 34 Monate), woraus der Bedarf der 3-Personen-Bedarfsgemeinschaft vollumfänglich hätte gedeckt werden können. Die Leistungsbewilligung sei von Anfang an rechtswidrig gewesen und habe auf den falschen Angaben des Klägers zu 3) beruht. Die Kläger hätten daher die zu Unrecht geleisteten Zahlungen in der entsprechenden Höhe zu erstatten. 25Die Kläger haben am 29.07.2016, vertreten durch ihren früheren Prozessbevollmächtigten, vor dem SG D. Klage erhoben. Nachdem der frühere Prozessbevollmächtigte der Kläger das Mandat nach Akteneinsicht mit Schriftsatz vom 08.11.2016 niedergelegt hat und der darauf folgende Prozessbevollmächtigte der Kläger zwischenzeitlich verstarb werden die Kläger durch ihre gegenwärtige Prozessbevollmächtigte vertreten. 26Die Kläger tragen zur Klagebegründung vor, es werde in der Bescheidung nicht dargestellt, welches Einkommen die Kläger tatsächlich gehabt hätten. Außerdem sei das Zuflussprinzip nicht beachtet worden. Der Beklagte habe nachzuweisen, in welchen Monaten exakt welches Einkommen vorgelegen habe, um sodann Monat für Monat die vermeintliche Überzahlung zu berechnen. Die Bescheide seien bereits deshalb rechtswidrig, da jede einzelne monatliche Berechnung fehle. Darüber hinaus hätten die Kläger auch gar kein Einkommen erzielt; jedenfalls nicht in der Höhe, welche der Beklagte geltend mache. Die Kläger bestreiten, dass sie ein Einkommen von monatlich 7.625,05 EUR erzielt hätten. Bei dem hierfür angesetzten Betrag von 259.251,82 EUR würde es sich um einen reinen Phantasiebetrag handeln. Selbst wenn man die Beträge aus den vierzehn Fällen addiere, die dem Strafurteil zugrunde liegen würden, ergebe sich insgesamt ein Einkommensbetrag in Höhe von ca. 7.000,00 EUR. Der Betrag von 259.251,82 EUR, welchen die Staatsanwaltschaft zugrunde gelegt habe, könne mit den Kosten der vergeblichen privatärztlichen Behandlungsversuche für den Sohn der Kläger erklärt werden, der am 25.08.20xx verstorben ist. Hierfür hätten die Kläger private Finanzmittel von insgesamt 43.800,00 EUR eingesetzt. Diese Beträge seien hin und her überwiesen worden, um Überziehungszinsen zu sparen und weiterhin Dispositionskredite zu erhalten. Geld, welches die Kläger zunächst von einem Konto in bar abgehoben hätten, sei am gleichen oder nächsten Tag auf ein anderes Konto der Kläger (wieder) eingezahlt worden. Das Geld sei dabei zwischen den verschiedenen Konten nicht überwiesen, sondern jeweils in bar eingezahlt worden, weil Überweisungen nicht so einfach möglich gewesen wären. Diese immer wiederkehrenden Einzahlungen seien von der Staatsanwaltschaft jeweils als eigenständige Einnahme deklariert worden. Unterlagen dazu könnten die Kläger jedoch nicht mehr vorlegen, da diese sämtlich im Strafverfahren beschlagnahmt worden seien. Die Kläger hätten über keinerlei Einnahmen verfügt, so dass die Rückforderungsbescheide rechtswidrig seien. Insgesamt hätten die Kläger im Zeitraum von 2011 bis 2013 eine Mastercard Gold für den Kläger zu 3), eine Mastercard Gold für die Klägerin zu 1), ein Konto des Klägers zu 3) bei der DKB Bank, ein gemeinsames Konto der Kläger zu 1) und 3) bei der Sparkasse M. O., ein Konto des Klägers zu 3) bei der Barclays Bank, ein Konto der Klägerin zu 1) bei der Barclay Bank und ein gemeinsames Konto der Kläger zu 1) und 3) bei der Commerzbank, auf welches die Leistungen des Beklagten ausgezahlt worden sind. Es könne sein, dass seitens der Kläger bei dem Beklagten lediglich ein einziges Konto, das Konto bei der Commerzbank, angegeben hatten. Man habe von einer Angabe der anderen Konten abgesehen, da diese kein Guthaben ausgewiesen hätten, so dass davon ausgegangen worden sei, dass sie nicht anzugeben gewesen wären. Die Einzahlung von ca. 20.000,00 EUR durch die Zeugin Maral G. auf dem Konto der Kläger beruhe darauf, dass die Kläger zuvor dem Vermieter ihrer Tochter während ihres Studiums das Konto für die Begleichung der Mietzahlungen zur Verfügung gestellt habe und die Tochter nunmehr den Gesamtbetrag zurückzahle. Der Kläger zu 3) sei zwar wegen vierzehn Fällen der gewerbsmäßigen Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung rechtskräftig durch das LG D. verurteilt worden. Nach den Feststellungen des Urteils des LG D. vom 08.10.2014 habe der Kläger zu 3) insgesamt Beträge in Höhe von 7.630,00 EUR vereinnahmt. Diese Beträge würden aber kein Einkommen des Klägers zu 3) darstellen, sondern seien für den "Verein der zum Christentum konvertierten Moslems (CKM)" verbraucht worden. Mit den vereinnahmten Geldern seien allein die Ausgaben des Vereins bestritten worden. Bezüglich des "Vereins der zum Christentum konvertierten Moslems (CKM)" sei der Kläger zu 3) erster Vorsitzender gewesen und habe Mitgliedsbeiträge in Höhe von 120,00 EUR eingezogen und dem Vereinskonto zugeführt. Sodann habe er anlässlich eines jeden Gottesdienstes von diesen Geldern gemeinsame Frühstücke finanziert und auch für umfangreiche Bewirtung bei Tauffeiern gesorgt. Dies könnten die Vereinsmitglieder und die Pfarrerin bezeugen. Der Verein sei von dem Gründungsjahr 2006/2007 bis 2013, dem Zeitpunkt der Inhaftierung des Klägers zu 3), aktiv gewesen und habe am Ende ca. 300 bis 400 Mitglieder gehabt. Der Kläger zu 3) habe die Vereinsführung alleine übernommen, der auch die Finanzen des Vereines allein verwaltet und die Steuererklärung gemacht habe. Der Verein sei über Mitgliedsbeiträge von jährlich 120,00 EUR bzw. 10,00 EUR monatlich finanziert worden. Früher habe der Mitgliedsbeitrag auch einmal 20,00 EUR im Jahr betragen. Die tatsächliche Zahlung sei aber keine Notwendigkeit für den Beitritt oder Verbleib eines Mitglieds gewesen. Es habe keine regelmäßigen Zahlungen gegeben. Es habe auch Mitglieder gegeben, die nie gezahlt hätten. Daneben habe es Spendengelder der Mitglieder gegeben, deren Höhe seitens der Kläger nicht mehr mitgeteilt werden könne, und der Kläger zu 3) habe dem Verein teilweise seine privaten Gelder zugewandt. Andersherum habe der Kläger zu 3) habe niemals Finanzmittel des Vereines für seine privaten Zwecke verwandt. Teilweise seien die in bar gezahlten Mitgliedsbeiträge oder Spenden von dem Privatkonto des Klägers zu 3) auf das Vereinskonto überwiesen und das jeweilige Mitglied als Überweisungsbetreff angegeben worden. Von den Mitgliedern seien zudem besondere anlassbezogene Auslagen zugunsten von Feiern, Anwaltskosten, Hotelübernachtungen u.a. von den Mitgliedern gesondert erstattet worden. Das Strafverfahren sei damals aufgrund des Vorwurfes einer umfangreichen hoch kriminellen Schleusertätigkeit wegen einer Falschaussage eines Jugendlichen eingeleitet worden. Diese Vorwürfe seien sämtlich fallen gelassen worden. Übrig geblieben sei eine Verurteilung in vierzehn Fällen wegen gewerbsmäßiger Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung. Diese Verurteilung habe auf einem "Deal" zwischen Strafgericht und Verteidigung beruht. Keiner der ursprünglich vorgesehenen vierzehn Zeugen sei im Gerichtsverfahren vernommen worden. Zu den vierzehn Fällen, auf die das Strafgericht die Verurteilung des Klägers zu 3) gestützt habe, sei Folgendes anzumerken: 27- Fall 1: Der erwähnte Betrag von 1.300,00 EUR sei dem Kläger zu 3) von Herrn A., dessen ladungsfähige Anschrift den Klägern nicht bekannt sei, zur Begleichung einer Mietkautionsforderung überlassen worden. Bevor die Kaution gezahlt worden sei, sei der Betrag aber bereits bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmt worden; 28- Fall 2: Herr N., dessen Anschrift unbekannt sei, habe dem Kläger zu 3) lediglich einmal 50,00 EUR zur Einzahlung gebracht, welche außergerichtlich an den ebenfalls strafrechtlich verfolgten Herrn Rechtsanwalt M. weitergeleitet worden wären; 29- Fall 3: Herr N., dessen Anschrift ebenfalls unbekannt sei, habe dem Kläger zu 3) 140,00 EUR zur Finanzierung einer Trauerfeier gegeben. 30Mit späterem Schriftsatz vom 28.08.2018 führten die Kläger hierzu hingegen aus, dass diesbezüglich in Informationsirrtum vorliege. Für einen Taufausweis habe Herr N.20,00 EUR entrichtet, während die übrigen 120,00 EUR für die Mitgliedschaft im Verein gezahlt worden seien. 31- Fall 4: Herr No., dessen Anschrift auch unbekannt sei, habe keine Gelder gezahlt; 32- Fall 5: Herr K., dessen Anschrift auch unbekannt sei, habe 600,00 EUR gezahlt, von denen 300,00 EUR an den ebenfalls strafrechtlich verfolgten Herrn Rechtsanwalt M. weitergeleitet worden seien. Der weitere Betrag von 300,00 EUR habe der Veröffentlichung des Glaubensbekenntnisses des Herrn K. auf der Internetseite des Vereins gedient. 33- Fälle 6 bis 14: Die in den weiteren Fällen aufgelisteten Beträge hätten der Finanzierung der Frühstücksfeiern anlässlich der Bibelkreise sowie der Bewirtung bei den Tauffeiern gedient und seien von dem Kläger zu 3) für den Verein vereinnahmt und ausgegeben worden. 34Hinsichtlich der sichergestellten 5.200,00 EUR gelte Folgendes: Herr A. sei ein Teilnehmer des Bibelkreises und ein Bekannter der Kläger gewesen, der sich um ihren verstorbenen Sohn gesorgt habe und ebenfalls im Kreis W. wohnhaft gewesen sei. Er könne bezeugen, dass der im Fall 1 erwähnte Betrag von 1.300,00 EUR an den Kläger zu 3) zwecks Einzahlung des entsprechenden Kautionsbetrages für seine neu angemietete Wohnung übergeben worden sei. Weitere 3.500,00 EUR seien dem Kläger zu 3) von einem in der Schweiz lebenden Bekannten, Herrn G., im Wege eines Darlehens überlassen worden, damit dieser damit ein Auto erwerben könne. Der Kontakt sei abgebrochen, nachdem der Kläger zu 3) den Betrag nicht habe zurückzahlen können. Die restlichen 400,00 EUR würden der Zeugin Maral G. gehören. Mit den Strafverfolgungsbehörden und dem Strafgericht sei damals nie über die Herkunft des Geldes gesprochen worden, mit dessen Einziehung sich der Kläger zu 3) einverstanden erklärt habe, weil er sich dadurch ein milderes Urteil für sich und seine Angehörigen versprochen habe. 35Die Kläger beantragen mit Schriftsatz vom 28.07.2016, 36die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide des Beklagten vom 04.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2016 aufzuheben. 37Der Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 18.10.2016, 38die Klage abzuweisen. 39Der Beklagte hat in der Hauptsache beantragt, die Klage abzuweisen. Er verweist ergänzend zu den Ausführungen im Widerspruchsbescheid darauf, dass der Kläger zu 3) im streitgegenständlichen Zeitraum durchgehend Einkünfte aus einer gewerbemäßigen Beschäftigung (Einschleusen von Asylbewerbern) erzielt habe. Soweit sich die Klägerseite nun auf das Zuflussprinzip berufe, dürfte eine Beweislastumkehr gegeben sein. Eine solche sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dann gerechtfertigt, wenn eine besondere Beweisnähe zu einem Beteiligten bestünde. Dies solle dann der Fall sein, wenn in dessen persönlicher Sphäre oder in dessen Verantwortungsbereich wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar seien und ein zeitnahe Aufklärung des Sachverhaltes durch unterlassene Angaben oder unzureichende Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung erschwert oder verhindert werde (BSG, Urt. v. 15.06.2016 – B 4 AS 41/15 R). Bei dem Beklagten hätten die Kläger im Zeitraum des Leistungsbezuges allein das Konto bei der Commerzbank ein einziges Konto angegeben, auf das auch die Auszahlung der Leistungen begehrt worden sei. Von der Fülle der Konten der Kläger hätte der Beklagte vor dem Ermittlungsverfahren keine Ahnung gehabt. Auch in der Anlage VM seien keine zusätzlichen Konten durch die Kläger eingetragen worden. 40Mit Verfügung vom 20.05.2019, die vom Kammervorsitzenden mit vollem Namen unterschrieben worden ist, hat das Gericht die Kläger unter Hinweis auf § 106a Abs. 1, Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG] sowie Erläuterung der Rechtsfolgen aufgefordert, binnen vier Wochen nach Zugang des Schreibens Beweismittel für den klägerischen Vortrag aus dem Schriftsatz vom 13.11.2017 nebst einem eingereichten Schaubild der Kläger zu angeblichen Belastungen von Kreditkarten und Kontonummern einzureichen, sofern solche noch vorhanden sind. Ferner wurden die Kläger zur Einreichung von Unterlagen zu den vorgetragenen privatärztlichen Behandlungen des Sohnes aufgefordert. Auf den Inhalt der Verfügung wird im Übrigen verwiesen. Die Verfügung ist in beglaubigter Abschrift gegen Empfangsbekenntnis an die Prozessbevollmächtigte der Kläger versandt worden. 41Mit Schriftsatz vom 13.06.2019 bestätigte die Prozessbevollmächtigte der Kläger einen Erhalt der Verfügung vom 20.05.2019 am 27.05.2019. Ferner reichte sie Kontoübersichten über Teilzeiträume bzgl. vier Konten der Kläger bei der Barclays Bank PLC ein: 42- IBAN: DExx xxxx xxxx xxxx xxxx xx über die Teilzeiträume vom 11.10.2011 bis zum 10.11.2011, vom 11.04.2012 bis zum 09.06.2012, vom 11.09.2012 bis zum 10.10.2012, vom 11.11.2012 bis zum 09.02.2013; 43- IBAN: DExx xxxx xxxx xxxx xxxx xx über die Teilzeiträume vom 11.05.2012 bis zum 09.06.2012, vom 11.11.2012 bis zum 09.02.2013; 44- IBAN: DExx xxxx xxxx xxxx xxxx xx über die Teilzeitraum vom 15.03.2013 bis zum 13.04.2013; 45- IBAN: DExx xxxx xxxx xxxx xxxx xx über den Teilzeitraum vom 15.03.2013 bis zum 13.04.2013. 46Sämtliche Kontoauszüge, insbesondere des Hauptkontos der Kläger bei der Stadtsparkasse M. O., seien bei der Hausdurchsuchung durch die Polizei sichergestellt und den Klägern sodann nicht mehr ausgehändigt worden. Die Gelder seien immer hin und her überwiesen worden, um die anfallenden Zinsen so gering wie möglich zu halten. Die Kläger seien vollkommen verschuldet gewesen und hätten versucht mit den Umbuchungen ihre Schulden einigermaßen im Griff zu behalten. Hätten die Kläger, wie ihnen vorgeworfen werde, über bares Schwarzgeld verfügt, so hätten sie sicherlich nicht mit der Kreditkarte eingekauft und hierüber auch Kleinstbeträge beglichen (bspw. Einkäufe bei DM oder Netto). Hinsichtlich der privatärztlichen Behandlungen des verstorbenen Sohnes der Kläger könnten Rechnungen, Zahlungsnachweise etc. nicht erbracht werden. Den Klägern sei seinerzeit mitgeteilt worden, dass ihr Sohn keine Überlebenschancen hätte. Da sie dies nicht hätten wahr haben wollen, hätten sie selbst im Internet recherchiert und selbst den "wildesten Versprechungen" Glauben geschenkt. Dann seien Mittel für teilweise immense Summen erworben worden. Diese Käufe seien jedoch nicht quittiert worden, da die Verkäufer aus naheliegenden Gründen den Verkauf nicht hätten dokumentiert wissen wollen. Die Kläger könnten weder Namen noch Anschrift der Verkäufer mitteilen, da ihnen diese nicht bekannt seien. 47Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen G. und S. im Erörterungstermin vom 18.04.2019 sowie der Zeugen A. und L. im Verhandlungstermin vom 26.07.2019; wegen des Inhaltes der Zeugenaussagen sowie der weiteren Einlassungen der Kläger wird auf die jeweiligen Sitzungsprotokolle verwiesen. Die Zeugin G. hat im Verhandlungstermin vom 26.07.2019 unter Berufung auf ihr Eidesverweigerungsrecht die Beeidigung ihrer eigenen Zeugenaussage aus dem früheren Erörterungstermin vom 18.04.2019 verweigert und eine weitere Aussage unter Berufung auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht verweigert. 48Die Prozessbevollmächtigte der Kläger sieht die Darstellung der Kläger durch die in den Sonderbänden der Finanzermittlung der Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung Flughafen Frankfurt/Main dokumentierten Umsätze der Kläger bestätigt. Insbesondere seien private Darlehen getätigt und wieder getilgt worden sein. Die im Rahmen der Telefonüberwachung vermeintlich festgestellten Barzahlungen die Vereinsmitglieder seien häufig gar nicht geflossen. Die von den Konten der Kläger getätigten Swarovski-Einkäufe wären an die Eltern des Klägers im Iran versandt worden, damit diese die Waren dort gewinnbringend verkaufen würden. Auf diese Weise habe der Kläger zu 3) seinen Eltern etwas von dem Geld wiedergeben wollen, welches diese infolge der Krankheit seines Sohnes an ihn gezahlt hätten. So seien auch die Zahlungen von 2.960,00 EUR und 2.755,00 EUR zu erklären, welche vom Konto der Mutter des Klägers zu 3) durch Herrn Ashgar B. nach Deutschland gebracht und hier auf das Konto des Klägers eingezahlt worden seien. Die Zahlungen der Zeugin Maral G. seien damit zu erklären, dass die Kläger von ihrem Konto in der Vergangenheit die Zahlungen an den Vermieter der Zeugin erbracht hätten und auch andere Zahlungen des täglichen Lebensgetätigt hätten. Nachdem die Zeugin G.i dann mitbekommen habe, dass ihre Eltern wegen der Erkrankung des Sohnes in finanzielle Schwierigkeiten gekommen seien, habe sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten das Geld an die Kläger zurückerstattet. Im Übrigen verweist das Gericht auf das Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 11.10.2019. 49Der Beklagte sieht mit dem Schriftsatz vom 17.04.2020 hingegen durch die in den Sonderbänden der Finanzermittlung der Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung Flughafen Frankfurt/Main vorhandenen Unterlagen seine eigene Darstellung bestätigt. Hieraus gingen erhebliche Kontoumsätze hervor, welche nicht mehr nur mit Verschiebungen von einem Konto auf das andere, sondern nur unter der Annahme zusätzlicher Einnahmequellen erklärbar seien. U.a. sei nicht nachgewiesen, dass zahlreiche als Darlehen deklarierte Zahlungseingänge tatsächlich auf Darlehen zurückgeführt werden könnten. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, würde dies die Frage aufwerfen, aus welcher Quelle die dann von den Klägern zunächst als Darlehen zur Verfügung gestellten Beträge stammen würden. Den ermittelten Fixkosten der Kläger von 115.754,12 EUR stünde ein erkennbares Realeinkommen von 51.834,37 EUR gegenüber, was einen monatlichen Durchschnittsfehlbetrag von ca. 2.000,00 EUR begründen würde. Da die Kläger haben über 32 Monate diesen Fehlbetrag hätten weitestgehend ausgleichen können, sei davon auszugehen, dass sie sich durch den Verein eine Einnahmequelle von nicht unerheblicher Höhe geschaffen hätten. Im Übrigen verweist das Gericht auf das Schreiben der Beklagten vom 17.04.2020. 50Mit Schriftsätzen vom 30.01.2020 und vom 17.04.2020 haben die Beteiligten gegenüber dem Gericht ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG jeweils ausdrücklich erklärt. 51Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte, die Leistungsakte der Beklagten und die beigezogene Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft D. (Az. 125 Js xx/13 V) sowie des LG D. (Az. 31 KLs-125 Js xx/13-xx/14) und die im Termin vom 26.07.2019 übergegebenen Sonderbände der Finanzermittlung der Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung Flughafen Frankfurt/Main, Band I bis III, die Gegenstand der Entscheidung waren. 52Entscheidungsgründe: 53Die statthaften isolierten Anfechtungsklagen der Kläger zu 1) bis 3), die im Wege einer zulässigen Klagehäufung gemeinsam geltend gemacht werden (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, § 56 SGG), sind jeweils in Bezug auf die individuell ergangenen Aufhebungs- und Erstattungsentscheidungen vom 04.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2016 zulässig, aber unbegründet. 54I. Das Gericht kann vorliegend ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten haben zuvor mit Schriftsätzen vom 30.01.2020 und 17.04.2020 jeweils ausdrücklich ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erklärt. Das Einverständnis ist vor Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht widerrufen worden. 55II. Die auch im Übrigen zulässigen Klagen der Kläger sind als sog. isolierte Anfechtungsklagen nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG statthaft. Den jeweiligen Klagebegehren der einzelnen Kläger, die Beseitigung der Aufhebungsentscheidung sowie der daraus folgenden Rückzahlungspflicht bzgl. der individuell für den Zeitraum vom 1.09.2011 bis zum 31.10.2013 überzahlten Leistungen, kann bereits mit der entsprechenden Aufhebung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 04.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2016 durch das Gericht entsprochen werden. 56Dass die verschiedenen Kläger die Klage dabei gemeinsam gegen die einzelnen Bescheide erhoben haben, ist im Wege einer subjektiven (§ 74 SGG i.V.m. §§ 59 Zivilprozessordnung [ZPO]) und objektiven (Kumulativ-) Klagehäufung nach § 56 SGG zulässig (vgl. allgemein hierzu: Adams, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 56 SGG (Stand: 15.07.2017), Rn. 3, 12). 57III. Die isolierten Anfechtungsklagen der Kläger nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG sind jedoch unbegründet. Die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide des Beklagten vom 04.02.2015 sind jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2016 rechtmäßig. Dies gilt gleichermaßen in Bezug auf die Aufhebungsentscheidungen (1.) als auch für die Erstattungsentscheidungen (2.). 581. Die vollständige Aufhebung der Leistungsbewilligungen der Kläger für den Zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 ist rechtmäßig erfolgt. 59a) Ermächtigungsgrundlage der hier vorgenommenen Aufhebungen der Bewilligungsbescheide für den Zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 ist § 45 Abs. 1 S. 1 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III] i.V.m. § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II. 60Die Abgrenzung zwischen § 45 SGB X (anfängliche Rechtswidrigkeit) und § 48 SGB X (nachträgliche Rechtswidrigkeit) richtet grundsätzlich danach, ob die Rechtswidrigkeit bereits im Zeitpunkt der Bekanntgabe des aufzuhebenden Bescheides vorgelegen hat (vgl. allgemein zur Abgrenzung: Padé, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 45 SGB X, Rn. 50 ff. m.w.N. aus der Rechtsprechung). Bezugspunkt der Abgrenzungsentscheidung ist dabei einheitlich der Zeitpunkt der Bekanntgabe des letzten Änderungsbescheides für den fraglichen Zeitraum, da dieser den ursprünglichen Bewilligungsbescheid abändert und ersetzt (LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 26.08.2015 – L 4 AS 335/11, juris, Rn. 26; Padé, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 45 SGB X, Rn. 58; vgl. auch: BSG, Urt. v. 07.07.2005 – B 3 P 8/04 R, juris, Rn. 16). 61Ausgehend von der Annahme des Beklagten, dass die Kläger infolge fortgesetzter Straftaten der Kläger zu 1) und 3) im Zeitraum ab Januar 2011 gegen Entgelt laufend über weitere unbekannte und berücksichtigungsfähige Finanzmittel verfügt haben, ist nicht erkennbar, dass es sich um eine erst nachträglich eingetretene Rechtswidrigkeit der fraglichen Bewilligungsbescheide handeln würde. Vielmehr muss dann davon ausgegangen werden, dass diese Finanzmittel bereits zum Erlasszeitpunkt jedes einzelnen Bewilligungs- und Änderungsbescheides seit dem 16.09.2011 hätten leistungsmindernd bei den Klägern hätten berücksichtigt werden müssen, so dass diesbezüglich allenfalls eine anfängliche Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidungen i.S.d. § 45 SGB X in Betracht kommen kann, da diese keine weiteren Finanzmittel der Kläger berücksichtigten. 62b) Die Aufhebungen sind formell rechtmäßig erfolgt. Die notwendige Anhörung der Kläger nach § 24 Abs. 1 SGB X vor Erlass der Aufhebungsentscheidung erfolgte vorliegend durch Schreiben des Beklagten vom 13.01.2015. Bis zum Erlass der Aufhebungsentscheidung hatten die Kläger eine ausreichende Möglichkeit zur Stellungnahme, auch wenn sie diese tatsächlich nicht genutzt haben. 63Unabhängig davon konnten sich die Kläger auch im Rahmen des durchgeführten Widerspruchsverfahrens zu allen relevanten Umständen, die ihnen zuvor durch die Begründung der Aufhebungsentscheidung bekannt waren, ausreichend äußern, so dass ohnehin eine Heilung nach § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X eingetreten wäre (vgl. hierzu: BSG, Urt. v. 09.11.2010 - B 4 AS 37/09 R, juris, Rn. 17 m.w.N.; Schneider-Danwitz, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 41 SGB X, Rn. 31; Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 40, Rn. 14). 64c) Die Aufhebungsentscheidungen für den Zeitraum vom 16.09.2015 bis zum 31.10.2013 sind auch materiell-rechtmäßig. Die Aufhebungsvoraussetzungen nach § 45 Abs. 1 S. 1 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II sind vorliegend erfüllt. 65Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidriger, begünstigender Verwaltungsakt nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Der Verwaltungsakt darf dabei nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (§ 45 Abs. 2 S. 1 SGB X). Allerdings ist kein Vertrauensschutz gegeben, wenn der Begünstigte den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 SGB X) oder der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). Ferner kann sich der Begünstigte nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X nicht auf Vertrauen berufen, soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. 66aa) Die Aufhebungsentscheidungen sind inhaltlich hinreichend bestimmt i.S.d. § 33 Abs. 1 SGB X, wenn gegenüber den Klägern sämtliche Bewilligungsentscheidungen für den Zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 aufgehoben werden. 67Unabhängig davon, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgericht regelmäßig bereits die Bezeichnung des Bewilligungszeitraumes zur Herbeiführung der Bestimmtheit ausreichend ist (BSG, Urt. v. 04.06.2014 - B 14 AS 2/13 R, juris, Rn. 32; BSG, Urt. v. 10.09.2013 - B 4 AS 89/12 R, juris, Rn. 16; Pattar, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 33 SGB X (Stand: 01.12.2017), Rn. 45), hat der Beklagte auch die jeweiligen Bewilligungsbescheide mit Erlassdaten konkret benannt und damit eine eindeutige Bestimmbarkeit der begünstigen Bescheide herbeigeführt, die von der Aufhebungsentscheidung gegenüber allen Klägern und bezüglich aller für den Zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 bewilligten Leistungen erfasst werden sollen. 68Der Beklagte hat dabei auch die insofern notwendige Individualisierung der jeweils aufzuhebenden Leistungsanteile der Kläger, als einzelne Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, vorgenommen (BSG, Urt. v. 16.05.2012 - B 4 AS 154/11 R, juris, Rn. 16; BSG, Urt. v. 29.11.2012 - B 14 AS 6/12 R, juris, Rn. 28). 69bb) Die nach § 45 Abs. 1 SGB X erforderliche Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidungen zum jeweiligen Erlasszeitpunkt ist nach Überzeugung des Gerichtes gegeben, soweit den Klägern Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden sind. 70Eine Rechtswidrigkeit der Entscheidung liegt vor, soweit die jeweils bewilligten Leistungen dem Leistungsberechtigten nicht bzw. nicht in dieser Höhe zustanden. Ob die im Erlasszeitpunkt bei ex post Betrachtung der objektiven Rechtslage widersprechende Begünstigung dabei auf einer falschen Sachverhaltsannahme und / oder einer fehlerhaften Rechtsauslegung bzw. –anwendung beruht, ist unerheblich (Steinwedel, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Werkstand: 107. EL Dezember 2019, § 45 SGB X, Rn. 24; Schütze, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 45 SGB X, Rn. 28 ff. m.w.N.). 71Das Gericht sieht es im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 SGG als erwiesen an, dass den Klägern im Aufhebungszeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 weitere Geldmittel zur Verfügung standen, die zu Unrecht in den Bewilligungsentscheidungen des Beklagten nicht berücksichtigt worden waren. Zwar steht nicht abschließend fest, in welcher konkreten Höhe diese Geldmittel über welche Zeitspanne tatsächlich bei den Klägern vorhanden waren. Infolge einer Beweislastumkehr ist für den vorliegenden Einzelfall aber davon auszugehen, dass der Beklagte zu Recht von weiteren Finanzmitteln der Kläger in bedarfsdeckender Höhe ausgegangen ist, da die Kläger bewusst eine vollständige Aufklärung ihrer finanziellen Verhältnisse vereiteln wollten (1.). Nach Rechtsauffassung der Kammer steht es einer diesbezüglichen Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidungen auch nicht von vorneherein entgegen, dass die zusätzlichen Finanzmittel der Kläger – die hier ggf. zu Unrecht leistungsmindernd nicht berücksichtigt worden sind – wahrscheinlich (auch) aus der Begehung von Straftaten der Kläger herrühren. Auch Einkommen aus Straftaten ist sicherungsrelevantes Einkommen i.S.d. §§ 11 ff. SGB II (2.). 72(1.) Der Beklagte, der für die Rechtswidrigkeit der früheren Bewilligungsbescheide die materielle Beweislast trägt, hat zur Überzeugung der Kammer nachgewiesen, dass die Bewilligungsbescheide rechtswidrig waren, weil in Folge einer Beweislastumkehr davon auszugehen ist, dass eine Hilfebedürftigkeit der Kläger nicht in dem in den Bewilligungsentscheidungen vorausgesetzten Umfang bestanden hat und den Klägern daher geringe Leistungsansprüche zu bewilligen gewesen wären. 73(a) Für das Vorliegen einer Hilfebedürftigkeit in geringen Umfang, als in den früheren Bewilligungsbescheiden für den Zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 angenommen, und eine daraus resultierende Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung trägt grundsätzlich der Beklagte die materielle Beweislast, wenn er sich für seine Aufhebungsentscheidung auf diesen für ihn günstigen Umstand – mangelnde Hilfebedürftigkeit - berufen möchte, der anspruchshindernd wirkt (vgl. zur Beweislast bei Aufhebungsentscheidungen der Behörde: Padé in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 45 SGB X, Rn. 119 m.w.N.; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB, 08/16, § 9 SGB II, Rn. 584 f.). 74Denn nach allgemeinen Grundsätzen trägt derjenige, der sich auf ein Recht beruft, gleichermaßen die materiell-rechtliche Beweislast für das Vorliegen von positiven Tatsachen wie für das Fehlen negativer Tatbestandsmerkmale, die das von ihm geltend gemachte Recht begründen würden (vgl. allgemein: Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Auflage 2017, § 103 SGG, Rn. 19a m.w.N. aus der Rechtsprechung). Insofern trägt regelmäßig derjenige die Beweislast für die rechtsbegründenden Tatsachen, der ein Recht in Anspruch nimmt, während derjenige, der ein Recht leugnet, die Beweislast für die rechtshindernden, rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Tatsachen trägt (BSG, Urt. v. 26.11.1992 – 7 RAr 38/92, juris, Rn. 23 m.w.N.; Kühl, in: Breitkreuz/Fichte, § 103 SGG, Rn. 6). 75Auch wenn die Behörde im Rahmen einer Aufhebungsentscheidung grundsätzlich die Beweislast für den Nachweis der Aufhebungsvoraussetzungen trägt (vgl. insgesamt: Padé, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 45 SGB X, Rn. 118 ff. m.w.N. aus der Rechtsprechung), gehen verbleibende Zweifel jedoch zu Lasten des Bürgers, wenn der Bürger mit seinem Verhalten der Behörde, den Beweis des Vorhandenseins bedarfsdeckender Finanzmittel vereitelt hat. Denn abweichend von der objektiven Beweislastverteilung wird eine Beweislastumkehr für tatsächliche Umstände anerkannt, wenn der Gegner dem beweisbelasteten Beteiligten den Beweis vereitelt oder erschwert oder die Beweisführung unmöglich ist, weil die zu beweisenden Tatsachen sich im Bereich des Gegners abgespielt haben und dieser an der ihm möglichen Sachverhaltsaufklärung nicht, nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig mitgewirkt hat (vgl. zur Beweislastumkehr bspw.: BSG, Urt. v. 10.09.2013 – B 4 AS 89/12 R, juris, Rn. 32 m.w.N.; Hessisches LSG, Urt. v. 09.03.2016 – L 6 AS 93/14, juris, Rn. 37 m.w.N. – "Allgemein gilt, dass derjenige die objektive Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Dies betrifft das Vorhandensein der positiven und das Fehlen der negativen Tatbestandsvoraussetzungen. Für das Vorliegen von Ausnahmevorschriften trägt derjenige die Beweislast, der sich auf diese Norm beruft. Für belastende Aufhebungsentscheidungen trägt die Behörde die Beweislast [ ]. Eine Umkehr der Beweislast ist jedoch anzunehmen, wenn es um Tatsachen geht, die sich ausschließlich in der Sphäre eines Beteiligten befinden (sog. besondere Beweisnähe – [ ])."; Mushoff, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 103 SGG, Rn. 88). 76Hier könnten allein die Kläger die tatsächlichen Verhältnisse und die Herkunft sowie den Umfang weiterer Finanzmittel aufklären, da allein sie über die Möglichkeit verfügen die in ihrer Sphäre liegenden Umstände zu Verfügbarkeit und Zufluss weiterer Barmittel wahrheitsgemäß Auskunft zu geben. Dazu sind die Kläger, die zur Überzeugung des Gerichtes in diesem Zusammenhang bewusst die Unwahrheit schildern (dazu sogleich), nicht bereit, so dass dem Beklagten eine weitere Aufklärung des Vorhandenseins der weiteren Mittel nicht zweifelsfrei möglich ist. Für die Kläger besteht eine besondere Beweisnähe bereits aus dem Umstand, dass der Nachweis, in welcher Höhe die Kläger tatsächlich weitere Barzuwendungen erhalten haben, allein über die Aussagen der Kläger und der Zeugen erbracht werden könnte, welche die fraglichen Zuwendungen gegeben oder erhalten haben. Die Darstellung insbesondere des Klägers zu 1), dass es keinerlei Zuwendungen gegeben habe, ist nicht glaubhaft. Er lügt hinsichtlich der tatsächlichen Umstände, die zu seiner strafrechtlichen Verurteilung vom 21.08.2014 geführt haben und versucht weiterhin die weitere Aufklärung des Sachverhaltes in der Form zu vereiteln, dass mögliche Zeugen – die zu dieser Frage ggf. auch Aussagen tätigen könnten – entweder nicht benannt werden oder vermeintlich zu Gunsten der Klägerseite falsche Aussagen treffen. Die Kläger verhindern so die Aufklärung der Umstände, die vollumfänglich ihrer eigenen Sphäre zuzuordnen sind. 77Insofern ist in der Rechtsprechung geklärt, dass auch bei einer Aufhebungsentscheidung von einer fehlenden Hilfebedürftigkeit auszugegangen werden kann, wenn die frühere Einkommenssituation eines Leistungsberechtigten nicht mehr zweifelsfrei aufklärbar ist (BSG, Urt. v. 15.06.2016 – B 4 AS 41/15 R, juris, Rn. 30 ff.; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 07.03.2016 – L 1 AS 296/15, juris, Rn. 81 m.w.N.; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB, 08/16, § 9 SGB II, Rn. 584 f.). Das LSG Niedersachsen-Bremen führt in diesem Zusammenhang etwa aus: 78"Steht aufgrund der vorstehenden Erwägungen fest, dass die bei Antragstellung gemachten Angaben des Klägers in wesentlichen Teilen nicht der Wahrheit entsprachen, so dass der Bewilligungsbescheid [ ] auf unzutreffenden Annahmen beruhte, so ist die Bundesagentur für Arbeit allein aus diesem Grunde berechtigt gewesen, den genannten Bescheid mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Senat hat insoweit bereits entschieden, dass auch eine solche Sachlage zur Rechtswidrigkeit einer Leistungsbewilligung nach dem SGB II führt, in der sich die ihr zugrunde liegenden Angaben des Leistungsempfängers über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Nachhinein als von Anfang an oder ab einem späteren Zeitpunkt als unzutreffend erweisen, ohne dass dem zuständigen Träger anderweitige Feststellungen über die für die Bedürftigkeit maßgeblichen Tatsachen möglich sind, weil der Leistungsempfänger andere als die widerlegten Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht darlegt und nachweist. In jedem Fall hängt nämlich die Rechtmäßigkeit der Bewilligung unterhaltssichernder Leistungen materiell-rechtlich davon ab, dass nach der Berücksichtigung anrechenbaren Einkommens und Vermögens ein ungedeckter Bedarf verbleibt (§ 9 Abs. 1 SGB II), wofür in verfahrensrechtlicher Hinsicht den jeweiligen Anspruchsteller die materielle Beweislast trifft [ ]. Leistungen können deshalb nicht rechtmäßig gewährt werden, wenn der Nachweis der Bedürftigkeit nicht geführt und eine abschließende Aufklärung insoweit nicht möglich ist [ ]. Tritt eine solche Lage nachträglich in dem Sinne ein, dass die Bedürftigkeit eines Leistungsempfängers aufgrund der objektivierbaren Unrichtigkeit der gemachten Angaben rückschauend bereits für den Zeitpunkt der Bewilligung unerweislich bleibt, ist der zuständige Leistungsträger unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X berechtigt, die objektiv von Anfang an rechtswidrige Bewilligung zurückzunehmen [ ]." (LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 12.09.2013 – L 15/6 AS 1102/09, juris, Rn. 58; so auch: LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 12.04.2018 – L 7 AS 2073/15, juris, Rn. 38 ff.) 79(b) Der Nachweis der geringeren Hilfebedürftigkeit richtet sich vorliegend nach den Grundsätzen des Vollbeweises. Sofern das Gesetz keinen besonderen Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit oder Glaubhaftmachung anordnet, ist der sog. Vollbeweis einer Tatsache maßgeblich (BSG, Urt. v. 16.02.1971 – 1 RA 113/70, juris, Rn. 18; Breitkreuz, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 128, Rn. 5 m.w.N.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 128 SGG, Rn. 3a ff.). Ein besonderer Beweismaßstab ist vorliegend nicht angezeigt. 80Ein Vollbeweis ist vorliegend erbracht, wenn für das Gericht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass die Hilfebedürftigkeit der Kläger in einem geringeren Umfang vorliegt und den Klägern die mitfrüheren Bewilligungsbescheiden zuerkannten Leistungsansprüche für den Zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 nicht zustehen. 81Eine mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit ist dabei gegeben, wenn eine Tatsache in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Gewisse Zweifel sind unschädlich, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten. Beim Richter muss allerdings ein Maß an persönlicher Gewissheit erreicht sein, welches Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie andererseits völlig auszuschließen. Erscheinen mehrere Tatbestandsvarianten möglich, ist der Anspruch hingegen nur dann zuzuerkennen, wenn er nach jedem der Geschehensabläufe zusteht (sog Wahlfeststellung; vgl. allgemein zu den Maßstäben des Vollbeweises jeweils m.w.N. aus der Rechtsprechung: Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 128 SGG, Rn. 3b; Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 128, Rn. 5). 82Nach diesen Grundsätzen ist - unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze bzgl. der Beweislastverteilung (s.o.) - zur Überzeugung des Gerichtes nach § 128 Abs. 1 S. 1 SGG eine Rechtswidrigkeit der früheren Bewilligungsbescheide nachgewiesen, welche den Klägern die zuerkannten Leistungsansprüche ohne die Berücksichtigung weiterer Finanzmittel bewilligt haben. Verbleibende Restzweifel gehen hier im Rahmen der Beweislastumkehr im Ergebnis zu Lasten der Kläger. Die eigene Gegendarstellung der Klägerseite widerspricht nicht nur den äußeren Gesamtumständen, sondern gerät bereits in sich selbst derart widersprüchlich, dass teilweise von bewussten Lügen der Kläger und Zeugen ausgegangen werden muss. Diese Darstellung begründet keine ausreichenden Zweifel, um entsprechend der in sich stimmigen Annahmen des Beklagten von einem Nichtvorhandensein weiterer Finanzmittel auszugehen und insbesondere auch die rechtskräftigen Verurteilung des Klägers zu 3) nach § 84 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 AsylG i.V.m. § 25 Abs. 2, § 53 StGB entsprechend der Klägerdarstellung als bloßen Missverständnis einzuordnen. Der Darstellung des Beklagten zu weiteren Finanzmitteln in unbekannter Höhe sind die Kläger mit ihrer eigenen in sich widersprüchlichen Darstellung nicht glaubhaft entgegengetreten. 83(aa) Die Kammer geht hierbei davon aus, dass der Sachverhalt einschließlich des Vorhandenseins weiterer bedarfsdeckender Finanzmittel dabei nicht bereits aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers zu 3) durch das Urteil des LG D. vom 21.08.2014 zum Verfahren 31 KLs-125 Js xx/13-xx/14 für das Sozialgericht bindend feststellt worden ist. 84Eine allgemeine Bindungswirkung rechtskräftiger Urteile in späteren Folgeprozessen existiert nicht. Zwar kennt das Recht durchaus Fallgestaltungen, in denen den tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen (Straf-) Urteils im Rahmen des Folgeverfahren bei einer anderen Gerichtsbarkeit Bindungswirkung zukommen soll. Eine solche Bindungswirkung folgt jedoch nicht aus einem allgemeinem Grundsatz, sondern bedarf vielmehr gerade einer spezialgesetzlichen Begründung der Bindungswirkung (vgl. zu § 57 Abs. 1 S. 1 Bundesdiziplinargesetz [BDG]: BVerwG, Urt. v. 19.04.2018 – 2 C 59/16, juris, Rn. 12 m.w.N.; BVerwG, Beschl. v. 15.12.2017 – 2 B 59/17, juris, Rn. 17; vgl. zu § 55 Abs. 5 Soldatengesetz [SG] i.V.m. § 34 Abs. 1, § 84 Abs. 1 S. 1 Wehrdiziplinarordnung [WDO] analog: VG Würzburg, Beschl. v. 12.07.2019 – W 1 S 19.797, juris, Rn. 27). Ohne eine derartige Sondervorschrift, welche eine Bindungswirkung ausnahmsweise konstitutiv begründen kann, ist eine allgemeine Bindungswirkung an rechtskräftige Entscheidung eines anderen Gerichtes abzulehnen. Dem Gericht steht es frei die entsprechenden Tatsachen im Rahmen einer eigenen Beweiswürdigung – ggf. auch anders – zu werten, als dieselben Tatsachen im Rahmen eines früheren Strafverfahrens durch das Strafgericht gewertet worden sind. Anders zu beurteilen sind allenfalls Ausnahmefälle, in denen das Strafurteil Tatbestandsvoraussetzung eines Anspruchs ist. Dies wird teilweise wird für den Entzug der vertragsärztlichen Zulassung infolge desselben Verhaltens eines Arztes so vertreten, welches bereits Gegenstand eines Strafverfahrens gewesen ist (SG München, Urt. v. 24.10.2019 – S 38 KA 240/18, juris, Rn. 24; differenzierend hingegen zuvor noch nach neuem Tatsachenvortrag oder offensichtlicher Fehlerhaftigkeit: SG München, Beschl. v. 15.09.2017 – S 38 KA 1276/15, juris, Rn. 32; a.A. zugunsten einer bloßen Rückgriffmöglichkeit auf die strafrechtlichen Feststellungen wohl: BSG, Beschl. v. 27.06.2007 – B 6 KA 20/07 B, juris, Rn. 12). 85Es ist nach der Rechtsauffassung der Kammer daher dem Grunde nach möglich, dass auch das vorliegende Verfahren seitens der Kläger - entgegen der tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils des LG D. vom 21.08.2014, Az. 31 KLs-125 Js xx/13-xx/14 - mit der Begründung geführt wird, dass die Annahmen des Strafgerichtes in Wirklichkeit unzutreffend sind und eigentlich ein Sachverhalt zu Grunde liegt auf dessen Grundlage das Urteil nicht hätte ergehen dürfen. Wie überzeugend eine derartige Argumentation, die inhaltlich de facto auf eine Form des Rechtsbehelfsverfahrens gegen das Strafurteil vor dem Sozialgericht hinausläuft, ist allerdings eine andere Frage, die das Sozialgericht im Rahmen einer eigenen Beweiswürdigung nach § 128 SGG zu klären hat. 86Im Rahmen dieser eigenen Beweiswürdigung des Sozialgerichtes ist es mitnichten so, dass ein rechtskräftiges Strafurteil für ein inhaltlich nahegelagertes sozialgerichtliches Verfahren insgesamt unbeachtlich wäre und unberücksichtigt bleiben müsste. Denn auch wenn für das Sozialgericht keine unmittelbare Bindungswirkung in Bezug auf die Feststellungen des Strafurteils besteht und das Sozialgericht insofern inhaltlich auch gegenteilig entscheiden darf, ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass sich das Sozialgericht jedenfalls mit den darin getroffenen Feststellungen des Strafurteils auseinandersetzen und sie würdigen muss (vgl. zum Ganzen: Schleswig-Holsteinisches LSG, Urt. v. 14.07.2017 – L 3 AL 22/14, juris, Rn. 40; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19.10.2011 - L 11 KA 30/09, juris, Rn. 35; Roos, in: von Wulffen/Schütze SGB X, 8. Aufl. 2014, vor § 39 SGB X, Rn. 4f; in diesem Sinne auch: BSG, Urt. v. 30.07.1981 -10/8b RAr 4/80, juris, Rn. 16 f. [zu einem vorausgehenden arbeitsgerichtlichen Urteil]; BSG, Urt. v. 26.06.1987 - 5a RKn 2/86, juris, Rn. 18 [zu einem vorausgehenden unterhaltsrechtlichen Urteil]; vgl. allgemein auch: OLG Koblenz, Urt. v. 07.04.1994 – 5 U 89/91, juris, Rn. 27 m.w.N.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 59. Aufl. § 14 EGZPO, Rn. 1) 87Im Rahmen seiner Beweiswürdigung hat die Kammer daher sowohl die formlosen Anhörungen der Kläger, die Aussagen der vernommenen Zeugen (§ 106 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4, § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 373 ff. ZPO) auch die Feststellungen des Strafurteils nebst dem Inhalt der beigezogenen Ermittlungsakten berücksichtigt, deren Verwertung als beigezogene Akten den Grundsätzen des Urkundsbeweises nach § 106 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4, § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 415 ff. ZPO unterliegt (vgl. hierzu ausführlich: Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 11. Auflage 2013, F, Rn. 42 ff.). Dabei sind seitens der Kläger keine Beweisverwertungsverbote geltend gemacht noch – i.S. absoluter Beweisverwertungsverbote – auf andere Weise für das Gericht erkennbar. Dies betrifft insbesondere auch die in den Ermittlungsakten enthaltenen Ausführungen zu den Ergebnissen der Telekommunikationsüberwachung der Kläger, welche rechtmäßig nach § 100a StPO angeordnet und durchgeführt worden ist. Im Übrigen macht sich die Kammer die folgenden Ausführungen vollumfänglich zu Eigen: 88"Der Beklagte hat nach den Feststellungen des BGH in seinem Urteil vom 16.11.2006 in Zusammenwirken mit den Verantwortlichen der Fa. H (U, P und K) in der Zeit zwischen 1999 bis 2002 in zumindest 36 Fällen gewerbs- und bandenmäßige Betrügereien zum Nachteil der KZV und der Patienten, die einen Eigenanteil zu entrichten bzw. insgesamt privat abgerechnet hatten, begangen. Das strafgerichtliche Urteil hat für den Senat zwar keine Bindungswirkung, gleichwohl können aber nicht nur die Beweisprotokolle aus dem Ermittlungs- bzw. Strafverfahren sondern auch die in den strafgerichtlichen Urteilen getroffenen tatsächlichen Feststellungen in dem vorliegenden Rechtsstreit als Beweismittel verwertet werden (BGH, Urteil vom 26.01.1989 - X ZR 100/87 - m.w.N.; OLG Brandenburg, Urteil vom 30.04.2008 - 4 U 16/06 -). Angesichts der weitgehenden Identität des den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits und des Strafverfahrens bildenden Sachverhalts darf das rechtskräftige Strafurteil nicht unberücksichtigt bleiben. In der Regel wird den strafgerichtlichen Feststellungen zu folgen sein, sofern nicht gewichtige Gründe für deren Unrichtigkeit vorgebracht werden (OLG Koblenz, Urteil vom 07.04.1994 - 5 U 89/91 - m.w.N.)." (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19.10.2011 – L 11 KA 30/09, juris, Rn. 35) 89(bb) Die folgenden Erwägungen waren bei der eigenen Beweiswürdigung durch die Kammer für das Beweisergebnis maßgeblich, mit dem die Kammer inhaltlich im Ergebnis die tatsächlichen Feststellungen des LG D. (Urt. v. 21.08.2014, Az. 31 KLs-125 Js xx/13-xx/14) sowie den vorausgegangenen Einschätzungen der Ermittlungsbehörden bestätigt. Dabei ist im vorliegenden Verfahren im Wesentlichen in Bezug auf die Entlohnung und Vornahme von Tätigkeiten der Kläger im Zeitraum vom 16.09.2011 bis 31.10.2013 derselbe Sachverhalt streitig, auf den sich auch das Urteil des LG D. bezogen hatte. Vorliegend geht der hier vorliegende Streitgegenstand in Bezug auf ein Fehlen der Hilfebedürftigkeit der Kläger im Zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 jedoch über die 14 benannten konkreten Einzelfälle hinaus, auf die sich das Strafurteil im Ergebnis absprachegemäß beschränkt hatte und für die insgesamt 7.670,00 EUR an Entgelten unmittelbar an den Kläger zu 3) ausgezahlt worden sein sollen. 90Die Kammer geht davon aus, dass hier aufgrund der ermittelbaren Sachverhaltsumstände des Einzelfalles die realistische Möglichkeit nachgewiesen worden, dass der Kläger zu 3) im streitgegenständlichen Zeitraum wiederholt Einkommen in Form von Barmittel in unbekannter Höhe hatte, welche er insbesondere als Entlohnung für seine Tätigkeiten im Zusammenhang mit einer gewerbsmäßigen Verleitung zur missbräuchlichen Stellung von Asylanträgen erhalten hatte. Hierbei erscheint es denkbar, dass der Kläger zu 3) sowohl eine Vielzahl von Konten als auch die Strukturen des von ihm beherrschten "Vereins der zum Christentum konvertierten Moslems (CKM)" nutzte, um die Herkunft und Höhe der erhaltenen Gelder zu verschleiern, welche der Kläger zu 3) zur Aufbesserung seines Lebensstandards und des Lebensstandards seiner Familienangehörigen verbraucht hat. 91Es existieren zwar durchaus tatsächliche Anknüpfungspunkte für die Darstellung der Klägerseite, dass entgegen der tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils keine zusätzlichen Finanzmittel der Kläger zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes vorhanden gewesen wären. 92[Es folgen Ausführungen zu den spezifischen Umständen des Einzelfalls.] 93Gleichwohl überzeugt es nicht diesen Anknüpfungspunkten innerhalb der richterlichen Beweiswürdigung den Vorrang in der Form einzuräumen, dass für die rechtliche Würdigung von der tatsächlichen Darstellung der Klägerseite auszugehen wäre. Denn die von den Klägern vorgebrachte Tatsachenschilderung steht überwiegend im Widerspruch zu den sonstigen Gesamtumständen des Einzelfalles, soweit dieser anhand objektiver Erkenntnisquellen über den vorliegenden Sachverhalt für das Gericht nachprüfbar ist. Demgegenüber kann für die gegenteilige Darstellung der Klägerseite im Wesentlichen nur auf eine Überzeugungskraft der Kläger und der von ihnen ausgesucht benannten einzelnen Zeugen i.S.d. ihrer Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit abgestellt werden; insbesondere für den Wahrheitsgehalt der Darstellung, dass es keine wesentlichen Barzahlungen an den Kläger gegeben hätte, die dieser für andere als Vereinszwecke verwandt hätte. Eine entsprechende Überzeugungskraft der Ausführungen von Klägern und Zeugen ist dabei für die Kammer dabei nicht gegeben. Da diese Fragestellungen bzgl. der Einkommenssituation der Kläger im Zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 sich insgesamt auf objektive Umstände beziehen, für die eine besondere Beweisnähe der Klägerseite gegeben ist und der Beklagte – ohne die hier nicht gegebene – angemessene Mitwirkung der Kläger durch wahrheitsgemäße Schilderung dieser objektiven Umstände der Nachweis über die tatsächlich vorhandenen Finanzmittel vereitelt wird, geht die Nichtaufklärbarkeit der weiteren Umstände in diesem Zusammenhang infolge der bereits ausgeführten Beweislastumkehr zu Lasten der Klägerseite. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass sowohl die Kläger als auch - teilweise - die Zeugen in dem Bestreben bei dem Gericht ein vermeintlich günstigeres Bild der Kläger zu entwerfen bzgl. finanzieller Zuwendungen und Mitteleinsatz zugunsten der Klägerposition bewusst nicht die Wahrheit mitteilen und damit die Voraussetzungen für den Eintritt einer diesbezüglichen Beweislastumkehr gegeben sind. Gegen einen Wahrheitsgehalt der Schilderung der Kläger zu ihrer vorgetragenen Mittellosigkeit im Zeitraum von 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 sprechen insbesondere folgende Gesichtspunkte: 94[Es folgen Ausführungen zu den spezifischen Umständen des Einzelfalls.] 95Das Gericht schließt insofern im Ergebnis der tatsächlichen Einschätzung des LG D. und der Ermittlungsbehörden an, dass allein aus den Kontounterlagen bezüglich der Konten der Kläger im Zeitraum von Januar 2011 bis Oktober 2013 erhebliche Zahlungseingänge ersichtlich sind, deren Herkunft ungeklärt ist, da sie zumindest nicht auf den Bezug von Sozialleistungen (44.579,92 EUR) oder Gehalt (888,73 EUR) zurückgeführt werden können. Wenn das Strafgericht von ungeklärten Einnahmen der Kläger in Höhe von ca. 260.000,00 EUR ausgegangen ist, hält das Gericht diesen Wert im Ergebnis der Höhe nach für realistisch eingeschätzt. Hierbei geht die Kammer davon aus, dass allein aus den im Ermittlungsverfahren im Juli 2013 ausgewerteten Kontounterlagen der Kläger für den Zeitraum von Januar 2011 bis Juli 2013 insgesamt 206.455,83 EUR Einnahmen ungeklärter Herkunft ersichtlich sind. Dieser Wert ergibt sich bei 251.924,48 EUR Gesamteinnahmen der Konten abzüglich der nachvollziehbaren Anteile für Sozialleistungen und Gehalt. Dies bedeutet aber nicht, dass die Annahmen des Strafgerichts im Ergebnis mit 260.000,00 EUR unzutreffend hoch angesetzt worden wären. Zum einen sind bis zur Inhaftierung des Klägers im Oktober 2013 weitere drei Monate verstrichen, die einen ausreichenden Zeitraum für weitere Zahlungen bildeten. Zum anderen geht die Kammer aber auch von dem Vorhandensein weiterer Barmittel der Kläger aus, die gar nicht erst auf die ausgewerteten Konten eingezahlt worden sind und das verfügbare Barvermögen der Kläger noch weiter erhöht haben. So kann bereits das monatlich durchschnittlich vorhandene Einkommen der Kläger einschließlich weiterer Barmitteln berechtigterweise oberhalb von 6.659,87 EUR angesetzt werden, welche sich nur aus einer Umlage allein der 206.455,83 EUR ungeklärter Einnahmen ergeben, die allein aus den aus den vorliegenden Kontenunterlagen der Kläger hervorgehen, wenn diese auf die 31 Einzelmonate des Beobachtungszeitraumes bis Juli 2013 aufgeteilt werden. Dass es solche weitere tatsächliche Finanzmittel mit Zugriffsmöglichkeit der Kläger gegeben haben muss, ist für die Kammer ausreichend nachgewiesen. Wenn aus den Kontounterlagen neben den Barauszahlungen der Kläger auch die nachvollziehbar erfolgten Zahlungen für Miete, Einkäufe, Strom, Telefon und weitere laufende Kosten herausgerechnet werden, ergeben diese Fixkosten bis einschließlich Juli 2013 insgesamt in ihrer Summe 115.754,12 EUR, was monatlich ca. 3.600,00 EUR entspricht. Dem standen zuletzt als allein bekannte Einnahmen 1.619,82 EUR Arbeitslosengeld II gegenüber, welche die Kläger von dem Beklagten als einziges aus den Kontounterlagen ersichtliches Einkommen erhielten. Umgerechnet bedeutet dies, dass die Kläger ohne weitere Barmittel jeden Monat ca. 2000,00 EUR Verlust aufgebaut haben müssten. Eine entsprechende Verschuldung der Kläger in dieser Größenordnung ist noch nicht einmal nach dem eigenen Vortrag der Klägerseite erkennbar, welche auch bei einer noch so großzügigen Inanspruchnahme der verschiedenen Dispositionskredite der verschiedenen Konten über die lange Zeitspanne von September 2011 bis Oktober 2013 nicht hätte abgewandt werden können. 96Vor diesem Hintergrund erscheint für die Kammer die Annahme gerechtfertigt, dass die Kläger hinsichtlich der vollständigen Aufklärung der Tatsachen, die innerhalb ihres eigenen Einflussbereiches liegen (Vorhandensein weiterer Barmittel und Herkunft der aus den Kontoauszügen ersichtlichen Finanzmittel) bewusst nicht mitwirken, sondern glauben Beklagten und Gericht zu ihren Gunsten über diese Umstände durch wahrheitswidrige Darstellungen täuschen zu können. Die hierdurch eintretende Beweislastumkehr wirkt insofern zu Lasten der insofern beweisbelasteten Kläger, dass von dem Vorhandensein bedarfsdeckender Finanzmittel auszugehen ist. Das Gericht verkennt nicht, dass die hier vorgenommene vollständige Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen des Beklagten für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 voraussetzt, dass die Kläger laufend über bedarfsdeckendes Einkommen verfügten. Infolge der Beweislastumkehr gehen verbleibende Zweifel hinsichtlich der tatsächlichen Höhe der weiteren Finanzmittel der Kläger jedoch ebenso zu Lasten der Kläger wie die Fragen in welchen Einzelmonaten die Geldzahlungen jeweils konkret erfolgt sind und wie lange diese den Kläger tatsächlich zum Verbrauch noch zur Verfügung standen. Wenn die Behörde – wie hier - fortlaufend von dem Begünstigten über Existenz und Höhe bedarfsmindernd zu berücksichtigender Gelder getäuscht wird, kann der Begünstigte insofern auch einer späteren Aufhebungsentscheidung nicht erfolgreich mit dem Einwand entgegen treten, dass die Behörde die monatsgenauen Zuflüsse dieser Gelder nicht zutreffend ermittelt habe. Denn die alleinige Verantwortung dafür, dass die Behörde keine monatsgenaue Ermittlung der Gelder vornehmen konnte, trägt dann der täuschende Begünstigte dieses Risiko im Rahmen der Beweislastumkehr soweit, wie er der Behörde eine abschließende Sachverhaltsermittlung vereitelt. Gerade wenn Gelder aus Straftaten mit anderen Geldern – wie hier hinsichtlich der Vereinsgelder und Darlehen / Schenkungen etc. – auch deshalb vermischt worden sind, um die Herkunft und den Umfang der aus Straftaten erworbenen Gelder zu verschleiern, ist regelmäßig eine Annahme vom Vorhandensein entsprechender Geldmittel in bedarfsdeckender Höhe gerechtfertigt und eine Hilfebedürftigkeit zu verneinen (wie hier auch: LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 30.08.2017 – L 31 AS 1462/17 B ER, juris, Rn. 8, 27, 34). 97(2.) Die Kammer ist der Rechtsauffassung, dass die zusätzlichen Finanzmittel der Kläger auch dann als Einkommen nach §§ 11 ff. SGB II bedarfsmindernd zu berücksichtigen sind, falls diese Mittel durch die Begehung von Straftaten erworben worden sein sollten. Im Hinblick auf die rein grundsicherungsrechtliche Bedeutung des Einkommensbegriffes im SGB II ist es grundsätzlich unerheblich, ob ein Einkommen durch den Leistungsberechtigten auf legale oder illegale Weise erworben worden ist, solange es dem Leistungsberechtigten im fraglichen Zeitraum tatsächlich zu seiner Bedarfsdeckung wirtschaftlich zur Verfügung gestanden hat. 98Inwiefern Geldzuflüsse im Zusammenhang mit Straftaten innerhalb des SGB II als Einkommen nach §§ 11 ff. SGB II anzusehen sind, wird in Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich beurteilt (für das Vorliegen von berücksichtigungsfähigen Einkommen etwa: LSG Hamburg, Urt. v. 04.06.2019 – L 4 AS 203/16, juris, Rn. 54 ff.; Sächsisches LSG, Urt. v. 08.11.2018 – L 7 AS 1086/14, juris, Rn. 41; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 30.08.2017 – L 31 AS 1462/17 B ER, juris, Rn. 30 ff.; Hessisches LSG, Beschl. v. 07.12.2005 – L 7 AS 81/05 ER, juris, Rn. 19, 45; Lange, jurisPR-SozR 2/2019 Anm. 1; Löns, in: Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl. 2011, § 11 SGB II, Rn. 13; Schmidt, in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 11 SGB II, Rn. 18, 23; in diesem Sinne für das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch [SGB XII] ausdrücklich auch: Schmidt, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 82 SGB XII (Stand: 01.02.2020), Rn. 30 m.w.N.; so bereits zum Einkommensbegriff des früheren BSHG: VG Frankfurt, Beschl. v. 20.08.2003 – 3 G 3283/03, juris, Rn. 6; a.A.: LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 09.01.2017 – L 23 SO 327/16 B ER, juris, Rn. 46 ff.; SG Berlin, Beschl. v. 21.10.2016 – S 146 SO 1487/16 ER, Rn. 35; SG Aachen, Urt. v. 24.11.2015 – S 14 AS 128/15, juris, Rn. 42; Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 11 (Stand: 01.03.2020), Rn. 54; kritisch auch: Schaer, jurisPR-SozR 17/2019 Anm. 4; Klerks, info also 2019, 222, 225 f.; offengelassen: LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 21.12.2016 – L 15 SO 301/16 B ER, juris, Rn. 39 ff.; differenzierend: Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB, 12/19, § 11 SGB II, Rn. 230 f., 568). 99Das SGB II und / oder das SGB XII enthalten keine vollständige eigene Definition des jeweils maßgeblichen Einkommensbegriffs. Als Einkommen i.S.d. § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II werden allgemein alle Einnahmen in Geld - oder Geldeswert (§ 11 Abs. 1 S. 1 SGB II a.F.) - ohne Rücksicht auf ihre Herkunft und Rechtsgrundlage angesehen, die dem Leistungsberechtigten nach Antragstellung in Form sog. bereiter Mittel als wertmäßiger Zuwachs zufließen. Allgemein wird dabei davon ausgegangen, dass es dabei ohne Bedeutung ist, ob die Einnahmen zur Deckung des Lebensunterhaltes bestimmt sind, ob sie steuerpflichtig sind oder ob sie einmalig oder wiederholt anfallen (vgl. jeweils m.w.N. aus der Rechtsprechung: Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 11 (Stand: 01.03.2020), Rn. 44; Schmidt, in: Eicher/Luik, SGB II 4. Auflage 2017, § 11 SGB II, Rn. 18; Striebinger, in: Gagel, SGB II / SGB III Werkstand: 76. EL März 2020, § 11 SGB II, Rn. 27, 32 ff.; Löns, in: Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl. 2011, § 11 SGB II, Rn. 5, 13). Allgemein will das Bundessozialgericht im Hinblick auf die Qualifizierung von Zuwendungen Dritter als Einkommen nach §§ 11 ff. SGB II zwischen berücksichtigungsfähigen Geldzahlungen, die einem SGB II-Leistungsberechtigten zum endgültigen Verbleib zugewendet werden, nichtberücksichtigungsfähigen Darlehen, das mit einer Rückzahlungsverpflichtung im Sinne des BGB gegenüber dem Darlehensgeber belastetet ist und nicht berücksichtigungsfähiger Nothilfe i.S.e. Zuwendung Dritter unterscheiden, welche eine rechtswidrig vom Grundsicherungsträger abgelehnte Leistung eben wegen der Ablehnung bis zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes substituieren sollen (BSG, Urt. v. 20.11.2011 – B 4 AS 46/11 R, juris, Rn. 16). 100Dass es dabei für die Zuordnungsmöglichkeit einer Einnahme zum Einkommen nach §§ 11 ff. SGB II darauf ankommen sollte, dass diese ihrerseits redlich und gesetzeskonform erwirtschaftet worden wäre, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Die Merkmale eines Wertzuwachses im Sinne bereiter Mittel muss daher auch für Geldflüsse bejaht werden, die aus illegalen Tätigkeiten eines Bürgers hervorgehen. Denn es ist diesem Bürger nicht nur theoretisch möglich diese illegal erworbenen Mittel zur finanziellen Deckung seines Lebensunterhaltes einzusetzen. Vielfach ist – unabhängig davon, ob das Ziel tatsächlich erreicht wird – sogar gerade das Bestreben einen besonders kostenintensiven und aufwendigen Lebensstandard aus den illegalen Tätigkeiten finanzieren zu können, das eigentliche Motiv hinter der Begehung von solcher Straftaten, die mit einer Aufbesserung der eigenen Finanzsituation einhergehen (bspw. unzulässiger Handel mit Betäubungsmitteln, Eigentums- und Vermögensdelikte und andere gerade gewerbsmäßig begangene Straftaten). Die entsprechenden Gelder sind insofern auch dann zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhaltes durch den Inhaber einsetzbar, wenn diese illegal erwirtschaftet worden sind. 101Für diese Gelder bedarf daher nicht die Annahme von Einkommen nach §§ 11 ff. SGB II weiterer Begründung. Stattdessen ist umgekehrt die Vorstellung weiter begründungsbedürftig, warum abweichend von den Grundsätzen zur Unerheblichkeit von Herkunft und Rechtsgrundlage der bereiten Mittel ausnahmsweise kein Einkommen vorliegen soll. Die bestehende Möglichkeit zur faktischen Bedarfsdeckung scheint dabei auch von denjenigen nicht bestritten zu werden, die das Vorliegen von Einkommen nach §§ 11 ff. SGB II für Gelder ablehnen, welche aus Straftaten erworben worden sind. Die daran anschließend für eine Ausnahmebehandlung illegal erworbener Gelder vorgebrachten Argumente überzeugen die Kammer nicht. Sie rechtfertigen nicht die Rechtsauslegung, dass illegal erworbene Gelder kein Einkommen i.S.d. §§ 11 ff. SGB II wären. Dies gilt gleichermaßen für Argumente, die sich auf eine vermeintliche Unbilligkeit der Berücksichtigung dieser Gelder beziehen (a), als auch für ein Aufgreifen der Argumentation aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 06.04.2000, Az. B 11 AL 31/99 R, wonach illegal erworbene Gelder wegen bestehender Rückzahlungspflichten nicht anrechenbar sein sollen (b). 102(a) Die Argumentation der Gegenansicht zielt teilweise darauf ab, diese strafrechtlich begründeten Wertzuwächse normativ wieder aus dem Anwendungsbereich der §§ 11 ff. SGB II herauszunehmen. 103Dies wird etwa dahingehend begründet, dass es im Hinblick auf eine Einheit der Rechtsordnung nicht sein könne, wenn dem Bürger die Begehung von Straftaten grundsicherungsrechtlich in unzulässiger Weise abverlangt werde (SG Aachen, Urt. v. 24.11.2015 – S 14 AS 128/15, juris, Rn. 42 – "Nach dem rechtsstaatlichen Prinzip der Einheit der Rechtsordnung [ ] kann zudem grundsicherungsrechtlich kein strafbares Verhalten verlangt werden."; in diesem Sinne für das SGB XII auch: SG Berlin, Beschl. v. 21.10.2016 – S 146 SO 1487/16 ER, juris, Rn. 35 f. – "Dass aus Straftaten erzielte Einnahmen nicht als Einkommen im Sinne von § 82 SGB XII anzusehen sind, ergibt sich auch aus der Funktion dieser Vorschrift. Diese gestaltet den in § 2 SGB XII niedergelegten Nachranggrundsatz näher aus. Danach erhält Sozialhilfe nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Die Möglichkeiten der Selbsthilfe, auf die der Leistungsempfänger zur Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit verwiesen werden kann sind dabei begrenzt. Das gibt ergibt sich schon unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung. Der Hilfeempfänger darf nicht auf Einnahmequellen verwiesen werden, die von der Rechtsordnung missbilligt werden. So darf es bedarf es keiner weiteren Begründung, dass der Hilfesuchende vom Leistungsträger nicht auf die Begehung von Straftaten verwiesen werden kann. Wenn dem aber so ist, ist es inkonsequent, Gewinne aus Straftaten als Einkommen im Sinne von § 82 SGB XII auf den sozialhilferechtlichen Bedarf anzurechnen. Anders ausgedrückt sind als Einkommen nur diejenigen Einnahmen anzusehen, die normativ dazu bestimmt ist, den Sozialhilfeträger zu entlasten. Dieser Überlegung steht nicht entgegen, dass Einnahmen aus Schwarzarbeit sehr wohl als Einkommen anzusehen ist. Das beruht darauf, dass Arbeit als solche nicht verboten nur das ist, sondern nur das Nichtabführen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen."). Daneben wird vereinzelt ausgeführt, dass es unbillig sei, wenn der "Staat schließlich Nutznießer einer Straftat" werde (etwa: Schaer, jurisPR-SozR 17/2019 Anm. 4). 104Gerade wertungsmäßigen Argumentationsversuche anhand von Billigkeitserwägungen rechtfertigen aber nicht einmal im Ansatz die Annahme, das illegal erwirtschaftete Einnahmen des Bürgers aus dem Anwendungsbereich des Einkommens nach §§ 11 ff. SGB XII auszunehmen wäre, welches bedarfsmindernd zu berücksichtigen ist: 105- Die Annahme, dass dem Bürger ansonsten in grundsicherungsrechtlich unzulässiger Weise eine Begehung von Straftaten abverlangt werde, setzt auf der falschen Ebene an. In den Fällen, in denen sich die Anrechnungsfrage stellt, beging bzw. begeht der Bürger die Straftaten sowieso, als dessen Folgeproblematik sich ja erst die Frage stellt, wie mit diesen tatsächlich gegebenen Einkünften des Bürgers aus Straftaten dann rechtlich zu verfahren ist. Dem Bürger wird damit grundsicherungsrechtlich keineswegs eine weitere Begehung dieser Straftaten abverlangt. Vielmehr ist es umgekehrt so, dass wenn der Bürger die Straftaten unterlassen würde - wie es einheitliche Rechtsordnung von ihm fordert - allenfalls ein noch höherer Anspruch auf staatliche Unterstützungsleistungen entstünde. Denn dann wäre mangels tatsächlicher Einnahmen aus illegaler Beschäftigung auch keine Herabsetzung der existenzsichernden Leistungen, um die fiktiven Einnahmen aus einer nichterfolgten Straftat des Bürgers, denkbar. Allenfalls erscheint es andersherum einen fehlerhaften grundsicherungsrechtlichen Anreiz für die weitere Begehung von Straftaten zu setzen, wenn neben ungekürzten Grundsicherungsleistungen auch noch nicht nachteilhaft zu berücksichtigendes Einkommen aus Straftaten in beliebiger Höhe erwirtschaftet werden kann, während dieselben Geldzahlungen aus einer legalen Beschäftigung sehr wohl zu einer Minderung der Leistungshöhe führen würden. 106- Überhaupt ist die Vorstellung der Gegenansicht, dass der Gesetzgeber, der mit strafrechtlichen Sanktionen bestimmte Verhaltensweisen unterbinden möchte, vollständig davon Abstand genommen hätte, aus einer tatsächliche Erzielung von Einkünften aus Straftaten auch für den Staat vorteilhafte Folgen abzuleiten (insbesondere die Verringerung der ansonsten vollumfänglich zu erbringenden Leistungen zur Existenzsicherung), im Gesetz überhaupt nicht nachweisbar (ablehnend zu einer solchen Vorstellung auch: Lange, jurisPR-SozR 2/2019 Anm. 1). Im Gegenteil bestimmt § 40 Abgabenordnung [AO] sogar ausdrücklich, dass es für die Besteuerung unerheblich ist, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Wenn der Staat zum Ausdruck bringt, dass im Rahmen der AO auch illegal erworbene Finanzmittel wertneutral genauso zu versteuern sind wie legal erworbene Finanzmittel, liegt es näher davon auszugehen, dass auch im Rahmen der Grundsicherung illegal erworbene Finanzmittel wertneutral genauso zur Bedarfsdeckung heranzuziehen sind wie legal erworbene Finanzmittel (so auch: Schmidt, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 82 SGB XII (Stand: 01.02.2020), Rn. 30 – "Es gibt keinen für die gesamte Rechtsordnung gültigen Grundsatz, wonach nicht an den Erwerb rechtswidriger Einnahmen angeknüpft und deren Verwertung verlangt werden kann (vgl. nur § 40 AO)."). Dem Grundsicherungsrecht, das vorrangig auf die Frage abstellt wann der notwendige Lebensunterhalt gerade durch staatliche Leistungen sicherzustellen ist, ist eine Unterscheidung fremd, in der Einkommen und Nichteinkommen anhand moralischer / ethischer Umstände abgegrenzt werden, unter denen diese tatsächlich vorhandenen Wertzuwächse erworben worden sind. In diesen Zusammenhängen kann sich allenfalls für einzelne Einkommensformen eine Nichtanrechnung aufgrund spezieller Sondervorschriften ergeben (bspw. § 11a SGB II, §§ 82 ff. SGB XII). Auch diesen Sondervorschriften ist dabei nicht zu entnehmen, dass eine grundsicherungsrechtliche Anrechenbarkeit auf legal erworbene Gelder beschränkt worden wäre. 107- Sofern die Gegenansicht glaubt, dass eine Berücksichtigung der illegal erworbenen Geldmittel unzulässig sei, weil der Staat sich damit die ihn grundsicherungsrechtlich entlastenden Vorteile einer Straftat zu Nutze mache, überzeugt diese Annahme nicht. Der Staat, der grundsicherungsrechtlich zu Lasten des Straftäters die wirtschaftlichen Vorteile seiner Straftat berücksichtigt, wird ebenso wenig "Nutznießer dieser Straftat" wie der Staat Zuhälter einer Prostituierten wird, wenn er die erwirtschafteten Einkünfte ihrer Tätigkeiten bedarfsmindernd anrechnet (allg. Ansicht; vgl. etwa: Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB, 12/19, § 11 SGB II, Rn. 557 m.w.N. aus der Rechtsprechung). 108Entgegen der Gegenansicht begründet gerade eine Ausnahme für illegal erwirtschaftete Gelder zum Einkommensbegriff des SGB II einem normativ nicht hinnehmbaren Widerspruch. Denn dann würden legal erwirtschafteten Einnahmen unstreitig zu einer Minderung der beanspruchbaren Leistungen für den Leistungsberechtigten nach §§ 11 ff. SGB II führen, während dieselbe Summe dem Leistungsberechtigten in voller Höhe zusätzlich zur ungekürzten Grundsicherungsleistungen zur Verfügung stünde, falls die Einnahmen unter dem Verstoß gegen Strafgesetze erwirtschaftet worden wäre. Vereinfacht gesagt stünde der Leistungsberechtigte in Bezug auf das SGB II besser, der den Vorwurf der Behörde ausräumen kann, dass es sich bei einer streitigen Einnahme um legal erworbene Einkünfte handelt. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des SGB II eine sicherungsrechtliche Besserstellung gerade illegal erlangter Einnahmen in Bezug auf das SGB II beabsichtigt hätte, indem dem Straftäter seine illegal erzielten Einkünfte grundsicherungsrechtlich möglichst weitgehend erhalten bleiben sollten. Das Gericht verweist hierzu auf folgende Ausführungen: 109"Es wäre nicht hinnehmbar, wenn ein Antragsteller mit der pauschalen Behauptung, die bei ihm aktuell vorliegenden Vermögenswerte stammten aus Straftaten und seien daher nicht zu berücksichtigen, Leistungen auslösen könnte. Dies gilt umso mehr, als bereiten Geldmitteln in bar oder auf Konten nicht anzusehen ist, woher sie stammen. Die Nichtberücksichtigung kommt frühestens dann in Betracht, wenn der Antragsteller belastbar belegt, dass er die betreffenden Vermögenswerte tatsächlich herausgeben muss, weil sie z.B. dem Verfall nach § 73 StGB unterliegen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist von bereiten Mitteln, die der Verfügungsgewalt des Antragstellers unterliegen, auszugehen. Sie sind bei der Bedarfsprüfung zu berücksichtigen. [ ] Soweit das Bundessozialgericht in der oben angegebenen Entscheidung mit der Einheit der Rechtsordnung argumentiert und insoweit ausgeführt hat, dass aus Straftaten erlangte Mittel bei der Feststellung der Bedürftigkeit nicht berücksichtigt werden können, kann dieser Auffassung für den vorliegenden Fall noch bereiter Mittel nicht gefolgt werden. Denn danach geböte es die Einheit der Rechtsordnung zusätzlich zu Einnahmen, die durch kriminelle Handlungen erlangt wurden, auch noch SGB II-Leistungen zu bewilligen, obwohl ausreichende Mittel zur Existenzsicherung vorlägen und ihre Einziehung noch nicht erfolgt wäre. (LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 30.08.2017 – L 31 AS 1462/17 B ER, juris, Rn. 32 f.) 110Dieser normative Wertungswiderspruch kann aus Sicht der Kammer auch nicht mit dem bloßen Hinweis überwunden werden, dass der Widerspruch – von der Frage nach einer Anrechenbarkeit als Einkommen losgelöst – befriedigend über die Möglichkeit einer Kostenerstattung nach §§ 34 f. SGB II bzw. §§ 103 f. SGB XII zu lösen wäre (so aber ohne weitere Ausführungen zu § 104 SGB XII: LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 09.01.2017 – L 23 SO 327/16 B ER, juris, Rn. 48). Denn es ist nicht erkennbar, wie in diesen Fällen eine Kostenerstattung nach § 34 SGB II überhaupt begründet werden sollte. Wenn es sich – wie die Gegenansicht geltend macht - bei den illegal erwirtschafteten Geldzuwächsen tatsächlich um Einnahmen handeln sollte, die leistungsmindernd nicht zu berücksichtigen sind, sind die gewährten Grundsicherungsleistungen in vollem Umfang rechtmäßig gewährt worden. Eine irgendwie geartete Kausalität zwischen dem strafbaren Verhalten und vollumfänglichen Leistungsbezug des Leistungsberechtigten wäre dann nicht erkennbar. Auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten (insbesondere Unterlassen der Straftaten) wären dann nicht mehr oder weniger Grundsicherungsleistungen zugunsten des Straftäters zu erbringen gewesen. Insofern ist nicht erkennbar, wie ein dauerhaftes Nebeneinander der staatlichen Transferleistungen in voller Höhe neben dem Weiterbestehen auch der wirtschaftlichen Vorteile einer Straftat für den Straftäter mittels § 34 f. SGB II korrigiert werden könnte. 111(b) Neben Bedenken in Bezug auf (Un-) Billigkeit der Berücksichtigung berufen sich die Vertreter der Gegenansicht mehrheitlich auf die Argumentation in einer Entscheidung des Bundessozialgerichts zum früheren Recht der Arbeitslosenhilfe (BSG, Urt. v. 06.04.2000 – B 11 AL 31/99 R; hierauf abstellend etwa: LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 09.01.2017 – L 23 SO 327/16 B ER, juris, Rn. 47; SG Aachen, Urt. v. 24.11.2015 – S 14 AS 128/15, juris, Rn. 42; Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 11, Rn. 45; Schaer, jurisPR-SozR 17/2019 Anm. 4). 112Bei der entsprechenden Entscheidung des Bundessozialgerichts ging es um die Rechtmäßigkeit der Aufhebung eines Bescheides im Jahre 1992 für einen Zeitraum von 1985 bis 1987 wegen eines durch eine Straftat illegal erlangten Kraftfahrzeuges, obwohl dieses Kraftfahrzeug bereits am 02.02.1989 aus der Verfügungsgewalt des Betroffenen wieder ausgeschieden war. Das Bundessozialgericht hatte über die rein fiktive Anrechnung eines zum Zeitpunkt der Aufhebung des Bescheides gar nicht mehr vorhandenen Vermögenswertes zu entscheiden und entschied, dass das Kraftfahrzeug nicht als leistungsminderndes Einkommen und / oder Vermögen zu berücksichtigen sei, weil dieses infolge entsprechender Herausgabe und Rückzahlungsansprüchen des Geschädigten nach § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB], § 266 StGB bzw. § 826 i.V.m. §§ 249 ff. BGB, von vorneherein dem Straftäter nicht als bereite Mittel zugeflossen sei bzw. einem beachtlichen Verfügungsverbot unterliege. Nach insofern maßgeblicher wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei daher hier ebenso wenig von Einkommen auszugehen wie bei Darlehensleistungen, die mit entsprechenden Rückzahlungspflichten einhergingen (a.a.O., juris, Rn. 21 ff.). 113Dieser Argumentation des Bundessozialgerichts in seiner Entscheidung zum früheren Recht der Arbeitslosenhilfe kann aus Sicht der Kammer allerdings kein allgemeiner Grundsatz in der Gestalt entnommen werden, dass Gelder, die mit illegalen Tätigkeiten des Bürgers erworben worden sind, im Recht der Grundsicherung für Arbeitssuchende kein Einkommen i.S.d. §§ 11 ff. SGB II darstellen würden, weil durch eine Straftat erlangtes Vermögen oder Einkommen bei der Bedürftigkeitsprüfung niemals berücksichtigt werden darf (in diesem Sinne auch: LSG Hamburg, Urt. v. 04.06.2019 – L 4 AS 203/16, juris, Rn. 54 ff.; Sächsisches LSG, Urt. v. 08.11.2018 – L 7 AS 1086/14, juris, Rn. 37 ff.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 30.08.2017 – L 31 AS 1462/17 B ER, juris, Rn. 30 ff.). Zum einen sagt diese Entscheidung nichts darüber, inwieweit bereite Mittel die möglicherweise oder tatsächlich aus einer Straftat erlangt sind bei der Bedürftigkeitsprüfung (nicht) zu berücksichtigen sind, wenn sich diese zum Zeitpunkt der Bescheidaufhebung noch weiterhin - ggf. auch in anderer Form (bspw. Schuldenbefreiung) - dauerhaft im Vermögen des Betreffenden befinden. In dem vom Bundessozialgericht seinerzeit entschiedenen Fall war das fragliche Kraftfahrzeug bereits am 02.02.1989 wieder vollständig aus der Wirtschaftssphäre des Betroffenen ausgeschieden, ohne dass diesem ein entsprechendes Surrogat verblieben war. Allerdings wollte das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung auch die Zinserträge, welche vom Straftäter ggf. aus dem Vermögensgegenstand gezogen und zur Lebensführung verbraucht worden sind, nicht als Einkommen im Rahmen der Arbeitslosenhilfe einordnen, da diese Zinseinnahmen dem Geschädigten zustehen würden, daher von vorneherein mit dessen Anspruch auf Rückzahlung belastet gewesen seien und dem Straftäter nicht zufließen würden (a.a.O., juris, Rn. 23 f.). Unbeantwortet bleibt die Frage, ob dies auch für den Fall geltend soll, dass die mögliche Durchsetzung etwaiger Rückforderungsansprüche durch den Geschädigten nicht - mehr - gegeben ist (bspw. infolge einer zwischenzeitlichen Verjährung, einem mangelnden Durchsetzungsinteresses des Geschädigten oder des mangelnden Nachweises anspruchsbegründender Tatsachen innerhalb des Zivilprozesses). Zum anderen wird bereits in der derselben Entscheidung durch das Bundessozialgericht selbst ausgeführt, dass das Ergebnis aus einer wirtschaftlichen Betrachtung erwachse, die hier maßgeblich sei (BSG, Urt. v. 06.04.2000 – B 11 AL 31/99 R, juris, Rn. 24), und etwas anderes gelten könnte, wenn den erzielten Einnahmen aus Straftaten gegenüberstehende Rückzahlungsverpflichtung entweder überhaupt nicht existieren oder aber zumindest nicht konkret erkennbar sind (a.a.O., juris, Rn. 25). 114Die Rechtsprechung hat in späteren Entscheidungen zum Grundsicherungsrecht des SGB II ihre Anforderungen hinsichtlich der Frage auch weiter präzisiert, wann eine beachtliche Rückzahlungspflicht vorliegt, welche die Einordnung einer Einnahme als Einkommen i.S.d. §§ 11 ff. SGB II ausschließen soll. Unstreitig wird davon ausgegangen, dass allgemein Schulden des Leistungsberechtigten im Zuflusszeitpunkt, die Annahme von Einkommen nicht ausschließt (grundlegend: BSG, Urt. v. 19.09.2008 – B 14/7b AS 10/07 R, juris, Rn. 25 f. m.w.N.), auch wenn gegenüber dem Leistungsberechtigten in dieser Situation bereits im Zuflusszeitpunkt der Einnahme materiell-rechtliche Ansprüche Dritter auf entsprechende Zahlung / Herausgabe etc. bestehen. Als beachtliche Rückzahlungspflichten scheinen daher regelmäßig überhaupt nur die Pflichten angesehen werden, die ggf. gegenüber demjenigen bestehen, aus dessen Finanzsphäre der fragliche Einkommenszufluss beim Leistungsberechtigten herrührt. In diesem Zusammenhang hat die Rechtsprechung bspw. angenommen, dass Einnahmen aus rechtswidrig gewährten Sozialleistungen, unabhängig von dem späteren Entstehen einer Rückzahlungspflicht einer Einkommensanrechnung nach § 11 Abs. 1 SGB II unterliegen sollen und nur dann nicht mehr als Einkommen berücksichtigt werden, wenn eine entsprechende Erstattungspflicht bereits im Zuflusszeitpunkt begründet ist (vgl. hierzu: BSG, Urt. v. 23.08.2011 – B 14 AS 165/10 R, juris, Rn. 25 ff. m.w.N.), oder dass rechtswidrig überzahltes Arbeitsentgelt trotz der bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsansprüche des Arbeitgebers nach §§ 812 ff. BGB als grundsicherungsrelevantes Einkommen anzusehen sei, wenn der Leistungsberechtigte dieses Einkommen zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes tatsächlich einsetzt (so etwa für den Fall einer versehentliche Überzahlungen von Arbeitsentgelt durch den Arbeitgeber eines Leistungsberechtigten: LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 17.04.2013 – L 15 AS 115/11, juris, Rn. 24 ff.). Auch bei einer Zahlung, welche ihrerseits unter dem Vorbehalt einer späteren Rückzahlung in Abhängigkeit einer Bedingung erbracht wird, wird bis zum Eintritt der vereinbarten Bedingung von berücksichtigungsfähigem Einkommen i.S.d. §§ 11 ff. SGB II ausgegangen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17.12.2009 – L 7 B 351/09 AS, juris, Rn. 7; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 27.07.2016 – L 3 AS 2898/15, juris, Rn. 46 m.w.N.; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB, 12/19, § 11 SGB II, Rn. 222; Geiger, in: Münder, Sozialgesetzbuch II, 6. Auflage 2017, § 11 SGB II, Rn. 51). 115Der Gesetzgeber geht im SGB II nun ebenfalls offensichtlich davon aus, dass Einkommen i.S.d. §§ 11 ff. SGB II unabhängig von der Frage vorliegen kann, ob ein Wertzuwachs bereits im Zuflusszeitpunkt mit einem Recht Dritter belastet ist. Bspw. sollen vom grundsicherungsrechtlichen Einkommen nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 7 SGB II die Aufwendungen abzusetzen sind, die zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag tatsächlich getätigt werden. Im Umkehrschluss folgt hieraus, dass im Übrigen trotz bestehender Unterhaltsansprüche von Dritten gegenüber dem Leistungsberechtigten, das Einkommen in voller Höhe bedarfsmindernd zu berücksichtigen ist, was überflüssig wäre, wenn wegen der im Zuflusszeitpunkt gegebenen Unterhaltsansprüche der Dritten bereits kein grundsicherungsrechtliches Einkommen des Leistungsberechtigten mehr vorliegen würde (kritisch zu der gesetzessystematischen Entscheidung des Gesetzgebers als Freibetrag daher auch: Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB, 08/17, § 11b SGB II, Rn. 260; Geiger, in: Münder, Sozialgesetzbuch II, 6. Auflage 2017, § 11b SGB II, Rn. 26). Daneben bestimmt § 11a Abs. 3 S. 1 SGB II, dass Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur teilweise als Einkommen zu berücksichtigen sind. Besondere Zweckbestimmungen für Wertzuflüsse, die ein Privater dem Leistungsberechtigten nur für diesen Zweck überlässt, sind demgegenüber unbeachtlich - wenn nicht ausnahmsweise ein Fall des § 11a Abs. 4, Abs. 5 SGB II vorliegt; eine entsprechende Einnahme ist zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit einzusetzen (Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 11a (Stand: 01.03.2020), Rn. 36 m.w.N.; Schmidt, in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 11 SGB II, Rn. 18; Geiger, info also 2011, 106, 109). Dass mit der zweckwidrigen Mittelverwendung durch den Leistungsberechtigten regelmäßig bereicherungsrechtliche Ansprüche des Dritten gegenüber dem Leistungsberechtigten nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB entstehen dürften, schließt die Annahme von Einkommen regelmäßig nicht aus. 116Die vom Bundessozialgericht im Arbeitslosenhilferecht seinerzeit zur Begründung noch gezogene Parallele von Zinseinnahmen aus illegal erworbenen Gegenständen zu Darlehenszuflüssen, die infolge ihrer jeweils begründeten Rückzahlungspflichten gleichermaßen nicht zufließen würden (BSG, Urt. v. 06.04.2000 – B 11 AL 31/99 R, juris, Rn. 23 f.), ist damit in Folge der Neuregelungen des SGB II und infolge der späteren Rechtsprechung überholt und so nicht mehr aufrechtzuerhalten. 117Für die leistungsrechtliche Nichtberücksichtigung von Einkommen aus Darlehen findet sich in § 11 Abs. 1 S. 3 SGB II nunmehr ein entsprechender Anhaltspunkt im Gesetz, weil der Gesetzgeber hiermit deutlich macht, dass er im Grundsatz davon ausgeht, dass Privatdarlehen kein Einkommen i.S.d. §§ 11 ff. SGB II begründet (so auch: Geiger, in: Münder, Sozialgesetzbuch II, 6. Auflage 2017, § 11 SGB II, Rn. 51; Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 11 (Stand: 01.03.2020), Rn. 57 m.w.N.). Ein vergleichbarer Anhaltspunkt im SGB II fehlt für Gelder, die aus illegalen Tätigkeiten des Leistungsberechtigten herrühren. 118Wenn das Bundessozialgericht allgemein davon ausgeht, dass die Nichtberücksichtigung von darlehensweise gewährten Geldern im Rahmen der §§ 11 ff. SGB II gerechtfertigt sei, weil nur der "wertmäßige Zuwachs" Einkommen i.S.d. § 11 Abs 1 SGB II darstelle, welcher eine Veränderung des Vermögensstandes in der Weise bewirke, dass der Zuwachs dem Leistungsberechtigten zur endgültigen Verwendung dauerhaft verbleibt (BSG, Urt. v. 17.06.2010 – B 14 AS 46/09 R, juris, Rn. 16), erscheint bereits ein Vergleich von illegal erworbenen Wertzuwächsen mit Geldern, die dem Leistungsberechtigten nur darlehensweise gewährt worden sind, nicht überzeugend: 119"Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. insbesondere Urteil vom 17.6.2010 – B 14 AS 46/09 R), wonach ein Darlehen, dass nur vorübergehend zur Verfügung gestellt und an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, mangels wertmäßigen Zuwachses beim Darlehensnehmer nicht als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II anzusehen ist, ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Diese Rechtsprechung bezieht sich auf die Abgrenzung zwischen einem Darlehen und einer Schenkung bzw. Unterhaltsleistung. Die von ihr gemachte Ausnahme vom Grundsatz der Einkommensanrechnung jedes Zuflusses rechtfertigt sich vor dem Hintergrund einer ernstgemeinten, von beiden Seiten gewollten Rückzahlungsverpflichtung. Gehen im Zeitpunkt des Zuflusses sowohl der Geldgeber als auch der Empfänger auf der Basis einer entsprechenden Abrede davon aus, dass das Geld lediglich darlehensweise gewährt und später zurückgezahlt wird, so lässt sich ein wertmäßiger Zuwachs beim Empfänger verneinen. Hier fehlt es aber einer solchen beidseitig gewollten ernsthaften Rückzahlungsabrede. Zwar mag es die Absicht der Frau B. gewesen sein, lediglich ein Darlehen zur Verfügung zu stellen, die Ehefrau des Klägers hatte aber bei Zufluss der Zahlungen keinen ernsthaften Rückzahlungswillen, sondern wollte die Gelder zur endgültigen Verwendung erlangen. Damit war sie – nach ihrer eigenen Vorstellung – der Empfängerin einer Schenkung eher vergleichbar als einer Darlehensnehmerin. Dem Vortrag des Klägers, es handele sich tatsächlich um ein beidseitig gewolltes Darlehen, kann nicht gefolgt werden. Die Ehefrau des Klägers hat im Strafverfahren eingeräumt, dass sie nicht vorhatte, die Gelder zurückzuzahlen." (LSG Hamburg, Urt. v. 04.06.2019 – L 4 AS 203/16, juris, Rn. 54) 120Es kann für diesen Vergleich allenfalls darauf abgestellt werden, inwiefern der Leistungsberechtigte im fraglichen Zeitpunkt einem ernsthaften Rückforderungsbegehren ausgesetzt ist bzw. war, wie es für die Annahme eines echten Darlehensvertrages mit einem Darlehensgeber erforderlich ist, welcher die zukünftige Rückzahlung ernsthaft geltend machen möchte (vgl. zur entsprechenden Abgrenzung eines Darlehens gegenüber einer verdeckten Schenkung u.a. anhand einer ernsthaften Rückzahlungsvereinbarung jeweils m.w.N.: BSG, Urt. v. 17.06.2010 – B 14 AS 46/09 R, juris, Rn. 20 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 29.10.2012 – L 2 AS 1671/12 B ER, juris, Rn. 6; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB, 08/16, § 9 SGB II, Rn. 157; Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 11 (Stand: 01.03.2020), Rn. 54). Da der Straftäter aber regelmäßig davon ausgehen wird, dass er der Straftat nicht überführt werden wird bzw. die rechtswidrig erwirtschafteten Vorteile seiner Straftat an den Geschädigten herausgeben wird, wird er sich selbst bei Erhalt und Verwendung der Einnahmen regelmäßig noch nicht einem entsprechenden Rückforderungsbegehren ausgesetzt sehen. In diesem Sinne besteht zunächst auch die realistische Möglichkeit eines dauerhaften Wertzuwachses auf Seiten des Straftäters in Bezug auf die wirtschaftlichen Vorteile seiner Straftat. Erst wenn der Geschädigte eine entsprechende Rückforderung gegenüber dem Straftäter – einem echten Darlehensgeber vergleichbar - ernsthaft geltend macht oder die Strafverfolgungsbehörden dem Straftäter wirtschaftlichen Vorteile seiner Straftat entziehen, droht dem Straftäter ein Verlust der bis dahin auf Dauer angelegten wirtschaftlichen Vorteile seiner Straftat. Es erscheint daher gerechtfertigt, auch frühestens ab diesem Zeitpunkt von einer ernsthaften und konkret erkennbaren Rückzahlungspflicht des Straftäters auszugehen, welche die Annahme von Einkommen i.S.d. §§ 11 ff. SGB II ausschließen kann. Bis zu diesem Zeitpunkt steht eine Rückzahlung vielmehr unter dem Eintritt der Bedingung, dass die Straftat überhaupt aufgedeckt und die realistische Möglichkeit besteht, dass dem überführten Straftäter die illegal erwirtschafteten Einnahmen genommen werden sollen. In dem Zusammenhang mit dem hierfür notwendigen Bedingungseintritt ist ein Einkommen aus illegalen Tätigkeiten des Leistungsberechtigten nicht einem Darlehen vergleichbar, sondern einer Zahlung, welche gegenwärtig lediglich unter dem Vorbehalt einer späteren Rückzahlung in Abhängigkeit einer Bedingung erbracht wird und die bis zum Eintritt der vereinbarten Bedingung als berücksichtigungsfähiges Einkommen i.S.d. §§ 11 ff. SGB II anzusehen ist (vgl. zur Einkommensqualität einer sog. Zahlung unter dem Vorbehalt der Rückzahlung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17.12.2009 – L 7 B 351/09 AS, juris, Rn. 7; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 27.07.2016 – L 3 AS 2898/15, juris, Rn. 46 m.w.N.; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB, 12/19, § 11 SGB II, Rn. 222; Geiger, in: Münder, Sozialgesetzbuch II, 6. Auflage 2017, § 11 SGB II, Rn. 51). Eine Gleichstellung von Einnahmen aus Straftaten mit Einnahmen, die unter einem Vorbehalt der Rückzahlung erbracht werden, erscheint rechtlich jedenfalls weitaus naheliegender als ein allgemeiner Vergleich mit Einnahmen, die aus einem echten Darlehen herrühren. 121Für illegal erworbene Gelder des Leistungsberechtigten kann daher in Anlehnung an die Behandlung einer Zahlung unter dem Vorbehalt der späteren Rückzahlung letztlich nur eine differenzierte Betrachtung der Einkommensqualität anhand des Einzelfalles überzeugen: 122- Falls einem Straftäter die wirtschaftlichen Vorteile seiner Tat tatsächlich dauerhaft verbleiben, ist grundsätzlich Einkommen i.S.d. §§ 11 ff. SGB II gegeben, soweit dieser in der Lage ist oder war im fraglichen Zeitraum seinen Bedarf aus diesen Mittel tatsächlich zu decken. An einer aktuellen Berücksichtigungsfähigkeit zur Bedarfsdeckung ändert auch die Möglichkeit einer (zukünftig) denkbaren Ein- bzw. Entziehung, Rückzahlungs- oder Herausgabeverpflichtung bzgl. der illegal erworbenen Geldmittel nichts, solange der Straftäter aktuell zur Bedarfsdeckung auf diese Gelder zurückgreifen kann oder konnte. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass die entsprechenden Gelder von dem Straftäter auch zu seiner eigenen Lebensführung verbraucht worden sind. 123- Lediglich wenn hinsichtlich der illegal erworbenen Einnahmen eine konkrete Rückzahlungspflicht bereits in der Weise verwirklicht wird, dass dem Straftäter die wirtschaftlichen Vorteile seiner Tat tatsächlich soweit genommen wurden oder werden, dass aus den Mitteln eine Bedarfsdeckung nicht mehr möglich ist, ist die Rückzahlungsforderung ausreichend konkret, dass ausnahmsweise kein Einkommen i.S.d. §§ 11 ff. SGB II gegeben ist. Die Annahme einer solchen Ausnahme setzt allerdings zumindest voraus, dass ein Geschädigter oder der Staat bereit ist - noch bestehende und im Zweifel auch noch durchsetzbare - Herausgabeansprüche gegenüber dem Straftäter auch tatsächlich geltend zu machen. 124Eine entsprechende Grenzziehung anhand der Frage, inwiefern dem Straftäter die wirtschaftlichen Vorteile seiner Tat dauerhaft (nicht) erhalten bleiben werden, erscheint dabei gerade dann geboten, wenn die wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgeblich sein soll, wie es das Bundessozialgericht bereits 2000 für das Recht der Arbeitslosenhilfe ausgeführt hatte (im Ergebnis vergleichbar differenzierend auch: Sächsisches LSG, Urt. v. 08.11.2018 – L 7 AS 1086/14, juris, Rn. 38 ff.; LSG Hamburg, Urt. v. 04.06.2019 – L 4 AS 203/16, juris, Rn. 55 ff.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 30.08.2017 – L 31 AS 1462/17 B ER, juris, Rn. 33; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB, 12/19, § 11 SGB II, Rn. 230 f., 568; wohl auch: Lange, jurisPR-SozR 2/2019 Anm. 1; anders differenzierend aber im Ergebnis auch für eine regelmäßige Berücksichtigungsfähigkeit als Einkommen bei einer tatsächlichen Bestreitung des eigenen Lebensunterhaltes des Straftäters aus diesen Mitteln: Klerks, info also 2019, 222, 225 f.). 125Es vermag vor diesem Hintergrund auch nicht mehr einzuleuchten, warum ausgerechnet Gelder aus Straftaten gegenüber anderen allen Fällen grundsicherungsrechtlich (weiterhin) besonders - günstig - zu behandeln sein sollten, in denen zivilrechtliche Rückzahlungsansprüche eines Privaten oder öffentlich-rechtliche Ersatzansprüche einer staatlichen Stelle bestehen, obwohl in sämtlichen Fällen zu Unrecht erworbene Gelder vorliegen, bei deren Erwerb bereits – kraft Gesetzes – entsprechende Rückzahlungsansprüche begründet sind, die aber aktuell zur Bedarfsdeckung eingesetzt werden können oder konnten (so auch: Sächsisches LSG, Urt. v. 08.11.2018 – L 7 AS 1086/14, juris, Rn. 43; LSG Hamburg, Urt. v. 04.06.2019 – L 4 AS 203/16, juris, Rn. 55). Dem kann nach Auffassung des Gerichtes auch nicht überzeugend entgegen gehalten werden, dass ein Vergleich illegal erlangter Einkünfte mit der Rechtsprechung zu Unrecht gewährten Sozialleistungen seinerseits ausscheide, weil dort der Rückzahlungsanspruch erst nachträglich nach Zufluss mit späterem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid entstehe (so aber: Klerks, info also 2019, 222, 225 f.). Zwar scheint das Bundessozialgericht in der Frage nach der Unbeachtlichkeit einer Rückzahlungspflicht bei rechtswidrig gewährten staatlichen Leistungen danach zu differenzieren, ob die Einnahme bereits in ihrem Zuflusszeitpunkt mit einer durchsetzbaren – dann auch beachtliche – Rückzahlungspflicht verbunden worden ist oder die – dann unbeachtliche – Rückzahlungspflicht nach § 50 SGB X erst später durch eine spätere Aufhebung der rechtswidrigen Bewilligungsentscheidung begründet wird (vgl. BSG, Urt. v. 23.08.2011 – B 14 AS 165/10 R, juris, Rn. 25; von diesem Verständnis ausgehend, u.a. auch: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25.05.2016 – L 6 AS 225/15, juris, Rn. 7; Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 11 (Stand: 01.03.2020), Rn. 54). Als alleiniges Abgrenzungskriterium für die Abgrenzung beachtlicher und unbeachtlicher Rückzahlungspflichten eignet sich dies allerdings nicht, wie hier bereits ausgeführt worden ist. Unabhängig davon, dass auch die Gewährung von staatlichen Leistungen an den Bürger Fallgestaltungen kennt, in denen der Rückzahlungsanspruch kraft Gesetzes bereits unmittelbar bei der Fehlzahlung besteht (bspw. § 50 Abs. 2 SGB X), entstehen etwa auch bei einer rechtswidrigen Überzahlung zwischen Privaten deliktische (§§ 823 ff. BGB) und bereicherungsrechtliche Herausgabeansprüche nach §§ 812 ff. BGB unmittelbar – und auch unabhängig von einer Kenntnis der Beteiligten - mit der rechtswidrigen Zuwendung selbst (§ 271 BGB; vgl. etwa: KG Berlin, Beschl. v. 21.10.2016 – 6 U 119/16, juris). In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch keine Bösgläubigkeit des Zuwendungsempfängers seitens im Zuwendungszeitpunkt zwingend erforderlich. Dennoch werden auch derartige rechtswidrige Überzahlungen jedenfalls dann als Teil des grundsicherungsrelevanten Einkommens anzusehen sein, wenn der Leistungsberechtigte dieses Einkommen zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes tatsächlich einsetzt (so etwa: LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 17.04.2013 – L 15 AS 115/11, juris, Rn. 24 ff.). Ergänzend macht sich die Kammer zusätzlich die folgenden Rechtsausführungen zu Eigen: 126"Die bloße Gefahr, dass bereite und tatsächlich vorhandene Mittel [die aus Straftaten erworben worden sind] einem Verfall einer Einziehung oder einer Rückforderung unterliegen könnten, kann sozialrechtlich nicht dazu führen, dass ein aktueller Bedarf -trotz bereiter Mittel- zu Lasten der Gemeinschaft der Steuerzahler bejaht wird. Das Jobcenter ist nicht - wenn auch nur bis zur Höhe der Ansprüche nach dem SGB II - der Ausfallbürge für Rückforderungen Dritter aus begangenen Straftaten, hat also keineswegs dafür gerade zu stehen, dass aus Straftaten erlangte Mittel für die Rückforderung Dritter oder den Verfall nach §§ 73 ff StGB unangetastet zur Verfügung stehen. Die Voraussetzung der Verwertung solcher bereiter Mittel entfällt erst mit deren Einziehung durch die Staatsanwaltschaft oder ihren anderweitigen Verlust." (LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 30.08.2017 – L 31 AS 1462/17 B ER, juris, Rn. 33) 127"Folglich sind die ihm zugeflossenen Gelder als Einkommen zu qualifizieren, weil sie nach Antragstellung hinzugekommen sind. Sie standen für eine Verwertung zum eigenen Lebensunterhalt zur Verfügung und hätten vom Kläger auch dafür eingesetzt werden müssen. Eine von Anfang an bestehende durchsetzbare Rückzahlungsverpflichtung war mit dem Einkommenszufluss hingegen nicht verbunden. Zuflüsse, die von Anfang an mit einer entsprechenden Rückzahlungspflicht verbunden sind, fallen nach der Rechtsprechung des BSG bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht unter den Einkommensbegriff [ ]. Hier waren die dem Kläger in dem streitgegenständlichen Zeitraum zugeflossenen Mittel nicht mit einer konkreten Rückzahlungsverpflichtung verbunden. Zwar hat der Kläger die ihm zugeflossenen Gelder durch Straftaten erlangt. [ ] Anders als bei weggenommenen beweglichen Sachen, welche unmittelbar mit einem Herausgabeanspruch (§ 985 BGB) belastet sind und aus denen ein gutgläubiger Erwerb nicht möglich ist (§ 947 Abs. 1 BGB), ist aber Giralgeld mit keinem solchen Herausgabeanspruch belastet. Dies schon deswegen nicht, weil es sich um keine Sache handelt. Es ist auch nicht absonderbar. Mit der Buchung der Beträge wird vielmehr der Kontoinhaber – hier der Kläger – alleiniger Anspruchsinhaber des Auszahlungsanspruchs gegen das kontoführende Institut. Er hat damit die alleinige Verfügungsgewalt über das Guthaben und kann dieses umfassend für seinen Lebensunterhalt verwenden. Bei dem von dem Geschädigten gegenüber dem Kläger geltend zu machenden Ersatzanspruch handelt es sich, unabhängig auf welche zivilrechtliche Rechtsgrundlage man diesen stellt, um eine Geldforderung. Die Vollstreckung richtet sich nach den §§ 802a ff. ZPO und erfolgt in das gesamte Vermögen des Schuldners, wobei Schutzvorschriften – unabhängig von der Herkunft der Forderung – wie zum Beispiel § 811 ZPO oder die §§ 850 ff. ZPO zu beachten sind. Wenn diese Schutzvorschriften greifen, verbleibt das durch die Straftat gewonnene Geld im Vermögen des Klägers und steht seinem Lebensunterhalt zur Verfügung. Ein etwaiger Ersatzanspruch ist im Zeitpunkt des Zuflusses des durch Betrug erlangten Geldes aber noch derart unkonkret, dass er nicht mit einer sofortigen Rückzahlungsverpflichtung gleich gesetzt werden kann. Es bedarf dafür noch der Aufklärung der Straftaten und der Feststellung der Geschädigten durch die Ermittlungsbehörden. Im Anschluss müssten diese noch zivilrechtliche Schadensersatzansprüche geltend machen. Davon, dass die Einnahme der durch Betrug erlangten Gelder unmittelbar mit der Pflicht zur Rückzahlung durch den Hilfebedürftigen verbunden wäre, war der Senat im Ergebnis nicht überzeugt. Vielmehr stand es in der alleinigen Verfügungsgewalt des Klägers, die finanziellen Mittel, die seinem Konto in den Monaten Oktober bis Dezember 2009 gutgeschrieben wurden, für seinen unmittelbaren Lebensunterhalt einzusetzen, wovon er jedoch keinen Gebrauch gemacht hat. Die aus den Betrugsstraftaten stammenden Gelder hat der Kläger vereinnahmt und für sich verbraucht, indem er damit bestehende Kontenpfändungen ablöste." (Sächsisches LSG, Urt. v. 08.11.2018 – L 7 AS 1086/14, juris, Rn. 38 ff.) 128"Die Gründe für die Hinnahme des Versäumnisurteils sind nicht bekannt und im Übrigen auch nicht entscheidend: Dass die Ehefrau des Klägers zum Zeitpunkt des zivilgerichtlichen Verfahrens eingesehen hat, zur Rückzahlung (auf welcher Rechtsgrundlage auch immer) verpflichtet zu sein, begründet nicht die Annahme, dass auch bei Empfang der Gelder bereits ein Rückzahlungswille bestand. Auch der Umstand, dass die Einnahmen aus einer Straftat der Ehefrau des Klägers, nämlich einem Betrug, erlangt wurden, schließt eine Anrechnung als Einkommen nicht aus [ ]. Zwar hat die geschädigte Frau B. infolge der deliktischen Handlung einen Schadensersatzanspruch gegen die Ehefrau des Klägers, doch waren die zugeflossenen Mittel – anders als z.B. eine durch Diebstahl erlangte bewegliche Sache – nicht unmittelbar mit einem Herausgabeanspruch belastet. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Zuflusses standen sie vielmehr zur Bestreitung des Lebensunterhalts zu Verfügung. In diesem Zeitpunkt waren der Ersatzanspruch und seine Realisierung durch Frau B. noch vage und unkonkret. Diese Situation ist eher den Fällen vergleichbar, in denen Leistungsempfänger Einnahmen aus anderen staatlichen Mitteln erhalten, die später als unrechtmäßig erlangt zurückgezahlt werden müssen [ ]. Entscheidend ist der Zeitpunkt des Geldflusses – in diesem konnten die zugeflossenen Beträge zur Bestreitung des Lebensunterhalts des Klägers und seiner Ehefrau eingesetzt werden. Gegen eine Anrechnung betrügerisch erlangten Geldes als Einkommen spricht auch nicht, dass dies den durch den Betrug eingetretenen Schaden vergrößern würde, da die Summe dann nicht mehr für Erstattungsleistungen zur Verfügung stünde [ ]. Denn das SGB II dient nicht dazu, dem durch eine Straftat Geschädigten Schadensersatzansprüche zu sichern [ ]. Schadensersatzansprüche bzw. Verbindlichkeiten aus Straftaten mindern das anzurechnende Einkommen ebenso wenig wie andere Schulden des Leistungsempfängers. Schließlich steht einer Berücksichtigung der Zahlungen als Einkommen auch nicht der Vortrag des Klägers und seiner Ehefrau entgegen, mit den Geldern seien Schulden bei der P. bzw. bei den H1 beglichen worden. Wie schon das Amtsgericht und das Sozialgericht hat auch der Senat erhebliche Zweifel an dem Wahrheitsgehalt dieses Vortrags. Letztlich kommt es darauf aber nicht entscheidend an: Ausreichend ist, dass die Gelder der Bedarfsgemeinschaft im jeweiligen Bewilligungszeitraum nach ihrem Zufluss jeweils zumindest zunächst zur freien Verfügung standen und somit für den Lebensunterhalt eingesetzt hätten werden können. Ob dies tatsächlich erfolgte, ist für die Berücksichtigung als Einkommen nicht von Bedeutung. Weder die Tilgung von Schulden noch der sonstige spätere Verbrauch steht dem entgegen [ ]." (LSG Hamburg, Urt. v. 04.06.2019 – L 4 AS 203/16, juris, Rn. 54 ff.) 129Für den vorliegenden Einzelfall der Kläger ist nach diesen Grundsätzen bei wirtschaftlicher Betrachtung von Einkommen auszugehen, welches grundsicherungsrechtlich zu berücksichtigen ist. Bezüglich der finanziellen Vorteile, welche nach summarischer Prüfung auch auf Straftaten des Klägers zu 3) von Januar 2011 bis Oktober 2013 zurückgehen, sind weder konkrete Gläubiger noch die bevorstehende Durchsetzung etwaiger Herausgabe-, Erstattungs- oder Schadensersatzansprüche der Geschädigten ersichtlich. Sofern diese Zahlungen im Zusammenhang mit Asylbewerbern und grenzüberschreitenden Sachverhalten stehen sollten, ist nicht einmal sichergestellt, dass sich die fraglichen Gläubiger überhaupt noch in Deutschland aufhalten. Ferner ist im vorliegenden Einzelfall zu berücksichtigen, dass auch etwaige Gläubiger der Geldzahlungen, welche die Gelder aller Wahrscheinlichkeit nach zahlten um mit den so erworbenen Unterstützungsangeboten des Klägers ihrerseits innerhalb ihrer laufenden Asylverfahren selbst erfolgreich(er) zu betrügen (wahrheitswidrige Hinwendung zum Christentum), von vorneherein niemals ein Interesse an der Geltendmachung entsprechender Geldzahlungen hatten, da diese bei einer Aufklärung des Sachverhaltes zur Durchsetzung etwaiger Rückzahlungsansprüche selbst Gefahr liefen, ihren Aufenthaltsstatus zu verlieren oder strafrechtlich belangt zu werden. Die Kläger waren somit zu keinem Zeitpunkt jemals ernsthaft einer Gefahr der Verwirklichung entsprechender Rückzahlungsansprüche ausgesetzt, da entsprechende Straftaten – insbesondere nach den hier im Raum stehenden § 84 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 AsylG i.V.m. § 25 Abs. 2, § 53 StGB - nur im kollusiven Zusammenwirken mit den Zahlenden denkbar sind. Da etwaige Herausgabe-, Erstattungs- oder Schadensersatzansprüche gegenüber dem Kläger zu 3) für den Zeitraum bis Oktober 2013 zudem zwischenzeitlich bereits verjährt sind (§ 195 BGB), ist kein Grund erkennbar, warum die fraglichen Einkünfte des Klägers zu 3) – auch aus Straftaten - nicht als grundsicherungsrelevantes Einkommen der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt werden sollten, wenn deren wirtschaftliche Vorteile nunmehr unstreitig dauerhaft den Klägern zu Gute kommen. 130Insofern bedarf es für den vorliegenden Fall auch keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob eine nachträgliche Berücksichtigung von Einkommen aus Straftaten im Wege einer Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung nicht im Hinblick auf etwaige Rückzahlungs- bzw. Entschädigungsansprüche der Opfer dieser Straftaten ausscheiden muss, weil ansonsten dieser mit dem Leistungsträger um die Geltendmachung seiner Ansprüche konkurriere (vgl. hierzu: Klerks, info also 2019, 222, 225 f. – "Das Ergebnis kann aber dadurch vermieden werden, dass der Straftäter nur dann nicht auf den seine Hilfebedürftigkeit beseitigenden Einsatz der Mittel verwiesen werden darf, wenn und soweit er sie tatsächlich zur Rückzahlung an das Opfer nutzt. Tut er das nicht, maßt er sich erneut eine ihm nicht zustehende Rechtsposition an, weshalb die Anrechnung als Einkommen gerechtfertigt ist."). Die Kammer hat diesbezüglich aber erhebliche Zweifel, da kein Grund ersichtlich ist, warum gerade eine Sicherung der Rückzahlungspflichten gerade gegenüber einem durch Straftaten Geschädigten privilegiert sein sollte, während allgemein davon ausgegangen wird, dass Schulden gegenüber Dritten nebst Grund der Zahlungspflicht gegenüber dem Dritten ansonsten unbeachtlich sind. 131cc) Die Aufhebung der rechtswidrigen Bewilligungsentscheidungen des Beklagten erscheint hier auch nicht durch § 45 Abs. 2 bis Abs. 4 SGB X eingeschränkt. 132(1.) § 45 Abs. 2 SGB X steht einer Rücknahme für die Vergangenheit nicht entgegen, da ein Vertrauen der Kläger in den Bestand ihrer jeweiligen Bewilligungsentscheidungen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme nicht schutzwürdig ist. Die Kläger können sich im vorliegenden Fall, jedenfalls nach den von dem Beklagten geltend gemachten Ausnahmetatbeständen des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 und Nr. 3 SGB X, nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen. Ob daneben zusätzlich auch ein Ausschlussgrund nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 SGB X vorliegt, kann durch das Gericht daher dahingestellt bleiben. 133Wie bereits dargestellt, geht das Gericht davon aus, dass der Kläger zu 3) während des Leistungsbezuges ab dem 16.09.2011 aus Straftaten weitere Finanzmittel aus Barzuwendungen erhalten hat, die er nicht gegenüber dem Beklagten angegeben hatte, um aus diesen Mitteln unbemerkt eine Aufbesserung seines Lebensstandards einschließlich der Nutzung von eigenen Reisemöglichkeiten durchführen zu können. Es war damit zur Verdeckung seiner Straftaten tatplanimmanent, dass die Existenz bzw. Herkunft dieser bereiten Mittel verschleiert wird. Gerade der Umstand, dass bei der Vielzahl der Konten der Kläger allein das – zur späteren Leistungsauszahlung benötigte - Konto der Kläger bei der Commerzbank gegenüber dem Beklagten angegeben worden ist, zeigt im Zusammenhang mit den übrigen Gesamtumständen des Einzelfalles deutlich, dass die Kläger dem Beklagten bewusst einen vollständigen Überblick über die tatsächlichen finanziellen Verhältnisse der Familie bewusst vorenthalten wollte. Die Darstellung des Klägers zu 3), dass er seine anderen Konten nur deshalb nicht angegeben habe, weil er gedacht habe, dass er diese mangels Guthabens nicht angegeben müsse, stellt eine unbeachtliche Schutzbehauptung des Klägers zu 3) dar. Wie bereits dargestellt, belegen die im Nachgang der Erklärung des Klägers zu 3) überlassenen Kontoauszüge bspw. zum Girokonto bei der Sparkasse Münsterland Ost, dass dort zeitweise sehr wohl Guthaben erwirtschaftet worden sind, welche die Kläger dann in der Folge immer wieder aufbrauchten. Zum anderen ist in den Antragsformularen des Beklagten die unmissverständliche Frage nach anderen Konten – unabhängig von deren Kontostand - enthalten (sog. Vordruck "VM" unter 2.), so dass der Kläger zu 3) bei tatsächlicher Redlichkeit sich zumindest zu einer Rückfrage gegenüber dem Beklagten veranlasst hätten sehen müssen, ob er die anderen Konten auch angegeben müsse, wenn diese Konten kein Guthaben aufweisen würden. Eine derartige Rückfrage ist durch den Kläger zu 3) aber zu keinem Zeitpunkt gestellt worden, so dass die Annahme begründet erscheint, dass die Konten vielmehr deshalb nicht angegeben worden sind, weil der Kläger vor dem Beklagten die Existenz dieser Konten bewusst geheim halten wollte. Der Kläger zu 3) hat insofern vorsätzlich gegenüber dem Beklagten unvollständige Angaben zu den vorhandenen Finanzmitteln gemacht, worauf die nachfolgenden Bewilligungen zugunsten der Bedarfsgemeinschaftsmitglieder beruhten (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). Dem Kläger zu 3), der die weiteren Finanzmittel auch zur Aufbesserung seines Lebensstandards einsetzte, muss dabei auch bewusst gewesen sein, dass ihm die ohne leistungsmindernde Einkünfte gewährten Leistungen nicht in diesem Umfang rechtmäßig zugestanden haben können (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). Ansonsten wäre der Aufwand nicht zu erklären, den der Kläger zu 3) nach der Überzeugung des Gerichtes betrieben hat, um die Existenz weiterer ihm außerhalb der Konten zugewandter bereiter Barmittel – insbesondere auch gegenüber dem Beklagten – geheim zu halten. 134Da die Klägerin zu 1) selbst in die Vertuschungen des Geldes teilweise involviert gewesen ist und – wie bspw. der Gesprächsvermerk vom 05.10.2013 zeigt – sich auch bewusst war, dass die Lebensführung der Familie über die eingehenden Zahlungen der Mitglieder des "Vereins der zum Christentum konvertierten Moslems (CKM)" mitfinanziert worden ist, liegt bezüglich der Klägerin zu 1) in Bezug auf § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2, Nr. 3 SGB X bereits ein ausreichendes Eigenverschulden vor. Unabhängig davon ist ihr das Verschulden des gegenüber dem Beklagten handelnden Klägers zu 3) – ebenso wie der Klägerin zu 2) – als eigenes Verschulden im Rahmen von § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2, Nr. 3 SGB X zuzurechnen. Für die Klägerin zu 1) erfolgt diese Zurechnung nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht, während sich eine Zurechnung gegenüber der damals noch minderjährigen Klägerin zu 2) aus § 1629 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB] ergibt (vgl. hierzu ausführlich: Schütze, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 45 SGB X, Rn. 51a; Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 38, Rn. 3 ff., 36 m.w.N.). Dass die Klägerin zu 2) im Rahmen des Erörterungstermins vom 18.04.2019 zu Protokoll gegeben hat, dass sie sich aufgrund ihrer eigenen bescheidenen Lebensführung sich nicht vorstellen können, dass ihr Vater weiteres Geld zur Verfügung gehabt hätte, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Selbst wenn die im streitgegenständlichen Zeitraum noch minderjährige Klägerin zu 2) in der Vergangenheit nicht unmittelbar selbst an den zusätzlichen Einkünften der Familie partizipiert haben sollte (bspw. weil die Eltern sie nicht einweihen wollten oder das Geld selbstsüchtig und ausschließlich für die Befriedigung eigener Luxusbedürfnisse verwandt haben), ist ihr jedenfalls das entsprechende Fremdverschulden ihres Vaters zurechenbar. 135(2.) Ein Verstoß gegen § 45 Abs. 3 oder 4 SGB X ist weder vorgetragen noch auf andere Weise für das Gericht ersichtlich. 136Zum Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidungen vom 13.01.2015 war die starre Aufhebungsfrist von 10 Jahren (§ 45 Abs. 3 S. 3 SGB X) bzgl. der nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2, Nr. 3 SGB X aufzuhebenden Leistungsbewilligungen für den Zeitraum ab dem 16.09.2011, die ihrerseits Dauerverwaltungsakte sind (vgl. etwa: LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.08.2016 - L 7 AS 1942/13, juris, Rn. 40; SG Duisburg, Urt. v. 12.12.2017 – S 49 AS 3784/15, juris, Rn. 27; Brandenburg, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 48 SGB X, Rn. 54 m.w.N. aus der Rechtsprechung), noch nicht abgelaufen. 137Die nach § 45 Abs. 4 S. 2 SGB II maßgebliche relative Jahresfrist seit Kenntnis der Tatsachen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen, war zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Aufhebungsbescheide vom 04.02.2015 ebenfalls noch nicht abgelaufen. Da die Kläger eine weitere Aufklärung ihrer tatsächlichen Verhältnisse nach Kräften zu verhindern versucht haben und mangels Mitwirkung der Kläger auch im Gerichtsverfahren die Höhe der zusätzlichen Verhältnisse wertmäßig nicht abschließend geklärt werden konnte, spricht vorliegend sogar viel dafür, dass die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB II hier – zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Aufhebungsentscheidung - noch nicht einmal zu laufen begonnen hat. Abschließend zu entscheiden braucht das Gericht diese Frage jedoch nicht. 138Von einer fristauslösenden Tatsachenkenntnis i.S.d. § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X ist auszugehen, sobald mangels vernünftiger, objektiv gerechtfertigter Zweifel eine hinreichend sichere Informationsgrundlage bezüglich sämtlicher für die Aufhebungsentscheidung notwendiger Tatsachen – i.S.e. positiven Kenntnis – besteht (BSG, Urt. v. 27.07.2000 – B 7 AL 88/99 R, juris, Rn. 23; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 05.06.2008 – L 9 AL 157/06, juris, Rn. 34 m.w.N.; Brandenburg, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 48 SGB X, Rn. 125). Dabei ist in erster Linie auf den Standpunkt der Behörde abzustellen, es sei denn, es liegt bereits zu einem früheren Zeitpunkt bei objektiver Betrachtung eine sichere Kenntnis der Behörde von allen erforderlichen Tatsachen vor (BSG, Urt. v. 08.02.1996 - 13 RJ 35/94, juris, Rn. 29). Umstritten ist hingegen, ob es sich bei § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X um eine Entscheidungs-, Handlungs-, Überlegungs- oder Beurteilungsfrist handelt und welche Stelle bei der Behörde – konkreter Sachbearbeiter, zuständige Dienststelle oder Behörde im Ganzen - diese Kenntnis erlangt haben muss (vgl. hierzu: (vgl. hierzu jeweils m.w.N.: Rieker, NZS 2015, 656, 656 f.). Überzeugend ist es in diesem Zusammenhang von einer Entscheidungsfrist auszugehen, deren Lauf beginnt, sobald die für die Aufhebungsentscheidung zuständige Amtsträger nach Aktenlage Kenntnis von den aufhebungsrelevanten Tatsachen erlangt oder zumindest bei störungsfreier interner Aufgabenorganisation der Behörde erlangt hätte (so auch: BSG, Urt. v. 27.07.2000 – B 7 AL 88/99 R, juris, Rn. 23 m.w.N.; Schütze, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 45 SGB X, Rn. 83; Merten, in: Hauck/Noftz, SGB, 04/18, § 45 SGB X, Rn. 155; Rieker, NZS 2015, 656, 657 f.; a.A. wohl noch: BSG, Urt. v. 09.06.1988 – 4 RA 9/88, juris, Rn. 20). Sofern die Aufhebung - auch - von subjektiven Voraussetzungen des Betroffenen abhängt, soll die Jahresfrist erst mit dem Ablauf der Anhörungsfrist gegenüber diesem Betroffenen beginnen (BSG, Urt. v. 08.02.1996 – 13 RJ 35/94, juris, Rn. 33; BSG, Urt. v. 27.07.2000 – B 7 AL 88/99 R, juris, Rn. 23; Merten, in: Hauck/Noftz, SGB, 04/18, § 45 SGB X, Rn. 147, 152). Hierbei wird eine normative Rückausnahme für den Fall erwogen, dass die Behörde ihrerseits durch ein unbilliges Hinauszögern der notwendigen Anhörung des Betroffenen eine erhebliche Fristverlängerung zu ihren Gunsten erwirkt (Merten, in: Hauck/Noftz, SGB, 04/18, § 45 SGB X, Rn. 153 m.w.N.). 139Insofern ist hier für den Beginn der Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 SGB X in Bezug auf die Aufhebung nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2, Nr. 3 SGB X wegen der notwendigen Prüfung der subjektiven Voraussetzungen der Bösgläubigkeit auf den Zeitpunkt der Anhörung der Kläger abzustellen. Seit dem Anhörungsschreiben vom 13.01.2015, mit Ablauf der Anhörungsfrist zum 30.01.2015, war bis zum Erlass der Aufhebungsentscheidungen vom 04.02.2015 kein Jahr verstrichen. Der Beklagte hat auch nicht den Zeitpunkt der Anhörung unbillig hinausgezögert, so dass von einem früheren Fristablauf auszugehen wäre. Denn der Beklagte hatte erst ab Kenntnis der strafgerichtlichen Verurteilung des Klägers zu 3) im August 2014 ausreichende Veranlassung gehabt, von dem Vorliegen zusätzlicher Finanzmittel der Kläger auszugehen und hat hiervon ausgehend bereits innerhalb von sechs Monaten zur beabsichtigten Aufhebung der Leistungsbewilligungen angehört. 140(3.) Die Aufhebungsentscheidung ist auch im Übrigen rechtmäßig. Wegen der Bösgläubigkeit der Kläger nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2, Nr. 3 SGB X war vorliegend auch nach § 330 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II keine Ermessensentscheidung über die Aufhebung zu treffen. Der Beklagte war vielmehr zur Rücknahme auch für die Vergangenheit verpflichtet gewesen. 1412. Die jeweiligen Erstattungsentscheidungen gegenüber den Klägern entsprechen § 50 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 S. 1 SGB II. Sie sind bezüglich der jeweiligen Überzahlungen rechnerisch korrekt ermittelt und hinsichtlich der einzelnen Erstattungsanteile der einzelnen Kläger ausreichend individualisiert (vgl. allgemein zum Erfordernis einer Individualisierung bei Rückforderungen: (Pattar, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 33 SGB X (Stand: 01.12.2017), Rn. 50 m.w.N.). 142IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung. | die klage wird abgewiesen. der beklagte trägt keine außergerichtlichen kosten der kläger. 1 | 2die beteiligten streiten über die rechtmäßigkeit eines aufhebungs- und erstattungsbescheides, mit welchem von den klägern für den zeitraum von september 2011 bis oktober 2013 leistungen in höhe von insgesamt 40.414,44 eur zurückgefordert werden. 3die am 24.03.19xx geborene klägerin zu 1) ist die ehefrau des klägers zu 3), der am 15.04.19xx geboren worden ist. die am 01.12.19xx geborene klägerin zu 2) ist das gemeinsame kind der kläger zu 1) und 3), die beide iranische staatsbürger sind. der kläger zu 3), der infolge eines schlaganfalles schwerbehindert mit einem gdb von 40 % ist, ist 2000 aus dem iran geflohen und hat 2001 in deutschland asyl beantragt. der gemeinsame sohn der klägerin zu 1) und des klägers zu 3) ist am 25.08.20xx infolge eines hirntumors verstorben. in der vergangenheit lebten die kläger in häuslicher gemeinschaft in einer wohnung in oberhausen und bezogen von dem beklagten seit dem 16.09.2011 laufend leistungen nach dem zweiten buch sozialgesetzbuch [sgb ii]. 4der kläger zu 3) war in der vergangenheit der erste vorsitzende für den "verein der zum christentum konvertierten moslems (ckm)" gewesen, den er nach seiner konvertierung zum christentum 2006/2007 in w. gegründet hatte. der stellvertretende vorsitzende des vereins ist herr pouraskar p. gewesen. ausweislich der vereinssatzung sei der verein nach "§ 2 – zweck des vereins" uneigennützig tätig und verfolge nicht in erster linie eigenwirtschaftliche zwecke. nach "§ 18 – finanzierung" habe der verein das recht spenden entgegenzunehmen. jedes mitglied zahle jährlich einen betrag von 120,00 eur. der verein werde nach "§ 20 – vertreter des vereins" von dem vorsitzenden vertreten. nach "§ 3 – mittel des vereins" dürften die mittel des vereins nur für die satzungsmäßigen zwecke verwandt werden. die mitglieder würden keine zuwendungen aus mitteln des vereins erhalten. das eigentliche tätigkeitsfeld des vereins oder die "satzungsgemäßen zwecke", für welche die vereinsmittel zu verwenden sein sollen, werden in der satzung nicht konkret beschrieben. der verein beauftragte in der vergangenheit teilweise herrn rechtsanwalt m. mit der wahrnehmung seiner angelegenheiten. auf den noch 2013 verwandten anmeldungsformularen ist ein herr juan emanuel v. in der fußzeile als kassierer des "vereins der zum christentum konvertierten moslems (ckm)" aufgeführt. 5nach einem umfangreichen ermittlungsverfahren zum aktenzeichen 125 js xx/13 unter beteiligung der bundespolizeiinspektion kriminalitätsbekämpfung flughaften frankfurt/main ging die staatsanwaltschaft d. davon aus, dass die klägerin zu 1) und der kläger zu 3) während des ermittlungszeitraumes von januar 2011 bis oktober 2013 fortlaufend straftaten begangen hätten. hierbei habe der kläger zu 3) teilweise mit kenntnis und in bewusster zusammenarbeit mit der klägerin zu 1) ausländern gegen entgelt zur einreise und unberechtigten anerkennung als asylberechtigter verholfen. um eine erfolgsversprechende lebensgeschichte der ausländer vorzutäuschen, seien in deutschland hierfür gegen entsprechende entgelte - auch - die strukturen des "vereins der zum christentum konvertierten moslems (ckm)" genutzt worden. die entsprechenden ausländer seien fälschlicherweise als personen ausgegeben worden, die zum christentum konvertiert wären. hieran sei auch herr rechtsanwalt m. bewusst beteiligt gewesen. die kläger hätten ihre leistungen nach dem sgb ii erheblich erhöht, indem die mitgliedsbeiträge und gelder, welche für die einstellung der glaubensbekenntnisse ins internet gezahlt worden seien, von der familie vereinnahmt worden wären. die gelder seien in bar und verdeckt an den kläger zu 3) und die klägerin zu 1) übergeben worden. die so von den asylbewerbern bereit gestellten gelder seien von der familie zur bestreitung ihres täglichen lebensunterhaltes sowie für urlaubs- und auslandsreisen genutzt worden. die tatsächlichen ausgaben, welche die kläger für den "verein der zum christentum konvertierten moslems (ckm)" gehabt hätten, hätten sich nach den ermittlungen der staatsanwaltschaft hingegen in grenzen gehalten. so hätte ermittelt werden können, dass die verköstigungseinkäufe für die teilnehmer des bibelkreises pro treffen um die 50,00 eur gekostet hätten. 6es existieren zahlreiche gesprächsmitschnitte aus der entsprechend § 100a strafprozessordnung [stpo] veranlassten telekommunikationsüberwachung der kläger, in denen verschiedene personen gegenüber dem kläger zu 3) die zahlung / übergabe von geldsummen für das nächste treffen mit dem kläger zu 3) ankündigen oder der kläger zu 3) anderen personen mitteilt, dass er geldbeträge in bar erhalten habe. nach einer gesprächsaufzeichnung vom 22.03.2013 erklärte der kläger zu 3) bspw. seiner tochter, der zeugin maral g., dass er von herrn n. 250,00 eur für den anwalt erhalten habe. der kläger zu 3) gab gegenüber seiner tochter lachend an, dass er dieses geld selbst eingesteckt habe. in einer gesprächsaufzeichnung vom 05.10.2013 unterhalten sich die klägern zu 1) und 3) etwa darüber, dass sie nicht wissen, wie sie die ausgaben decken sollen, wenn im nächsten monat nicht vier leute kommen und mitglied werden wollen würden. mit einer e-mail vom 18.04.2013 teilte der kläger zu 3) einer priesterin in malaysia mit, dass er menschen, die mitglied des vereins seien, die erforderlichen ratschläge geben könne. er könne ihnen im zusammenhang mit der anhörung sagen, wie dort gefragt werde und was man als antwort geben müsse, damit man sie positiv stimme. und es gebe viele andere sachen, die er nicht aufschreiben könne, weil sie zu einem beweis gegen ihn ausgelegt werden könnten. wenn man sich näher kennenlerne, könnte sie auch mehr von ihm wissen. im rahmen eines telefonates des klägers zu 3) mit einer gesprächspartnerin im iran am 19.04.2013 teilte der kläger zu 3) dieser u.a. mit, dass ein eintritt in den "verein der zum christentum konvertierten moslems (ckm)" von zahlungen abhänge. wenn die gesprächspartnerin jetzt vor abgabe der steuererklärung des vereins zahle und beitrete, werde es keine probleme geben und der kläger zu 3) werde eine mitgliedschaft für sie und 7 weitere personen seit 2012 bescheinigen. die gesprächspartnerin müsse allerdings ihr religiöses wissen "anheben"; der kläger zu 3) könne ihr gegen die zahlungen das nötige wissen in vorbereitung auf entsprechende prüfungen vermitteln. sie könne sich schon einmal auf der webseite des vereins die informationen über das christentum durchlesen. der kläger zu 3) werde sie dann befragen, um festzustellen, ob sie den text und den inhalt gut verstanden hat und an etwaigen schwächen im unterricht mit ihr arbeiten. 7im rahmen des ermittlungsverfahrens wurde festgestellt, dass der kläger zu 3) inhaber folgender konten war: • commerzbank, kontonummer: xxxxxxxx (ab dem 26.01.2009); • dkb, kontonummer: xxxxxxxxxxxxxxxxx (ab dem 16.03.2009); • dkb, kontonummer: xxxxxxxxxxxxxxxx (vom 16.03.2009 bis zum 09.05.2011); • dkb, kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 13.03.2009); • barclays bank plc, kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 27.04.2012); • sparkasse m. o., kontonummer: xxxxxxxxxx (vom 18.03.2009 bis zum 14.12.2011); • sparkasse m. o., kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 01.06.2001); • sparkasse m. o., kontonummer: xxxxxxxxxx (vom 13.012.2007 bis zum 17.11.2011); • sparkasse m. o., kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 09.12.2011); • sparkasse m. o., kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 18.03.2009); • sparkasse m. o., kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 09.12.2011); • volksbank a.-s.-w.f e.g., kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 16.07.2012) 8zusätzlich war er verfügungsbefugt hinsichtlich folgender konten: • ghadir b., sparkasse m. o., kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 10.06.2008); 9die klägerin zu 1) war verfügungsbefugt über folgende konten: • kläger zu 3), sparkasse m. o., kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 01.06.2003); • kläger zu 3), sparkasse m. o., kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 18.03.2009); • ghadir b., sparkasse m. o., kontonummer: xxxxxxxxxx (ab dem 10.06.2008). 10die klägerin zu 1) und der kläger zu 3) unterhielten zudem ein ausländisches konto bei der advanzia bank s.a. mit sitz in luxemburg. auf dieses konto wurden ab januar 2011 zahlungen in höhe von 19.102,41 eur geleistet, wobei bareinzahlungen nicht berücksichtigt worden sind. ferner verfügte der kläger zu 3) über ein weiteres konto im iran, wo zahlreiche familienmitglieder – u.a. seine mutter - lebten. 11für den "verein der zum christentum konvertierten moslems (ckm)" war am 19.05.2006 ein konto bei der volksbank a.-s.-w. e.g. (kontonummer: xxxxxxxxxx) eröffnet worden, für das allein der kläger zu 3) verfügungsbefugt gewesen ist. 12nach der auswertung der kontobewegungen durch die staatsanwaltschaft d. erfolgten im zeitraum von januar 2011 bis oktober 2013 von den konten der kläger ausgaben in höhe von 261.385,90 eur denen einnahmen in höhe von 251.924,48 eur gegenüberständen, von denen lediglich anteile von 44.579,92 eur (arbeitslosengeld ii) und 888,73 eur (zwischenzeitliches arbeitseinkommen der klägerin zu 1)) der herkunft nach als realeinkommen konkret bestimmt werden könnten. hierbei habe es insgesamt 48.180,00 eur bareinzahlungen gegeben, die fast ausschließlich auf das girokonto des klägers zu 3) bei der sparkasse m. o. erfolgt wären, und barauszahlungen von 59.705,00 eur. unter den zahlungseingängen auf den konten der kläger finden sich vielfach zahlungen, die als verwendungszweck "darlehen" aufweisen. durch herrn a. erfolgten zugunsten der kläger von juli 2012 bis mai 2013 mehrere zahlungen in höhe von insgesamt 5.750,00 eur. von dem konto von herrn alireza g., dem ehemann der zeugin maral g., erfolgten von september 2011 bis november 2012 zahlungen in höhe von 16.220,00 eur, während der kläger zu 3) in diesem zeitraum einmalig 1.500,00 eur auf das konto von alireza g. überwies. herr juan manuel v. überwies am 26.05.2011 einen betrag von 4.000,00 eur mit dem betreff darlehen, woraufhin an diesen durch die kläger kontinuierlich zahlungen von 250,00 eur / 100,00 eur erfolgten. herr erman a. zahlte 2011 an die kläger 3.500,00 eur, während die kläger an diesen 1.419,67 eur zahlten. 13der "verein der zum christentum konvertierten moslems (ckm)" hatte über 1.000 mitglieder wobei nach durchsicht des vereinskontos seit januar 2011 nur 60 einzahler ersichtlich sind. 14bei einer hausdurchsuchung am 30.10.2013, in deren anschluss der kläger zu 3) inhaftiert worden ist, konnte im haushalt der kläger bargeld in höhe von 5.200,00 eur sichergestellt werden. nach der eigenen darstellung des klägers zu 3) endete zeitgleich mit seiner inhaftierung auch die existenz des "vereins der zum christentum konvertierten moslems (ckm)", dessen abwicklung und löschung er bei eintritt in die strafhaft noch veranlasst habe. 15mit anklageschrift vom 28.03.2014 beantragte die staatsanwaltschaft eine eröffnung des strafrechtlichen hauptsacheverfahrens gegenüber dem kläger zu 3), der klägerin zu 1), herrn p., herrn rechtsanwalt m. sowie einem herrn a. den angeschuldigten wurden im zeitraum zwischen märz 2011 und oktober 2013 straftaten nach §§ 95, 96 aufenthaltsgesetz [aufenthg], § 84 asylgesetz [asylg] i.v.m. §§ 25 abs. 2, 27, 52, 53 strafgesetzbuch [stgb] zur last gelegt, die variierend nach den jeweiligen tatbeträgen der angeschuldigten durch bis zu zweiundzwanzig selbstständige handlungen begangen worden seien. mit beschluss vom 04.07.2014 ließ das lg d. unter dem az. 31 kls-125 js xx/13-xx/14 die anklagen der staatsanwaltschaft d. gegenüber dem kläger zu 3), die klägerin zu 1), herrn p., herrn rechtsanwalt m. und herrn a. in unveränderter form zum strafrechtlichen hauptverfahren zu. 16am 07.08.2014, am 14.08.2014, am 15.08.2014 und 21.08.2014 wurden in dem strafverfahren vor dem lg d. hauptverhandlungstermine durchgeführt. 17im verhandlungstermin vom 14.08.2014 verständigten sich die beteiligten nach §§ 202a, 212, 257c stpo auf eine auflagenbedingte einstellung der strafverfahren nach § 154a stpo gegenüber rechtsanwalt m. und herrn a. gegen die zahlung von jeweils 800,00 eur zugunsten einer gemeinnützigen einrichtung, welcher das lg d. mit kammerbeschluss vom 14.08.2014 entsprach. gegenüber dem kläger zu 3), der klägerin zu 1) und herrn p. ist das verfahren fortgeführt worden. im weiteren verlauf des termins erklärten sich die beteiligten mit weiteren verständigungsvorschlägen des gerichtes nach § 257c stpo einverstanden. hiernach wurde herrn p. für eine geständige einlassung zu vier fällen der mittäterschaftlichen verleitung zur missbräuchlichen asylantragstellung nach § 84 abs. 1 asylg i.v.m. §§ 25 abs. 2, 53 stgb eine gesamtstrafe zwischen 60 und 120 tagessätzen in aussicht gestellt. herrn p. ließ sich hierzu geständig ein, worauf das verfahren nach antrag der staatsanwaltschaft d. mit kammerbeschluss nach § 154a abs. 1, abs. 2 stpo auf die vier fälle der mittäterschaftlichen verleitung zur missbräuchlichen asylantragstellung beschränkt werde. für das strafverfahren gegenüber klägerin zu 1) wurde eine einstellung nach § 154a abs. 1, abs. 2 stpo unter auflage einer zahlung von 500,00 eur zugunsten einer gemeinnützigen einrichtung erörtert. gegenüber dem kläger zu 3) stellte das gericht die beschränkung der anklage nach § 154 abs.1, abs. 2 stpo auf vierzehn fälle der verleitung zur missbräuchlichen asylantragstellung nach § 84 abs. 1 asylgesetz [asylg] i.v.m. § 53 strafgesetzbuch [stgb], eine formlose einziehung des sichergestellten geldbetrages von 5.200,00 eur, die aufhebung des bestehenden haftbefehls sowie eine gesamtstrafe zwischen zwei jahren und sechs monaten und drei jahren und sechs monaten in aussicht, falls dieser alsbald ein glaubhaftes geständnis der taten abgeben sollte. 18im darauf folgenden verhandlungstermin vom 15.08.2014 gab der verteidiger des klägers zu 3) eine geständige einlassung zur sache ab, welche sich der kläger zu 3) mit ergänzenden ausführungen zu eigen machte, auf die herausgabe der sichergestellten 5.200,00 eur verzichtete und sich mit der außergerichtlichen einziehung der geldmittel einverstanden erklärte. daraufhin wurde das verfahren gegenüber dem kläger zu 3) nach antrag der staatsanwaltschaft d. mit kammerbeschluss nach § 154 abs. 1, abs. 2, § 154a abs. 1, abs. 2 stpo auf vierzehn fälle der verleitung zur missbräuchlichen asylantragstellung beschränkt. zusätzlich wurde das verfahren gegenüber der klägerin zu 1) mit kammerbeschluss gegen die auflage einer zahlung von 500,00 eur zugunsten der aktion "friedensdorf e.v." nach § 154a abs. 1, abs. 2 stpo eingestellt. auf die weitere vernehmung von zeugen verzichteten der kläger zu 3) und herr p. 19im letzten verhandlungstermin vom 21.08.2014 vernahm das lg d. den an den ermittlungen beteiligten polizeibeamten, herrn marco l., sowie herrn helmut v. als zeugen. mit rechtskräftigem urteil vom 21.08.2014 verurteilte das lg d. den kläger zu 3) nach § 84 abs. 1, abs. 3 nr. 1 asylg i.v.m. § 25 abs. 2, § 53 stgb wegen gewerbsmäßiger verleitung zur missbräuchlichen asylantragstellung in 14 fällen zu einer gesamtfreiheitsstrafe von drei jahren. nach dem tatbestand des strafurteils wirke sich der schlaganfall des klägers zu 3) einschließlich dessen schwerbehinderung nicht auf die schuldfähigkeit des klägers zu 3) nach §§ 20, 21 stgb aus. zu einem nicht näher bestimmten zeitpunkt vor dem 18.03.2011 habe der kläger zu 3) den tatplan gefasst, iranischen und afghanischen staatsangehörigen gegen entgelt dabei behilflich zu sein, in deutschland mittels angabe fingierter und wahrheitswidrig veränderter asylgründe, welche der kläger zu 3) für die asylsuchenden frei erfand, religiöses asyl zu beantragen. in ausführung dieses tatplans habe der kläger zu 3) in der folgezeit asylbewerber, die kurz zuvor eingereist sind oder auch bereits in deutschland gemeldete und deren asyl abgelehnt worden war, z.b. dahingehend beraten und geschult, dass er ihnen wahrheitswidrig bestimmte reisen und bestimmte asylgründe vorgegeben habe. der kläger zu 3) habe auch asylgründe wahrheitswidrig so verändert, dass diese den anforderungen für die zuerkennung von asyl entsprochen hätten, wie sie sich nach vorheriger auswertung seitens des klägers zu 3) aus den anhörungsprotokollen und entscheidungen des bundesamtes für migration und flüchtlinge ergaben, um so die anerkennung der betreffenden asylbewerber als asylberechtigte zu ermöglichen. des weiteren habe der kläger zu 3), seinem tatplan entsprechend, die asylbewerber aufgefordert, christliches kultur- und gedankengut - insbesondere gebete, feiertage und die lebensgeschichte von jesus christus - auswendig zu lernen, um das bundesamt für migration und flüchtlinge und ggf. die zuständigen verwaltungsgerichte bei dem vorstehenden anhörung über eine tatsächlich nicht erfolgte konversion des ausländers zum christentum zu täuschen. dabei habe der kläger zu 3) seine funktion als vorsitzender des von ihm gegründeten "vereins der zum christentum konvertierten moslems (ckm)", der im vereinsregister eingetragen und an seiner wohnanschrift in o. ansässig war, sowie dessen vereinskonto mit der nr. xxxxxxxxxx bei der volksbank a.–s.–w. eg genutzt, für das der kläger zu 3) allein verfügungsberechtigt gewesen. um die angebliche zugehörigkeit der asylbewerber zum christentum zu belegen, habe der kläger zu 3) diese aufgefordert, mitglieder des "vereins der zum christentum konvertierten moslems (ckm)" zu werden, wofür er in der regel bereits im voraus die entrichtung eines "mitgliedsbeitrags" i.h.v. 120,00 eur pro jahr, zumindest aber eine anzahlung darauf, verlangt habe. tatsächlich hätten diese zahlungen jedoch eine entlohnung des klägers zu 3) für dessen zuvor beschriebenen tätigkeiten dargestellt, während der "verein der zum christentum konvertierten moslems (ckm)" selbst für die asylbewerber keinerlei leistungen erbracht hätte. um die anerkennungschancen weiter zu erhöhen, habe der kläger zu 3) den asylbewerbern darüber hinaus die ausstellung von zum teil rückdatierten mitgliedsausweisen sowie die einstellung von persönlichen glaubensbekenntnissen auf der internetseite des vereins angeboten, wofür er entgelte in höhe von jeweils 20,00 eur (mitgliedsausweis) bzw. 350,00 eur (glaubensbekenntnis) verlangt habe. die im namen des vereins vereinnahmten beträge habe der kläger zu 3) für sich selbst verbraucht. darüber hinaus habe er die asylbewerber in mehreren fällen zu weiteren zahlungen an sich veranlasst. sämtliche zahlungen habe der kläger zu 3) seinem zuvor gefassten tatplan entsprechend in der absicht vereinnahmt, sich aus der wiederholten tatbegehung eine fortlaufende einnahmequelle von einigen umfang und einiger dauer zu verschaffen. diese absicht habe in allen fällen das bestimmende motiv für das handeln des klägers zu 3) dargestellt. lediglich als untergeordnete nebenaspekte hätten möglicherweise auch die in einem eigenen christlichen glauben des klägers zu 3) wurzelnden aspekte der hilfsbereitschaft und emission eine rolle gespielt. tatsächlich habe der kläger zu 3) in dem zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.10.2013 einnahmen in höhe von ca. 260.000,00 eur erzielt, die weder aus dem bezug von sozialleistungen noch aus einer legalen beschäftigung stammen würden. aus den 14 fällen, auf die das verfahren konkret beschränkt worden ist, habe der kläger zu 3) von verschiedenen personen für seine tätigkeiten entgelte in höhe von 7.670,00 eur erhalten, die er in der folge jeweils für sich vollständig verbraucht habe. auf die weitere begründung des urteils des lg d., mit dem auch der angeklagte p. rechtskräftig wegen verleitung zur missbräuchlichen asylantragstellung in vier fällen zu einer gesamtgeldstrafe von 90 tagessätzen zu je 35,00 eur verurteilt worden ist, wird bezug genommen. 20während des strafverfahrens befand sich der kläger zu 3) vom 30.10.2013 bis zum 15.08.2014 in untersuchungshaft. der kläger zu 3) war nach abschluss des strafverfahrens in der jva b.-s., außenstelle b., r.weg hausnummer xx, xxxxx d.-b. inhaftiert. 21mit anhörungsschreiben vom 13.01.2015 wies der beklagte die kläger darauf hin, dass aufgrund der ermittlungen der staatsanwaltschaft d. davon ausgegangen werde, dass einkommen aus den gewerbemäßig begangenen straftaten erzielt worden sei. im zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.03.2012 seien für die klägerin zu 1) leistungen in höhe von 3.401,58 eur, für den kläger zu 3) leistungen in höhe von 3.401,56 eur und für die klägerin zu 2) in leistungen in höhe von 2.842,36 eur überzahlt worden. im zeitraum vom 01.04.2012 bis zum 30.09.2012 seien für die klägerin zu 1) leistungen in höhe von 3.253,83 eur, für den kläger zu 3) leistungen in höhe von 3.253,82 eur und für die klägerin zu 2) in leistungen in höhe von 2.709,39 eur überzahlt worden. im zeitraum vom 01.10.2012 bis zum 31.03.2013 seien für die klägerin zu 1) leistungen in höhe von 3.278,07 eur, für den kläger zu 3) leistungen in höhe von 3.278,07 eur und für die klägerin zu 2) in leistungen in höhe von 3.863,19 eur überzahlt worden. im zeitraum vom 01.04.2013 bis zum 31.10.2013 seien für die klägerin zu 1) leistungen in höhe von 3.857,40 eur, für den kläger zu 3) leistungen in höhe von 3.841,32 eur und für die klägerin zu 2) in leistungen in höhe von 3.433,85 eur überzahlt worden. die aufhebung würde sich jeweils nach § 45 abs. 2 s. 3 nr. 2 zehntes buch sozialgesetzbuch [sgb x] richten, weil in den jeweiligen leistungsanträgen zumindest grob fahrlässig falsche angaben gemacht worden seien. die kläger wurden aufgefordert sich bis zum 30.01.2015 zu der angelegenheit zu äußern. eine reaktion der kläger erfolgte nicht. 22mit den hier angefochtenen bescheiden vom 04.02.2015 hob der beklagte gegenüber den klägern gesondert – unter konkreter benennung der jeweils aufzuhebenden leistungsbescheide - die leistungsbewilligungen für den zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 vollständig auf und forderte die rückzahlung von für diesen zeitraum zu unrecht gezahlten leistungen in höhe von insgesamt 40.414,44 eur. im zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.03.2012 seien für die klägerin zu 1) leistungen in höhe von 3.401,58 eur, für den kläger zu 3) leistungen in höhe von 3.401,56 eur und für die klägerin zu 2) in leistungen in höhe von 2.842,36 eur überzahlt worden. im zeitraum vom 01.04.2012 bis zum 30.09.2012 seien für die klägerin zu 1) leistungen in höhe von 3.253,83 eur, für den kläger zu 3) leistungen in höhe von 3.253,82 eur und für die klägerin zu 2) in leistungen in höhe von 2.709,39 eur überzahlt worden. im zeitraum vom 01.10.2012 bis zum 31.03.2013 seien für die klägerin zu 1) leistungen in höhe von 3.278,07 eur, für den kläger zu 3) leistungen in höhe von 3.278,07 eur und für die klägerin zu 2) in leistungen in höhe von 3.863,19 eur überzahlt worden. im zeitraum vom 01.04.2013 bis zum 31.10.2013 seien für die klägerin zu 1) leistungen in höhe von 3.857,40 eur, für den kläger zu 3) leistungen in höhe von 3.841,32 eur und für die klägerin zu 2) in leistungen in höhe von 3.433,85 eur überzahlt worden. gegenüber der klägerin zu 1) wurde ein rückzahlungsanspruch von insgesamt 13.790,88 eur geltend gemacht. die klägerin zu 2) forderte der beklagte zur rückzahlung von insgesamt 12.848,79 eur auf. der kläger zu 3) wurde aufgefordert an den beklagten insgesamt 13.774,77 eur zurück zuzahlen. zur begründung der streitgegenständlichen bescheide verwies der beklagte bzgl. der aufhebungsentscheidung jeweils auf § 45 abs. 2 s. 3 nr. 2, nr. 3 sgb x. die fehlerhafte bewilligung sei erfolgt, da die kläger in ihren anträgen jeweils falsche angaben gemacht hätten. darüber hinaus sei den klägern die fehlerhafte leistungsbewilligung bekannt gewesen. diese hätten erkennen können, dass ihnen leistungen nicht in der bewilligten höhe zugestanden hätten. 23am 10.02.2015 erhoben die kläger jeweils widerspruch gegen die aufhebungs- und erstattungsbescheide vom 04.02.2015. zur begründung führten die kläger aus, es seien keine einnahmen erzielt worden. vielmehr würde es sich um ein missverständnis handeln. der kläger zu 3) habe zum angegebenen zeitpunkt kein einkommen aus einer erwerbsmäßigen tätigkeit erzielt. hierüber könnten die anwälte aus dem strafverfahren auskunft geben. über ihren früheren prozessbevollmächtigten ließen die kläger später vortragen, dass sie keinerlei einkünfte durch einschleusungen von asylbewerbern gehabt hätten. 24mit widerspruchsbescheid vom 05.07.2016 wies der beklagte die widersprüche als unbegründet zurück. die aufhebung der leistungsbewilligungen nach § 45 sgb x sei ebenso wenig zu beanstanden wie die erstattungsforderung nach § 50 sgb x. laut den ermittlungen der staatsanwaltschaft d. sei der kläger zu 3) vorwiegend iranischen und afghanischen staatsangehörigen gegen entgelt dabei behilflich gewesen, in deutschland mittels angabe fingierter und wahrheitswidrig veränderter asylgründe, welche er für die asylsuchenden erfand, religiöses asyl zu beantragen. in dem von der staatsanwaltschaft d. überwachten zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.10.2013 habe er einnahmen von 314.339,05 eur gehabt, von denen lediglich ca. 55.087,23 eur aus regulären einnahmen (realeinkommen/arbeitslosengeld) herrühren würden. diese ermittlungen würden eindrucksvoll bestätigen, dass sich der kläger zu 3) aus der wiederholten tatbegehung eine tatsächlich fortlaufende einnahmequelle von einigem umfang und einiger dauer verschafft habe. insofern werde auf das ermittlungsverfahren der staatsanwaltschaft d. und das urteil des lg d. vom 08.10.2014 (az. 31 kls-125 js xx/13-xx/14) bezug genommen. die so erzielten einnahmen hätten die kläger trotz aufklärung über ihre mitwirkungspflichten bei der beantragung von sgb ii-leistungen gegenüber dem beklagten nicht angegeben. in der zeit von januar 2011 bis oktober 2013 seien aus den illegalen tätigkeiten des klägers zu 3) durchschnittlich mindestens 7.625,05 eur erzielt worden (314.339,05 eur abzgl. 55.087,23 eur / 34 monate), woraus der bedarf der 3-personen-bedarfsgemeinschaft vollumfänglich hätte gedeckt werden können. die leistungsbewilligung sei von anfang an rechtswidrig gewesen und habe auf den falschen angaben des klägers zu 3) beruht. die kläger hätten daher die zu unrecht geleisteten zahlungen in der entsprechenden höhe zu erstatten. 25die kläger haben am 29.07.2016, vertreten durch ihren früheren prozessbevollmächtigten, vor dem sg d. klage erhoben. nachdem der frühere prozessbevollmächtigte der kläger das mandat nach akteneinsicht mit schriftsatz vom 08.11.2016 niedergelegt hat und der darauf folgende prozessbevollmächtigte der kläger zwischenzeitlich verstarb werden die kläger durch ihre gegenwärtige prozessbevollmächtigte vertreten. 26die kläger tragen zur klagebegründung vor, es werde in der bescheidung nicht dargestellt, welches einkommen die kläger tatsächlich gehabt hätten. außerdem sei das zuflussprinzip nicht beachtet worden. der beklagte habe nachzuweisen, in welchen monaten exakt welches einkommen vorgelegen habe, um sodann monat für monat die vermeintliche überzahlung zu berechnen. die bescheide seien bereits deshalb rechtswidrig, da jede einzelne monatliche berechnung fehle. darüber hinaus hätten die kläger auch gar kein einkommen erzielt; jedenfalls nicht in der höhe, welche der beklagte geltend mache. die kläger bestreiten, dass sie ein einkommen von monatlich 7.625,05 eur erzielt hätten. bei dem hierfür angesetzten betrag von 259.251,82 eur würde es sich um einen reinen phantasiebetrag handeln. selbst wenn man die beträge aus den vierzehn fällen addiere, die dem strafurteil zugrunde liegen würden, ergebe sich insgesamt ein einkommensbetrag in höhe von ca. 7.000,00 eur. der betrag von 259.251,82 eur, welchen die staatsanwaltschaft zugrunde gelegt habe, könne mit den kosten der vergeblichen privatärztlichen behandlungsversuche für den sohn der kläger erklärt werden, der am 25.08.20xx verstorben ist. hierfür hätten die kläger private finanzmittel von insgesamt 43.800,00 eur eingesetzt. diese beträge seien hin und her überwiesen worden, um überziehungszinsen zu sparen und weiterhin dispositionskredite zu erhalten. geld, welches die kläger zunächst von einem konto in bar abgehoben hätten, sei am gleichen oder nächsten tag auf ein anderes konto der kläger (wieder) eingezahlt worden. das geld sei dabei zwischen den verschiedenen konten nicht überwiesen, sondern jeweils in bar eingezahlt worden, weil überweisungen nicht so einfach möglich gewesen wären. diese immer wiederkehrenden einzahlungen seien von der staatsanwaltschaft jeweils als eigenständige einnahme deklariert worden. unterlagen dazu könnten die kläger jedoch nicht mehr vorlegen, da diese sämtlich im strafverfahren beschlagnahmt worden seien. die kläger hätten über keinerlei einnahmen verfügt, so dass die rückforderungsbescheide rechtswidrig seien. insgesamt hätten die kläger im zeitraum von 2011 bis 2013 eine mastercard gold für den kläger zu 3), eine mastercard gold für die klägerin zu 1), ein konto des klägers zu 3) bei der dkb bank, ein gemeinsames konto der kläger zu 1) und 3) bei der sparkasse m. o., ein konto des klägers zu 3) bei der barclays bank, ein konto der klägerin zu 1) bei der barclay bank und ein gemeinsames konto der kläger zu 1) und 3) bei der commerzbank, auf welches die leistungen des beklagten ausgezahlt worden sind. es könne sein, dass seitens der kläger bei dem beklagten lediglich ein einziges konto, das konto bei der commerzbank, angegeben hatten. man habe von einer angabe der anderen konten abgesehen, da diese kein guthaben ausgewiesen hätten, so dass davon ausgegangen worden sei, dass sie nicht anzugeben gewesen wären. die einzahlung von ca. 20.000,00 eur durch die zeugin maral g. auf dem konto der kläger beruhe darauf, dass die kläger zuvor dem vermieter ihrer tochter während ihres studiums das konto für die begleichung der mietzahlungen zur verfügung gestellt habe und die tochter nunmehr den gesamtbetrag zurückzahle. der kläger zu 3) sei zwar wegen vierzehn fällen der gewerbsmäßigen verleitung zur missbräuchlichen asylantragstellung rechtskräftig durch das lg d. verurteilt worden. nach den feststellungen des urteils des lg d. vom 08.10.2014 habe der kläger zu 3) insgesamt beträge in höhe von 7.630,00 eur vereinnahmt. diese beträge würden aber kein einkommen des klägers zu 3) darstellen, sondern seien für den "verein der zum christentum konvertierten moslems (ckm)" verbraucht worden. mit den vereinnahmten geldern seien allein die ausgaben des vereins bestritten worden. bezüglich des "vereins der zum christentum konvertierten moslems (ckm)" sei der kläger zu 3) erster vorsitzender gewesen und habe mitgliedsbeiträge in höhe von 120,00 eur eingezogen und dem vereinskonto zugeführt. sodann habe er anlässlich eines jeden gottesdienstes von diesen geldern gemeinsame frühstücke finanziert und auch für umfangreiche bewirtung bei tauffeiern gesorgt. dies könnten die vereinsmitglieder und die pfarrerin bezeugen. der verein sei von dem gründungsjahr 2006/2007 bis 2013, dem zeitpunkt der inhaftierung des klägers zu 3), aktiv gewesen und habe am ende ca. 300 bis 400 mitglieder gehabt. der kläger zu 3) habe die vereinsführung alleine übernommen, der auch die finanzen des vereines allein verwaltet und die steuererklärung gemacht habe. der verein sei über mitgliedsbeiträge von jährlich 120,00 eur bzw. 10,00 eur monatlich finanziert worden. früher habe der mitgliedsbeitrag auch einmal 20,00 eur im jahr betragen. die tatsächliche zahlung sei aber keine notwendigkeit für den beitritt oder verbleib eines mitglieds gewesen. es habe keine regelmäßigen zahlungen gegeben. es habe auch mitglieder gegeben, die nie gezahlt hätten. daneben habe es spendengelder der mitglieder gegeben, deren höhe seitens der kläger nicht mehr mitgeteilt werden könne, und der kläger zu 3) habe dem verein teilweise seine privaten gelder zugewandt. andersherum habe der kläger zu 3) habe niemals finanzmittel des vereines für seine privaten zwecke verwandt. teilweise seien die in bar gezahlten mitgliedsbeiträge oder spenden von dem privatkonto des klägers zu 3) auf das vereinskonto überwiesen und das jeweilige mitglied als überweisungsbetreff angegeben worden. von den mitgliedern seien zudem besondere anlassbezogene auslagen zugunsten von feiern, anwaltskosten, hotelübernachtungen u.a. von den mitgliedern gesondert erstattet worden. das strafverfahren sei damals aufgrund des vorwurfes einer umfangreichen hoch kriminellen schleusertätigkeit wegen einer falschaussage eines jugendlichen eingeleitet worden. diese vorwürfe seien sämtlich fallen gelassen worden. übrig geblieben sei eine verurteilung in vierzehn fällen wegen gewerbsmäßiger verleitung zur missbräuchlichen asylantragstellung. diese verurteilung habe auf einem "deal" zwischen strafgericht und verteidigung beruht. keiner der ursprünglich vorgesehenen vierzehn zeugen sei im gerichtsverfahren vernommen worden. zu den vierzehn fällen, auf die das strafgericht die verurteilung des klägers zu 3) gestützt habe, sei folgendes anzumerken: 27- fall 1: der erwähnte betrag von 1.300,00 eur sei dem kläger zu 3) von herrn a., dessen ladungsfähige anschrift den klägern nicht bekannt sei, zur begleichung einer mietkautionsforderung überlassen worden. bevor die kaution gezahlt worden sei, sei der betrag aber bereits bei der hausdurchsuchung beschlagnahmt worden; 28- fall 2: herr n., dessen anschrift unbekannt sei, habe dem kläger zu 3) lediglich einmal 50,00 eur zur einzahlung gebracht, welche außergerichtlich an den ebenfalls strafrechtlich verfolgten herrn rechtsanwalt m. weitergeleitet worden wären; 29- fall 3: herr n., dessen anschrift ebenfalls unbekannt sei, habe dem kläger zu 3) 140,00 eur zur finanzierung einer trauerfeier gegeben. 30mit späterem schriftsatz vom 28.08.2018 führten die kläger hierzu hingegen aus, dass diesbezüglich in informationsirrtum vorliege. für einen taufausweis habe herr n.20,00 eur entrichtet, während die übrigen 120,00 eur für die mitgliedschaft im verein gezahlt worden seien. 31- fall 4: herr no., dessen anschrift auch unbekannt sei, habe keine gelder gezahlt; 32- fall 5: herr k., dessen anschrift auch unbekannt sei, habe 600,00 eur gezahlt, von denen 300,00 eur an den ebenfalls strafrechtlich verfolgten herrn rechtsanwalt m. weitergeleitet worden seien. der weitere betrag von 300,00 eur habe der veröffentlichung des glaubensbekenntnisses des herrn k. auf der internetseite des vereins gedient. 33- fälle 6 bis 14: die in den weiteren fällen aufgelisteten beträge hätten der finanzierung der frühstücksfeiern anlässlich der bibelkreise sowie der bewirtung bei den tauffeiern gedient und seien von dem kläger zu 3) für den verein vereinnahmt und ausgegeben worden. 34hinsichtlich der sichergestellten 5.200,00 eur gelte folgendes: herr a. sei ein teilnehmer des bibelkreises und ein bekannter der kläger gewesen, der sich um ihren verstorbenen sohn gesorgt habe und ebenfalls im kreis w. wohnhaft gewesen sei. er könne bezeugen, dass der im fall 1 erwähnte betrag von 1.300,00 eur an den kläger zu 3) zwecks einzahlung des entsprechenden kautionsbetrages für seine neu angemietete wohnung übergeben worden sei. weitere 3.500,00 eur seien dem kläger zu 3) von einem in der schweiz lebenden bekannten, herrn g., im wege eines darlehens überlassen worden, damit dieser damit ein auto erwerben könne. der kontakt sei abgebrochen, nachdem der kläger zu 3) den betrag nicht habe zurückzahlen können. die restlichen 400,00 eur würden der zeugin maral g. gehören. mit den strafverfolgungsbehörden und dem strafgericht sei damals nie über die herkunft des geldes gesprochen worden, mit dessen einziehung sich der kläger zu 3) einverstanden erklärt habe, weil er sich dadurch ein milderes urteil für sich und seine angehörigen versprochen habe. 35die kläger beantragen mit schriftsatz vom 28.07.2016, 36die aufhebungs- und erstattungsbescheide des beklagten vom 04.02.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 05.07.2016 aufzuheben. 37der beklagte beantragt mit schriftsatz vom 18.10.2016, 38die klage abzuweisen. 39der beklagte hat in der hauptsache beantragt, die klage abzuweisen. er verweist ergänzend zu den ausführungen im widerspruchsbescheid darauf, dass der kläger zu 3) im streitgegenständlichen zeitraum durchgehend einkünfte aus einer gewerbemäßigen beschäftigung (einschleusen von asylbewerbern) erzielt habe. soweit sich die klägerseite nun auf das zuflussprinzip berufe, dürfte eine beweislastumkehr gegeben sein. eine solche sei nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts dann gerechtfertigt, wenn eine besondere beweisnähe zu einem beteiligten bestünde. dies solle dann der fall sein, wenn in dessen persönlicher sphäre oder in dessen verantwortungsbereich wurzelnde vorgänge nicht aufklärbar seien und ein zeitnahe aufklärung des sachverhaltes durch unterlassene angaben oder unzureichende mitwirkung bei der sachverhaltsaufklärung erschwert oder verhindert werde (bsg, urt. v. 15.06.2016 – b 4 as 41/15 r). bei dem beklagten hätten die kläger im zeitraum des leistungsbezuges allein das konto bei der commerzbank ein einziges konto angegeben, auf das auch die auszahlung der leistungen begehrt worden sei. von der fülle der konten der kläger hätte der beklagte vor dem ermittlungsverfahren keine ahnung gehabt. auch in der anlage vm seien keine zusätzlichen konten durch die kläger eingetragen worden. 40mit verfügung vom 20.05.2019, die vom kammervorsitzenden mit vollem namen unterschrieben worden ist, hat das gericht die kläger unter hinweis auf § 106a abs. 1, abs. 2 sozialgerichtsgesetz [sgg] sowie erläuterung der rechtsfolgen aufgefordert, binnen vier wochen nach zugang des schreibens beweismittel für den klägerischen vortrag aus dem schriftsatz vom 13.11.2017 nebst einem eingereichten schaubild der kläger zu angeblichen belastungen von kreditkarten und kontonummern einzureichen, sofern solche noch vorhanden sind. ferner wurden die kläger zur einreichung von unterlagen zu den vorgetragenen privatärztlichen behandlungen des sohnes aufgefordert. auf den inhalt der verfügung wird im übrigen verwiesen. die verfügung ist in beglaubigter abschrift gegen empfangsbekenntnis an die prozessbevollmächtigte der kläger versandt worden. 41mit schriftsatz vom 13.06.2019 bestätigte die prozessbevollmächtigte der kläger einen erhalt der verfügung vom 20.05.2019 am 27.05.2019. ferner reichte sie kontoübersichten über teilzeiträume bzgl. vier konten der kläger bei der barclays bank plc ein: 42- iban: dexx xxxx xxxx xxxx xxxx xx über die teilzeiträume vom 11.10.2011 bis zum 10.11.2011, vom 11.04.2012 bis zum 09.06.2012, vom 11.09.2012 bis zum 10.10.2012, vom 11.11.2012 bis zum 09.02.2013; 43- iban: dexx xxxx xxxx xxxx xxxx xx über die teilzeiträume vom 11.05.2012 bis zum 09.06.2012, vom 11.11.2012 bis zum 09.02.2013; 44- iban: dexx xxxx xxxx xxxx xxxx xx über die teilzeitraum vom 15.03.2013 bis zum 13.04.2013; 45- iban: dexx xxxx xxxx xxxx xxxx xx über den teilzeitraum vom 15.03.2013 bis zum 13.04.2013. 46sämtliche kontoauszüge, insbesondere des hauptkontos der kläger bei der stadtsparkasse m. o., seien bei der hausdurchsuchung durch die polizei sichergestellt und den klägern sodann nicht mehr ausgehändigt worden. die gelder seien immer hin und her überwiesen worden, um die anfallenden zinsen so gering wie möglich zu halten. die kläger seien vollkommen verschuldet gewesen und hätten versucht mit den umbuchungen ihre schulden einigermaßen im griff zu behalten. hätten die kläger, wie ihnen vorgeworfen werde, über bares schwarzgeld verfügt, so hätten sie sicherlich nicht mit der kreditkarte eingekauft und hierüber auch kleinstbeträge beglichen (bspw. einkäufe bei dm oder netto). hinsichtlich der privatärztlichen behandlungen des verstorbenen sohnes der kläger könnten rechnungen, zahlungsnachweise etc. nicht erbracht werden. den klägern sei seinerzeit mitgeteilt worden, dass ihr sohn keine überlebenschancen hätte. da sie dies nicht hätten wahr haben wollen, hätten sie selbst im internet recherchiert und selbst den "wildesten versprechungen" glauben geschenkt. dann seien mittel für teilweise immense summen erworben worden. diese käufe seien jedoch nicht quittiert worden, da die verkäufer aus naheliegenden gründen den verkauf nicht hätten dokumentiert wissen wollen. die kläger könnten weder namen noch anschrift der verkäufer mitteilen, da ihnen diese nicht bekannt seien. 47das gericht hat beweis erhoben durch vernehmung der zeugen g. und s. im erörterungstermin vom 18.04.2019 sowie der zeugen a. und l. im verhandlungstermin vom 26.07.2019; wegen des inhaltes der zeugenaussagen sowie der weiteren einlassungen der kläger wird auf die jeweiligen sitzungsprotokolle verwiesen. die zeugin g. hat im verhandlungstermin vom 26.07.2019 unter berufung auf ihr eidesverweigerungsrecht die beeidigung ihrer eigenen zeugenaussage aus dem früheren erörterungstermin vom 18.04.2019 verweigert und eine weitere aussage unter berufung auf ihr zeugnisverweigerungsrecht verweigert. 48die prozessbevollmächtigte der kläger sieht die darstellung der kläger durch die in den sonderbänden der finanzermittlung der bundespolizeiinspektion kriminalitätsbekämpfung flughafen frankfurt/main dokumentierten umsätze der kläger bestätigt. insbesondere seien private darlehen getätigt und wieder getilgt worden sein. die im rahmen der telefonüberwachung vermeintlich festgestellten barzahlungen die vereinsmitglieder seien häufig gar nicht geflossen. die von den konten der kläger getätigten swarovski-einkäufe wären an die eltern des klägers im iran versandt worden, damit diese die waren dort gewinnbringend verkaufen würden. auf diese weise habe der kläger zu 3) seinen eltern etwas von dem geld wiedergeben wollen, welches diese infolge der krankheit seines sohnes an ihn gezahlt hätten. so seien auch die zahlungen von 2.960,00 eur und 2.755,00 eur zu erklären, welche vom konto der mutter des klägers zu 3) durch herrn ashgar b. nach deutschland gebracht und hier auf das konto des klägers eingezahlt worden seien. die zahlungen der zeugin maral g. seien damit zu erklären, dass die kläger von ihrem konto in der vergangenheit die zahlungen an den vermieter der zeugin erbracht hätten und auch andere zahlungen des täglichen lebensgetätigt hätten. nachdem die zeugin g.i dann mitbekommen habe, dass ihre eltern wegen der erkrankung des sohnes in finanzielle schwierigkeiten gekommen seien, habe sie im rahmen ihrer möglichkeiten das geld an die kläger zurückerstattet. im übrigen verweist das gericht auf das schreiben der prozessbevollmächtigten vom 11.10.2019. 49der beklagte sieht mit dem schriftsatz vom 17.04.2020 hingegen durch die in den sonderbänden der finanzermittlung der bundespolizeiinspektion kriminalitätsbekämpfung flughafen frankfurt/main vorhandenen unterlagen seine eigene darstellung bestätigt. hieraus gingen erhebliche kontoumsätze hervor, welche nicht mehr nur mit verschiebungen von einem konto auf das andere, sondern nur unter der annahme zusätzlicher einnahmequellen erklärbar seien. u.a. sei nicht nachgewiesen, dass zahlreiche als darlehen deklarierte zahlungseingänge tatsächlich auf darlehen zurückgeführt werden könnten. aber selbst wenn dies der fall wäre, würde dies die frage aufwerfen, aus welcher quelle die dann von den klägern zunächst als darlehen zur verfügung gestellten beträge stammen würden. den ermittelten fixkosten der kläger von 115.754,12 eur stünde ein erkennbares realeinkommen von 51.834,37 eur gegenüber, was einen monatlichen durchschnittsfehlbetrag von ca. 2.000,00 eur begründen würde. da die kläger haben über 32 monate diesen fehlbetrag hätten weitestgehend ausgleichen können, sei davon auszugehen, dass sie sich durch den verein eine einnahmequelle von nicht unerheblicher höhe geschaffen hätten. im übrigen verweist das gericht auf das schreiben der beklagten vom 17.04.2020. 50mit schriftsätzen vom 30.01.2020 und vom 17.04.2020 haben die beteiligten gegenüber dem gericht ihr einverständnis mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung nach § 124 abs. 2 sgg jeweils ausdrücklich erklärt. 51wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf die gerichtsakte, die leistungsakte der beklagten und die beigezogene ermittlungsakten der staatsanwaltschaft d. (az. 125 js xx/13 v) sowie des lg d. (az. 31 kls-125 js xx/13-xx/14) und die im termin vom 26.07.2019 übergegebenen sonderbände der finanzermittlung der bundespolizeiinspektion kriminalitätsbekämpfung flughafen frankfurt/main, band i bis iii, die gegenstand der entscheidung waren. 52 | 53die statthaften isolierten anfechtungsklagen der kläger zu 1) bis 3), die im wege einer zulässigen klagehäufung gemeinsam geltend gemacht werden (§ 54 abs. 1 s. 1 alt. 1, § 56 sgg), sind jeweils in bezug auf die individuell ergangenen aufhebungs- und erstattungsentscheidungen vom 04.02.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 05.07.2016 zulässig, aber unbegründet. 54i. das gericht kann vorliegend ohne mündliche verhandlung entscheiden. die beteiligten haben zuvor mit schriftsätzen vom 30.01.2020 und 17.04.2020 jeweils ausdrücklich ihr einverständnis zur entscheidung ohne mündliche verhandlung nach § 124 abs. 2 sgg erklärt. das einverständnis ist vor entscheidung ohne mündliche verhandlung nicht widerrufen worden. 55ii. die auch im übrigen zulässigen klagen der kläger sind als sog. isolierte anfechtungsklagen nach § 54 abs. 1 s. 1 alt. 1 sgg statthaft. den jeweiligen klagebegehren der einzelnen kläger, die beseitigung der aufhebungsentscheidung sowie der daraus folgenden rückzahlungspflicht bzgl. der individuell für den zeitraum vom 1.09.2011 bis zum 31.10.2013 überzahlten leistungen, kann bereits mit der entsprechenden aufhebung des aufhebungs- und erstattungsbescheides vom 04.02.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 05.07.2016 durch das gericht entsprochen werden. 56dass die verschiedenen kläger die klage dabei gemeinsam gegen die einzelnen bescheide erhoben haben, ist im wege einer subjektiven (§ 74 sgg i.v.m. §§ 59 zivilprozessordnung [zpo]) und objektiven (kumulativ-) klagehäufung nach § 56 sgg zulässig (vgl. allgemein hierzu: adams, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgg, 1. aufl., § 56 sgg (stand: 15.07.2017), rn. 3, 12). 57iii. die isolierten anfechtungsklagen der kläger nach § 54 abs. 1 s. 1 alt. 1 sgg sind jedoch unbegründet. die aufhebungs- und erstattungsbescheide des beklagten vom 04.02.2015 sind jeweils in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 05.07.2016 rechtmäßig. dies gilt gleichermaßen in bezug auf die aufhebungsentscheidungen (1.) als auch für die erstattungsentscheidungen (2.). 581. die vollständige aufhebung der leistungsbewilligungen der kläger für den zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 ist rechtmäßig erfolgt. 59a) ermächtigungsgrundlage der hier vorgenommenen aufhebungen der bewilligungsbescheide für den zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 ist § 45 abs. 1 s. 1 sgb x i.v.m. § 330 abs. 2 drittes buch sozialgesetzbuch [sgb iii] i.v.m. § 40 abs. 2 nr. 3 sgb ii. 60die abgrenzung zwischen § 45 sgb x (anfängliche rechtswidrigkeit) und § 48 sgb x (nachträgliche rechtswidrigkeit) richtet grundsätzlich danach, ob die rechtswidrigkeit bereits im zeitpunkt der bekanntgabe des aufzuhebenden bescheides vorgelegen hat (vgl. allgemein zur abgrenzung: padé, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb x, 2. aufl. 2017, § 45 sgb x, rn. 50 ff. m.w.n. aus der rechtsprechung). bezugspunkt der abgrenzungsentscheidung ist dabei einheitlich der zeitpunkt der bekanntgabe des letzten änderungsbescheides für den fraglichen zeitraum, da dieser den ursprünglichen bewilligungsbescheid abändert und ersetzt (lsg sachsen-anhalt, urt. v. 26.08.2015 – l 4 as 335/11, juris, rn. 26; padé, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb x, 2. aufl. 2017, § 45 sgb x, rn. 58; vgl. auch: bsg, urt. v. 07.07.2005 – b 3 p 8/04 r, juris, rn. 16). 61ausgehend von der annahme des beklagten, dass die kläger infolge fortgesetzter straftaten der kläger zu 1) und 3) im zeitraum ab januar 2011 gegen entgelt laufend über weitere unbekannte und berücksichtigungsfähige finanzmittel verfügt haben, ist nicht erkennbar, dass es sich um eine erst nachträglich eingetretene rechtswidrigkeit der fraglichen bewilligungsbescheide handeln würde. vielmehr muss dann davon ausgegangen werden, dass diese finanzmittel bereits zum erlasszeitpunkt jedes einzelnen bewilligungs- und änderungsbescheides seit dem 16.09.2011 hätten leistungsmindernd bei den klägern hätten berücksichtigt werden müssen, so dass diesbezüglich allenfalls eine anfängliche rechtswidrigkeit der bewilligungsentscheidungen i.s.d. § 45 sgb x in betracht kommen kann, da diese keine weiteren finanzmittel der kläger berücksichtigten. 62b) die aufhebungen sind formell rechtmäßig erfolgt. die notwendige anhörung der kläger nach § 24 abs. 1 sgb x vor erlass der aufhebungsentscheidung erfolgte vorliegend durch schreiben des beklagten vom 13.01.2015. bis zum erlass der aufhebungsentscheidung hatten die kläger eine ausreichende möglichkeit zur stellungnahme, auch wenn sie diese tatsächlich nicht genutzt haben. 63unabhängig davon konnten sich die kläger auch im rahmen des durchgeführten widerspruchsverfahrens zu allen relevanten umständen, die ihnen zuvor durch die begründung der aufhebungsentscheidung bekannt waren, ausreichend äußern, so dass ohnehin eine heilung nach § 41 abs. 1 nr. 3, abs. 2 sgb x eingetreten wäre (vgl. hierzu: bsg, urt. v. 09.11.2010 - b 4 as 37/09 r, juris, rn. 17 m.w.n.; schneider-danwitz, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb x, 2. aufl. 2017, § 41 sgb x, rn. 31; aubel, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb ii, 4. aufl. 2015, § 40, rn. 14). 64c) die aufhebungsentscheidungen für den zeitraum vom 16.09.2015 bis zum 31.10.2013 sind auch materiell-rechtmäßig. die aufhebungsvoraussetzungen nach § 45 abs. 1 s. 1 sgb x i.v.m. § 330 abs. 2 sgb iii i.v.m. § 40 abs. 2 nr. 3 sgb ii sind vorliegend erfüllt. 65nach § 45 abs. 1 sgb x darf ein rechtswidriger, begünstigender verwaltungsakt nur unter den einschränkungen der absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit wirkung für die zukunft oder für die vergangenheit zurückgenommen werden. der verwaltungsakt darf dabei nicht zurückgenommen werden, soweit der begünstigte auf den bestand des verwaltungsaktes vertraut hat und sein vertrauen unter abwägung mit dem öffentlichen interesse an einer rücknahme schutzwürdig ist (§ 45 abs. 2 s. 1 sgb x). allerdings ist kein vertrauensschutz gegeben, wenn der begünstigte den verwaltungsakt durch arglistige täuschung, drohung oder bestechung erwirkt hat (§ 45 abs. 2 s. 3 nr. 1 sgb x) oder der verwaltungsakt auf angaben beruht, die der begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 abs. 2 s. 3 nr. 2 sgb x). ferner kann sich der begünstigte nach § 45 abs. 2 s. 3 nr. 3 sgb x nicht auf vertrauen berufen, soweit er die rechtswidrigkeit des verwaltungsaktes kannte oder infolge grober fahrlässigkeit nicht kannte; grobe fahrlässigkeit liegt vor, wenn der begünstigte die erforderliche sorgfalt in besonders schwerem maße verletzt hat. 66aa) die aufhebungsentscheidungen sind inhaltlich hinreichend bestimmt i.s.d. § 33 abs. 1 sgb x, wenn gegenüber den klägern sämtliche bewilligungsentscheidungen für den zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 aufgehoben werden. 67unabhängig davon, dass nach der rechtsprechung des bundessozialgericht regelmäßig bereits die bezeichnung des bewilligungszeitraumes zur herbeiführung der bestimmtheit ausreichend ist (bsg, urt. v. 04.06.2014 - b 14 as 2/13 r, juris, rn. 32; bsg, urt. v. 10.09.2013 - b 4 as 89/12 r, juris, rn. 16; pattar, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb x, 2. aufl., § 33 sgb x (stand: 01.12.2017), rn. 45), hat der beklagte auch die jeweiligen bewilligungsbescheide mit erlassdaten konkret benannt und damit eine eindeutige bestimmbarkeit der begünstigen bescheide herbeigeführt, die von der aufhebungsentscheidung gegenüber allen klägern und bezüglich aller für den zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 bewilligten leistungen erfasst werden sollen. 68der beklagte hat dabei auch die insofern notwendige individualisierung der jeweils aufzuhebenden leistungsanteile der kläger, als einzelne mitglieder der bedarfsgemeinschaft, vorgenommen (bsg, urt. v. 16.05.2012 - b 4 as 154/11 r, juris, rn. 16; bsg, urt. v. 29.11.2012 - b 14 as 6/12 r, juris, rn. 28). 69bb) die nach § 45 abs. 1 sgb x erforderliche rechtswidrigkeit der bewilligungsentscheidungen zum jeweiligen erlasszeitpunkt ist nach überzeugung des gerichtes gegeben, soweit den klägern leistungen nach dem sgb ii bewilligt worden sind. 70eine rechtswidrigkeit der entscheidung liegt vor, soweit die jeweils bewilligten leistungen dem leistungsberechtigten nicht bzw. nicht in dieser höhe zustanden. ob die im erlasszeitpunkt bei ex post betrachtung der objektiven rechtslage widersprechende begünstigung dabei auf einer falschen sachverhaltsannahme und / oder einer fehlerhaften rechtsauslegung bzw. –anwendung beruht, ist unerheblich (steinwedel, in: kasseler kommentar sozialversicherungsrecht, werkstand: 107. el dezember 2019, § 45 sgb x, rn. 24; schütze, in: von wulffen/schütze, sgb x, 8. auflage 2014, § 45 sgb x, rn. 28 ff. m.w.n.). 71das gericht sieht es im rahmen der freien richterlichen beweiswürdigung gemäß § 128 abs. 1 s. 1 sgg als erwiesen an, dass den klägern im aufhebungszeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 weitere geldmittel zur verfügung standen, die zu unrecht in den bewilligungsentscheidungen des beklagten nicht berücksichtigt worden waren. zwar steht nicht abschließend fest, in welcher konkreten höhe diese geldmittel über welche zeitspanne tatsächlich bei den klägern vorhanden waren. infolge einer beweislastumkehr ist für den vorliegenden einzelfall aber davon auszugehen, dass der beklagte zu recht von weiteren finanzmitteln der kläger in bedarfsdeckender höhe ausgegangen ist, da die kläger bewusst eine vollständige aufklärung ihrer finanziellen verhältnisse vereiteln wollten (1.). nach rechtsauffassung der kammer steht es einer diesbezüglichen rechtswidrigkeit der bewilligungsentscheidungen auch nicht von vorneherein entgegen, dass die zusätzlichen finanzmittel der kläger – die hier ggf. zu unrecht leistungsmindernd nicht berücksichtigt worden sind – wahrscheinlich (auch) aus der begehung von straftaten der kläger herrühren. auch einkommen aus straftaten ist sicherungsrelevantes einkommen i.s.d. §§ 11 ff. sgb ii (2.). 72(1.) der beklagte, der für die rechtswidrigkeit der früheren bewilligungsbescheide die materielle beweislast trägt, hat zur überzeugung der kammer nachgewiesen, dass die bewilligungsbescheide rechtswidrig waren, weil in folge einer beweislastumkehr davon auszugehen ist, dass eine hilfebedürftigkeit der kläger nicht in dem in den bewilligungsentscheidungen vorausgesetzten umfang bestanden hat und den klägern daher geringe leistungsansprüche zu bewilligen gewesen wären. 73(a) für das vorliegen einer hilfebedürftigkeit in geringen umfang, als in den früheren bewilligungsbescheiden für den zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 angenommen, und eine daraus resultierende rechtswidrigkeit der leistungsbewilligung trägt grundsätzlich der beklagte die materielle beweislast, wenn er sich für seine aufhebungsentscheidung auf diesen für ihn günstigen umstand – mangelnde hilfebedürftigkeit - berufen möchte, der anspruchshindernd wirkt (vgl. zur beweislast bei aufhebungsentscheidungen der behörde: padé in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb x, 2. aufl. 2017, § 45 sgb x, rn. 119 m.w.n.; hengelhaupt, in: hauck/noftz, sgb, 08/16, § 9 sgb ii, rn. 584 f.). 74denn nach allgemeinen grundsätzen trägt derjenige, der sich auf ein recht beruft, gleichermaßen die materiell-rechtliche beweislast für das vorliegen von positiven tatsachen wie für das fehlen negativer tatbestandsmerkmale, die das von ihm geltend gemachte recht begründen würden (vgl. allgemein: schmidt, in: meyer-ladewig/keller/leitherer, sgg, 12. auflage 2017, § 103 sgg, rn. 19a m.w.n. aus der rechtsprechung). insofern trägt regelmäßig derjenige die beweislast für die rechtsbegründenden tatsachen, der ein recht in anspruch nimmt, während derjenige, der ein recht leugnet, die beweislast für die rechtshindernden, rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden tatsachen trägt (bsg, urt. v. 26.11.1992 – 7 rar 38/92, juris, rn. 23 m.w.n.; kühl, in: breitkreuz/fichte, § 103 sgg, rn. 6). 75auch wenn die behörde im rahmen einer aufhebungsentscheidung grundsätzlich die beweislast für den nachweis der aufhebungsvoraussetzungen trägt (vgl. insgesamt: padé, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb x, 2. aufl. 2017, § 45 sgb x, rn. 118 ff. m.w.n. aus der rechtsprechung), gehen verbleibende zweifel jedoch zu lasten des bürgers, wenn der bürger mit seinem verhalten der behörde, den beweis des vorhandenseins bedarfsdeckender finanzmittel vereitelt hat. denn abweichend von der objektiven beweislastverteilung wird eine beweislastumkehr für tatsächliche umstände anerkannt, wenn der gegner dem beweisbelasteten beteiligten den beweis vereitelt oder erschwert oder die beweisführung unmöglich ist, weil die zu beweisenden tatsachen sich im bereich des gegners abgespielt haben und dieser an der ihm möglichen sachverhaltsaufklärung nicht, nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig mitgewirkt hat (vgl. zur beweislastumkehr bspw.: bsg, urt. v. 10.09.2013 – b 4 as 89/12 r, juris, rn. 32 m.w.n.; hessisches lsg, urt. v. 09.03.2016 – l 6 as 93/14, juris, rn. 37 m.w.n. – "allgemein gilt, dass derjenige die objektive beweislast für die tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten anspruch begründen. dies betrifft das vorhandensein der positiven und das fehlen der negativen tatbestandsvoraussetzungen. für das vorliegen von ausnahmevorschriften trägt derjenige die beweislast, der sich auf diese norm beruft. für belastende aufhebungsentscheidungen trägt die behörde die beweislast [ ]. eine umkehr der beweislast ist jedoch anzunehmen, wenn es um tatsachen geht, die sich ausschließlich in der sphäre eines beteiligten befinden (sog. besondere beweisnähe – [ ])."; mushoff, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgg, 1. aufl. 2017, § 103 sgg, rn. 88). 76hier könnten allein die kläger die tatsächlichen verhältnisse und die herkunft sowie den umfang weiterer finanzmittel aufklären, da allein sie über die möglichkeit verfügen die in ihrer sphäre liegenden umstände zu verfügbarkeit und zufluss weiterer barmittel wahrheitsgemäß auskunft zu geben. dazu sind die kläger, die zur überzeugung des gerichtes in diesem zusammenhang bewusst die unwahrheit schildern (dazu sogleich), nicht bereit, so dass dem beklagten eine weitere aufklärung des vorhandenseins der weiteren mittel nicht zweifelsfrei möglich ist. für die kläger besteht eine besondere beweisnähe bereits aus dem umstand, dass der nachweis, in welcher höhe die kläger tatsächlich weitere barzuwendungen erhalten haben, allein über die aussagen der kläger und der zeugen erbracht werden könnte, welche die fraglichen zuwendungen gegeben oder erhalten haben. die darstellung insbesondere des klägers zu 1), dass es keinerlei zuwendungen gegeben habe, ist nicht glaubhaft. er lügt hinsichtlich der tatsächlichen umstände, die zu seiner strafrechtlichen verurteilung vom 21.08.2014 geführt haben und versucht weiterhin die weitere aufklärung des sachverhaltes in der form zu vereiteln, dass mögliche zeugen – die zu dieser frage ggf. auch aussagen tätigen könnten – entweder nicht benannt werden oder vermeintlich zu gunsten der klägerseite falsche aussagen treffen. die kläger verhindern so die aufklärung der umstände, die vollumfänglich ihrer eigenen sphäre zuzuordnen sind. 77insofern ist in der rechtsprechung geklärt, dass auch bei einer aufhebungsentscheidung von einer fehlenden hilfebedürftigkeit auszugegangen werden kann, wenn die frühere einkommenssituation eines leistungsberechtigten nicht mehr zweifelsfrei aufklärbar ist (bsg, urt. v. 15.06.2016 – b 4 as 41/15 r, juris, rn. 30 ff.; lsg baden-württemberg, urt. v. 07.03.2016 – l 1 as 296/15, juris, rn. 81 m.w.n.; hengelhaupt, in: hauck/noftz, sgb, 08/16, § 9 sgb ii, rn. 584 f.). das lsg niedersachsen-bremen führt in diesem zusammenhang etwa aus: 78"steht aufgrund der vorstehenden erwägungen fest, dass die bei antragstellung gemachten angaben des klägers in wesentlichen teilen nicht der wahrheit entsprachen, so dass der bewilligungsbescheid [ ] auf unzutreffenden annahmen beruhte, so ist die bundesagentur für arbeit allein aus diesem grunde berechtigt gewesen, den genannten bescheid mit wirkung für die zukunft aufzuheben. der senat hat insoweit bereits entschieden, dass auch eine solche sachlage zur rechtswidrigkeit einer leistungsbewilligung nach dem sgb ii führt, in der sich die ihr zugrunde liegenden angaben des leistungsempfängers über seine einkommens- und vermögensverhältnisse im nachhinein als von anfang an oder ab einem späteren zeitpunkt als unzutreffend erweisen, ohne dass dem zuständigen träger anderweitige feststellungen über die für die bedürftigkeit maßgeblichen tatsachen möglich sind, weil der leistungsempfänger andere als die widerlegten einkommens- und vermögensverhältnisse nicht darlegt und nachweist. in jedem fall hängt nämlich die rechtmäßigkeit der bewilligung unterhaltssichernder leistungen materiell-rechtlich davon ab, dass nach der berücksichtigung anrechenbaren einkommens und vermögens ein ungedeckter bedarf verbleibt (§ 9 abs. 1 sgb ii), wofür in verfahrensrechtlicher hinsicht den jeweiligen anspruchsteller die materielle beweislast trifft [ ]. leistungen können deshalb nicht rechtmäßig gewährt werden, wenn der nachweis der bedürftigkeit nicht geführt und eine abschließende aufklärung insoweit nicht möglich ist [ ]. tritt eine solche lage nachträglich in dem sinne ein, dass die bedürftigkeit eines leistungsempfängers aufgrund der objektivierbaren unrichtigkeit der gemachten angaben rückschauend bereits für den zeitpunkt der bewilligung unerweislich bleibt, ist der zuständige leistungsträger unter den voraussetzungen des § 45 sgb x berechtigt, die objektiv von anfang an rechtswidrige bewilligung zurückzunehmen [ ]." (lsg niedersachsen-bremen, urt. v. 12.09.2013 – l 15/6 as 1102/09, juris, rn. 58; so auch: lsg nordrhein-westfalen, urt. v. 12.04.2018 – l 7 as 2073/15, juris, rn. 38 ff.) 79(b) der nachweis der geringeren hilfebedürftigkeit richtet sich vorliegend nach den grundsätzen des vollbeweises. sofern das gesetz keinen besonderen beweismaßstab der wahrscheinlichkeit oder glaubhaftmachung anordnet, ist der sog. vollbeweis einer tatsache maßgeblich (bsg, urt. v. 16.02.1971 – 1 ra 113/70, juris, rn. 18; breitkreuz, in: breitkreuz/fichte, sgg, 2. aufl. 2014, § 128, rn. 5 m.w.n.; keller, in: meyer-ladewig/keller/leitherer/schmidt, sgg, 12. auflage 2017, § 128 sgg, rn. 3a ff.). ein besonderer beweismaßstab ist vorliegend nicht angezeigt. 80ein vollbeweis ist vorliegend erbracht, wenn für das gericht mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit feststeht, dass die hilfebedürftigkeit der kläger in einem geringeren umfang vorliegt und den klägern die mitfrüheren bewilligungsbescheiden zuerkannten leistungsansprüche für den zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 nicht zustehen. 81eine mit an sicherheit grenzende wahrscheinlichkeit ist dabei gegeben, wenn eine tatsache in so hohem maße wahrscheinlich ist, dass alle umstände des falles nach vernünftiger abwägung des gesamtergebnisses des verfahrens und nach der allgemeinen lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche überzeugung zu begründen. gewisse zweifel sind unschädlich, solange sie sich nicht zu gewichtigen zweifeln verdichten. beim richter muss allerdings ein maß an persönlicher gewissheit erreicht sein, welches zweifeln schweigen gebietet, ohne sie andererseits völlig auszuschließen. erscheinen mehrere tatbestandsvarianten möglich, ist der anspruch hingegen nur dann zuzuerkennen, wenn er nach jedem der geschehensabläufe zusteht (sog wahlfeststellung; vgl. allgemein zu den maßstäben des vollbeweises jeweils m.w.n. aus der rechtsprechung: keller, in: meyer-ladewig/keller/leitherer/schmidt, sgg, 12. auflage 2017, § 128 sgg, rn. 3b; breitkreuz in: breitkreuz/fichte, sgg, 2. aufl. 2014, § 128, rn. 5). 82nach diesen grundsätzen ist - unter berücksichtigung der dargestellten grundsätze bzgl. der beweislastverteilung (s.o.) - zur überzeugung des gerichtes nach § 128 abs. 1 s. 1 sgg eine rechtswidrigkeit der früheren bewilligungsbescheide nachgewiesen, welche den klägern die zuerkannten leistungsansprüche ohne die berücksichtigung weiterer finanzmittel bewilligt haben. verbleibende restzweifel gehen hier im rahmen der beweislastumkehr im ergebnis zu lasten der kläger. die eigene gegendarstellung der klägerseite widerspricht nicht nur den äußeren gesamtumständen, sondern gerät bereits in sich selbst derart widersprüchlich, dass teilweise von bewussten lügen der kläger und zeugen ausgegangen werden muss. diese darstellung begründet keine ausreichenden zweifel, um entsprechend der in sich stimmigen annahmen des beklagten von einem nichtvorhandensein weiterer finanzmittel auszugehen und insbesondere auch die rechtskräftigen verurteilung des klägers zu 3) nach § 84 abs. 1, abs. 3 nr. 1 asylg i.v.m. § 25 abs. 2, § 53 stgb entsprechend der klägerdarstellung als bloßen missverständnis einzuordnen. der darstellung des beklagten zu weiteren finanzmitteln in unbekannter höhe sind die kläger mit ihrer eigenen in sich widersprüchlichen darstellung nicht glaubhaft entgegengetreten. 83(aa) die kammer geht hierbei davon aus, dass der sachverhalt einschließlich des vorhandenseins weiterer bedarfsdeckender finanzmittel dabei nicht bereits aufgrund der rechtskräftigen verurteilung des klägers zu 3) durch das urteil des lg d. vom 21.08.2014 zum verfahren 31 kls-125 js xx/13-xx/14 für das sozialgericht bindend feststellt worden ist. 84eine allgemeine bindungswirkung rechtskräftiger urteile in späteren folgeprozessen existiert nicht. zwar kennt das recht durchaus fallgestaltungen, in denen den tatsächlichen feststellungen eines rechtskräftigen (straf-) urteils im rahmen des folgeverfahren bei einer anderen gerichtsbarkeit bindungswirkung zukommen soll. eine solche bindungswirkung folgt jedoch nicht aus einem allgemeinem grundsatz, sondern bedarf vielmehr gerade einer spezialgesetzlichen begründung der bindungswirkung (vgl. zu § 57 abs. 1 s. 1 bundesdiziplinargesetz [bdg]: bverwg, urt. v. 19.04.2018 – 2 c 59/16, juris, rn. 12 m.w.n.; bverwg, beschl. v. 15.12.2017 – 2 b 59/17, juris, rn. 17; vgl. zu § 55 abs. 5 soldatengesetz [sg] i.v.m. § 34 abs. 1, § 84 abs. 1 s. 1 wehrdiziplinarordnung [wdo] analog: vg würzburg, beschl. v. 12.07.2019 – w 1 s 19.797, juris, rn. 27). ohne eine derartige sondervorschrift, welche eine bindungswirkung ausnahmsweise konstitutiv begründen kann, ist eine allgemeine bindungswirkung an rechtskräftige entscheidung eines anderen gerichtes abzulehnen. dem gericht steht es frei die entsprechenden tatsachen im rahmen einer eigenen beweiswürdigung – ggf. auch anders – zu werten, als dieselben tatsachen im rahmen eines früheren strafverfahrens durch das strafgericht gewertet worden sind. anders zu beurteilen sind allenfalls ausnahmefälle, in denen das strafurteil tatbestandsvoraussetzung eines anspruchs ist. dies wird teilweise wird für den entzug der vertragsärztlichen zulassung infolge desselben verhaltens eines arztes so vertreten, welches bereits gegenstand eines strafverfahrens gewesen ist (sg münchen, urt. v. 24.10.2019 – s 38 ka 240/18, juris, rn. 24; differenzierend hingegen zuvor noch nach neuem tatsachenvortrag oder offensichtlicher fehlerhaftigkeit: sg münchen, beschl. v. 15.09.2017 – s 38 ka 1276/15, juris, rn. 32; a.a. zugunsten einer bloßen rückgriffmöglichkeit auf die strafrechtlichen feststellungen wohl: bsg, beschl. v. 27.06.2007 – b 6 ka 20/07 b, juris, rn. 12). 85es ist nach der rechtsauffassung der kammer daher dem grunde nach möglich, dass auch das vorliegende verfahren seitens der kläger - entgegen der tatsächlichen feststellungen des rechtskräftigen strafurteils des lg d. vom 21.08.2014, az. 31 kls-125 js xx/13-xx/14 - mit der begründung geführt wird, dass die annahmen des strafgerichtes in wirklichkeit unzutreffend sind und eigentlich ein sachverhalt zu grunde liegt auf dessen grundlage das urteil nicht hätte ergehen dürfen. wie überzeugend eine derartige argumentation, die inhaltlich de facto auf eine form des rechtsbehelfsverfahrens gegen das strafurteil vor dem sozialgericht hinausläuft, ist allerdings eine andere frage, die das sozialgericht im rahmen einer eigenen beweiswürdigung nach § 128 sgg zu klären hat. 86im rahmen dieser eigenen beweiswürdigung des sozialgerichtes ist es mitnichten so, dass ein rechtskräftiges strafurteil für ein inhaltlich nahegelagertes sozialgerichtliches verfahren insgesamt unbeachtlich wäre und unberücksichtigt bleiben müsste. denn auch wenn für das sozialgericht keine unmittelbare bindungswirkung in bezug auf die feststellungen des strafurteils besteht und das sozialgericht insofern inhaltlich auch gegenteilig entscheiden darf, ist in der rechtsprechung anerkannt, dass sich das sozialgericht jedenfalls mit den darin getroffenen feststellungen des strafurteils auseinandersetzen und sie würdigen muss (vgl. zum ganzen: schleswig-holsteinisches lsg, urt. v. 14.07.2017 – l 3 al 22/14, juris, rn. 40; lsg nordrhein-westfalen, urt. v. 19.10.2011 - l 11 ka 30/09, juris, rn. 35; roos, in: von wulffen/schütze sgb x, 8. aufl. 2014, vor § 39 sgb x, rn. 4f; in diesem sinne auch: bsg, urt. v. 30.07.1981 -10/8b rar 4/80, juris, rn. 16 f. [zu einem vorausgehenden arbeitsgerichtlichen urteil]; bsg, urt. v. 26.06.1987 - 5a rkn 2/86, juris, rn. 18 [zu einem vorausgehenden unterhaltsrechtlichen urteil]; vgl. allgemein auch: olg koblenz, urt. v. 07.04.1994 – 5 u 89/91, juris, rn. 27 m.w.n.; baumbach/lauterbach/albers/hartmann, zpo, 59. aufl. § 14 egzpo, rn. 1) 87im rahmen seiner beweiswürdigung hat die kammer daher sowohl die formlosen anhörungen der kläger, die aussagen der vernommenen zeugen (§ 106 abs. 3 nr. 4, abs. 4, § 118 abs. 1 sgg i.v.m. §§ 373 ff. zpo) auch die feststellungen des strafurteils nebst dem inhalt der beigezogenen ermittlungsakten berücksichtigt, deren verwertung als beigezogene akten den grundsätzen des urkundsbeweises nach § 106 abs. 3 nr. 1, abs. 4, § 118 abs. 1 sgg i.v.m. §§ 415 ff. zpo unterliegt (vgl. hierzu ausführlich: anders/gehle, das assessorexamen im zivilrecht, 11. auflage 2013, f, rn. 42 ff.). dabei sind seitens der kläger keine beweisverwertungsverbote geltend gemacht noch – i.s. absoluter beweisverwertungsverbote – auf andere weise für das gericht erkennbar. dies betrifft insbesondere auch die in den ermittlungsakten enthaltenen ausführungen zu den ergebnissen der telekommunikationsüberwachung der kläger, welche rechtmäßig nach § 100a stpo angeordnet und durchgeführt worden ist. im übrigen macht sich die kammer die folgenden ausführungen vollumfänglich zu eigen: 88"der beklagte hat nach den feststellungen des bgh in seinem urteil vom 16.11.2006 in zusammenwirken mit den verantwortlichen der fa. h (u, p und k) in der zeit zwischen 1999 bis 2002 in zumindest 36 fällen gewerbs- und bandenmäßige betrügereien zum nachteil der kzv und der patienten, die einen eigenanteil zu entrichten bzw. insgesamt privat abgerechnet hatten, begangen. das strafgerichtliche urteil hat für den senat zwar keine bindungswirkung, gleichwohl können aber nicht nur die beweisprotokolle aus dem ermittlungs- bzw. strafverfahren sondern auch die in den strafgerichtlichen urteilen getroffenen tatsächlichen feststellungen in dem vorliegenden rechtsstreit als beweismittel verwertet werden (bgh, urteil vom 26.01.1989 - x zr 100/87 - m.w.n.; olg brandenburg, urteil vom 30.04.2008 - 4 u 16/06 -). angesichts der weitgehenden identität des den gegenstand des vorliegenden rechtsstreits und des strafverfahrens bildenden sachverhalts darf das rechtskräftige strafurteil nicht unberücksichtigt bleiben. in der regel wird den strafgerichtlichen feststellungen zu folgen sein, sofern nicht gewichtige gründe für deren unrichtigkeit vorgebracht werden (olg koblenz, urteil vom 07.04.1994 - 5 u 89/91 - m.w.n.)." (lsg nordrhein-westfalen, urt. v. 19.10.2011 – l 11 ka 30/09, juris, rn. 35) 89(bb) die folgenden erwägungen waren bei der eigenen beweiswürdigung durch die kammer für das beweisergebnis maßgeblich, mit dem die kammer inhaltlich im ergebnis die tatsächlichen feststellungen des lg d. (urt. v. 21.08.2014, az. 31 kls-125 js xx/13-xx/14) sowie den vorausgegangenen einschätzungen der ermittlungsbehörden bestätigt. dabei ist im vorliegenden verfahren im wesentlichen in bezug auf die entlohnung und vornahme von tätigkeiten der kläger im zeitraum vom 16.09.2011 bis 31.10.2013 derselbe sachverhalt streitig, auf den sich auch das urteil des lg d. bezogen hatte. vorliegend geht der hier vorliegende streitgegenstand in bezug auf ein fehlen der hilfebedürftigkeit der kläger im zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 jedoch über die 14 benannten konkreten einzelfälle hinaus, auf die sich das strafurteil im ergebnis absprachegemäß beschränkt hatte und für die insgesamt 7.670,00 eur an entgelten unmittelbar an den kläger zu 3) ausgezahlt worden sein sollen. 90die kammer geht davon aus, dass hier aufgrund der ermittelbaren sachverhaltsumstände des einzelfalles die realistische möglichkeit nachgewiesen worden, dass der kläger zu 3) im streitgegenständlichen zeitraum wiederholt einkommen in form von barmittel in unbekannter höhe hatte, welche er insbesondere als entlohnung für seine tätigkeiten im zusammenhang mit einer gewerbsmäßigen verleitung zur missbräuchlichen stellung von asylanträgen erhalten hatte. hierbei erscheint es denkbar, dass der kläger zu 3) sowohl eine vielzahl von konten als auch die strukturen des von ihm beherrschten "vereins der zum christentum konvertierten moslems (ckm)" nutzte, um die herkunft und höhe der erhaltenen gelder zu verschleiern, welche der kläger zu 3) zur aufbesserung seines lebensstandards und des lebensstandards seiner familienangehörigen verbraucht hat. 91es existieren zwar durchaus tatsächliche anknüpfungspunkte für die darstellung der klägerseite, dass entgegen der tatsächlichen feststellungen des strafurteils keine zusätzlichen finanzmittel der kläger zur bestreitung ihres lebensunterhaltes vorhanden gewesen wären. 92[es folgen ausführungen zu den spezifischen umständen des einzelfalls.] 93gleichwohl überzeugt es nicht diesen anknüpfungspunkten innerhalb der richterlichen beweiswürdigung den vorrang in der form einzuräumen, dass für die rechtliche würdigung von der tatsächlichen darstellung der klägerseite auszugehen wäre. denn die von den klägern vorgebrachte tatsachenschilderung steht überwiegend im widerspruch zu den sonstigen gesamtumständen des einzelfalles, soweit dieser anhand objektiver erkenntnisquellen über den vorliegenden sachverhalt für das gericht nachprüfbar ist. demgegenüber kann für die gegenteilige darstellung der klägerseite im wesentlichen nur auf eine überzeugungskraft der kläger und der von ihnen ausgesucht benannten einzelnen zeugen i.s.d. ihrer glaubwürdigkeit und glaubhaftigkeit abgestellt werden; insbesondere für den wahrheitsgehalt der darstellung, dass es keine wesentlichen barzahlungen an den kläger gegeben hätte, die dieser für andere als vereinszwecke verwandt hätte. eine entsprechende überzeugungskraft der ausführungen von klägern und zeugen ist dabei für die kammer dabei nicht gegeben. da diese fragestellungen bzgl. der einkommenssituation der kläger im zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 sich insgesamt auf objektive umstände beziehen, für die eine besondere beweisnähe der klägerseite gegeben ist und der beklagte – ohne die hier nicht gegebene – angemessene mitwirkung der kläger durch wahrheitsgemäße schilderung dieser objektiven umstände der nachweis über die tatsächlich vorhandenen finanzmittel vereitelt wird, geht die nichtaufklärbarkeit der weiteren umstände in diesem zusammenhang infolge der bereits ausgeführten beweislastumkehr zu lasten der klägerseite. in diesem zusammenhang ist davon auszugehen, dass sowohl die kläger als auch - teilweise - die zeugen in dem bestreben bei dem gericht ein vermeintlich günstigeres bild der kläger zu entwerfen bzgl. finanzieller zuwendungen und mitteleinsatz zugunsten der klägerposition bewusst nicht die wahrheit mitteilen und damit die voraussetzungen für den eintritt einer diesbezüglichen beweislastumkehr gegeben sind. gegen einen wahrheitsgehalt der schilderung der kläger zu ihrer vorgetragenen mittellosigkeit im zeitraum von 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 sprechen insbesondere folgende gesichtspunkte: 94[es folgen ausführungen zu den spezifischen umständen des einzelfalls.] 95das gericht schließt insofern im ergebnis der tatsächlichen einschätzung des lg d. und der ermittlungsbehörden an, dass allein aus den kontounterlagen bezüglich der konten der kläger im zeitraum von januar 2011 bis oktober 2013 erhebliche zahlungseingänge ersichtlich sind, deren herkunft ungeklärt ist, da sie zumindest nicht auf den bezug von sozialleistungen (44.579,92 eur) oder gehalt (888,73 eur) zurückgeführt werden können. wenn das strafgericht von ungeklärten einnahmen der kläger in höhe von ca. 260.000,00 eur ausgegangen ist, hält das gericht diesen wert im ergebnis der höhe nach für realistisch eingeschätzt. hierbei geht die kammer davon aus, dass allein aus den im ermittlungsverfahren im juli 2013 ausgewerteten kontounterlagen der kläger für den zeitraum von januar 2011 bis juli 2013 insgesamt 206.455,83 eur einnahmen ungeklärter herkunft ersichtlich sind. dieser wert ergibt sich bei 251.924,48 eur gesamteinnahmen der konten abzüglich der nachvollziehbaren anteile für sozialleistungen und gehalt. dies bedeutet aber nicht, dass die annahmen des strafgerichts im ergebnis mit 260.000,00 eur unzutreffend hoch angesetzt worden wären. zum einen sind bis zur inhaftierung des klägers im oktober 2013 weitere drei monate verstrichen, die einen ausreichenden zeitraum für weitere zahlungen bildeten. zum anderen geht die kammer aber auch von dem vorhandensein weiterer barmittel der kläger aus, die gar nicht erst auf die ausgewerteten konten eingezahlt worden sind und das verfügbare barvermögen der kläger noch weiter erhöht haben. so kann bereits das monatlich durchschnittlich vorhandene einkommen der kläger einschließlich weiterer barmitteln berechtigterweise oberhalb von 6.659,87 eur angesetzt werden, welche sich nur aus einer umlage allein der 206.455,83 eur ungeklärter einnahmen ergeben, die allein aus den aus den vorliegenden kontenunterlagen der kläger hervorgehen, wenn diese auf die 31 einzelmonate des beobachtungszeitraumes bis juli 2013 aufgeteilt werden. dass es solche weitere tatsächliche finanzmittel mit zugriffsmöglichkeit der kläger gegeben haben muss, ist für die kammer ausreichend nachgewiesen. wenn aus den kontounterlagen neben den barauszahlungen der kläger auch die nachvollziehbar erfolgten zahlungen für miete, einkäufe, strom, telefon und weitere laufende kosten herausgerechnet werden, ergeben diese fixkosten bis einschließlich juli 2013 insgesamt in ihrer summe 115.754,12 eur, was monatlich ca. 3.600,00 eur entspricht. dem standen zuletzt als allein bekannte einnahmen 1.619,82 eur arbeitslosengeld ii gegenüber, welche die kläger von dem beklagten als einziges aus den kontounterlagen ersichtliches einkommen erhielten. umgerechnet bedeutet dies, dass die kläger ohne weitere barmittel jeden monat ca. 2000,00 eur verlust aufgebaut haben müssten. eine entsprechende verschuldung der kläger in dieser größenordnung ist noch nicht einmal nach dem eigenen vortrag der klägerseite erkennbar, welche auch bei einer noch so großzügigen inanspruchnahme der verschiedenen dispositionskredite der verschiedenen konten über die lange zeitspanne von september 2011 bis oktober 2013 nicht hätte abgewandt werden können. 96vor diesem hintergrund erscheint für die kammer die annahme gerechtfertigt, dass die kläger hinsichtlich der vollständigen aufklärung der tatsachen, die innerhalb ihres eigenen einflussbereiches liegen (vorhandensein weiterer barmittel und herkunft der aus den kontoauszügen ersichtlichen finanzmittel) bewusst nicht mitwirken, sondern glauben beklagten und gericht zu ihren gunsten über diese umstände durch wahrheitswidrige darstellungen täuschen zu können. die hierdurch eintretende beweislastumkehr wirkt insofern zu lasten der insofern beweisbelasteten kläger, dass von dem vorhandensein bedarfsdeckender finanzmittel auszugehen ist. das gericht verkennt nicht, dass die hier vorgenommene vollständige aufhebung der bewilligungsentscheidungen des beklagten für den streitgegenständlichen zeitraum vom 16.09.2011 bis zum 31.10.2013 voraussetzt, dass die kläger laufend über bedarfsdeckendes einkommen verfügten. infolge der beweislastumkehr gehen verbleibende zweifel hinsichtlich der tatsächlichen höhe der weiteren finanzmittel der kläger jedoch ebenso zu lasten der kläger wie die fragen in welchen einzelmonaten die geldzahlungen jeweils konkret erfolgt sind und wie lange diese den kläger tatsächlich zum verbrauch noch zur verfügung standen. wenn die behörde – wie hier - fortlaufend von dem begünstigten über existenz und höhe bedarfsmindernd zu berücksichtigender gelder getäuscht wird, kann der begünstigte insofern auch einer späteren aufhebungsentscheidung nicht erfolgreich mit dem einwand entgegen treten, dass die behörde die monatsgenauen zuflüsse dieser gelder nicht zutreffend ermittelt habe. denn die alleinige verantwortung dafür, dass die behörde keine monatsgenaue ermittlung der gelder vornehmen konnte, trägt dann der täuschende begünstigte dieses risiko im rahmen der beweislastumkehr soweit, wie er der behörde eine abschließende sachverhaltsermittlung vereitelt. gerade wenn gelder aus straftaten mit anderen geldern – wie hier hinsichtlich der vereinsgelder und darlehen / schenkungen etc. – auch deshalb vermischt worden sind, um die herkunft und den umfang der aus straftaten erworbenen gelder zu verschleiern, ist regelmäßig eine annahme vom vorhandensein entsprechender geldmittel in bedarfsdeckender höhe gerechtfertigt und eine hilfebedürftigkeit zu verneinen (wie hier auch: lsg berlin-brandenburg, beschl. v. 30.08.2017 – l 31 as 1462/17 b er, juris, rn. 8, 27, 34). 97(2.) die kammer ist der rechtsauffassung, dass die zusätzlichen finanzmittel der kläger auch dann als einkommen nach §§ 11 ff. sgb ii bedarfsmindernd zu berücksichtigen sind, falls diese mittel durch die begehung von straftaten erworben worden sein sollten. im hinblick auf die rein grundsicherungsrechtliche bedeutung des einkommensbegriffes im sgb ii ist es grundsätzlich unerheblich, ob ein einkommen durch den leistungsberechtigten auf legale oder illegale weise erworben worden ist, solange es dem leistungsberechtigten im fraglichen zeitraum tatsächlich zu seiner bedarfsdeckung wirtschaftlich zur verfügung gestanden hat. 98inwiefern geldzuflüsse im zusammenhang mit straftaten innerhalb des sgb ii als einkommen nach §§ 11 ff. sgb ii anzusehen sind, wird in rechtsprechung und literatur uneinheitlich beurteilt (für das vorliegen von berücksichtigungsfähigen einkommen etwa: lsg hamburg, urt. v. 04.06.2019 – l 4 as 203/16, juris, rn. 54 ff.; sächsisches lsg, urt. v. 08.11.2018 – l 7 as 1086/14, juris, rn. 41; lsg berlin-brandenburg, beschl. v. 30.08.2017 – l 31 as 1462/17 b er, juris, rn. 30 ff.; hessisches lsg, beschl. v. 07.12.2005 – l 7 as 81/05 er, juris, rn. 19, 45; lange, jurispr-sozr 2/2019 anm. 1; löns, in: löns/herold-tews, sgb ii, 3. aufl. 2011, § 11 sgb ii, rn. 13; schmidt, in: eicher/luik, sgb ii, 4. auflage 2017, § 11 sgb ii, rn. 18, 23; in diesem sinne für das zwölfte buch sozialgesetzbuch [sgb xii] ausdrücklich auch: schmidt, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb xii, 3. aufl., § 82 sgb xii (stand: 01.02.2020), rn. 30 m.w.n.; so bereits zum einkommensbegriff des früheren bshg: vg frankfurt, beschl. v. 20.08.2003 – 3 g 3283/03, juris, rn. 6; a.a.: lsg berlin-brandenburg, beschl. v. 09.01.2017 – l 23 so 327/16 b er, juris, rn. 46 ff.; sg berlin, beschl. v. 21.10.2016 – s 146 so 1487/16 er, rn. 35; sg aachen, urt. v. 24.11.2015 – s 14 as 128/15, juris, rn. 42; söhngen, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb ii, 5. aufl., § 11 (stand: 01.03.2020), rn. 54; kritisch auch: schaer, jurispr-sozr 17/2019 anm. 4; klerks, info also 2019, 222, 225 f.; offengelassen: lsg berlin-brandenburg, beschl. v. 21.12.2016 – l 15 so 301/16 b er, juris, rn. 39 ff.; differenzierend: hengelhaupt, in: hauck/noftz, sgb, 12/19, § 11 sgb ii, rn. 230 f., 568). 99das sgb ii und / oder das sgb xii enthalten keine vollständige eigene definition des jeweils maßgeblichen einkommensbegriffs. als einkommen i.s.d. § 11 abs. 1 s. 1 sgb ii werden allgemein alle einnahmen in geld - oder geldeswert (§ 11 abs. 1 s. 1 sgb ii a.f.) - ohne rücksicht auf ihre herkunft und rechtsgrundlage angesehen, die dem leistungsberechtigten nach antragstellung in form sog. bereiter mittel als wertmäßiger zuwachs zufließen. allgemein wird dabei davon ausgegangen, dass es dabei ohne bedeutung ist, ob die einnahmen zur deckung des lebensunterhaltes bestimmt sind, ob sie steuerpflichtig sind oder ob sie einmalig oder wiederholt anfallen (vgl. jeweils m.w.n. aus der rechtsprechung: söhngen, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb ii, 5. aufl., § 11 (stand: 01.03.2020), rn. 44; schmidt, in: eicher/luik, sgb ii 4. auflage 2017, § 11 sgb ii, rn. 18; striebinger, in: gagel, sgb ii / sgb iii werkstand: 76. el märz 2020, § 11 sgb ii, rn. 27, 32 ff.; löns, in: löns/herold-tews, sgb ii, 3. aufl. 2011, § 11 sgb ii, rn. 5, 13). allgemein will das bundessozialgericht im hinblick auf die qualifizierung von zuwendungen dritter als einkommen nach §§ 11 ff. sgb ii zwischen berücksichtigungsfähigen geldzahlungen, die einem sgb ii-leistungsberechtigten zum endgültigen verbleib zugewendet werden, nichtberücksichtigungsfähigen darlehen, das mit einer rückzahlungsverpflichtung im sinne des bgb gegenüber dem darlehensgeber belastetet ist und nicht berücksichtigungsfähiger nothilfe i.s.e. zuwendung dritter unterscheiden, welche eine rechtswidrig vom grundsicherungsträger abgelehnte leistung eben wegen der ablehnung bis zur herstellung des rechtmäßigen zustandes substituieren sollen (bsg, urt. v. 20.11.2011 – b 4 as 46/11 r, juris, rn. 16). 100dass es dabei für die zuordnungsmöglichkeit einer einnahme zum einkommen nach §§ 11 ff. sgb ii darauf ankommen sollte, dass diese ihrerseits redlich und gesetzeskonform erwirtschaftet worden wäre, ist dem gesetz nicht zu entnehmen. die merkmale eines wertzuwachses im sinne bereiter mittel muss daher auch für geldflüsse bejaht werden, die aus illegalen tätigkeiten eines bürgers hervorgehen. denn es ist diesem bürger nicht nur theoretisch möglich diese illegal erworbenen mittel zur finanziellen deckung seines lebensunterhaltes einzusetzen. vielfach ist – unabhängig davon, ob das ziel tatsächlich erreicht wird – sogar gerade das bestreben einen besonders kostenintensiven und aufwendigen lebensstandard aus den illegalen tätigkeiten finanzieren zu können, das eigentliche motiv hinter der begehung von solcher straftaten, die mit einer aufbesserung der eigenen finanzsituation einhergehen (bspw. unzulässiger handel mit betäubungsmitteln, eigentums- und vermögensdelikte und andere gerade gewerbsmäßig begangene straftaten). die entsprechenden gelder sind insofern auch dann zur bestreitung des eigenen lebensunterhaltes durch den inhaber einsetzbar, wenn diese illegal erwirtschaftet worden sind. 101für diese gelder bedarf daher nicht die annahme von einkommen nach §§ 11 ff. sgb ii weiterer begründung. stattdessen ist umgekehrt die vorstellung weiter begründungsbedürftig, warum abweichend von den grundsätzen zur unerheblichkeit von herkunft und rechtsgrundlage der bereiten mittel ausnahmsweise kein einkommen vorliegen soll. die bestehende möglichkeit zur faktischen bedarfsdeckung scheint dabei auch von denjenigen nicht bestritten zu werden, die das vorliegen von einkommen nach §§ 11 ff. sgb ii für gelder ablehnen, welche aus straftaten erworben worden sind. die daran anschließend für eine ausnahmebehandlung illegal erworbener gelder vorgebrachten argumente überzeugen die kammer nicht. sie rechtfertigen nicht die rechtsauslegung, dass illegal erworbene gelder kein einkommen i.s.d. §§ 11 ff. sgb ii wären. dies gilt gleichermaßen für argumente, die sich auf eine vermeintliche unbilligkeit der berücksichtigung dieser gelder beziehen (a), als auch für ein aufgreifen der argumentation aus dem urteil des bundessozialgerichts vom 06.04.2000, az. b 11 al 31/99 r, wonach illegal erworbene gelder wegen bestehender rückzahlungspflichten nicht anrechenbar sein sollen (b). 102(a) die argumentation der gegenansicht zielt teilweise darauf ab, diese strafrechtlich begründeten wertzuwächse normativ wieder aus dem anwendungsbereich der §§ 11 ff. sgb ii herauszunehmen. 103dies wird etwa dahingehend begründet, dass es im hinblick auf eine einheit der rechtsordnung nicht sein könne, wenn dem bürger die begehung von straftaten grundsicherungsrechtlich in unzulässiger weise abverlangt werde (sg aachen, urt. v. 24.11.2015 – s 14 as 128/15, juris, rn. 42 – "nach dem rechtsstaatlichen prinzip der einheit der rechtsordnung [ ] kann zudem grundsicherungsrechtlich kein strafbares verhalten verlangt werden."; in diesem sinne für das sgb xii auch: sg berlin, beschl. v. 21.10.2016 – s 146 so 1487/16 er, juris, rn. 35 f. – "dass aus straftaten erzielte einnahmen nicht als einkommen im sinne von § 82 sgb xii anzusehen sind, ergibt sich auch aus der funktion dieser vorschrift. diese gestaltet den in § 2 sgb xii niedergelegten nachranggrundsatz näher aus. danach erhält sozialhilfe nicht, wer sich vor allem durch einsatz seiner arbeitskraft, seines einkommens und seines vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche leistung von anderen, insbesondere von angehörigen oder von trägern anderer sozialleistungen, erhält. die möglichkeiten der selbsthilfe, auf die der leistungsempfänger zur verringerung seiner hilfebedürftigkeit verwiesen werden kann sind dabei begrenzt. das gibt ergibt sich schon unter dem gesichtspunkt der einheit der rechtsordnung. der hilfeempfänger darf nicht auf einnahmequellen verwiesen werden, die von der rechtsordnung missbilligt werden. so darf es bedarf es keiner weiteren begründung, dass der hilfesuchende vom leistungsträger nicht auf die begehung von straftaten verwiesen werden kann. wenn dem aber so ist, ist es inkonsequent, gewinne aus straftaten als einkommen im sinne von § 82 sgb xii auf den sozialhilferechtlichen bedarf anzurechnen. anders ausgedrückt sind als einkommen nur diejenigen einnahmen anzusehen, die normativ dazu bestimmt ist, den sozialhilfeträger zu entlasten. dieser überlegung steht nicht entgegen, dass einnahmen aus schwarzarbeit sehr wohl als einkommen anzusehen ist. das beruht darauf, dass arbeit als solche nicht verboten nur das ist, sondern nur das nichtabführen von steuern und sozialversicherungsbeiträgen."). daneben wird vereinzelt ausgeführt, dass es unbillig sei, wenn der "staat schließlich nutznießer einer straftat" werde (etwa: schaer, jurispr-sozr 17/2019 anm. 4). 104gerade wertungsmäßigen argumentationsversuche anhand von billigkeitserwägungen rechtfertigen aber nicht einmal im ansatz die annahme, das illegal erwirtschaftete einnahmen des bürgers aus dem anwendungsbereich des einkommens nach §§ 11 ff. sgb xii auszunehmen wäre, welches bedarfsmindernd zu berücksichtigen ist: 105- die annahme, dass dem bürger ansonsten in grundsicherungsrechtlich unzulässiger weise eine begehung von straftaten abverlangt werde, setzt auf der falschen ebene an. in den fällen, in denen sich die anrechnungsfrage stellt, beging bzw. begeht der bürger die straftaten sowieso, als dessen folgeproblematik sich ja erst die frage stellt, wie mit diesen tatsächlich gegebenen einkünften des bürgers aus straftaten dann rechtlich zu verfahren ist. dem bürger wird damit grundsicherungsrechtlich keineswegs eine weitere begehung dieser straftaten abverlangt. vielmehr ist es umgekehrt so, dass wenn der bürger die straftaten unterlassen würde - wie es einheitliche rechtsordnung von ihm fordert - allenfalls ein noch höherer anspruch auf staatliche unterstützungsleistungen entstünde. denn dann wäre mangels tatsächlicher einnahmen aus illegaler beschäftigung auch keine herabsetzung der existenzsichernden leistungen, um die fiktiven einnahmen aus einer nichterfolgten straftat des bürgers, denkbar. allenfalls erscheint es andersherum einen fehlerhaften grundsicherungsrechtlichen anreiz für die weitere begehung von straftaten zu setzen, wenn neben ungekürzten grundsicherungsleistungen auch noch nicht nachteilhaft zu berücksichtigendes einkommen aus straftaten in beliebiger höhe erwirtschaftet werden kann, während dieselben geldzahlungen aus einer legalen beschäftigung sehr wohl zu einer minderung der leistungshöhe führen würden. 106- überhaupt ist die vorstellung der gegenansicht, dass der gesetzgeber, der mit strafrechtlichen sanktionen bestimmte verhaltensweisen unterbinden möchte, vollständig davon abstand genommen hätte, aus einer tatsächliche erzielung von einkünften aus straftaten auch für den staat vorteilhafte folgen abzuleiten (insbesondere die verringerung der ansonsten vollumfänglich zu erbringenden leistungen zur existenzsicherung), im gesetz überhaupt nicht nachweisbar (ablehnend zu einer solchen vorstellung auch: lange, jurispr-sozr 2/2019 anm. 1). im gegenteil bestimmt § 40 abgabenordnung [ao] sogar ausdrücklich, dass es für die besteuerung unerheblich ist, ob ein verhalten, das den tatbestand eines steuergesetzes ganz oder zum teil erfüllt, gegen ein gesetzliches gebot oder verbot oder gegen die guten sitten verstößt. wenn der staat zum ausdruck bringt, dass im rahmen der ao auch illegal erworbene finanzmittel wertneutral genauso zu versteuern sind wie legal erworbene finanzmittel, liegt es näher davon auszugehen, dass auch im rahmen der grundsicherung illegal erworbene finanzmittel wertneutral genauso zur bedarfsdeckung heranzuziehen sind wie legal erworbene finanzmittel (so auch: schmidt, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb xii, 3. aufl., § 82 sgb xii (stand: 01.02.2020), rn. 30 – "es gibt keinen für die gesamte rechtsordnung gültigen grundsatz, wonach nicht an den erwerb rechtswidriger einnahmen angeknüpft und deren verwertung verlangt werden kann (vgl. nur § 40 ao)."). dem grundsicherungsrecht, das vorrangig auf die frage abstellt wann der notwendige lebensunterhalt gerade durch staatliche leistungen sicherzustellen ist, ist eine unterscheidung fremd, in der einkommen und nichteinkommen anhand moralischer / ethischer umstände abgegrenzt werden, unter denen diese tatsächlich vorhandenen wertzuwächse erworben worden sind. in diesen zusammenhängen kann sich allenfalls für einzelne einkommensformen eine nichtanrechnung aufgrund spezieller sondervorschriften ergeben (bspw. § 11a sgb ii, §§ 82 ff. sgb xii). auch diesen sondervorschriften ist dabei nicht zu entnehmen, dass eine grundsicherungsrechtliche anrechenbarkeit auf legal erworbene gelder beschränkt worden wäre. 107- sofern die gegenansicht glaubt, dass eine berücksichtigung der illegal erworbenen geldmittel unzulässig sei, weil der staat sich damit die ihn grundsicherungsrechtlich entlastenden vorteile einer straftat zu nutze mache, überzeugt diese annahme nicht. der staat, der grundsicherungsrechtlich zu lasten des straftäters die wirtschaftlichen vorteile seiner straftat berücksichtigt, wird ebenso wenig "nutznießer dieser straftat" wie der staat zuhälter einer prostituierten wird, wenn er die erwirtschafteten einkünfte ihrer tätigkeiten bedarfsmindernd anrechnet (allg. ansicht; vgl. etwa: hengelhaupt, in: hauck/noftz, sgb, 12/19, § 11 sgb ii, rn. 557 m.w.n. aus der rechtsprechung). 108entgegen der gegenansicht begründet gerade eine ausnahme für illegal erwirtschaftete gelder zum einkommensbegriff des sgb ii einem normativ nicht hinnehmbaren widerspruch. denn dann würden legal erwirtschafteten einnahmen unstreitig zu einer minderung der beanspruchbaren leistungen für den leistungsberechtigten nach §§ 11 ff. sgb ii führen, während dieselbe summe dem leistungsberechtigten in voller höhe zusätzlich zur ungekürzten grundsicherungsleistungen zur verfügung stünde, falls die einnahmen unter dem verstoß gegen strafgesetze erwirtschaftet worden wäre. vereinfacht gesagt stünde der leistungsberechtigte in bezug auf das sgb ii besser, der den vorwurf der behörde ausräumen kann, dass es sich bei einer streitigen einnahme um legal erworbene einkünfte handelt. es ist nicht erkennbar, dass der gesetzgeber bei der schaffung des sgb ii eine sicherungsrechtliche besserstellung gerade illegal erlangter einnahmen in bezug auf das sgb ii beabsichtigt hätte, indem dem straftäter seine illegal erzielten einkünfte grundsicherungsrechtlich möglichst weitgehend erhalten bleiben sollten. das gericht verweist hierzu auf folgende ausführungen: 109"es wäre nicht hinnehmbar, wenn ein antragsteller mit der pauschalen behauptung, die bei ihm aktuell vorliegenden vermögenswerte stammten aus straftaten und seien daher nicht zu berücksichtigen, leistungen auslösen könnte. dies gilt umso mehr, als bereiten geldmitteln in bar oder auf konten nicht anzusehen ist, woher sie stammen. die nichtberücksichtigung kommt frühestens dann in betracht, wenn der antragsteller belastbar belegt, dass er die betreffenden vermögenswerte tatsächlich herausgeben muss, weil sie z.b. dem verfall nach § 73 stgb unterliegen. bis zu diesem zeitpunkt ist von bereiten mitteln, die der verfügungsgewalt des antragstellers unterliegen, auszugehen. sie sind bei der bedarfsprüfung zu berücksichtigen. [ ] soweit das bundessozialgericht in der oben angegebenen entscheidung mit der einheit der rechtsordnung argumentiert und insoweit ausgeführt hat, dass aus straftaten erlangte mittel bei der feststellung der bedürftigkeit nicht berücksichtigt werden können, kann dieser auffassung für den vorliegenden fall noch bereiter mittel nicht gefolgt werden. denn danach geböte es die einheit der rechtsordnung zusätzlich zu einnahmen, die durch kriminelle handlungen erlangt wurden, auch noch sgb ii-leistungen zu bewilligen, obwohl ausreichende mittel zur existenzsicherung vorlägen und ihre einziehung noch nicht erfolgt wäre. (lsg berlin-brandenburg, beschl. v. 30.08.2017 – l 31 as 1462/17 b er, juris, rn. 32 f.) 110dieser normative wertungswiderspruch kann aus sicht der kammer auch nicht mit dem bloßen hinweis überwunden werden, dass der widerspruch – von der frage nach einer anrechenbarkeit als einkommen losgelöst – befriedigend über die möglichkeit einer kostenerstattung nach §§ 34 f. sgb ii bzw. §§ 103 f. sgb xii zu lösen wäre (so aber ohne weitere ausführungen zu § 104 sgb xii: lsg berlin-brandenburg, beschl. v. 09.01.2017 – l 23 so 327/16 b er, juris, rn. 48). denn es ist nicht erkennbar, wie in diesen fällen eine kostenerstattung nach § 34 sgb ii überhaupt begründet werden sollte. wenn es sich – wie die gegenansicht geltend macht - bei den illegal erwirtschafteten geldzuwächsen tatsächlich um einnahmen handeln sollte, die leistungsmindernd nicht zu berücksichtigen sind, sind die gewährten grundsicherungsleistungen in vollem umfang rechtmäßig gewährt worden. eine irgendwie geartete kausalität zwischen dem strafbaren verhalten und vollumfänglichen leistungsbezug des leistungsberechtigten wäre dann nicht erkennbar. auch bei rechtmäßigem alternativverhalten (insbesondere unterlassen der straftaten) wären dann nicht mehr oder weniger grundsicherungsleistungen zugunsten des straftäters zu erbringen gewesen. insofern ist nicht erkennbar, wie ein dauerhaftes nebeneinander der staatlichen transferleistungen in voller höhe neben dem weiterbestehen auch der wirtschaftlichen vorteile einer straftat für den straftäter mittels § 34 f. sgb ii korrigiert werden könnte. 111(b) neben bedenken in bezug auf (un-) billigkeit der berücksichtigung berufen sich die vertreter der gegenansicht mehrheitlich auf die argumentation in einer entscheidung des bundessozialgerichts zum früheren recht der arbeitslosenhilfe (bsg, urt. v. 06.04.2000 – b 11 al 31/99 r; hierauf abstellend etwa: lsg berlin-brandenburg, beschl. v. 09.01.2017 – l 23 so 327/16 b er, juris, rn. 47; sg aachen, urt. v. 24.11.2015 – s 14 as 128/15, juris, rn. 42; söhngen, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb ii, 4. aufl. 2015, § 11, rn. 45; schaer, jurispr-sozr 17/2019 anm. 4). 112bei der entsprechenden entscheidung des bundessozialgerichts ging es um die rechtmäßigkeit der aufhebung eines bescheides im jahre 1992 für einen zeitraum von 1985 bis 1987 wegen eines durch eine straftat illegal erlangten kraftfahrzeuges, obwohl dieses kraftfahrzeug bereits am 02.02.1989 aus der verfügungsgewalt des betroffenen wieder ausgeschieden war. das bundessozialgericht hatte über die rein fiktive anrechnung eines zum zeitpunkt der aufhebung des bescheides gar nicht mehr vorhandenen vermögenswertes zu entscheiden und entschied, dass das kraftfahrzeug nicht als leistungsminderndes einkommen und / oder vermögen zu berücksichtigen sei, weil dieses infolge entsprechender herausgabe und rückzahlungsansprüchen des geschädigten nach § 823 abs. 2 bürgerliches gesetzbuch [bgb], § 266 stgb bzw. § 826 i.v.m. §§ 249 ff. bgb, von vorneherein dem straftäter nicht als bereite mittel zugeflossen sei bzw. einem beachtlichen verfügungsverbot unterliege. nach insofern maßgeblicher wirtschaftlicher betrachtungsweise sei daher hier ebenso wenig von einkommen auszugehen wie bei darlehensleistungen, die mit entsprechenden rückzahlungspflichten einhergingen (a.a.o., juris, rn. 21 ff.). 113dieser argumentation des bundessozialgerichts in seiner entscheidung zum früheren recht der arbeitslosenhilfe kann aus sicht der kammer allerdings kein allgemeiner grundsatz in der gestalt entnommen werden, dass gelder, die mit illegalen tätigkeiten des bürgers erworben worden sind, im recht der grundsicherung für arbeitssuchende kein einkommen i.s.d. §§ 11 ff. sgb ii darstellen würden, weil durch eine straftat erlangtes vermögen oder einkommen bei der bedürftigkeitsprüfung niemals berücksichtigt werden darf (in diesem sinne auch: lsg hamburg, urt. v. 04.06.2019 – l 4 as 203/16, juris, rn. 54 ff.; sächsisches lsg, urt. v. 08.11.2018 – l 7 as 1086/14, juris, rn. 37 ff.; lsg berlin-brandenburg, beschl. v. 30.08.2017 – l 31 as 1462/17 b er, juris, rn. 30 ff.). zum einen sagt diese entscheidung nichts darüber, inwieweit bereite mittel die möglicherweise oder tatsächlich aus einer straftat erlangt sind bei der bedürftigkeitsprüfung (nicht) zu berücksichtigen sind, wenn sich diese zum zeitpunkt der bescheidaufhebung noch weiterhin - ggf. auch in anderer form (bspw. schuldenbefreiung) - dauerhaft im vermögen des betreffenden befinden. in dem vom bundessozialgericht seinerzeit entschiedenen fall war das fragliche kraftfahrzeug bereits am 02.02.1989 wieder vollständig aus der wirtschaftssphäre des betroffenen ausgeschieden, ohne dass diesem ein entsprechendes surrogat verblieben war. allerdings wollte das bundessozialgericht in seiner entscheidung auch die zinserträge, welche vom straftäter ggf. aus dem vermögensgegenstand gezogen und zur lebensführung verbraucht worden sind, nicht als einkommen im rahmen der arbeitslosenhilfe einordnen, da diese zinseinnahmen dem geschädigten zustehen würden, daher von vorneherein mit dessen anspruch auf rückzahlung belastet gewesen seien und dem straftäter nicht zufließen würden (a.a.o., juris, rn. 23 f.). unbeantwortet bleibt die frage, ob dies auch für den fall geltend soll, dass die mögliche durchsetzung etwaiger rückforderungsansprüche durch den geschädigten nicht - mehr - gegeben ist (bspw. infolge einer zwischenzeitlichen verjährung, einem mangelnden durchsetzungsinteresses des geschädigten oder des mangelnden nachweises anspruchsbegründender tatsachen innerhalb des zivilprozesses). zum anderen wird bereits in der derselben entscheidung durch das bundessozialgericht selbst ausgeführt, dass das ergebnis aus einer wirtschaftlichen betrachtung erwachse, die hier maßgeblich sei (bsg, urt. v. 06.04.2000 – b 11 al 31/99 r, juris, rn. 24), und etwas anderes gelten könnte, wenn den erzielten einnahmen aus straftaten gegenüberstehende rückzahlungsverpflichtung entweder überhaupt nicht existieren oder aber zumindest nicht konkret erkennbar sind (a.a.o., juris, rn. 25). 114die rechtsprechung hat in späteren entscheidungen zum grundsicherungsrecht des sgb ii ihre anforderungen hinsichtlich der frage auch weiter präzisiert, wann eine beachtliche rückzahlungspflicht vorliegt, welche die einordnung einer einnahme als einkommen i.s.d. §§ 11 ff. sgb ii ausschließen soll. unstreitig wird davon ausgegangen, dass allgemein schulden des leistungsberechtigten im zuflusszeitpunkt, die annahme von einkommen nicht ausschließt (grundlegend: bsg, urt. v. 19.09.2008 – b 14/7b as 10/07 r, juris, rn. 25 f. m.w.n.), auch wenn gegenüber dem leistungsberechtigten in dieser situation bereits im zuflusszeitpunkt der einnahme materiell-rechtliche ansprüche dritter auf entsprechende zahlung / herausgabe etc. bestehen. als beachtliche rückzahlungspflichten scheinen daher regelmäßig überhaupt nur die pflichten angesehen werden, die ggf. gegenüber demjenigen bestehen, aus dessen finanzsphäre der fragliche einkommenszufluss beim leistungsberechtigten herrührt. in diesem zusammenhang hat die rechtsprechung bspw. angenommen, dass einnahmen aus rechtswidrig gewährten sozialleistungen, unabhängig von dem späteren entstehen einer rückzahlungspflicht einer einkommensanrechnung nach § 11 abs. 1 sgb ii unterliegen sollen und nur dann nicht mehr als einkommen berücksichtigt werden, wenn eine entsprechende erstattungspflicht bereits im zuflusszeitpunkt begründet ist (vgl. hierzu: bsg, urt. v. 23.08.2011 – b 14 as 165/10 r, juris, rn. 25 ff. m.w.n.), oder dass rechtswidrig überzahltes arbeitsentgelt trotz der bereicherungsrechtlichen rückzahlungsansprüche des arbeitgebers nach §§ 812 ff. bgb als grundsicherungsrelevantes einkommen anzusehen sei, wenn der leistungsberechtigte dieses einkommen zur bestreitung seines lebensunterhaltes tatsächlich einsetzt (so etwa für den fall einer versehentliche überzahlungen von arbeitsentgelt durch den arbeitgeber eines leistungsberechtigten: lsg niedersachsen-bremen, urt. v. 17.04.2013 – l 15 as 115/11, juris, rn. 24 ff.). auch bei einer zahlung, welche ihrerseits unter dem vorbehalt einer späteren rückzahlung in abhängigkeit einer bedingung erbracht wird, wird bis zum eintritt der vereinbarten bedingung von berücksichtigungsfähigem einkommen i.s.d. §§ 11 ff. sgb ii ausgegangen (lsg nordrhein-westfalen, beschl. v. 17.12.2009 – l 7 b 351/09 as, juris, rn. 7; lsg baden-württemberg, urt. v. 27.07.2016 – l 3 as 2898/15, juris, rn. 46 m.w.n.; hengelhaupt, in: hauck/noftz, sgb, 12/19, § 11 sgb ii, rn. 222; geiger, in: münder, sozialgesetzbuch ii, 6. auflage 2017, § 11 sgb ii, rn. 51). 115der gesetzgeber geht im sgb ii nun ebenfalls offensichtlich davon aus, dass einkommen i.s.d. §§ 11 ff. sgb ii unabhängig von der frage vorliegen kann, ob ein wertzuwachs bereits im zuflusszeitpunkt mit einem recht dritter belastet ist. bspw. sollen vom grundsicherungsrechtlichen einkommen nach § 11b abs. 1 s. 1 nr. 7 sgb ii die aufwendungen abzusetzen sind, die zur erfüllung gesetzlicher unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten unterhaltsvereinbarung festgelegten betrag tatsächlich getätigt werden. im umkehrschluss folgt hieraus, dass im übrigen trotz bestehender unterhaltsansprüche von dritten gegenüber dem leistungsberechtigten, das einkommen in voller höhe bedarfsmindernd zu berücksichtigen ist, was überflüssig wäre, wenn wegen der im zuflusszeitpunkt gegebenen unterhaltsansprüche der dritten bereits kein grundsicherungsrechtliches einkommen des leistungsberechtigten mehr vorliegen würde (kritisch zu der gesetzessystematischen entscheidung des gesetzgebers als freibetrag daher auch: hengelhaupt in: hauck/noftz, sgb, 08/17, § 11b sgb ii, rn. 260; geiger, in: münder, sozialgesetzbuch ii, 6. auflage 2017, § 11b sgb ii, rn. 26). daneben bestimmt § 11a abs. 3 s. 1 sgb ii, dass leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher vorschriften zu einem ausdrücklich genannten zweck erbracht werden, nur teilweise als einkommen zu berücksichtigen sind. besondere zweckbestimmungen für wertzuflüsse, die ein privater dem leistungsberechtigten nur für diesen zweck überlässt, sind demgegenüber unbeachtlich - wenn nicht ausnahmsweise ein fall des § 11a abs. 4, abs. 5 sgb ii vorliegt; eine entsprechende einnahme ist zur überwindung der hilfebedürftigkeit einzusetzen (söhngen, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb ii, 5. aufl., § 11a (stand: 01.03.2020), rn. 36 m.w.n.; schmidt, in: eicher/luik, sgb ii, 4. auflage 2017, § 11 sgb ii, rn. 18; geiger, info also 2011, 106, 109). dass mit der zweckwidrigen mittelverwendung durch den leistungsberechtigten regelmäßig bereicherungsrechtliche ansprüche des dritten gegenüber dem leistungsberechtigten nach § 812 abs. 1 s. 2 alt. 1 bgb entstehen dürften, schließt die annahme von einkommen regelmäßig nicht aus. 116die vom bundessozialgericht im arbeitslosenhilferecht seinerzeit zur begründung noch gezogene parallele von zinseinnahmen aus illegal erworbenen gegenständen zu darlehenszuflüssen, die infolge ihrer jeweils begründeten rückzahlungspflichten gleichermaßen nicht zufließen würden (bsg, urt. v. 06.04.2000 – b 11 al 31/99 r, juris, rn. 23 f.), ist damit in folge der neuregelungen des sgb ii und infolge der späteren rechtsprechung überholt und so nicht mehr aufrechtzuerhalten. 117für die leistungsrechtliche nichtberücksichtigung von einkommen aus darlehen findet sich in § 11 abs. 1 s. 3 sgb ii nunmehr ein entsprechender anhaltspunkt im gesetz, weil der gesetzgeber hiermit deutlich macht, dass er im grundsatz davon ausgeht, dass privatdarlehen kein einkommen i.s.d. §§ 11 ff. sgb ii begründet (so auch: geiger, in: münder, sozialgesetzbuch ii, 6. auflage 2017, § 11 sgb ii, rn. 51; söhngen, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb ii, 5. aufl., § 11 (stand: 01.03.2020), rn. 57 m.w.n.). ein vergleichbarer anhaltspunkt im sgb ii fehlt für gelder, die aus illegalen tätigkeiten des leistungsberechtigten herrühren. 118wenn das bundessozialgericht allgemein davon ausgeht, dass die nichtberücksichtigung von darlehensweise gewährten geldern im rahmen der §§ 11 ff. sgb ii gerechtfertigt sei, weil nur der "wertmäßige zuwachs" einkommen i.s.d. § 11 abs 1 sgb ii darstelle, welcher eine veränderung des vermögensstandes in der weise bewirke, dass der zuwachs dem leistungsberechtigten zur endgültigen verwendung dauerhaft verbleibt (bsg, urt. v. 17.06.2010 – b 14 as 46/09 r, juris, rn. 16), erscheint bereits ein vergleich von illegal erworbenen wertzuwächsen mit geldern, die dem leistungsberechtigten nur darlehensweise gewährt worden sind, nicht überzeugend: 119"die rechtsprechung des bundessozialgerichts (vgl. insbesondere urteil vom 17.6.2010 – b 14 as 46/09 r), wonach ein darlehen, dass nur vorübergehend zur verfügung gestellt und an den darlehensgeber zurückzuzahlen ist, mangels wertmäßigen zuwachses beim darlehensnehmer nicht als einkommen im sinne des § 11 abs. 1 sgb ii anzusehen ist, ist für den vorliegenden fall nicht einschlägig. diese rechtsprechung bezieht sich auf die abgrenzung zwischen einem darlehen und einer schenkung bzw. unterhaltsleistung. die von ihr gemachte ausnahme vom grundsatz der einkommensanrechnung jedes zuflusses rechtfertigt sich vor dem hintergrund einer ernstgemeinten, von beiden seiten gewollten rückzahlungsverpflichtung. gehen im zeitpunkt des zuflusses sowohl der geldgeber als auch der empfänger auf der basis einer entsprechenden abrede davon aus, dass das geld lediglich darlehensweise gewährt und später zurückgezahlt wird, so lässt sich ein wertmäßiger zuwachs beim empfänger verneinen. hier fehlt es aber einer solchen beidseitig gewollten ernsthaften rückzahlungsabrede. zwar mag es die absicht der frau b. gewesen sein, lediglich ein darlehen zur verfügung zu stellen, die ehefrau des klägers hatte aber bei zufluss der zahlungen keinen ernsthaften rückzahlungswillen, sondern wollte die gelder zur endgültigen verwendung erlangen. damit war sie – nach ihrer eigenen vorstellung – der empfängerin einer schenkung eher vergleichbar als einer darlehensnehmerin. dem vortrag des klägers, es handele sich tatsächlich um ein beidseitig gewolltes darlehen, kann nicht gefolgt werden. die ehefrau des klägers hat im strafverfahren eingeräumt, dass sie nicht vorhatte, die gelder zurückzuzahlen." (lsg hamburg, urt. v. 04.06.2019 – l 4 as 203/16, juris, rn. 54) 120es kann für diesen vergleich allenfalls darauf abgestellt werden, inwiefern der leistungsberechtigte im fraglichen zeitpunkt einem ernsthaften rückforderungsbegehren ausgesetzt ist bzw. war, wie es für die annahme eines echten darlehensvertrages mit einem darlehensgeber erforderlich ist, welcher die zukünftige rückzahlung ernsthaft geltend machen möchte (vgl. zur entsprechenden abgrenzung eines darlehens gegenüber einer verdeckten schenkung u.a. anhand einer ernsthaften rückzahlungsvereinbarung jeweils m.w.n.: bsg, urt. v. 17.06.2010 – b 14 as 46/09 r, juris, rn. 20 ff.; lsg nordrhein-westfalen, beschl. v. 29.10.2012 – l 2 as 1671/12 b er, juris, rn. 6; hengelhaupt, in: hauck/noftz, sgb, 08/16, § 9 sgb ii, rn. 157; söhngen, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb ii, 5. aufl., § 11 (stand: 01.03.2020), rn. 54). da der straftäter aber regelmäßig davon ausgehen wird, dass er der straftat nicht überführt werden wird bzw. die rechtswidrig erwirtschafteten vorteile seiner straftat an den geschädigten herausgeben wird, wird er sich selbst bei erhalt und verwendung der einnahmen regelmäßig noch nicht einem entsprechenden rückforderungsbegehren ausgesetzt sehen. in diesem sinne besteht zunächst auch die realistische möglichkeit eines dauerhaften wertzuwachses auf seiten des straftäters in bezug auf die wirtschaftlichen vorteile seiner straftat. erst wenn der geschädigte eine entsprechende rückforderung gegenüber dem straftäter – einem echten darlehensgeber vergleichbar - ernsthaft geltend macht oder die strafverfolgungsbehörden dem straftäter wirtschaftlichen vorteile seiner straftat entziehen, droht dem straftäter ein verlust der bis dahin auf dauer angelegten wirtschaftlichen vorteile seiner straftat. es erscheint daher gerechtfertigt, auch frühestens ab diesem zeitpunkt von einer ernsthaften und konkret erkennbaren rückzahlungspflicht des straftäters auszugehen, welche die annahme von einkommen i.s.d. §§ 11 ff. sgb ii ausschließen kann. bis zu diesem zeitpunkt steht eine rückzahlung vielmehr unter dem eintritt der bedingung, dass die straftat überhaupt aufgedeckt und die realistische möglichkeit besteht, dass dem überführten straftäter die illegal erwirtschafteten einnahmen genommen werden sollen. in dem zusammenhang mit dem hierfür notwendigen bedingungseintritt ist ein einkommen aus illegalen tätigkeiten des leistungsberechtigten nicht einem darlehen vergleichbar, sondern einer zahlung, welche gegenwärtig lediglich unter dem vorbehalt einer späteren rückzahlung in abhängigkeit einer bedingung erbracht wird und die bis zum eintritt der vereinbarten bedingung als berücksichtigungsfähiges einkommen i.s.d. §§ 11 ff. sgb ii anzusehen ist (vgl. zur einkommensqualität einer sog. zahlung unter dem vorbehalt der rückzahlung: lsg nordrhein-westfalen, beschl. v. 17.12.2009 – l 7 b 351/09 as, juris, rn. 7; lsg baden-württemberg, urt. v. 27.07.2016 – l 3 as 2898/15, juris, rn. 46 m.w.n.; hengelhaupt, in: hauck/noftz, sgb, 12/19, § 11 sgb ii, rn. 222; geiger, in: münder, sozialgesetzbuch ii, 6. auflage 2017, § 11 sgb ii, rn. 51). eine gleichstellung von einnahmen aus straftaten mit einnahmen, die unter einem vorbehalt der rückzahlung erbracht werden, erscheint rechtlich jedenfalls weitaus naheliegender als ein allgemeiner vergleich mit einnahmen, die aus einem echten darlehen herrühren. 121für illegal erworbene gelder des leistungsberechtigten kann daher in anlehnung an die behandlung einer zahlung unter dem vorbehalt der späteren rückzahlung letztlich nur eine differenzierte betrachtung der einkommensqualität anhand des einzelfalles überzeugen: 122- falls einem straftäter die wirtschaftlichen vorteile seiner tat tatsächlich dauerhaft verbleiben, ist grundsätzlich einkommen i.s.d. §§ 11 ff. sgb ii gegeben, soweit dieser in der lage ist oder war im fraglichen zeitraum seinen bedarf aus diesen mittel tatsächlich zu decken. an einer aktuellen berücksichtigungsfähigkeit zur bedarfsdeckung ändert auch die möglichkeit einer (zukünftig) denkbaren ein- bzw. entziehung, rückzahlungs- oder herausgabeverpflichtung bzgl. der illegal erworbenen geldmittel nichts, solange der straftäter aktuell zur bedarfsdeckung auf diese gelder zurückgreifen kann oder konnte. dies gilt insbesondere für den fall, dass die entsprechenden gelder von dem straftäter auch zu seiner eigenen lebensführung verbraucht worden sind. 123- lediglich wenn hinsichtlich der illegal erworbenen einnahmen eine konkrete rückzahlungspflicht bereits in der weise verwirklicht wird, dass dem straftäter die wirtschaftlichen vorteile seiner tat tatsächlich soweit genommen wurden oder werden, dass aus den mitteln eine bedarfsdeckung nicht mehr möglich ist, ist die rückzahlungsforderung ausreichend konkret, dass ausnahmsweise kein einkommen i.s.d. §§ 11 ff. sgb ii gegeben ist. die annahme einer solchen ausnahme setzt allerdings zumindest voraus, dass ein geschädigter oder der staat bereit ist - noch bestehende und im zweifel auch noch durchsetzbare - herausgabeansprüche gegenüber dem straftäter auch tatsächlich geltend zu machen. 124eine entsprechende grenzziehung anhand der frage, inwiefern dem straftäter die wirtschaftlichen vorteile seiner tat dauerhaft (nicht) erhalten bleiben werden, erscheint dabei gerade dann geboten, wenn die wirtschaftliche betrachtungsweise maßgeblich sein soll, wie es das bundessozialgericht bereits 2000 für das recht der arbeitslosenhilfe ausgeführt hatte (im ergebnis vergleichbar differenzierend auch: sächsisches lsg, urt. v. 08.11.2018 – l 7 as 1086/14, juris, rn. 38 ff.; lsg hamburg, urt. v. 04.06.2019 – l 4 as 203/16, juris, rn. 55 ff.; lsg berlin-brandenburg, beschl. v. 30.08.2017 – l 31 as 1462/17 b er, juris, rn. 33; hengelhaupt, in: hauck/noftz, sgb, 12/19, § 11 sgb ii, rn. 230 f., 568; wohl auch: lange, jurispr-sozr 2/2019 anm. 1; anders differenzierend aber im ergebnis auch für eine regelmäßige berücksichtigungsfähigkeit als einkommen bei einer tatsächlichen bestreitung des eigenen lebensunterhaltes des straftäters aus diesen mitteln: klerks, info also 2019, 222, 225 f.). 125es vermag vor diesem hintergrund auch nicht mehr einzuleuchten, warum ausgerechnet gelder aus straftaten gegenüber anderen allen fällen grundsicherungsrechtlich (weiterhin) besonders - günstig - zu behandeln sein sollten, in denen zivilrechtliche rückzahlungsansprüche eines privaten oder öffentlich-rechtliche ersatzansprüche einer staatlichen stelle bestehen, obwohl in sämtlichen fällen zu unrecht erworbene gelder vorliegen, bei deren erwerb bereits – kraft gesetzes – entsprechende rückzahlungsansprüche begründet sind, die aber aktuell zur bedarfsdeckung eingesetzt werden können oder konnten (so auch: sächsisches lsg, urt. v. 08.11.2018 – l 7 as 1086/14, juris, rn. 43; lsg hamburg, urt. v. 04.06.2019 – l 4 as 203/16, juris, rn. 55). dem kann nach auffassung des gerichtes auch nicht überzeugend entgegen gehalten werden, dass ein vergleich illegal erlangter einkünfte mit der rechtsprechung zu unrecht gewährten sozialleistungen seinerseits ausscheide, weil dort der rückzahlungsanspruch erst nachträglich nach zufluss mit späterem aufhebungs- und erstattungsbescheid entstehe (so aber: klerks, info also 2019, 222, 225 f.). zwar scheint das bundessozialgericht in der frage nach der unbeachtlichkeit einer rückzahlungspflicht bei rechtswidrig gewährten staatlichen leistungen danach zu differenzieren, ob die einnahme bereits in ihrem zuflusszeitpunkt mit einer durchsetzbaren – dann auch beachtliche – rückzahlungspflicht verbunden worden ist oder die – dann unbeachtliche – rückzahlungspflicht nach § 50 sgb x erst später durch eine spätere aufhebung der rechtswidrigen bewilligungsentscheidung begründet wird (vgl. bsg, urt. v. 23.08.2011 – b 14 as 165/10 r, juris, rn. 25; von diesem verständnis ausgehend, u.a. auch: lsg nordrhein-westfalen, beschl. v. 25.05.2016 – l 6 as 225/15, juris, rn. 7; söhngen, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb ii, 5. aufl., § 11 (stand: 01.03.2020), rn. 54). als alleiniges abgrenzungskriterium für die abgrenzung beachtlicher und unbeachtlicher rückzahlungspflichten eignet sich dies allerdings nicht, wie hier bereits ausgeführt worden ist. unabhängig davon, dass auch die gewährung von staatlichen leistungen an den bürger fallgestaltungen kennt, in denen der rückzahlungsanspruch kraft gesetzes bereits unmittelbar bei der fehlzahlung besteht (bspw. § 50 abs. 2 sgb x), entstehen etwa auch bei einer rechtswidrigen überzahlung zwischen privaten deliktische (§§ 823 ff. bgb) und bereicherungsrechtliche herausgabeansprüche nach §§ 812 ff. bgb unmittelbar – und auch unabhängig von einer kenntnis der beteiligten - mit der rechtswidrigen zuwendung selbst (§ 271 bgb; vgl. etwa: kg berlin, beschl. v. 21.10.2016 – 6 u 119/16, juris). in diesem zusammenhang ist insbesondere auch keine bösgläubigkeit des zuwendungsempfängers seitens im zuwendungszeitpunkt zwingend erforderlich. dennoch werden auch derartige rechtswidrige überzahlungen jedenfalls dann als teil des grundsicherungsrelevanten einkommens anzusehen sein, wenn der leistungsberechtigte dieses einkommen zur bestreitung seines lebensunterhaltes tatsächlich einsetzt (so etwa: lsg niedersachsen-bremen, urt. v. 17.04.2013 – l 15 as 115/11, juris, rn. 24 ff.). ergänzend macht sich die kammer zusätzlich die folgenden rechtsausführungen zu eigen: 126"die bloße gefahr, dass bereite und tatsächlich vorhandene mittel [die aus straftaten erworben worden sind] einem verfall einer einziehung oder einer rückforderung unterliegen könnten, kann sozialrechtlich nicht dazu führen, dass ein aktueller bedarf -trotz bereiter mittel- zu lasten der gemeinschaft der steuerzahler bejaht wird. das jobcenter ist nicht - wenn auch nur bis zur höhe der ansprüche nach dem sgb ii - der ausfallbürge für rückforderungen dritter aus begangenen straftaten, hat also keineswegs dafür gerade zu stehen, dass aus straftaten erlangte mittel für die rückforderung dritter oder den verfall nach §§ 73 ff stgb unangetastet zur verfügung stehen. die voraussetzung der verwertung solcher bereiter mittel entfällt erst mit deren einziehung durch die staatsanwaltschaft oder ihren anderweitigen verlust." (lsg berlin-brandenburg, beschl. v. 30.08.2017 – l 31 as 1462/17 b er, juris, rn. 33) 127"folglich sind die ihm zugeflossenen gelder als einkommen zu qualifizieren, weil sie nach antragstellung hinzugekommen sind. sie standen für eine verwertung zum eigenen lebensunterhalt zur verfügung und hätten vom kläger auch dafür eingesetzt werden müssen. eine von anfang an bestehende durchsetzbare rückzahlungsverpflichtung war mit dem einkommenszufluss hingegen nicht verbunden. zuflüsse, die von anfang an mit einer entsprechenden rückzahlungspflicht verbunden sind, fallen nach der rechtsprechung des bsg bei einer wirtschaftlichen betrachtungsweise nicht unter den einkommensbegriff [ ]. hier waren die dem kläger in dem streitgegenständlichen zeitraum zugeflossenen mittel nicht mit einer konkreten rückzahlungsverpflichtung verbunden. zwar hat der kläger die ihm zugeflossenen gelder durch straftaten erlangt. [ ] anders als bei weggenommenen beweglichen sachen, welche unmittelbar mit einem herausgabeanspruch (§ 985 bgb) belastet sind und aus denen ein gutgläubiger erwerb nicht möglich ist (§ 947 abs. 1 bgb), ist aber giralgeld mit keinem solchen herausgabeanspruch belastet. dies schon deswegen nicht, weil es sich um keine sache handelt. es ist auch nicht absonderbar. mit der buchung der beträge wird vielmehr der kontoinhaber – hier der kläger – alleiniger anspruchsinhaber des auszahlungsanspruchs gegen das kontoführende institut. er hat damit die alleinige verfügungsgewalt über das guthaben und kann dieses umfassend für seinen lebensunterhalt verwenden. bei dem von dem geschädigten gegenüber dem kläger geltend zu machenden ersatzanspruch handelt es sich, unabhängig auf welche zivilrechtliche rechtsgrundlage man diesen stellt, um eine geldforderung. die vollstreckung richtet sich nach den §§ 802a ff. zpo und erfolgt in das gesamte vermögen des schuldners, wobei schutzvorschriften – unabhängig von der herkunft der forderung – wie zum beispiel § 811 zpo oder die §§ 850 ff. zpo zu beachten sind. wenn diese schutzvorschriften greifen, verbleibt das durch die straftat gewonnene geld im vermögen des klägers und steht seinem lebensunterhalt zur verfügung. ein etwaiger ersatzanspruch ist im zeitpunkt des zuflusses des durch betrug erlangten geldes aber noch derart unkonkret, dass er nicht mit einer sofortigen rückzahlungsverpflichtung gleich gesetzt werden kann. es bedarf dafür noch der aufklärung der straftaten und der feststellung der geschädigten durch die ermittlungsbehörden. im anschluss müssten diese noch zivilrechtliche schadensersatzansprüche geltend machen. davon, dass die einnahme der durch betrug erlangten gelder unmittelbar mit der pflicht zur rückzahlung durch den hilfebedürftigen verbunden wäre, war der senat im ergebnis nicht überzeugt. vielmehr stand es in der alleinigen verfügungsgewalt des klägers, die finanziellen mittel, die seinem konto in den monaten oktober bis dezember 2009 gutgeschrieben wurden, für seinen unmittelbaren lebensunterhalt einzusetzen, wovon er jedoch keinen gebrauch gemacht hat. die aus den betrugsstraftaten stammenden gelder hat der kläger vereinnahmt und für sich verbraucht, indem er damit bestehende kontenpfändungen ablöste." (sächsisches lsg, urt. v. 08.11.2018 – l 7 as 1086/14, juris, rn. 38 ff.) 128"die gründe für die hinnahme des versäumnisurteils sind nicht bekannt und im übrigen auch nicht entscheidend: dass die ehefrau des klägers zum zeitpunkt des zivilgerichtlichen verfahrens eingesehen hat, zur rückzahlung (auf welcher rechtsgrundlage auch immer) verpflichtet zu sein, begründet nicht die annahme, dass auch bei empfang der gelder bereits ein rückzahlungswille bestand. auch der umstand, dass die einnahmen aus einer straftat der ehefrau des klägers, nämlich einem betrug, erlangt wurden, schließt eine anrechnung als einkommen nicht aus [ ]. zwar hat die geschädigte frau b. infolge der deliktischen handlung einen schadensersatzanspruch gegen die ehefrau des klägers, doch waren die zugeflossenen mittel – anders als z.b. eine durch diebstahl erlangte bewegliche sache – nicht unmittelbar mit einem herausgabeanspruch belastet. im maßgeblichen zeitpunkt des zuflusses standen sie vielmehr zur bestreitung des lebensunterhalts zu verfügung. in diesem zeitpunkt waren der ersatzanspruch und seine realisierung durch frau b. noch vage und unkonkret. diese situation ist eher den fällen vergleichbar, in denen leistungsempfänger einnahmen aus anderen staatlichen mitteln erhalten, die später als unrechtmäßig erlangt zurückgezahlt werden müssen [ ]. entscheidend ist der zeitpunkt des geldflusses – in diesem konnten die zugeflossenen beträge zur bestreitung des lebensunterhalts des klägers und seiner ehefrau eingesetzt werden. gegen eine anrechnung betrügerisch erlangten geldes als einkommen spricht auch nicht, dass dies den durch den betrug eingetretenen schaden vergrößern würde, da die summe dann nicht mehr für erstattungsleistungen zur verfügung stünde [ ]. denn das sgb ii dient nicht dazu, dem durch eine straftat geschädigten schadensersatzansprüche zu sichern [ ]. schadensersatzansprüche bzw. verbindlichkeiten aus straftaten mindern das anzurechnende einkommen ebenso wenig wie andere schulden des leistungsempfängers. schließlich steht einer berücksichtigung der zahlungen als einkommen auch nicht der vortrag des klägers und seiner ehefrau entgegen, mit den geldern seien schulden bei der p. bzw. bei den h1 beglichen worden. wie schon das amtsgericht und das sozialgericht hat auch der senat erhebliche zweifel an dem wahrheitsgehalt dieses vortrags. letztlich kommt es darauf aber nicht entscheidend an: ausreichend ist, dass die gelder der bedarfsgemeinschaft im jeweiligen bewilligungszeitraum nach ihrem zufluss jeweils zumindest zunächst zur freien verfügung standen und somit für den lebensunterhalt eingesetzt hätten werden können. ob dies tatsächlich erfolgte, ist für die berücksichtigung als einkommen nicht von bedeutung. weder die tilgung von schulden noch der sonstige spätere verbrauch steht dem entgegen [ ]." (lsg hamburg, urt. v. 04.06.2019 – l 4 as 203/16, juris, rn. 54 ff.) 129für den vorliegenden einzelfall der kläger ist nach diesen grundsätzen bei wirtschaftlicher betrachtung von einkommen auszugehen, welches grundsicherungsrechtlich zu berücksichtigen ist. bezüglich der finanziellen vorteile, welche nach summarischer prüfung auch auf straftaten des klägers zu 3) von januar 2011 bis oktober 2013 zurückgehen, sind weder konkrete gläubiger noch die bevorstehende durchsetzung etwaiger herausgabe-, erstattungs- oder schadensersatzansprüche der geschädigten ersichtlich. sofern diese zahlungen im zusammenhang mit asylbewerbern und grenzüberschreitenden sachverhalten stehen sollten, ist nicht einmal sichergestellt, dass sich die fraglichen gläubiger überhaupt noch in deutschland aufhalten. ferner ist im vorliegenden einzelfall zu berücksichtigen, dass auch etwaige gläubiger der geldzahlungen, welche die gelder aller wahrscheinlichkeit nach zahlten um mit den so erworbenen unterstützungsangeboten des klägers ihrerseits innerhalb ihrer laufenden asylverfahren selbst erfolgreich(er) zu betrügen (wahrheitswidrige hinwendung zum christentum), von vorneherein niemals ein interesse an der geltendmachung entsprechender geldzahlungen hatten, da diese bei einer aufklärung des sachverhaltes zur durchsetzung etwaiger rückzahlungsansprüche selbst gefahr liefen, ihren aufenthaltsstatus zu verlieren oder strafrechtlich belangt zu werden. die kläger waren somit zu keinem zeitpunkt jemals ernsthaft einer gefahr der verwirklichung entsprechender rückzahlungsansprüche ausgesetzt, da entsprechende straftaten – insbesondere nach den hier im raum stehenden § 84 abs. 1, abs. 3 nr. 1 asylg i.v.m. § 25 abs. 2, § 53 stgb - nur im kollusiven zusammenwirken mit den zahlenden denkbar sind. da etwaige herausgabe-, erstattungs- oder schadensersatzansprüche gegenüber dem kläger zu 3) für den zeitraum bis oktober 2013 zudem zwischenzeitlich bereits verjährt sind (§ 195 bgb), ist kein grund erkennbar, warum die fraglichen einkünfte des klägers zu 3) – auch aus straftaten - nicht als grundsicherungsrelevantes einkommen der bedarfsgemeinschaft berücksichtigt werden sollten, wenn deren wirtschaftliche vorteile nunmehr unstreitig dauerhaft den klägern zu gute kommen. 130insofern bedarf es für den vorliegenden fall auch keiner auseinandersetzung mit der frage, ob eine nachträgliche berücksichtigung von einkommen aus straftaten im wege einer aufhebungs- und erstattungsentscheidung nicht im hinblick auf etwaige rückzahlungs- bzw. entschädigungsansprüche der opfer dieser straftaten ausscheiden muss, weil ansonsten dieser mit dem leistungsträger um die geltendmachung seiner ansprüche konkurriere (vgl. hierzu: klerks, info also 2019, 222, 225 f. – "das ergebnis kann aber dadurch vermieden werden, dass der straftäter nur dann nicht auf den seine hilfebedürftigkeit beseitigenden einsatz der mittel verwiesen werden darf, wenn und soweit er sie tatsächlich zur rückzahlung an das opfer nutzt. tut er das nicht, maßt er sich erneut eine ihm nicht zustehende rechtsposition an, weshalb die anrechnung als einkommen gerechtfertigt ist."). die kammer hat diesbezüglich aber erhebliche zweifel, da kein grund ersichtlich ist, warum gerade eine sicherung der rückzahlungspflichten gerade gegenüber einem durch straftaten geschädigten privilegiert sein sollte, während allgemein davon ausgegangen wird, dass schulden gegenüber dritten nebst grund der zahlungspflicht gegenüber dem dritten ansonsten unbeachtlich sind. 131cc) die aufhebung der rechtswidrigen bewilligungsentscheidungen des beklagten erscheint hier auch nicht durch § 45 abs. 2 bis abs. 4 sgb x eingeschränkt. 132(1.) § 45 abs. 2 sgb x steht einer rücknahme für die vergangenheit nicht entgegen, da ein vertrauen der kläger in den bestand ihrer jeweiligen bewilligungsentscheidungen unter abwägung mit dem öffentlichen interesse an einer rücknahme nicht schutzwürdig ist. die kläger können sich im vorliegenden fall, jedenfalls nach den von dem beklagten geltend gemachten ausnahmetatbeständen des § 45 abs. 2 s. 3 nr. 2 und nr. 3 sgb x, nicht auf ein schutzwürdiges vertrauen berufen. ob daneben zusätzlich auch ein ausschlussgrund nach § 45 abs. 2 s. 3 nr. 1 sgb x vorliegt, kann durch das gericht daher dahingestellt bleiben. 133wie bereits dargestellt, geht das gericht davon aus, dass der kläger zu 3) während des leistungsbezuges ab dem 16.09.2011 aus straftaten weitere finanzmittel aus barzuwendungen erhalten hat, die er nicht gegenüber dem beklagten angegeben hatte, um aus diesen mitteln unbemerkt eine aufbesserung seines lebensstandards einschließlich der nutzung von eigenen reisemöglichkeiten durchführen zu können. es war damit zur verdeckung seiner straftaten tatplanimmanent, dass die existenz bzw. herkunft dieser bereiten mittel verschleiert wird. gerade der umstand, dass bei der vielzahl der konten der kläger allein das – zur späteren leistungsauszahlung benötigte - konto der kläger bei der commerzbank gegenüber dem beklagten angegeben worden ist, zeigt im zusammenhang mit den übrigen gesamtumständen des einzelfalles deutlich, dass die kläger dem beklagten bewusst einen vollständigen überblick über die tatsächlichen finanziellen verhältnisse der familie bewusst vorenthalten wollte. die darstellung des klägers zu 3), dass er seine anderen konten nur deshalb nicht angegeben habe, weil er gedacht habe, dass er diese mangels guthabens nicht angegeben müsse, stellt eine unbeachtliche schutzbehauptung des klägers zu 3) dar. wie bereits dargestellt, belegen die im nachgang der erklärung des klägers zu 3) überlassenen kontoauszüge bspw. zum girokonto bei der sparkasse münsterland ost, dass dort zeitweise sehr wohl guthaben erwirtschaftet worden sind, welche die kläger dann in der folge immer wieder aufbrauchten. zum anderen ist in den antragsformularen des beklagten die unmissverständliche frage nach anderen konten – unabhängig von deren kontostand - enthalten (sog. vordruck "vm" unter 2.), so dass der kläger zu 3) bei tatsächlicher redlichkeit sich zumindest zu einer rückfrage gegenüber dem beklagten veranlasst hätten sehen müssen, ob er die anderen konten auch angegeben müsse, wenn diese konten kein guthaben aufweisen würden. eine derartige rückfrage ist durch den kläger zu 3) aber zu keinem zeitpunkt gestellt worden, so dass die annahme begründet erscheint, dass die konten vielmehr deshalb nicht angegeben worden sind, weil der kläger vor dem beklagten die existenz dieser konten bewusst geheim halten wollte. der kläger zu 3) hat insofern vorsätzlich gegenüber dem beklagten unvollständige angaben zu den vorhandenen finanzmitteln gemacht, worauf die nachfolgenden bewilligungen zugunsten der bedarfsgemeinschaftsmitglieder beruhten (§ 45 abs. 2 s. 3 nr. 2 sgb x). dem kläger zu 3), der die weiteren finanzmittel auch zur aufbesserung seines lebensstandards einsetzte, muss dabei auch bewusst gewesen sein, dass ihm die ohne leistungsmindernde einkünfte gewährten leistungen nicht in diesem umfang rechtmäßig zugestanden haben können (§ 45 abs. 2 s. 3 nr. 2 sgb x). ansonsten wäre der aufwand nicht zu erklären, den der kläger zu 3) nach der überzeugung des gerichtes betrieben hat, um die existenz weiterer ihm außerhalb der konten zugewandter bereiter barmittel – insbesondere auch gegenüber dem beklagten – geheim zu halten. 134da die klägerin zu 1) selbst in die vertuschungen des geldes teilweise involviert gewesen ist und – wie bspw. der gesprächsvermerk vom 05.10.2013 zeigt – sich auch bewusst war, dass die lebensführung der familie über die eingehenden zahlungen der mitglieder des "vereins der zum christentum konvertierten moslems (ckm)" mitfinanziert worden ist, liegt bezüglich der klägerin zu 1) in bezug auf § 45 abs. 2 s. 3 nr. 2, nr. 3 sgb x bereits ein ausreichendes eigenverschulden vor. unabhängig davon ist ihr das verschulden des gegenüber dem beklagten handelnden klägers zu 3) – ebenso wie der klägerin zu 2) – als eigenes verschulden im rahmen von § 45 abs. 2 s. 3 nr. 2, nr. 3 sgb x zuzurechnen. für die klägerin zu 1) erfolgt diese zurechnung nach den grundsätzen der duldungsvollmacht, während sich eine zurechnung gegenüber der damals noch minderjährigen klägerin zu 2) aus § 1629 abs. 1 s. 1 bürgerliches gesetzbuch [bgb] ergibt (vgl. hierzu ausführlich: schütze, in: von wulffen/schütze, sgb x, 8. auflage 2014, § 45 sgb x, rn. 51a; aubel, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb ii, 4. aufl. 2015, § 38, rn. 3 ff., 36 m.w.n.). dass die klägerin zu 2) im rahmen des erörterungstermins vom 18.04.2019 zu protokoll gegeben hat, dass sie sich aufgrund ihrer eigenen bescheidenen lebensführung sich nicht vorstellen können, dass ihr vater weiteres geld zur verfügung gehabt hätte, ist in diesem zusammenhang unerheblich. selbst wenn die im streitgegenständlichen zeitraum noch minderjährige klägerin zu 2) in der vergangenheit nicht unmittelbar selbst an den zusätzlichen einkünften der familie partizipiert haben sollte (bspw. weil die eltern sie nicht einweihen wollten oder das geld selbstsüchtig und ausschließlich für die befriedigung eigener luxusbedürfnisse verwandt haben), ist ihr jedenfalls das entsprechende fremdverschulden ihres vaters zurechenbar. 135(2.) ein verstoß gegen § 45 abs. 3 oder 4 sgb x ist weder vorgetragen noch auf andere weise für das gericht ersichtlich. 136zum zeitpunkt der aufhebungsentscheidungen vom 13.01.2015 war die starre aufhebungsfrist von 10 jahren (§ 45 abs. 3 s. 3 sgb x) bzgl. der nach § 45 abs. 2 s. 3 nr. 2, nr. 3 sgb x aufzuhebenden leistungsbewilligungen für den zeitraum ab dem 16.09.2011, die ihrerseits dauerverwaltungsakte sind (vgl. etwa: lsg nordrhein-westfalen, urt. v. 25.08.2016 - l 7 as 1942/13, juris, rn. 40; sg duisburg, urt. v. 12.12.2017 – s 49 as 3784/15, juris, rn. 27; brandenburg, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb x, 2. aufl. 2017, § 48 sgb x, rn. 54 m.w.n. aus der rechtsprechung), noch nicht abgelaufen. 137die nach § 45 abs. 4 s. 2 sgb ii maßgebliche relative jahresfrist seit kenntnis der tatsachen, welche die rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden verwaltungsaktes für die vergangenheit rechtfertigen, war zum zeitpunkt der bekanntgabe der aufhebungsbescheide vom 04.02.2015 ebenfalls noch nicht abgelaufen. da die kläger eine weitere aufklärung ihrer tatsächlichen verhältnisse nach kräften zu verhindern versucht haben und mangels mitwirkung der kläger auch im gerichtsverfahren die höhe der zusätzlichen verhältnisse wertmäßig nicht abschließend geklärt werden konnte, spricht vorliegend sogar viel dafür, dass die jahresfrist des § 45 abs. 4 s. 2 sgb ii hier – zum zeitpunkt der bekanntgabe der aufhebungsentscheidung - noch nicht einmal zu laufen begonnen hat. abschließend zu entscheiden braucht das gericht diese frage jedoch nicht. 138von einer fristauslösenden tatsachenkenntnis i.s.d. § 45 abs. 4 s. 2 sgb x ist auszugehen, sobald mangels vernünftiger, objektiv gerechtfertigter zweifel eine hinreichend sichere informationsgrundlage bezüglich sämtlicher für die aufhebungsentscheidung notwendiger tatsachen – i.s.e. positiven kenntnis – besteht (bsg, urt. v. 27.07.2000 – b 7 al 88/99 r, juris, rn. 23; lsg nordrhein-westfalen, urt. v. 05.06.2008 – l 9 al 157/06, juris, rn. 34 m.w.n.; brandenburg, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb x, 2. aufl. 2017, § 48 sgb x, rn. 125). dabei ist in erster linie auf den standpunkt der behörde abzustellen, es sei denn, es liegt bereits zu einem früheren zeitpunkt bei objektiver betrachtung eine sichere kenntnis der behörde von allen erforderlichen tatsachen vor (bsg, urt. v. 08.02.1996 - 13 rj 35/94, juris, rn. 29). umstritten ist hingegen, ob es sich bei § 45 abs. 4 s. 2 sgb x um eine entscheidungs-, handlungs-, überlegungs- oder beurteilungsfrist handelt und welche stelle bei der behörde – konkreter sachbearbeiter, zuständige dienststelle oder behörde im ganzen - diese kenntnis erlangt haben muss (vgl. hierzu: (vgl. hierzu jeweils m.w.n.: rieker, nzs 2015, 656, 656 f.). überzeugend ist es in diesem zusammenhang von einer entscheidungsfrist auszugehen, deren lauf beginnt, sobald die für die aufhebungsentscheidung zuständige amtsträger nach aktenlage kenntnis von den aufhebungsrelevanten tatsachen erlangt oder zumindest bei störungsfreier interner aufgabenorganisation der behörde erlangt hätte (so auch: bsg, urt. v. 27.07.2000 – b 7 al 88/99 r, juris, rn. 23 m.w.n.; schütze, in: von wulffen/schütze, sgb x, 8. auflage 2014, § 45 sgb x, rn. 83; merten, in: hauck/noftz, sgb, 04/18, § 45 sgb x, rn. 155; rieker, nzs 2015, 656, 657 f.; a.a. wohl noch: bsg, urt. v. 09.06.1988 – 4 ra 9/88, juris, rn. 20). sofern die aufhebung - auch - von subjektiven voraussetzungen des betroffenen abhängt, soll die jahresfrist erst mit dem ablauf der anhörungsfrist gegenüber diesem betroffenen beginnen (bsg, urt. v. 08.02.1996 – 13 rj 35/94, juris, rn. 33; bsg, urt. v. 27.07.2000 – b 7 al 88/99 r, juris, rn. 23; merten, in: hauck/noftz, sgb, 04/18, § 45 sgb x, rn. 147, 152). hierbei wird eine normative rückausnahme für den fall erwogen, dass die behörde ihrerseits durch ein unbilliges hinauszögern der notwendigen anhörung des betroffenen eine erhebliche fristverlängerung zu ihren gunsten erwirkt (merten, in: hauck/noftz, sgb, 04/18, § 45 sgb x, rn. 153 m.w.n.). 139insofern ist hier für den beginn der jahresfrist nach § 45 abs. 4 sgb x in bezug auf die aufhebung nach § 45 abs. 2 s. 3 nr. 2, nr. 3 sgb x wegen der notwendigen prüfung der subjektiven voraussetzungen der bösgläubigkeit auf den zeitpunkt der anhörung der kläger abzustellen. seit dem anhörungsschreiben vom 13.01.2015, mit ablauf der anhörungsfrist zum 30.01.2015, war bis zum erlass der aufhebungsentscheidungen vom 04.02.2015 kein jahr verstrichen. der beklagte hat auch nicht den zeitpunkt der anhörung unbillig hinausgezögert, so dass von einem früheren fristablauf auszugehen wäre. denn der beklagte hatte erst ab kenntnis der strafgerichtlichen verurteilung des klägers zu 3) im august 2014 ausreichende veranlassung gehabt, von dem vorliegen zusätzlicher finanzmittel der kläger auszugehen und hat hiervon ausgehend bereits innerhalb von sechs monaten zur beabsichtigten aufhebung der leistungsbewilligungen angehört. 140(3.) die aufhebungsentscheidung ist auch im übrigen rechtmäßig. wegen der bösgläubigkeit der kläger nach § 45 abs. 2 s. 3 nr. 2, nr. 3 sgb x war vorliegend auch nach § 330 abs. 2 sgb iii i.v.m. § 40 abs. 2 nr. 3 sgb ii keine ermessensentscheidung über die aufhebung zu treffen. der beklagte war vielmehr zur rücknahme auch für die vergangenheit verpflichtet gewesen. 1412. die jeweiligen erstattungsentscheidungen gegenüber den klägern entsprechen § 50 abs. 1 s. 1, abs. 3 sgb x i.v.m. § 40 abs. 1 s. 1 sgb ii. sie sind bezüglich der jeweiligen überzahlungen rechnerisch korrekt ermittelt und hinsichtlich der einzelnen erstattungsanteile der einzelnen kläger ausreichend individualisiert (vgl. allgemein zum erfordernis einer individualisierung bei rückforderungen: (pattar, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb x, 2. aufl., § 33 sgb x (stand: 01.12.2017), rn. 50 m.w.n.). 142iv. die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg und trägt dem ausgang des verfahrens rechnung. | Verklagte*r | 0 |
143,856 | 139 C 96/15 | 2015-10-29T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerseite darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagtenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. 1 Tatbestand: 2Der verstorbene Ehemann der Klägerin hatte bei der Beklagten eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen. 3Er hatte zudem Anteile an der Fima I. erworben, wodurch er Mitgliedschafts- bzw. Nutzungsrechte erhielt, die ihn nach Maßgabe der Regelungen eines Punktesystems berechtigten, im Eigentum von I. stehende Ferienwohnungen zu benutzen. 4Eine entsprechend für den Zeitraum vom 10.09.-24.09.2014 gebuchte Nutzung einer Ferienwohnung stornierten die Klägerin und ihr Ehemann, wodurch auf dem Punktekonto ein Verlust von 119 Punkten entstand und eine Bearbeitungsgebühr von € 100,00 in Rechnung gestellt worden ist. 5Die Klägerin behauptet, ein Punkt habe einen Wert von 6,05 sFr. 6Sie ist der Auffassung es läge ein Versicherungsfall, insbesondere eine versicherte Reise (einzeln gebuchte Mietleistung) gemäß § 3 der Versicherungsbedingung (Bl. 9, 43 GA, B1) vor. 7Sie beantragt, 8die Beklagte zu verurteilen, an sie € 679,89 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2014 9sowie 10außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 147,56 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2014 11zu zahlen. 12Die Beklagte beantragt, 13 die Klage abzuweisen. 14Wegen der Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen. 15Entscheidungsgründe: 16Die Klage ist unbegründet. 17Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch aus der Reiserücktrittsversicherung zu. 18Ein Versicherungsfall liegt - mangels einer versicherten Reise i.S.d. § 3 der Versicherungsbedingungen - nicht vor. Nach dieser Bedingung gilt als versicherte Reise eine Pauschalreise oder eine einzeln gebuchte Transport- oder Mietleistung. Allein in Betracht kommt vorliegend eine „Mietleistung“. Mangels näherer Angaben hierzu ist von einer Miete i.S.d. § 535 BGB auszugehen. Dass die vorliegende Nutzungsberechtigung auf einem solchen Vertrag beruht ist weder hinreichend vorgetragen noch sonst erkennbar. Vielmehr ist Grundlage der Wohnberechtigung an dem Ferienhaus der I. AG eine Beteiligung an dieser Gesellschaft durch Rechtskauf. 19Das gesellschaftsrechtliche Timesharing hat praktische Bedeutung allein für das auf Schweizer Aktienrecht beruhende sog. I.-Modell gewonnen. Danach gewährt der Verbraucher gleichzeitig mit dem Erwerb einer Aktie der AG ein „unkündbares, unverzinsliches Darlehen“ und erhält durch jährliche Zuweisung von Wohnberechtigungspunkten eine Wohnberechtigung an den Anlagen der AG. Da sich die Wohnberechtigung auf alle Anlagen der AG erstreckt, erlaubt das I.-Modell eine flexiblere Urlaubsgestaltung als normales Timesharing, ohne dass ein Tauschpool bemüht werden müsste. Die Wohnberechtigung ersetzt sowohl die Zinsen für das Darlehen wie die ebenfalls ausgeschlossene Dividende für die Aktie. Außerdem sind verbrauchsabhängige Nebenkosten gesondert zu zahlen. 20(Tonner in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 481 BGB, Rn. 53; vgl. auch auch Weidenkaff in Palandt, BGB, 73. Aufl. (2014), § 481 Rn. 1; Franzen in MüKo BGB, 6. Aufl. (2012), § 481 Rn. 19 mit konkreter Nennung von I.). 21Soweit aufgrund der nicht ausgeübten Wohnberechtigung ein Nachteil entstanden ist, folgt dieser aus der gesellschaftlichen Regelung. Nach Auffassung des Gerichts lässt sich dieser Sachverhalt daher nicht unter die vereinbarte „einzeln gebuchte Mietleistung“ subsumieren. 22Dementsprechend hat i.ü. auch das KG Berlin (i.R. einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage, Urt. v. 19.12.1996 – 25 U 5139/96, KGR Berlin 1998, 164, juris) ausgeführt, dass durch I. 23nicht gleich einem Reiseveranstalter oder Verkehrsverein Ferienwohnungen zur Miete angeboten werden, sondern ein langfristiges, wenn auch jährlich begrenztes Wohnrecht als Folge des Erwerbs einer eigentümerähnlichen Stellung, also ein Nutzungsrecht im Rahmen eines Time-Sharing-Modells. 24Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 25Streitwert: € 679,89 26Rechtsbehelfsbelehrung: 27Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 281. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 292. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 30Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 31Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen. 32Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 33Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. die klägerseite darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 115% des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagtenseite vor der vollstreckung sicherheit in entsprechender höhe leistet. 1 | 2der verstorbene ehemann der klägerin hatte bei der beklagten eine reiserücktrittsversicherung abgeschlossen. 3er hatte zudem anteile an der fima i. erworben, wodurch er mitgliedschafts- bzw. nutzungsrechte erhielt, die ihn nach maßgabe der regelungen eines punktesystems berechtigten, im eigentum von i. stehende ferienwohnungen zu benutzen. 4eine entsprechend für den zeitraum vom 10.09.-24.09.2014 gebuchte nutzung einer ferienwohnung stornierten die klägerin und ihr ehemann, wodurch auf dem punktekonto ein verlust von 119 punkten entstand und eine bearbeitungsgebühr von € 100,00 in rechnung gestellt worden ist. 5die klägerin behauptet, ein punkt habe einen wert von 6,05 sfr. 6sie ist der auffassung es läge ein versicherungsfall, insbesondere eine versicherte reise (einzeln gebuchte mietleistung) gemäß § 3 der versicherungsbedingung (bl. 9, 43 ga, b1) vor. 7sie beantragt, 8die beklagte zu verurteilen, an sie € 679,89 nebst zinsen in höhe von 5%-punkten über dem basiszinssatz seit dem 15.09.2014 9sowie 10außergerichtliche rechtsanwaltskosten in höhe von € 147,56 nebst zinsen in höhe von 5%-punkten über dem basiszinssatz seit dem 16.11.2014 11zu zahlen. 12die beklagte beantragt, 13 die klage abzuweisen. 14wegen der einzelheiten wird auf den vorgetragenen akteninhalt verwiesen. 15 | 16die klage ist unbegründet. 17der klägerin steht gegenüber der beklagten kein anspruch aus der reiserücktrittsversicherung zu. 18ein versicherungsfall liegt - mangels einer versicherten reise i.s.d. § 3 der versicherungsbedingungen - nicht vor. nach dieser bedingung gilt als versicherte reise eine pauschalreise oder eine einzeln gebuchte transport- oder mietleistung. allein in betracht kommt vorliegend eine „mietleistung“. mangels näherer angaben hierzu ist von einer miete i.s.d. § 535 bgb auszugehen. dass die vorliegende nutzungsberechtigung auf einem solchen vertrag beruht ist weder hinreichend vorgetragen noch sonst erkennbar. vielmehr ist grundlage der wohnberechtigung an dem ferienhaus der i. ag eine beteiligung an dieser gesellschaft durch rechtskauf. 19das gesellschaftsrechtliche timesharing hat praktische bedeutung allein für das auf schweizer aktienrecht beruhende sog. i.-modell gewonnen. danach gewährt der verbraucher gleichzeitig mit dem erwerb einer aktie der ag ein „unkündbares, unverzinsliches darlehen“ und erhält durch jährliche zuweisung von wohnberechtigungspunkten eine wohnberechtigung an den anlagen der ag. da sich die wohnberechtigung auf alle anlagen der ag erstreckt, erlaubt das i.-modell eine flexiblere urlaubsgestaltung als normales timesharing, ohne dass ein tauschpool bemüht werden müsste. die wohnberechtigung ersetzt sowohl die zinsen für das darlehen wie die ebenfalls ausgeschlossene dividende für die aktie. außerdem sind verbrauchsabhängige nebenkosten gesondert zu zahlen. 20(tonner in: herberger/martinek/rüßmann u.a., jurispk-bgb, 7. aufl. 2014, § 481 bgb, rn. 53; vgl. auch auch weidenkaff in palandt, bgb, 73. aufl. (2014), § 481 rn. 1; franzen in müko bgb, 6. aufl. (2012), § 481 rn. 19 mit konkreter nennung von i.). 21soweit aufgrund der nicht ausgeübten wohnberechtigung ein nachteil entstanden ist, folgt dieser aus der gesellschaftlichen regelung. nach auffassung des gerichts lässt sich dieser sachverhalt daher nicht unter die vereinbarte „einzeln gebuchte mietleistung“ subsumieren. 22dementsprechend hat i.ü. auch das kg berlin (i.r. einer wettbewerbsrechtlichen unterlassungsklage, urt. v. 19.12.1996 – 25 u 5139/96, kgr berlin 1998, 164, juris) ausgeführt, dass durch i. 23nicht gleich einem reiseveranstalter oder verkehrsverein ferienwohnungen zur miete angeboten werden, sondern ein langfristiges, wenn auch jährlich begrenztes wohnrecht als folge des erwerbs einer eigentümerähnlichen stellung, also ein nutzungsrecht im rahmen eines time-sharing-modells. 24die nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 abs. 1, 708 nr. 11, 711 zpo. 25streitwert: € 679,89 26rechtsbehelfsbelehrung: 27gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 281. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 292. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 30die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht köln, luxemburger str. 101, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 31die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht köln zu begründen. 32die parteien müssen sich vor dem landgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 33mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. | Verklagte*r | 0 |
167,756 | S 3 KR 137/14 | 2015-02-12T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 26.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2012 in Form der Änderungsbescheide vom 22.11.2012, Dezember 2012, 14.06.2013, 17.11.2014 und 29.12.2014 verurteilt, bei der Bemessung der Beiträge des Klägers zur freiwilligen Krankenversicherung ab dem 01.01.2012 die Zahlungen nach dem Gesetz über die Hilfen für Blinde und Gehörlose nicht zu berücksichtigen. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Beitragspflicht von Zahlungen nach dem Gesetz über die Hilfen für Blinde und Gehörlose zur freiwilligen Krankenversicherung. 3Der 1994 geborene Kläger ist bei der Beklagten freiwillig gegen Krankheit versichert. Er erhält Versorgungsbezüge in Höhe von 2.567,43 Euro, eine gesetzliche Rente in Höhe von 214,05 Euro und Landesblindengeld nach dem Gesetz für Blinde und Gehörlose in Höhe von 473,00 Euro monatlich. 4Mit Bescheiden von 26.04.2012 setzte die Beklagte mit Wirkung ab dem 01.01.2012 beziehungsweise mit Wirkung ab dem 01.04.2012 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung fest und berücksichtigte dabei das Landesblindengeld in voller Höhe. 5Hiergegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt. Er vertritt die Auffassung, das Landesblindengeld sei bei der Beitragsbemessung nicht zu berücksichtigen. 6Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2012 als unbegründet zurück. Sie macht geltend, auch das Landesblindengeld stelle die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers sicher und sei damit der Beitragsbemessung zugrunde zu legen. 7Am 16.10.2012 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, das Landesblindengeld werde auch in vielen anderen Vorschriften im Sozialrecht nicht als Einkommen angerechnet. 8Auch in den Folgebescheiden vom 22.11.2012, Dezember 2012, 14.06.2013, 17.11.2014 und 29.12.2014 hat die Beklagte das Landesblindengeld in Höhe von 473,00 Euro monatlich der Beitragsbemessung unterworfen. 9Der Kläger beantragt, 10die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 26.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2012 in Form der Änderungsbescheide vom 22.11.2012, Dezember 2012, 14.06.2013, 17.11.2014 und 29.12.2014 zu verurteilen, bei der Bemessung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung ab dem 01.01.2012 ohne Berücksichtigung des Landesblindengeldes neu festzusetzen. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Sie bezieht sich zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und verweist ergänzend auf die rückwirkend zum 01.01.2009 geltende Regelung des § 4 Nr. 4 der "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge" (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler). 14Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten den Streitgegenstand auf die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung begrenzt. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 16Entscheidungsgründe: 17Nachdem die Beteiligten den Streitgegenstand auf die Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung begrenzt haben, war nur noch hierüber zu entscheiden. 18Die Klage ist zulässig. Die Bescheide der Beklagten vom 22.11.2012, Dezember 2012, 14.06.2013, 17.11.2014 und 29.12.2014 sind gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden. 19Die Klage ist auch begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 26.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2012 in Form der Änderungsbescheide vom 22.11.2012, Dezember 2012, 14.06.2013, 17.11.2014 und 29.12.2014 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger dadurch im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG in seinen Rechten. Der Kläger hat ab dem 01.01.2012 keine Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung auf die monatlichen Zahlungen nach dem Gesetz über die Hilfen für Blinde und Gehörlose zu leisten. 20Grundlage für die Bemessung der Beiträge des Klägers für die Zeit ab dem 01.01.2012, in welcher der Kläger freiwillig versichertes Mitglied bei der Beklagten war, ist § 3 Abs. 1 der ab dem 01.01.2009 geltenden Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler, die der Spitzenverband Bund der Krankenkassen zur Erfüllung seines Regelungsauftrags aus § 240 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erlassen hat. Danach wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem 01.01.2009 nicht mehr durch die Satzung der jeweiligen Krankenkasse, sondern einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. 21Die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) als untergesetzliche Normen für sich genommen ab dem 01.01.2009 eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber freiwillig Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.2013, B 12 KR 3/12 R; SozR 4 - 2500 § 240 Nr. 22). 22Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler gelten als beitragspflichtige Einnahmen das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. 23Die Kammer folgt hier der Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichts aus dem Urteil vom 06.12.2012 (L 1 KR 172/11; zitiert nach www.juris.de), wonach § 3 Abs. 1 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler für die Beitragspflicht des Landesblindesgeldes keine ausreichende Rechtsgrundlage darstellt. Die zum Sächsischen Landesblindesgeldgesetz ergangene Entscheidung ist auch auf die Leistungen nach dem Gesetz über die Hilfen für Blinde und Gehörlose vom 17.12.1997 (Gesetz- und Verordnungsblatt Nordrhein-Westfalen, Seite 436) anwendbar. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des Sächsischen Landessozialgerichts aus dem Urteil vom 06.12.2012 Bezug genommen und auf die weitere Darstellung der Entscheidungsgründe verzichtet. 24Die Beklagte kann sich nach Auffassung der Kammer auch nicht auf die Regelung in § 4 Nr. 4 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler (in der Fassung vom 22.11.2013) berufen. Darin wurde rückwirkend zum 01.01.2009 festgelegt, dass Leistungen zum Ausgleich der durch Blindheit bedingten Mehraufwendungen und Benachteiligungen nach den landesrechtlichen Vorschriften (Blindengeld), zu den beitragspflichtigen Einnahmen im Sinne des § 3 Abs. 1 zuzurechnen sind, soweit diese Leistungen nicht auf die Blindenhilfe nach § 72 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII) angerechnet werden. Grundsätzlich sind belastende gesetzliche Regelungen, die nachträglich ändernd in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreifen (sogenannte echte Rückwirkung) nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) wegen Verstoßes gegen die Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verfassungsrechtlich unzulässig (vgl. BVerfGE 13, 139, 145 f.). Von dem Verbot der Rückwirkung hat das BVerfG allerdings Ausnahmen gemacht. So ist ein gesetzlicher Eingriff mit echter Rückwirkung unter anderem dann zulässig, wenn das Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage nicht schutzwürdig ist (BVerfGE, 95, 64, 86 f.). Das Verbot der echten Rückwirkung greift nur ein, wenn die gesetzliche Regelung geeignet war, Vertrauen auf ihren Fortbestand in vergangenen Zeiträumen zu wecken (BVerfGE 126, 369, 393). Daran fehlt es, wenn einer rückwirkenden Neuregelung in der Vergangenheit gleichartige Regelungsversuche vorangegangen waren. Eine Grundlage für Vertrauensschutz ist nicht gegeben, wenn der Bürger aufgrund einer früheren Regelung, die sich im nach hinein als ungültig erweist, mit seiner Belastung rechnen musste. Nach diesen Grundsätzen ist die rückwirkende Geltung von § 4 Nr. 4 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler im Ergebnis unbedenklich. Aufgrund der Regelung im § 240 SGB V und § 3 Abs. 1 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler mussten alle freiwillig Versicherten mit einer Beitragsbemessung auf der Grundlage ihrer gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit rechnen. Sie konnten nicht von vornherein darauf vertrauen, dass Sozialleistungen in Form von Landesblindengeld nicht der Beitragsbemessung unterliegen. 25Die Kammer konnte sich vorliegend jedoch davon nicht überzeugen, dass § 4 Nr. 4 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vorliegend eine Anspruchsgrundlage für die Heranziehung des Landesblindengeldes zur Beitragsbemessung bildet. Die Regelung rechnet Leistungen in Form von Blindengeld nach landesrechtlichen Vorschriften nur dann zu den beitragspflichtigen Einnahmen im Sinne des § 3 Abs. 1 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler, soweit diese Leistungen nicht auf die Blindenhilfe nach § 72 SGB XII angerechnet werden. Dies ist vorliegend jedoch der Fall. Zwar bezieht der Kläger keine Leistungen nach § 72 SGB XII. Die Leistungen nach dem Gesetz über die Hilfen für Blinde und Gehörlose und die Blindenhilfe nach § 72 SGB XII werden aber grundsätzlich aufeinander angerechnet (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Hilfen für Blinde und Gehörlose bzw. § 72 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz SGB XII). Vorrangige Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften im Sinne des § 72 Abs. 1 Satz 1 Zweiter Halbsatz SGB V sind Leistungen nach den Landesblindengeldgesetzen (vgl. Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, § 72 Randziffer 6; Grube/Warendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 72 Randziffer 2). Dementsprechend geht auch der GKV-Spitzenverband in seinem Rundschreiben zur 5. Änderung der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vom 27.11.2013 (RS 2013/530) in den Erläuterungen zu den Neuregelungen davon aus, dass für Personen, die neben dem Blindengeld nach landesrechtlichen Vorschriften auch Blindenhilfe nach dem Recht der Sozialhilfe erhalten, eine konkretisierende Regelung zum Umfang der Beitragspflicht bzw. der Beitragsfreiheit des Blindengeldes getroffen wird. Dies ist aus Sicht der Kammer so zu verstehen, dass Landesblindengeld nur dann der Beitragspflicht bei freiwillig Versicherten unterworfen wird, wenn dies neben den Leistungen nach § 72 SGB XII bezogen wird. So regelt dies auch der GKV-Spitzenverband im "Katalog von Einnahmen und deren beitragsrechtliche Bewertung nach § 240 SGB V vom 1.Dezember 2013" (Stichwort Blindengeld). 26Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. | die beklagte wird unter abänderung der bescheide vom 26.04.2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.09.2012 in form der änderungsbescheide vom 22.11.2012, dezember 2012, 14.06.2013, 17.11.2014 und 29.12.2014 verurteilt, bei der bemessung der beiträge des klägers zur freiwilligen krankenversicherung ab dem 01.01.2012 die zahlungen nach dem gesetz über die hilfen für blinde und gehörlose nicht zu berücksichtigen. die beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen kosten des klägers zu tragen. 1 | 2die beteiligten streiten über die beitragspflicht von zahlungen nach dem gesetz über die hilfen für blinde und gehörlose zur freiwilligen krankenversicherung. 3der 1994 geborene kläger ist bei der beklagten freiwillig gegen krankheit versichert. er erhält versorgungsbezüge in höhe von 2.567,43 euro, eine gesetzliche rente in höhe von 214,05 euro und landesblindengeld nach dem gesetz für blinde und gehörlose in höhe von 473,00 euro monatlich. 4mit bescheiden von 26.04.2012 setzte die beklagte mit wirkung ab dem 01.01.2012 beziehungsweise mit wirkung ab dem 01.04.2012 beiträge zur kranken- und pflegeversicherung fest und berücksichtigte dabei das landesblindengeld in voller höhe. 5hiergegen hat der kläger widerspruch eingelegt. er vertritt die auffassung, das landesblindengeld sei bei der beitragsbemessung nicht zu berücksichtigen. 6die beklagte wies den widerspruch des klägers mit widerspruchsbescheid vom 12.09.2012 als unbegründet zurück. sie macht geltend, auch das landesblindengeld stelle die gesamte wirtschaftliche leistungsfähigkeit des klägers sicher und sei damit der beitragsbemessung zugrunde zu legen. 7am 16.10.2012 hat der kläger klage erhoben. zur begründung führt er aus, das landesblindengeld werde auch in vielen anderen vorschriften im sozialrecht nicht als einkommen angerechnet. 8auch in den folgebescheiden vom 22.11.2012, dezember 2012, 14.06.2013, 17.11.2014 und 29.12.2014 hat die beklagte das landesblindengeld in höhe von 473,00 euro monatlich der beitragsbemessung unterworfen. 9der kläger beantragt, 10die beklagte unter abänderung der bescheide vom 26.04.2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.09.2012 in form der änderungsbescheide vom 22.11.2012, dezember 2012, 14.06.2013, 17.11.2014 und 29.12.2014 zu verurteilen, bei der bemessung der beiträge zur freiwilligen krankenversicherung ab dem 01.01.2012 ohne berücksichtigung des landesblindengeldes neu festzusetzen. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13sie bezieht sich zur begründung auf den inhalt der angefochtenen bescheide und verweist ergänzend auf die rückwirkend zum 01.01.2009 geltende regelung des § 4 nr. 4 der "einheitlichen grundsätze zur beitragsbemessung freiwilliger mitglieder der gesetzlichen krankenversicherung und weiterer mitgliedergruppen sowie zur zahlung und fälligkeit der von mitgliedern selbst zu entrichtenden beiträge" (beitragsverfahrensgrundsätze selbstzahler). 14im termin zur mündlichen verhandlung haben die beteiligten den streitgegenstand auf die höhe der beiträge zur freiwilligen krankenversicherung begrenzt. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den übrigen inhalt der gerichtsakte verwiesen. die beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten waren gegenstand der mündlichen verhandlung. 16 | 17nachdem die beteiligten den streitgegenstand auf die beiträge zur freiwilligen krankenversicherung begrenzt haben, war nur noch hierüber zu entscheiden. 18die klage ist zulässig. die bescheide der beklagten vom 22.11.2012, dezember 2012, 14.06.2013, 17.11.2014 und 29.12.2014 sind gemäß § 96 sozialgerichtsgesetz (sgg) gegenstand des klageverfahrens geworden. 19die klage ist auch begründet. die bescheide der beklagten vom 26.04.2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.09.2012 in form der änderungsbescheide vom 22.11.2012, dezember 2012, 14.06.2013, 17.11.2014 und 29.12.2014 sind rechtswidrig und verletzen den kläger dadurch im sinne des § 54 abs. 2 sgg in seinen rechten. der kläger hat ab dem 01.01.2012 keine beiträge zur freiwilligen krankenversicherung auf die monatlichen zahlungen nach dem gesetz über die hilfen für blinde und gehörlose zu leisten. 20grundlage für die bemessung der beiträge des klägers für die zeit ab dem 01.01.2012, in welcher der kläger freiwillig versichertes mitglied bei der beklagten war, ist § 3 abs. 1 der ab dem 01.01.2009 geltenden beitragsverfahrensgrundsätze selbstzahler, die der spitzenverband bund der krankenkassen zur erfüllung seines regelungsauftrags aus § 240 abs. 1 satz 1 sozialgesetzbuch fünftes buch (sgb v) erlassen hat. danach wird die beitragsbemessung für freiwillige mitglieder der gesetzlichen krankenversicherung ab dem 01.01.2009 nicht mehr durch die satzung der jeweiligen krankenkasse, sondern einheitlich durch den spitzenverband bund der krankenkassen geregelt. 21die beitragsverfahrensgrundsätze selbstzahler sind nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts (bsg) als untergesetzliche normen für sich genommen ab dem 01.01.2009 eine hinreichende rechtsgrundlage für die beitragsfestsetzung gegenüber freiwillig versicherten der gesetzlichen krankenversicherung (vgl. bsg, urteil vom 18.12.2013, b 12 kr 3/12 r; sozr 4 - 2500 § 240 nr. 22). 22nach § 3 abs. 1 satz 1 der beitragsverfahrensgrundsätze selbstzahler gelten als beitragspflichtige einnahmen das arbeitsentgelt, das arbeitseinkommen, der zahlbetrag der rente der gesetzlichen rentenversicherung, der zahlbetrag der versorgungsbezüge sowie alle einnahmen und geldmittel, die für den lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne rücksicht auf ihre steuerliche behandlung. 23die kammer folgt hier der rechtsprechung des sächsischen landessozialgerichts aus dem urteil vom 06.12.2012 (l 1 kr 172/11; zitiert nach www.juris.de), wonach § 3 abs. 1 der beitragsverfahrensgrundsätze selbstzahler für die beitragspflicht des landesblindesgeldes keine ausreichende rechtsgrundlage darstellt. die zum sächsischen landesblindesgeldgesetz ergangene entscheidung ist auch auf die leistungen nach dem gesetz über die hilfen für blinde und gehörlose vom 17.12.1997 (gesetz- und verordnungsblatt nordrhein-westfalen, seite 436) anwendbar. insoweit wird auf die entscheidungsgründe des sächsischen landessozialgerichts aus dem urteil vom 06.12.2012 bezug genommen und auf die weitere darstellung der entscheidungsgründe verzichtet. 24die beklagte kann sich nach auffassung der kammer auch nicht auf die regelung in § 4 nr. 4 der beitragsverfahrensgrundsätze selbstzahler (in der fassung vom 22.11.2013) berufen. darin wurde rückwirkend zum 01.01.2009 festgelegt, dass leistungen zum ausgleich der durch blindheit bedingten mehraufwendungen und benachteiligungen nach den landesrechtlichen vorschriften (blindengeld), zu den beitragspflichtigen einnahmen im sinne des § 3 abs. 1 zuzurechnen sind, soweit diese leistungen nicht auf die blindenhilfe nach § 72 sozialgesetzbuch zwölftes buch - sozialhilfe (sgb xii) angerechnet werden. grundsätzlich sind belastende gesetzliche regelungen, die nachträglich ändernd in bereits abgewickelte, der vergangenheit angehörende tatbestände eingreifen (sogenannte echte rückwirkung) nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts (bverfg) wegen verstoßes gegen die prinzipien der rechtssicherheit und des vertrauensschutzes verfassungsrechtlich unzulässig (vgl. bverfge 13, 139, 145 f.). von dem verbot der rückwirkung hat das bverfg allerdings ausnahmen gemacht. so ist ein gesetzlicher eingriff mit echter rückwirkung unter anderem dann zulässig, wenn das vertrauen auf eine bestimmte rechtslage nicht schutzwürdig ist (bverfge, 95, 64, 86 f.). das verbot der echten rückwirkung greift nur ein, wenn die gesetzliche regelung geeignet war, vertrauen auf ihren fortbestand in vergangenen zeiträumen zu wecken (bverfge 126, 369, 393). daran fehlt es, wenn einer rückwirkenden neuregelung in der vergangenheit gleichartige regelungsversuche vorangegangen waren. eine grundlage für vertrauensschutz ist nicht gegeben, wenn der bürger aufgrund einer früheren regelung, die sich im nach hinein als ungültig erweist, mit seiner belastung rechnen musste. nach diesen grundsätzen ist die rückwirkende geltung von § 4 nr. 4 der beitragsverfahrensgrundsätze selbstzahler im ergebnis unbedenklich. aufgrund der regelung im § 240 sgb v und § 3 abs. 1 der beitragsverfahrensgrundsätze selbstzahler mussten alle freiwillig versicherten mit einer beitragsbemessung auf der grundlage ihrer gesamten wirtschaftlichen leistungsfähigkeit rechnen. sie konnten nicht von vornherein darauf vertrauen, dass sozialleistungen in form von landesblindengeld nicht der beitragsbemessung unterliegen. 25die kammer konnte sich vorliegend jedoch davon nicht überzeugen, dass § 4 nr. 4 der beitragsverfahrensgrundsätze selbstzahler vorliegend eine anspruchsgrundlage für die heranziehung des landesblindengeldes zur beitragsbemessung bildet. die regelung rechnet leistungen in form von blindengeld nach landesrechtlichen vorschriften nur dann zu den beitragspflichtigen einnahmen im sinne des § 3 abs. 1 der beitragsverfahrensgrundsätze selbstzahler, soweit diese leistungen nicht auf die blindenhilfe nach § 72 sgb xii angerechnet werden. dies ist vorliegend jedoch der fall. zwar bezieht der kläger keine leistungen nach § 72 sgb xii. die leistungen nach dem gesetz über die hilfen für blinde und gehörlose und die blindenhilfe nach § 72 sgb xii werden aber grundsätzlich aufeinander angerechnet (vgl. § 3 abs. 1 satz 1 des gesetzes über die hilfen für blinde und gehörlose bzw. § 72 abs. 1 satz 1 zweiter halbsatz sgb xii). vorrangige leistungen nach anderen rechtsvorschriften im sinne des § 72 abs. 1 satz 1 zweiter halbsatz sgb v sind leistungen nach den landesblindengeldgesetzen (vgl. schlette in hauck/noftz, sgb xii, § 72 randziffer 6; grube/warendorf, sgb xii, 5. auflage 2014, § 72 randziffer 2). dementsprechend geht auch der gkv-spitzenverband in seinem rundschreiben zur 5. änderung der beitragsverfahrensgrundsätze selbstzahler vom 27.11.2013 (rs 2013/530) in den erläuterungen zu den neuregelungen davon aus, dass für personen, die neben dem blindengeld nach landesrechtlichen vorschriften auch blindenhilfe nach dem recht der sozialhilfe erhalten, eine konkretisierende regelung zum umfang der beitragspflicht bzw. der beitragsfreiheit des blindengeldes getroffen wird. dies ist aus sicht der kammer so zu verstehen, dass landesblindengeld nur dann der beitragspflicht bei freiwillig versicherten unterworfen wird, wenn dies neben den leistungen nach § 72 sgb xii bezogen wird. so regelt dies auch der gkv-spitzenverband im "katalog von einnahmen und deren beitragsrechtliche bewertung nach § 240 sgb v vom 1.dezember 2013" (stichwort blindengeld). 26die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. | Klaeger*in | 1 |
165,764 | 196 C 255/14 | 2015-05-04T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Die zu den Tagesordnungspunkten 2, 3 und 4 der Eigentümerversammlung vom 14.10.2014 getroffenen Beschlüsse, den Klägern durch Übersendung des Protokolls der Eigentümerversammlung bekannt gegeben, werden für ungültig erklärt. 2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten. 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar 1Tatbestand: 2Die Parteien sind sämtliche Wohnungseigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft T in Essen. 3Auf einer Vollversammlung vom 31.12.1997 zu Tagesordnungspunkt 6 wurde mit Stimmen aller damaligen Eigentümer beschlossen, dass jede Wohnungseigentümerversammlung unabhängig von den anwesenden und vertretenen Wohnungseigentumsanteilen beschlussfähig ist. Diese Vereinbarung wurde nicht ins Grundbuch eingetragen, die Teilungserklärung nicht entsprechend geändert. Die Kläger waren zum damaligen Zeitpunkt noch nicht Eigentümer innerhalb der WEG. Nach den derzeitigen Bestimmungen im Verwaltervertrag wird die Durchführung einer Wiederholungsversammlung mit 550 Euro zusätzlich vergütet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll der Wohnungseigentümerversammlung vom 31.12.1997 zu Tagesordnungspunkt 6 sowie auf die Teilungserklärung Bezug genommen. 4Auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.10.2014 waren höchstens 458/1000stel Miteigentumsanteile vertreten. 5Unter Tagesordnungspunkt 1 wurde sodann die Beschlussfähigkeit der Versammlung festgestellt und unter Tagesordnungspunkt 2 über die Jahresabrechnung 2013, unter Tagesordnungspunkt 3 über die diesbezügliche Entlastung der Verwaltung und unter Tagesordnungspunkt 4 über den Wirtschaftsplan 2014/2015 mehrheitlich beschlossen. 6Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.10.2014 Bezug genommen. 7Die Kläger sind der Auffassung, die gefassten Beschlüsse seien mangels Beschlussfähigkeit der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.10.2014 für ungültig zu erklären. 8Die Kläger haben beantragt, 9die zu den TOP 1, TOP 2, TOP 3 und TOP 4 der Eigentümerversammlung vom 14.10.2014 getroffenen Beschlüsse, den Klägern durch Übersendung des Protokolls der Eigentümerversammlung bekanntgegeben, für ungültig zu erklären. 10Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 04.05.2015 haben die Kläger den Antrag hinsichtlich Tagesordnungspunkt 1 zurückgenommen und beantragen jetzt nur noch, 11die zu den Tagesordnungspunkten 2, TOP 3 und TOP 4 der Eigentümerversammlung vom 14.10.2014 getroffenen Beschlüsse, den Klägern durch Übersendung des Protokolls der Eigentümerversammlung bekanntgegeben, für ungültig zu erklären. 12Die Beklagten haben der Klagerücknahme zugestimmt und beantragen im Übrigen, 13die Klage abzuweisen. 14Die Beklagten behaupten, die Bestimmungen zur Beschlussfähigkeit gemäß § 25 Abs. 3 WEG zur Beschlussfähigkeit der Wohnungseigentümerversammlung seien durch Vereinbarung vom 31.12.1997 zu Tagesordnungspunkt 6 abbedungen worden. Die Beklagten sind ferner der Auffassung, die Vereinbarung habe keiner Eintragung ins Grundbuch bedurft, da die Eigentümer durch diese begünstigt worden seien. 15Entscheidungsgründe: 16Die Klage ist zulässig und begründet. 17Die Wohnungseigentümerversammlung vom 14.10.2014 war nicht beschlussfähig, die dennoch gefassten Beschlüsse sind deshalb für ungültig zu erklären. 18Unstreitig waren auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.10.2014 maximal 458/1000stel Miteigentumsanteile und damit weniger als die nach § 25 Abs. 3 WEG für die Beschlussfähigkeit notwendige Hälfte aller Miteigentumsanteile vertreten. 19Die Vorschrift des § 25 Abs. 3 WEG ist auch nicht durch Beschlussfassung vom 31.12.1997 zu Tagesordnungspunkt 6 wirksam abgedungen worden. 20Es kann dahinstehen, ob es sich hierbei überhaupt um eine Vereinbarung im Sinne des WEG handelt. Zumindest wirkt diese nicht gegen die Kläger. Gemäß § 10 Abs. 3 WEG wirken Vereinbarungen gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums ins Grundbuch eingetragen sind. Die Beschlussfassung vom 31.12.1997 ist unstreitig nicht eingetragen worden. Die Kläger haben erst nach diesem Zeitpunkt ihr Wohnungseigentum erworben, so dass sie sich diese Regelung nicht entgegenhalten lassen müssen. 21Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten, dass eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer einer Eintragung in das Grundbuch für die Geltung gegenüber dem Sondernachfolger in Bezug auf eine begünstigende Regelung nicht bedarf (vergleiche Niedenführ / Kümmel / Vandenhouten, WEG 10. Auflage § 10 Randnummer 69, a. A. Bärmann 12. Auflage WEG § 10 Randnummer 122.). 22Die unter Tagesordnungspunkt 6 unter dem 31.12.1997 getroffene Regelung ist aber keine begünstigende. Durch die Festlegung der Beschlussfähigkeit unabhängig von Mehrheitsverhältnissen schon in der ersten Versammlung werden die Rechte der Wohnungseigentümer auf Teilnahme eingeschränkt, auch die Hinweispflichten, die sich für die Verwaltung im Übrigen aus § 25 Abs. 4 Satz 2 WEG in Bezug auf eine in jedem Fall beschlussfähige Zweitversammlung herleiten, werden durch die entsprechende Beschlussfassung zu Lasten der Wohnungseigentümer abbedungen. Der Inhalt der Beschlussfassung wird auch nicht dadurch begünstigend, dass durch die sofortige Beschlussfähigkeit Folgekosten für eine Zweitversammlung – nach dem derzeit geltenden Verwaltervertrag 550 EUR – vermieden werden. Vielmehr ist der Verwaltervertrag für die Wohnungseigentümer nachteilig. 23Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. 24Eine Kostenentscheidung gemäß § 49 Abs. 2 WEG war nicht veranlasst, da nach den derzeit bekannten Umständen nicht feststellbar ist, dass den Verwalter ein grobes Verschulden trifft. 25Rechtsbehelfsbelehrung: 26Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 27a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 28b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 29Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Dortmund, Kaiserstraße 34, 44135 Dortmund (oder Postanschrift: 44127 Dortmund), eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 30Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Dortmund zu begründen. 31Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Dortmund durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 32Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. | 1. die zu den tagesordnungspunkten 2, 3 und 4 der eigentümerversammlung vom 14.10.2014 getroffenen beschlüsse, den klägern durch übersendung des protokolls der eigentümerversammlung bekannt gegeben, werden für ungültig erklärt. 2. die kosten des rechtsstreits tragen die beklagten. 3. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 120 % des zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar 1 | 2die parteien sind sämtliche wohnungseigentümer der wohnungseigentümergemeinschaft t in essen. 3auf einer vollversammlung vom 31.12.1997 zu tagesordnungspunkt 6 wurde mit stimmen aller damaligen eigentümer beschlossen, dass jede wohnungseigentümerversammlung unabhängig von den anwesenden und vertretenen wohnungseigentumsanteilen beschlussfähig ist. diese vereinbarung wurde nicht ins grundbuch eingetragen, die teilungserklärung nicht entsprechend geändert. die kläger waren zum damaligen zeitpunkt noch nicht eigentümer innerhalb der weg. nach den derzeitigen bestimmungen im verwaltervertrag wird die durchführung einer wiederholungsversammlung mit 550 euro zusätzlich vergütet. wegen der weiteren einzelheiten wird auf das sitzungsprotokoll der wohnungseigentümerversammlung vom 31.12.1997 zu tagesordnungspunkt 6 sowie auf die teilungserklärung bezug genommen. 4auf der wohnungseigentümerversammlung vom 14.10.2014 waren höchstens 458/1000stel miteigentumsanteile vertreten. 5unter tagesordnungspunkt 1 wurde sodann die beschlussfähigkeit der versammlung festgestellt und unter tagesordnungspunkt 2 über die jahresabrechnung 2013, unter tagesordnungspunkt 3 über die diesbezügliche entlastung der verwaltung und unter tagesordnungspunkt 4 über den wirtschaftsplan 2014/2015 mehrheitlich beschlossen. 6wegen der weiteren einzelheiten wird auf das sitzungsprotokoll der wohnungseigentümerversammlung vom 14.10.2014 bezug genommen. 7die kläger sind der auffassung, die gefassten beschlüsse seien mangels beschlussfähigkeit der wohnungseigentümerversammlung vom 14.10.2014 für ungültig zu erklären. 8die kläger haben beantragt, 9die zu den top 1, top 2, top 3 und top 4 der eigentümerversammlung vom 14.10.2014 getroffenen beschlüsse, den klägern durch übersendung des protokolls der eigentümerversammlung bekanntgegeben, für ungültig zu erklären. 10im termin zur mündlichen verhandlung vom 04.05.2015 haben die kläger den antrag hinsichtlich tagesordnungspunkt 1 zurückgenommen und beantragen jetzt nur noch, 11die zu den tagesordnungspunkten 2, top 3 und top 4 der eigentümerversammlung vom 14.10.2014 getroffenen beschlüsse, den klägern durch übersendung des protokolls der eigentümerversammlung bekanntgegeben, für ungültig zu erklären. 12die beklagten haben der klagerücknahme zugestimmt und beantragen im übrigen, 13die klage abzuweisen. 14die beklagten behaupten, die bestimmungen zur beschlussfähigkeit gemäß § 25 abs. 3 weg zur beschlussfähigkeit der wohnungseigentümerversammlung seien durch vereinbarung vom 31.12.1997 zu tagesordnungspunkt 6 abbedungen worden. die beklagten sind ferner der auffassung, die vereinbarung habe keiner eintragung ins grundbuch bedurft, da die eigentümer durch diese begünstigt worden seien. 15 | 16die klage ist zulässig und begründet. 17die wohnungseigentümerversammlung vom 14.10.2014 war nicht beschlussfähig, die dennoch gefassten beschlüsse sind deshalb für ungültig zu erklären. 18unstreitig waren auf der wohnungseigentümerversammlung vom 14.10.2014 maximal 458/1000stel miteigentumsanteile und damit weniger als die nach § 25 abs. 3 weg für die beschlussfähigkeit notwendige hälfte aller miteigentumsanteile vertreten. 19die vorschrift des § 25 abs. 3 weg ist auch nicht durch beschlussfassung vom 31.12.1997 zu tagesordnungspunkt 6 wirksam abgedungen worden. 20es kann dahinstehen, ob es sich hierbei überhaupt um eine vereinbarung im sinne des weg handelt. zumindest wirkt diese nicht gegen die kläger. gemäß § 10 abs. 3 weg wirken vereinbarungen gegen den sondernachfolger eines wohnungseigentümers nur, wenn sie als inhalt des sondereigentums ins grundbuch eingetragen sind. die beschlussfassung vom 31.12.1997 ist unstreitig nicht eingetragen worden. die kläger haben erst nach diesem zeitpunkt ihr wohnungseigentum erworben, so dass sie sich diese regelung nicht entgegenhalten lassen müssen. 21zwar wird teilweise die auffassung vertreten, dass eine vereinbarung der wohnungseigentümer einer eintragung in das grundbuch für die geltung gegenüber dem sondernachfolger in bezug auf eine begünstigende regelung nicht bedarf (vergleiche niedenführ / kümmel / vandenhouten, weg 10. auflage § 10 randnummer 69, a. a. bärmann 12. auflage weg § 10 randnummer 122.). 22die unter tagesordnungspunkt 6 unter dem 31.12.1997 getroffene regelung ist aber keine begünstigende. durch die festlegung der beschlussfähigkeit unabhängig von mehrheitsverhältnissen schon in der ersten versammlung werden die rechte der wohnungseigentümer auf teilnahme eingeschränkt, auch die hinweispflichten, die sich für die verwaltung im übrigen aus § 25 abs. 4 satz 2 weg in bezug auf eine in jedem fall beschlussfähige zweitversammlung herleiten, werden durch die entsprechende beschlussfassung zu lasten der wohnungseigentümer abbedungen. der inhalt der beschlussfassung wird auch nicht dadurch begünstigend, dass durch die sofortige beschlussfähigkeit folgekosten für eine zweitversammlung – nach dem derzeit geltenden verwaltervertrag 550 eur – vermieden werden. vielmehr ist der verwaltervertrag für die wohnungseigentümer nachteilig. 23die kostenentscheidung folgt aus §§ 91 abs. 1 satz 1, 92 abs. 2 nr. 1, 269 abs. 3 satz 2 zpo. 24eine kostenentscheidung gemäß § 49 abs. 2 weg war nicht veranlasst, da nach den derzeit bekannten umständen nicht feststellbar ist, dass den verwalter ein grobes verschulden trifft. 25rechtsbehelfsbelehrung: 26gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 27a) wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 28b) wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 29die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht dortmund, kaiserstraße 34, 44135 dortmund (oder postanschrift: 44127 dortmund), eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 30die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht dortmund zu begründen. 31die parteien müssen sich vor dem landgericht dortmund durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 32mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. | Klaeger*in | 1 |
126,597 | S 2 EG 25/15 | 2016-02-01T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt die Gewährung von Elterngeld für den 14. Lebensmonat des Kindes K.I ... 3Der Kläger ist der Vater des am 00.00.2014 geborenen Kindes K.I ... Mutter dieses Kindes ist Frau T.-N. T.-I., die Bevollmächtigte des Klägers. Vor der Geburt des Kindes bezog der Kläger von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld. Die Mutter war vor der Geburt des Kindes neben ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin noch bei der Universität I. mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden als Dozentin beschäftigt. Die Universität I. gewährte der Kindesmutter einen Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld in Höhe von 91,80 EUR kalendertäglich bis zum 01.07.2014. Mit Wirkung zum 02.07.2014 nahm die Kindesmutter ihre Tätigkeit bei der Universität I. wieder auf. Einen Antrag auf Elterngeld stellte die Mutter des Kindes K. nicht. 4Aufgrund des Antrags vom 28.05.2014 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 26.06.2014 Elterngeld in Höhe von 1.980,00 EUR monatlich für die Zeit vom 28.06.2014 bis zum 27.05.2015 (3. bis 13.Lebensmonat des Kindes K.). In den Gründen dieses Bescheids heißt es wie folgt: "Der Anspruch endet am 27.05.2015, weil die Voraussetzungen für die Zahlung des Elterngeldes für mehr als 12 Monate insoweit nicht vorliegen, als die Lebensmonate des Kindes, in denen Leistungen nach § 3 Abs. 1 BEEG (z.B. Mutterschaftsgeld) zustehen, als Monate gelten, für die dieser Elternteil Elterngeld bezieht (§ 4 Abs. 3 BEEG)." 5Im Februar 2015 beantragte der Kläger die Gewährung von Elterngeld für einen weiteren Lebensmonat des Kindes K ... Er machte dabei geltend, nach der Begründung im Bescheid vom 26.06.2014 sei Elterngeld für zwölf Monate bewilligt worden. Tatsächlich sei aber nur für 11 Monate diese Leistung ausgezahlt worden. Es handele sich offensichtlich um ein redaktionelles Versehen, sodass der Bescheid vom 26.06.2014 zu korrigieren sei. 6Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 13.02.2015 die Rücknahme des Bescheids vom 26.06.2014 ab. Zur Begründung führte sie aus, gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 BEEG würden Lebensmonate des Kindes, in denen einem Elternteil nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BEEG anzurechnende Leistungen zustehen würden, als Monate gelten, für die dieser Elternteil Elterngeld beziehe. Da die Mutter des Kindes K. bis zum 01.07.2014 einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld erhalten habe, habe dies zur Folge, dass drei Monate von dem möglichen Gesamtelterngeldanspruch als verbraucht zu betrachten seien. 7Der Kläger erhob gegen den Bescheid vom 13.02.2015 Widerspruch. Zur Begründung seines Widerspruchs führte er aus, das Bundessozialgericht habe im Urteil vom 26.05.2011, Az.: B 10 EG 11/10 R festgestellt, dass Grundvoraussetzung für den Eintritt der Fiktion von Bezugsmonaten nach § 4 Abs. 3 Satz 2 BEEG sei, dass in den betreffenden Lebensmonaten diejenige Person, der die anzurechnende Leistung zustehe, nach objektiven Gegebenheiten die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 BEEG erfülle, also zum anspruchsberechtigten Personenkreis im Sinne dieser Vorschrift gehöre. Da die Mutter des Kindes K. während des Anspruchszeitraums einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei, zähle sie nicht zum Kreis der Anspruchsberechtigten, da sie am 02.07.2014 ihre vollschichtige Tätigkeit als Dozentin an der Universität I. wieder aufgenommen habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2015 wurde der Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. 8Der Kläger hat am 09.11.2015 Klage erhoben. Zur Begründung seiner Klage trägt er vor, er habe aufgrund des von ihm genannten Urteils einen Anspruch auf Zahlung von Elterngeld für einen weiteren Lebensmonat seines Sohnes. Die Fiktion von Bezugsmonaten trete nicht ein. Das Elterngeld diene dazu, den Eltern die Betreuung eines neugeborenen Kindes zu ermöglichen, ohne große Verdiensteinbußen hinnehmen zu müssen. Dieses Ziel werde bei der derzeitigen Handhabung durch die Beklagte allenfalls dann erreicht, wenn es sich um eine klassische Haushaltsführungsehe handele, bei der die Kindesmutter die Kinder erziehe und der Vater einer Erwerbstätigkeit nachgehe. In der umgekehrten Konstellation werde die Kindesmutter unzulässig benachteiligt. Zum einen müsse die Kindesmutter durch die zwanghafte Aufbürdung eines Mutterschutzes und dem damit verbundenen Bezug des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld bereits eine erhebliche finanzielle Einbuße während des nicht verzichtbaren Mutterschutzes hinnehmen. Außerdem verliere der Kindesvater in dieser Konstellation den Anspruch auf Elterngeld für den ganzen Monat. Diese Handhabung verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG und verletze den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 9Der Kläger beantragt, 10den Bescheid vom 13.02.2015 in der Fassung des Widerspruchs- bescheids vom 08.10.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für einen weiteren Monat (14. Lebensmonat des Kindes K.) Elterngeld in Höhe von 1.980,00 EUR zu zahlen. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung ihres Antrags trägt sie vor, aufgrund der gesetzlichen Neuregelung, die für Geburten ab dem 01.01.2013 maßgeblich sei, könne das vom Kläger genannte Urteil des Bundessozialgerichts keine Anwendung mehr finden. Der Gesetzgeber habe im Hinblick auf die Ausführungen des Bundessozialgerichts eine Gesetzesänderung vorgenommen. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG oder den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei nicht gegeben. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts Münster S 2 EG 0/15 ER verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 01.02.2016 gewesen. 15Entscheidungsgründe: 16Die statthafte, form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die mit der Klage angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht die Gewährung von Elterngeld für einen weiteren Lebensmonat des Kindes Jakob abgelehnt. 17Da das Kind K. am 00.00.2014 geboren ist, findet § 4 BEEG in der Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.09.2012 (BGBl. I S. 1878) Anwendung. Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 BEEG haben die Eltern insgesamt Anspruch auf zwölf Monatsbeträge. Sie haben nach Satz 3 dieser Bestimmung Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt. Ein Elternteil kann mindestens für zwei und höchstens für zwölf Monate Elterngeld beziehen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 BEEG). Lebensmonate des Kindes, in denen einem Elternteil nach § 3 Abs.1 oder 3 BEEG anzurechnende Leistungen zustehen, gelten nach § 4 Abs. 3 Satz 2 BEEG als Monate, für die die berechtigte Person Elterngeld bezieht. 18Der Kläger kann den von ihm geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Elterngeld für den 14. Lebensmonat des Kindes K. nicht auf die Regelungen im Bescheid vom 26.06.2014 stützen. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte dem Kläger Elterngeld für die Zeit vom 28.06.2014 bis 27.05.2014 bewilligt. Dieser Zeitraum umfasst elf Lebensmonate des Kindes. Unerheblich ist, dass in den Gründen des Bescheids vom 26.06.2014 fälschlicherweise von zwölf Monaten die Rede ist. Damit wird nämlich ein Anspruch auf Elterngeld für den 14. Lebensmonat des Kindes K. und für insgesamt zwölf Lebensmonate nicht begründet. Entscheidend ist vielmehr die im Tenor des Bewilligungsbescheids getroffene Regelung. Diese sieht eine Leistungsgewährung für einen Zeitraum von elf Monaten vor. Eine fehlerhafte Begründung führt zu keiner Änderung der Regelungen im Tenor eines Bescheids. 19Dem Kläger kann daher nur dann Elterngeld für einen weiteren Lebensmonat gewährt werden, wenn sich ein entsprechender Anspruch aus den maßgeblichen Regelungen des BEEG ableiten lässt. Dies ist jedoch nicht der Fall, da von den insgesamt 14 Kalendermonaten drei Kalendermonate durch die Gewährung des Zuschusses des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld für die Mutter des Kindes als verbraucht gelten und daher mit der Bewilligung von Elterngeld für elf Lebensmonate des Kindes zugunsten des Klägers der Elterngeldanspruch in vollem Umfang erfüllt ist. 20Die Mutter des Kindes K. hat bis zum 01.07.2014 und damit für einen Teil des dritten Lebensmonats des Kindes Jakob einen Zuschuss des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld erhalten. Der dritte Lebensmonat des Kindes des Klägers begann am 28.06.2014. Dass durch die Gewährung der Leistung des Arbeitgebers der dritte Lebensmonat als verbraucht gilt, ergibt sich aus der Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 2 BEEG in der Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldbezugs. § 4 Abs. 3 Satz 2 BEEG hatte bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs den folgenden Wortlaut: "Lebensmonate des Kindes, in denen nach § 3 Abs. 1 oder 3 anzurechnende Leistungen zustehen, gelten als Monate, für die die berechtigte Person Elterngeld bezieht." Die Änderung des § 4 Abs. 3 Satz 2 BEEG durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs diente der Klarstellung, dass – entgegen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 26.05.2011, Az.: B 10 EG 11/10 R – Lebensmonate des Kindes, in denen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BEEG anzurechnende Einnahmen zustehen, auch dann als Bezugsmonate gelten, wenn die Elterngeld beantragende Person in diesen Monaten die Voraussetzungen des § 1 BEEG nicht erfüllt (BT-Drucks. 17/9841 S. 29). Die gesetzliche Neuregelung führt dazu, dass im Falle der Gewährung anzurechnender Leistungen nach § 3 Abs. 1 oder 3 BEEG für wenige Tage oder nur für einen Tag des dritten Lebensmonats des Kindes der gesamte dritte Lebensmonat als für die Elterngeldgewährung verbraucht gilt, auch wenn die Mutter für diesen Monat wegen der Ausübung einer Erwerbstätigkeit von regelmäßig mehr als 30 Wochenstunden gar keinen Anspruch auf Elterngeld für diesen Zeitraum hat. Da der Zuschuss des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld zu den anrechenbaren Leistungen i. S. d. § 3 Abs.1 Nr. 1 BEEG zählt und da die Mutter des Kindes für mehrere Tage des dritten Lebensmonats des Kindes K. diese Leistung erhalten hat, gilt der dritte Lebensmonat als für die Elterngeldgewährung verbraucht. Damit stehen für eine Elterngeldgewährung zugunsten des Klägers nur noch elf Lebensmonate zur Verfügung. Für diesen Zeitraum hat die Beklagte mit Bescheid vom 26.06.2014 Elterngeld gewährt. Damit ist der Elterngeldanspruch des Klägers erfüllt worden. 21Die Kammer hat keine Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Regelung in § 4 Abs. 3 Satz 2 BEEG. Ein Verstoß gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG statuierten allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht gegeben. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit jedoch nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt dieses Grundrecht vielmehr nur dann, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20.04.2011, Az.: 1 BvR 1811/08). § 4 Abs. 3 Satz 2 BEEG regelt einheitlich die Auswirkungen der Gewährung der nach § 3 Abs. 1 oder 3 BEEG anzurechnenden Leistungen auf den Elterngeldanspruch. Die Regelung erfasst damit sämtliche Anspruchsberechtigte, bei denen ein Elternteil im dritten Lebensmonat anzurechnende Leistungen bezieht. Insoweit liegt bezüglich dieses Personenkreises keine Ungleichbehandlung vor. 22Die maßgebliche Regelung führt auch nicht zu einem Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Zwar garantiert diese Bestimmung als Abwehrrecht die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb hat der Staat die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren. Demgemäß dürfen die Eltern ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen und insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Elternteilen in wechselnder Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden soll. Neben der Pflicht, die von den Eltern im Dienste des Kindeswohls getroffenen Entscheidungen anzuerkennen und daran keine benachteiligenden Rechtsfolgen zu knüpfen, ergibt sich aus der Schutzpflicht des Art. 6 Abs. 1 GG die Aufgabe des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern. Der Staat hat dafür Sorge zu tragen, dass es den Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise und zeitweise auf eine Erwerbstätigkeit zu Gunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten wie auch die Familientätigkeit und die Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden. Dabei ist allerdings in Rechnung zu stellen, dass der Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit bei der Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum hat. Weit ist insbesondere der Gestaltungsspielraum auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20.04.2011, Az.: 1 BvR 1811/08). Mit den Regelungen in § 4 Abs.3 Satz 2 BEEG hat der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum nach Auffassung der Kammer nicht überschritten. Bei der Leistung in Form des Elterngelds handelt es sich nämlich um eine Art der Familienförderung, zu der der Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht verpflichtet ist. Dies hat zur Folge, dass der Gesetzgeber auch nicht gehalten war, Regelungen in das Gesetz aufzunehmen, die sicherstellen, dass das Elterngeld in der für den Empfänger jeweils günstigsten Form berechnet wird. Bereits mit der Einführung von Elterngeld und Elternzeit wird die Möglichkeit der Eigenbetreuung von Kindern in beachtlichem Umfang gefördert. Es ist sichergestellt, dass ein vom Einkommen aus Erwerbstätigkeit abhängiges Elterngeld zumindest in Höhe des Sockelbetrags gezahlt wird (BSG, Urteil vom 26.03.2014, Az.: B 10 EG 4/13 R). Dies schließt einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG aus. 23Auch das Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) wird durch die maßgebliche Regelung nicht verletzt. Dieser Verfassungsgrundsatz darf nicht dahingehend ausgelegt werden, dass mit seiner Hilfe jede Einzelregelung modifiziert werden müsste, deren Anwendung sich im konkreten Fall nachteilig oder als Härte auswirken kann (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17.07.1984, Az. 1 BvL 24/83). Zu einer Härtefallregelung wäre der Gesetzgeber allenfalls dann verpflichtet, wenn die maßgebliche Regelung bei einem größeren Personenkreis zu Härten führen könnte. Der dem Rechtsstreit zu Grunde liegende Sachverhalt ist jedoch bezogen auf die Gesamtzahl der Elterngeldempfänger als Einzelfall zu werten. 24Weiterhin liegt auch kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bindet alle staatliche Gewalt, sofern sie subjektive Rechte des Bürgers beeinträchtigt. Voraussetzung für die Anwendung ist eine konkret betroffene Rechtsposition (Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 12. Auflage, Art. 20 Rdnr. 81). Das Elterngeld ist dem Bereich der gewährenden Staatstätigkeit zuzuordnen. Eine aus der Verfassung abzuleitende Verpflichtung zur Gewährung des Elterngelds besteht nicht. Die steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Kindes erfolgt durch das Kindergeld bzw. die in § 32 Abs. 6 EStG geregelten Kinderfreibeträge. Die Behebung von Notlagen erfolgt durch andere Sicherungssysteme (BSG, Urteil vom 17.02.2011, Az.: B 10 EG 17/09 R). Im Bereich der Familienförderung steht dem Gesetzgeber hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Gesetzgeber ist dabei nicht verpflichtet, die gerechteste und zweckmäßigste Lösung zu treffen (BVerfG, Beschluss vom 09.11.2011, Az.: 1 BvR 1853/11). Im Hinblick auf diesen weiten Gestaltungsspielraum stellt die Regelung in § 4 Abs. 3 Satz 2 BEEG keinen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dar, auch wenn die Anwendung dieser Vorschrift im Einzelfall zu ungünstigen Folgen für den Elterngeldberechtigten führen kann. 25Da die maßgeblichen Regelungen des BEEG mit den Vorgaben des Grundgesetzes vereinbar sind, bestand für die Kammer keine Notwendigkeit, das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 3 Satz 2 BEEG vorzulegen. 26Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. | die klage wird abgewiesen. außergerichtliche kosten sind nicht zu erstatten. 1 | 2der kläger begehrt die gewährung von elterngeld für den 14. lebensmonat des kindes k.i ... 3der kläger ist der vater des am 00.00.2014 geborenen kindes k.i ... mutter dieses kindes ist frau t.-n. t.-i., die bevollmächtigte des klägers. vor der geburt des kindes bezog der kläger von der bundesagentur für arbeit arbeitslosengeld. die mutter war vor der geburt des kindes neben ihrer tätigkeit als rechtsanwältin noch bei der universität i. mit einer wöchentlichen arbeitszeit von 39 stunden als dozentin beschäftigt. die universität i. gewährte der kindesmutter einen arbeitgeberzuschuss zum mutterschaftsgeld in höhe von 91,80 eur kalendertäglich bis zum 01.07.2014. mit wirkung zum 02.07.2014 nahm die kindesmutter ihre tätigkeit bei der universität i. wieder auf. einen antrag auf elterngeld stellte die mutter des kindes k. nicht. 4aufgrund des antrags vom 28.05.2014 bewilligte die beklagte dem kläger mit bescheid vom 26.06.2014 elterngeld in höhe von 1.980,00 eur monatlich für die zeit vom 28.06.2014 bis zum 27.05.2015 (3. bis 13.lebensmonat des kindes k.). in den gründen dieses bescheids heißt es wie folgt: "der anspruch endet am 27.05.2015, weil die voraussetzungen für die zahlung des elterngeldes für mehr als 12 monate insoweit nicht vorliegen, als die lebensmonate des kindes, in denen leistungen nach § 3 abs. 1 beeg (z.b. mutterschaftsgeld) zustehen, als monate gelten, für die dieser elternteil elterngeld bezieht (§ 4 abs. 3 beeg)." 5im februar 2015 beantragte der kläger die gewährung von elterngeld für einen weiteren lebensmonat des kindes k ... er machte dabei geltend, nach der begründung im bescheid vom 26.06.2014 sei elterngeld für zwölf monate bewilligt worden. tatsächlich sei aber nur für 11 monate diese leistung ausgezahlt worden. es handele sich offensichtlich um ein redaktionelles versehen, sodass der bescheid vom 26.06.2014 zu korrigieren sei. 6die beklagte lehnte mit bescheid vom 13.02.2015 die rücknahme des bescheids vom 26.06.2014 ab. zur begründung führte sie aus, gemäß § 4 abs. 3 satz 2 beeg würden lebensmonate des kindes, in denen einem elternteil nach § 3 abs. 1 nr. 1 bis nr. 3 beeg anzurechnende leistungen zustehen würden, als monate gelten, für die dieser elternteil elterngeld beziehe. da die mutter des kindes k. bis zum 01.07.2014 einen zuschuss zum mutterschaftsgeld erhalten habe, habe dies zur folge, dass drei monate von dem möglichen gesamtelterngeldanspruch als verbraucht zu betrachten seien. 7der kläger erhob gegen den bescheid vom 13.02.2015 widerspruch. zur begründung seines widerspruchs führte er aus, das bundessozialgericht habe im urteil vom 26.05.2011, az.: b 10 eg 11/10 r festgestellt, dass grundvoraussetzung für den eintritt der fiktion von bezugsmonaten nach § 4 abs. 3 satz 2 beeg sei, dass in den betreffenden lebensmonaten diejenige person, der die anzurechnende leistung zustehe, nach objektiven gegebenheiten die anspruchsvoraussetzungen des § 1 beeg erfülle, also zum anspruchsberechtigten personenkreis im sinne dieser vorschrift gehöre. da die mutter des kindes k. während des anspruchszeitraums einer erwerbstätigkeit nachgegangen sei, zähle sie nicht zum kreis der anspruchsberechtigten, da sie am 02.07.2014 ihre vollschichtige tätigkeit als dozentin an der universität i. wieder aufgenommen habe. mit widerspruchsbescheid vom 08.10.2015 wurde der widerspruch des klägers als unbegründet zurückgewiesen. 8der kläger hat am 09.11.2015 klage erhoben. zur begründung seiner klage trägt er vor, er habe aufgrund des von ihm genannten urteils einen anspruch auf zahlung von elterngeld für einen weiteren lebensmonat seines sohnes. die fiktion von bezugsmonaten trete nicht ein. das elterngeld diene dazu, den eltern die betreuung eines neugeborenen kindes zu ermöglichen, ohne große verdiensteinbußen hinnehmen zu müssen. dieses ziel werde bei der derzeitigen handhabung durch die beklagte allenfalls dann erreicht, wenn es sich um eine klassische haushaltsführungsehe handele, bei der die kindesmutter die kinder erziehe und der vater einer erwerbstätigkeit nachgehe. in der umgekehrten konstellation werde die kindesmutter unzulässig benachteiligt. zum einen müsse die kindesmutter durch die zwanghafte aufbürdung eines mutterschutzes und dem damit verbundenen bezug des arbeitgeberzuschusses zum mutterschaftsgeld bereits eine erhebliche finanzielle einbuße während des nicht verzichtbaren mutterschutzes hinnehmen. außerdem verliere der kindesvater in dieser konstellation den anspruch auf elterngeld für den ganzen monat. diese handhabung verstoße gegen den gleichbehandlungsgrundsatz des art. 3 gg und verletze den verhältnismäßigkeitsgrundsatz 9der kläger beantragt, 10den bescheid vom 13.02.2015 in der fassung des widerspruchs- bescheids vom 08.10.2015 aufzuheben und die beklagte zu verurteilen, ihm für einen weiteren monat (14. lebensmonat des kindes k.) elterngeld in höhe von 1.980,00 eur zu zahlen. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung ihres antrags trägt sie vor, aufgrund der gesetzlichen neuregelung, die für geburten ab dem 01.01.2013 maßgeblich sei, könne das vom kläger genannte urteil des bundessozialgerichts keine anwendung mehr finden. der gesetzgeber habe im hinblick auf die ausführungen des bundessozialgerichts eine gesetzesänderung vorgenommen. ein verstoß gegen art. 3 gg oder den verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei nicht gegeben. 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die gerichtsakte, die den kläger betreffenden verwaltungsakten der beklagten und die akte des sozialgerichts münster s 2 eg 0/15 er verwiesen. diese unterlagen sind gegenstand der mündlichen verhandlung vom 01.02.2016 gewesen. 15 | 16die statthafte, form- und fristgerecht erhobene klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. die mit der klage angefochtenen bescheide sind rechtmäßig. die beklagte hat zu recht die gewährung von elterngeld für einen weiteren lebensmonat des kindes jakob abgelehnt. 17da das kind k. am 00.00.2014 geboren ist, findet § 4 beeg in der fassung des gesetzes zur vereinfachung des elterngeldvollzugs vom 10.09.2012 (bgbl. i s. 1878) anwendung. nach § 4 abs. 2 satz 2 beeg haben die eltern insgesamt anspruch auf zwölf monatsbeträge. sie haben nach satz 3 dieser bestimmung anspruch auf zwei weitere monatsbeträge, wenn für zwei monate eine minderung des einkommens aus erwerbstätigkeit erfolgt. ein elternteil kann mindestens für zwei und höchstens für zwölf monate elterngeld beziehen (§ 4 abs. 3 satz 1 beeg). lebensmonate des kindes, in denen einem elternteil nach § 3 abs.1 oder 3 beeg anzurechnende leistungen zustehen, gelten nach § 4 abs. 3 satz 2 beeg als monate, für die die berechtigte person elterngeld bezieht. 18der kläger kann den von ihm geltend gemachten anspruch auf zahlung von elterngeld für den 14. lebensmonat des kindes k. nicht auf die regelungen im bescheid vom 26.06.2014 stützen. mit diesem bescheid hat die beklagte dem kläger elterngeld für die zeit vom 28.06.2014 bis 27.05.2014 bewilligt. dieser zeitraum umfasst elf lebensmonate des kindes. unerheblich ist, dass in den gründen des bescheids vom 26.06.2014 fälschlicherweise von zwölf monaten die rede ist. damit wird nämlich ein anspruch auf elterngeld für den 14. lebensmonat des kindes k. und für insgesamt zwölf lebensmonate nicht begründet. entscheidend ist vielmehr die im tenor des bewilligungsbescheids getroffene regelung. diese sieht eine leistungsgewährung für einen zeitraum von elf monaten vor. eine fehlerhafte begründung führt zu keiner änderung der regelungen im tenor eines bescheids. 19dem kläger kann daher nur dann elterngeld für einen weiteren lebensmonat gewährt werden, wenn sich ein entsprechender anspruch aus den maßgeblichen regelungen des beeg ableiten lässt. dies ist jedoch nicht der fall, da von den insgesamt 14 kalendermonaten drei kalendermonate durch die gewährung des zuschusses des arbeitgebers zum mutterschaftsgeld für die mutter des kindes als verbraucht gelten und daher mit der bewilligung von elterngeld für elf lebensmonate des kindes zugunsten des klägers der elterngeldanspruch in vollem umfang erfüllt ist. 20die mutter des kindes k. hat bis zum 01.07.2014 und damit für einen teil des dritten lebensmonats des kindes jakob einen zuschuss des arbeitgebers zum mutterschaftsgeld erhalten. der dritte lebensmonat des kindes des klägers begann am 28.06.2014. dass durch die gewährung der leistung des arbeitgebers der dritte lebensmonat als verbraucht gilt, ergibt sich aus der regelung des § 4 abs. 3 satz 2 beeg in der fassung des gesetzes zur vereinfachung des elterngeldbezugs. § 4 abs. 3 satz 2 beeg hatte bis zum inkrafttreten des gesetzes zur vereinfachung des elterngeldvollzugs den folgenden wortlaut: "lebensmonate des kindes, in denen nach § 3 abs. 1 oder 3 anzurechnende leistungen zustehen, gelten als monate, für die die berechtigte person elterngeld bezieht." die änderung des § 4 abs. 3 satz 2 beeg durch das gesetz zur vereinfachung des elterngeldvollzugs diente der klarstellung, dass – entgegen der rechtsprechung des bundessozialgerichts im urteil vom 26.05.2011, az.: b 10 eg 11/10 r – lebensmonate des kindes, in denen nach § 3 abs. 1 nr. 1 bis 3 beeg anzurechnende einnahmen zustehen, auch dann als bezugsmonate gelten, wenn die elterngeld beantragende person in diesen monaten die voraussetzungen des § 1 beeg nicht erfüllt (bt-drucks. 17/9841 s. 29). die gesetzliche neuregelung führt dazu, dass im falle der gewährung anzurechnender leistungen nach § 3 abs. 1 oder 3 beeg für wenige tage oder nur für einen tag des dritten lebensmonats des kindes der gesamte dritte lebensmonat als für die elterngeldgewährung verbraucht gilt, auch wenn die mutter für diesen monat wegen der ausübung einer erwerbstätigkeit von regelmäßig mehr als 30 wochenstunden gar keinen anspruch auf elterngeld für diesen zeitraum hat. da der zuschuss des arbeitgebers zum mutterschaftsgeld zu den anrechenbaren leistungen i. s. d. § 3 abs.1 nr. 1 beeg zählt und da die mutter des kindes für mehrere tage des dritten lebensmonats des kindes k. diese leistung erhalten hat, gilt der dritte lebensmonat als für die elterngeldgewährung verbraucht. damit stehen für eine elterngeldgewährung zugunsten des klägers nur noch elf lebensmonate zur verfügung. für diesen zeitraum hat die beklagte mit bescheid vom 26.06.2014 elterngeld gewährt. damit ist der elterngeldanspruch des klägers erfüllt worden. 21die kammer hat keine bedenken hinsichtlich der verfassungsmäßigkeit der regelung in § 4 abs. 3 satz 2 beeg. ein verstoß gegen den in art. 3 abs. 1 gg statuierten allgemeinen gleichheitssatz ist nicht gegeben. der allgemeine gleichheitssatz gebietet, alle menschen vor dem gesetz gleich zu behandeln. dem gesetzgeber ist damit jedoch nicht jede differenzierung verwehrt. er verletzt dieses grundrecht vielmehr nur dann, wenn er eine gruppe von normadressaten im vergleich zu anderen normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden gruppen keine unterschiede von solcher art und solchem gewicht bestehen, dass sie die ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (bundesverfassungsgericht, beschluss vom 20.04.2011, az.: 1 bvr 1811/08). § 4 abs. 3 satz 2 beeg regelt einheitlich die auswirkungen der gewährung der nach § 3 abs. 1 oder 3 beeg anzurechnenden leistungen auf den elterngeldanspruch. die regelung erfasst damit sämtliche anspruchsberechtigte, bei denen ein elternteil im dritten lebensmonat anzurechnende leistungen bezieht. insoweit liegt bezüglich dieses personenkreises keine ungleichbehandlung vor. 22die maßgebliche regelung führt auch nicht zu einem verstoß gegen art. 6 abs. 1 gg. zwar garantiert diese bestimmung als abwehrrecht die freiheit, über die art und weise der gestaltung des ehelichen und familiären zusammenlebens selbst zu entscheiden. deshalb hat der staat die familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen ausgestaltung zu respektieren. demgemäß dürfen die eltern ihr familiäres leben nach ihren vorstellungen planen und verwirklichen und insbesondere in ihrer erziehungsverantwortung entscheiden, ob und in welchem entwicklungsstadium das kind überwiegend von einem elternteil allein, von beiden elternteilen in wechselnder ergänzung oder von einem dritten betreut werden soll. neben der pflicht, die von den eltern im dienste des kindeswohls getroffenen entscheidungen anzuerkennen und daran keine benachteiligenden rechtsfolgen zu knüpfen, ergibt sich aus der schutzpflicht des art. 6 abs. 1 gg die aufgabe des staates, die kinderbetreuung in der jeweils von den eltern gewählten form in ihren tatsächlichen voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern. der staat hat dafür sorge zu tragen, dass es den eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise und zeitweise auf eine erwerbstätigkeit zu gunsten der persönlichen betreuung ihrer kinder zu verzichten wie auch die familientätigkeit und die erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden. dabei ist allerdings in rechnung zu stellen, dass der gesetzgeber im bereich der gewährenden staatstätigkeit bei der abgrenzung der begünstigten personengruppen grundsätzlich einen weiten gestaltungsspielraum hat. weit ist insbesondere der gestaltungsspielraum auch hinsichtlich der ausgestaltung der familienförderung (bundesverfassungsgericht, beschluss vom 20.04.2011, az.: 1 bvr 1811/08). mit den regelungen in § 4 abs.3 satz 2 beeg hat der gesetzgeber den ihm zustehenden gestaltungsspielraum nach auffassung der kammer nicht überschritten. bei der leistung in form des elterngelds handelt es sich nämlich um eine art der familienförderung, zu der der gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen gründen nicht verpflichtet ist. dies hat zur folge, dass der gesetzgeber auch nicht gehalten war, regelungen in das gesetz aufzunehmen, die sicherstellen, dass das elterngeld in der für den empfänger jeweils günstigsten form berechnet wird. bereits mit der einführung von elterngeld und elternzeit wird die möglichkeit der eigenbetreuung von kindern in beachtlichem umfang gefördert. es ist sichergestellt, dass ein vom einkommen aus erwerbstätigkeit abhängiges elterngeld zumindest in höhe des sockelbetrags gezahlt wird (bsg, urteil vom 26.03.2014, az.: b 10 eg 4/13 r). dies schließt einen verstoß gegen art. 6 abs. 1 gg aus. 23auch das sozialstaatsgebot (art. 20 abs. 3 gg) wird durch die maßgebliche regelung nicht verletzt. dieser verfassungsgrundsatz darf nicht dahingehend ausgelegt werden, dass mit seiner hilfe jede einzelregelung modifiziert werden müsste, deren anwendung sich im konkreten fall nachteilig oder als härte auswirken kann (bundesverfassungsgericht, beschluss vom 17.07.1984, az. 1 bvl 24/83). zu einer härtefallregelung wäre der gesetzgeber allenfalls dann verpflichtet, wenn die maßgebliche regelung bei einem größeren personenkreis zu härten führen könnte. der dem rechtsstreit zu grunde liegende sachverhalt ist jedoch bezogen auf die gesamtzahl der elterngeldempfänger als einzelfall zu werten. 24weiterhin liegt auch kein verstoß gegen den verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor. der grundsatz der verhältnismäßigkeit bindet alle staatliche gewalt, sofern sie subjektive rechte des bürgers beeinträchtigt. voraussetzung für die anwendung ist eine konkret betroffene rechtsposition (jarass/pieroth, grundgesetz für die bundesrepublik deutschland, 12. auflage, art. 20 rdnr. 81). das elterngeld ist dem bereich der gewährenden staatstätigkeit zuzuordnen. eine aus der verfassung abzuleitende verpflichtung zur gewährung des elterngelds besteht nicht. die steuerliche freistellung des existenzminimums eines kindes erfolgt durch das kindergeld bzw. die in § 32 abs. 6 estg geregelten kinderfreibeträge. die behebung von notlagen erfolgt durch andere sicherungssysteme (bsg, urteil vom 17.02.2011, az.: b 10 eg 17/09 r). im bereich der familienförderung steht dem gesetzgeber hinsichtlich der konkreten ausgestaltung ein weiter gestaltungsspielraum zu. der gesetzgeber ist dabei nicht verpflichtet, die gerechteste und zweckmäßigste lösung zu treffen (bverfg, beschluss vom 09.11.2011, az.: 1 bvr 1853/11). im hinblick auf diesen weiten gestaltungsspielraum stellt die regelung in § 4 abs. 3 satz 2 beeg keinen verstoß gegen den verhältnismäßigkeitsgrundsatz dar, auch wenn die anwendung dieser vorschrift im einzelfall zu ungünstigen folgen für den elterngeldberechtigten führen kann. 25da die maßgeblichen regelungen des beeg mit den vorgaben des grundgesetzes vereinbar sind, bestand für die kammer keine notwendigkeit, das verfahren auszusetzen und dem bundesverfassungsgericht zur entscheidung über die verfassungsmäßigkeit des § 4 abs. 3 satz 2 beeg vorzulegen. 26die kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 sgg. | Verklagte*r | 0 |
126,803 | S 3 U 36/13 | 2016-01-25T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Der Kläger beansprucht Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung als Wie-Beschäftigter. 3Der Kläger war Geschäftsführer und Chefdirigent des "Gitarrenensembles S. 0000 e.V." Dessen Satzung lautet auszugsweise wie folgt: 4§ 2 Aufgabe und Zweck des Vereins 52.3 Der Verein ist gemeinnützig und erstrebt keinen Gewinn. Überschüsse aus Einnahmen dürfen nur für satzungsgemäße Zwecke verwendet werden. Die Mitglieder erhalten keine Überschussanteile und haben keinen Anspruch auf Zuwendungen aus den Mitteln des Vereins. 6§ 8 Der Vorstand 78.1 Der Vorstand besteht aus: [ ] c) dem Geschäftsführer [ ] 8.3 Der Vorstand wird von der Mitgliederversammlung auf die Dauer von zwei Jahren. gewählt. 8§ 9 Dirigenten 99.1 Die Mitgliederversammlung kann mehrere Dirigenten wählen. [ ] 9.3 Ein Dirigent muss eine ausreichende Qualifikation, etwa den C2-Schein der Landesmusikakademie oder einen musikalischen Hochschulabschluss, vorweisen können. 10§ 12 Gemeinnützigkeit 1112.3 [ ] Die Mitglieder erhalten keine Zuwendungen aus Mitteln des Vereins. 12Am 21.07.2012 begab sich der Kläger nach Köln, um bei einem Musikgroßhändler für den Verein neue Gitarren in Augenschein zu nehmen und ggf. zu erwerben. Auf dem Rückweg fing sein Auto Feuer und der Kläger sprang aus dem noch rollenden Fahrzeug. Dabei zog er sich eine Ruptur der Quadrizepssehne links zu. 13Die Beklagte lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, weil der Kläger im Rahmen seiner gewählten Ehrenämter tätig geworden sei und damit insbesondere keine Wie-Beschäftigung vorliege. Die vom Kläger ausgewählten Ehrenämter stünden grundsätzlich nicht dem allgemeinen Arbeitsmarkt offen, sondern würden durch die Vereinsmitglieder per Wahl besetzt (Bescheid vom 27.08.2012). Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20.12.2012). 14Der Kläger hat am 28.01.2013 Klage erhoben. 15Er macht geltend, seine Tätigkeit als Chefdirigent sei abzugrenzen von solchen, welche im Rahmen einer Vereinsmitgliedschaft allgemein erwartet und von allen oder zumindest vielen Vereinsmitgliedern ausgeübt werden könnten. Nachdem der Verein beschlossen habe, Stücke etwa von den Eagles oder Eric Clapton in sein Repertoire aufzunehmen, wofür elektroakustische Gitarren deutlich besser als akustische geeignet seien, habe er solche elektroakustischen Gitarren am Unfalltag in Köln begutachtet. Er habe dabei in seiner originären Eigenschaft als Chefdirigent gehandelt. Er allein habe die fachlichen und musikalischen Kenntnisse zu beurteilen, welche Gitarren sich eigneten. Kein anderes Vorstands- oder einfaches Vereinsmitglied sei hierzu in der Lage oder berufen gewesen. Als Chefdirigent sei er für alle Entscheidungen verantwortlich. Dementsprechend werde die Position des Chefdirigenten in zahlreichen Vereinen mit einem Angestellten besetzt. Darüber hinaus beruft sich der Kläger darauf, dass die Beklagte ihm im Jahr 2010 bereits einmal Unfallversicherungsschutz gewährt habe. 16Der Kläger beantragt, 17unter Änderung des Bescheides vom 17.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2012 das Ereignis vom 21.07.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen. 18Die Beklagte beantragt, 19die Klage abzuweisen. 20Die Beklagte verteidigt den angefochtenen Bescheid. 21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 22Entscheidungsgründe: 23Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 24Der angefochtene Bescheid vom 17.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2012 ist rechtmäßig und der Kläger nicht beschwert (§ 54 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass der Kläger am Unfalltag nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand. 25Zunächst ist der Kläger nicht schon kraft Gesetzes als Beschäftigter unfallversichert gewesen, weil er keinen der in § 2 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) genannten Tatbestände erfüllt. 26Weiter stand der Kläger auch nicht als Wie-Beschäftigter unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Nach § 2 Abs. 2 Satz SGB VII sind in diesem Sinne Personen versichert, die wie nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 versicherte tätig werden. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. 27§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII will dabei aus sozialpolitischen und rechtssystematischen Gründen Versicherungsschutz auch dann gewähren, wenn die Voraussetzungen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht vollständig erfüllt sind und bei einer ggf. nur vorübergehenden Tätigkeit die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses gegeben ist, weil eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert vorliegt, die einem fremden Unternehmen dienen soll (Handlungstendenz) und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmens entspricht, unter solchen Umständen, die einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich sind und nicht auf einer Sonderbeziehung z.B. als Familienangehöriger oder Vereinsmitglied beruhen (vgl. BSG, Urteil vom 31.05.2005, B 2 U 35/04 R, m.w.N. (noch zu § 539 Abs. 2 RVO); so auch LSG NRW, Urteil vom 24.04.2013, L 17 U 683/11; Urteil vom 02.03.2007, L 4 U 47/06 (zum SGB VII)). 28Zwar schließt die Mitgliedschaft in einem Verein die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht von vornherein und damit auch eine versicherte Tätigkeit als Wie-Beschäftigter nicht schlechthin aus (BSG, Urteil vom 13.08.2002, B 2 U 29/01 R; Urteil vom 29.01.1986, 9b RU 68/84). Dabei ist jedoch zu unterscheiden zwischen Arbeitsleistungen, die nur auf Mitgliedschaftspflichten beruhen, und solchen, die außerhalb dieses Rahmens verrichtet werden. Bei einer auf Mitgliedspflicht beruhenden Tätigkeit scheidet eine Versicherung als Wie-Beschäftigter dagegen aus (BSG, Urteil vom 29.01.1986, a.a.O.; Urteil vom 12.05.1981, 2 RU 40/79). Dies setzt voraus, dass die Verrichtung über das hinausgeht, was Vereinssatzung, Beschlüsse der Vereinsorgane oder allgemeine Vereinsübung an Arbeitsverpflichtungen der Vereinsmitglieder festlegen (BSG, Urteil vom 13.08.2002, a.a.O.; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2007, L 10 U 2292/04; Thüringer LSG, Urteil vom 19.04.2012, L 1 U 570/07). 29Nach diesen Maßstäben scheidet eine Versicherung des Klägers als Wie-Beschäftigter aus, weil die Verrichtung am Unfalltag allein auf dessen Vereinspflichten. Dabei kann dahinstehen, ob die konkrete Verrichtung am Unfalltag – das Begutachten von Gitarren – auch von anderen Vereinsmitgliedern hätte ausgeführt werden können. Denn unabhängig davon, was die Vereinsübung des Gitarrenensembles S. 0000 e.V. von jedem seiner Vereinsmitglieder verlangt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 09.12.1993, 2 RU 54/92), beruhte die Verrichtung des Klägers am Unfalltag gerade auf seiner Stellung als satzungsmäßig berufener Chefdirigent. Der Kläger selbst hat hierzu vorgetragen, er habe am Unfalltag "in seiner originären Eigenschaft als Chefdirigent" gehandelt. Er sei für alle musikalischen Entscheidungen verantwortlich und er allein habe die fachlichen und musikalischen Kenntnisse für die Auswahl der Gitarren gehabt. Das der Verein ihn gerade wegen dieser musikalischen Kenntnisse zum Chefdirigenten berufen hat, spiegelt sich auch in § 9.3 der Vereinssatzung wider, wonach ein Dirigent eine ausreichende Qualifikation vorweisen können muss. 30Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 SGG. | die klage wird abgewiesen. außergerichtliche kosten sind nicht zu erstatten. 1 | 2der kläger beansprucht versicherungsschutz in der gesetzlichen unfallversicherung als wie-beschäftigter. 3der kläger war geschäftsführer und chefdirigent des "gitarrenensembles s. 0000 e.v." dessen satzung lautet auszugsweise wie folgt: 4§ 2 aufgabe und zweck des vereins 52.3 der verein ist gemeinnützig und erstrebt keinen gewinn. überschüsse aus einnahmen dürfen nur für satzungsgemäße zwecke verwendet werden. die mitglieder erhalten keine überschussanteile und haben keinen anspruch auf zuwendungen aus den mitteln des vereins. 6§ 8 der vorstand 78.1 der vorstand besteht aus: [ ] c) dem geschäftsführer [ ] 8.3 der vorstand wird von der mitgliederversammlung auf die dauer von zwei jahren. gewählt. 8§ 9 dirigenten 99.1 die mitgliederversammlung kann mehrere dirigenten wählen. [ ] 9.3 ein dirigent muss eine ausreichende qualifikation, etwa den c2-schein der landesmusikakademie oder einen musikalischen hochschulabschluss, vorweisen können. 10§ 12 gemeinnützigkeit 1112.3 [ ] die mitglieder erhalten keine zuwendungen aus mitteln des vereins. 12am 21.07.2012 begab sich der kläger nach köln, um bei einem musikgroßhändler für den verein neue gitarren in augenschein zu nehmen und ggf. zu erwerben. auf dem rückweg fing sein auto feuer und der kläger sprang aus dem noch rollenden fahrzeug. dabei zog er sich eine ruptur der quadrizepssehne links zu. 13die beklagte lehnte die anerkennung eines arbeitsunfalls ab, weil der kläger im rahmen seiner gewählten ehrenämter tätig geworden sei und damit insbesondere keine wie-beschäftigung vorliege. die vom kläger ausgewählten ehrenämter stünden grundsätzlich nicht dem allgemeinen arbeitsmarkt offen, sondern würden durch die vereinsmitglieder per wahl besetzt (bescheid vom 27.08.2012). der hiergegen erhobene widerspruch blieb erfolglos (widerspruchsbescheid vom 20.12.2012). 14der kläger hat am 28.01.2013 klage erhoben. 15er macht geltend, seine tätigkeit als chefdirigent sei abzugrenzen von solchen, welche im rahmen einer vereinsmitgliedschaft allgemein erwartet und von allen oder zumindest vielen vereinsmitgliedern ausgeübt werden könnten. nachdem der verein beschlossen habe, stücke etwa von den eagles oder eric clapton in sein repertoire aufzunehmen, wofür elektroakustische gitarren deutlich besser als akustische geeignet seien, habe er solche elektroakustischen gitarren am unfalltag in köln begutachtet. er habe dabei in seiner originären eigenschaft als chefdirigent gehandelt. er allein habe die fachlichen und musikalischen kenntnisse zu beurteilen, welche gitarren sich eigneten. kein anderes vorstands- oder einfaches vereinsmitglied sei hierzu in der lage oder berufen gewesen. als chefdirigent sei er für alle entscheidungen verantwortlich. dementsprechend werde die position des chefdirigenten in zahlreichen vereinen mit einem angestellten besetzt. darüber hinaus beruft sich der kläger darauf, dass die beklagte ihm im jahr 2010 bereits einmal unfallversicherungsschutz gewährt habe. 16der kläger beantragt, 17unter änderung des bescheides vom 17.08.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 20.12.2012 das ereignis vom 21.07.2012 als arbeitsunfall anzuerkennen. 18die beklagte beantragt, 19die klage abzuweisen. 20die beklagte verteidigt den angefochtenen bescheid. 21wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 22 | 23die klage ist zulässig, aber unbegründet. 24der angefochtene bescheid vom 17.08.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 20.12.2012 ist rechtmäßig und der kläger nicht beschwert (§ 54 abs. 1 satz 2 sozialgerichtsgesetz (sgg)). die beklagte geht zu recht davon aus, dass der kläger am unfalltag nicht unter dem schutz der gesetzlichen unfallversicherung stand. 25zunächst ist der kläger nicht schon kraft gesetzes als beschäftigter unfallversichert gewesen, weil er keinen der in § 2 abs. 1 siebtes buch sozialgesetzbuch (sgb vii) genannten tatbestände erfüllt. 26weiter stand der kläger auch nicht als wie-beschäftigter unter dem schutz der gesetzlichen unfallversicherung. nach § 2 abs. 2 satz sgb vii sind in diesem sinne personen versichert, die wie nach § 1 abs. 1 nr. 1 versicherte tätig werden. diese voraussetzungen erfüllt der kläger nicht. 27§ 2 abs. 2 satz 1 sgb vii will dabei aus sozialpolitischen und rechtssystematischen gründen versicherungsschutz auch dann gewähren, wenn die voraussetzungen eines beschäftigungsverhältnisses nicht vollständig erfüllt sind und bei einer ggf. nur vorübergehenden tätigkeit die grundstruktur eines beschäftigungsverhältnisses gegeben ist, weil eine ernstliche tätigkeit von wirtschaftlichem wert vorliegt, die einem fremden unternehmen dienen soll (handlungstendenz) und dem wirklichen oder mutmaßlichen willen des unternehmens entspricht, unter solchen umständen, die einer tätigkeit aufgrund eines beschäftigungsverhältnisses ähnlich sind und nicht auf einer sonderbeziehung z.b. als familienangehöriger oder vereinsmitglied beruhen (vgl. bsg, urteil vom 31.05.2005, b 2 u 35/04 r, m.w.n. (noch zu § 539 abs. 2 rvo); so auch lsg nrw, urteil vom 24.04.2013, l 17 u 683/11; urteil vom 02.03.2007, l 4 u 47/06 (zum sgb vii)). 28zwar schließt die mitgliedschaft in einem verein die begründung eines beschäftigungsverhältnisses nicht von vornherein und damit auch eine versicherte tätigkeit als wie-beschäftigter nicht schlechthin aus (bsg, urteil vom 13.08.2002, b 2 u 29/01 r; urteil vom 29.01.1986, 9b ru 68/84). dabei ist jedoch zu unterscheiden zwischen arbeitsleistungen, die nur auf mitgliedschaftspflichten beruhen, und solchen, die außerhalb dieses rahmens verrichtet werden. bei einer auf mitgliedspflicht beruhenden tätigkeit scheidet eine versicherung als wie-beschäftigter dagegen aus (bsg, urteil vom 29.01.1986, a.a.o.; urteil vom 12.05.1981, 2 ru 40/79). dies setzt voraus, dass die verrichtung über das hinausgeht, was vereinssatzung, beschlüsse der vereinsorgane oder allgemeine vereinsübung an arbeitsverpflichtungen der vereinsmitglieder festlegen (bsg, urteil vom 13.08.2002, a.a.o.; vgl. auch lsg baden-württemberg, urteil vom 22.02.2007, l 10 u 2292/04; thüringer lsg, urteil vom 19.04.2012, l 1 u 570/07). 29nach diesen maßstäben scheidet eine versicherung des klägers als wie-beschäftigter aus, weil die verrichtung am unfalltag allein auf dessen vereinspflichten. dabei kann dahinstehen, ob die konkrete verrichtung am unfalltag – das begutachten von gitarren – auch von anderen vereinsmitgliedern hätte ausgeführt werden können. denn unabhängig davon, was die vereinsübung des gitarrenensembles s. 0000 e.v. von jedem seiner vereinsmitglieder verlangt (vgl. dazu bsg, urteil vom 09.12.1993, 2 ru 54/92), beruhte die verrichtung des klägers am unfalltag gerade auf seiner stellung als satzungsmäßig berufener chefdirigent. der kläger selbst hat hierzu vorgetragen, er habe am unfalltag "in seiner originären eigenschaft als chefdirigent" gehandelt. er sei für alle musikalischen entscheidungen verantwortlich und er allein habe die fachlichen und musikalischen kenntnisse für die auswahl der gitarren gehabt. das der verein ihn gerade wegen dieser musikalischen kenntnisse zum chefdirigenten berufen hat, spiegelt sich auch in § 9.3 der vereinssatzung wider, wonach ein dirigent eine ausreichende qualifikation vorweisen können muss. 30die kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 abs. 1 sgg. | Verklagte*r | 0 |
170,982 | 9 K 2633/14 | 2014-09-09T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1 Tatbestand: 2Der am °°. N. °°°°geborene Kläger ist Inhaber einer Fahrerlaubnis der früheren Klasse B. 3Am °.E. °°°° wurde er von einer Polizeistreife im Rahmen einer Verkehrskontrolle angehalten. Dem Kläger wurde in diesem Zusammenhang eine Blutprobe entnommen. Diese wurde von Prof. Dr. E1. , J1. für S1. , V1. der I. -I1. -V. E2. untersucht. Das unter dem °°. K. °°°° erstattete Gutachten ergab eine Tetrahydrocannabinol- (THC)-Konzentration von 4,1 ng/ml Blutserum und einen Tetrahydrocannabinolcarbonsäure- (THC-COOH)-Wert von 30 ng/ml Blutserum. Außerdem wurde in dem Gutachten festgestellt, dass dieser Befund für vermutlich gelegentlichen Cannabiskonsum sprechen. 4Hierauf hörte die Beklagte den Kläger unter dem °°. K. °°°° zur beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis an. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärte daraufhin: Die Situation, in der der Kläger erst- und einmalig seit über acht Jahren wieder Cannabis konsumiert habe, sei durch eine sehr große emotionale Anspannung und Belastung geprägt gewesen. Dies spiegele sich auch in den erhobenen Befunden wider. Der zwischenzeitlich verstorbene Vater des Klägers sei schwer erkrankt gewesen und die Lebensgefährtin des Klägers habe sich von ihm getrennt. Der Kläger fühle sich kaum dazu in der Lage seine Wohnung zu verlassen. Er befinde sich in einer sich verstärkenden depressiven Stimmung in dieser Gemengelage habe der Kläger in den frühen Morgenstunden des°. E. °°°° 1:13 Uhr nach einer schlaflosen Nacht einmalig Cannabis konsumiert. Es habe nur ein einzelner Konsumakt vorgelegen, wofür auch die erhobenen Befunde sprächen. Infolge eines möglicherweise verlangsamtes Metabolismus wegen des Schlafmangels, sei das THC noch nicht vollständig abgebaut gewesen. 5Unter dem °°. G. °°°° forderte die Beklagte den Kläger zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens in Form einer Blutuntersuchung auf. Der Kläger gab die Blutprobe fristgerecht ab, legte das Gutachten aber zunächst nicht vor. Das unter dem °°. B. °°°° erstellte chemisch-toxikologische Gutachten des Prof. Dr. N1. , E3. des J2. für S1. , V1. C. , über diese Blutprobe wies einen THC-COOH–Wert von 11,1 ng/ml im Blutserum aus. 6Mit Schreiben vom°.. N. °°°° hörte die Beklagte den Kläger zur Entziehung der Fahrerlaubnis an. 7Mit begründeter Ordnungsverfügung vom °°. N. °°°°, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am °°. N. °°°° zugestellt, entzog die Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis, forderte ihn auf, den Führerschein sofort abzugeben, und drohte ihm für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld i.H.v. 250,00 € an. 8Der Kläger hat am °. K1. °°°° Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor: Es liege ein erst- und einmaliger Cannabiskonsum am °. E. °°°° vor. Dieser werde auch nicht zum gelegentlichen Konsum allein aufgrund der Tatsache, dass er nachfolgend anlässlich der Beerdigung seines Vaters in N2. , völlig unabhängig vom deutschen Straßenverkehr nochmals und letztlich Cannabis konsumiert habe. Er sei in dieser Zeit in der auch für ihn mittlerweile fremden Kultur gefangen gewesen. Außerdem habe er um seinen Vater getrauert. Angesichts der nachweisbaren, besonderen Umstände des Einzelfalls habe ihm die Möglichkeit gegeben werden müssen, zum Nachweis des ausgeschlossenen weiteren Konsums, eine weitere Blutprobe untersuchen zu lassen. Er sei bereit, sich einem Drogenscreening zu unterwerfen. In einem Parallelverfahren habe die Beklagte ein solches Vorgehen für angemessen erachtet. 9Der Kläger beantragt, 10die Ordnungsverfügung der Beklagten vom °°. N. °°°° aufzuheben. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Sie wiederholt und vertieft zur Begründung ihrer Rechtsauffassung ihre Ausführungen aus der Ordnungsverfügung. 14Die Kammer hat das Verfahren mit Beschluss vom °°. K1. °°°° dem Vorsitzenden als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. 15Entscheidungsgründe: 16Der Einzelrichter ist zuständig, nachdem ihm der Rechtsstreit mit Beschluss der Kammer übertragen worden ist, § 6 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 17Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom °°. N. °°°° ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 18Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c Straßenverkehrsgesetz (StVG) und § 46 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnisverordnung – FeV). Danach ist die Fahrerlaubnisbehörde verpflichtet, eine Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn der Inhaber sich als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet erweist. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV wiederholt insoweit den Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG; in Satz 2 heißt es dazu konkretisierend, dass dies insbesondere gelte, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen. 19Nach Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist derjenige zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, der gelegentlich Cannabis einnimmt und nicht zwischen Konsum und Fahren trennt. Gelegentlicher Cannabiskonsument ist, wer jedenfalls zweimal Cannabisprodukte konsumiert hat. 20Vgl. nur OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Juni 2009 – 16 B 55/09 –, nicht veröffentlicht. 21Der Kläger ist gelegentlicher Cannabiskonsument. Dies folgt aus den rechtsmedizinischen Gutachten vom °. E. °°°° und °°. B. °°°°, aus denen sich ergibt, dass der Kläger jedenfalls zweimal Cannabis konsumiert hat. Dies räumt der Kläger selbst auch ein. Für die Frage der gelegentlichen Cannabiseinnahme ist es unerheblich, wo und unter welchen Umständen Cannabis konsumiert wurde. 22Der Kläger kann nicht sicher zwischen Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer fehlt dem Betroffenen das erforderliche Trennungsvermögen, wenn er sein Fahrzeug in einem oder mehreren Fällen unter der Wirkung von Cannabis führt, 23vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil der Kammer vom 23. Oktober 2009 – 9 K 2142/09 –; Beschlüsse vom 21. Oktober 2009 – 9 L 917/09 –, und vom 28. Februar 2013 – 9 L 92/13 –m.w.N., 24wobei entsprechend der ständigen Rechtsprechung der Kammer im Einklang mit der Grenzwertekommission ein Grenzwert von 1 ng/ml THC im Blutserum anzusetzen ist. 25Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil der Kammer vom 25. Mai 2010 – 9 K 3406/09 –, juris Rn 28; so auch: OVG NRW, Beschluss vom 8. November 2012 – 16 A 2006/12 –, juris Rn 2 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. März 2006 – 10 S 2519/05 –, juris Rn 7; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 15. Dezember 2005 – 3 Bs 214/05 –, juris Rn 20; Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschluss vom 7. Juni 2005 – 4 MB 49/05 –, juris Rn 5; VG Düsseldorf , Gerichtsbescheid vom 4. November 2009 – 6 K 1704/09 –, juris Rn 33; VG Düsseldorf , Beschluss vom 4. März 2010 – 14 L 139/10 –, juris Rn 26; VG Bremen, Urteil vom 26. April 2010 – 5 K 126/10 –, juris Rn 18, 26Durch seine Fahrt unter Cannabiseinfluss am °. E. °°°° hat der Kläger belegt, dass er nach dem vorgenannten Maßstab nicht zwischen Cannabiskonsum und Führen eines Kraftfahrzeugs trennen kann. In der im Nachgang der Verkehrskontrolle an diesem Tag entnommenen Blutprobe hat Prof. Dr. E1. , J. für S. , V1. der I. -I1. -V. E2. , eine THC-Konzentration von 4,1 ng/ml im Blutserum nachgewiesen. 27Soweit der Kläger vorträgt, damals sei er aber noch nicht gelegentlicher Cannabiskonsument gewesen, ist dies unerheblich. Es kommt entscheidend auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier dem Erlass der Ordnungsverfügung der Beklagten am °°. N. °°°° an. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger bereits mehr als einmal Cannabis konsumiert und auch schon einmal unter Cannabiseinfluss, nämlich mit mehr als 1 ng/ml THC im Blutserum am Straßenverkehr teilgenommen. 28Zwar gilt die in der Anlage 4 zur FeV vorgenommene Bewertung hinsichtlich der Ungeeignetheit (nur) für den Regelfall (vgl. Nr. 3 Satz 1 der Vorbemerkung zur Anlage 4 zur FeV). Ein Ausnamefall, der ein Abweichen von dieser Regel rechtfertigen könnte, liegt hier jedoch nicht vor. Es obliegt im Einzelfall dem Rechtsschutzsuchenden, solche Tatsachen geltend zu machen. 29Vgl. das Urteil der erkennenden Kammer vom 26. Februar 2013 – 9 K 305/13 –, nicht veröffentlicht; vgl. weiterhin OVG Bremen, Beschluss vom 30. Juni 2003 – 1 B 206/03 –, juris Rn 7; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Mai 2002 – 10 S 835/02 –, juris Rn 6. 30Ein Ausnahmefall ist hier insbesondere nicht in den geltend gemachten besonderen Umständen im Zusammenhang mit dem zweiten Cannabiskonsum zu sehen. Denn die Motive, aus denen heraus Cannabis konsumiert wird, sind jedenfalls dann irrelevant, wenn der Konsum frei von jedem Zwang erfolgt. Besondere Umstände liegen daher weder im Aufenthalt in einem fremden Kulturkreis noch bei persönlichen Schicksalsschlägen, wie dem Tod des Vaters vor. Gerade in solchen Fällen muss sich das Verantwortungsbewusstsein eines Fahrerlaubnisinhabers bewähren, da ansonsten die Sicherheit des Straßenverkehrs nicht mehr gewährleistet wäre. 31Für eine Wiedererlangung der Fahreignung im für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung ist nichts ersichtlich. Ein Ermessen stand der Beklagten gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG nicht zu, so dass entsprechende Erwägungen zu Recht unterblieben sind. 32Die in dem Bescheid enthaltene deklaratorische Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG. Die zugehörige Zwangsgeldandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. 33Auch die Gebührenfestsetzung ist rechtmäßig. Sie findet ihre Grundlage in § 6a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StVG i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt). Die Verwaltungsgebühr in Höhe von 100 € hält sich auch in dem von § 1 Abs. 1 GebOSt i.V.m. Nr. 206 der Anlage zu § 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (Anlage GebOSt) gesetzten Rahmen von 33,20 € bis 256,00 €. Nach Gebühren–Nr. 126.2 durfte die Beklagte die Meldung an das Zentrale Fahrerlaubnisregister (ZFER) mit 1 € in Rechnung stellen. Die Auslagen in Form von Zustellkosten sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt vom Kläger zu tragen. 34Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 35Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO). | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar.der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110% des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der am °°. n. °°°°geborene kläger ist inhaber einer fahrerlaubnis der früheren klasse b. 3am °.e. °°°° wurde er von einer polizeistreife im rahmen einer verkehrskontrolle angehalten. dem kläger wurde in diesem zusammenhang eine blutprobe entnommen. diese wurde von prof. dr. e1. , j1. für s1. , v1. der i. -i1. -v. e2. untersucht. das unter dem °°. k. °°°° erstattete gutachten ergab eine tetrahydrocannabinol- (thc)-konzentration von 4,1 ng/ml blutserum und einen tetrahydrocannabinolcarbonsäure- (thc-cooh)-wert von 30 ng/ml blutserum. außerdem wurde in dem gutachten festgestellt, dass dieser befund für vermutlich gelegentlichen cannabiskonsum sprechen. 4hierauf hörte die beklagte den kläger unter dem °°. k. °°°° zur beabsichtigten entziehung seiner fahrerlaubnis an. der prozessbevollmächtigte des klägers erklärte daraufhin: die situation, in der der kläger erst- und einmalig seit über acht jahren wieder cannabis konsumiert habe, sei durch eine sehr große emotionale anspannung und belastung geprägt gewesen. dies spiegele sich auch in den erhobenen befunden wider. der zwischenzeitlich verstorbene vater des klägers sei schwer erkrankt gewesen und die lebensgefährtin des klägers habe sich von ihm getrennt. der kläger fühle sich kaum dazu in der lage seine wohnung zu verlassen. er befinde sich in einer sich verstärkenden depressiven stimmung in dieser gemengelage habe der kläger in den frühen morgenstunden des°. e. °°°° 1:13 uhr nach einer schlaflosen nacht einmalig cannabis konsumiert. es habe nur ein einzelner konsumakt vorgelegen, wofür auch die erhobenen befunde sprächen. infolge eines möglicherweise verlangsamtes metabolismus wegen des schlafmangels, sei das thc noch nicht vollständig abgebaut gewesen. 5unter dem °°. g. °°°° forderte die beklagte den kläger zur beibringung eines ärztlichen gutachtens in form einer blutuntersuchung auf. der kläger gab die blutprobe fristgerecht ab, legte das gutachten aber zunächst nicht vor. das unter dem °°. b. °°°° erstellte chemisch-toxikologische gutachten des prof. dr. n1. , e3. des j2. für s1. , v1. c. , über diese blutprobe wies einen thc-cooh–wert von 11,1 ng/ml im blutserum aus. 6mit schreiben vom°.. n. °°°° hörte die beklagte den kläger zur entziehung der fahrerlaubnis an. 7mit begründeter ordnungsverfügung vom °°. n. °°°°, dem prozessbevollmächtigten des klägers am °°. n. °°°° zugestellt, entzog die beklagte dem kläger die fahrerlaubnis, forderte ihn auf, den führerschein sofort abzugeben, und drohte ihm für den fall der zuwiderhandlung ein zwangsgeld i.h.v. 250,00 € an. 8der kläger hat am °. k1. °°°° klage erhoben. zur begründung trägt er vor: es liege ein erst- und einmaliger cannabiskonsum am °. e. °°°° vor. dieser werde auch nicht zum gelegentlichen konsum allein aufgrund der tatsache, dass er nachfolgend anlässlich der beerdigung seines vaters in n2. , völlig unabhängig vom deutschen straßenverkehr nochmals und letztlich cannabis konsumiert habe. er sei in dieser zeit in der auch für ihn mittlerweile fremden kultur gefangen gewesen. außerdem habe er um seinen vater getrauert. angesichts der nachweisbaren, besonderen umstände des einzelfalls habe ihm die möglichkeit gegeben werden müssen, zum nachweis des ausgeschlossenen weiteren konsums, eine weitere blutprobe untersuchen zu lassen. er sei bereit, sich einem drogenscreening zu unterwerfen. in einem parallelverfahren habe die beklagte ein solches vorgehen für angemessen erachtet. 9der kläger beantragt, 10die ordnungsverfügung der beklagten vom °°. n. °°°° aufzuheben. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13sie wiederholt und vertieft zur begründung ihrer rechtsauffassung ihre ausführungen aus der ordnungsverfügung. 14die kammer hat das verfahren mit beschluss vom °°. k1. °°°° dem vorsitzenden als einzelrichter zur entscheidung übertragen. 15 | 16der einzelrichter ist zuständig, nachdem ihm der rechtsstreit mit beschluss der kammer übertragen worden ist, § 6 abs. 1 satz 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 17die zulässige klage ist unbegründet. der bescheid der beklagten vom °°. n. °°°° ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 18rechtsgrundlage für die entziehung der fahrerlaubnis ist § 3 abs. 1 satz 1 i.v.m. § 6 abs. 1 nr. 1 buchst. c straßenverkehrsgesetz (stvg) und § 46 abs. 1 der verordnung über die zulassung von personen zum straßenverkehr (fahrerlaubnisverordnung – fev). danach ist die fahrerlaubnisbehörde verpflichtet, eine fahrerlaubnis zu entziehen, wenn der inhaber sich als zum führen von kraftfahrzeugen ungeeignet erweist. § 46 abs. 1 satz 1 fev wiederholt insoweit den wortlaut des § 3 abs. 1 satz 1 stvg; in satz 2 heißt es dazu konkretisierend, dass dies insbesondere gelte, wenn erkrankungen oder mängel nach den anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen. 19nach ziffer 9.2.2 der anlage 4 zur fev ist derjenige zum führen von kraftfahrzeugen ungeeignet, der gelegentlich cannabis einnimmt und nicht zwischen konsum und fahren trennt. gelegentlicher cannabiskonsument ist, wer jedenfalls zweimal cannabisprodukte konsumiert hat. 20vgl. nur ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 17. juni 2009 – 16 b 55/09 –, nicht veröffentlicht. 21der kläger ist gelegentlicher cannabiskonsument. dies folgt aus den rechtsmedizinischen gutachten vom °. e. °°°° und °°. b. °°°°, aus denen sich ergibt, dass der kläger jedenfalls zweimal cannabis konsumiert hat. dies räumt der kläger selbst auch ein. für die frage der gelegentlichen cannabiseinnahme ist es unerheblich, wo und unter welchen umständen cannabis konsumiert wurde. 22der kläger kann nicht sicher zwischen cannabiskonsum und dem führen eines kraftfahrzeugs trennen. nach ständiger rechtsprechung der kammer fehlt dem betroffenen das erforderliche trennungsvermögen, wenn er sein fahrzeug in einem oder mehreren fällen unter der wirkung von cannabis führt, 23vgl. vg gelsenkirchen, urteil der kammer vom 23. oktober 2009 – 9 k 2142/09 –; beschlüsse vom 21. oktober 2009 – 9 l 917/09 –, und vom 28. februar 2013 – 9 l 92/13 –m.w.n., 24wobei entsprechend der ständigen rechtsprechung der kammer im einklang mit der grenzwertekommission ein grenzwert von 1 ng/ml thc im blutserum anzusetzen ist. 25vgl. vg gelsenkirchen, urteil der kammer vom 25. mai 2010 – 9 k 3406/09 –, juris rn 28; so auch: ovg nrw, beschluss vom 8. november 2012 – 16 a 2006/12 –, juris rn 2 ff.; vgh baden-württemberg, beschluss vom 27. märz 2006 – 10 s 2519/05 –, juris rn 7; hamburgisches ovg, beschluss vom 15. dezember 2005 – 3 bs 214/05 –, juris rn 20; schleswig-holsteinisches ovg, beschluss vom 7. juni 2005 – 4 mb 49/05 –, juris rn 5; vg düsseldorf , gerichtsbescheid vom 4. november 2009 – 6 k 1704/09 –, juris rn 33; vg düsseldorf , beschluss vom 4. märz 2010 – 14 l 139/10 –, juris rn 26; vg bremen, urteil vom 26. april 2010 – 5 k 126/10 –, juris rn 18, 26durch seine fahrt unter cannabiseinfluss am °. e. °°°° hat der kläger belegt, dass er nach dem vorgenannten maßstab nicht zwischen cannabiskonsum und führen eines kraftfahrzeugs trennen kann. in der im nachgang der verkehrskontrolle an diesem tag entnommenen blutprobe hat prof. dr. e1. , j. für s. , v1. der i. -i1. -v. e2. , eine thc-konzentration von 4,1 ng/ml im blutserum nachgewiesen. 27soweit der kläger vorträgt, damals sei er aber noch nicht gelegentlicher cannabiskonsument gewesen, ist dies unerheblich. es kommt entscheidend auf den zeitpunkt der letzten behördenentscheidung, hier dem erlass der ordnungsverfügung der beklagten am °°. n. °°°° an. zu diesem zeitpunkt hatte der kläger bereits mehr als einmal cannabis konsumiert und auch schon einmal unter cannabiseinfluss, nämlich mit mehr als 1 ng/ml thc im blutserum am straßenverkehr teilgenommen. 28zwar gilt die in der anlage 4 zur fev vorgenommene bewertung hinsichtlich der ungeeignetheit (nur) für den regelfall (vgl. nr. 3 satz 1 der vorbemerkung zur anlage 4 zur fev). ein ausnamefall, der ein abweichen von dieser regel rechtfertigen könnte, liegt hier jedoch nicht vor. es obliegt im einzelfall dem rechtsschutzsuchenden, solche tatsachen geltend zu machen. 29vgl. das urteil der erkennenden kammer vom 26. februar 2013 – 9 k 305/13 –, nicht veröffentlicht; vgl. weiterhin ovg bremen, beschluss vom 30. juni 2003 – 1 b 206/03 –, juris rn 7; vgh baden-württemberg, beschluss vom 24. mai 2002 – 10 s 835/02 –, juris rn 6. 30ein ausnahmefall ist hier insbesondere nicht in den geltend gemachten besonderen umständen im zusammenhang mit dem zweiten cannabiskonsum zu sehen. denn die motive, aus denen heraus cannabis konsumiert wird, sind jedenfalls dann irrelevant, wenn der konsum frei von jedem zwang erfolgt. besondere umstände liegen daher weder im aufenthalt in einem fremden kulturkreis noch bei persönlichen schicksalsschlägen, wie dem tod des vaters vor. gerade in solchen fällen muss sich das verantwortungsbewusstsein eines fahrerlaubnisinhabers bewähren, da ansonsten die sicherheit des straßenverkehrs nicht mehr gewährleistet wäre. 31für eine wiedererlangung der fahreignung im für die entscheidung maßgeblichen zeitpunkt des erlasses der ordnungsverfügung ist nichts ersichtlich. ein ermessen stand der beklagten gemäß § 3 abs. 1 satz 1 stvg nicht zu, so dass entsprechende erwägungen zu recht unterblieben sind. 32die in dem bescheid enthaltene deklaratorische aufforderung zur abgabe des führerscheins findet ihre rechtsgrundlage in § 3 abs. 2 satz 3 stvg. die zugehörige zwangsgeldandrohung begegnet keinen rechtlichen bedenken. 33auch die gebührenfestsetzung ist rechtmäßig. sie findet ihre grundlage in § 6a abs. 1 nr. 1, abs. 2 stvg i.v.m. §§ 1 abs. 1, 2 abs. 1 nr. 1 der gebührenordnung für maßnahmen im straßenverkehr (gebost). die verwaltungsgebühr in höhe von 100 € hält sich auch in dem von § 1 abs. 1 gebost i.v.m. nr. 206 der anlage zu § 1 der gebührenordnung für maßnahmen im straßenverkehr (anlage gebost) gesetzten rahmen von 33,20 € bis 256,00 €. nach gebühren–nr. 126.2 durfte die beklagte die meldung an das zentrale fahrerlaubnisregister (zfer) mit 1 € in rechnung stellen. die auslagen in form von zustellkosten sind gemäß § 2 abs. 1 nr. 1 gebost vom kläger zu tragen. 34die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 35die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 satz 1 zivilprozessordnung (zpo). | Verklagte*r | 0 |
330,700 | 16 K 6311/19 | 2020-07-22T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklage vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin vertreibt über einen Internet-Shop und in Apotheken u.a. Hanfprodukte. Nachdem sie von dem Beklagten die Auskunft erhalten hatte, Produkte, die Cannabidiol (CBD) enthielten, seien in Deutschland nicht als Lebensmittel verkehrsfähig, da sie nicht nach der Novel-Food-Verordnung zugelassen seien, zeigte die Klägerin am 2. Januar 2019 das Herstellen und Inverkehrbringen der Produkte „CBD Hanfblüten-Extrakt“ mit den Konzentrationsstufen 5 %, 10 %, 15 %, 20 %, 25 % und 30 % sowie das Inverkehrbringen der Produkte „CBD Kristalle“ in den Varianten 500 mg, 1.000 mg, 2.000 mg, 3.000 mg, 4.000 mg, 5.000 mg, 10.000 mg, 20.000 mg, 50.000 mg und 100.000 mg als Nahrungsergänzungsmittel beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) an. Der „CBD Hanfblüten-Extrakt“ ist ein flüssiges Produkt. Das Produkt „CBD Kristalle“ besteht aus pulverförmigem reinem CBD. 3Bei einer Kontrolle am 16. Juli 2019 untersagt der Beklagte der Klägerin mündlich das Inverkehrbringen von Produkten mit CBD. 4Diese Anordnung bestätigte der Beklagte mit Bescheid vom 9. August 2019. Er untersagte der Klägerin das Inverkehrbringen von Lebensmitteln mit Cannabidiol oder Cannabinoiden als Zutat, ordnete diesbezüglich die sofortige Vollziehung an und drohte der Klägerin für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 Euro an. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die am 2. Januar 2019 beim BVL angezeigten Produkte „CBD Hanfblüten-Extrakt“ und „CBD Kristalle“ enthielten Cannabidiol oder Cannabinoide. CBD werde im Novel-Food-Katalog der Europäischen Kommission als neuartiges Lebensmittel eingeordnet. Da die erforderliche Zulassung nach der Novel-Food-Verordnung nicht vorliege, seien die Produkte nicht verkehrsfähig. 5Die Klägerin hat am 23. August 2019 Klage erhoben und zugleich vorläufigen Rechtsschutz beantragt. 6Den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz lehnte die Kammer mit Beschluss vom 27. September 2019 – 16 L 2333/19 – ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 23. Januar 2020 – 13 B 1423/19 – zurück. 7Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend: Ihre Produkte seien nicht als neuartige Lebensmittel einzuordnen. Extrakte aus der Pflanze Cannabis sativa L. sowie das Extraktionsverfahren seien lange vor dem maßgeblichen Stichtag, dem 15. Mai 1997, in der Europäischen Union übliche Zutaten und Verfahrenstechniken gewesen. Der Novel-Food-Katalog der Europäischen Kommission sei nicht verbindlich, sondern lediglich eine Orientierungshilfe. Die geringe Relevanz des Katalogs zeige sich darin, dass dieser in jüngerer Vergangenheit mehrfach geändert worden sei. Die Verwendung schon vor dem Stichtag sei durch Stellungnahmen der zuständigen Behörden Italiens, Großbritanniens und Bulgariens sowie mehrere Sachverständigengutachten belegt. – Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die von der Klägerin vorgelegten Dokumente Bezug genommen. – Zudem greife die in Art. 3 Abs. 2 lit. a Novel-Food-VO zu Kategorie iv vorgesehene Ausnahme. Cannabis sativa L. habe eine Verwendungsgeschichte als sicheres Lebensmittel in der EU. Jedenfalls sei die Übergangsvorschrift in Art. 35 Abs. 2 Novel-Food-VO anzuwenden, weshalb der Klägerin eine Übergangsfrist hätte eingeräumt werden müssen. Die Untersagung sei insbesondere vor dem Hintergrund der erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen unverhältnismäßig. Auf die betroffenen Produkte entfalle ein Umsatz von 100.000,00 Euro pro Monat. Die Ordnungsverfügung sei zudem formell rechtswidrig, da sie nicht angehört worden sei. 8Die Klägerin beantragt, 9die am 16. Juli 2019 mündlich erteilte Ordnungsverfügung des Beklagten in Gestalt des Bescheides des Beklagten vom 9. August 2019 aufzuheben. 10Der Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Er tritt der Klage mit folgenden Erwägungen entgegen: Die behauptete Verwendungsgeschichte als sicheres Lebensmittel beziehe sich nicht auf Cannabidiol, sondern auf andere Hanflebensmittel, die als traditionelle Lebensmittel außer Streit stünden. Bei der Beurteilung als neuartiges Lebensmittel sei aber das konkrete Produkt, nicht ein ähnliches Lebensmittel oder der Ausgangsstoff maßgeblich. Die behauptete Verwendungsgeschichte in Großbritannien habe sich als unzutreffend erwiesen, wie die dortige zuständige Behörde inzwischen eingeräumt habe. Die von der Klägerin angeführte Positivliste Italiens betreffe nur die traditionellen Lebensmittel Hanfsamen und Hanföl, woraus keine Folgerung für CBD, das vor allem aus den Hanfblüten gewonnen werde, abgeleitet werden könne. 13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens 16 L 2333/19 sowie den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsvorgangs des Beklagten ergänzend Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Die zulässige Klage ist nicht begründet. 16Die angefochtene Ordnungsverfügung vom 16. Juli 2019 in Gestalt des Bescheides des Beklagten vom 9. August 2019 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 17Der Beklagte hat das Verbot des Inverkehrbringens von Lebensmitteln mit Cannabidiol (CBD) oder Cannabinoiden als Zutat zutreffend auf Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz gestützt. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift trifft die zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen, wenn sie einen Verstoß gegen das Lebensmittelrecht feststellt, um sicherzustellen, dass der Lebensmittelunternehmer Abhilfe schafft. Sie berücksichtigt dabei die Art des Verstoßes und das bisherige Verhalten des betreffenden Unternehmers mit Blick auf Verstöße. Zu den in Betracht kommenden Maßnahmen gehört nach Abs. 2 lit. b die Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens und der Ein- oder Ausfuhr von Futtermitteln, Lebensmitteln und Tieren. 18Die Klägerin kann die Aufhebung des Verbots nicht aufgrund eines Anhörungsmangels beanspruchen. 19Sie bringt zwar zu Recht vor, die nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW gebotene Anhörung sei nicht erfolgt. Eine ordnungsgemäße Anhörung setzt unter anderem voraus, dass die Behörde den Betroffenen darüber in Kenntnis setzt, dass sie beabsichtigt, ihm gegenüber einen bestimmten Verwaltungsakt zu erlassen. 20Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Juli 2019 – 4 A 1990/17 –, juris, Rn. 24 f. m.w.N. 21Dem genügt der dem Verwaltungsvorgang allein zu entnehmende E-Mail-Wechsel nicht, in dem die Klägerin um Auskunft bat, ob der Vertrieb von Cannabidiol in Deutschland erlaubt sei, und der Beklagte mit E-Mail vom 17. April 2018 abstrakt antwortete, CBD-enthaltende Lebensmittel seien derzeit nicht verkehrsfähig, da sie der Novel-Food-Verordnung unterfielen und eine Zulassung nach der Verordnung bislang nicht erfolgt sei. 22Die unterbliebene Anhörung ist auch nicht nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW geheilt. Danach kann die erforderliche Anhörung eines Beteiligten bis zum Abschluss der ersten Instanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (Abs. 2) nachgeholt werden. Allerdings reichen Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren als solche zur Heilung einer zunächst unterbliebenen Anhörung nicht aus. Eine funktionsgerecht nachgeholte Anhörung setzt vielmehr voraus, dass sich die Behörde nicht darauf beschränkt, die einmal getroffene Sachentscheidung zu verteidigen, sondern das Vorbringen des Betroffenen erkennbar zum Anlass nimmt, die Entscheidung kritisch zu überdenken. 23Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – 7 C 5.14 –, juris, Rn. 17; OVG NRW, Urteil vom 17. Juli 2019 – 4 A 1990/17 –, juris, Rn. 27 ff. m.w.N. 24Demgemäß vermag der Austausch von Schriftsätzen der Beteiligten im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes und im Klageverfahren den Anhörungsmangel nicht zu heilen. Nach Angaben der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung wurde die Anhörung auch nicht außerhalb des gerichtlichen Verfahrens nachgeholt. 25Das Unterlassen der Anhörung ist aber gemäß § 46 VwVfG NRW unschädlich. Nach der Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG NRW nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Das ist der Fall, wenn von vornherein und nach jeder Betrachtungsweise feststeht, dass die Sachentscheidung auch bei ordnungsgemäßem Verfahren nicht anders ausgefallen wäre. 26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. März 2012 – 6 B 1362/11 –, juris, Rn. 22 f. m.w.N. 27Umgekehrt fehlt es an der Offensichtlichkeit, wenn nach den Umständen des Falls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen worden wäre. 28Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 – 2 C 68.11 –, juris, Rn. 31 m.w.N.; Schemmer, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, 47. Ed. (1.04.2020), § 46 Rn. 34 ff. 29Der Beklagte hätte auch bei Anhörung der Klägerin keine andere rechtmäßige Entscheidung treffen dürfen. 30Die Ermächtigungsgrundlage des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004 verpflichtet die zuständige Behörde, bei Feststellung eines Verstoßes gegen das Lebensmittelrecht Maßnahmen zu ergreifen, und räumt ihr (nur) hinsichtlich der Art der Maßnahmen einen Spielraum ein, dessen Grenzen durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestimmt werden. 31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Mai 2018 – 13 B 141/18 –, juris, Rn. 33 ff. m.w.N. 32Damit war der Beklagte bei objektivem Vorliegen eines Verstoßes gegen das Lebensmittelrecht – ungeachtet des hypothetischen Inhalts einer Stellungnahme der Klägerin im Rahmen der Anhörung – durch die Ermächtigungsgrundlage insoweit gebunden, als er handeln musste, ihm also kein Entschließungsermessen zukam. 33Vgl. – ebenfalls zu einem CBD-haltigen Produkt – VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Oktober 2019 – 9 S 535/19 –, juris, Rn. 24. 34Zudem war der hinsichtlich der Auswahl der zu ergreifenden Maßnahme grundsätzlich eröffnete Spielraum im konkreten Fall auf das verfügte Verbot des Inverkehrbringens reduziert, da eine andere verhältnismäßige Maßnahme nicht zur Verfügung stand, wie sich aus den folgenden Erwägungen ergibt. Daher hätte der Beklagte keine andere Entscheidung treffen dürfen, wenn die Klägerin – wie in der mündlichen Verhandlung angeführt – im Zuge der Anhörung die nunmehr in das gerichtliche Verfahren eingebrachten Sachverständigengutachten und weiteren Unterlagen vorgelegt hätte. 35Das Verbot des Inverkehrbringens ist auch materiell rechtmäßig. 36Insoweit wird auf die Ausführungen in dem Beschluss der Kammer vom 27. September 2019 in dem zugehörigen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 16 L 2333/19 (Abdruck, S. 3–8) Bezug genommen, den das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 23. Januar 2020 – 13 B 1423/19 – bestätigt hat. 37Das Gericht hält – nach eingehender Prüfung im Hauptsacheverfahren – an den dem Beschluss zugrundeliegenden Erwägungen fest. 38Inzwischen liegen Entscheidungen mehrerer Gerichte vor, die die Rechtauffassung teilen, dass als Lebensmittel vertriebene Produkte, die – wie die Produkte der Klägerin – durch Extraktion gewonnenes Cannabidiol (CBD) enthalten, als neuartige Lebensmittel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 lit. a, 6 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über neuartige Lebensmittel, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 1852/2001 der Kommission (Novel-Food-VO) nicht in Verkehr gebracht werden dürfen, da es an der erforderlichen Zulassung fehlt. 39Vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Oktober 2019 – 9 S 535/19 –, juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 12. Dezember 2019 – 13 ME 320/19 –, juris; VG Hannover, Beschluss vom 18. November 2019 – 15 B 3035/19 –, juris; VG Cottbus, Beschluss vom 8. Januar 2020 – 3 L 230/19 –, juris. 40Dem Gericht sind dagegen keine die Ansicht der Klägerin stützenden Entscheidungen bekannt. 41Das Vorbringen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 26. Juni 2020, mit dem sie nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ergänzend vorgetragen hat, und in der mündlichen Verhandlung gebietet keine von dem Beschluss in der Eilsache abweichende Entscheidung. 42Aus den Ausführungen der Klägerin ergibt sich nicht, dass die von ihr vertriebenen Produkte „CBD Hanfblüten-Extrakt“ und „CBD Kristalle“ keine neuartigen Lebensmittel sind. Insbesondere liegen keine Belege dafür vor, dass die Produkte vor dem 15. Mai 1997 in nennenswertem Umfang in der Union für den menschlichen Verzehr verwendet wurden (Art. 3 Abs. 2 lit. a Novel-Food-VO). 43Dem bereits mit der Klageschrift vorgelegten Schreiben der Europäischen Kommission vom 3. März 1998 (Anlage K2) ist keine Aussage zu den hier in Rede stehenden Produkten zu entnehmen. Es verhält sich lediglich unspezifisch zu Lebensmitteln, die „Teile der Hanfpflanze enthalten“. 44Vgl. ebenso VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Oktober 2019 – 9 S 535/19 –, juris, Rn. 23. 45Gleiches gilt für die bereits mit der Klageschrift vorgelegte, von der Klägerin nunmehr erneut aufgegriffene Stellungnahme der D. D1. J. T. Pharmaforschung GmbH (Anlage K3). Insoweit wird auf den Beschluss der Kammer vom 27. September 2019 – 16 L 2333/19 – (Abdruck, S. 6) verwiesen. Die Stellungnahme von D. trifft Feststellungen zur Verwendung von Hanfsamenöl, Hanf allgemein und Hanfextrakten vor dem 15. Mai 1997. Als Beleg wird u.a. ein Bericht über die Biofachmesse in Frankfurt im Jahr 1995 herangezogen, bei der vierzig Aussteller eine Auswahl von 20.000 Produkten, darunter Hanföl und Hanfbackwaren, präsentiert hätten. Des Weiteren wird die Internetseite der E. O. Q. GmbH zitiert, wonach diese sich seit 1996 der Produktion von hochwertigem Hanföl und Hanfextrakt zur Verwendung in Lebensmitteln widme (Stellungnahme von D. , Bl. 4). Diese Angaben zu Hanfprodukten lassen keinen Schluss auf die Verwendung der Produkte der Klägerin – oder vergleichbarer Produkte – vor dem maßgeblichen Stichtag zu. Bei der Beurteilung der Verwendungsgeschichte kommt es maßgeblich auf das konkret zu beurteilende Lebensmittel an. 46Vgl. EuGH, Urteil vom 15. Januar 2009 – C-383/07 –, juris, Rn. 30; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 23. Oktober 2017 – 9 S 1887/17 –, juris, Rn. 20 f., und vom 16. Oktober 2019 – 9 S 535/19 –, juris, Rn. 21 ff.; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 12. Dezember 2019 – 13 ME 320/19 –, juris, Rn. 20; außerdem bereits VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. September 2019 – 16 L 2333/19 –, Abdruck, S. 4. 47Die von der Klägerin vertriebenen Produkte werden zwar – wie die in der Stellungnahme angesprochenen Hanfextrakte – ebenfalls durch Extraktion aus Bestandteilen der Hanfpflanze gewonnen. Prägendes Charakteristikum ist aber ein CBD-Gehalt bestimmter Konzentration. Die „CBD Kristalle“ bestehen aus reinem CBD, der „CBD Hanfblüten-Extrakt“ wird durch unterschiedliche hohe CBD-Anteile charakterisiert. Zu solchen Produkten, für die der CBD-Gehalt prägend ist, geht nichts aus der Stellungnahme von D. hervor. 48Dies gilt in gleicher Weise für das Gutachten von Prof. Dr. Q1. vom 28. Dezember 2015 (als Anlage K10 im Beschwerdeverfahren vorgelegt). Diesbezüglich wird auf den Beschluss des OVG NRW vom 23. Januar 2020 – 13 B 1423/19 – (Abdruck, S. 6) Bezug genommen. 49Auch das Gutachten des Sachverständigen S. vom 17. November 2018 (Anlage K12) stützt nicht die Auffassung der Klägerin. Der Gutachter geht von dem rechtlich unzutreffenden Ansatz aus, für die Verwendungsgeschichte eines Lebensmittels komme es auf die Verwendungsgeschichte des Rohstoffs und des bei der Herstellung verwendeten Verfahrens an. Maßgeblich ist aber – nach der oben zitierten Rechtsprechung – das konkret zu beurteilende Lebensmittel. Daher kann aus der von dem Gutachter referierten Geschichte des Hanfbiers und anderer Hanfprodukte sowie der Verwendung der CO2-Exktraktion für die Einordnung von „CBD Hanfblüten-Extrakt“ und „CBD Kristallen“ als neuartige Lebensmittel keine Schlussfolgerung abgeleitet werden. 50Die des Weiteren vorgelegte Stellungnahme des Sachverständigen Wahler vom 26. November 2018 (Anlage K5) führt keine Belege für eine Verwendung von CBD-haltigen Produkten an, sondern gibt lediglich den früheren Stand der Eintragungen im Novel-Food-Katalog der Europäischen Kommission wieder. Hanfextrakte mit einem natürlichen CBD-Gehalt seien nicht als neuartige Lebensmittel einzuordnen, während Hanfextrakte mit einem angereicherten Gehalt an CBD als Novel Food zu betrachten seien. Diese Differenzierung ist überholt, nachdem die Europäische Kommission den Novel-Food-Katalog präzisiert hat. Abgesehen davon macht die Klägerin nicht geltend und ist nicht ersichtlich, dass die streitgegenständlichen Produkte einen natürlichen CBD-Gehalt haben. Das ist bei dem als „CBD Kristalle“ vertriebenen reinen CBD ausgeschlossen. Der „CBD Hanfblüten-Extrakt“ könnte höchstens in einer der angebotenen Konzentrationsstufen einen natürlichen CBD-Gehalt aufweisen, was die Klägerin aber nicht geltend macht. Zudem spricht es gegen eine Verwendung von CBD-haltigen Lebensmitteln vor dem 15. Mai 1997, wenn es in der Stellungnahme des Sachverständigen X. – wenngleich in anderem Zusammenhang – heißt, dass abgesehen von Hanfsamenöl und Hanfmehl kein Verzehr von Hanfpflanzen und Hanfblüten zu Ernährungszwecken belegbar sei (S. 2 der Stellungnahme). 51Den zitierten Auszügen aus den Werken von Q2. , Bewusstseinsverändernde Pflanzen von A–Z (Anlage K13), und von L. u.a., I. Handbuch der pharmazeutischen Praxis (Anlage K14), ist keine Aussage zur vorliegenden Fragestellung zu entnehmen. Sie behandeln die Eigenschaften der Pflanze Cannabis sativa L. im Allgemeinen. 52Schließlich kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf die Schlussanträge des Generalanwalts vom 14. Mai 2020 in dem Verfahren EuGH C-663/18 berufen. Das Verfahren betrifft die Frage, ob eine Verordnung des französischen Rechts, die die Einfuhr von Cannabidiol-Öl verbietet, mit den Regelungen der Europäischen Union zum grenzüberschreitenden Warenverkehr vereinbar ist. Die hier relevante Einordnung solcher Produkte als neuartige Lebensmittel ist – soweit ersichtlich – nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof. 53Es bestand keine Veranlassung zur weiteren Sachaufklärung. Die Klägerin trägt die materielle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die von ihr vertriebenen Produkte keine neuartigen Lebensmittel sind, und hatte damit die Indizwirkung des Novel-Food-Katalogs der Europäischen Kommission zu widerlegen. 54Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Oktober 2019 – 9 S 535/19 –, juris, Rn. 13, 16; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 12. Dezember 2019 – 13 ME 320/19 –, juris, Rn. 20. 55Vor diesem Hintergrund sind die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge abgelehnt worden. Aus dem Vorbringen der Klägerin, insbesondere den vorgelegten Sachverständigengutachten und weiteren Unterlagen, ergeben sich nicht hinreichend substantiiert Anhaltspunkte auf eine Verwendung der streitgegenständlichen CBD-haltigen Produkte vor dem 15. Mai 1997. Die Beweisanträge sind daher als unzulässige Beweisermittlungsanträge einzuordnen, die der Klägerin erst Zugang zu weiteren Informationsquellen und weiterem Sachvortrag schaffen sollen. 56Vgl. zur Substantiierung von Beweisanträgen etwa OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2018 – 13 A 1190/18.A –, juris, Rn. 8 f. m.w.N. 57Die Zwangsgeldandrohung in dem Bescheid vom 9. August 2019 ist ebenfalls rechtmäßig. Die Androhung beruht auf §§ 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 VwVG NRW. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich, insbesondere ist die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes von 5.000,00 Euro an dem Rahmen des § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW gemessen und unter Berücksichtigung des nach Angaben der Klägerin mit den Produkten erzielten Umsatzes von 100.000,00 Euro pro Monat nicht zu beanstanden. 58Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 59Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 60Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO liegen nicht vor. 61Rechtsmittelbelehrung: 62Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 63Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 64Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 65Die Berufung ist nur zuzulassen, 661. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 672. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 683. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 694. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 705. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 71Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 72Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 73Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 74Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 75Beschluss: 76Der Streitwert wird auf 400.000,00 Euro festgesetzt. 77Gründe: 78Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG erfolgt und entspricht dem geschätzten jährlichen Gewinn, den das Gericht aus dem von der Klägerin angegebenen Jahresumsatz von 1.200.000,00 Euro abgeleitet hat. Der entsprechenden Streitwertfestsetzung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes und im Beschwerdeverfahren ist die Klägerin nicht entgegengetreten. 79Rechtsmittelbelehrung: 80Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 81Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 82Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 83Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 84Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 85War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklage vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin vertreibt über einen internet-shop und in apotheken u.a. hanfprodukte. nachdem sie von dem beklagten die auskunft erhalten hatte, produkte, die cannabidiol (cbd) enthielten, seien in deutschland nicht als lebensmittel verkehrsfähig, da sie nicht nach der novel-food-verordnung zugelassen seien, zeigte die klägerin am 2. januar 2019 das herstellen und inverkehrbringen der produkte „cbd hanfblüten-extrakt“ mit den konzentrationsstufen 5 %, 10 %, 15 %, 20 %, 25 % und 30 % sowie das inverkehrbringen der produkte „cbd kristalle“ in den varianten 500 mg, 1.000 mg, 2.000 mg, 3.000 mg, 4.000 mg, 5.000 mg, 10.000 mg, 20.000 mg, 50.000 mg und 100.000 mg als nahrungsergänzungsmittel beim bundesamt für verbraucherschutz und lebensmittelsicherheit (bvl) an. der „cbd hanfblüten-extrakt“ ist ein flüssiges produkt. das produkt „cbd kristalle“ besteht aus pulverförmigem reinem cbd. 3bei einer kontrolle am 16. juli 2019 untersagt der beklagte der klägerin mündlich das inverkehrbringen von produkten mit cbd. 4diese anordnung bestätigte der beklagte mit bescheid vom 9. august 2019. er untersagte der klägerin das inverkehrbringen von lebensmitteln mit cannabidiol oder cannabinoiden als zutat, ordnete diesbezüglich die sofortige vollziehung an und drohte der klägerin für den fall der zuwiderhandlung ein zwangsgeld in höhe von 5.000,00 euro an. zur begründung führte der beklagte aus, die am 2. januar 2019 beim bvl angezeigten produkte „cbd hanfblüten-extrakt“ und „cbd kristalle“ enthielten cannabidiol oder cannabinoide. cbd werde im novel-food-katalog der europäischen kommission als neuartiges lebensmittel eingeordnet. da die erforderliche zulassung nach der novel-food-verordnung nicht vorliege, seien die produkte nicht verkehrsfähig. 5die klägerin hat am 23. august 2019 klage erhoben und zugleich vorläufigen rechtsschutz beantragt. 6den antrag auf vorläufigen rechtsschutz lehnte die kammer mit beschluss vom 27. september 2019 – 16 l 2333/19 – ab. die hiergegen gerichtete beschwerde wies das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen mit beschluss vom 23. januar 2020 – 13 b 1423/19 – zurück. 7die klägerin macht im wesentlichen geltend: ihre produkte seien nicht als neuartige lebensmittel einzuordnen. extrakte aus der pflanze cannabis sativa l. sowie das extraktionsverfahren seien lange vor dem maßgeblichen stichtag, dem 15. mai 1997, in der europäischen union übliche zutaten und verfahrenstechniken gewesen. der novel-food-katalog der europäischen kommission sei nicht verbindlich, sondern lediglich eine orientierungshilfe. die geringe relevanz des katalogs zeige sich darin, dass dieser in jüngerer vergangenheit mehrfach geändert worden sei. die verwendung schon vor dem stichtag sei durch stellungnahmen der zuständigen behörden italiens, großbritanniens und bulgariens sowie mehrere sachverständigengutachten belegt. – wegen der einzelheiten wird insoweit auf die von der klägerin vorgelegten dokumente bezug genommen. – zudem greife die in art. 3 abs. 2 lit. a novel-food-vo zu kategorie iv vorgesehene ausnahme. cannabis sativa l. habe eine verwendungsgeschichte als sicheres lebensmittel in der eu. jedenfalls sei die übergangsvorschrift in art. 35 abs. 2 novel-food-vo anzuwenden, weshalb der klägerin eine übergangsfrist hätte eingeräumt werden müssen. die untersagung sei insbesondere vor dem hintergrund der erheblichen wirtschaftlichen auswirkungen unverhältnismäßig. auf die betroffenen produkte entfalle ein umsatz von 100.000,00 euro pro monat. die ordnungsverfügung sei zudem formell rechtswidrig, da sie nicht angehört worden sei. 8die klägerin beantragt, 9die am 16. juli 2019 mündlich erteilte ordnungsverfügung des beklagten in gestalt des bescheides des beklagten vom 9. august 2019 aufzuheben. 10der beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12er tritt der klage mit folgenden erwägungen entgegen: die behauptete verwendungsgeschichte als sicheres lebensmittel beziehe sich nicht auf cannabidiol, sondern auf andere hanflebensmittel, die als traditionelle lebensmittel außer streit stünden. bei der beurteilung als neuartiges lebensmittel sei aber das konkrete produkt, nicht ein ähnliches lebensmittel oder der ausgangsstoff maßgeblich. die behauptete verwendungsgeschichte in großbritannien habe sich als unzutreffend erwiesen, wie die dortige zuständige behörde inzwischen eingeräumt habe. die von der klägerin angeführte positivliste italiens betreffe nur die traditionellen lebensmittel hanfsamen und hanföl, woraus keine folgerung für cbd, das vor allem aus den hanfblüten gewonnen werde, abgeleitet werden könne. 13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten des vorliegenden verfahrens und des verfahrens 16 l 2333/19 sowie den inhalt des vorgelegten verwaltungsvorgangs des beklagten ergänzend bezug genommen. 14 | 15die zulässige klage ist nicht begründet. 16die angefochtene ordnungsverfügung vom 16. juli 2019 in gestalt des bescheides des beklagten vom 9. august 2019 ist rechtmäßig (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 17der beklagte hat das verbot des inverkehrbringens von lebensmitteln mit cannabidiol (cbd) oder cannabinoiden als zutat zutreffend auf art. 54 der verordnung (eg) nr. 882/2004 über amtliche kontrollen zur überprüfung der einhaltung des lebensmittel- und futtermittelrechts sowie der bestimmungen über tiergesundheit und tierschutz gestützt. nach abs. 1 dieser vorschrift trifft die zuständige behörde die erforderlichen maßnahmen, wenn sie einen verstoß gegen das lebensmittelrecht feststellt, um sicherzustellen, dass der lebensmittelunternehmer abhilfe schafft. sie berücksichtigt dabei die art des verstoßes und das bisherige verhalten des betreffenden unternehmers mit blick auf verstöße. zu den in betracht kommenden maßnahmen gehört nach abs. 2 lit. b die einschränkung oder untersagung des inverkehrbringens und der ein- oder ausfuhr von futtermitteln, lebensmitteln und tieren. 18die klägerin kann die aufhebung des verbots nicht aufgrund eines anhörungsmangels beanspruchen. 19sie bringt zwar zu recht vor, die nach § 28 abs. 1 vwvfg nrw gebotene anhörung sei nicht erfolgt. eine ordnungsgemäße anhörung setzt unter anderem voraus, dass die behörde den betroffenen darüber in kenntnis setzt, dass sie beabsichtigt, ihm gegenüber einen bestimmten verwaltungsakt zu erlassen. 20vgl. ovg nrw, urteil vom 17. juli 2019 – 4 a 1990/17 –, juris, rn. 24 f. m.w.n. 21dem genügt der dem verwaltungsvorgang allein zu entnehmende e-mail-wechsel nicht, in dem die klägerin um auskunft bat, ob der vertrieb von cannabidiol in deutschland erlaubt sei, und der beklagte mit e-mail vom 17. april 2018 abstrakt antwortete, cbd-enthaltende lebensmittel seien derzeit nicht verkehrsfähig, da sie der novel-food-verordnung unterfielen und eine zulassung nach der verordnung bislang nicht erfolgt sei. 22die unterbliebene anhörung ist auch nicht nach § 45 abs. 1 nr. 3 vwvfg nrw geheilt. danach kann die erforderliche anhörung eines beteiligten bis zum abschluss der ersten instanz eines verwaltungsgerichtlichen verfahrens (abs. 2) nachgeholt werden. allerdings reichen äußerungen und stellungnahmen von beteiligten im gerichtlichen verfahren als solche zur heilung einer zunächst unterbliebenen anhörung nicht aus. eine funktionsgerecht nachgeholte anhörung setzt vielmehr voraus, dass sich die behörde nicht darauf beschränkt, die einmal getroffene sachentscheidung zu verteidigen, sondern das vorbringen des betroffenen erkennbar zum anlass nimmt, die entscheidung kritisch zu überdenken. 23vgl. bverwg, urteil vom 17. dezember 2015 – 7 c 5.14 –, juris, rn. 17; ovg nrw, urteil vom 17. juli 2019 – 4 a 1990/17 –, juris, rn. 27 ff. m.w.n. 24demgemäß vermag der austausch von schriftsätzen der beteiligten im verfahren des vorläufigen rechtsschutzes und im klageverfahren den anhörungsmangel nicht zu heilen. nach angaben der vertreter des beklagten in der mündlichen verhandlung wurde die anhörung auch nicht außerhalb des gerichtlichen verfahrens nachgeholt. 25das unterlassen der anhörung ist aber gemäß § 46 vwvfg nrw unschädlich. nach der vorschrift kann die aufhebung eines verwaltungsakts, der nicht nach § 44 vwvfg nrw nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter verletzung von vorschriften über das verfahren, die form oder die örtliche zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die verletzung die entscheidung in der sache nicht beeinflusst hat. das ist der fall, wenn von vornherein und nach jeder betrachtungsweise feststeht, dass die sachentscheidung auch bei ordnungsgemäßem verfahren nicht anders ausgefallen wäre. 26vgl. ovg nrw, beschluss vom 27. märz 2012 – 6 b 1362/11 –, juris, rn. 22 f. m.w.n. 27umgekehrt fehlt es an der offensichtlichkeit, wenn nach den umständen des falls die konkrete möglichkeit besteht, dass ohne den verfahrensfehler eine andere entscheidung getroffen worden wäre. 28vgl. bverwg, urteil vom 30. mai 2013 – 2 c 68.11 –, juris, rn. 31 m.w.n.; schemmer, in: bader/ronellenfitsch, beckok vwvfg, 47. ed. (1.04.2020), § 46 rn. 34 ff. 29der beklagte hätte auch bei anhörung der klägerin keine andere rechtmäßige entscheidung treffen dürfen. 30die ermächtigungsgrundlage des art. 54 abs. 1 satz 1 vo (eg) nr. 882/2004 verpflichtet die zuständige behörde, bei feststellung eines verstoßes gegen das lebensmittelrecht maßnahmen zu ergreifen, und räumt ihr (nur) hinsichtlich der art der maßnahmen einen spielraum ein, dessen grenzen durch den grundsatz der verhältnismäßigkeit bestimmt werden. 31vgl. ovg nrw, beschluss vom 15. mai 2018 – 13 b 141/18 –, juris, rn. 33 ff. m.w.n. 32damit war der beklagte bei objektivem vorliegen eines verstoßes gegen das lebensmittelrecht – ungeachtet des hypothetischen inhalts einer stellungnahme der klägerin im rahmen der anhörung – durch die ermächtigungsgrundlage insoweit gebunden, als er handeln musste, ihm also kein entschließungsermessen zukam. 33vgl. – ebenfalls zu einem cbd-haltigen produkt – vgh baden-württemberg, beschluss vom 16. oktober 2019 – 9 s 535/19 –, juris, rn. 24. 34zudem war der hinsichtlich der auswahl der zu ergreifenden maßnahme grundsätzlich eröffnete spielraum im konkreten fall auf das verfügte verbot des inverkehrbringens reduziert, da eine andere verhältnismäßige maßnahme nicht zur verfügung stand, wie sich aus den folgenden erwägungen ergibt. daher hätte der beklagte keine andere entscheidung treffen dürfen, wenn die klägerin – wie in der mündlichen verhandlung angeführt – im zuge der anhörung die nunmehr in das gerichtliche verfahren eingebrachten sachverständigengutachten und weiteren unterlagen vorgelegt hätte. 35das verbot des inverkehrbringens ist auch materiell rechtmäßig. 36insoweit wird auf die ausführungen in dem beschluss der kammer vom 27. september 2019 in dem zugehörigen verfahren des vorläufigen rechtsschutzes 16 l 2333/19 (abdruck, s. 3–8) bezug genommen, den das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen mit beschluss vom 23. januar 2020 – 13 b 1423/19 – bestätigt hat. 37das gericht hält – nach eingehender prüfung im hauptsacheverfahren – an den dem beschluss zugrundeliegenden erwägungen fest. 38inzwischen liegen entscheidungen mehrerer gerichte vor, die die rechtauffassung teilen, dass als lebensmittel vertriebene produkte, die – wie die produkte der klägerin – durch extraktion gewonnenes cannabidiol (cbd) enthalten, als neuartige lebensmittel im sinne von art. 3 abs. 2 lit. a, 6 abs. 2 der verordnung (eu) 2015/2283 des europäischen parlaments und des rates vom 25. november 2015 über neuartige lebensmittel, zur änderung der verordnung (eu) nr. 258/97 des europäischen parlaments und des rates und der verordnung (eg) nr. 1852/2001 der kommission (novel-food-vo) nicht in verkehr gebracht werden dürfen, da es an der erforderlichen zulassung fehlt. 39vgl. etwa vgh baden-württemberg, beschluss vom 16. oktober 2019 – 9 s 535/19 –, juris; niedersächsisches ovg, beschluss vom 12. dezember 2019 – 13 me 320/19 –, juris; vg hannover, beschluss vom 18. november 2019 – 15 b 3035/19 –, juris; vg cottbus, beschluss vom 8. januar 2020 – 3 l 230/19 –, juris. 40dem gericht sind dagegen keine die ansicht der klägerin stützenden entscheidungen bekannt. 41das vorbringen der klägerin in ihrem schriftsatz vom 26. juni 2020, mit dem sie nach dem beschluss des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen ergänzend vorgetragen hat, und in der mündlichen verhandlung gebietet keine von dem beschluss in der eilsache abweichende entscheidung. 42aus den ausführungen der klägerin ergibt sich nicht, dass die von ihr vertriebenen produkte „cbd hanfblüten-extrakt“ und „cbd kristalle“ keine neuartigen lebensmittel sind. insbesondere liegen keine belege dafür vor, dass die produkte vor dem 15. mai 1997 in nennenswertem umfang in der union für den menschlichen verzehr verwendet wurden (art. 3 abs. 2 lit. a novel-food-vo). 43dem bereits mit der klageschrift vorgelegten schreiben der europäischen kommission vom 3. märz 1998 (anlage k2) ist keine aussage zu den hier in rede stehenden produkten zu entnehmen. es verhält sich lediglich unspezifisch zu lebensmitteln, die „teile der hanfpflanze enthalten“. 44vgl. ebenso vgh baden-württemberg, beschluss vom 16. oktober 2019 – 9 s 535/19 –, juris, rn. 23. 45gleiches gilt für die bereits mit der klageschrift vorgelegte, von der klägerin nunmehr erneut aufgegriffene stellungnahme der d. d1. j. t. pharmaforschung gmbh (anlage k3). insoweit wird auf den beschluss der kammer vom 27. september 2019 – 16 l 2333/19 – (abdruck, s. 6) verwiesen. die stellungnahme von d. trifft feststellungen zur verwendung von hanfsamenöl, hanf allgemein und hanfextrakten vor dem 15. mai 1997. als beleg wird u.a. ein bericht über die biofachmesse in frankfurt im jahr 1995 herangezogen, bei der vierzig aussteller eine auswahl von 20.000 produkten, darunter hanföl und hanfbackwaren, präsentiert hätten. des weiteren wird die internetseite der e. o. q. gmbh zitiert, wonach diese sich seit 1996 der produktion von hochwertigem hanföl und hanfextrakt zur verwendung in lebensmitteln widme (stellungnahme von d. , bl. 4). diese angaben zu hanfprodukten lassen keinen schluss auf die verwendung der produkte der klägerin – oder vergleichbarer produkte – vor dem maßgeblichen stichtag zu. bei der beurteilung der verwendungsgeschichte kommt es maßgeblich auf das konkret zu beurteilende lebensmittel an. 46vgl. eugh, urteil vom 15. januar 2009 – c-383/07 –, juris, rn. 30; vgh baden-württemberg, beschlüsse vom 23. oktober 2017 – 9 s 1887/17 –, juris, rn. 20 f., und vom 16. oktober 2019 – 9 s 535/19 –, juris, rn. 21 ff.; niedersächsisches ovg, beschluss vom 12. dezember 2019 – 13 me 320/19 –, juris, rn. 20; außerdem bereits vg düsseldorf, beschluss vom 27. september 2019 – 16 l 2333/19 –, abdruck, s. 4. 47die von der klägerin vertriebenen produkte werden zwar – wie die in der stellungnahme angesprochenen hanfextrakte – ebenfalls durch extraktion aus bestandteilen der hanfpflanze gewonnen. prägendes charakteristikum ist aber ein cbd-gehalt bestimmter konzentration. die „cbd kristalle“ bestehen aus reinem cbd, der „cbd hanfblüten-extrakt“ wird durch unterschiedliche hohe cbd-anteile charakterisiert. zu solchen produkten, für die der cbd-gehalt prägend ist, geht nichts aus der stellungnahme von d. hervor. 48dies gilt in gleicher weise für das gutachten von prof. dr. q1. vom 28. dezember 2015 (als anlage k10 im beschwerdeverfahren vorgelegt). diesbezüglich wird auf den beschluss des ovg nrw vom 23. januar 2020 – 13 b 1423/19 – (abdruck, s. 6) bezug genommen. 49auch das gutachten des sachverständigen s. vom 17. november 2018 (anlage k12) stützt nicht die auffassung der klägerin. der gutachter geht von dem rechtlich unzutreffenden ansatz aus, für die verwendungsgeschichte eines lebensmittels komme es auf die verwendungsgeschichte des rohstoffs und des bei der herstellung verwendeten verfahrens an. maßgeblich ist aber – nach der oben zitierten rechtsprechung – das konkret zu beurteilende lebensmittel. daher kann aus der von dem gutachter referierten geschichte des hanfbiers und anderer hanfprodukte sowie der verwendung der co2-exktraktion für die einordnung von „cbd hanfblüten-extrakt“ und „cbd kristallen“ als neuartige lebensmittel keine schlussfolgerung abgeleitet werden. 50die des weiteren vorgelegte stellungnahme des sachverständigen wahler vom 26. november 2018 (anlage k5) führt keine belege für eine verwendung von cbd-haltigen produkten an, sondern gibt lediglich den früheren stand der eintragungen im novel-food-katalog der europäischen kommission wieder. hanfextrakte mit einem natürlichen cbd-gehalt seien nicht als neuartige lebensmittel einzuordnen, während hanfextrakte mit einem angereicherten gehalt an cbd als novel food zu betrachten seien. diese differenzierung ist überholt, nachdem die europäische kommission den novel-food-katalog präzisiert hat. abgesehen davon macht die klägerin nicht geltend und ist nicht ersichtlich, dass die streitgegenständlichen produkte einen natürlichen cbd-gehalt haben. das ist bei dem als „cbd kristalle“ vertriebenen reinen cbd ausgeschlossen. der „cbd hanfblüten-extrakt“ könnte höchstens in einer der angebotenen konzentrationsstufen einen natürlichen cbd-gehalt aufweisen, was die klägerin aber nicht geltend macht. zudem spricht es gegen eine verwendung von cbd-haltigen lebensmitteln vor dem 15. mai 1997, wenn es in der stellungnahme des sachverständigen x. – wenngleich in anderem zusammenhang – heißt, dass abgesehen von hanfsamenöl und hanfmehl kein verzehr von hanfpflanzen und hanfblüten zu ernährungszwecken belegbar sei (s. 2 der stellungnahme). 51den zitierten auszügen aus den werken von q2. , bewusstseinsverändernde pflanzen von a–z (anlage k13), und von l. u.a., i. handbuch der pharmazeutischen praxis (anlage k14), ist keine aussage zur vorliegenden fragestellung zu entnehmen. sie behandeln die eigenschaften der pflanze cannabis sativa l. im allgemeinen. 52schließlich kann sich die klägerin nicht mit erfolg auf die schlussanträge des generalanwalts vom 14. mai 2020 in dem verfahren eugh c-663/18 berufen. das verfahren betrifft die frage, ob eine verordnung des französischen rechts, die die einfuhr von cannabidiol-öl verbietet, mit den regelungen der europäischen union zum grenzüberschreitenden warenverkehr vereinbar ist. die hier relevante einordnung solcher produkte als neuartige lebensmittel ist – soweit ersichtlich – nicht gegenstand des verfahrens vor dem europäischen gerichtshof. 53es bestand keine veranlassung zur weiteren sachaufklärung. die klägerin trägt die materielle darlegungs- und beweislast dafür, dass die von ihr vertriebenen produkte keine neuartigen lebensmittel sind, und hatte damit die indizwirkung des novel-food-katalogs der europäischen kommission zu widerlegen. 54vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 16. oktober 2019 – 9 s 535/19 –, juris, rn. 13, 16; niedersächsisches ovg, beschluss vom 12. dezember 2019 – 13 me 320/19 –, juris, rn. 20. 55vor diesem hintergrund sind die in der mündlichen verhandlung gestellten beweisanträge abgelehnt worden. aus dem vorbringen der klägerin, insbesondere den vorgelegten sachverständigengutachten und weiteren unterlagen, ergeben sich nicht hinreichend substantiiert anhaltspunkte auf eine verwendung der streitgegenständlichen cbd-haltigen produkte vor dem 15. mai 1997. die beweisanträge sind daher als unzulässige beweisermittlungsanträge einzuordnen, die der klägerin erst zugang zu weiteren informationsquellen und weiterem sachvortrag schaffen sollen. 56vgl. zur substantiierung von beweisanträgen etwa ovg nrw, beschluss vom 16. mai 2018 – 13 a 1190/18.a –, juris, rn. 8 f. m.w.n. 57die zwangsgeldandrohung in dem bescheid vom 9. august 2019 ist ebenfalls rechtmäßig. die androhung beruht auf §§ 57 abs. 1 nr. 2, 60, 63 vwvg nrw. rechtsfehler sind nicht ersichtlich, insbesondere ist die höhe des angedrohten zwangsgeldes von 5.000,00 euro an dem rahmen des § 60 abs. 1 satz 1 vwvg nrw gemessen und unter berücksichtigung des nach angaben der klägerin mit den produkten erzielten umsatzes von 100.000,00 euro pro monat nicht zu beanstanden. 58die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 59die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo, §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 60gründe für die zulassung der berufung nach § 124a abs. 1 satz 1, § 124 abs. 2 nr. 3, 4 vwgo liegen nicht vor. 61rechtsmittelbelehrung: 62gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 63der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 64innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 65die berufung ist nur zuzulassen, 661. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 672. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 683. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 694. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 705. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 71die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 72über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 73im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 74die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 75beschluss: 76der streitwert wird auf 400.000,00 euro festgesetzt. 77gründe: 78die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 gkg erfolgt und entspricht dem geschätzten jährlichen gewinn, den das gericht aus dem von der klägerin angegebenen jahresumsatz von 1.200.000,00 euro abgeleitet hat. der entsprechenden streitwertfestsetzung im verfahren des vorläufigen rechtsschutzes und im beschwerdeverfahren ist die klägerin nicht entgegengetreten. 79rechtsmittelbelehrung: 80gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 81die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 82die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 83die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 84die beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 85war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | Verklagte*r | 0 |
126,241 | 54 C 176/15 | 2016-02-17T00:00:00 | Urteil | Tenor hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 19.01.2016 durch die Richterin S für Recht erkannt: Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden der klagenden Partei auferlegt. Dieses Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägern hat das Gericht gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Kläger buchten für den 25.07.2014 einen Flug von Düsseldorf (Deutschland) nach Nador (Marokko) mit der Flugnummer ## ###. Der geplante Flug sollte am 25.07.2014 um 11:20 Uhr (Ortszeit) in Düsseldorf abfliegen und am 25.07.2014 um 13:25 Uhr (Ortszeit) in Nador landen. Tatsächlich erreichten die Kläger das Endziel Nador am 25.07.2014 um 20:51 Uhr, mithin mit einer Verspätung von 7 Stunden und 26 Minuten nach der geplanten Ankunftszeit. Die Flugstrecke zwischen Düsseldorf und Nador beträgt mehr als 1.500 km. 3Der streitgegenständliche Flug wurde unter dem IATA-Code allein der Beklagten, jedoch von der spanischen Fluggesellschaft T mit deren Flugzeug und deren Personal ausgeführt. Die Beklagte hatte sich im Jahr 2014 von dem Luftfahrt-Bundesamt die Genehmigung für die Durchführung von Flügen mittels Luftfahrzeug und Besatzung der spanischen Fluggesellschaft T erhalten. 4Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger jeweils eine Ausgleichszahlung in Höhe von 400,00 € nach der Fluggastrechte-VO (EG (VO) Nr. 261/2004). 5Sie sind der Ansicht, bei der Beklagten handele es sich trotz der Ausführung des Flugs durch die T um das nach der Verordnung „ausführende Luftfahrtunternehmen“, da der Flug allein unter dem IATA-Code der Beklagten stattgefunden habe. Es sei auch kein Hinweis auf eine Ausführung durch die T erfolgt. 6Die Kläger beantragen, 7die Beklagte zu verurteilen, an sie jeweils 400,00 € Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2014 zu zahlen. 8Die Beklagte beantragt, 9 die Klage abzuweisen. 10Sie beruft sich auf ihre fehlende Passivlegitimation. 11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. 12Entscheidungsgründe: 13Die zulässige Klage ist unbegründet. 14I. 15Der Klägerseite steht gegen die Beklagtenseite der geltend gemachte Anspruch auf Fluggastentschädigung aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu, insbesondere folgt ein solcher Anspruch nicht aus Art. 7 Abs. 1 c), 5 EG-VO 261/04. 16Denn die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger haben bereits die Passivlegitimation der Beklagten nicht darzulegen vermocht. Sie haben insbesondere den Beklagtenvortrag, wonach der Flug von der spanischen T mit eigenem Flugzeug und eigenem Personal durchgeführt wurde, nicht bestritten, sondern lediglich die Ansicht vertreten, dass die Beklagte trotz dieser Tatsache passiv legitimiert sei, da der Flug – unstreitig – allein unter ihrem IATA-Code stattgefunden habe und die Eigentumsverhältnisse an der für einen Flug eingesetzten Maschine keinen Aussagegehalt bezüglich des ausführenden Luftfahrtunternehmens haben. 17Der Bundesgerichtshof führt zu diesem Themenkomplex in seinem Urteil vom 26.11.2009, Az. Xa ZR 132/08 (zitiert nach juris) Folgendes aus: 18„a) Ein Ausgleichsanspruch gemäß Art. 7 der Verordnung richtet sich bei Annullierung eines Fluges nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung [bzw. vorliegend der entsprechenden Anwendung der Verordnung wegen einer eingetretenen Flugverspätung] nur gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen. Als "ausführendes Luftfahrtunternehmen", für das die Verordnung nach der Regelung ihres Anwendungsbereiches in Art. 3 Abs. 5 Satz 1 ausschließlich gilt, ist nach der Begriffsbestimmung in Art. 2 Buchst. b der Verordnung das Luftfahrtunternehmen anzusehen, das im Rahmen eines Vertrages mit einem Fluggast oder im Namen einer anderen - juristischen oder natürlichen - Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung steht, einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt. Indem sie auf die Durchführung des Fluges abstellt und hiervon die zugrunde liegende Vertragsbeziehung abgrenzt, die der Fluggast auch zu einem anderen Unternehmen begründet haben kann, macht die Legaldefinition in der deutschen Sprachfassung deutlich, dass für den Begriff des ausführenden Luftfahrtunternehmens allein maßgeblich ist, welches Unternehmen mit dem von ihm bereit gestellten Flugzeug und Personal die Beförderungsleistung tatsächlich erbringt, und nicht, mit welchem Luftfahrtunternehmen der Vertrag über die Flugreise geschlossen worden ist (vgl. bereits Sen.Urt. v. 28.05.2009 - Xa ZR 113/08, NJW 2009, 2743). Diese Auslegung steht im Einklang mit der Wortwahl etwa der englischen und der französischen Sprachfassung, die die Durchführung des Fluges durch das als "operating air carrier" bzw. als "transporteur aérien effectif" bezeichnete Unternehmen mit den Verben "to perform" bzw. "réaliser" umschreiben. 19Die mit dieser Auslegung einhergehende Differenzierung zwischen den verschiedenen Luftfahrtunternehmen, denen sich der Fluggast bei einem Flug gegenübersehen kann, ist nicht nur der Legaldefinition des "ausführenden Luftfahrtunternehmens" mit der dort beschriebenen Möglichkeit zu entnehmen, dass der Flugreisevertragspartner des Fluggastes mit dem den Flug tatsächlich durchführenden Luftfahrtunternehmens nicht identisch und dann auch nicht als ein ausführendes Luftfahrtunternehmen einzustufen ist. Die Unterscheidung findet sich darüber hinaus in weiteren Bestimmungen der Verordnung wieder. So sind nach der Regelung in Art. 3 Abs. 5 Satz 2 die Leistungen, mit denen das ausführende Luftfahrtunternehmen seine Verpflichtungen aus der Verordnung gegenüber einem Fluggast erfüllt, mit dem es in keiner Vertragsbeziehung steht, als für das vertraglich verpflichtete Unternehmen erbracht anzusehen. Nach Art. 13 der Verordnung kann das ausführende Luftfahrtunternehmen, das Ausgleichszahlungen an Fluggäste leistet oder sonstige sich aus der Verordnung ergebende Pflichten erfüllt, den Vertragspartnern der Fluggäste gegenüber Regress nehmen. 20b) Dasselbe Verständnis vom Begriff des ausführenden Luftfahrtunternehmens als des Unternehmens, das die Beförderung tatsächlich bewirkt, liegt auch den internationalen Bestimmungen des Montrealer Übereinkommens vom 28. Mai 1999 zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (ABl. EG Nr. L 194 v. 18.07.2001, S. 39; BGBl. 2004 II, 458) zugrunde. Auf dessen Vorgaben zu den Verpflichtungen des ausführenden Luftfahrtunternehmens bezieht sich die Verordnung, deren Bestimmungen jene des Montrealer Übereinkommens ergänzen (vgl. EuGH, Urt. v. 10.01.2006 - Rs. C-344/04, Slg. 2006, I-403 = NJW 2006, 351 = RRa 2006, 127 Tz. 46 - IATA und ELFAA), in Erwägungsgrund 14 ausdrücklich. In den Regelungen, die das Montrealer Übereinkommen in Kapitel V zur Luftbeförderung durch einen anderen als den vertraglichen Luftfrachtführer vorsieht, wird einleitend mit den Legaldefinitionen in Art. 39 ebenfalls unterschieden zwischen dem vertraglichen Luftfrachtführer, der mit einem Reisenden bzw. Absender einen Beförderungsvertrag geschlossen hat, und dem ausführenden Luftfrachtführer, bei dem es sich um "eine andere Person" handelt, die aufgrund einer Vereinbarung mit dem vertraglichen Luftfrachtführer berechtigt ist, die Beförderung ganz oder teilweise auszuführen. Aus dieser Abgrenzung und Wortwahl des Montrealer Übereinkommens ist in Übereinstimmung mit der hierzu im Schrifttum wohl einhellig vertretenen Auffassung (vgl. Pokrant in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., MÜ Art. 39 Rdn. 6 m.w.N.; MünchKomm./Tonner, BGB, 5. Aufl., Nach § 651 Rdn. 15 m.w.N.; Dettling-Ott in Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Bd. 3, 30. Aufl. 2007, Art. 39 MÜ Rdn. 7, 17 f.) für die Auslegung des Begriffs des ausführenden Luftfrachtführers das Erfordernis abzuleiten, dass dieser mit dem von ihm betriebenen Flugzeug die Beförderung tatsächlich durchführt. 21c) Gestützt wird die Auslegung des Begriffs des "ausführenden Luftfahrtunternehmens", für den allein entscheidend ist, dass es den Flug tatsächlich durchführt, auch durch die weitere Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2005 über die Erstellung einer gemeinschaftlichen Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Gemeinschaft eine Betriebsuntersagung ergangen ist, sowie über die Unterrichtung von Fluggästen über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens und zur Aufhebung des Art. 9 der Richtlinie 2004/36/EG (ABl. EG L 344 v. 27.12.2005, S. 15; im Folgenden: Verordnung 2111/2005). Die Verordnung 2111/2005 verwendet ebenfalls den Begriff des "ausführenden Luftfahrtunternehmens" mit derselben Legaldefinition in Art. 2 Buchst. e und grenzt ihn ab von dem "Vertragspartner für die Beförderung im Luftverkehr", der in Art. 2 Buchst. c definiert wird als das Luftfahrtunternehmen, das einen Beförderungsvertrag mit einem Fluggast schließt. In Art. 11 der Verordnung 2111/2005 wird der Vertragspartner für die Beförderung im Luftverkehr dazu verpflichtet, die Fluggäste bei der Buchung über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens zu unterrichten. Dass es sich dabei um das den Flug tatsächlich durchführende Unternehmen handelt, wird in den Erwägungsgründen 11, 13 und 14 zu dieser Vorschrift ausdrücklich erwähnt. Mit der Regelung des Art. 11 der Verordnung 2111/2005 hat der Verordnungsgeber zudem gerade auf die Praxis des Code-Sharing reagiert, wie Erwägungsgrund 13 der Verordnung 2111/2005 belegt. Dort wird unter beispielhaftem Bezug auf das Code-Sharing die Branchenpraxis im Linienflugverkehr dargestellt, dass das Luftfahrtunternehmen, das einen Flug unter seinem Namen verkauft hat, "diesen nicht tatsächlich durchführt". Hierzu wird in Erwägungsgrund 13 der Verordnung 2111/2005 weiter auf den Missstand hingewiesen, dass der Fluggast bisher keinen Anspruch darauf hatte, über die Identität des Luftfahrtunternehmens, das ihn tatsächlich befördert, unterrichtet zu werden. Die Vorschrift des Art. 11 der Verordnung 2111/2005 ist nunmehr Grundlage dafür, dass in ihrem Geltungsbereich - d.h. bei Verträgen über eine Beförderung, die in der Gemeinschaft begonnen hat (Art. 10 Abs. 1 der Verordnung 2111/2005) - in den Buchungsunterlagen das Luftfahrtunternehmen anzugeben ist, das im Rahmen eines Code-Sharing den Flug auf dem betreffenden Streckenabschnitt tatsächlich ausführt. Hierdurch wird dem Fluggast die Wahrnehmung seiner Rechte gegen dieses Unternehmen ermöglicht. 22d) Gegen das vom Wortlaut der Verordnung nahe gelegte Begriffsverständnis lässt sich auch nicht das von der Revision unter Hinweis auf die Erwägungsgründe 1 und 7 angeführte Ziel der Verordnung einwenden, ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherzustellen. Wie der Bundesgerichtshof unter Bezugnahme auf die vorgenannten Erwägungsgründe und die Begründung des Rates zum Gemeinsamen Standpunkt (EG) Nr. 27/2003 vom 18. März 2003 bereits im Hinblick auf die fehlende Passivlegitimation eines Reiseveranstalters für Ansprüche auf Ausgleichszahlungen nach Art. 7 der Verordnung ausgeführt hat (Beschl. v. 11.03.2008 - X ZR 49/07, RRa 2008, 175, 176), liegt dem Regelungskonzept der Verordnung, dass sämtliche Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen dem ausführenden Luftfahrtunternehmen auferlegt werden, die Annahme zugrunde, dass dieses aufgrund seiner Präsenz auf den Flughäfen in der Regel am besten in der Lage ist, die Verpflichtungen zu erfüllen. 23Diese Erwägung des Verordnungsgebers kommt ebenfalls bei der Kooperationsform des Code-Sharing zum Tragen. Beim Code-Sharing teilen sich die an der Vereinbarung beteiligten Fluggesellschaften die Kapazitäten des betreffenden jeweils unter eigener Flugnummer geführten Linienfluges in der Weise, dass neben den Fluggästen des den Flug ausführenden Unternehmens, das die alleinige Verantwortung für die Durchführung des Fluges mit dem von ihm eingesetzten Flugzeug behält, auch Fluggäste des Code-Sharing-Vertriebspartners eingebucht und befördert werden (vgl. zu Erscheinungsform, Zweck und Voraussetzungen des Code-Sharing Schwenk/Giemulla, Handbuch des Luftverkehrsrechts, 3. Aufl., S. 646 ff., 680 ff.; Dettling-Ott, aaO Rdn. 7, 20 f.). Auch bei dieser Kooperationsform des unter einer Doppelflugnummer gemeinsam betriebenen Flugliniendienstes kann nur eine der daran beteiligten Fluggesellschaften das Luftfahrzeug für den einzelnen Flug zur Verfügung stellen und ihn damit tatsächlich durchführen. Bei einer Fluggesellschaft, die für einen Linienflug lediglich mit eigener Flugnummer im Rahmen des Code-Sharing Plätze anbietet, die tatsächliche Beförderung aber einer anderen Fluggesellschaft überlässt, ist eine effektive Erfüllung der von der Verordnung vorgesehenen Unterstützungsleistungen nicht in gleicher Weise gewährleistet wie bei dem Luftfahrtunternehmen, das den Flug selbst ausführt und deshalb am Flughafen präsent sein muss. Auch die etwa aus den Erwägungsgründen 12 und 13 der Verordnung zu entnehmende Lenkungsabsicht des Verordnungsgebers, mit der Statuierung eines pauschalierten Ausgleichsanspruchs das in den Erwägungsgründen 2 bis 4 angesprochene Ärgernis der Flugannullierungen zu verringern, greift nur gegenüber den Luftfahrtunternehmen, die einen Flug selbst in eigener Verantwortung ausführen und damit auf die tatsächliche Durchführung überhaupt unmittelbar Einfluss haben. Demzufolge lässt sich mit dem Schutzzweck der Verpflichtungen, die das ausführende Luftfahrtunternehmen treffen, nicht die Auffassung der Revision begründen, dass jeder an einer Code-Sharing- Vereinbarung beteiligter Kooperationspartner als den Flug durchführend anzusehen sei. 24Für eine solche Ausdehnung des Adressatenkreises der Verordnung spricht schließlich nicht der von der Revision angeführte Wortlaut des Erwägungsgrundes 7 der Verordnung, in dem es heißt: 25"Damit diese Verordnung wirksam angewandt wird, sollten die durch sie geschaffenen Verpflichtungen dem ausführenden Luftfahrtunternehmen obliegen, das einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt, und zwar unabhängig davon, ob der Flug mit einem eigenen Luftfahrzeug oder mit einem mit oder ohne Besatzung gemieteten Luftfahrzeug oder in sonstiger Form durchgeführt wird." 26Dieser Erwägungsgrund erläutert zunächst im Sinne der vorgenannten Lenkungsabsicht die Beschränkung des Geltungsbereichs der Verordnung auf die ausführenden Luftfahrtunternehmen (Art. 3 Abs. 5 Satz 1 der Verordnung). Mit dem Zusatz zur Form der Durchführung des Fluges wird lediglich klargestellt, dass es für die Bestimmung des ausführenden Luftfahrtunternehmens auf die Eigentumsverhältnisse an dem für den Flug eingesetzten Flugzeug nicht ankommt und dass sich das ausführende Unternehmen im Wege der Miete oder in sonstiger Weise auch Dritter bedienen kann. Eine Erweiterung des Kreises der Anspruchsgegner des Fluggastes ist damit ersichtlich nicht verbunden. Vielmehr bleibt es nach dem klaren Wortlaut dieses Erwägungsgrundes dabei, dass auch dann, wenn der Flug mit Hilfe eines Mietverhältnisses oder in sonstiger Weise durchgeführt wird, ausführendes Luftfahrtunternehmen im Sinne der Verordnung immer nur ein Unternehmen sein kann. 27e) Auch die Entstehungsgeschichte der Verordnung bestätigt das Auslegungsergebnis, dass beim Code-Sharing nur das den Flug tatsächlich selbst ausführende Unternehmen Anspruchsgegner des Fluggastes ist. Nach dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission vom 21. Dezember 2001 (ABl. EG Nr. C 103 E v. 30.04.2002, S. 225) sollte mit Art. 3 noch ausdrücklich geklärt werden, inwieweit die Verordnung bei Code-Sharing gelten sollte. Diese Kooperationsform wurde in Art. 2 Buchs. g als der Fall definiert, 28"dass ein Fluggast mit einem Luftfahrtunternehmen, dem 'Vertriebsunternehmen', einen Beförderungsvertrag nebst bestätigter Buchung hat, aber von einem anderen Luftfahrtunternehmen, dem 'Betriebsunternehmen', befördert wird". 29Nach dem Kommissionsvorschlag zum Anwendungsbereich sollte gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 1 die Verordnung für alle Luftfahrt- oder Reiseunternehmen gelten, mit denen ein Fluggast einen Vertrag hat. Hierzu war in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 weiter geregelt, dass 30"das Reiseunternehmen oder - bei Code-Sharing - das Vertriebsunternehmen mit dem Betriebsunternehmen die notwendigen Vorkehrungen (trifft), um die Durchführung der Bestimmungen dieser Verordnung zu gewährleisten". 31Gegenüber dem Kommissionsvorschlag einer ausschließlichen Haftung der Reisevertragspartner des Fluggastes wurde im Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 24. Oktober 2002 sodann der Adressatenkreis der Verordnung erweitert durch folgende Neubestimmung des Geltungsbereichs der Verordnung in den Sätzen 2 und 3 des Art. 3 Abs. 3: 32"Die darin vorgesehenen Verantwortlichkeiten und Pflichten werden jedoch sowohl im Fall von Code-Sharing als auch in dem Fall, dass das Reiseunternehmen logistisch nicht in der Lage ist, die vorgesehenen Pflichten zu erfüllen, auch auf das Luftfahrtunternehmen ausgedehnt, das als Betriebsunternehmen fungiert. Das Reiseunternehmen oder - bei Code-Sharing - das Vertriebsunternehmen macht alle Regressansprüche gegenüber dem Betriebsunternehmen geltend, wenn die Nichtbeförderung, Annullierung oder Verspätung des Flugs in dessen Zuständigkeit fällt." 33Der Verordnungsgeber hat diese ursprünglichen Vorschläge einer Haftung des Vertriebsunternehmens beim Code-Sharing indes gerade nicht umgesetzt, sondern aus Vereinfachungs- und Effizienzgründen sämtliche Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen allein dem Betriebsunternehmen auferlegt, das in der endgültigen Fassung der Verordnung nunmehr als ausführendes Luftfahrtunternehmen bezeichnet worden ist (vgl. Begründung des Rates zum Gemeinsamen Standpunkt (EG) Nr. 27/2003 v. 18.03.2003, ABl. C 125 E v. 27.05.2003, S. 63, 70). 34f) Nach der sich am Wortlaut, Zweck und Entstehungsgeschichte der Verordnung orientierenden Auslegung des Begriffs des ausführenden Luftfahrtunternehmens ist mithin in Fällen des - auch hier vorliegenden - Code-Sharing eine Differenzierung vorzunehmen zwischen dem Luftfahrtunternehmen, das tatsächlich mit dem von ihm bereit gestellten Flugzeug die Durchführung des Fluges übernimmt, und dem Unternehmen, das im Vertragsverhältnis zu dem Fluggast steht und den Flugdienst des anderen Unternehmens mitbenutzt. Nur jener Code-Sharing-Partner ist ausführendes Luftfahrtunternehmen im Sinne der Verordnung (so schon AG Frankfurt a.M., Urt. v. 15.06.2007 - 31 C 739/07, RRa 2008, 48; Schmid, NJW 2007, 261, 267; ebenso für die Qualifikation des den Code-Sharing-Flug ausführenden Luftfrachtführers nach Art. 39 MÜ MünchKomm./Tonner, aaO; Dettling-Ott, aaO Rdn. 20 ff.). Der von der Revision in diesem Zusammenhang angebrachte Hinweis auf eine Genehmigungsbedürftigkeit von Code-Sharing-Vereinbarungen führt nicht weiter, da die Erlaubnisvoraussetzungen (vgl. Schwenk/Giemulla, aaO; VG Köln, Beschl. v. 01.10.1993 - 4 L 1236/93, ZLW 1994, 363) nicht die Frage berühren, welcher der Code-Sharing-Partner die Flugstrecke im Rahmen des gemeinsam betriebenen Liniendienstes mit Flugzeugen seiner eigenen Flotte bedient und damit die Luftbeförderung tatsächlich übernimmt.“ 35Dem schließt sich das erkennende Gericht vollumfänglich an, mit der Folge, dass vorliegend von einer Passivlegitimation der Beklagten nicht ausgegangen werden kann. Denn unstreitig ist der streitgegenständliche Flug nicht von der Beklagten, sondern von der T eigenverantwortlich durchgeführt worden. Insoweit ist auch nicht von Belang, dass vorliegend keine Beförderung im Sinne eines Code-Sharings erfolgt ist. Denn maßgeblich ist nach dem Vorstehenden allein, welche Fluggesellschaft den Flug eigenverantwortlich durchgeführt hat, während die internen vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Fluggesellschaften gerade nicht relevant sind. Der BGH führt insoweit eindeutig aus, dass für den Begriff des ausführenden Luftfahrtunternehmens allein maßgeblich ist, welches Unternehmen mit dem von ihm bereit gestellten Flugzeug und Personal die Beförderungsleistung tatsächlich erbringt, und nicht, mit welchem Luftfahrtunternehmen der Vertrag über die Flugreise geschlossen worden ist. Er statuiert dies „auch“ für den Fall des Code-Sharings, nicht nur für den Fall des Code-Sharings. Denn auch dann, wenn kein Code-Sharing vorliegt, sondern der Flug allein unter dem IATA-Code einer bestimmten Fluggesellschaft, jedoch durch eine andere Fluggesellschaft in eigener Verantwortung durchgeführt wird, greift die Argumentation des BGH, wonach letztere Fluggesellschaft aufgrund ihrer „Präsenz auf den Flughäfen in der Regel am besten in der Lage ist, die Verpflichtungen zu erfüllen“. Dem Fluggast bleibt in solchen Fällen nach der Rechtsprechung des BGH nichts anderes übrig, als die Klage zurückzunehmen und eine neue Klage gegen das ausführende Flugunternehmen anzustrengen oder eine Parteiänderung zu erklären, beides mit der Kostenfolge aus § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO (vgl. dazu Ullenboom, NZV 2015, 319, 320). 36Selbst wenn aber die Ausführungen der Kläger mit Schriftsatz vom 02.02.2016, wonach die Einwendung der Beklagte, sie sei nicht ausführende Fluggesellschaft, als Bestreiten der Flugdurchführung seitens der T verstanden werden sollten, ist dies unbeachtlich. Denn die Kläger haben trotz des Hinweises des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2016 weder konkret dargelegt, noch hierzu Beweis angetreten, dass der Flug stattdessen tatsächlich von der Beklagten durchgeführt wurde. 37Soweit die Kläger schließlich darauf verweisen, dass die Beklagte außergerichtlich ihre Passivlegitimation nicht gerügt hat, mag dies einen Schadensersatzanspruch wegen Informationspflichtverletzung begründen. Insbesondere mag ein Schadensersatzanspruch etwa wegen der Verletzung der sich aus Art. 11 EG-VO Nr. 2111/2005 Pflichten bestehen. Derartige Forderungen sind jedoch nicht streitgegenständlich. 38II. 39Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 40Der Streitwert wird auf 1.600,00 EUR festgesetzt. 41Rechtsbehelfsbelehrung: 42Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 431. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 442. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 45Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 46Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen. 47Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 48Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 49S | hat das amtsgericht düsseldorf auf die mündliche verhandlung vom 19.01.2016 durch die richterin s für recht erkannt: die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits werden der klagenden partei auferlegt. dieses urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. den klägern hat das gericht gestattet, die zwangsvollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der zwangsvollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die kläger buchten für den 25.07.2014 einen flug von düsseldorf (deutschland) nach nador (marokko) mit der flugnummer ## ###. der geplante flug sollte am 25.07.2014 um 11:20 uhr (ortszeit) in düsseldorf abfliegen und am 25.07.2014 um 13:25 uhr (ortszeit) in nador landen. tatsächlich erreichten die kläger das endziel nador am 25.07.2014 um 20:51 uhr, mithin mit einer verspätung von 7 stunden und 26 minuten nach der geplanten ankunftszeit. die flugstrecke zwischen düsseldorf und nador beträgt mehr als 1.500 km. 3der streitgegenständliche flug wurde unter dem iata-code allein der beklagten, jedoch von der spanischen fluggesellschaft t mit deren flugzeug und deren personal ausgeführt. die beklagte hatte sich im jahr 2014 von dem luftfahrt-bundesamt die genehmigung für die durchführung von flügen mittels luftfahrzeug und besatzung der spanischen fluggesellschaft t erhalten. 4mit der vorliegenden klage begehren die kläger jeweils eine ausgleichszahlung in höhe von 400,00 € nach der fluggastrechte-vo (eg (vo) nr. 261/2004). 5sie sind der ansicht, bei der beklagten handele es sich trotz der ausführung des flugs durch die t um das nach der verordnung „ausführende luftfahrtunternehmen“, da der flug allein unter dem iata-code der beklagten stattgefunden habe. es sei auch kein hinweis auf eine ausführung durch die t erfolgt. 6die kläger beantragen, 7die beklagte zu verurteilen, an sie jeweils 400,00 € zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 04.12.2014 zu zahlen. 8die beklagte beantragt, 9 die klage abzuweisen. 10sie beruft sich auf ihre fehlende passivlegitimation. 11wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den akteninhalt bezug genommen. 12 | 13die zulässige klage ist unbegründet. 14i. 15der klägerseite steht gegen die beklagtenseite der geltend gemachte anspruch auf fluggastentschädigung aus keinem rechtlichen gesichtspunkt zu, insbesondere folgt ein solcher anspruch nicht aus art. 7 abs. 1 c), 5 eg-vo 261/04. 16denn die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten kläger haben bereits die passivlegitimation der beklagten nicht darzulegen vermocht. sie haben insbesondere den beklagtenvortrag, wonach der flug von der spanischen t mit eigenem flugzeug und eigenem personal durchgeführt wurde, nicht bestritten, sondern lediglich die ansicht vertreten, dass die beklagte trotz dieser tatsache passiv legitimiert sei, da der flug – unstreitig – allein unter ihrem iata-code stattgefunden habe und die eigentumsverhältnisse an der für einen flug eingesetzten maschine keinen aussagegehalt bezüglich des ausführenden luftfahrtunternehmens haben. 17der bundesgerichtshof führt zu diesem themenkomplex in seinem urteil vom 26.11.2009, az. xa zr 132/08 (zitiert nach juris) folgendes aus: 18„a) ein ausgleichsanspruch gemäß art. 7 der verordnung richtet sich bei annullierung eines fluges nach art. 5 abs. 1 buchst. c der verordnung [bzw. vorliegend der entsprechenden anwendung der verordnung wegen einer eingetretenen flugverspätung] nur gegen das ausführende luftfahrtunternehmen. als "ausführendes luftfahrtunternehmen", für das die verordnung nach der regelung ihres anwendungsbereiches in art. 3 abs. 5 satz 1 ausschließlich gilt, ist nach der begriffsbestimmung in art. 2 buchst. b der verordnung das luftfahrtunternehmen anzusehen, das im rahmen eines vertrages mit einem fluggast oder im namen einer anderen - juristischen oder natürlichen - person, die mit dem betreffenden fluggast in einer vertragsbeziehung steht, einen flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt. indem sie auf die durchführung des fluges abstellt und hiervon die zugrunde liegende vertragsbeziehung abgrenzt, die der fluggast auch zu einem anderen unternehmen begründet haben kann, macht die legaldefinition in der deutschen sprachfassung deutlich, dass für den begriff des ausführenden luftfahrtunternehmens allein maßgeblich ist, welches unternehmen mit dem von ihm bereit gestellten flugzeug und personal die beförderungsleistung tatsächlich erbringt, und nicht, mit welchem luftfahrtunternehmen der vertrag über die flugreise geschlossen worden ist (vgl. bereits sen.urt. v. 28.05.2009 - xa zr 113/08, njw 2009, 2743). diese auslegung steht im einklang mit der wortwahl etwa der englischen und der französischen sprachfassung, die die durchführung des fluges durch das als "operating air carrier" bzw. als "transporteur aérien effectif" bezeichnete unternehmen mit den verben "to perform" bzw. "réaliser" umschreiben. 19die mit dieser auslegung einhergehende differenzierung zwischen den verschiedenen luftfahrtunternehmen, denen sich der fluggast bei einem flug gegenübersehen kann, ist nicht nur der legaldefinition des "ausführenden luftfahrtunternehmens" mit der dort beschriebenen möglichkeit zu entnehmen, dass der flugreisevertragspartner des fluggastes mit dem den flug tatsächlich durchführenden luftfahrtunternehmens nicht identisch und dann auch nicht als ein ausführendes luftfahrtunternehmen einzustufen ist. die unterscheidung findet sich darüber hinaus in weiteren bestimmungen der verordnung wieder. so sind nach der regelung in art. 3 abs. 5 satz 2 die leistungen, mit denen das ausführende luftfahrtunternehmen seine verpflichtungen aus der verordnung gegenüber einem fluggast erfüllt, mit dem es in keiner vertragsbeziehung steht, als für das vertraglich verpflichtete unternehmen erbracht anzusehen. nach art. 13 der verordnung kann das ausführende luftfahrtunternehmen, das ausgleichszahlungen an fluggäste leistet oder sonstige sich aus der verordnung ergebende pflichten erfüllt, den vertragspartnern der fluggäste gegenüber regress nehmen. 20b) dasselbe verständnis vom begriff des ausführenden luftfahrtunternehmens als des unternehmens, das die beförderung tatsächlich bewirkt, liegt auch den internationalen bestimmungen des montrealer übereinkommens vom 28. mai 1999 zur vereinheitlichung bestimmter vorschriften über die beförderung im internationalen luftverkehr (abl. eg nr. l 194 v. 18.07.2001, s. 39; bgbl. 2004 ii, 458) zugrunde. auf dessen vorgaben zu den verpflichtungen des ausführenden luftfahrtunternehmens bezieht sich die verordnung, deren bestimmungen jene des montrealer übereinkommens ergänzen (vgl. eugh, urt. v. 10.01.2006 - rs. c-344/04, slg. 2006, i-403 = njw 2006, 351 = rra 2006, 127 tz. 46 - iata und elfaa), in erwägungsgrund 14 ausdrücklich. in den regelungen, die das montrealer übereinkommen in kapitel v zur luftbeförderung durch einen anderen als den vertraglichen luftfrachtführer vorsieht, wird einleitend mit den legaldefinitionen in art. 39 ebenfalls unterschieden zwischen dem vertraglichen luftfrachtführer, der mit einem reisenden bzw. absender einen beförderungsvertrag geschlossen hat, und dem ausführenden luftfrachtführer, bei dem es sich um "eine andere person" handelt, die aufgrund einer vereinbarung mit dem vertraglichen luftfrachtführer berechtigt ist, die beförderung ganz oder teilweise auszuführen. aus dieser abgrenzung und wortwahl des montrealer übereinkommens ist in übereinstimmung mit der hierzu im schrifttum wohl einhellig vertretenen auffassung (vgl. pokrant in ebenroth/boujong/joost/strohn, hgb, 2. aufl., mü art. 39 rdn. 6 m.w.n.; münchkomm./tonner, bgb, 5. aufl., nach § 651 rdn. 15 m.w.n.; dettling-ott in giemulla/schmid, frankfurter kommentar zum luftverkehrsrecht, bd. 3, 30. aufl. 2007, art. 39 mü rdn. 7, 17 f.) für die auslegung des begriffs des ausführenden luftfrachtführers das erfordernis abzuleiten, dass dieser mit dem von ihm betriebenen flugzeug die beförderung tatsächlich durchführt. 21c) gestützt wird die auslegung des begriffs des "ausführenden luftfahrtunternehmens", für den allein entscheidend ist, dass es den flug tatsächlich durchführt, auch durch die weitere verordnung (eg) nr. 2111/2005 des europäischen parlaments und des rates vom 14. dezember 2005 über die erstellung einer gemeinschaftlichen liste der luftfahrtunternehmen, gegen die in der gemeinschaft eine betriebsuntersagung ergangen ist, sowie über die unterrichtung von fluggästen über die identität des ausführenden luftfahrtunternehmens und zur aufhebung des art. 9 der richtlinie 2004/36/eg (abl. eg l 344 v. 27.12.2005, s. 15; im folgenden: verordnung 2111/2005). die verordnung 2111/2005 verwendet ebenfalls den begriff des "ausführenden luftfahrtunternehmens" mit derselben legaldefinition in art. 2 buchst. e und grenzt ihn ab von dem "vertragspartner für die beförderung im luftverkehr", der in art. 2 buchst. c definiert wird als das luftfahrtunternehmen, das einen beförderungsvertrag mit einem fluggast schließt. in art. 11 der verordnung 2111/2005 wird der vertragspartner für die beförderung im luftverkehr dazu verpflichtet, die fluggäste bei der buchung über die identität des ausführenden luftfahrtunternehmens zu unterrichten. dass es sich dabei um das den flug tatsächlich durchführende unternehmen handelt, wird in den erwägungsgründen 11, 13 und 14 zu dieser vorschrift ausdrücklich erwähnt. mit der regelung des art. 11 der verordnung 2111/2005 hat der verordnungsgeber zudem gerade auf die praxis des code-sharing reagiert, wie erwägungsgrund 13 der verordnung 2111/2005 belegt. dort wird unter beispielhaftem bezug auf das code-sharing die branchenpraxis im linienflugverkehr dargestellt, dass das luftfahrtunternehmen, das einen flug unter seinem namen verkauft hat, "diesen nicht tatsächlich durchführt". hierzu wird in erwägungsgrund 13 der verordnung 2111/2005 weiter auf den missstand hingewiesen, dass der fluggast bisher keinen anspruch darauf hatte, über die identität des luftfahrtunternehmens, das ihn tatsächlich befördert, unterrichtet zu werden. die vorschrift des art. 11 der verordnung 2111/2005 ist nunmehr grundlage dafür, dass in ihrem geltungsbereich - d.h. bei verträgen über eine beförderung, die in der gemeinschaft begonnen hat (art. 10 abs. 1 der verordnung 2111/2005) - in den buchungsunterlagen das luftfahrtunternehmen anzugeben ist, das im rahmen eines code-sharing den flug auf dem betreffenden streckenabschnitt tatsächlich ausführt. hierdurch wird dem fluggast die wahrnehmung seiner rechte gegen dieses unternehmen ermöglicht. 22d) gegen das vom wortlaut der verordnung nahe gelegte begriffsverständnis lässt sich auch nicht das von der revision unter hinweis auf die erwägungsgründe 1 und 7 angeführte ziel der verordnung einwenden, ein hohes schutzniveau für fluggäste sicherzustellen. wie der bundesgerichtshof unter bezugnahme auf die vorgenannten erwägungsgründe und die begründung des rates zum gemeinsamen standpunkt (eg) nr. 27/2003 vom 18. märz 2003 bereits im hinblick auf die fehlende passivlegitimation eines reiseveranstalters für ansprüche auf ausgleichszahlungen nach art. 7 der verordnung ausgeführt hat (beschl. v. 11.03.2008 - x zr 49/07, rra 2008, 175, 176), liegt dem regelungskonzept der verordnung, dass sämtliche ausgleichs- und unterstützungsleistungen dem ausführenden luftfahrtunternehmen auferlegt werden, die annahme zugrunde, dass dieses aufgrund seiner präsenz auf den flughäfen in der regel am besten in der lage ist, die verpflichtungen zu erfüllen. 23diese erwägung des verordnungsgebers kommt ebenfalls bei der kooperationsform des code-sharing zum tragen. beim code-sharing teilen sich die an der vereinbarung beteiligten fluggesellschaften die kapazitäten des betreffenden jeweils unter eigener flugnummer geführten linienfluges in der weise, dass neben den fluggästen des den flug ausführenden unternehmens, das die alleinige verantwortung für die durchführung des fluges mit dem von ihm eingesetzten flugzeug behält, auch fluggäste des code-sharing-vertriebspartners eingebucht und befördert werden (vgl. zu erscheinungsform, zweck und voraussetzungen des code-sharing schwenk/giemulla, handbuch des luftverkehrsrechts, 3. aufl., s. 646 ff., 680 ff.; dettling-ott, aao rdn. 7, 20 f.). auch bei dieser kooperationsform des unter einer doppelflugnummer gemeinsam betriebenen flugliniendienstes kann nur eine der daran beteiligten fluggesellschaften das luftfahrzeug für den einzelnen flug zur verfügung stellen und ihn damit tatsächlich durchführen. bei einer fluggesellschaft, die für einen linienflug lediglich mit eigener flugnummer im rahmen des code-sharing plätze anbietet, die tatsächliche beförderung aber einer anderen fluggesellschaft überlässt, ist eine effektive erfüllung der von der verordnung vorgesehenen unterstützungsleistungen nicht in gleicher weise gewährleistet wie bei dem luftfahrtunternehmen, das den flug selbst ausführt und deshalb am flughafen präsent sein muss. auch die etwa aus den erwägungsgründen 12 und 13 der verordnung zu entnehmende lenkungsabsicht des verordnungsgebers, mit der statuierung eines pauschalierten ausgleichsanspruchs das in den erwägungsgründen 2 bis 4 angesprochene ärgernis der flugannullierungen zu verringern, greift nur gegenüber den luftfahrtunternehmen, die einen flug selbst in eigener verantwortung ausführen und damit auf die tatsächliche durchführung überhaupt unmittelbar einfluss haben. demzufolge lässt sich mit dem schutzzweck der verpflichtungen, die das ausführende luftfahrtunternehmen treffen, nicht die auffassung der revision begründen, dass jeder an einer code-sharing- vereinbarung beteiligter kooperationspartner als den flug durchführend anzusehen sei. 24für eine solche ausdehnung des adressatenkreises der verordnung spricht schließlich nicht der von der revision angeführte wortlaut des erwägungsgrundes 7 der verordnung, in dem es heißt: 25"damit diese verordnung wirksam angewandt wird, sollten die durch sie geschaffenen verpflichtungen dem ausführenden luftfahrtunternehmen obliegen, das einen flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt, und zwar unabhängig davon, ob der flug mit einem eigenen luftfahrzeug oder mit einem mit oder ohne besatzung gemieteten luftfahrzeug oder in sonstiger form durchgeführt wird." 26dieser erwägungsgrund erläutert zunächst im sinne der vorgenannten lenkungsabsicht die beschränkung des geltungsbereichs der verordnung auf die ausführenden luftfahrtunternehmen (art. 3 abs. 5 satz 1 der verordnung). mit dem zusatz zur form der durchführung des fluges wird lediglich klargestellt, dass es für die bestimmung des ausführenden luftfahrtunternehmens auf die eigentumsverhältnisse an dem für den flug eingesetzten flugzeug nicht ankommt und dass sich das ausführende unternehmen im wege der miete oder in sonstiger weise auch dritter bedienen kann. eine erweiterung des kreises der anspruchsgegner des fluggastes ist damit ersichtlich nicht verbunden. vielmehr bleibt es nach dem klaren wortlaut dieses erwägungsgrundes dabei, dass auch dann, wenn der flug mit hilfe eines mietverhältnisses oder in sonstiger weise durchgeführt wird, ausführendes luftfahrtunternehmen im sinne der verordnung immer nur ein unternehmen sein kann. 27e) auch die entstehungsgeschichte der verordnung bestätigt das auslegungsergebnis, dass beim code-sharing nur das den flug tatsächlich selbst ausführende unternehmen anspruchsgegner des fluggastes ist. nach dem ursprünglichen vorschlag der kommission vom 21. dezember 2001 (abl. eg nr. c 103 e v. 30.04.2002, s. 225) sollte mit art. 3 noch ausdrücklich geklärt werden, inwieweit die verordnung bei code-sharing gelten sollte. diese kooperationsform wurde in art. 2 buchs. g als der fall definiert, 28"dass ein fluggast mit einem luftfahrtunternehmen, dem 'vertriebsunternehmen', einen beförderungsvertrag nebst bestätigter buchung hat, aber von einem anderen luftfahrtunternehmen, dem 'betriebsunternehmen', befördert wird". 29nach dem kommissionsvorschlag zum anwendungsbereich sollte gemäß art. 3 abs. 3 satz 1 die verordnung für alle luftfahrt- oder reiseunternehmen gelten, mit denen ein fluggast einen vertrag hat. hierzu war in art. 3 abs. 3 satz 2 weiter geregelt, dass 30"das reiseunternehmen oder - bei code-sharing - das vertriebsunternehmen mit dem betriebsunternehmen die notwendigen vorkehrungen (trifft), um die durchführung der bestimmungen dieser verordnung zu gewährleisten". 31gegenüber dem kommissionsvorschlag einer ausschließlichen haftung der reisevertragspartner des fluggastes wurde im standpunkt des europäischen parlaments vom 24. oktober 2002 sodann der adressatenkreis der verordnung erweitert durch folgende neubestimmung des geltungsbereichs der verordnung in den sätzen 2 und 3 des art. 3 abs. 3: 32"die darin vorgesehenen verantwortlichkeiten und pflichten werden jedoch sowohl im fall von code-sharing als auch in dem fall, dass das reiseunternehmen logistisch nicht in der lage ist, die vorgesehenen pflichten zu erfüllen, auch auf das luftfahrtunternehmen ausgedehnt, das als betriebsunternehmen fungiert. das reiseunternehmen oder - bei code-sharing - das vertriebsunternehmen macht alle regressansprüche gegenüber dem betriebsunternehmen geltend, wenn die nichtbeförderung, annullierung oder verspätung des flugs in dessen zuständigkeit fällt." 33der verordnungsgeber hat diese ursprünglichen vorschläge einer haftung des vertriebsunternehmens beim code-sharing indes gerade nicht umgesetzt, sondern aus vereinfachungs- und effizienzgründen sämtliche ausgleichs- und unterstützungsleistungen allein dem betriebsunternehmen auferlegt, das in der endgültigen fassung der verordnung nunmehr als ausführendes luftfahrtunternehmen bezeichnet worden ist (vgl. begründung des rates zum gemeinsamen standpunkt (eg) nr. 27/2003 v. 18.03.2003, abl. c 125 e v. 27.05.2003, s. 63, 70). 34f) nach der sich am wortlaut, zweck und entstehungsgeschichte der verordnung orientierenden auslegung des begriffs des ausführenden luftfahrtunternehmens ist mithin in fällen des - auch hier vorliegenden - code-sharing eine differenzierung vorzunehmen zwischen dem luftfahrtunternehmen, das tatsächlich mit dem von ihm bereit gestellten flugzeug die durchführung des fluges übernimmt, und dem unternehmen, das im vertragsverhältnis zu dem fluggast steht und den flugdienst des anderen unternehmens mitbenutzt. nur jener code-sharing-partner ist ausführendes luftfahrtunternehmen im sinne der verordnung (so schon ag frankfurt a.m., urt. v. 15.06.2007 - 31 c 739/07, rra 2008, 48; schmid, njw 2007, 261, 267; ebenso für die qualifikation des den code-sharing-flug ausführenden luftfrachtführers nach art. 39 mü münchkomm./tonner, aao; dettling-ott, aao rdn. 20 ff.). der von der revision in diesem zusammenhang angebrachte hinweis auf eine genehmigungsbedürftigkeit von code-sharing-vereinbarungen führt nicht weiter, da die erlaubnisvoraussetzungen (vgl. schwenk/giemulla, aao; vg köln, beschl. v. 01.10.1993 - 4 l 1236/93, zlw 1994, 363) nicht die frage berühren, welcher der code-sharing-partner die flugstrecke im rahmen des gemeinsam betriebenen liniendienstes mit flugzeugen seiner eigenen flotte bedient und damit die luftbeförderung tatsächlich übernimmt.“ 35dem schließt sich das erkennende gericht vollumfänglich an, mit der folge, dass vorliegend von einer passivlegitimation der beklagten nicht ausgegangen werden kann. denn unstreitig ist der streitgegenständliche flug nicht von der beklagten, sondern von der t eigenverantwortlich durchgeführt worden. insoweit ist auch nicht von belang, dass vorliegend keine beförderung im sinne eines code-sharings erfolgt ist. denn maßgeblich ist nach dem vorstehenden allein, welche fluggesellschaft den flug eigenverantwortlich durchgeführt hat, während die internen vertraglichen vereinbarungen zwischen den fluggesellschaften gerade nicht relevant sind. der bgh führt insoweit eindeutig aus, dass für den begriff des ausführenden luftfahrtunternehmens allein maßgeblich ist, welches unternehmen mit dem von ihm bereit gestellten flugzeug und personal die beförderungsleistung tatsächlich erbringt, und nicht, mit welchem luftfahrtunternehmen der vertrag über die flugreise geschlossen worden ist. er statuiert dies „auch“ für den fall des code-sharings, nicht nur für den fall des code-sharings. denn auch dann, wenn kein code-sharing vorliegt, sondern der flug allein unter dem iata-code einer bestimmten fluggesellschaft, jedoch durch eine andere fluggesellschaft in eigener verantwortung durchgeführt wird, greift die argumentation des bgh, wonach letztere fluggesellschaft aufgrund ihrer „präsenz auf den flughäfen in der regel am besten in der lage ist, die verpflichtungen zu erfüllen“. dem fluggast bleibt in solchen fällen nach der rechtsprechung des bgh nichts anderes übrig, als die klage zurückzunehmen und eine neue klage gegen das ausführende flugunternehmen anzustrengen oder eine parteiänderung zu erklären, beides mit der kostenfolge aus § 269 abs. 3 s. 2 zpo (vgl. dazu ullenboom, nzv 2015, 319, 320). 36selbst wenn aber die ausführungen der kläger mit schriftsatz vom 02.02.2016, wonach die einwendung der beklagte, sie sei nicht ausführende fluggesellschaft, als bestreiten der flugdurchführung seitens der t verstanden werden sollten, ist dies unbeachtlich. denn die kläger haben trotz des hinweises des gerichts in der mündlichen verhandlung vom 19.01.2016 weder konkret dargelegt, noch hierzu beweis angetreten, dass der flug stattdessen tatsächlich von der beklagten durchgeführt wurde. 37soweit die kläger schließlich darauf verweisen, dass die beklagte außergerichtlich ihre passivlegitimation nicht gerügt hat, mag dies einen schadensersatzanspruch wegen informationspflichtverletzung begründen. insbesondere mag ein schadensersatzanspruch etwa wegen der verletzung der sich aus art. 11 eg-vo nr. 2111/2005 pflichten bestehen. derartige forderungen sind jedoch nicht streitgegenständlich. 38ii. 39die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 abs. 1, 708 nr. 11, 711 zpo. 40der streitwert wird auf 1.600,00 eur festgesetzt. 41rechtsbehelfsbelehrung: 42gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 431. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 442. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 45die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht düsseldorf, werdener straße 1, 40227 düsseldorf, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 46die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht düsseldorf zu begründen. 47die parteien müssen sich vor dem landgericht düsseldorf durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 48mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 49s | Verklagte*r | 0 |
330,925 | 1 K 664/18.A | 2020-08-03T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der am XX.XX.XXXX geborene Kläger ist somalischer Staatsbürger. Seinen Anfang August 2016 gestellten Asylantrag begründete der Kläger im Kern wie folgt: Er gehöre zum Clan der Gabooye, Subclan Coloodi, und stamme aus der Stadt Wajaale. Dort habe er als Hilfsarbeiter auf Baustellen gearbeitet. An seinem Wohnort hätten die großen Stämme die Minderheiten umgebracht. Mädchen aus seinem Clan seien vergewaltigt worden. Etwa vier Monate vor seiner Ausreise im November 2014 hätten die Männer, die andere Menschen umgebracht hätten, ihm ein Gewehr gegeben, damit auch er andere Menschen töte. Etwa zwei Monate vor seiner Ausreise sei er von einem Mann mit einem Messer verletzt worden. Im Falle seiner Rückkehr nach Somalia befürchte er, von Angehörigen der großen Stämmen umgebracht zu werden. Darüber hinaus gebe es in seiner Heimat noch viele andere Probleme, u.a. die Terroristen der al-Shabaab-Miliz. 3Mit Bescheid vom 8. Februar 2018 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen. Darüber hinaus drohte das Bundesamt dem Kläger die Abschiebung nach Somalia an und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. 4Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 13. Februar 2018 Klage erhoben, zu deren Begründung er auf sein Vorbingen gegenüber dem Bundesamt verwiesen hat. 5Der Kläger beantragt sinngemäß, 6die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 1 und 3 bis 6 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 8. Februar 2018 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen. 7Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 8die Klage abzuweisen, 9und bezieht sich zur Begründung auf ihre Ausführungen im angefochtenen Bescheid. 10Mit Beschluss vom 5. September 2019 hat die Kammer das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Dieser hat mit Beschluss vom 22. April 2020 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten des Klägers abgelehnt. 11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts-akte, den Verwaltungsvorgang des Bundesamts (eine Datei) und die Ausländerakte des Klägers (ein Hefter) Bezug genommen. 12Entscheidungsgründe: 13Das Gericht kann trotz des Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung treffen, da diese ordnungsgemäß geladen und mit der Ladung gemäß § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen wurde, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann. 14Die zulässige, insbesondere innerhalb der zweiwöchigen Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Halbsatz 1 AsylG) erhobene Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch ein Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus oder auf Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu. Die Abschiebungsandrohung und die vom Bundesamt verfügte Anordnung eines auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots sind ebenfalls nicht zu beanstanden. 15I. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft steht dem Kläger nicht zu. Es lässt sich nicht feststellen, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Somalia mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit 16- zur Anwendbarkeit dieses Maßstabs vgl. BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, BVerwGE 136, 377, Rn. 18 ff., und vom 1. März 2012 - 10 C 7.11 -, Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 43 (juris Rn. 12); OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2013 - 8 A 2632/06.A -, juris Rn. 255 ff. - 17Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG droht. Auf die Verhältnisse in Somalia ist abzustellen, weil das Gericht aufgrund der von ihm beim Bundesamt vorgelegten Bescheinigung der Botschaft der Bundesrepublik Somalia in Berlin vom 10. November 2017 davon überzeugt ist, dass er aus der im Nordwesten Somalias gelegenen Stadt Wajaale (auch: Tog Wajaale, vgl. https://en.wikipedia.org/wiki/ Tog_Wajaale) stammt und die somalische Staatsangehörigkeit besitzt. Davon geht ausweislich des angefochtenen Bescheids auch das Bundesamt aus. Dass Somaliland, auf dessen Gebiet Wajaale liegt, bereits 1991 seine Unabhängigkeit von Somalia erklärt hat, steht dem nicht entgegen. Somalia sieht die Bewohner Somalilands, dessen Unabhängigkeit bisher von keinem anderen Staat anerkannt wurde 18- vgl. Auswärtiges Amt (AA), Bericht über die asyl und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 4. März 2019, S. 5; Landinfo, The security situation in northwestern Somalia (Somaliland), 7. April 2020, S. 2; Commissariaat-Generaal voor de Vluchtlingen en Staatlozen (CGVS), Somalie - Veiligheidssituatie in Somaliland en Puntland, 30. Juni 2020, S. 11 -, 19weiterhin als somalische Staatsbürger an, wie die vom Kläger vorgelegte Bescheinigung zeigt. 20Ob der Kläger über seine Mutter, die seinen Angaben zufolge aus Äthiopien stammt, darüber hinaus auch die äthiopische Staatsangehörigkeit besitzt, bedarf keiner weiteren Klärung. Personen, die zwei oder mehr Staatsangehörigkeiten besitzen, steht kein Anspruch auf Gewährung internationalen Schutzes zu, wenn sie den Schutz eines der Länder ihrer Staatsangehörigkeit in Anspruch nehmen können. 21Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2005 - 1 B 142/04 -, juris Rn. 4, sowie Vorlagebeschluss an den Gerichtshof der Europäischen Union vom 18. Dezember 2019 - 1 C 2.19 -, juris Rn. 13; OVG NRW, Beschluss vom 29. Juni 2020 - 19 A 1420/19.A -, juris Rn. 185 ff. 22Daher wäre der Kläger auch dann, wenn er zusätzlich die äthiopische Staatsangehörigkeit besitzen sollte, darauf zu verweisen, in Somalia Schutz zu suchen. Dem steht - wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergibt - nichts entgegen. 23Beachtlich wahrscheinlich sind Verfolgungsmaßnahmen, wenn bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine qualifizierende Betrachtung im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung vorzunehmen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. 24Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, BVerwGE 146, 67, Rn. 32. 25Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (ABl. L 337, S. 9; sog. Qualifikationsrichtlinie, im Folgenden: RL 2011/95/EU) bestimmt ergänzend, dass die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde bzw. von solcher Verfolgung unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf ist, dass die Flucht des Klägers vor Verfolgung begründet ist; es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis durch eine Beweiserleichterung in Form einer widerlegbaren tatsächlichen Vermutung, indem sie in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beimisst. Dadurch werden vorverfolgte Asylbewerber von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden Umstände bei Rückkehr in ihr Herkunftsland erneut realisieren. Es gelten nicht die strengeren Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind. Die gemäß Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU begründete Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung. 26Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 ‑ 10 C 5.09 -, BVerwGE 136, 377, Rn. 18 ff. 27Nach diesem Maßstab erfüllt der Kläger die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht. Bezugsort für die erforderliche Gefahrenprognose ist der Ort, an den der Kläger im Falle seiner Rückkehr voraussichtlich zurückkehren würde. Dass ist in der Regel die Herkunftsregion 28- vgl. EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - C-465/07 (Elgafaji) -, NVwZ 2009, 705, Rn. 40; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, BVerwGE 146, 12, Rn. 13 f. (jeweils in Bezug auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus) -, 29im vorliegenden Fall also die Stadt Wajaale und die ehemalige somalische Provinz Woqooyi Galbeed, auf deren Gebiet diese Stadt liegt. Die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU kommt dem Kläger nicht zugute, weil er zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Somalia dort weder i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG verfolgt wurde noch unmittelbar von Verfolgung bedroht war. Anknüpfend daran ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Somalia dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erstmals Verfolgung ausgesetzt sein wird. 301. Die vom Kläger geschilderten Ereignisse vor seiner Ausreise aus Somalia begründen keine Vorverfolgung. Das Gericht vermag sich nicht davon zu überzeugen (§ 108 Abs. 1 VwGO), dass diese Vorkommnisse sich tatsächlich wie von ihm geschildert ereignet haben. Vielmehr ist das Gericht aus den nachstehend dargelegten Gründen davon überzeugt, dass sein diesbezügliches Vorbringen nicht glaubhaft ist. 31a) Das Vorbringen des Klägers ist schon deshalb nicht glaubhaft, weil der Kläger trotz mehrfacher Aufforderung durch das Gericht nicht in der Lage war, die angeblichen Geschehnisse, die der Kläger selbst erlebt haben will, detailliert und lebensnah zu schildern. Dies gilt insbesondere für den ihn selbst betreffenden Teil seines Kernvorbringens - einen angeblichen Angriff mit einem Messer auf ihn selbst. Die Angaben des Klägers blieben trotz mehrfacher Nachfragen des Gerichts vage und oberflächlich. Insbesondere bleibt unklar, wie es dem Kläger trotz einer Stichverletzung im Bereich des Rückens ohne fremde Hilfe gelungen sein soll, sechs Angreifern zu entkommen. Die Angaben des Klägers hierzu ("Als ich mit dem Messer gestochen wurde, habe ich mich an einem Angreifer festgehalten und bin irgendwie entwischt.") sind nicht nachvollziehbar. Außerdem konnte der Kläger noch nicht einmal eine vage Schätzung der Anzahl der Opfer der von ihm berichteten pogromartigen Übergriffe gegen Angehörige von Minderheiten abgeben. Dies wäre ihm - sollte er tatsächlich Zeuge solcher Übergriffe geworden sein - jedenfalls in Bezug auf die Anzahl der von ihm selbst gesehenen getöteten oder verletzten Personen möglich gewesen. 32b) Darüber hinaus weist das Vorbringen des Klägers zahlreiche Widersprüche auf. Anlässlich seiner Anhörung vor dem Bundesamt hat er u.a. angegeben: 33"Die Männer, die andere Menschen umgebracht haben, wollten mir auch ein Gewehr geben, damit ich andere Menschen töte. … Sie haben mich festgehalten und sie haben mich auch geschlagen. Sie haben mir auch gedroht. Sie haben zu mir gesagt, ich solle die Waffe nehmen und auch Menschen umbringen." 34In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger derartige Vorgänge nicht erwähnt. Die Nachfrage, ob er aufgefordert worden sei, andere Leute umzubringen, hat der Kläger verneint. Auf Vorhalt seines Vorbringens vor dem Bundesamt antwortete der Kläger: 35"Ich war damals gestresst." 36Auf Nachfrage, warum man, wenn man gestresst sei, etwas erzähle, das nicht stimme, entgegnete der Kläger: 37"Mein Gehirn war damals nicht normal." 38Dies ist schon deshalb nicht glaubhaft, weil der Kläger am Anfang seiner Befragung durch einen Mitarbeiter des Bundesamts angegeben hatte, dass er gesundheitlich in der Lage sei, seine Asylgründe vorzutragen. 39Ebenfalls widersprüchlich sind die Angaben des Klägers zu dem Sub-Clan, dem er angehören will und zu seiner beruflichen Tätigkeit vor seiner Ausreise aus Somalia. Während der Kläger anlässlich seiner Anhörung vor dem Bundesamt angegeben hat, dem Sub-Clan der Coloodi anzugehören, hat er in der mündlichen Verhandlung als Sub-Clan Muse Dherib angegeben. Auf Vorhalt dieses Widerspruchs hat er eine fehlerhafte Übersetzung durch den Dolmetscher geltend gemacht. Dies ist angesichts dessen, dass "Coloodi" und "Muse Dherib" lautlich weit auseinander liegen und die Anhörung dem Kläger ausweislich des Kontrollbogens zur Anhörung vom 8. September 2017 rückübersetzt wurde, nicht nachvollziehbar. Bezüglich seiner beruflichen Tätigkeit hat der Kläger anlässlich seiner Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, er habe auf Baustellen beim Häuserbau geholfen. Dagegen hat er in der mündlichen Verhandlung angegeben, er habe als Lastenträger in Säcken verpackte Lebensmittel von einem LKW abgeladen und in ein Lager gebracht. Auf Nachfrage, ob er auch auf Baustellen gearbeitet hat, hat der Kläger entgegnet: 40"Nein, das habe ich nie gemacht." 41Auf Vorhalt seiner dem widersprechenden Angaben vor dem Bundesamt hat der Kläger geantwortet: 42"Ja, das habe ich gesagt. Manchmal hab ich auch auf dem Bau gearbeitet. 43Auf Nachfrage, warum er soeben verneint habe, auf dem Bau gearbeitet zu haben, sagte der Kläger: 44"Das habe ich vergessen." 45Diese Einlassung ist wie das gesamte übrige Vorbringen des Klägers nicht überzeugend. 46Schließlich hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung behauptet, die Übergriffe gegen Minderheiten seien von Angehörigen des Clans der Hawiye begangen worden. Nachdem er vom Gericht darauf hingewiesen wurde, dass dieser Clan in Süd- und Zentralsomalia, insbesondere in Mogadischu und (der weiteren) Umgebung siedelt, nicht aber im Westen von Somaliland 47- vgl. Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (ACCORD), Clans in Somalia, Dezember 2009, Karte 2. - 48meinte der Kläger, die Verfolger stammten vom Clan der Ogaden. Auf die Frage, warum er zunächst "Hawiye" angegeben habe entgegnete er: 49"Das habe ich vergessen." 50Dies ist ebenfalls nicht überzeugend. 51Aufgrund einer Gesamtschau der vorstehend dargelegten Umstände gelangt das Gericht zu der Überzeugung, dass der Kläger nicht über tatsächliche Erlebnisse berichtet hat, sondern er sich eine "Geschichte" ausgedacht hat, um seinen Verbleib in Deutschland zu ermöglichen. 522. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Somalia an seinem letzten Wohnort in Wajaale und der ehemaligen somalischen Provinz Woqooyi Galbeed aus anderen Gründen Verfolgungshandlungen i.S.d. § 3a AsylG ausgesetzt war oder dass er im Falle seiner Rückkehr dorthin solchen Handlungen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erstmals ausgesetzt sein wird, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. 53a) Aufgrund seiner (angeblichen) Zugehörigkeit zu der ständischen Berufskaste der Gabooye 54- vgl. Österreichischer Integrationsfond (ÖIF), Die Parias Somalias: Ständische Berufskasten als Basis sozialer Diskriminierung, Dezember 2010, S. 21; Staatssekretariat für Migration der Schweiz (SEM), Focus Somalia: Clans und Minderheiten, 31. Mai 2017, S. 16 f.; United Kingdom Home Office (UKHO), South and Central Somalia: Majority clans and minority groups, Januar 2019, S. 16 und 25 -, 55droht ihm in Wajaale und der ehemaligen somalischen Provinz Woqooyi Galbeed keine Verfolgung. Die in Somalia einschließlich Somaliland weiterhin vorkommende soziale und wirtschaftliche Diskriminierung der Angehörigen dieser Gruppe 56- vgl. ÖIF, Die Parias Somalias: Ständische Berufskasten als Basis sozialer Diskriminierung, Dezember 2010, S. 31 ff.; SEM, Focus Somalia: Clans und Minderheiten, 31. Mai 2017, S. 38 ff.; UKHO, South an Central Somalia: Majority clans and minority groups, Januar 2019, S. 17 ff. und 25 f. - 57erreicht grundsätzlich nicht die gemäß § 3a Abs. 1 und 2 AsylG erforderliche Intensität. Für die vom Kläger angegebenen pogromartigen Übergriffen auf Angehörige von Minderheiten, die sich seinen Angaben zufolge 2014 in Wajaale ereignet haben sollen und bei denen nach Angaben des Klägers viele Angehörige von Minderheiten getötet oder vergewaltigt worden sein sollen, lassen sich in dem den Gericht vorliegenden Unterlagen keine Anhaltspunkte finden. Dies gilt sowohl für 2014 als auch für spätere Jahre. Wajaale liegt - wie bereits erwähnt - in der ehemaligen somalischen Region Woqooyi Galbeed, die in etwa die heutigen zu Somaliland gehörenden Regionen Gabiley, Gaaroodi, Hawd und Saaxil sowie die Stadt Hargeisa umfasst. In dieser ehemaligen somalischen Region leben einer Erhebung des United Nations Population Fund (UNFPA) zufolge etwas über 1.200.000 Menschen. 58Vgl. UNFPA, Population Estimation Survey 2014 for the 18 Pre-War Regions of Somalia, Oktober 2014, S. 25 und 111. 592014 haben sich nach den Daten des Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) in der gesamten ehemaligen somalischen Provinz Woqooyi Galbeed 48 sicherheitsrelevante Vorfälle mit insgesamt "nur" sieben Toten ereignet. Diese Vorfälle sollen sich zudem auf sechs verschiedene Orte verteilt haben. 60Vgl. ACCORD, Somalia, Jahr 2014: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 3. November 2015. 61Zwar weist das Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation in seinen Kurzübersichten darauf hin, dass es aufgrund der Erhebungsmethode (Auswertung öffentlich zugänglicher Sekundärquellen) zu einer Nichterfassung von Vorfällen und insbesondere von Opfern kommen kann. Jedoch wären pogromartige Übergriffe in der vom Kläger behaupteten Größenordnung nicht übersehen worden. Hinweise auf derartige Übergriffe auf Minderheiten in Wajaale und Umgebung ergeben sich aber auch nicht aus anderen Quellen. 62b) Soweit sich der Kläger darüber hinaus auf eine Bedrohung durch Angehörige der al-Shabaab-Miliz bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass al-Shabaab jedenfalls im Westen von Somaliland nicht aktiv ist. 63Vgl. z.B. EASO, Security Situation in Puntland and Somaliland (January - 25 November 2019), 12. Dezember 2019, S. 5 (Karte) und 6. 64II. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht (§ 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Als ernsthafter Schaden gelten gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). §§ 3c bis 3e AsylG gelten entsprechend (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG), wobei an die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung bzw. der begründeten Furcht vor Verfolgung die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens und an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft der subsidiäre Schutz treten (§ 4 Abs. 3 Satz 2 AsylG). 65Ein ernsthafter Schaden droht dem Kläger in Somalia nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. 66Zur Anwendbarkeit dieses Maßstabs auf die Gewährung subsidiären Schutzes vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010- 10 C 5.09 -, BVerwGE 136, 377, Rn. 18 ff. zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.; OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010- 8 A 4063/06.A -, juris Rn. 35 ff zu § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2AufenthG a.F. 67Dabei kann das Gericht offen lassen, ob er zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Somalia unmittelbar von einem ernsthaften Schaden bedroht war. Die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU kommt ihm auch dann nicht zugute, wenn dies zu bejahen wäre. Zwar gilt diese Beweiserleichterung, wie sich aus ihrer Stellung in Kapitel II dieser Richtlinie ("Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz") ergibt, auch für die Prüfung der Gewährung subsidiären Schutzes. Jedoch ist die durch Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU begründete widerlegliche Vermutung hier wiederlegt, weil im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass er (erneut) von einem solchen Schaden bedroht wird. 681. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Wajaale und die ehemalige somalische Provinz Woqooyi Galbeed infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts einer ernsthaften individuellen Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt sein wird. Diese Norm entspricht trotz geringfügig abweichender Formulierung den Vorgaben des Art. 15 lit. c) RL 2011/95/EU und ist in deren Sinne auszulegen. 69Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 -, AuAS 2012, 64 (juris Rn. 14) zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F. und Art. 15 RL 2004/83/EG, sowie vom 20. Mai 2020 - 1 C 11.19 -, juris Rn. 16. 70a) Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt liegt vor, wenn die regulären Streitkräfte eines Staats auf eine oder mehrere bewaffnete Gruppen treffen oder wenn zwei oder mehrere bewaffnete Gruppen aufeinandertreffen. Nicht erforderlich ist, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt im Sinne des humanitären Völkerrechts als bewaffneter Konflikt, der keinen internationalen Charakter aufweist, einzustufen ist. Auf einen bestimmten Organisationsgrad der beteiligten bewaffneten Kräfte kommt es ebenso wenig an wie auf eine bestimmte Dauer des Konflikts. Eine besondere Intensität des Konflikts ist ebenfalls nicht Voraussetzung. Letztere ist nur bei der Frage zu berücksichtigen, ob der Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass er zu einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit von Zivilpersonen führt. 71Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Januar 2014 - C-285/12 (Diakité) -, NVwZ 2014, 573, Rn. 20 ff. zu Art. 15 RL 2004/83/EG; a.A. (Orientierung am humanitären Völkerrecht) noch BVerwG, Urteile vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -, BVerwGE 131, 198, Rn. 19 ff., sowie vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, BVerwGE 136, 360, Rn. 22 f., jeweils zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F. 72b) Eine ernsthafte individuelle Bedrohung für Leib oder Leben i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG liegt nicht schon dann vor, wenn ein bewaffneter Konflikt zu einer perma-nenten Gefährdung der Bevölkerung und schweren Menschenrechtsverletzungen führt. 73Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 - 10 C 6.13 -,InfAuslR 2014, 233 (juris Rn. 24). 74Erforderlich ist vielmehr, dass sich die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgehende - und damit allgemeine - Gefahr in der Person des Klägers zu einer individuellen Gefahr verdichtet. 75BVerwG, Urteile vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -, BVerwGE 131, 198, Rn. 34, und vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 -, AuAS 2012, 64 (juris Rn. 17), jeweils zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F., sowie vom 20. Mai 2020 - 1 C 11.19 -, juris Rn. 19. 76Eine solche Verdichtung zu einer ernsthaften individuellen Bedrohung für Leib oder Leben kann insbesondere auf gefahrerhöhenden persönlichen Umständen beruhen. Dies sind solche Umstände, die bestimmte Personen von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen als andere Personen, etwa weil sie von Berufs wegen gezwungen sind, sich nahe an möglichen Gefahrenquellen aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer eine Person zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen ihres Berufs, ihrer religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht schon eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt. 77Vgl. EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - C-465/07 (Elgafaji) -, NVwZ 2009, 705, Rn. 39 zu Art. 15 RL 2004/83/EG; BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, BVerwGE 136, 360, Rn. 33, und vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 -, AuAS 2012, 64 (juris Rn. 18), jeweils zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F., sowie vom 20. Mai 2020 - 1 C 11.19 -, juris Rn. 20. 78Eine Individualisierung der durch einen bewaffneten Konflikt hervorgerufenen allgemeinen Gefahr kann im Ausnahmefall auch dann anzunehmen sein, wenn gefahrerhöhende persönliche Umstände fehlen. Davon ist aber nur dann auszugehen, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei ihrer Rückkehr in das betreffende Land oder die betroffene (Herkunfts-) Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein. Dementsprechend hängt das für eine Bejahung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG erforderliche Niveau willkürlicher Gewalt davon ab, ob gefahrerhöhende persönliche Umstände vorliegen oder nicht: Liegen keine solchen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich; liegen solche Umstände vor, kann auch ein geringeres Niveau willkürlicher Gewalt genügen. 79Vgl. EuGH, Urteile vom 17. Februar 2009 - C-465/07 (Elga-faji) -, NVwZ 2009, 705, Rn. 35 und 39, und vom 30. Januar 2014 - C-285/12 (Diakité) -, NVwZ 2014, 573, Rn. 30 f., jeweils zu Art. 15 RL 2004/83/EG; BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, BVerwGE 136, 360, Rn. 32 f., und vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 -, AuAS 2012, 64 (juris Rn. 19), jeweils zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F., sowie vom 20. Mai 2020 - 1 C 11.19 -, juris Rn. 21. 80c) Unabhängig davon, ob die individuelle Bedrohungssituation auf gefahrerhöhenden persönlichen Umständen beruht oder ausnahmsweise auf die allgemeine Lage im Herkunftsland zurückgeht, sind Feststellungen über das Niveau willkürlicher Gewalt in dem jeweiligen Gebiet zu treffen. Dazu ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, notwendig. Dabei sind nicht nur solche Gewaltakte zu berücksichtigen, die die Regeln des humanitären Völkerrechts verletzen, sondern auch andere Gewaltakte, die nicht zielgerichtet gegen bestimmte Personen oder Personengruppen, sondern wahllos ausgeübt werden und sich auf Zivilpersonen ungeachtet ihrer persönlichen Situation erstrecken. Auf der Grundlage dieser Ermittlungen ist eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung vorzunehmen. 81Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, BVerwGE 136, 360, Rn. 33 f., und vom 13. Februar 2014 - 10 C 6.13 -, InfAuslR 2014, 233 (juris Rn. 24), jeweils zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.; Beschluss vom 8. März 2018 - 1 B 7.18 - juris Rn. 3, und Urteil vom 20. Mai 2020 - 1 C 11.19 -, juris Rn. 21; OVG NRW, Beschluss vom 10. Januar 2019 - 9 A 4590/18.A -, juris Rn. 3 f. 82Zu dieser wertenden Betrachtung gehört insbesondere auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlichen Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann. 83Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 -, AuAS 2012, 64 (juris Rn. 23), jeweils zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F. 84d) Bei Anlegung des vorstehend dargelegten Maßstabs liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG für Wajaale und die ehemalige somalische Region Woqooyi Galbeed im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vor. Es kann offen bleiben, ob dort ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG vorliegt. Sollte dies zu bejahen sein, geht von dem Wajaale und die ehemalige somalische Provinz Woqooyi Galbeed kennzeichnenden Grad willkürlicher Gewalt im Falle der Rückkehr des Klägers dorthin jedenfalls keine ernsthafte individuelle Bedrohung für ihn aus, weil die hierfür erforderliche Gefahrendichte bei Weitem nicht gegeben ist. Die allgemeine Situation in Somaliland [aa)] sowie die Sicherheitslage in Wajaale und der ehemaligen somalischen Region Woqooyi Galbeed [bb)] stellen sich wie folgt dar. Aufgrund dieser Erkenntnisse gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass dem Kläger dort aufgrund der dortigen Verhältnisse keine ernsthafte individuelle Bedrohung droht [cc)]. 85aa) Seit Beginn des Bürgerkriegs im Jahre 1988 und dem Sturz des Präsidenten Siad Barre im Jahre 1991 ist Somalia ohne einheitliche Staatsgewalt. Das Land zerfällt faktisch in drei Teile, nämlich die seit 1991 Unabhängigkeit beanspruchende Republik Somaliland im Nordwesten, die autonome Region Puntland im Nordosten und Süd- und Zentralsomalia. Im faktisch autonomen Somaliland, dessen Grenzen sich an den Grenzen des ehemaligen Protektorats Britisch-Somaliland orientieren und dessen Unabhängigkeit bis heute von keinem anderen Staat anerkannt ist, leben schätzungsweise 3,5 Millionen Personen, die zu etwa zwei Dritteln dem Clan der Isaaq angehören, größere Minderheiten gehören dem Clan der Dir (Sub-Clans Issa und Gadabursi) und dem Clan der Daarod (Subclans Dhulbahante und Warsangeli) an. In Somaliland haben sich zwischenzeitlich vergleichsweise stabile staatliche Strukturen etabliert. Allerdings sind die staatlichen Strukturen auch in Somalialand so schwach, dass wesentliche Staatsfunktionen nicht ausgeübt werden können. Jedoch ist die Sicherheitslage stabil und übt die Regierung eine effektive Kontrolle über das Staatsgebiet aus. Letzteres gilt allerdings nicht für die östlichen Distrikte der Regionen Sanaag und Sool sowie den im Südosten der Region Togdheer gelegenen Distrikt Buuhoodle. Diese Gebiete werden sowohl von Somaliland als auch von der sich zur Bundesrepublik Somalia bekennenden autonomen Region Puntland beansprucht; gelegentlich kommt es dort auch zu Gefechten zwischen den Armeen Somalilands und Puntlands, in die auch Clanmilizen verwickelt sind. Die Al-Shabaab-Miliz hat in Somaliland eine schwache Stellung. Sie soll dort zwar über Informanten und auch einige Kämpfer verfügen, kontrolliert in Somaliland aber keine Gebiete und hat dort seit 2008 keine Anschläge mehr verübt. 86Vgl. AA, Bericht über die asyl und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 4. März 2019, S. 5; Ministerie van Buitenlandse Zaken des Königreichs der Niederlande, (MBZ), Algemeen Ambtsbericht Somalie, März 2020, S. 31 f.; Landinfo, The security situation in northwestern Somalia (Somaliland), 7. April 2020, S. 2 ff.; CGVS, Somalie - Veiligheidssituatie in Somaliland en Puntland, 30. Juni 2020, S. 11 f., 15 f., 18 und 22. 87bb) Wajaale und die ehemalige somalische Region Woqooyi Galbeed liegen über 300 km (Luftlinie) westlich der umstrittenen Gebiete und sind von den dortigen Gefechten nicht betroffen. 2014 waren in der ehemaligen somalischen Provinz Woqooyi Galbeed - wie bereits dargelegt - insgesamt 48 sicherheitsrelevante Vorfälle mit sieben Toten zu verzeichnen, 2015 insgesamt 43 Vorfälle mit 15 Toten 88- vgl. ACCORD, Somalia, Jahr 2015: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 4. Februar 2016 -, 892016 insgesamt 46 Vorfälle mit zwei Toten 90- vgl. ACCORD, Somalia, Jahr 2016: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 9. Februar 2017 -, 912017 insgesamt 58 Vorfälle mit neun Toten 92- vgl. ACCORD, Somalia, Jahr 2017: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 18. Juni 2018 -, 932018 insgesamt 47 Vorfälle mit zwei Toten 94- vgl. ACCORD), Somalia, Jahr 2018: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 22. Juni 2020 -, 952019 insgesamt 29 Vorfälle mit neun Toten 96- vgl. ACCORD, Somalia, Jahr 2019: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 22. Juni 2020 - 97und im 1. Quartal 2020 insgesamt 5 Vorfälle ohne Tote. 98Vgl. ACCORD, Somalia, 1. Quartal 2020: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 23. Juni 2020. 99cc) Der Wajaale und die ehemalige somalische Provinz Woqooyi Galbeed kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt erreicht bei weitem kein so hohes Niveau, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei ihrer Rückkehr dorthin allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet tatsächlich Gefahr liefe, getötet oder verletzt zu werden. 100Zwar lässt sich die Zahl der Zivilpersonen, die in Wajaale und der ehemaligen somalischen Provinz Woqooyi Galbeed Opfer willkürlicher Gewalt werden, mangels belastbarer Erhebungen nicht verlässlich einschätzen. Wie bereits unter I. 2. dargelegt, weist das Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation in seinen Kurzübersichten über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project darauf hin, dass es aufgrund der Erhebungsmethode (Auswertung öffentlich zugänglicher Sekundärquellen) zu einer Nichterfassung von Vorfällen und insbesondere von Opfern kommen kann. Hinzu kommt, dass diese Kurzübersichten nur Todesopfer, nicht aber auch Verletzte erfassen. Andererseits unterscheiden die auf den ACLED-Erhebungen basierenden Kurzübersichten auch nicht zwischen zivilen und militärischen Todesopfern. 101Vgl. ACLED, Frequently Asked Questions, http://www.acledda ta.com/frequently-asked-questions/ (abgerufen am 7. September 2016). 102Letzteres ist im Rahmen der Prüfung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG aber geboten, weil diese Vorschrift nur auf Gefahren für die Zivilbevölkerung abstellt. 103Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -, BVerwGE 131, 198, Rn. 35. 104Jedoch sind die vorhandenen Daten trotz dieser Mängel nicht vollständig unverwertbar. Vielmehr können die aus ihnen gezogenen Schlüsse als Anhaltspunkte in die vorzunehmende Gesamtbewertung eingestellt werden. 105Vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 5. Dezember 2017 - 4 LB 50/16 -, juris Rn. 45; Hessischer VGH; Urteil vom 1. August 2019 - 4 A 2334/18.A -, juris Rn. 41 ff.; UKUT, Urteil vom 10. September 2014 - MOJ & Ors (Return to Mogadishu) Somalia CG [2014] UKUT 00442 (IAC) -, Rn. 379; Landinfo, Somalia: Violence, fatalities, perpetrators and victims in Mogadishu, 27. Februar 2017, S. 2; a.A. wohl VG Darmstadt, Urteil vom 18. Mai 2016 - 3 K 977/14.DA.A. -, juris Rn. 37, unklar OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. Dezember 2015 - 10 A 10689/15 -, Asylmagazin 2016, 29 (juris Rn. 43 ff.); Bayrischer VGH, Urteil vom 17. März 2016 - 20 B 13.30233 -, juris Rn. 26 f. 106Ausgehend von den vorstehend unter bb) dargelegten Daten und ausgehend davon, dass die ehemalige somalische Region Woqooyi Galbeed über eine Bevölkerung von etwas über 1.200.000 Menschen verfügt (s.o. I. 2.), ergibt sich für diese Region für 2014 ein Tötungsrisiko von etwa 1:170.000, für 2015 von etwa 1:80.000, für 2016 von etwa 1:600.000, für 2017 von etwa 1:130.000, für 2018 von etwa 1:600.000, für 2019 von etwa 1:130.000 und für das erste Quartal 2020 von 0; diese Werte liegen sämtlich weit unter 1 ‰. Selbst unter der Annahme, dass auf einen registrierten Toten zehn weitere Tote oder Verletzte kommen 107- vgl. VG Minden, z.B. Urteile vom 7. Juli 2017 - 10 K 1871/14.A -, juris Rn. 108 ff., sowie vom 29. April 2019 - 10 K 1680/18.A -, Abdruck S. 19.-, 108ergäbe sich für 2014 ein Tötungs- und Verletzungsrisiko von etwa 1.:15.000, für 2015 von etwa 1:7.000, für 2016 von etwa 1:54.000, für 2017 von etwa 1:12.000, für 2018 von etwa 1:54.000 für 2019 von etwa 1:12.000 und für das erste Quartal 2020 von Null, diese Werte liegen ebenfalls sämtlich weit unter 1 ‰. 109Auch unter Berücksichtigung der in Somalia einschließlich Somaliland desolaten Krankenversorgung 110- vgl. BFA, Länderinformationsblatt Somalia, 12. Januar 2018, S. 132 f.; AA, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 4. März 2019, S. 21 - 111ist aufgrund der vorstehend dargelegten Daten offensichtlich, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Wajaale und die ehemalige somalische Region Woqooyi Galbeed aufgrund des dort herrschenden Grades willkürlicher Gewalt dort keiner ernsthaften individuellen Bedrohung i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt sein wird, zumal nicht ersichtlich ist, dass für den Kläger gefahrerhöhende Umstände vorliegen. Die Zugehörigkeit zu einem Minderheitenclan stellt in Wajaale und der ehemaligen somalischen Region Woqooyi Galbeed - wie aus den bisherigen Ausführungen folgt - keinen solchen Umstand dar. 112Vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 26. April 2018 - 20 B 18.30332 -, juris Rn.46 für einen aus Somaliland stammenden Angehörigen des Minderheitenclans der Sheikhaal. 1132. Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) drohen dem Kläger zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in Wajaale und der ehemaligen somalischen Region Woqooyi Galbeed ebenfalls nicht. 114a) Die Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685; im Folgenden: EMRK) zu orientieren. 115Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, BVerwGE 146, 12, Rn. 22 zu § 60 Abs. 2 AufenthG a.F. mit ausführlicher Begründung. 116Diese Norm bestimmt, dass niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden darf. Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte schließt Art. 3 EMRK die Abschiebung einer Person in einen Staat aus, in dem ihr zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ("real risk") eine solche Behandlung droht. 117Vgl. EGMR, Urteile vom 7. Juli 1989 - 14038/88 (Soering/Vereinigtes Königreich) -, NJW 1990, 2183, Rn. 91, vom 28. Februar 2008 - 37201/06 (Saadi/Italien) -, NVwZ 2008, 1330, Rn. 125 und 133, und vom 28. Juni 2011 - 8319/07 u.a. (Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich) -, NVwZ 2012, 681, Rn. 212 und 215. 118Bei der Prüfung, ob dies der Fall ist, stellt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auf den Zielort der Abschiebung ("point of return") ab und fragt ergänzend, ob eine interne Fluchtalternative ("internal flight alternative") besteht. 119Vgl. EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 - 8319/07 u.a. (Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich) -, NVwZ 2012, 681, Rn. 212, 265, 301 ff. und 309 ff.; s.a. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013- 10 C 15.12 -, BVerwGE 146, 12, Rn. 26. 120Damit eine Misshandlung von Art. 3 EMRK erfasst wird, muss sie ein Mindestmaß an Schwere erreichen. Ob dieses Mindestmaß erreicht ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Dauer der Behandlung und ihren physischen und psychischen Auswirkungen sowie in einigen Fällen auch vom Geschlecht, dem Alter und dem Gesundheitszustand der betroffenen Person. Um zu entscheiden, ob eine Verletzung des Art. 3 EMRK droht, ist zu untersuchen, welche Konsequenzen eine Abschiebung der betroffenen Person in den betreffenden Staat voraussichtlich haben wird. Dabei sind sowohl die dortige allgemeine Lage als auch die persönlichen Umstände der betroffenen Person zu beachten. 121Vgl. EGMR, Urteile vom 28. Februar 2008 - 37201/06 (Saadi/ Italien) -, NVwZ 2008, 1330, Rn. 130 und 134, und vom 28. Juni 2011 - 8319/07 u.a. (Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich) -, NVwZ 2012, 681, Rn. 213 und 216. 122Geht die Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK von Personen aus, die nicht im Dienst des Staates stehen, kommt es darauf an, ob die Behörden dieses Staates in der Lage sind, dieser Gefahr durch angemessene Schutzmaßnahmen vorzubeugen. 123Vgl. EGMR, Urteile vom 17. Juli 2008 - 25904/07 (N.A./Verei-nigtes Königreich) -, Hudoc Rn. 110, und vom 28. Juni 2011- 8319/07 u.a. (Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich) -, NVwZ 2012, 681, Rn. 213. 124Unbeachtlich ist, ob die Gefahr von einer Situation allgemeiner Gewalt, einem persönlichen Merkmal der betroffenen Person oder einer Kombination von beidem ausgeht. Allerdings begründet nicht jede Situation allgemeiner Gewalt die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK. Vielmehr ist eine solche Situation nur in extremen Ausnahmefällen intensiv genug, um eine solche Gefahr zu begründen, wenn nämlich eine beachtliche Wahrscheinlichkeit ("real risk") von Misshandlungen einfach aufgrund dessen besteht, dass eine Person einer solchen Gewalt bei Rückkehr ausgesetzt wäre. 125Vgl. EGMR, Urteile vom 28. Juni 2011 - 8319/07 u.a. (Sufi und Elmi/Vereingtes Königreich) -, NVwZ 2012, 681, Rn. 218, und vom 10. September 2015 - 4601/14 (R.H./Schweden) -, Hudoc Rn. 60. 126Entscheidend ist, ob das Gewaltniveau eine Intensität erreicht, dass jedem, der sich in dem betroffenen Gebiet aufhält mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 3 EMRK droht. 127Vgl. EGMR, Urteile vom 5. September 2013 - 886/11 (K.A.B./ Schweden) -, Hudoc Rn. 86, und vom 10. September 2015- 4601/14 (R.H./Schweden) -, Hudoc Rn. 65. 128Eine Verletzung des Art. 3 EMRK kann auch durch die Abschiebung in einen Staat begründet sein, in dem schlechte humanitäre Verhältnisse herrschen. Dies ist grundsätzlich nur in ganz außergewöhnlichen Fällen möglich, wenn die humanitären Gründe gegen eine Abschiebung zwingend ("compelling") sind. Etwas anderes gilt aber jedenfalls dann, wenn die schlechte humanitäre Lage überwiegend auf direkte oder indirekte Aktionen von Konfliktparteien zurückzuführen ist. In einem solchen Fall ist die Fähigkeit der betroffenen Person zu berücksichtigen, für ihre Grundbedürfnisse- Nahrung, Hygiene, Unterkunft - zu sorgen, sowie ihre Anfälligkeit für Misshandlungen und ihre Aussicht, dass sich ihre Lage in angemessener Zeit bessert. 129Vgl. EGMR, Urteile vom 27. Mai 2008 - 26565/05 (N./Ver-einigtes Königreich) -, NVwZ 2008, 1334, Rn. 42 ff., und vom 28. Juni 2011- 8319/07 u.a. (Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich) -, NVwZ 2012, 681, Rn. 278 ff.; s.a. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, BVerwGE 146, 12, Rn. 25. 130b) Eine drohende Verletzung des Art. 3 EMRK gewährt noch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Vielmehr muss eine den subsidiären Schutz begründende Gefahr eines ernsthaften Schadens in Form einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung gemäß § 4 Abs. 3 AsylG stets von einem Akteur i.S.d. § 3c AsylG ausgehen. Daraus folgt, dass es auch für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus wegen schlechter humanitärer Verhältnisse der direkten oder indirekten Aktion eines Akteurs bedarf, die die unmenschliche Lebenssituation im Sinne einer Zurechenbarkeit, die jenseits nicht intendierter Nebenfolgen ein auf die bewirkten Effekte gerichtetes Handeln oder gar Absicht erfordert, herbeigeführt hat. 131Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2020 - 1 C 11.19 -, juris Rn. 12 f. mit ausführlicher Begründung. 132c) Bei Anlegung des vorstehend dargelegten Maßstabs liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vor. Dies gilt sowohl mit Blick auf die dem Kläger nach seinen Angaben drohende Behandlung durch Angehörige von großen Clans [aa)] als auch mit Blick auf die Sicherheitssituation in Wajaale und der ehemaligen somalischen Region Woqooyi Galbeed [bb)] und die dortige humanitäre Lage [cc)]. 133aa) Von Angehörigen der Mehrheitsclans hat der Kläger in Wajaale und der ehemaligen somalischen Region Woqooyi Galbeed keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erwarten. Sein diesbezügliches Vorbringen ist nicht glaubhaft. Auf die Ausführungen unter I. wird verwiesen. 134bb) Allein aufgrund der Sicherheitssituation in Wajaale und der ehemaligen somalischen Region Woqooyi Galbeed besteht keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK. Die derzeitige Sicherheitssituation dort erreicht nicht den hierfür erforderlichen Intensitätsgrad. 135Vgl. EGMR, Urteile vom 5. September 2013 - 886/11 (K.A.B./ Schweden) -, Hudoc Rn. 97, und vom 10. September 2015- 4601/14 (R.H./Schweden) -, Hudoc Rn. 68. 136Auf die obigen Ausführungen zu 1. d) wird verwiesen. 137cc) Die humanitäre Lage in Wajaale und der ehemaligen somalischen Region Woqooyi Galbeed führt ebenfalls nicht dazu, dass dem Kläger subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Aus dieser Lage ergeben sich schon keine zwingenden Gründe gegen eine Abschiebung des Klägers dorthin. Insbesondere ist das Gericht davon überzeugt, dass es ihm dort gelingen wird, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygiene, Unterkunft - zu sorgen. 138(1) Allerdings gehören das Bruttosozialprodukt Somalias (einschließlich Somaliland) und der dortige Lebensstandard zu den niedrigsten weltweit. Bis zu 80 % der Bevölkerung leben in Armut. 139Vgl. DIS, South Central Somalia: Report from the Danish Immigration Service's Fact Finding Mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia, September 2015, S. 20; BFA, Länderinformationsblatt Somalia, 12. Januar 2018, S. 117; IOM, Labour Market and Service Skills Assessment in Selected Locations - Somalia Report, Januar 2019, S. 18; BS, BTI 2020 Country Report - Somalia, 2020, S. 22. 140Die Grundversorgung der Bevölkerung mit trinkbarem Wasser und Nahrungsmitteln ist nicht zuletzt aufgrund mehrerer Dürreperioden nicht ausreichend gewährleistet. Über die Hälfte der Bevölkerung Somalias (einschließlich Somaliland und Puntland) sind von Nahrungsmittelknappheit, Kindersterblichkeit und Unterernährung bedroht. Etwa die Hälfte der Bevölkerung ist auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen, rund 1.500.000 Kinder sind akut unterernährt; davon etwa 180.000 schwer. Auch während der letzten Dürreperiode gab es Hungertote; eine flächendeckende Hungersnot konnte aber abgewendet werden. Es gibt keinen sozialen Wohnraum oder Sozialhilfe. 141Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2019 - A 9 S 1566/18 -, juris Rn. 38 ff.; UNHCR, Position on Returns to Southern and Central Somalia (Update I), Mai 2016, S. 2 und 7; BFA, Länderinformationsblatt Somalia, 12. Januar 2018, S. 116 ff.; amnesty international (ai), The State of the World’s Human Rights - Somalia, 22. Februar 2018, S. 3; AA, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 4. März 2019, S. 20; UNSC, Report of the Secretary-General on Somalia, 15. November 2019, S. 10; BS, BTI 2020 Country Report - Somalia, 2020, S. 22 ff und 29 f.; The Heritage Institute, State of Somalia Report, Januar 2020, S. 15; USDOS, Somalia 2019 Human Rights Report, 11. März 2020, S. 21. 142Besonders prekär ist die Lage der Binnenvertriebenen, die rund 20 % der Gesamtbevölkerung Somalias ausmachen. In Somaliland wurden im November 2019 Schätzungen zufolge 270.000 Binnenvertriebene gezählt, hinzu kommen schätzungsweise 325.000 Binnenvertriebene in den zwischen Somaliland und Puntland umstrittenen Gebieten. 143Vgl. CGVS, Somalie - Veiligheidssituatie in Somaliland en Puntland, 30. Juni 2020, S. 48. 144Etwa 70 bis 80 % der Binnenvertriebenen sind Frauen und Kinder. Die Bedingungen in Siedlungen für Binnenvertriebene sind erbärmlich, zudem sind viele ihrer Bewohner dem Risiko schwerer Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Ihre ausreichende Versorgung mit Nahrungsmitteln ist nicht gewährleistet; viele Binnenvertriebene leben nur knapp über der Grenze zur Unterernährung. Vielen Binnenvertriebenen droht zudem die Vertreibung von dem Land, auf dem sie wohnen. 145UNHCR, Position on Returns to Southern and Central Somalia (Update I), Mai 2016, S. 8 ff.; BFA, Länderinformationsblatt Somalia, 12. Januar 2018, S. 114 ff.; ai, The State of the World’s Human Rights - Somalia, 22. Februar 2018, S. 3; Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC), No land, no water, no pasture - the urbanisation of drought displacement in Somalia, März 2020, S. 8, 12 und 13, und Somalia - Country Information, S. 1, www.internal-displacement.org/countries/somalia (ab-gerufen am 5. Mai 2020); USDOS, Somalia 2019 Human Rights Report, 11. März 2020, S. 21 f.; UNHCR, Somalia - Internal Displacements Monitored by Protection & Return Monitoring Network, 25. März 2020. 146(2) Unterstützung durch (Groß-) Familie und Clan zählen weiterhin zu den wichtigsten Faktoren für Akzeptanz in der Gemeinschaft, Sicherheit und Befriedigung von Grundbedürfnissen wie Unterkunft und Nahrung. Dies gilt auch für Rückkehrer. Dabei gilt als allgemeine Regel, dass Somalis auch entfernte Verwandte, die aus einer anderen Gegend kommen unterstützen. Soweit Unterkunft und Nahrung betroffen sind, ist jedoch nicht der Clan, sondern die (Groß-) Familie der erste Ansprechpartner. Allerdings leistet die Großfamilie in der Regel nur für einige Tage Unterstützung und kann nicht als langfristige Lösung für Lebensunterhalt oder Unterkunft angesehen werden. Nur wenn eine Person in einem Gebiet weder über enge Familienangehörige noch über andere Verwandte verfügt, kann der Clan um Hilfe gebeten werden. Allerdings wurde das Konzept der Clansolidarität in Zentral- und Südsomalia angesichts der Dauer des dort herrschenden Konflikts überdehnt. Dementsprechend sehen sich viele Familien- und Clannetzwerke heute nicht mehr in der Lage, vertriebenen Verwandten zu helfen. Ohne familiäre Unterstützung laufen Rückkehrer Gefahr, sich in einem Lager für Binnenvertriebene wiederzufinden. Dies gilt insbesondere für alleinstehende Frauen und zwar unabhängig davon, ob sie Kinder haben oder nicht. 147Vgl. EASO, Süd- und Zentralsomalia: Länderüberblick, August 2014, S. 126; DIS, South Central Somalia: Report from the Danish Immigration Service's Fact Finding Mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia, September 2015, S. 20; UNHCR, Position on Returns to Southern and Central Somalia (Update I), Mai 2016, S. 9; BFA, Länderinformationsblatt Somalia, 12. Januar 2018, S. 129 f. 148(3) Trotz der vorstehend beschriebenen Umstände besteht in Somalia nach der gegenwärtigen Erkenntnislage keine derart prekäre humanitäre Situation, insbesondere keine derart unzureichende Versorgungslage, dass eine Rückführung dorthin in Anwendung des Art. 3 EMRK generell ausgeschlossen wäre. Vielmehr sind in jedem Einzelfall die persönlichen Umstände der betroffenen Person zu prüfen. 149Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2019 - A 9 S 1566/18 -, juris Rn. 44 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie der obergerichtlichen Rechtsprechung in Deutschland. 150Dies gilt auch für Somalliland. 151Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls verstößt eine Rückführung des Klägers nach Wajaale und die ehemalige somalische Region Woqooyi Galbeed nicht gegen Art. 3 EMRK. Der Kläger ist dort aufgewachsen und mit den dortigen Verhältnissen vertraut. Zudem ist er jung, gesund und arbeitsfähig und verfügt nach seinen eigenen Angaben bereits über Arbeitserfahrung in Wajaale. Zudem leben nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung seine Mutter, seine fünf Geschwister und drei Brüder seines Vaters mit ihren Familien in Wajaale und der näheren Umgebung, die ihn bei seiner Wiedereingliederung unterstützen können. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass seine Verwandten den Kläger entgegen der landesüblichen Gepflogenheiten nicht unterstützen werden, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Dabei spielt es keine Rolle, ob seine Verwandten auf der somalischen oder auf der äthiopischen Seite der Grenze leben. Nach den insoweit glaubhaften Angaben des Klägers hat er sich in der Vergangenheit mehrfach zwischen Äthiopien und Somalia hin und her bewegt. Schließlich kann der Kläger durch eine freiwillige Rückkehr nach Somalia über das Government Assisted Repatriation Programme (GARP) eine Starthilfe von 1.000,- € erlangen, die ihm seinen Lebensunterhalt zumindest für eine Übergangszeit sichert. 152Vgl. Bundesamt, Freiwillige Rückkehr mit REAG/GARP (Stand: Januar 2020) abrufbar unter https://files.returningfromgermany. de/files/200213_REAG_GARP_deutsch.pdf (abgerufen am 20. April 2020). 1533. Es liegen auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Kläger in Wajaale und der ehemaligen somalischen Region Woqooyi Galbeed seitens eines Akteurs i.S.d. §§ 3c, 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG) droht. 154III. Ein Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG steht dem Kläger ebenfalls nicht zu. Es lässt sich nicht feststellen, dass ihm in Somalia landesweit 155- vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 - 1 C 3.11 -, BVerwGE 142, 179, Rn. 34), sowie Beschluss vom 15. September 2006- 1 B 116.06 -, juris Rn. 4 - 156ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention oder eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit drohen. 1571. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor. Nach dieser Norm darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig ist. In den Blick zu nehmen sind alle Verbürgungen dieser Konvention, aus denen sich ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot ergeben kann. Soweit § 60 Abs. 5 AufenthG die völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland wiederholt, bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Gefahr der Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung (Art. 3 EMRK) zu berücksichtigen, ist der sachliche Regelungsbereich des § 60 Abs. 5 AufenthG weitgehend identisch mit dem des subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG und geht über diesen, soweit Art. 3 EMRK betroffen ist, jedenfalls nicht hinaus. Auch wenn bei Anträgen auf internationalen Schutz der unionsrechtlich vorgeprägte subsidiäre Schutz vor dem nationalen Abschiebungsschutz zu prüfen ist, folgt hieraus in Bezug auf eine Verletzung des Art. 3 EMRK keine (verdrängende) Spezialität der Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG, die eine Prüfung des § 60 Abs. 5 AufenthG bereits dem Grunde nach ausschließt. Letzterer tritt vielmehr selbstständig neben § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. In Fällen, in denen - wie hier - gleichzeitig über die Gewährung subsidiären Schutzes und nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet allerdings bei Verneinung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen regelmäßig auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus, so dass in der Sache divergierende Bewertungen kaum denkbar sind. 158Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, BVerwGE 146, 12, Rn. 34 ff. zu § 60 Abs. 2 AufenthG a.F. 159Dementsprechend wird bezüglich eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK auf die Ausführungen zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG [s.o. II. 2. c) cc)] verwiesen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Wajaale und die ehemalige somalische Region Woqooyi Galbeed eine Verletzung weiterer durch die Europäische Menschenrechtskonvention geschützter Rechte droht, sind weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich. 1602. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor. Nach dieser Norm soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn für ihn dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. 161§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfasst seinem Wortlaut nach sowohl individuelle als auch allgemeine Gefahren. Jedoch bestimmt § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, dass allgemeine Gefahren, d.h. Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt sind, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen sind. Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber erreichen, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr der ganzen Bevölkerung bzw. Bevölkerungsgruppe im Zielstaat gleichermaßen droht, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt und die Ausländerbehörde, sondern für die ganze Gruppe der potenziell Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung befunden wird. Diese gesetzgeberische Entscheidung haben die Verwaltungsgerichte aus Gründen der Gewaltenteilung zu respektieren. Sie dürfen daher im Einzelfall Ausländern, die einer gefährdeten Gruppe angehören, für die - wie hier - kein Abschiebestopp besteht, nur dann ausnahmsweise Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Sätze 1 und 5 AufenthG zusprechen, wenn dies zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke erforderlich ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Gefahr eine so extreme Zuspitzung erfahren hat, dass eine abzuschiebende Person gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgesetzt würde. Für diesen Fall gebieten die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Sätze 1 und 5 AufenthG auch bei Vorliegen einer allgemeinen Gefahrenlage die Gewährung von Abschiebungsschutz. Eine verfassungskonforme Überwindung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG scheidet allerdings mangels verfassungswidriger Schutzlücke dann aus, wenn ein anderes nationales Abschiebungsverbot festzustellen ist oder eine ausländerrechtliche Erlasslage - auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 60a AufenthG - oder eine aus individuellen Gründen erteilte Duldung dem betroffenen Ausländer einen vergleichbar wirksamen Schutz vor Abschiebung vermittelt. 162Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 1998 - 9 C 4.98 -, BVerwGE 108, 77 (juris Rn. 9), Beschluss vom 23. August 2006 - 1 B 60.06 -, Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2ff AufenthG Nr. 19 (juris Rn. 4), und Urteil vom 13. Juni 2013 - 10 C 13.12 -, BVerwGE 147, 8, Rn. 13 und 15. 163Bei Anlegung dieses Maßstabs droht dem Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Somalia keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit. Der Kläger würde im Falle seiner Abschiebung nach Somalia nicht aufgrund der dort herrschenden allgemeinen Verhältnisse gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgesetzt. Insbesondere ist das Gericht davon überzeugt, dass die Existenzgrundlage des Klägers bei einer Rückkehr nach Wajaale und die ehemalige somalische Region Woqooyi Galbeed gesichert ist; auf die Ausführungen unter II. 2. c) cc) wird verwiesen. Gesundheitliche Gründe, die einer Rückkehr des Klägers dorthin entgegenstehen, sind weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich. 164IV. Die Abschiebungsandrohung ist ebenfalls rechtmäßig, insbesondere sind die formellen Voraussetzungen des § 34 AsylG i.V.m. §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG gewahrt. 165V. Die unter Ziffer 6 des angefochtenen Bescheids verfügte Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ist ebenfalls nicht zu beanstanden. 166Dies gilt unabhängig davon, ob § 11 AufenthG gemäß §§ 83c, 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG in der seit dem 21. August 2019 geltenden Fassung durch Gesetz vom 15. August 2019 (BGBl. I, S. 1294, im Folgenden: § 11 AufenthG n.F.) 167- so VG Karlsruhe, Urteil vom 22. August 2019 - A 19 K 1718/17 -, juris Rn. 22 - 168oder - trotz Fehlens einer §§ 83c, 77 Abs. 1 AsylG derogierenden Überleitungsbestimmung (vgl. Art. 8 des Gesetzes vom 15. August 2019) - in der bis zum 20. August 2019 geltenden Fassung durch Gesetz vom 27. Juli 2015 (BGBl. I, S. 1386, im Folgenden: § 11 AufenthG a.F.) 169- so BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2019 - 1 B 83.19 -, juris Rn. 7 (ohne Erwähnung von §§ 83c, 77 Abs. 1 AsylG) - 170Anwendung findet. Der Umstand, dass das Bundesamt nach dem Wortlaut der Ziffer 6 des angefochtenen Bescheids in Anlehnung an § 11 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AufenthG a.F. das Einreise- und Aufenthaltsverbot nur befristet und nicht auch angeordnet hat, obwohl § 11 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 3 AufenthG n.F. den Erlass eines Einreise- und Aufenthaltsverbots und dessen Befristung fordert, lässt die Rechtmäßigkeit dieser Regelung unberührt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts war eine aufgrund der bis zum 20. August 2019 geltenden Rechtslage ausgesprochene Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots unionsrechtskonform als Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots auszulegen. 171Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2017 - 1 C 13.17 -, juris Rn. 23; VG Karlsruhe, Urteil vom 22. August 2019 - A 19 K 1718/17 -, juris Rn. 26 und 38 m.w.N. 172Dementsprechend war das Bundesamt gemäß § 75 Nr. 12 AufenthG in der bis zum 20. August 2019 geltenden Fassung ebenso wie nach der ab dem 21. August 2019 geltenden Fassung nicht nur für die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots, sondern auch für die mit der Befristung verbundene Anordnung des Verbots zuständig, wenn es - wie im vorliegenden Fall - gestützt auf § 34 AsylG eine Abschiebungsandrohung erlassen hat. Das Verbot durfte auch sowohl gemäß § 11 Abs. 2 Satz 4 AufenthG a.F. als auch gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG n.F. mit der Abschiebungsandrohung verbunden werden. 173Die gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG n.F. für den Fall, dass das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung verbunden wird, erforderliche aufschiebende Bedingung der Abschiebung ist in Ziffer 6 des angefochtenen Bescheids ebenfalls enthalten. Dies kommt dadurch zum Ausdruck, dass die Ausreisefrist erst ab dem Tag der Abschiebung zu laufen beginnt und somit auch nur für den Fall gilt, dass die betreffende Person tatsächlich abgeschoben wird. Eine entsprechende Regelung durfte auch bereits nach der bis zum 20. August 2019 geltenden Rechtslage verfügt werden: Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 4 AufenthG a.F. sollte die Befristung (und damit auch das mit dieser verbundene Verbot) zusammen mit der Abschiebungsandrohung erlassen werden. Jedoch galt das Verbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG a.F. ebenso wie gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG n.F. nur für den Fall, dass die betreffende Person auch tatsächlich abgeschoben wurde, so dass die in Ziffer 6 des angefochtenen Bescheids enthaltene ergänzende Regelung auch nach der alten Rechtslage erforderlich war, um die Rechtmäßigkeit des Einreise- und Abschiebungsverbots zu gewährleisten. 174Vgl. VG Minden, Urteil vom 13. September 2019 - 6 K 6951/17.A -, Abdruck S. 21 f. 175Die Befristung auf 30 Monate ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die getroffene Ermessensentscheidung (§ 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG a.F. und n.F.) erweist sich als rechtmäßig. Da das Bundesamt seine Entscheidung an den Umständen des Einzelfalls ausgerichtet hat, hat es erkannt, dass ihm Ermessen eingeräumt ist. Zudem hat es die gesetzlichen Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens eingehalten und von ihm in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (§§ 114 Satz 1 VwGO, 40 VwVfG). 176Das durch § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG a.F. und n.F. eröffnete Ermessen soll ge-währleisten, dass die Länge der Frist unter Beachtung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls bestimmt wird. Primär ist für die Länge der Frist das öffentliche Interesse an der Abwehr von Gefahren maßgebend, die durch die Einreise von Personen in das Bundesgebiet hervorgerufen werden, die nicht im Besitz eines Visums oder einer Aufenthaltserlaubnis sind und sich auch nicht auf einer Abschiebung entgegen-stehende Gründe berufen können. Allerdings muss sich die zunächst nach der Ge-fahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ermittelte Frist zusätzlich an höherran-gigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (insbesondere Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 GG) sowie Unionsrecht (insbesondere Art. 7 GrCh) und der Euro-päischen Menschenrechtskonvention (insbesondere deren Art. 8) messen lassen. Sie ist daher ggf. auf einer zweiten Prüfungsstufe zu verkürzen. 177Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2013 - 1 C 13.12 -, InfAuslR 2013, 334, Rn. 33; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 11 AufenthG Rn. 31. 178Die Frist darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG a.F. bzw. des § 11 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 5 bis Abs. 5b AufenthG n.F. vorliegen. Da dies hier nicht der Fall ist, hält sich die Befristung mit 30 Monaten in Übereinstimmung mit der Dienstanweisung des Bundesamts zum Asylverfahren, Abschnitt Einreise- und Aufenthaltsverbot, Ziffer 4.2, in der Mitte des durch § 11 Abs. 3 AufenthG a.F. und n.F. eröffneten Ermessensspielraums von fünf Jahren. Anhaltspunkte dafür, dass das Bundesamt mit dieser Fristbemessung das "Gefahrenabwehrinteresse" für einen Normalfall ohne "gefahrerhöhende" Umstände (vgl. Ziffer 4.2.1 des Abschnitts Einreise- und Aufenthaltsverbots der Dienstanweisung Asylrecht) falsch gewichtet hat, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Insbesondere hat der Kläger anlässlich seiner Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, schutzwürdige Belange, die bei der Bemessung der Dauer des Einreise und Aufenthaltsverbots zu berücksichtigen wären, lägen nicht vor. 179Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der kläger. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrags abzuwenden, wenn nicht die beklagte zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2der am xx.xx.xxxx geborene kläger ist somalischer staatsbürger. seinen anfang august 2016 gestellten asylantrag begründete der kläger im kern wie folgt: er gehöre zum clan der gabooye, subclan coloodi, und stamme aus der stadt wajaale. dort habe er als hilfsarbeiter auf baustellen gearbeitet. an seinem wohnort hätten die großen stämme die minderheiten umgebracht. mädchen aus seinem clan seien vergewaltigt worden. etwa vier monate vor seiner ausreise im november 2014 hätten die männer, die andere menschen umgebracht hätten, ihm ein gewehr gegeben, damit auch er andere menschen töte. etwa zwei monate vor seiner ausreise sei er von einem mann mit einem messer verletzt worden. im falle seiner rückkehr nach somalia befürchte er, von angehörigen der großen stämmen umgebracht zu werden. darüber hinaus gebe es in seiner heimat noch viele andere probleme, u.a. die terroristen der al-shabaab-miliz. 3mit bescheid vom 8. februar 2018 lehnte das bundesamt die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft, die anerkennung als asylberechtigter und die zuerkennung des subsidiären schutzstatus ab und stellte fest, dass abschiebungsverbote gemäß § 60 abs. 5 und 7 aufenthg nicht vorliegen. darüber hinaus drohte das bundesamt dem kläger die abschiebung nach somalia an und befristete das gesetzliche einreise- und aufenthaltsverbot gemäß § 11 abs. 1 aufenthg auf 30 monate ab dem tag der abschiebung. 4gegen diesen bescheid hat der kläger am 13. februar 2018 klage erhoben, zu deren begründung er auf sein vorbingen gegenüber dem bundesamt verwiesen hat. 5der kläger beantragt sinngemäß, 6die beklagte unter aufhebung der ziffern 1 und 3 bis 6 des bescheids des bundesamts für migration und flüchtlinge vom 8. februar 2018 zu verpflichten, ihm die flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären schutzstatus zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass abschiebungsverbote gemäß § 60 abs. 5 und 7 aufenthg vorliegen. 7die beklagte beantragt schriftsätzlich, 8die klage abzuweisen, 9und bezieht sich zur begründung auf ihre ausführungen im angefochtenen bescheid. 10mit beschluss vom 5. september 2019 hat die kammer das verfahren dem berichterstatter als einzelrichter zur entscheidung übertragen. dieser hat mit beschluss vom 22. april 2020 die bewilligung von prozesskostenhilfe unter beiordnung des prozessbevollmächtigten des klägers abgelehnt. 11wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die gerichts-akte, den verwaltungsvorgang des bundesamts (eine datei) und die ausländerakte des klägers (ein hefter) bezug genommen. 12 | 13das gericht kann trotz des ausbleibens der beklagten in der mündlichen verhandlung eine entscheidung treffen, da diese ordnungsgemäß geladen und mit der ladung gemäß § 102 abs. 2 vwgo darauf hingewiesen wurde, dass auch im falle ihres ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann. 14die zulässige, insbesondere innerhalb der zweiwöchigen klagefrist (§ 74 abs. 1 halbsatz 1 asylg) erhobene klage ist unbegründet. dem kläger steht weder ein anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft noch ein anspruch auf zuerkennung des subsidiären schutzstatus oder auf feststellung eines abschiebungsverbots gemäß § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg zu. die abschiebungsandrohung und die vom bundesamt verfügte anordnung eines auf 30 monate ab dem tag der abschiebung befristeten einreise- und aufenthaltsverbots sind ebenfalls nicht zu beanstanden. 15i. ein anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft steht dem kläger nicht zu. es lässt sich nicht feststellen, dass ihm im falle seiner rückkehr nach somalia mit beachtlicher wahrscheinlichkeit 16- zur anwendbarkeit dieses maßstabs vgl. bverwg, urteile vom 27. april 2010 - 10 c 5.09 -, bverwge 136, 377, rn. 18 ff., und vom 1. märz 2012 - 10 c 7.11 -, buchholz 402.25 § 73 asylvfg nr. 43 (juris rn. 12); ovg nrw, urteil vom 2. juli 2013 - 8 a 2632/06.a -, juris rn. 255 ff. - 17verfolgung i.s.d. § 3 abs. 1 asylg droht. auf die verhältnisse in somalia ist abzustellen, weil das gericht aufgrund der von ihm beim bundesamt vorgelegten bescheinigung der botschaft der bundesrepublik somalia in berlin vom 10. november 2017 davon überzeugt ist, dass er aus der im nordwesten somalias gelegenen stadt wajaale (auch: tog wajaale, vgl. https://en.wikipedia.org/wiki/ tog_wajaale) stammt und die somalische staatsangehörigkeit besitzt. davon geht ausweislich des angefochtenen bescheids auch das bundesamt aus. dass somaliland, auf dessen gebiet wajaale liegt, bereits 1991 seine unabhängigkeit von somalia erklärt hat, steht dem nicht entgegen. somalia sieht die bewohner somalilands, dessen unabhängigkeit bisher von keinem anderen staat anerkannt wurde 18- vgl. auswärtiges amt (aa), bericht über die asyl und abschiebungsrelevante lage in der bundesrepublik somalia, 4. märz 2019, s. 5; landinfo, the security situation in northwestern somalia (somaliland), 7. april 2020, s. 2; commissariaat-generaal voor de vluchtlingen en staatlozen (cgvs), somalie - veiligheidssituatie in somaliland en puntland, 30. juni 2020, s. 11 -, 19weiterhin als somalische staatsbürger an, wie die vom kläger vorgelegte bescheinigung zeigt. 20ob der kläger über seine mutter, die seinen angaben zufolge aus äthiopien stammt, darüber hinaus auch die äthiopische staatsangehörigkeit besitzt, bedarf keiner weiteren klärung. personen, die zwei oder mehr staatsangehörigkeiten besitzen, steht kein anspruch auf gewährung internationalen schutzes zu, wenn sie den schutz eines der länder ihrer staatsangehörigkeit in anspruch nehmen können. 21vgl. bverwg, beschluss vom 14. juni 2005 - 1 b 142/04 -, juris rn. 4, sowie vorlagebeschluss an den gerichtshof der europäischen union vom 18. dezember 2019 - 1 c 2.19 -, juris rn. 13; ovg nrw, beschluss vom 29. juni 2020 - 19 a 1420/19.a -, juris rn. 185 ff. 22daher wäre der kläger auch dann, wenn er zusätzlich die äthiopische staatsangehörigkeit besitzen sollte, darauf zu verweisen, in somalia schutz zu suchen. dem steht - wie sich aus den nachstehenden ausführungen ergibt - nichts entgegen. 23beachtlich wahrscheinlich sind verfolgungsmaßnahmen, wenn bei einer zusammenfassenden würdigung des zur prüfung gestellten lebenssachverhalts die für eine verfolgung sprechenden umstände ein größeres gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden tatsachen überwiegen. dabei ist eine qualifizierende betrachtung im sinne einer gewichtung und abwägung aller festgestellten umstände und ihrer bedeutung vorzunehmen. es kommt darauf an, ob in anbetracht dieser umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen menschen in der lage des betroffenen furcht vor verfolgung hervorgerufen werden kann. 24vgl. bverwg, urteil vom 20. februar 2013 - 10 c 23.12 -, bverwge 146, 67, rn. 32. 25art. 4 abs. 4 der richtlinie 2011/95/eu des europäischen parlaments und des rates vom 13. dezember 2011 (abl. l 337, s. 9; sog. qualifikationsrichtlinie, im folgenden: rl 2011/95/eu) bestimmt ergänzend, dass die tatsache, dass ein antragsteller bereits verfolgt wurde bzw. von solcher verfolgung unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter hinweis darauf ist, dass die flucht des klägers vor verfolgung begründet ist; es sei denn, stichhaltige gründe sprechen dagegen, dass der kläger erneut von solcher verfolgung bedroht wird. diese regelung privilegiert den von ihr erfassten personenkreis durch eine beweiserleichterung in form einer widerlegbaren tatsächlichen vermutung, indem sie in der vergangenheit liegenden umständen beweiskraft für ihre wiederholung in der zukunft beimisst. dadurch werden vorverfolgte asylbewerber von der notwendigkeit entlastet, stichhaltige gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden umstände bei rückkehr in ihr herkunftsland erneut realisieren. es gelten nicht die strengeren maßstäbe, die bei fehlender vorverfolgung anzulegen sind. die gemäß art. 4 abs. 4 rl 2011/95/eu begründete vermutung kann aber widerlegt werden. hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige gründe die wiederholungsträchtigkeit solcher verfolgung bzw. des eintritts eines solchen schadens entkräften. diese beurteilung obliegt tatrichterlicher würdigung im rahmen freier beweiswürdigung. 26vgl. bverwg, urteil vom 27. april 2010 ‑ 10 c 5.09 -, bverwge 136, 377, rn. 18 ff. 27nach diesem maßstab erfüllt der kläger die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nicht. bezugsort für die erforderliche gefahrenprognose ist der ort, an den der kläger im falle seiner rückkehr voraussichtlich zurückkehren würde. dass ist in der regel die herkunftsregion 28- vgl. eugh, urteil vom 17. februar 2009 - c-465/07 (elgafaji) -, nvwz 2009, 705, rn. 40; bverwg, urteil vom 31. januar 2013 - 10 c 15.12 -, bverwge 146, 12, rn. 13 f. (jeweils in bezug auf die zuerkennung des subsidiären schutzstatus) -, 29im vorliegenden fall also die stadt wajaale und die ehemalige somalische provinz woqooyi galbeed, auf deren gebiet diese stadt liegt. die beweiserleichterung des art. 4 abs. 4 rl 2011/95/eu kommt dem kläger nicht zugute, weil er zum zeitpunkt seiner ausreise aus somalia dort weder i.s.d. § 3 abs. 1 asylg verfolgt wurde noch unmittelbar von verfolgung bedroht war. anknüpfend daran ist auch nicht ersichtlich, dass der kläger im falle seiner rückkehr nach somalia dort mit beachtlicher wahrscheinlichkeit erstmals verfolgung ausgesetzt sein wird. 301. die vom kläger geschilderten ereignisse vor seiner ausreise aus somalia begründen keine vorverfolgung. das gericht vermag sich nicht davon zu überzeugen (§ 108 abs. 1 vwgo), dass diese vorkommnisse sich tatsächlich wie von ihm geschildert ereignet haben. vielmehr ist das gericht aus den nachstehend dargelegten gründen davon überzeugt, dass sein diesbezügliches vorbringen nicht glaubhaft ist. 31a) das vorbringen des klägers ist schon deshalb nicht glaubhaft, weil der kläger trotz mehrfacher aufforderung durch das gericht nicht in der lage war, die angeblichen geschehnisse, die der kläger selbst erlebt haben will, detailliert und lebensnah zu schildern. dies gilt insbesondere für den ihn selbst betreffenden teil seines kernvorbringens - einen angeblichen angriff mit einem messer auf ihn selbst. die angaben des klägers blieben trotz mehrfacher nachfragen des gerichts vage und oberflächlich. insbesondere bleibt unklar, wie es dem kläger trotz einer stichverletzung im bereich des rückens ohne fremde hilfe gelungen sein soll, sechs angreifern zu entkommen. die angaben des klägers hierzu ("als ich mit dem messer gestochen wurde, habe ich mich an einem angreifer festgehalten und bin irgendwie entwischt.") sind nicht nachvollziehbar. außerdem konnte der kläger noch nicht einmal eine vage schätzung der anzahl der opfer der von ihm berichteten pogromartigen übergriffe gegen angehörige von minderheiten abgeben. dies wäre ihm - sollte er tatsächlich zeuge solcher übergriffe geworden sein - jedenfalls in bezug auf die anzahl der von ihm selbst gesehenen getöteten oder verletzten personen möglich gewesen. 32b) darüber hinaus weist das vorbringen des klägers zahlreiche widersprüche auf. anlässlich seiner anhörung vor dem bundesamt hat er u.a. angegeben: 33"die männer, die andere menschen umgebracht haben, wollten mir auch ein gewehr geben, damit ich andere menschen töte. … sie haben mich festgehalten und sie haben mich auch geschlagen. sie haben mir auch gedroht. sie haben zu mir gesagt, ich solle die waffe nehmen und auch menschen umbringen." 34in der mündlichen verhandlung hat der kläger derartige vorgänge nicht erwähnt. die nachfrage, ob er aufgefordert worden sei, andere leute umzubringen, hat der kläger verneint. auf vorhalt seines vorbringens vor dem bundesamt antwortete der kläger: 35"ich war damals gestresst." 36auf nachfrage, warum man, wenn man gestresst sei, etwas erzähle, das nicht stimme, entgegnete der kläger: 37"mein gehirn war damals nicht normal." 38dies ist schon deshalb nicht glaubhaft, weil der kläger am anfang seiner befragung durch einen mitarbeiter des bundesamts angegeben hatte, dass er gesundheitlich in der lage sei, seine asylgründe vorzutragen. 39ebenfalls widersprüchlich sind die angaben des klägers zu dem sub-clan, dem er angehören will und zu seiner beruflichen tätigkeit vor seiner ausreise aus somalia. während der kläger anlässlich seiner anhörung vor dem bundesamt angegeben hat, dem sub-clan der coloodi anzugehören, hat er in der mündlichen verhandlung als sub-clan muse dherib angegeben. auf vorhalt dieses widerspruchs hat er eine fehlerhafte übersetzung durch den dolmetscher geltend gemacht. dies ist angesichts dessen, dass "coloodi" und "muse dherib" lautlich weit auseinander liegen und die anhörung dem kläger ausweislich des kontrollbogens zur anhörung vom 8. september 2017 rückübersetzt wurde, nicht nachvollziehbar. bezüglich seiner beruflichen tätigkeit hat der kläger anlässlich seiner anhörung vor dem bundesamt angegeben, er habe auf baustellen beim häuserbau geholfen. dagegen hat er in der mündlichen verhandlung angegeben, er habe als lastenträger in säcken verpackte lebensmittel von einem lkw abgeladen und in ein lager gebracht. auf nachfrage, ob er auch auf baustellen gearbeitet hat, hat der kläger entgegnet: 40"nein, das habe ich nie gemacht." 41auf vorhalt seiner dem widersprechenden angaben vor dem bundesamt hat der kläger geantwortet: 42"ja, das habe ich gesagt. manchmal hab ich auch auf dem bau gearbeitet. 43auf nachfrage, warum er soeben verneint habe, auf dem bau gearbeitet zu haben, sagte der kläger: 44"das habe ich vergessen." 45diese einlassung ist wie das gesamte übrige vorbringen des klägers nicht überzeugend. 46schließlich hat der kläger in der mündlichen verhandlung behauptet, die übergriffe gegen minderheiten seien von angehörigen des clans der hawiye begangen worden. nachdem er vom gericht darauf hingewiesen wurde, dass dieser clan in süd- und zentralsomalia, insbesondere in mogadischu und (der weiteren) umgebung siedelt, nicht aber im westen von somaliland 47- vgl. austrian centre for country of origin and asylum research and documentation (accord), clans in somalia, dezember 2009, karte 2. - 48meinte der kläger, die verfolger stammten vom clan der ogaden. auf die frage, warum er zunächst "hawiye" angegeben habe entgegnete er: 49"das habe ich vergessen." 50dies ist ebenfalls nicht überzeugend. 51aufgrund einer gesamtschau der vorstehend dargelegten umstände gelangt das gericht zu der überzeugung, dass der kläger nicht über tatsächliche erlebnisse berichtet hat, sondern er sich eine "geschichte" ausgedacht hat, um seinen verbleib in deutschland zu ermöglichen. 522. anhaltspunkte dafür, dass der kläger zum zeitpunkt seiner ausreise aus somalia an seinem letzten wohnort in wajaale und der ehemaligen somalischen provinz woqooyi galbeed aus anderen gründen verfolgungshandlungen i.s.d. § 3a asylg ausgesetzt war oder dass er im falle seiner rückkehr dorthin solchen handlungen mit beachtlicher wahrscheinlichkeit erstmals ausgesetzt sein wird, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. 53a) aufgrund seiner (angeblichen) zugehörigkeit zu der ständischen berufskaste der gabooye 54- vgl. österreichischer integrationsfond (öif), die parias somalias: ständische berufskasten als basis sozialer diskriminierung, dezember 2010, s. 21; staatssekretariat für migration der schweiz (sem), focus somalia: clans und minderheiten, 31. mai 2017, s. 16 f.; united kingdom home office (ukho), south and central somalia: majority clans and minority groups, januar 2019, s. 16 und 25 -, 55droht ihm in wajaale und der ehemaligen somalischen provinz woqooyi galbeed keine verfolgung. die in somalia einschließlich somaliland weiterhin vorkommende soziale und wirtschaftliche diskriminierung der angehörigen dieser gruppe 56- vgl. öif, die parias somalias: ständische berufskasten als basis sozialer diskriminierung, dezember 2010, s. 31 ff.; sem, focus somalia: clans und minderheiten, 31. mai 2017, s. 38 ff.; ukho, south an central somalia: majority clans and minority groups, januar 2019, s. 17 ff. und 25 f. - 57erreicht grundsätzlich nicht die gemäß § 3a abs. 1 und 2 asylg erforderliche intensität. für die vom kläger angegebenen pogromartigen übergriffen auf angehörige von minderheiten, die sich seinen angaben zufolge 2014 in wajaale ereignet haben sollen und bei denen nach angaben des klägers viele angehörige von minderheiten getötet oder vergewaltigt worden sein sollen, lassen sich in dem den gericht vorliegenden unterlagen keine anhaltspunkte finden. dies gilt sowohl für 2014 als auch für spätere jahre. wajaale liegt - wie bereits erwähnt - in der ehemaligen somalischen region woqooyi galbeed, die in etwa die heutigen zu somaliland gehörenden regionen gabiley, gaaroodi, hawd und saaxil sowie die stadt hargeisa umfasst. in dieser ehemaligen somalischen region leben einer erhebung des united nations population fund (unfpa) zufolge etwas über 1.200.000 menschen. 58vgl. unfpa, population estimation survey 2014 for the 18 pre-war regions of somalia, oktober 2014, s. 25 und 111. 592014 haben sich nach den daten des armed conflict location & event data project (acled) in der gesamten ehemaligen somalischen provinz woqooyi galbeed 48 sicherheitsrelevante vorfälle mit insgesamt "nur" sieben toten ereignet. diese vorfälle sollen sich zudem auf sechs verschiedene orte verteilt haben. 60vgl. accord, somalia, jahr 2014: kurzübersicht über vorfälle aus dem armed conflict location & event data project (acled), 3. november 2015. 61zwar weist das austrian centre for country of origin and asylum research and documentation in seinen kurzübersichten darauf hin, dass es aufgrund der erhebungsmethode (auswertung öffentlich zugänglicher sekundärquellen) zu einer nichterfassung von vorfällen und insbesondere von opfern kommen kann. jedoch wären pogromartige übergriffe in der vom kläger behaupteten größenordnung nicht übersehen worden. hinweise auf derartige übergriffe auf minderheiten in wajaale und umgebung ergeben sich aber auch nicht aus anderen quellen. 62b) soweit sich der kläger darüber hinaus auf eine bedrohung durch angehörige der al-shabaab-miliz bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass al-shabaab jedenfalls im westen von somaliland nicht aktiv ist. 63vgl. z.b. easo, security situation in puntland and somaliland (january - 25 november 2019), 12. dezember 2019, s. 5 (karte) und 6. 64ii. der kläger hat auch keinen anspruch auf zuerkennung des subsidiären schutzstatus. ein ausländer ist subsidiär schutzberechtigter, wenn er stichhaltige gründe für die annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem herkunftsland ein ernsthafter schaden droht (§ 4 abs. 1 satz 1 asylg). als ernsthafter schaden gelten gemäß § 4 abs. 1 satz 2 asylg die verhängung oder vollstreckung der todesstrafe (nr. 1), folter oder unmenschliche oder erniedrigende behandlung oder bestrafung (nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle bedrohung des lebens oder der unversehrtheit einer zivilperson infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten konflikts (nr. 3). §§ 3c bis 3e asylg gelten entsprechend (§ 4 abs. 3 satz 1 asylg), wobei an die stelle der verfolgung, des schutzes vor verfolgung bzw. der begründeten furcht vor verfolgung die gefahr eines ernsthaften schadens, der schutz vor einem ernsthaften schaden beziehungsweise die tatsächliche gefahr eines ernsthaften schadens und an die stelle der flüchtlingseigenschaft der subsidiäre schutz treten (§ 4 abs. 3 satz 2 asylg). 65ein ernsthafter schaden droht dem kläger in somalia nicht mit beachtlicher wahrscheinlichkeit. 66zur anwendbarkeit dieses maßstabs auf die gewährung subsidiären schutzes vgl. bverwg, urteil vom 27. april 2010- 10 c 5.09 -, bverwge 136, 377, rn. 18 ff. zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a.f.; ovg nrw, urteil vom 17. august 2010- 8 a 4063/06.a -, juris rn. 35 ff zu § 60 abs. 2, 3 und 7 satz 2aufenthg a.f. 67dabei kann das gericht offen lassen, ob er zum zeitpunkt seiner ausreise aus somalia unmittelbar von einem ernsthaften schaden bedroht war. die beweiserleichterung des art. 4 abs. 4 rl 2011/95/eu kommt ihm auch dann nicht zugute, wenn dies zu bejahen wäre. zwar gilt diese beweiserleichterung, wie sich aus ihrer stellung in kapitel ii dieser richtlinie ("prüfung von anträgen auf internationalen schutz") ergibt, auch für die prüfung der gewährung subsidiären schutzes. jedoch ist die durch art. 4 abs. 4 rl 2011/95/eu begründete widerlegliche vermutung hier wiederlegt, weil im entscheidungserheblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung stichhaltige gründe dagegen sprechen, dass er (erneut) von einem solchen schaden bedroht wird. 681. im zeitpunkt der mündlichen verhandlung lässt sich nicht feststellen, dass der kläger im falle seiner rückkehr nach wajaale und die ehemalige somalische provinz woqooyi galbeed infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten konflikts einer ernsthaften individuellen bedrohung seines lebens oder seiner unversehrtheit i.s.d. § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg ausgesetzt sein wird. diese norm entspricht trotz geringfügig abweichender formulierung den vorgaben des art. 15 lit. c) rl 2011/95/eu und ist in deren sinne auszulegen. 69vgl. bverwg, urteil vom 17. november 2011 - 10 c 13.10 -, auas 2012, 64 (juris rn. 14) zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a.f. und art. 15 rl 2004/83/eg, sowie vom 20. mai 2020 - 1 c 11.19 -, juris rn. 16. 70a) ein innerstaatlicher bewaffneter konflikt liegt vor, wenn die regulären streitkräfte eines staats auf eine oder mehrere bewaffnete gruppen treffen oder wenn zwei oder mehrere bewaffnete gruppen aufeinandertreffen. nicht erforderlich ist, dass der innerstaatliche bewaffnete konflikt im sinne des humanitären völkerrechts als bewaffneter konflikt, der keinen internationalen charakter aufweist, einzustufen ist. auf einen bestimmten organisationsgrad der beteiligten bewaffneten kräfte kommt es ebenso wenig an wie auf eine bestimmte dauer des konflikts. eine besondere intensität des konflikts ist ebenfalls nicht voraussetzung. letztere ist nur bei der frage zu berücksichtigen, ob der grad willkürlicher gewalt ein so hohes niveau erreicht, dass er zu einer ernsthaften individuellen bedrohung des lebens oder der unversehrtheit von zivilpersonen führt. 71vgl. eugh, urteil vom 30. januar 2014 - c-285/12 (diakité) -, nvwz 2014, 573, rn. 20 ff. zu art. 15 rl 2004/83/eg; a.a. (orientierung am humanitären völkerrecht) noch bverwg, urteile vom 24. juni 2008 - 10 c 43.07 -, bverwge 131, 198, rn. 19 ff., sowie vom 27. april 2010 - 10 c 4.09 -, bverwge 136, 360, rn. 22 f., jeweils zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a.f. 72b) eine ernsthafte individuelle bedrohung für leib oder leben i.s.d. § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg liegt nicht schon dann vor, wenn ein bewaffneter konflikt zu einer perma-nenten gefährdung der bevölkerung und schweren menschenrechtsverletzungen führt. 73vgl. bverwg, urteil vom 13. februar 2014 - 10 c 6.13 -,infauslr 2014, 233 (juris rn. 24). 74erforderlich ist vielmehr, dass sich die von einem bewaffneten konflikt für eine vielzahl von zivilpersonen ausgehende - und damit allgemeine - gefahr in der person des klägers zu einer individuellen gefahr verdichtet. 75bverwg, urteile vom 24. juni 2008 - 10 c 43.07 -, bverwge 131, 198, rn. 34, und vom 17. november 2011 - 10 c 13.10 -, auas 2012, 64 (juris rn. 17), jeweils zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a.f., sowie vom 20. mai 2020 - 1 c 11.19 -, juris rn. 19. 76eine solche verdichtung zu einer ernsthaften individuellen bedrohung für leib oder leben kann insbesondere auf gefahrerhöhenden persönlichen umständen beruhen. dies sind solche umstände, die bestimmte personen von der allgemeinen, ungezielten gewalt stärker betroffen erscheinen lassen als andere personen, etwa weil sie von berufs wegen gezwungen sind, sich nahe an möglichen gefahrenquellen aufzuhalten. möglich sind aber auch solche persönlichen umstände, aufgrund derer eine person zusätzlich der gefahr gezielter gewaltakte - etwa wegen ihres berufs, ihrer religiösen oder ethnischen zugehörigkeit - ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht schon eine zuerkennung der flüchtlingseigenschaft in betracht kommt. 77vgl. eugh, urteil vom 17. februar 2009 - c-465/07 (elgafaji) -, nvwz 2009, 705, rn. 39 zu art. 15 rl 2004/83/eg; bverwg, urteile vom 27. april 2010 - 10 c 4.09 -, bverwge 136, 360, rn. 33, und vom 17. november 2011 - 10 c 13.10 -, auas 2012, 64 (juris rn. 18), jeweils zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a.f., sowie vom 20. mai 2020 - 1 c 11.19 -, juris rn. 20. 78eine individualisierung der durch einen bewaffneten konflikt hervorgerufenen allgemeinen gefahr kann im ausnahmefall auch dann anzunehmen sein, wenn gefahrerhöhende persönliche umstände fehlen. davon ist aber nur dann auszugehen, wenn der den bestehenden bewaffneten konflikt kennzeichnende grad willkürlicher gewalt ein so hohes niveau erreicht, dass stichhaltige gründe für die annahme bestehen, dass eine zivilperson bei ihrer rückkehr in das betreffende land oder die betroffene (herkunfts-) region allein durch ihre anwesenheit in diesem gebiet tatsächlich gefahr liefe, einer solchen bedrohung ausgesetzt zu sein. dementsprechend hängt das für eine bejahung der voraussetzungen des § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg erforderliche niveau willkürlicher gewalt davon ab, ob gefahrerhöhende persönliche umstände vorliegen oder nicht: liegen keine solchen umstände vor, ist ein besonders hohes niveau willkürlicher gewalt erforderlich; liegen solche umstände vor, kann auch ein geringeres niveau willkürlicher gewalt genügen. 79vgl. eugh, urteile vom 17. februar 2009 - c-465/07 (elga-faji) -, nvwz 2009, 705, rn. 35 und 39, und vom 30. januar 2014 - c-285/12 (diakité) -, nvwz 2014, 573, rn. 30 f., jeweils zu art. 15 rl 2004/83/eg; bverwg, urteile vom 27. april 2010 - 10 c 4.09 -, bverwge 136, 360, rn. 32 f., und vom 17. november 2011 - 10 c 13.10 -, auas 2012, 64 (juris rn. 19), jeweils zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a.f., sowie vom 20. mai 2020 - 1 c 11.19 -, juris rn. 21. 80c) unabhängig davon, ob die individuelle bedrohungssituation auf gefahrerhöhenden persönlichen umständen beruht oder ausnahmsweise auf die allgemeine lage im herkunftsland zurückgeht, sind feststellungen über das niveau willkürlicher gewalt in dem jeweiligen gebiet zu treffen. dazu ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative ermittlung der gesamtzahl der in dem betreffenden gebiet lebenden zivilpersonen einerseits und der akte willkürlicher gewalt andererseits, die von den konfliktparteien gegen leib oder leben von zivilpersonen in diesem gebiet verübt werden, notwendig. dabei sind nicht nur solche gewaltakte zu berücksichtigen, die die regeln des humanitären völkerrechts verletzen, sondern auch andere gewaltakte, die nicht zielgerichtet gegen bestimmte personen oder personengruppen, sondern wahllos ausgeübt werden und sich auf zivilpersonen ungeachtet ihrer persönlichen situation erstrecken. auf der grundlage dieser ermittlungen ist eine wertende gesamtbetrachtung mit blick auf die anzahl der opfer und die schwere der schädigungen (todesfälle und verletzungen) bei der zivilbevölkerung vorzunehmen. 81vgl. bverwg, urteile vom 27. april 2010 - 10 c 4.09 -, bverwge 136, 360, rn. 33 f., und vom 13. februar 2014 - 10 c 6.13 -, infauslr 2014, 233 (juris rn. 24), jeweils zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a.f.; beschluss vom 8. märz 2018 - 1 b 7.18 - juris rn. 3, und urteil vom 20. mai 2020 - 1 c 11.19 -, juris rn. 21; ovg nrw, beschluss vom 10. januar 2019 - 9 a 4590/18.a -, juris rn. 3 f. 82zu dieser wertenden betrachtung gehört insbesondere auch die würdigung der medizinischen versorgungslage in dem jeweiligen gebiet, von deren qualität und erreichbarkeit die schwere eingetretener körperlichen verletzungen mit blick auf die den opfern dauerhaft verbleibenden verletzungsfolgen abhängen kann. 83vgl. bverwg, urteil vom 17. november 2011 - 10 c 13.10 -, auas 2012, 64 (juris rn. 23), jeweils zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a.f. 84d) bei anlegung des vorstehend dargelegten maßstabs liegen die voraussetzungen des § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg für wajaale und die ehemalige somalische region woqooyi galbeed im zeitpunkt der mündlichen verhandlung nicht vor. es kann offen bleiben, ob dort ein innerstaatlicher bewaffneter konflikt i.s.d. § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg vorliegt. sollte dies zu bejahen sein, geht von dem wajaale und die ehemalige somalische provinz woqooyi galbeed kennzeichnenden grad willkürlicher gewalt im falle der rückkehr des klägers dorthin jedenfalls keine ernsthafte individuelle bedrohung für ihn aus, weil die hierfür erforderliche gefahrendichte bei weitem nicht gegeben ist. die allgemeine situation in somaliland [aa)] sowie die sicherheitslage in wajaale und der ehemaligen somalischen region woqooyi galbeed [bb)] stellen sich wie folgt dar. aufgrund dieser erkenntnisse gelangt das gericht zu dem ergebnis, dass dem kläger dort aufgrund der dortigen verhältnisse keine ernsthafte individuelle bedrohung droht [cc)]. 85aa) seit beginn des bürgerkriegs im jahre 1988 und dem sturz des präsidenten siad barre im jahre 1991 ist somalia ohne einheitliche staatsgewalt. das land zerfällt faktisch in drei teile, nämlich die seit 1991 unabhängigkeit beanspruchende republik somaliland im nordwesten, die autonome region puntland im nordosten und süd- und zentralsomalia. im faktisch autonomen somaliland, dessen grenzen sich an den grenzen des ehemaligen protektorats britisch-somaliland orientieren und dessen unabhängigkeit bis heute von keinem anderen staat anerkannt ist, leben schätzungsweise 3,5 millionen personen, die zu etwa zwei dritteln dem clan der isaaq angehören, größere minderheiten gehören dem clan der dir (sub-clans issa und gadabursi) und dem clan der daarod (subclans dhulbahante und warsangeli) an. in somaliland haben sich zwischenzeitlich vergleichsweise stabile staatliche strukturen etabliert. allerdings sind die staatlichen strukturen auch in somalialand so schwach, dass wesentliche staatsfunktionen nicht ausgeübt werden können. jedoch ist die sicherheitslage stabil und übt die regierung eine effektive kontrolle über das staatsgebiet aus. letzteres gilt allerdings nicht für die östlichen distrikte der regionen sanaag und sool sowie den im südosten der region togdheer gelegenen distrikt buuhoodle. diese gebiete werden sowohl von somaliland als auch von der sich zur bundesrepublik somalia bekennenden autonomen region puntland beansprucht; gelegentlich kommt es dort auch zu gefechten zwischen den armeen somalilands und puntlands, in die auch clanmilizen verwickelt sind. die al-shabaab-miliz hat in somaliland eine schwache stellung. sie soll dort zwar über informanten und auch einige kämpfer verfügen, kontrolliert in somaliland aber keine gebiete und hat dort seit 2008 keine anschläge mehr verübt. 86vgl. aa, bericht über die asyl und abschiebungsrelevante lage in der bundesrepublik somalia, 4. märz 2019, s. 5; ministerie van buitenlandse zaken des königreichs der niederlande, (mbz), algemeen ambtsbericht somalie, märz 2020, s. 31 f.; landinfo, the security situation in northwestern somalia (somaliland), 7. april 2020, s. 2 ff.; cgvs, somalie - veiligheidssituatie in somaliland en puntland, 30. juni 2020, s. 11 f., 15 f., 18 und 22. 87bb) wajaale und die ehemalige somalische region woqooyi galbeed liegen über 300 km (luftlinie) westlich der umstrittenen gebiete und sind von den dortigen gefechten nicht betroffen. 2014 waren in der ehemaligen somalischen provinz woqooyi galbeed - wie bereits dargelegt - insgesamt 48 sicherheitsrelevante vorfälle mit sieben toten zu verzeichnen, 2015 insgesamt 43 vorfälle mit 15 toten 88- vgl. accord, somalia, jahr 2015: kurzübersicht über vorfälle aus dem armed conflict location & event data project (acled), 4. februar 2016 -, 892016 insgesamt 46 vorfälle mit zwei toten 90- vgl. accord, somalia, jahr 2016: kurzübersicht über vorfälle aus dem armed conflict location & event data project (acled), 9. februar 2017 -, 912017 insgesamt 58 vorfälle mit neun toten 92- vgl. accord, somalia, jahr 2017: kurzübersicht über vorfälle aus dem armed conflict location & event data project (acled), 18. juni 2018 -, 932018 insgesamt 47 vorfälle mit zwei toten 94- vgl. accord), somalia, jahr 2018: kurzübersicht über vorfälle aus dem armed conflict location & event data project (acled), 22. juni 2020 -, 952019 insgesamt 29 vorfälle mit neun toten 96- vgl. accord, somalia, jahr 2019: kurzübersicht über vorfälle aus dem armed conflict location & event data project (acled), 22. juni 2020 - 97und im 1. quartal 2020 insgesamt 5 vorfälle ohne tote. 98vgl. accord, somalia, 1. quartal 2020: kurzübersicht über vorfälle aus dem armed conflict location & event data project (acled), 23. juni 2020. 99cc) der wajaale und die ehemalige somalische provinz woqooyi galbeed kennzeichnende grad willkürlicher gewalt erreicht bei weitem kein so hohes niveau, dass stichhaltige gründe für die annahme bestehen, dass eine zivilperson bei ihrer rückkehr dorthin allein durch ihre anwesenheit in diesem gebiet tatsächlich gefahr liefe, getötet oder verletzt zu werden. 100zwar lässt sich die zahl der zivilpersonen, die in wajaale und der ehemaligen somalischen provinz woqooyi galbeed opfer willkürlicher gewalt werden, mangels belastbarer erhebungen nicht verlässlich einschätzen. wie bereits unter i. 2. dargelegt, weist das austrian centre for country of origin and asylum research and documentation in seinen kurzübersichten über vorfälle aus dem armed conflict location & event data project darauf hin, dass es aufgrund der erhebungsmethode (auswertung öffentlich zugänglicher sekundärquellen) zu einer nichterfassung von vorfällen und insbesondere von opfern kommen kann. hinzu kommt, dass diese kurzübersichten nur todesopfer, nicht aber auch verletzte erfassen. andererseits unterscheiden die auf den acled-erhebungen basierenden kurzübersichten auch nicht zwischen zivilen und militärischen todesopfern. 101vgl. acled, frequently asked questions, http://www.acledda ta.com/frequently-asked-questions/ (abgerufen am 7. september 2016). 102letzteres ist im rahmen der prüfung des § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg aber geboten, weil diese vorschrift nur auf gefahren für die zivilbevölkerung abstellt. 103vgl. bverwg, urteil vom 24. juni 2008 - 10 c 43.07 -, bverwge 131, 198, rn. 35. 104jedoch sind die vorhandenen daten trotz dieser mängel nicht vollständig unverwertbar. vielmehr können die aus ihnen gezogenen schlüsse als anhaltspunkte in die vorzunehmende gesamtbewertung eingestellt werden. 105vgl. niedersächsisches ovg, urteil vom 5. dezember 2017 - 4 lb 50/16 -, juris rn. 45; hessischer vgh; urteil vom 1. august 2019 - 4 a 2334/18.a -, juris rn. 41 ff.; ukut, urteil vom 10. september 2014 - moj & ors (return to mogadishu) somalia cg [2014] ukut 00442 (iac) -, rn. 379; landinfo, somalia: violence, fatalities, perpetrators and victims in mogadishu, 27. februar 2017, s. 2; a.a. wohl vg darmstadt, urteil vom 18. mai 2016 - 3 k 977/14.da.a. -, juris rn. 37, unklar ovg rheinland-pfalz, urteil vom 16. dezember 2015 - 10 a 10689/15 -, asylmagazin 2016, 29 (juris rn. 43 ff.); bayrischer vgh, urteil vom 17. märz 2016 - 20 b 13.30233 -, juris rn. 26 f. 106ausgehend von den vorstehend unter bb) dargelegten daten und ausgehend davon, dass die ehemalige somalische region woqooyi galbeed über eine bevölkerung von etwas über 1.200.000 menschen verfügt (s.o. i. 2.), ergibt sich für diese region für 2014 ein tötungsrisiko von etwa 1:170.000, für 2015 von etwa 1:80.000, für 2016 von etwa 1:600.000, für 2017 von etwa 1:130.000, für 2018 von etwa 1:600.000, für 2019 von etwa 1:130.000 und für das erste quartal 2020 von 0; diese werte liegen sämtlich weit unter 1 ‰. selbst unter der annahme, dass auf einen registrierten toten zehn weitere tote oder verletzte kommen 107- vgl. vg minden, z.b. urteile vom 7. juli 2017 - 10 k 1871/14.a -, juris rn. 108 ff., sowie vom 29. april 2019 - 10 k 1680/18.a -, abdruck s. 19.-, 108ergäbe sich für 2014 ein tötungs- und verletzungsrisiko von etwa 1.:15.000, für 2015 von etwa 1:7.000, für 2016 von etwa 1:54.000, für 2017 von etwa 1:12.000, für 2018 von etwa 1:54.000 für 2019 von etwa 1:12.000 und für das erste quartal 2020 von null, diese werte liegen ebenfalls sämtlich weit unter 1 ‰. 109auch unter berücksichtigung der in somalia einschließlich somaliland desolaten krankenversorgung 110- vgl. bfa, länderinformationsblatt somalia, 12. januar 2018, s. 132 f.; aa, bericht über die asyl- und abschieberelevante lage in der bundesrepublik somalia, 4. märz 2019, s. 21 - 111ist aufgrund der vorstehend dargelegten daten offensichtlich, dass der kläger im falle seiner rückkehr nach wajaale und die ehemalige somalische region woqooyi galbeed aufgrund des dort herrschenden grades willkürlicher gewalt dort keiner ernsthaften individuellen bedrohung i.s.d. § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg ausgesetzt sein wird, zumal nicht ersichtlich ist, dass für den kläger gefahrerhöhende umstände vorliegen. die zugehörigkeit zu einem minderheitenclan stellt in wajaale und der ehemaligen somalischen region woqooyi galbeed - wie aus den bisherigen ausführungen folgt - keinen solchen umstand dar. 112vgl. bayerischer vgh, urteil vom 26. april 2018 - 20 b 18.30332 -, juris rn.46 für einen aus somaliland stammenden angehörigen des minderheitenclans der sheikhaal. 1132. folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung oder bestrafung (§ 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg) drohen dem kläger zum zeitpunkt der mündlichen verhandlung in wajaale und der ehemaligen somalischen region woqooyi galbeed ebenfalls nicht. 114a) die auslegung des § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg ist an der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte (egmr) zu art. 3 der konvention zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten vom 4. november 1950 (bgbl 1952 ii s. 685; im folgenden: emrk) zu orientieren. 115vgl. bverwg, urteil vom 31. januar 2013 - 10 c 15.12 -, bverwge 146, 12, rn. 22 zu § 60 abs. 2 aufenthg a.f. mit ausführlicher begründung. 116diese norm bestimmt, dass niemand der folter oder unmenschlicher oder erniedrigender strafe oder behandlung unterworfen werden darf. nach der ständigen rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte schließt art. 3 emrk die abschiebung einer person in einen staat aus, in dem ihr zum zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung mit beachtlicher wahrscheinlichkeit ("real risk") eine solche behandlung droht. 117vgl. egmr, urteile vom 7. juli 1989 - 14038/88 (soering/vereinigtes königreich) -, njw 1990, 2183, rn. 91, vom 28. februar 2008 - 37201/06 (saadi/italien) -, nvwz 2008, 1330, rn. 125 und 133, und vom 28. juni 2011 - 8319/07 u.a. (sufi und elmi/vereinigtes königreich) -, nvwz 2012, 681, rn. 212 und 215. 118bei der prüfung, ob dies der fall ist, stellt der europäische gerichtshof für menschenrechte auf den zielort der abschiebung ("point of return") ab und fragt ergänzend, ob eine interne fluchtalternative ("internal flight alternative") besteht. 119vgl. egmr, urteil vom 28. juni 2011 - 8319/07 u.a. (sufi und elmi/vereinigtes königreich) -, nvwz 2012, 681, rn. 212, 265, 301 ff. und 309 ff.; s.a. bverwg, urteil vom 31. januar 2013- 10 c 15.12 -, bverwge 146, 12, rn. 26. 120damit eine misshandlung von art. 3 emrk erfasst wird, muss sie ein mindestmaß an schwere erreichen. ob dieses mindestmaß erreicht ist, hängt von den umständen des einzelfalls ab, insbesondere von der dauer der behandlung und ihren physischen und psychischen auswirkungen sowie in einigen fällen auch vom geschlecht, dem alter und dem gesundheitszustand der betroffenen person. um zu entscheiden, ob eine verletzung des art. 3 emrk droht, ist zu untersuchen, welche konsequenzen eine abschiebung der betroffenen person in den betreffenden staat voraussichtlich haben wird. dabei sind sowohl die dortige allgemeine lage als auch die persönlichen umstände der betroffenen person zu beachten. 121vgl. egmr, urteile vom 28. februar 2008 - 37201/06 (saadi/ italien) -, nvwz 2008, 1330, rn. 130 und 134, und vom 28. juni 2011 - 8319/07 u.a. (sufi und elmi/vereinigtes königreich) -, nvwz 2012, 681, rn. 213 und 216. 122geht die gefahr einer verletzung des art. 3 emrk von personen aus, die nicht im dienst des staates stehen, kommt es darauf an, ob die behörden dieses staates in der lage sind, dieser gefahr durch angemessene schutzmaßnahmen vorzubeugen. 123vgl. egmr, urteile vom 17. juli 2008 - 25904/07 (n.a./verei-nigtes königreich) -, hudoc rn. 110, und vom 28. juni 2011- 8319/07 u.a. (sufi und elmi/vereinigtes königreich) -, nvwz 2012, 681, rn. 213. 124unbeachtlich ist, ob die gefahr von einer situation allgemeiner gewalt, einem persönlichen merkmal der betroffenen person oder einer kombination von beidem ausgeht. allerdings begründet nicht jede situation allgemeiner gewalt die beachtliche wahrscheinlichkeit einer verletzung des art. 3 emrk. vielmehr ist eine solche situation nur in extremen ausnahmefällen intensiv genug, um eine solche gefahr zu begründen, wenn nämlich eine beachtliche wahrscheinlichkeit ("real risk") von misshandlungen einfach aufgrund dessen besteht, dass eine person einer solchen gewalt bei rückkehr ausgesetzt wäre. 125vgl. egmr, urteile vom 28. juni 2011 - 8319/07 u.a. (sufi und elmi/vereingtes königreich) -, nvwz 2012, 681, rn. 218, und vom 10. september 2015 - 4601/14 (r.h./schweden) -, hudoc rn. 60. 126entscheidend ist, ob das gewaltniveau eine intensität erreicht, dass jedem, der sich in dem betroffenen gebiet aufhält mit beachtlicher wahrscheinlichkeit eine verletzung seiner rechte aus art. 3 emrk droht. 127vgl. egmr, urteile vom 5. september 2013 - 886/11 (k.a.b./ schweden) -, hudoc rn. 86, und vom 10. september 2015- 4601/14 (r.h./schweden) -, hudoc rn. 65. 128eine verletzung des art. 3 emrk kann auch durch die abschiebung in einen staat begründet sein, in dem schlechte humanitäre verhältnisse herrschen. dies ist grundsätzlich nur in ganz außergewöhnlichen fällen möglich, wenn die humanitären gründe gegen eine abschiebung zwingend ("compelling") sind. etwas anderes gilt aber jedenfalls dann, wenn die schlechte humanitäre lage überwiegend auf direkte oder indirekte aktionen von konfliktparteien zurückzuführen ist. in einem solchen fall ist die fähigkeit der betroffenen person zu berücksichtigen, für ihre grundbedürfnisse- nahrung, hygiene, unterkunft - zu sorgen, sowie ihre anfälligkeit für misshandlungen und ihre aussicht, dass sich ihre lage in angemessener zeit bessert. 129vgl. egmr, urteile vom 27. mai 2008 - 26565/05 (n./ver-einigtes königreich) -, nvwz 2008, 1334, rn. 42 ff., und vom 28. juni 2011- 8319/07 u.a. (sufi und elmi/vereinigtes königreich) -, nvwz 2012, 681, rn. 278 ff.; s.a. bverwg, urteil vom 31. januar 2013 - 10 c 15.12 -, bverwge 146, 12, rn. 25. 130b) eine drohende verletzung des art. 3 emrk gewährt noch keinen anspruch auf die zuerkennung des subsidiären schutzstatus. vielmehr muss eine den subsidiären schutz begründende gefahr eines ernsthaften schadens in form einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung oder bestrafung gemäß § 4 abs. 3 asylg stets von einem akteur i.s.d. § 3c asylg ausgehen. daraus folgt, dass es auch für die zuerkennung des subsidiären schutzstatus wegen schlechter humanitärer verhältnisse der direkten oder indirekten aktion eines akteurs bedarf, die die unmenschliche lebenssituation im sinne einer zurechenbarkeit, die jenseits nicht intendierter nebenfolgen ein auf die bewirkten effekte gerichtetes handeln oder gar absicht erfordert, herbeigeführt hat. 131vgl. bverwg, urteil vom 20. mai 2020 - 1 c 11.19 -, juris rn. 12 f. mit ausführlicher begründung. 132c) bei anlegung des vorstehend dargelegten maßstabs liegen die voraussetzungen des § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg im zeitpunkt der mündlichen verhandlung nicht vor. dies gilt sowohl mit blick auf die dem kläger nach seinen angaben drohende behandlung durch angehörige von großen clans [aa)] als auch mit blick auf die sicherheitssituation in wajaale und der ehemaligen somalischen region woqooyi galbeed [bb)] und die dortige humanitäre lage [cc)]. 133aa) von angehörigen der mehrheitsclans hat der kläger in wajaale und der ehemaligen somalischen region woqooyi galbeed keine unmenschliche oder erniedrigende behandlung zu erwarten. sein diesbezügliches vorbringen ist nicht glaubhaft. auf die ausführungen unter i. wird verwiesen. 134bb) allein aufgrund der sicherheitssituation in wajaale und der ehemaligen somalischen region woqooyi galbeed besteht keine beachtliche wahrscheinlichkeit einer verletzung des art. 3 emrk. die derzeitige sicherheitssituation dort erreicht nicht den hierfür erforderlichen intensitätsgrad. 135vgl. egmr, urteile vom 5. september 2013 - 886/11 (k.a.b./ schweden) -, hudoc rn. 97, und vom 10. september 2015- 4601/14 (r.h./schweden) -, hudoc rn. 68. 136auf die obigen ausführungen zu 1. d) wird verwiesen. 137cc) die humanitäre lage in wajaale und der ehemaligen somalischen region woqooyi galbeed führt ebenfalls nicht dazu, dass dem kläger subsidiärer schutz zu gewähren ist. aus dieser lage ergeben sich schon keine zwingenden gründe gegen eine abschiebung des klägers dorthin. insbesondere ist das gericht davon überzeugt, dass es ihm dort gelingen wird, für seine grundbedürfnisse - nahrung, hygiene, unterkunft - zu sorgen. 138(1) allerdings gehören das bruttosozialprodukt somalias (einschließlich somaliland) und der dortige lebensstandard zu den niedrigsten weltweit. bis zu 80 % der bevölkerung leben in armut. 139vgl. dis, south central somalia: report from the danish immigration service's fact finding mission to nairobi, kenya and mogadishu, somalia, september 2015, s. 20; bfa, länderinformationsblatt somalia, 12. januar 2018, s. 117; iom, labour market and service skills assessment in selected locations - somalia report, januar 2019, s. 18; bs, bti 2020 country report - somalia, 2020, s. 22. 140die grundversorgung der bevölkerung mit trinkbarem wasser und nahrungsmitteln ist nicht zuletzt aufgrund mehrerer dürreperioden nicht ausreichend gewährleistet. über die hälfte der bevölkerung somalias (einschließlich somaliland und puntland) sind von nahrungsmittelknappheit, kindersterblichkeit und unterernährung bedroht. etwa die hälfte der bevölkerung ist auf nahrungsmittelhilfe angewiesen, rund 1.500.000 kinder sind akut unterernährt; davon etwa 180.000 schwer. auch während der letzten dürreperiode gab es hungertote; eine flächendeckende hungersnot konnte aber abgewendet werden. es gibt keinen sozialen wohnraum oder sozialhilfe. 141vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 17. juli 2019 - a 9 s 1566/18 -, juris rn. 38 ff.; unhcr, position on returns to southern and central somalia (update i), mai 2016, s. 2 und 7; bfa, länderinformationsblatt somalia, 12. januar 2018, s. 116 ff.; amnesty international (ai), the state of the world’s human rights - somalia, 22. februar 2018, s. 3; aa, bericht über die asyl- und abschieberelevante lage in der bundesrepublik somalia, 4. märz 2019, s. 20; unsc, report of the secretary-general on somalia, 15. november 2019, s. 10; bs, bti 2020 country report - somalia, 2020, s. 22 ff und 29 f.; the heritage institute, state of somalia report, januar 2020, s. 15; usdos, somalia 2019 human rights report, 11. märz 2020, s. 21. 142besonders prekär ist die lage der binnenvertriebenen, die rund 20 % der gesamtbevölkerung somalias ausmachen. in somaliland wurden im november 2019 schätzungen zufolge 270.000 binnenvertriebene gezählt, hinzu kommen schätzungsweise 325.000 binnenvertriebene in den zwischen somaliland und puntland umstrittenen gebieten. 143vgl. cgvs, somalie - veiligheidssituatie in somaliland en puntland, 30. juni 2020, s. 48. 144etwa 70 bis 80 % der binnenvertriebenen sind frauen und kinder. die bedingungen in siedlungen für binnenvertriebene sind erbärmlich, zudem sind viele ihrer bewohner dem risiko schwerer menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. ihre ausreichende versorgung mit nahrungsmitteln ist nicht gewährleistet; viele binnenvertriebene leben nur knapp über der grenze zur unterernährung. vielen binnenvertriebenen droht zudem die vertreibung von dem land, auf dem sie wohnen. 145unhcr, position on returns to southern and central somalia (update i), mai 2016, s. 8 ff.; bfa, länderinformationsblatt somalia, 12. januar 2018, s. 114 ff.; ai, the state of the world’s human rights - somalia, 22. februar 2018, s. 3; internal displacement monitoring centre (idmc), no land, no water, no pasture - the urbanisation of drought displacement in somalia, märz 2020, s. 8, 12 und 13, und somalia - country information, s. 1, www.internal-displacement.org/countries/somalia (ab-gerufen am 5. mai 2020); usdos, somalia 2019 human rights report, 11. märz 2020, s. 21 f.; unhcr, somalia - internal displacements monitored by protection & return monitoring network, 25. märz 2020. 146(2) unterstützung durch (groß-) familie und clan zählen weiterhin zu den wichtigsten faktoren für akzeptanz in der gemeinschaft, sicherheit und befriedigung von grundbedürfnissen wie unterkunft und nahrung. dies gilt auch für rückkehrer. dabei gilt als allgemeine regel, dass somalis auch entfernte verwandte, die aus einer anderen gegend kommen unterstützen. soweit unterkunft und nahrung betroffen sind, ist jedoch nicht der clan, sondern die (groß-) familie der erste ansprechpartner. allerdings leistet die großfamilie in der regel nur für einige tage unterstützung und kann nicht als langfristige lösung für lebensunterhalt oder unterkunft angesehen werden. nur wenn eine person in einem gebiet weder über enge familienangehörige noch über andere verwandte verfügt, kann der clan um hilfe gebeten werden. allerdings wurde das konzept der clansolidarität in zentral- und südsomalia angesichts der dauer des dort herrschenden konflikts überdehnt. dementsprechend sehen sich viele familien- und clannetzwerke heute nicht mehr in der lage, vertriebenen verwandten zu helfen. ohne familiäre unterstützung laufen rückkehrer gefahr, sich in einem lager für binnenvertriebene wiederzufinden. dies gilt insbesondere für alleinstehende frauen und zwar unabhängig davon, ob sie kinder haben oder nicht. 147vgl. easo, süd- und zentralsomalia: länderüberblick, august 2014, s. 126; dis, south central somalia: report from the danish immigration service's fact finding mission to nairobi, kenya and mogadishu, somalia, september 2015, s. 20; unhcr, position on returns to southern and central somalia (update i), mai 2016, s. 9; bfa, länderinformationsblatt somalia, 12. januar 2018, s. 129 f. 148(3) trotz der vorstehend beschriebenen umstände besteht in somalia nach der gegenwärtigen erkenntnislage keine derart prekäre humanitäre situation, insbesondere keine derart unzureichende versorgungslage, dass eine rückführung dorthin in anwendung des art. 3 emrk generell ausgeschlossen wäre. vielmehr sind in jedem einzelfall die persönlichen umstände der betroffenen person zu prüfen. 149vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 17. juli 2019 - a 9 s 1566/18 -, juris rn. 44 ff. mit nachweisen aus der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte sowie der obergerichtlichen rechtsprechung in deutschland. 150dies gilt auch für somalliland. 151unter berücksichtigung der umstände des vorliegenden einzelfalls verstößt eine rückführung des klägers nach wajaale und die ehemalige somalische region woqooyi galbeed nicht gegen art. 3 emrk. der kläger ist dort aufgewachsen und mit den dortigen verhältnissen vertraut. zudem ist er jung, gesund und arbeitsfähig und verfügt nach seinen eigenen angaben bereits über arbeitserfahrung in wajaale. zudem leben nach den angaben des klägers in der mündlichen verhandlung seine mutter, seine fünf geschwister und drei brüder seines vaters mit ihren familien in wajaale und der näheren umgebung, die ihn bei seiner wiedereingliederung unterstützen können. konkrete anhaltspunkte dafür, dass seine verwandten den kläger entgegen der landesüblichen gepflogenheiten nicht unterstützen werden, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. dabei spielt es keine rolle, ob seine verwandten auf der somalischen oder auf der äthiopischen seite der grenze leben. nach den insoweit glaubhaften angaben des klägers hat er sich in der vergangenheit mehrfach zwischen äthiopien und somalia hin und her bewegt. schließlich kann der kläger durch eine freiwillige rückkehr nach somalia über das government assisted repatriation programme (garp) eine starthilfe von 1.000,- € erlangen, die ihm seinen lebensunterhalt zumindest für eine übergangszeit sichert. 152vgl. bundesamt, freiwillige rückkehr mit reag/garp (stand: januar 2020) abrufbar unter https://files.returningfromgermany. de/files/200213_reag_garp_deutsch.pdf (abgerufen am 20. april 2020). 1533. es liegen auch keine konkreten anhaltspunkte dafür vor, dass dem kläger in wajaale und der ehemaligen somalischen region woqooyi galbeed seitens eines akteurs i.s.d. §§ 3c, 4 abs. 3 satz 1 asylg die verhängung oder vollstreckung der todesstrafe (§ 4 abs. 1 satz 2 nr. 1 asylg) droht. 154iii. ein anspruch auf feststellung von abschiebungsverboten gemäß § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg steht dem kläger ebenfalls nicht zu. es lässt sich nicht feststellen, dass ihm in somalia landesweit 155- vgl. bverwg, urteil vom 22. märz 2012 - 1 c 3.11 -, bverwge 142, 179, rn. 34), sowie beschluss vom 15. september 2006- 1 b 116.06 -, juris rn. 4 - 156ein verstoß gegen die europäische menschenrechtskonvention oder eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit drohen. 1571. die voraussetzungen des § 60 abs. 5 aufenthg liegen nicht vor. nach dieser norm darf ein ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine abschiebung nach den bestimmungen der europäischen menschenrechtskonvention unzulässig ist. in den blick zu nehmen sind alle verbürgungen dieser konvention, aus denen sich ein zielstaatsbezogenes abschiebungsverbot ergeben kann. soweit § 60 abs. 5 aufenthg die völkerrechtliche verpflichtung der bundesrepublik deutschland wiederholt, bei aufenthaltsbeendenden maßnahmen die gefahr der folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung oder bestrafung (art. 3 emrk) zu berücksichtigen, ist der sachliche regelungsbereich des § 60 abs. 5 aufenthg weitgehend identisch mit dem des subsidiären schutzes gemäß § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg und geht über diesen, soweit art. 3 emrk betroffen ist, jedenfalls nicht hinaus. auch wenn bei anträgen auf internationalen schutz der unionsrechtlich vorgeprägte subsidiäre schutz vor dem nationalen abschiebungsschutz zu prüfen ist, folgt hieraus in bezug auf eine verletzung des art. 3 emrk keine (verdrängende) spezialität der regelung in § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg, die eine prüfung des § 60 abs. 5 aufenthg bereits dem grunde nach ausschließt. letzterer tritt vielmehr selbstständig neben § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg. in fällen, in denen - wie hier - gleichzeitig über die gewährung subsidiären schutzes und nationalen abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet allerdings bei verneinung der voraussetzungen des § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg aus denselben tatsächlichen und rechtlichen erwägungen regelmäßig auch ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 aufenthg in bezug auf art. 3 emrk aus, so dass in der sache divergierende bewertungen kaum denkbar sind. 158vgl. bverwg, urteil vom 31. januar 2013 - 10 c 15.12 -, bverwge 146, 12, rn. 34 ff. zu § 60 abs. 2 aufenthg a.f. 159dementsprechend wird bezüglich eines verstoßes gegen art. 3 emrk auf die ausführungen zu § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg [s.o. ii. 2. c) cc)] verwiesen. konkrete anhaltspunkte dafür, dass dem kläger im falle seiner rückkehr nach wajaale und die ehemalige somalische region woqooyi galbeed eine verletzung weiterer durch die europäische menschenrechtskonvention geschützter rechte droht, sind weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich. 1602. die voraussetzungen des § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg liegen ebenfalls nicht vor. nach dieser norm soll von der abschiebung eines ausländers in einen anderen staat abgesehen werden, wenn für ihn dort eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. 161§ 60 abs. 7 satz 1 aufenthg erfasst seinem wortlaut nach sowohl individuelle als auch allgemeine gefahren. jedoch bestimmt § 60 abs. 7 satz 5 aufenthg, dass allgemeine gefahren, d.h. gefahren, denen die bevölkerung oder die bevölkerungsgruppe, der der ausländer angehört, allgemein ausgesetzt sind, bei anordnungen nach § 60a abs. 1 satz 1 aufenthg zu berücksichtigen sind. mit dieser regelung will der gesetzgeber erreichen, dass dann, wenn eine bestimmte gefahr der ganzen bevölkerung bzw. bevölkerungsgruppe im zielstaat gleichermaßen droht, über deren aufnahme oder nichtaufnahme nicht im einzelfall durch das bundesamt und die ausländerbehörde, sondern für die ganze gruppe der potenziell betroffenen einheitlich durch eine politische leitentscheidung befunden wird. diese gesetzgeberische entscheidung haben die verwaltungsgerichte aus gründen der gewaltenteilung zu respektieren. sie dürfen daher im einzelfall ausländern, die einer gefährdeten gruppe angehören, für die - wie hier - kein abschiebestopp besteht, nur dann ausnahmsweise schutz vor der durchführung der abschiebung in verfassungskonformer anwendung des § 60 abs. 7 sätze 1 und 5 aufenthg zusprechen, wenn dies zur vermeidung einer verfassungswidrigen schutzlücke erforderlich ist. dies ist dann der fall, wenn die gefahr eine so extreme zuspitzung erfahren hat, dass eine abzuschiebende person gleichsam sehenden auges dem sicheren tod oder schwersten verletzungen ausgesetzt würde. für diesen fall gebieten die grundrechte aus art. 1 abs. 1 und art. 2 abs. 2 satz 1 gg in verfassungskonformer auslegung des § 60 abs. 7 sätze 1 und 5 aufenthg auch bei vorliegen einer allgemeinen gefahrenlage die gewährung von abschiebungsschutz. eine verfassungskonforme überwindung des § 60 abs. 7 satz 5 aufenthg scheidet allerdings mangels verfassungswidriger schutzlücke dann aus, wenn ein anderes nationales abschiebungsverbot festzustellen ist oder eine ausländerrechtliche erlasslage - auch außerhalb des anwendungsbereichs des § 60a aufenthg - oder eine aus individuellen gründen erteilte duldung dem betroffenen ausländer einen vergleichbar wirksamen schutz vor abschiebung vermittelt. 162vgl. bverwg, urteil vom 8. dezember 1998 - 9 c 4.98 -, bverwge 108, 77 (juris rn. 9), beschluss vom 23. august 2006 - 1 b 60.06 -, buchholz 402.242 § 60 abs. 2ff aufenthg nr. 19 (juris rn. 4), und urteil vom 13. juni 2013 - 10 c 13.12 -, bverwge 147, 8, rn. 13 und 15. 163bei anlegung dieses maßstabs droht dem kläger im falle seiner rückkehr nach somalia keine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit. der kläger würde im falle seiner abschiebung nach somalia nicht aufgrund der dort herrschenden allgemeinen verhältnisse gleichsam sehenden auges dem sicheren tod oder schwersten verletzungen ausgesetzt. insbesondere ist das gericht davon überzeugt, dass die existenzgrundlage des klägers bei einer rückkehr nach wajaale und die ehemalige somalische region woqooyi galbeed gesichert ist; auf die ausführungen unter ii. 2. c) cc) wird verwiesen. gesundheitliche gründe, die einer rückkehr des klägers dorthin entgegenstehen, sind weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich. 164iv. die abschiebungsandrohung ist ebenfalls rechtmäßig, insbesondere sind die formellen voraussetzungen des § 34 asylg i.v.m. §§ 59 und 60 abs. 10 aufenthg gewahrt. 165v. die unter ziffer 6 des angefochtenen bescheids verfügte befristung des einreise- und aufenthaltsverbots gemäß § 11 abs. 1 aufenthg auf 30 monate ist ebenfalls nicht zu beanstanden. 166dies gilt unabhängig davon, ob § 11 aufenthg gemäß §§ 83c, 77 abs. 1 satz 1 halbsatz 1 asylg in der seit dem 21. august 2019 geltenden fassung durch gesetz vom 15. august 2019 (bgbl. i, s. 1294, im folgenden: § 11 aufenthg n.f.) 167- so vg karlsruhe, urteil vom 22. august 2019 - a 19 k 1718/17 -, juris rn. 22 - 168oder - trotz fehlens einer §§ 83c, 77 abs. 1 asylg derogierenden überleitungsbestimmung (vgl. art. 8 des gesetzes vom 15. august 2019) - in der bis zum 20. august 2019 geltenden fassung durch gesetz vom 27. juli 2015 (bgbl. i, s. 1386, im folgenden: § 11 aufenthg a.f.) 169- so bverwg, beschluss vom 19. dezember 2019 - 1 b 83.19 -, juris rn. 7 (ohne erwähnung von §§ 83c, 77 abs. 1 asylg) - 170anwendung findet. der umstand, dass das bundesamt nach dem wortlaut der ziffer 6 des angefochtenen bescheids in anlehnung an § 11 abs. 1 und abs. 2 satz 1 aufenthg a.f. das einreise- und aufenthaltsverbot nur befristet und nicht auch angeordnet hat, obwohl § 11 abs. 1 satz 1 und abs. 2 satz 3 aufenthg n.f. den erlass eines einreise- und aufenthaltsverbots und dessen befristung fordert, lässt die rechtmäßigkeit dieser regelung unberührt. denn nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts war eine aufgrund der bis zum 20. august 2019 geltenden rechtslage ausgesprochene befristung eines einreise- und aufenthaltsverbots unionsrechtskonform als anordnung eines befristeten einreise- und aufenthaltsverbots auszulegen. 171vgl. bverwg, urteil vom 25. juli 2017 - 1 c 13.17 -, juris rn. 23; vg karlsruhe, urteil vom 22. august 2019 - a 19 k 1718/17 -, juris rn. 26 und 38 m.w.n. 172dementsprechend war das bundesamt gemäß § 75 nr. 12 aufenthg in der bis zum 20. august 2019 geltenden fassung ebenso wie nach der ab dem 21. august 2019 geltenden fassung nicht nur für die befristung eines einreise- und aufenthaltsverbots, sondern auch für die mit der befristung verbundene anordnung des verbots zuständig, wenn es - wie im vorliegenden fall - gestützt auf § 34 asylg eine abschiebungsandrohung erlassen hat. das verbot durfte auch sowohl gemäß § 11 abs. 2 satz 4 aufenthg a.f. als auch gemäß § 11 abs. 2 satz 2 aufenthg n.f. mit der abschiebungsandrohung verbunden werden. 173die gemäß § 11 abs. 2 satz 2 aufenthg n.f. für den fall, dass das einreise- und aufenthaltsverbot mit der abschiebungsandrohung verbunden wird, erforderliche aufschiebende bedingung der abschiebung ist in ziffer 6 des angefochtenen bescheids ebenfalls enthalten. dies kommt dadurch zum ausdruck, dass die ausreisefrist erst ab dem tag der abschiebung zu laufen beginnt und somit auch nur für den fall gilt, dass die betreffende person tatsächlich abgeschoben wird. eine entsprechende regelung durfte auch bereits nach der bis zum 20. august 2019 geltenden rechtslage verfügt werden: gemäß § 11 abs. 2 satz 4 aufenthg a.f. sollte die befristung (und damit auch das mit dieser verbundene verbot) zusammen mit der abschiebungsandrohung erlassen werden. jedoch galt das verbot gemäß § 11 abs. 1 aufenthg a.f. ebenso wie gemäß § 11 abs. 1 satz 1 aufenthg n.f. nur für den fall, dass die betreffende person auch tatsächlich abgeschoben wurde, so dass die in ziffer 6 des angefochtenen bescheids enthaltene ergänzende regelung auch nach der alten rechtslage erforderlich war, um die rechtmäßigkeit des einreise- und abschiebungsverbots zu gewährleisten. 174vgl. vg minden, urteil vom 13. september 2019 - 6 k 6951/17.a -, abdruck s. 21 f. 175die befristung auf 30 monate ist ebenfalls nicht zu beanstanden. die getroffene ermessensentscheidung (§ 11 abs. 3 satz 1 aufenthg a.f. und n.f.) erweist sich als rechtmäßig. da das bundesamt seine entscheidung an den umständen des einzelfalls ausgerichtet hat, hat es erkannt, dass ihm ermessen eingeräumt ist. zudem hat es die gesetzlichen grenzen des ihm eingeräumten ermessens eingehalten und von ihm in einer dem zweck der ermächtigung entsprechenden weise gebrauch gemacht (§§ 114 satz 1 vwgo, 40 vwvfg). 176das durch § 11 abs. 3 satz 1 aufenthg a.f. und n.f. eröffnete ermessen soll ge-währleisten, dass die länge der frist unter beachtung aller umstände des jeweiligen einzelfalls bestimmt wird. primär ist für die länge der frist das öffentliche interesse an der abwehr von gefahren maßgebend, die durch die einreise von personen in das bundesgebiet hervorgerufen werden, die nicht im besitz eines visums oder einer aufenthaltserlaubnis sind und sich auch nicht auf einer abschiebung entgegen-stehende gründe berufen können. allerdings muss sich die zunächst nach der ge-fahr für die öffentliche sicherheit und ordnung ermittelte frist zusätzlich an höherran-gigem recht, d.h. verfassungsrechtlichen wertentscheidungen (insbesondere art. 2 abs. 1 und art. 6 gg) sowie unionsrecht (insbesondere art. 7 grch) und der euro-päischen menschenrechtskonvention (insbesondere deren art. 8) messen lassen. sie ist daher ggf. auf einer zweiten prüfungsstufe zu verkürzen. 177vgl. bverwg, urteil vom 14. mai 2013 - 1 c 13.12 -, infauslr 2013, 334, rn. 33; bauer, in: bergmann/dienelt, ausländerrecht, 11. auflage 2016, § 11 aufenthg rn. 31. 178die frist darf fünf jahre nur überschreiten, wenn die voraussetzungen des § 11 abs. 3 satz 2 aufenthg a.f. bzw. des § 11 abs. 3 satz 2 i.v.m. abs. 5 bis abs. 5b aufenthg n.f. vorliegen. da dies hier nicht der fall ist, hält sich die befristung mit 30 monaten in übereinstimmung mit der dienstanweisung des bundesamts zum asylverfahren, abschnitt einreise- und aufenthaltsverbot, ziffer 4.2, in der mitte des durch § 11 abs. 3 aufenthg a.f. und n.f. eröffneten ermessensspielraums von fünf jahren. anhaltspunkte dafür, dass das bundesamt mit dieser fristbemessung das "gefahrenabwehrinteresse" für einen normalfall ohne "gefahrerhöhende" umstände (vgl. ziffer 4.2.1 des abschnitts einreise- und aufenthaltsverbots der dienstanweisung asylrecht) falsch gewichtet hat, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. insbesondere hat der kläger anlässlich seiner anhörung vor dem bundesamt angegeben, schutzwürdige belange, die bei der bemessung der dauer des einreise und aufenthaltsverbots zu berücksichtigen wären, lägen nicht vor. 179die kostenentscheidung beruht auf §§ 154 abs. 1 vwgo, 83b asylg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 vwgo, 708 nr. 11, 711 zpo. | Verklagte*r | 0 |
116,831 | 13 A 560/16 | 2018-12-05T00:00:00 | Urteil | Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 10. Februar 2016 teilweise geändert. Ziffer 1 lit. b) des Anordnungsbescheides der Bezirksregierung Düsseldorf vom 2. Juli 2015 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens beider Instanzen je zur Hälfte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist Inhaberin einer Erlaubnis zum Großhandel mit Arzneimitteln nach § 52a des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz – AMG). Neben anderen Unternehmensgegenständen, die nicht von diesem Verfahren betroffenen sind, erwirbt sie im EU-/EWR-Ausland zugelassene Arzneimittel, verbringt diese nach Deutschland und lagert sie ggf. in ihrer Betriebsstätte zwischen, um sie an Kunden in anderen EU-/EWR-Staaten zu veräußern (sogenannter Parallelhandel). Die Arzneimittel werden nicht in Deutschland in den Verkehr gebracht. Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Klägerin nach den Leitlinien der Europäischen Kommission vom 5. November 2013 für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln (2013/C 343/01 – GDP-Leitlinien) prüfen muss, ob die von ihr gehandelten Arzneimittel über eine Zulassung für das Inverkehrbringen und eine Marktfreigabe verfügen. 3Am 14. Januar 2014 führte die Bezirksregierung E. eine Inspektion in den Räumen der Klägerin durch und prüfte insbesondere die Einhaltung der Anforderungen der GDP-Leitlinien. Im Inspektionsbericht wurden u.a. folgende „schwerwiegende[n] Fehler und Mängel“ aufgeführt: 4„6.2.8 Die Überprüfung bei Arzneimitteln, die für die EU- oder EWR-Länder bestimmt sind, dass sie für den Verkauf in dem Zielland zugelassen sind, ist bislang nicht vorgesehen (5.4 GDP). 56.2.9 Bei Arzneimitteln, die aus dem EU-Ausland bezogen werden, ist die Prüfung der QP‑Frei-gabe oder ein äquivalenter Nachweis der Frei-gabe für den Zielmarkt von angemessen aus-gebildetem Personal vor Aufnahme in den ver-kaufsfähigen Bestand bisher nicht etabliert (5.4 GDP).“ 6Mit Anordnungsbescheid vom 19. Februar 2014 gab die Bezirksregierung E. der Klägerin u.a. auf, zur Beseitigung der vorgenannten und weiterer Mängel einen Maßnahmenplan vorzulegen. Die festgestellten Mängel gefährdeten die Arzneimittelsicherheit. Die GDP-gerechte Abwicklung des Großhandels sei sicherzustellen. 7Auf die Klage der Klägerin hob das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Anordnungen des Bescheides zu den Mängeln 6.2.8 und 6.2.9 mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 6. Mai 2015 – 16 K 1951/14 – auf und führte zur Begründung aus, Ziffer 5.4 Abs. 3 der GDP-Leitlinien begründe keine Prüfpflicht hinsichtlich des Bestehens einer Zulassung und der Freigabe zum Inverkehrbringen in dem Staat, in den die Klägerin ein Arzneimittel exportiere. Die Bestimmung verpflichte einen Großhändler wie die Klägerin aber zu prüfen, ob das Arzneimittel über eine zentrale Zulassung oder eine Zulassung eines Mitgliedstaats verfüge, und zur Prüfung des Kontrollberichts oder eines gleichwertigen Nachweises über die Marktfreigabe für den Herkunftsstaat. 8Im Anschluss an dieses Urteil gab die Bezirksregierung E. der Klägerin mit Bescheid vom 2. Juli 2015 unter Ziffer 1 auf, 9„gemäß Ziffer 5.4 Abs. 3 der GDP-Leitlinien in das etablierte Qualitätssicherungssystem schriftlich niedergelegte Verfahren zu implementieren, die sicherstellen, dass 10a. Chargen von Arzneimitteln, die für EU- oder EWR-Länder bestimmt sind, erst dann in den verkaufsfähigen Bestand aufgenommen werden, bevor nicht gemäß o.g. Verfahren sichergestellt ist, dass sie zum Verkauf zugelassen sind, und 11b. bei Chargen aus einem anderen Mitgliedstaat vor ihrer Aufnahme in den verkaufsfähigen Bestand der in Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG genannte Kontrollbericht oder ein anderer, auf einem gleichwertigen System beruhender Nachweis der Marktzulassung [durch Erklärung des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht korrigiert in ‚Marktfreigabe‘ – Anm. des Senats] von angemessen ausgebildetem Personal sorgfältig geprüft werden.“ 12Unter Ziffer 2 setzte die Bezirksregierung E. zulasten der Klägerin Gebühren in Höhe von 627,00 Euro fest. Zur Begründung der Ziffer 1 des Bescheides führte sie unter Bezugnahme auf das vorausgegangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf aus, bei der Inspektion am 14. Januar 2014 habe die Klägerin keinerlei Verfahrensanweisung zur Überprüfung der Anforderungen nach Ziffer 5.4 der GDP-Leitlinien vorweisen können. 13Die Klägerin hat den Bescheid mit ihrer am 4. August 2015 erhobenen Klage angefochten und im Wesentlichen geltend gemacht: 14Die erforderliche Anhörung vor Erlass des Bescheides sei nicht erfolgt. Der Bescheid sei ferner mangels Bestimmtheit rechtswidrig. Er erschöpfe sich in einer Wiedergabe des Leitlinien-Textes. Ziffer 5.4 Abs. 3 der GDP-Leitlinien sei nicht auf Durchfuhren anwendbar. In der Vorschrift werde nur die Kontrolle ganzer Chargen geregelt, nicht jedoch einzelner Packungen von Arzneimitteln, die von einem Originalhersteller in der EU/dem EWR bereits in Verkehr gebracht worden seien und von einem Parallelhändler zur Durchfuhr erworben und nach Deutschland verbracht würden. In seinem Urteil vom 6. Mai 2015 gehe das Verwaltungsgericht von einer unzutreffenden Auslegung des Begriffs „Charge“ aus. Zudem berücksichtige der angefochtene Bescheid in Bezug auf Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien nicht, dass die Regelung keine zwingende Vorgabe begründe, sondern als „Soll“-Vorschrift ausgestaltet sei, also Ausnahmen zulasse. Ein solcher Ausnahmefall liege hier vor. Eine Prüfung anhand der Freigabe-Doku-mentation und der Kontrollberichte sei nicht durchführbar, da Parallelimporteure keinen Zugang zu diesen Unterlagen des Originalherstellers hätten. Eine solche Prüfung sei auch nicht zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Men-schen erforderlich, da es sich bei parallelimportierten Arzneimitteln um solche handele, die in ihrem Ursprungsstaat bereits in den Verkehr gebracht worden seien. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europä-ischen Union zu Parallelimporten trage die Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit über den Nachweis der Qualitätsprüfung bei parallelimportierten Arzneimitteln vom 23. Februar 1995 dem Umstand Rechnung, dass der Parallelimporteur die Prüfunterlagen des Originalherstellers nicht vorlegen könne. Unabhängig davon liege kein Verstoß gegen Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 1 der GDP-Leitlinien vor. Sie habe die Bezirksregierung E. mit Schreiben vom 29. Juli 2014 darüber unterrichtet, dass sie gemäß ihrer SOP HP-05 eine mittelbare Kontrolle der Zulassungen der gehandelten Arzneimittel durchführe, indem sie die ausländische Zulassungsnummer prüfe. Seit dem 30. Oktober 2015 habe sie die Prüfung der Zulassung in der SOP GH-07 gesondert geregelt. 15Die Klägerin hat beantragt, 16den Bescheid des beklagten Landes vom 2. Juli 2015 aufzuheben. 17Das beklagte Land hat beantragt, 18die Klage abzuweisen. 19Es hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Verfahrensanweisung SOP HP-05 der Klägerin genüge nicht den Anforderungen der GDP-Leitlinien. Darin sei zwar geregelt, dass die „Überprüfung der Zulassungsnummer auf Übereinstimmung mit der erteilten Zulassung“ vorgenommen werde. Es bleibe aber offen, wie diese Überprüfung konkret durchgeführt werde, ob z.B. ein Abgleich mit Datenbanken oder Zulassungsunterlagen erfolge. Auch die neue Verfahrensanweisung SOP GH-07 weise Defizite auf. Danach sei nur einmal zu prüfen, ob eine Zulassung erfolgt sei, während spätere Kontrollen, ob eine solche Zulassung weiterhin Bestand habe, nicht vorgesehen seien. Selbst wenn grundsätzlich wegen des Wortlauts der GDP-Leitlinien („sollte“) nicht ausnahmslos von einer Verpflichtung zur Überprüfung des Kontrollberichts oder eines gleichwertigen Nachweises der Marktfreigabe ausgegangen werden könne, so werde jedenfalls für das deutsche Recht durch § 1a der Verordnung über den Großhandel und die Arzneimittelvermittlung (Arzneimittelhandelsverordnung – AM-HandelsV) klargestellt, dass die Anforderungen der GDP-Leitlinien einzuhalten seien. 20Mit Urteil vom 10. Februar 2016 – 16 K 5398/15 – hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen, zur Begründung auf sein Urteil vom 6. Mai 2015 Bezug genommen und ergänzend ausgeführt: Einer Anhörung der Klägerin habe es nicht bedurft, nachdem sie im Rahmen des dem Bescheid vorausgegangenen gerichtlichen Verfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt habe. Der angefochtene Bescheid setze lediglich das Urteil um. Jedenfalls sei ein etwaiger Anhörungs-mangel im vorliegenden gerichtlichen Verfahren geheilt worden. Ziffer 5.4 der GDP-Leitlinien sei auf den grenzüberschreitenden Großhandel mit EU-Arznei-mitteln, den die Klägerin betreibe, anwendbar. Etwas anderes ergebe sich ins-besondere nicht aus der Auslegung des Begriffs „Charge“ in Ziffer 5.4 Abs. 3 der GDP-Leitlinien. Das Argument der Klägerin, Parallelhändler erhielten die Frei-gabedokumentation regelmäßig nicht von dem Hersteller, rechtfertige keine Aus-nahme von Satz 2 der Bestimmung. Die Verfügung in dem angefochtenen Bescheid, die im Wesentlichen den Wortlaut von Ziffer 5.4 Abs. 3 der GDP-Leitlinien wiederhole, sei auch hinreichend bestimmt. Dem stehe nicht entgegen, dass Ziffer 1 lit. b) des Bescheides der Klägerin einen Spielraum hinsichtlich des zu prüfenden Nachweises belasse. 21Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung. Zur Begründung führt sie unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens insbesondere aus: 22Der Bescheid sei unbestimmt, da unklar sei, welche Unterlagen anstelle des Kontrollberichts geprüft werden müssten bzw. dürften. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht habe das beklagte Land mitgeteilt, auch eine andere Bestätigung aus der Qualitätssicherungsabteilung des Originalherstellers würde von ihr akzeptiert werden. Eine solche Bestätigung stehe der Klägerin indes ebenso wenig zur Verfügung wie der Kontrollbericht. 23Zudem beanspruche die Regelung der Ziffer 5.4 Abs. 3 der GDP-Leitlinien keine Geltung für ihre Tätigkeit als Großhändlerin von Arzneimitteln aus dem EU- und EWR-Ausland, die nicht in Deutschland in den Verkehr gebracht, sondern in andere EU- und EWR-Staaten verbracht würden. Dies ergebe sich aus der zutreffenden Auslegung des Begriffs „Charge“. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die Definitionen in Anhang I, Teil I Nr. 3.2.2.5 der Richtlinie 2001/83/EG und in § 4 Abs. 15 AMG maßgeblich. Unter „Charge“ im Sinne der Ziffer 5.4 Abs. 3 der GDP-Leitlinien sei daher die Gesamtheit der Einheiten zu verstehen, die im Rahmen eines einheitlichen Herstellungsprozesses gefertigt worden seien, nicht eine Teilmenge davon oder einzelne Fertigpackungen, die bereits im Ausgangsstaat in den Verkehr gebracht worden seien. Ziffer 5.4 Abs. 3 der GDP-Leitlinien gehe nicht über die Regelung über die Marktfreigabe in Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel hinaus. Wenn Arzneimittel in einem anderen als dem Bestimmungsstaat gefertigt würden, sei nach der Regelung vor dem Inverkehrbringen im Bestimmungsstaat eine Prüfung erforderlich, ob im Herkunftsstaat eine Zulassung vorliege und die Kontrolle nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG durchgeführt worden sei. Diese Prüfung stelle Ziffer 5.4 Abs. 3 der GDP-Leitlinien sicher. Die Prüfung sei aber nur bei einem Inverkehrbringen im Bestimmungsstaat erforderlich, also nicht bei der von der Klägerin betriebenen Durchfuhr. In Übereinstimmung damit beträfen die deutschen Umsetzungsvorschriften in §§ 16 und 17 der Verordnung über die Anwendung der Guten Herstellungspraxis bei der Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen und über die Anwendung der Guten fachlichen Praxis bei der Herstellung von Produkten menschlicher Herkunft (Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung – AMWHV) nur die Freigabe von Herstellungschargen zum Inverkehrbringen in Deutschland, nicht aber die Durchfuhr von einzelnen Fertigarzneimitteln, die bereits aufgrund einer dortigen Zulassung nach entsprechender Kontrolle im Herkunftsstaat in den Verkehr gebracht worden seien. Ausgehend von der Rechtsauffassung des beklagten Landes müsse nach Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien auch von nationalen Großhändlern verlangt werden, dass diese die Freigabe zum Inverkehrbringen prüften. Eine derartige Prüfung werde aber nicht verlangt. Der Hinweis des beklagten Landes auf den Fälschungsschutz betreffe nicht die vorliegende Problemstellung. Der in Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien geforderte Kontrollbericht betreffe nicht den Fälschungsschutz, sondern die Sicherstellung der Qualität des Arzneimittels. 24Jedenfalls liege ein Ausnahmefall vor, den die „Soll“-Bestimmung der Ziffer 5.4 Abs. 3 der GDP-Leitlinien zulasse. Ein ausnahmsweises Absehen von den Vorgaben der Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 GDP-Leitlinien sei geboten, da Parallelhändler keinen Zugang zu den Kontrolldokumenten hätten. Im Bereich des Parallelimports sei in der Verwaltungspraxis anerkannt, dass die Kontrollberichte von dem Parallelimporteur nicht verlangt werden könnten. 25Außerdem verstoße Ziffer 5.4 Abs. 3 der GDP-Leitlinien in der Auslegung durch das Verwaltungsgericht gegen die Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 ff. des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), da dadurch der grenzüberschreitende Handel mit Arzneimitteln praktisch unmöglich gemacht werde. Insoweit gelte die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zum Parallelimport entsprechend. Die Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit sei vorliegend auch nicht nach Art. 36 AEUV gerechtfertigt, denn zum Gesundheitsschutz sei die Vorlage der Kontrollberichte nicht erforderlich. Eine Kontrolle der Freigabedokumentation habe vor dem erstmaligen Inverkehrbringen im Herkunftsstaat bereits stattgefunden. Eine weitere Kontrolle finde nach dem Umpacken und vor dem Inverkehrbringen im Zielstaat statt. 26Die Klägerin beantragt, 27das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 10. Februar 2016 zu ändern und den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 2. Juli 2015 aufzuheben. 28Das beklagte Land beantragt, 29die Berufung zurückzuweisen. 30Es weist darauf hin, dass die GDP-Leitlinien dem angesichts einer steigenden Zahl von Fälschungsfällen wichtigen Ziel dienten, gefälschte Arzneimittel aus der legalen Lieferkette fernzuhalten sowie die Qualität und Unversehrtheit der Arzneimittel zu gewährleisten. Auch andere europäische Länder wie Schweden, Finnland und Dänemark forderten die Einhaltung von Ziffer 5.4 der GDP-Leit-linien. Die Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit über den Nachweis der Qualitätsprüfung bei parallelimportierten Arzneimitteln vom 23. Februar 1995 betreffe die Beschaffung eines Prüfprotokolls durch einen Parallelimporteur, nicht den hier geforderten Kontrollbericht. Der Kontrollbericht enthalte im Gegensatz zum Prüfprotokoll keine Daten, sondern lediglich eine chargenspezifische Freigabebestätigung und eine Bestätigung der Zulassung. Im Übrigen nimmt das beklagte Land auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 2015 – 16 K 1951/14 – Bezug. 31In der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisanträge der Klägerin und des beklagten Landes hat der Senat abgelehnt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. 32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung E. Bezug genommen. 33Entscheidungsgründe: 34Die Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg. 35Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Anordnungsbescheid der Bezirksregierung E. vom 2. Juli 2015 zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Der Bescheid ist hinsichtlich der Anordnung, durch Verfahrensregelungen sicherzustellen, dass bei Chargen aus einem anderen Mitgliedstaat vor ihrer Aufnahme in den verkaufsfähigen Bestand der in Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG genannte Kontrollbericht oder ein anderer auf einem gleichwertigen System beruhender Nachweis der Marktfreigabe von angemessen ausgebildetem Personal sorgfältig geprüft werden (Ziffer 1 lit. b), rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; hierzu nachfolgend I.). Dagegen ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig, soweit der Klägerin aufgegeben wurde, durch Verfahrensregelungen sicherzustellen, dass Chargen von Arzneimitteln, die für EU- oder EWR-Länder bestimmt sind, nicht in den verkaufsfähigen Bestand aufgenommen werden, bevor sichergestellt ist, dass sie zum Verkauf zugelassen sind (Ziffer 1 lit. a); hierzu nachfolgend II.), und ihr Gebühren auferlegt wurden (Ziffer 2; nachfolgend III.). 36I. Die oben genannte Anordnung in Ziffer 1 lit. b) des Bescheides vom 2. Juli 2015 ist rechtswidrig. 37Sie beruht auf der Ermächtigungsgrundlage in § 69 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz – AMG). Danach treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Diese Befugnis ermächtigt die zuständigen Behörden insbesondere bei Missachtung arzneimittelrechtlicher Vorschriften zum Einschreiten. 38Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 - 3 C 27.07 -, juris, Rn. 15; OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2018 - 13 A 2289/16 -, juris, Rn. 39 f., jeweils m.w.N. 39Es kann offen bleiben, ob die Anordnung in Ziffer 1 lit. b) des Bescheides vom 2. Juli 2015 im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW hinreichend bestimmt ist. 40Denn jedenfalls liegt ein diese Anordnung tragender bereits erfolgter oder drohender künftiger Verstoß gegen § 1a Satz 1 der Verordnung über den Großhandel und die Arzneimittelvermittlung (Arzneimittelhandelsverordnung – AM-HandelsV) i.V.m. Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der Leitlinien der Europäischen Kommission vom 5. November 2013 für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln (2013/C 343/01 – GDP-Leitlinien) nicht vor. Zwar findet die Vorschrift auf den von der Klägerin betriebenen Großhandel mit Arzneimitteln in der Form des grenzüberschreitenden Parallelhandels Anwendung (nachfolgend 1.). Die Regelung bedarf aber der Auslegung, bei der insbesondere die Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zu berücksichtigen ist (2.). Dem trägt die Anordnung in Ziffer 1 lit. b) des angefochtenen Bescheides nicht hinreichend Rechnung (3.). 411. Auf den von der Klägerin betriebenen grenzüberschreitenden Parallelhandel mit Arzneimitteln findet § 1a Satz 1 AM-HandelsV i.V.m. Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien Anwendung. Diese Tätigkeit der Klägerin ist dadurch gekennzeichnet, dass sie – parallel zu der Vertriebsstruktur des Arzneimittelherstellers – in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums zugelassene Arzneimittel dort erwirbt, ggf. in Deutschland zwischenlagert und sodann wiederum an Kunden im EU- oder EWR-Ausland veräußert. Als Großhandel mit Arzneimitteln unterfällt diese Tätigkeit dem Anwendungsbereich der Arzneimittelhandelsverordnung (§ 1 Satz 1 AM-HandelsV), so dass die Klägerin nach § 1a Satz 1 AM-HandelsV die GDP-Leitlinien einhalten muss. 42Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien bestimmt unter der Überschrift „Entgegennahme von Arzneimitteln“, dass bei Chargen aus einem anderen Mitgliedstaat vor ihrer Aufnahme in den verkaufsfähigen Bestand der in Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, 43zuletzt geändert durch Richtlinie 2012/26/EU vom 25. Oktober 2012, 44genannte Kontrollbericht oder ein anderer, auf einem gleichwertigen System beruhender Nachweis der Marktzulassung von angemessen ausgebildetem Personal sorgfältig geprüft werden sollte. Aus dem Vergleich mit der englischsprachigen Fassung ergibt sich, dass mit der „Marktzulassung“ die Marktfreigabe („release to the market“) gemeint ist. 45a) Die Klägerin handelt mit „Chargen“ von Arzneimitteln im Sinne dieser Bestimmung. Dem steht nicht entgegen, dass sie nach ihren Angaben nicht vollständige Herstellungschargen, sondern unterschiedliche Mengen von Einzelpackungen eines im Herkunftsstaat bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittels erwirbt. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 6. Mai 2015 – 16 K 1951/14 – zutreffend ausgeführt, dass der Begriff „Charge“ im Kontext der Ziffer 5.4 Abs. 3 der GDP-Leitlinien eine einheitliche Menge eines einem Großhändler gelieferten Arzneimittels bezeichnet und damit nicht mit dem Begriff „Charge“ im Sinne der Definitionen in Ziffer 3.2.2.5 des Anhangs I, Teil I der Richtlinie 2001/83/EG und in § 4 Abs. 16 AMG übereinstimmt. 46Nach der Definition im Anhang der Richtlinie 2001/83/EG ist bei der Kontrolle des Fertigarzneimittels unter der Charge eines Fertigarzneimittels die Gesamtheit der Einheiten einer Darreichungsform zu verstehen, die aus der gleichen Ausgangsmenge von Material entstehen und der gleichen Abfolge von Herstellungs- und/ oder Sterilisierungsabläufen unterzogen werden, bzw. im Falle eines kontinuierlichen Herstellungsprozesses die Gesamtheit aller Einheiten, die in einem bestimmten Zeitraum hergestellt werden. In § 4 Abs. 16 AMG wird der Begriff „Charge“ – mit der Definition der Richtlinie inhaltsgleich – definiert als die jeweils aus derselben Ausgangsmenge in einem einheitlichen Herstellungsvorgang oder bei einem kontinuierlichen Herstellungsverfahren in einem bestimmten Zeitraum erzeugte Menge eines Arzneimittels. Schon aus der Einleitung der Legaldefinition in Ziffer 3.2.2.5 des Anhangs I, Teil I der Richtlinie 2001/83/EG („Bei der Kontrolle des Fertigarzneimittels…“) ergibt sich, dass diese sowie die Definition des § 4 Abs. 16 AMG im Kontext der für das Inverkehrbringen erforderlichen Marktfreigabe stehen. Nach der maßgeblichen Regelung des Art. 51 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG, in Deutschland umgesetzt in §§ 16 und 17 der Verordnung über die Anwendung der Guten Herstellungspraxis bei der Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen und über die Anwendung der Guten fachlichen Praxis bei der Herstellung von Produkten menschlicher Herkunft (Arzneimittel- und Wirk-stoffherstellungsverordnung – AMWHV), darf eine Charge eines im betreffenden Mitgliedstaat hergestellten Arzneimittels nur von der sachkundigen Person des Herstellers für das Inverkehrbringen freigegeben werden, wenn sie die Herstel-lung und Kontrolle des Arzneimittels entsprechend den einzuhaltenden Rege-lungen und den Vorgaben der arzneimittelrechtlichen Zulassung geprüft hat. 47Dieser Regelungszusammenhang der Definition des Begriffs „Charge“ folgt auch aus dem Standort in Anhang I der Richtlinie 2001/83/EG. Art. 8 Abs. 3 dieser Richtlinie verweist hinsichtlich der dem Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels beizufügenden Angaben und Unterlagen auf Anhang I. Teil I dieses Anhangs, in dem sich die Definition findet, trägt die Überschrift „Standardanforderungen an einen Zulassungsantrag“. Nach den Regelungen sind in einem Zulassungsantrag u.a. die Verfahren und Methoden, die bei der Kontrolle des Fertigarzneimittels eingesetzt werden, hinreichend ausführlich zu beschreiben (Art. 8 Abs. 3 lit. h) und Anhang I Ziffer 3.2 Abs. 4 der Richtlinie 2001/83/EG). Die Definition in Ziffer 3.2.2.5 bestimmt mithin, wie der Begriff „Charge“ bei der Beschreibung der vorgesehenen, den Herstellungsprozess abschließenden Kontrolle des Präparats zu verwenden ist. 48Diese Definition kann nicht im Anwendungsbereich der GDP-Leitlinien herangezogen werden, die nicht die Herstellung von, sondern den Großhandel mit Arzneimitteln betreffen, also einen anderen Regelungszusammenhang. Zwar nimmt Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien ausdrücklich auf den Kontrollbericht nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG Bezug, der jeweils zu einer (Herstellungs-) Charge erstellt wird. Aus den GDP-Leitlinien ergibt sich aber kein Anhaltspunkt dafür, dass die Regelung in Ziffer 5.4 Abs. 3 nur dann Anwendung finden soll, wenn ein Großhändler eine vollständige Charge von Arzneimitteln im Sinne des bezüglich des Herstellungsprozesses definierten Begriffs übernimmt. Sinn und Zweck der GDP-Leitlinien gebietet es vielmehr, den Begriff „Charge“ in Ziffer 5.4 Abs. 3 der GDP-Leitlinien – entsprechend der Auffassung des Verwaltungsgerichts – weit zu verstehen als einheitliche, einem Großhändler gelieferte Menge eines Arzneimittels, die mit einer Charge im Sinne der Definition in Ziffer 3.2.2.5 des Anhangs I, Teil I der Richtlinie 2001/83/EG übereinstimmen, aber auch in einer Teilmenge der Herstellungscharge bestehen kann. 49Die für den Großhandel bestimmten Leitlinien dienen dem Zweck, die Kontrolle der Vertriebskette sicherzustellen, um die Qualität und Unversehrtheit von Arzneimitteln aufrecht zu erhalten. Zudem soll verhindert werden, dass gefälschte Arzneimittel in die legale Lieferkette gelangen (Absatz 5 der Einleitung der GDP-Leitlinien). Diesem Zweck entspricht es, dass Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien dem Großhändler auferlegt, bei Arzneimitteln aus einem anderen Mitgliedstaat vor ihrer Aufnahme in den verkaufsfähigen Bestand den in Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Kontrollbericht oder einen gleichwertigen Nachweis zu prüfen. Nur bei einem weiten Verständnis des Begriffs „Charge“ ist die mit den GDP-Leitlinien bezweckte Kontrolle der Vertriebskette gewährleistet. 50b) Entgegen der Auffassung der Klägerin spricht auch der systematischen Zusammenhang zu Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG nicht dafür, dass die Prüfpflicht nach Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien nur gilt, wenn der Großhändler eine vollständige Charge aus einem anderen EU-Mitgliedstaat übernimmt und beabsichtigt, diese im Bestimmungsstaat in den Verkehr zu bringen. Art. 51 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. a) der Richtlinie 2001/83/EG regelt die Pflicht der sachkundigen Person zu prüfen, dass ein Arzneimittel entsprechend der im Mitgliedstaat der Herstellung geltenden Vorschriften und der Genehmigung für das Inverkehrbringen hergestellt und kontrolliert worden ist. Wird ein Arzneimittel aus einem Nicht-EU-Staat eingeführt, ist die Übereinstimmung der Qualität des Arzneimittels mit den Anforderungen der Genehmigung für das Inverkehrbringen durch Analysen zu prüfen (Art. 51 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. b) der Richtlinie 2001/83/EG). Art. 51 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG privilegiert bereits nach dem Verfahren des Unterabs. 1 lit. a) oder b) in einem Mitgliedstaat geprüfte Chargen von Arzneimitteln insoweit, als bei der Einfuhr in einen anderen Mitgliedstaat keine Kontrollen am Maßstab des dortigen Rechts durchzuführen sind, sondern es genügt, wenn von der sachkundigen Person im Herkunftsmitgliedstaat unterzeichnete Kontrollberichte beigefügt sind. 51Diese Regelungen knüpfen an das Herstellen oder den Import von Arzneimitteln an, nicht an das Inverkehrbringen. Nach ihrer Systematik ist die Qualität eines Arzneimittels bei einer grenzüberschreitenden Lieferkette grundsätzlich in jedem Mitgliedstaat zu prüfen, sei es als Abschluss des Herstellungsprozesses oder bei dem Import in einen Mitgliedstaat. Eine Ausnahme hiervon gilt nur, wenn Kontrollberichte über die Prüfung in einem in der Lieferkette vorangegangenen Mitgliedstaat beigefügt sind. 52Daraus, dass Art. 51 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG die vollständige in einem Mitgliedstaat geprüfte Charge von der erneuten Prüfung in einem anderen Mitgliedstaat befreit, kann nicht im Umkehrschluss entnommen werden, dass der beigefügte Kontrollbericht, der an die Stelle der erneuten Prüfung tritt, nur bei der Einfuhr einer vollen Charge erforderlich ist, nicht dagegen bei Einfuhr nur einer Teilmenge einer Charge. Eine solche weitergehende Privilegierung, die für Teilmengen von Chargen gänzlich auf den Nachweis der Übereinstimmung mit den geltenden Bestimmungen verzichtet, ist Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG nicht zu entnehmen. 53Auch der Umstand, dass die Prüfung der Qualität des Arzneimittels nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG der sachkundigen Person des Herstellers und nicht dem Großhändler obliegt, steht der Verpflichtung des Großhändlers, bei Erhalt von Arzneimitteln aus einem anderen EU- oder EWR-Staat den Kontrollbericht zu prüfen, nicht entgegen. Diese Prüfung wird dem Großhändler im Interesse der geschlossenen Prüfung der Lieferkette durch Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien auferlegt. Damit greift die Regelung Art. 51 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG auf. In diesem Sinne ist auch die Antwort der Europäischen Kommission auf Frage 14 in den „Questions and Answers“ zu verstehen, die die Klägerin als Anlage K 21 vorgelegt hat. 54Knüpft Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien mithin an den grenzüberschreitenden Großhandel mit Arzneimitteln an, kommt es auf die mit dem ersten Beweisantrag der Klägerin angesprochene Frage, welche Anforderungen für Arzneimittelgroßhändler bei rein nationalen Handelsvorgängen gelten, nicht an, weshalb – neben einem weiteren Ablehnungsgrund – der Beweisantrag abzulehnen war. 552. Bei der gebotenen Auslegung unter Berücksichtigung der Warenverkehrsfreiheit aus Art. 34 AEUV verlangt § 1a Satz 1 AM-HandelsV i.V.m. Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien nicht von dem Großhändler, dass er bei Chargen aus einem anderen Mitgliedstaat vor Aufnahme in den verkaufsfähigen Bestand stets den Kontrollbericht nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG oder einen gleichwertigen Nachweis der Marktfreigabe sich beschafft und prüft. Dies kann dem Großhändler nur auferlegt werden, soweit es ihm möglich ist, die erforderlichen Unterlagen zu erlangen. 56a) Zwar folgt nicht schon aus der Formulierung „sollte“ in Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien, dass diese Bestimmung Ausnahmen zulässt. Die in Deutschland aufgrund der Verweisung in § 1a Satz 1 AM-HandelsV geltende Regelung eröffnet weder dem Großhändler noch der Behörde, die die Regelung durchsetzt, ein Ermessen oder einen Spielraum. Der Sprachgebrauch der von der Europäischen Kommission auf der Grundlage der Artikel 84 und 85b Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG erlassenen Leitlinien lässt erkennen, dass Bestimmungen, die lediglich Vorschriften der Richtlinie wiedergeben, unbedingt formuliert sind, während die Richtlinie ergänzende Bestimmungen von einer unverbindlicheren Wortwahl gekennzeichnet sind. Jedenfalls in Deutschland ergibt sich die unbedingte Geltung der GDP-Leitlinien aber aus § 1a Satz 1 AM-HandelsV, wonach Betriebe und Einrichtungen diese Leitlinien einhalten „müssen“. 57b) Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien bedarf aber der Auslegung hinsichtlich der von dem Großhändler verlangten Handlung. Nach dem Wortlaut muss der Kontrollbericht oder ein gleichwertiger Nachweis der Marktfreigabe „geprüft werden“. Bei wörtlichem Verständnis bezieht sich „prüfen“ auf ein vorliegendes Dokument, umfasst aber nicht das Beschaffen des Kontrollberichts oder des gleichwertiges Nachweises, falls ein solches Dokument der Arzneimittelsendung an den Großhändler nicht ohne dessen Zutun beigefügt ist, wovon offenbar die Regelung in Art. 51 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG ausgeht, oder ihm auf andere Weise zugeleitet worden ist. Sinn und Zweck der Regelung, eine wirksame Kontrolle der Qualität in der Lieferkette sicherzustellen, gebietet es aber, die Regelung dahingehend auszulegen, dass der Großhändler sich den Kontrollbericht oder ein gleichwertiges Dokument grundsätzlich beschaffen muss, um diese prüfen zu können. Wäre der Großhändler lediglich verpflichtet, ein ihm vorliegendes Dokumente zu prüfen, und entfiele diese Pflicht, wenn ihm kein entsprechendes Dokument zugeleitet wird, hinge die von den GDP-Leitlinien bezweckte Kontrolle vom Zufall ab. 58c) Diese Beschaffungspflicht kann aber mit Rücksicht auf die Warenverkehrsfreiheit aus Art. 34 AEUV nicht uneingeschränkt gelten. Ist es dem Parallelhändler trotz entsprechender Bemühungen nicht möglich, den Kontrollbericht oder ein gleichwertiges Dokument vom Originalhersteller zu erlangen, ist die in Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien verlangte Prüfung der Marktfreigabe auf anderem Wege sicherzustellen. 59aa) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gebietet es die Warenverkehrsfreiheit, sogenannten Parallelimporteuren, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union zugelassene und im Verkehr befindliche Arzneimittel in einen anderen Mitgliedstaat einführen und dort parallel zur Vertriebsstruktur des Originalherstellers in Verkehr bringen, eine Zulassung unter erleichterten Bedingungen zu erteilen, wenn sie bestimmte für die Zulassung erforderliche Dokumente, die sie nur von dem Originalhersteller erhalten könnten, nicht vorlegen können. 60Vgl. grundlegend EuGH, Urteil vom 20. Mai 1976 - C-104/75 -, De Peijper, juris, sowie etwa Urteil vom 1. April 2004 - C-112/02 -, Kohlpharma, juris. 61Nach dieser Rechtsprechung ist eine sogenannte Formalzulassung zu erteilen, wenn das Importarzneimittel im Ausfuhr-Mitgliedstaat zugelassen wurde, für ein Bezugsarzneimittel im Einfuhr-Mitgliedstaat eine Zulassung besteht und das Importarzneimittel im Wesentlichen mit dem Bezugsarzneimittel gleich ist. 62Vgl. zusammenfassend: Mitteilung der Kommission vom 30. Dezember 2003, KOM (2003) 839 endg., S. 7 f.; Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl. 2016, Vor § 72 Rn. 6 ff. 63Der Gerichtshof der Europäischen Union hat des Weiteren bereits in seiner grundlegenden Entscheidung vom 20. Mai 1976 – C-104/75 – (De Peijper) entschieden, zwar bestehe ein legitimes Interesse der zuständigen Behörde des Einfuhr-Mitgliedstaats an der Vorlage der Dokumente über die Marktfreigabe einer bestimmten eingeführten Partie bzw. Charge eines Arzneimittels. Es beschränke den Warenverkehr aber unnötig stark, diese Dokumente von dem Parallelimporteur zu verlangen, wenn dieser sie nicht vorlegen könne und der wirksame Schutz von Leben und Gesundheit mit anderen Mittel erreicht werden könne. Insoweit sei an legislative und administrative Mittel zu denken, um den Originalhersteller zur Herausgabe der erforderlichen Informationen zu zwingen. Ebenso seien eine widerlegliche Vermutung der Übereinstimmung der Charge mit den Anforderungen an das Arzneimittel und ein verstärkter Informationsaustausch unter den Behörden der Mitgliedstaaten in Betracht zu ziehen. 64Vgl. EuGH, Urteil vom 20. Mai 1976 - C-104/75 -, De Peijper, juris, Rn. 23 ff. 65Zur Interpretation dieser Rechtsprechung kann die „Mitteilung der Kommission über Parallelimporte von Arzneispezialitäten, deren Inverkehrbringen bereits genehmigt ist“, vom 6. Mai 1982, 66ABl. 1982 Nr. C 115/5, 67dienen. Darin hat die Europäische Kommission die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgegriffen und Hinweise zur einheitlichen Anwendung der Vertragsregelungen über die Warenverkehrsfreiheit formuliert. Danach müssen die einzelstaatlichen Verwaltungen eine „aktivere Politik“ anwenden, wenn sie die vom Hersteller an einer bestimmten Charge vorgenommenen Kontrollen nachprüfen wollen, der Parallelimporteur aber keinen Zugang zu den Kontrollberichten hat. Die Behörden könnten Rechts- oder Verwaltungsvorschriften treffen, um den Hersteller zu zwingen, die Kontrollberichte vorzulegen, die Kontrollberichte durch die Behörden des Fabrikationslandes einholen, von einer widerleglichen Vermutung zugunsten der Übereinstimmung der Charge mit den Anforderungen ausgehen oder – als letztes Mittel – dem Parallelimporteur gestatten, den Beweis der Übereinstimmung mit allen anderen Mitteln zu erbringen. 68Vgl. ABl. 1982 Nr. C 115/5, 8. 69Diese Ausführungen der Europäischen Kommission können bei der Anwendung des EU-Vertragsrechts und -Sekundärrechts sowie der zu dessen Umsetzung ergangenen nationalen Regelungen des Arzneimittelrechts auch nach Veröffentlichung der Mitteilung der Kommission vom 30. Dezember 2003, 70KOM (2003) 839 endg., 71weiterhin herangezogen werden. Durch diese Mitteilung wurde die Mitteilung aus dem Jahr 1982 aktualisiert, aber nicht ersetzt. 72Vgl. Mitteilung der Kommission vom 30. Dezem-ber 2003, KOM (2003) 839 endg., Seite 3; zur hier relevanten Frage auch Seite 7, Fußnote 13, wonach der Paralleleinführer die Unterlagen für das Arzneimittel im Allgemeinen oder für eine bestimmte Partie, die nur über den Hersteller des Arzneimittels oder den Genehmigungsinhaber erhältlich sind, in der Praxis nicht vorlegen muss. 73Auf der Grundlage der Mitteilung der Kommission vom 6. Mai 1982 hat das Bundesministerium für Gesundheit eine „Bekanntmachung über den Nachweis der Qualitätsprüfung bei parallelimportierten Arzneimitteln“ vom 23. Februar 1995 (BAnz. S. 2227) zur Prüfung der Marktfreigabe nach § 13 Abs. 2 der Betriebsverordnung für Pharmazeutische Unternehmer (PharmBetrV) erlassen. Die Regelung entsprach im Wesentlichen § 17 Abs. 2 AMWHV in der heute geltenden Fassung. Nach der Bekanntmachung muss den Besonderheiten bei Parallelimporten in der Verwaltungspraxis angemessen Rechnung getragen werden. Dabei ist es Aufgabe der zuständigen Behörde, sich Gewissheit darüber zu verschaffen, dass der Parallelimport im Herkunftsland auf Qualität geprüft worden ist und die entsprechenden Prüfunterlagen vorliegen, wenn es dem Parallelimporteur nicht gelingt, das Prüfprotokoll oder entsprechende Unterlagen vom Hersteller zu erhalten, und ihm auch keine anderen Informationen über die Qualitätsprüfung im Herkunftsland zur Verfügung stehen. Die Behörde ermittelt bei der zuständigen Behörde des Herkunftslandes, ob die Unterlagen zur Prüfung der Qualität dort vorliegen. 74bb) Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Parallelimporten beansprucht für den vorliegend zu beurteilenden Parallelhandel mit Arzneimitteln Geltung. Der Gerichtshof hat in dem grundlegenden Urteil vom 20. Mai 1976 – C-104/75 – (De Peijper) auch über die hier maßgebliche Frage des Nach-weises der Marktfreigabe entschieden und die zu Parallelimporten aufgestellten Grundsätze in zahlreichen Entscheidungen – auch unter Geltung der Richtlinie 2001/83/EG – fortgeführt und weiter ausdifferenziert. 75Vgl. etwa EuGH, Urteil vom 1. April 2004 - C-112/02 -, Kohlpharma, juris, und die Zusammenfassung in: Mitteilung der Kommission vom 30. Dezember 2003, KOM (2003) 839 endg. 76In den weiteren Entscheidungen hat er zwar – soweit ersichtlich – die Ausführungen zur Frage des Nachweises der Marktfreigabe in dem Urteil aus dem Jahr 1976 nicht ausdrücklich bestätigt, die diesbezügliche Rechtsprechung aber auch nicht aufgegeben. 77Der Anwendung der De Peijper-Rechtsprechung auf den grenzüberschreitenden Parallelhandel mit Arzneimitteln steht auch nicht entgegen, dass die GDP-Leit-linien von der Europäischen Kommission, also von einem Organ der Europäischen Union, erlassen wurden und Art. 80 Abs. 1 lit. g) der Richtlinie 2001/83/EG den Mitgliedstaaten verbindlich vorgibt, dem Inhaber einer Großhandelsgenehmigung die Einhaltung dieser Leitlinien aufzuerlegen. Zwar gelten die Regelungen damit für alle Mitgliedstaaten unterschiedslos und stellen – vorbehaltlich der erforderlichen nationalen Umsetzung – keine Maßnahmen eines Mitgliedstaats dar. An der Warenverkehrsfreiheit aus Art. 34 AEUV sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aber nicht nur Maßnahmen der Mitgliedstaaten, sondern auch Maßnahmen der Unionsorgane zu messen. 78Vgl. EuGH, Urteil vom 13. September 2001 - C-169/99 -, Schwarzkopf, juris, Rn. 37; W. Schroeder, in: Streinz, EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 34 AEUV Rn. 29; Leible/T. Streinz, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 34 AEUV, Stand Januar 2015, Rn. 36 f., jeweils m.w.N. 79Nach alledem ist die von der Klägerin mit ihrem zweiten Beweisantrag aufgeworfene Frage, wie die zuständigen Behörden anderer EU- und EWR-Staaten Ziffer 5.4 Abs. 3 der GDP-Leitlinien auslegen und anwenden, nicht entscheidungserheblich, weshalb der Beweisantrag abzulehnen war. 803. Ziffer 1 lit. b) des angefochtenen Bescheides vom 2. Juli 2015 stimmt nicht mit § 1a Satz 1 AM-HandelsV i.V.m. Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien in der vorstehend dargelegten Auslegung überein. Wenngleich die Bezirksregierung E. diese Verfügung des Bescheides unter wörtlicher Wiedergabe der Bestimmung der GDP-Leitlinien formuliert hat, entspricht es dem im vorliegenden Verfahren zu Tage getretenen übereinstimmenden Verständnis der Beteiligten, dass der Klägerin mit dem Bescheid ausnahmslos auferlegt wurde, bei Arzneimittellieferungen aus dem EU- oder EWR-Ausland stets den Kontrollbericht oder ein gleichwertiges Freigabedokument nicht nur zu prüfen, sondern erforderlichenfalls auch zu beschaffen bzw. die Lieferung nicht in den verkaufsfähigen Bestand aufzunehmen, wenn ein solches Dokument nicht beschafft werden kann. Diese Verpflichtung geht über das hinaus, was nach § 1a Satz 1 AM-HandelsV i.V.m. Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien gefordert ist, und kann unter Berücksichtigung der Warenverkehrsfreiheit nicht ausnahmslos von der Klägerin verlangt werden. 81Maßgeblich ist insoweit, dass nicht auszuschließen ist, dass es der Klägerin als Parallelhändlerin zumindest im Einzelfall unmöglich sein kann, die erforderlichen Unterlagen vom Originalhersteller zu erlangen. Diese Möglichkeit folgt schon daraus, dass der Originalhersteller nicht verpflichtet ist, der Klägerin den Kontrollbericht oder ein anderes Freigabedokument herauszugeben, und die Klägerin keinen Rechtsanspruch auf Herausgabe hat. Zudem widerspricht es nach dem plausiblen Vorbringen der Klägerin den wirtschaftlichen Interessen des Originalherstellers, den Kontrollbericht oder ein anderes Freigabedokument an sie oder andere Parallelhändler herauszugeben. Diese Interessenlage deckt sich mit der Lage im Fall des Parallelimports, zu dem die oben zitierte Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergangen ist. 82Entgegen der Auffassung des beklagten Landes kommt es dabei nicht darauf an, ob die zu prüfenden Dokumente schutzbedürftige Daten enthalten, was aus Sicht des beklagten Landes bei den Prüfprotokollen der Fall ist, die in der Bekanntmachung über den Nachweis der Qualitätsprüfung bei parallelimportierten Arzneimitteln des Bundesministeriums für Gesundheit vom 23. Februar 1995 Erwähnung finden, dagegen nicht bei dem Kontrollbericht, der lediglich die Information enthalte, dass die Arzneimittelcharge den Vorschriften gemäß hergestellt wurde und freigegeben worden ist. Da der Originalhersteller nicht zur Herausgabe des Kontrollberichts verpflichtet ist, kann er diese unabhängig davon verweigern, ob schutzbedürftige Daten betroffen sind, und ohne dass es eines rechtlichen Grundes hierfür bedürfte. 83Ist hiernach nicht auszuschließen, dass es der Klägerin künftig zumindest in Einzelfällen unmöglich sein wird, den Kontrollbericht zu erlangen, ist auch nicht entscheidungserheblich, ob es der Klägerin bislang tatsächlich unmöglich war, den Kontrollbericht oder ein gleichwertiges Dokument zu erhalten, und ob sie ihre diesbezüglichen Bemühungen hinreichend glaubhaft gemacht hat. Aus diesem Grund und weiteren Ablehnungsgründen war der Beweisantrag der Klägerin bezüglich der Tatsache abzulehnen, dass weder der Zulassungsinhaber noch der Hersteller einem Parallelhändler auf Anforderung den Kontrollbericht zur Verfügung stellt. Gleiches gilt für den auf das gleiche Beweisthema gerichteten Beweisantrag des beklagten Landes. 84Für den Fall, dass die Klägerin den Kontrollbericht oder ein gleichwertiges Dokument nicht erlangen kann, wird die Bezirksregierung E. zu prüfen haben, wie auf andere Weise kontrolliert werden kann, ob die Charge im Herkunftsmitgliedstaat zum Inverkehrbringen freigegeben worden ist. Dazu bietet sich eine Vorgehensweise entsprechend der Praxis zu Parallelimporten an. Insoweit bedarf es im vorliegenden Verfahren keiner weiteren Aufklärung, ob die Verwaltungspraxis noch der Bekanntmachung über den Nachweis der Qualitätsprüfung bei parallelimportierten Arzneimitteln des Bundesministeriums für Gesundheit vom 23. Februar 1995 folgt oder – wie die Klägerin vorträgt – inzwischen darauf verzichtet wird, von Parallelimporteuren den Nachweis von Bemühungen um die Freigabedokumente zu verlangen. 85II. Dagegen ist die ebenfalls auf der Grundlage des § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG ergangene Anordnung in Ziffer 1 lit. a) des Bescheides vom 2. Juli 2015 rechtmäßig, wonach die Klägerin gemäß Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 1 der GDP-Leitlinien in das etablierte Qualitätssicherungssystem schriftlich niedergelegte Verfahren zu implementieren hat, die sicherstellen, dass Chargen von Arzneimitteln, die für EU- oder EWR-Länder bestimmt sind, nicht in den verkaufsfähigen Bestand aufgenommen werden, bevor sichergestellt ist, dass sie zum Verkauf zugelassen sind. 86Die Bezirksregierung E. hat diese Anordnung zu Recht zur Beseitigung eines anlässlich der Inspektion am 14. Januar 2014 festgestellten Verstoßes gegen § 1a Satz 1 AM-HandelsV i.V.m. Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 1 der GDP-Leitlinien getroffen. Diese Regelung bestimmt, dass Chargen von Arzneimitteln, die für EU- oder EWR-Länder bestimmt sind, nicht in den verkaufsfähigen Bestand aufgenommen werden sollten, bevor nicht gemäß schriftlich niedergelegten Verfahren sichergestellt ist, dass sie zum Verkauf zugelassen sind. Die Vorschrift ist – wie § 1a Satz 1 AM-HandelsV i.V.m. Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien – auf den von der Klägerin betriebenen grenzüberschreitenden Großhandel mit Arzneimitteln anwendbar (nachfolgend 1.). Anders als Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien bedarf die Regelung aber keiner einschränkenden Auslegung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 AEUV (2.). Die von der Klägerin etablierten Verfahrensvorschriften zum Wareneingang entsprachen nicht den danach zu erfüllenden Anforderungen der Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 1 der GDP-Leit-linien (3.). 871. Die Regelung in § 1a Satz 1 AM-HandelsV i.V.m. Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 1 der GDP-Leitlinien erfasst den von der Klägerin betriebenen grenzüberschreitenden Parallelhandel mit Arzneimitteln. Insoweit gelten die Ausführungen zu Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien entsprechend (vgl. oben I. 1.). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass – unabhängig von der Auslegung des Begriffs „Charge“ in vorgenannter Bestimmung – nach Art. 76 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG der Großhandel nur mit Arzneimitteln erlaubt ist, die über eine zentrale Zulassung oder eine Zulassung eines Mitgliedstaats verfügen. Diese Vorgabe nimmt Ziffer 5.1 Abs. 2 der GDP-Leitlinien auf. Die Umsetzung dieser Bestimmungen erfolgt im Arzneimittelgesetz im Zusammenspiel von § 21 Abs. 1 und § 73 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 3a. Danach dürfen Fertigarzneimittel im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn eine Zulassung der Europäischen Union oder der zuständigen deutschen Behörde vorliegt (§ 21 Abs. 1 AMG). Wenn kein Inverkehrbringen in Deutschland, sondern lediglich eine Durchfuhr von einem EU- bzw. EWR-Staat in einen anderen beabsichtigt ist, ist (nur) eine Zulassung in einem anderen EU- bzw. EWR-Staat erforderlich (§ 73 Abs. 2 Nr. 3a AMG). Die vorliegend im Streit stehende Regelung der Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 1 der GDP-Leitlinien ergänzt diese materiellen Vorgaben lediglich um das formale Erfordernis, dass der Großhändler von ihm in Empfang genommene Arzneimittel darauf prüfen muss, ob die nach den genannten Vorschriften ohnehin erforderliche Zulassung vorliegt. Insoweit kommt der Bestimmung ein über Ziffer 5.1 Abs. 2 der GDP-Leitlinien hinausgehender eigenständiger Regelungsgehalt zu. 882. Anders als Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien bedarf Satz 1 dieser Bestimmung keiner einschränkenden Auslegung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Geltung der Warenverkehrsfreiheit in Fällen des Parallelimports. 89Vgl. grundlegend EuGH, Urteil vom 20. Mai 1976 - C-104/75 -, De Peijper, juris, sowie etwa Urteil vom 1. April 2004 - C-112/02 -, Kohlpharma, juris. 90Zwar eröffnet Satz 1 – wie Satz 2 – aufgrund der zwingend ausgestalteten Verweisung in § 1a Satz 1 AM-HandelsV trotz der Formulierung „sollten“ kein Ermessen und keinen Spielraum (vgl. oben I. 2. a). Im Unterschied zur Regelung in Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 2 der GDP-Leitlinien besteht bei Satz 1 aber nach dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt nicht die Möglichkeit, dass ein Parallelhändler wie die Klägerin nicht zur Prüfung der Marktzulassung eines Arzneimittels in der Lage ist, weil die erforderlichen Informationen für ihn nicht zugänglich sind. Aus der SOP GH-07 der Klägerin ergibt sich, dass sie vor allem mit Hilfe von Internetdatenbanken prüfen kann, ob für ein aus einem EU- oder EWR-Staat bezogenes Arzneimittel im Herkunftsstaat eine Zulassung zum Inverkehrbringen besteht. Dabei ist sie nicht darauf angewiesen, Informationen von dem Originalhersteller zu erlangen. Dass ihr die erforderlichen Informationen – auch nur in Einzelfällen – nicht zur Verfügung stehen, trägt die Klägerin nicht vor. 913. Die im Zeitpunkt der Inspektion am 14. Januar 2014 und des Anordnungsbescheides vom 2. Juli 2015 von der Klägerin etablierten Verfahrensvorschriften zur Prüfung des Bestehens einer Zulassung zum Inverkehrbringen entsprachen nicht den Vorgaben der Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 1 der GDP-Leitlinien. Zwar war in der SOP HP-05 die „Überprüfung der Zulassungsnummer auf Übereinstimmung mit der erteilten Zulassung“ vorgesehen (Seite 4). Dies genügte aber nicht den Anforderungen. Das beklagte Land hat zu Recht darauf hingewiesen, dass in der SOP nicht geregelt war, wie der Abgleich mit der bestehenden Zulassung im Einzelnen zu erfolgen hat, insbesondere welche Informationenquellen zugrunde gelegt werden sollen. 92Es kann hier offen bleiben, ob die ausführliche SOP GH-07 zum Durchfuhrhandel, die die Klägerin in Reaktion auf das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6. Mai 2015 – 16 K 1951/14 – und den im Anschluss ergangenen Anordnungsbescheid vom 2. Juli 2015 etabliert hat, den Vorgaben der Ziffer 5.4 Abs. 3 Satz 1 der GDP-Leitlinien entspricht. Denn für die Rechtmäßigkeit des Bescheides kommt es nicht auf diese in Befolgung der Anordnungen des Bescheides vorgenommenen Anpassungen an. 93III. Der angefochtene Bescheid ist auch rechtmäßig, soweit der Klägerin in Ziffer 2 Gebühren in Höhe von 627,00 Euro auferlegt wurden. Insoweit kann auf die Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 10. Februar 2016 Bezug genommen werden, denen die Klägerin im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten ist. Die teilweise Rechtswidrigkeit der Anordnung unter Ziffer 1 des Bescheides lässt die Gebührenfestsetzung unberührt. Die Festsetzung ist aufwandsbezogen erfolgt. Dabei ist nicht zwischen Ziffer 1 lit. a) und lit. b) des Bescheides differenziert worden. Es ist nicht ersichtlich, dass ein signifikant geringerer Verwaltungsaufwand entstanden wäre, wäre die rechtswidrige Anordnung unter Ziffer 1 lit. b) unterblieben. 94Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Bei der Kostenverteilung bleibt die Gebührenfestsetzung in Ziffer 2 des Bescheides vom 2. Juli 2015 unberücksichtigt, da dieser untergeordnete Bedeutung zukommt. 95Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO. 96Zu der von der Klägerin angeregten Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union ist der Senat nicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV verpflichtet. Er sieht auch keinen Anlass zu einer Vorlage gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV. Aufgrund der ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den entscheidungsrelevanten unionsrechtlichen Fragen besteht an deren Beantwortung kein Zweifel. 97Die Revision wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die aufgeworfenen Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung von § 1a Satz 1 AM-HandelsV i.V.m. Ziffer 5.4 Abs. 3 der GDP-Leitlinien sind von über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung und – soweit ersichtlich – in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht geklärt. | auf die berufung der klägerin wird das urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf vom 10. februar 2016 teilweise geändert. ziffer 1 lit. b) des anordnungsbescheides der bezirksregierung düsseldorf vom 2. juli 2015 wird aufgehoben. im übrigen wird die klage abgewiesen. die weitergehende berufung wird zurückgewiesen. die beteiligten tragen die kosten des verfahrens beider instanzen je zur hälfte. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird zugelassen. 1 | 2die klägerin ist inhaberin einer erlaubnis zum großhandel mit arzneimitteln nach § 52a des gesetzes über den verkehr mit arzneimitteln (arzneimittelgesetz – amg). neben anderen unternehmensgegenständen, die nicht von diesem verfahren betroffenen sind, erwirbt sie im eu-/ewr-ausland zugelassene arzneimittel, verbringt diese nach deutschland und lagert sie ggf. in ihrer betriebsstätte zwischen, um sie an kunden in anderen eu-/ewr-staaten zu veräußern (sogenannter parallelhandel). die arzneimittel werden nicht in deutschland in den verkehr gebracht. die beteiligten streiten über die frage, ob die klägerin nach den leitlinien der europäischen kommission vom 5. november 2013 für die gute vertriebspraxis von humanarzneimitteln (2013/c 343/01 – gdp-leitlinien) prüfen muss, ob die von ihr gehandelten arzneimittel über eine zulassung für das inverkehrbringen und eine marktfreigabe verfügen. 3am 14. januar 2014 führte die bezirksregierung e. eine inspektion in den räumen der klägerin durch und prüfte insbesondere die einhaltung der anforderungen der gdp-leitlinien. im inspektionsbericht wurden u.a. folgende „schwerwiegende[n] fehler und mängel“ aufgeführt: 4„6.2.8 die überprüfung bei arzneimitteln, die für die eu- oder ewr-länder bestimmt sind, dass sie für den verkauf in dem zielland zugelassen sind, ist bislang nicht vorgesehen (5.4 gdp). 56.2.9 bei arzneimitteln, die aus dem eu-ausland bezogen werden, ist die prüfung der qp‑frei-gabe oder ein äquivalenter nachweis der frei-gabe für den zielmarkt von angemessen aus-gebildetem personal vor aufnahme in den ver-kaufsfähigen bestand bisher nicht etabliert (5.4 gdp).“ 6mit anordnungsbescheid vom 19. februar 2014 gab die bezirksregierung e. der klägerin u.a. auf, zur beseitigung der vorgenannten und weiterer mängel einen maßnahmenplan vorzulegen. die festgestellten mängel gefährdeten die arzneimittelsicherheit. die gdp-gerechte abwicklung des großhandels sei sicherzustellen. 7auf die klage der klägerin hob das verwaltungsgericht düsseldorf die anordnungen des bescheides zu den mängeln 6.2.8 und 6.2.9 mit inzwischen rechtskräftigem urteil vom 6. mai 2015 – 16 k 1951/14 – auf und führte zur begründung aus, ziffer 5.4 abs. 3 der gdp-leitlinien begründe keine prüfpflicht hinsichtlich des bestehens einer zulassung und der freigabe zum inverkehrbringen in dem staat, in den die klägerin ein arzneimittel exportiere. die bestimmung verpflichte einen großhändler wie die klägerin aber zu prüfen, ob das arzneimittel über eine zentrale zulassung oder eine zulassung eines mitgliedstaats verfüge, und zur prüfung des kontrollberichts oder eines gleichwertigen nachweises über die marktfreigabe für den herkunftsstaat. 8im anschluss an dieses urteil gab die bezirksregierung e. der klägerin mit bescheid vom 2. juli 2015 unter ziffer 1 auf, 9„gemäß ziffer 5.4 abs. 3 der gdp-leitlinien in das etablierte qualitätssicherungssystem schriftlich niedergelegte verfahren zu implementieren, die sicherstellen, dass 10a. chargen von arzneimitteln, die für eu- oder ewr-länder bestimmt sind, erst dann in den verkaufsfähigen bestand aufgenommen werden, bevor nicht gemäß o.g. verfahren sichergestellt ist, dass sie zum verkauf zugelassen sind, und 11b. bei chargen aus einem anderen mitgliedstaat vor ihrer aufnahme in den verkaufsfähigen bestand der in art. 51 abs. 1 der richtlinie 2001/83/eg genannte kontrollbericht oder ein anderer, auf einem gleichwertigen system beruhender nachweis der marktzulassung [durch erklärung des beklagten landes in der mündlichen verhandlung vor dem verwaltungsgericht korrigiert in ‚marktfreigabe‘ – anm. des senats] von angemessen ausgebildetem personal sorgfältig geprüft werden.“ 12unter ziffer 2 setzte die bezirksregierung e. zulasten der klägerin gebühren in höhe von 627,00 euro fest. zur begründung der ziffer 1 des bescheides führte sie unter bezugnahme auf das vorausgegangene urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf aus, bei der inspektion am 14. januar 2014 habe die klägerin keinerlei verfahrensanweisung zur überprüfung der anforderungen nach ziffer 5.4 der gdp-leitlinien vorweisen können. 13die klägerin hat den bescheid mit ihrer am 4. august 2015 erhobenen klage angefochten und im wesentlichen geltend gemacht: 14die erforderliche anhörung vor erlass des bescheides sei nicht erfolgt. der bescheid sei ferner mangels bestimmtheit rechtswidrig. er erschöpfe sich in einer wiedergabe des leitlinien-textes. ziffer 5.4 abs. 3 der gdp-leitlinien sei nicht auf durchfuhren anwendbar. in der vorschrift werde nur die kontrolle ganzer chargen geregelt, nicht jedoch einzelner packungen von arzneimitteln, die von einem originalhersteller in der eu/dem ewr bereits in verkehr gebracht worden seien und von einem parallelhändler zur durchfuhr erworben und nach deutschland verbracht würden. in seinem urteil vom 6. mai 2015 gehe das verwaltungsgericht von einer unzutreffenden auslegung des begriffs „charge“ aus. zudem berücksichtige der angefochtene bescheid in bezug auf ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien nicht, dass die regelung keine zwingende vorgabe begründe, sondern als „soll“-vorschrift ausgestaltet sei, also ausnahmen zulasse. ein solcher ausnahmefall liege hier vor. eine prüfung anhand der freigabe-doku-mentation und der kontrollberichte sei nicht durchführbar, da parallelimporteure keinen zugang zu diesen unterlagen des originalherstellers hätten. eine solche prüfung sei auch nicht zum schutze der gesundheit und des lebens von men-schen erforderlich, da es sich bei parallelimportierten arzneimitteln um solche handele, die in ihrem ursprungsstaat bereits in den verkehr gebracht worden seien. auf der grundlage der rechtsprechung des gerichtshofs der europä-ischen union zu parallelimporten trage die bekanntmachung des bundesministeriums für gesundheit über den nachweis der qualitätsprüfung bei parallelimportierten arzneimitteln vom 23. februar 1995 dem umstand rechnung, dass der parallelimporteur die prüfunterlagen des originalherstellers nicht vorlegen könne. unabhängig davon liege kein verstoß gegen ziffer 5.4 abs. 3 satz 1 der gdp-leitlinien vor. sie habe die bezirksregierung e. mit schreiben vom 29. juli 2014 darüber unterrichtet, dass sie gemäß ihrer sop hp-05 eine mittelbare kontrolle der zulassungen der gehandelten arzneimittel durchführe, indem sie die ausländische zulassungsnummer prüfe. seit dem 30. oktober 2015 habe sie die prüfung der zulassung in der sop gh-07 gesondert geregelt. 15die klägerin hat beantragt, 16den bescheid des beklagten landes vom 2. juli 2015 aufzuheben. 17das beklagte land hat beantragt, 18die klage abzuweisen. 19es hat im wesentlichen ausgeführt: die verfahrensanweisung sop hp-05 der klägerin genüge nicht den anforderungen der gdp-leitlinien. darin sei zwar geregelt, dass die „überprüfung der zulassungsnummer auf übereinstimmung mit der erteilten zulassung“ vorgenommen werde. es bleibe aber offen, wie diese überprüfung konkret durchgeführt werde, ob z.b. ein abgleich mit datenbanken oder zulassungsunterlagen erfolge. auch die neue verfahrensanweisung sop gh-07 weise defizite auf. danach sei nur einmal zu prüfen, ob eine zulassung erfolgt sei, während spätere kontrollen, ob eine solche zulassung weiterhin bestand habe, nicht vorgesehen seien. selbst wenn grundsätzlich wegen des wortlauts der gdp-leitlinien („sollte“) nicht ausnahmslos von einer verpflichtung zur überprüfung des kontrollberichts oder eines gleichwertigen nachweises der marktfreigabe ausgegangen werden könne, so werde jedenfalls für das deutsche recht durch § 1a der verordnung über den großhandel und die arzneimittelvermittlung (arzneimittelhandelsverordnung – am-handelsv) klargestellt, dass die anforderungen der gdp-leitlinien einzuhalten seien. 20mit urteil vom 10. februar 2016 – 16 k 5398/15 – hat das verwaltungsgericht die klage abgewiesen, zur begründung auf sein urteil vom 6. mai 2015 bezug genommen und ergänzend ausgeführt: einer anhörung der klägerin habe es nicht bedurft, nachdem sie im rahmen des dem bescheid vorausgegangenen gerichtlichen verfahrens gelegenheit zur stellungnahme gehabt habe. der angefochtene bescheid setze lediglich das urteil um. jedenfalls sei ein etwaiger anhörungs-mangel im vorliegenden gerichtlichen verfahren geheilt worden. ziffer 5.4 der gdp-leitlinien sei auf den grenzüberschreitenden großhandel mit eu-arznei-mitteln, den die klägerin betreibe, anwendbar. etwas anderes ergebe sich ins-besondere nicht aus der auslegung des begriffs „charge“ in ziffer 5.4 abs. 3 der gdp-leitlinien. das argument der klägerin, parallelhändler erhielten die frei-gabedokumentation regelmäßig nicht von dem hersteller, rechtfertige keine aus-nahme von satz 2 der bestimmung. die verfügung in dem angefochtenen bescheid, die im wesentlichen den wortlaut von ziffer 5.4 abs. 3 der gdp-leitlinien wiederhole, sei auch hinreichend bestimmt. dem stehe nicht entgegen, dass ziffer 1 lit. b) des bescheides der klägerin einen spielraum hinsichtlich des zu prüfenden nachweises belasse. 21hiergegen wendet sich die klägerin mit ihrer vom senat zugelassenen berufung. zur begründung führt sie unter vertiefung ihres erstinstanzlichen vorbringens insbesondere aus: 22der bescheid sei unbestimmt, da unklar sei, welche unterlagen anstelle des kontrollberichts geprüft werden müssten bzw. dürften. in der mündlichen verhandlung vor dem verwaltungsgericht habe das beklagte land mitgeteilt, auch eine andere bestätigung aus der qualitätssicherungsabteilung des originalherstellers würde von ihr akzeptiert werden. eine solche bestätigung stehe der klägerin indes ebenso wenig zur verfügung wie der kontrollbericht. 23zudem beanspruche die regelung der ziffer 5.4 abs. 3 der gdp-leitlinien keine geltung für ihre tätigkeit als großhändlerin von arzneimitteln aus dem eu- und ewr-ausland, die nicht in deutschland in den verkehr gebracht, sondern in andere eu- und ewr-staaten verbracht würden. dies ergebe sich aus der zutreffenden auslegung des begriffs „charge“. entgegen der auffassung des verwaltungsgerichts seien die definitionen in anhang i, teil i nr. 3.2.2.5 der richtlinie 2001/83/eg und in § 4 abs. 15 amg maßgeblich. unter „charge“ im sinne der ziffer 5.4 abs. 3 der gdp-leitlinien sei daher die gesamtheit der einheiten zu verstehen, die im rahmen eines einheitlichen herstellungsprozesses gefertigt worden seien, nicht eine teilmenge davon oder einzelne fertigpackungen, die bereits im ausgangsstaat in den verkehr gebracht worden seien. ziffer 5.4 abs. 3 der gdp-leitlinien gehe nicht über die regelung über die marktfreigabe in art. 51 abs. 1 der richtlinie 2001/83/eg vom 6. november 2001 zur schaffung eines gemeinschaftskodexes für humanarzneimittel hinaus. wenn arzneimittel in einem anderen als dem bestimmungsstaat gefertigt würden, sei nach der regelung vor dem inverkehrbringen im bestimmungsstaat eine prüfung erforderlich, ob im herkunftsstaat eine zulassung vorliege und die kontrolle nach art. 51 abs. 1 der richtlinie 2001/83/eg durchgeführt worden sei. diese prüfung stelle ziffer 5.4 abs. 3 der gdp-leitlinien sicher. die prüfung sei aber nur bei einem inverkehrbringen im bestimmungsstaat erforderlich, also nicht bei der von der klägerin betriebenen durchfuhr. in übereinstimmung damit beträfen die deutschen umsetzungsvorschriften in §§ 16 und 17 der verordnung über die anwendung der guten herstellungspraxis bei der herstellung von arzneimitteln und wirkstoffen und über die anwendung der guten fachlichen praxis bei der herstellung von produkten menschlicher herkunft (arzneimittel- und wirkstoffherstellungsverordnung – amwhv) nur die freigabe von herstellungschargen zum inverkehrbringen in deutschland, nicht aber die durchfuhr von einzelnen fertigarzneimitteln, die bereits aufgrund einer dortigen zulassung nach entsprechender kontrolle im herkunftsstaat in den verkehr gebracht worden seien. ausgehend von der rechtsauffassung des beklagten landes müsse nach ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien auch von nationalen großhändlern verlangt werden, dass diese die freigabe zum inverkehrbringen prüften. eine derartige prüfung werde aber nicht verlangt. der hinweis des beklagten landes auf den fälschungsschutz betreffe nicht die vorliegende problemstellung. der in ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien geforderte kontrollbericht betreffe nicht den fälschungsschutz, sondern die sicherstellung der qualität des arzneimittels. 24jedenfalls liege ein ausnahmefall vor, den die „soll“-bestimmung der ziffer 5.4 abs. 3 der gdp-leitlinien zulasse. ein ausnahmsweises absehen von den vorgaben der ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 gdp-leitlinien sei geboten, da parallelhändler keinen zugang zu den kontrolldokumenten hätten. im bereich des parallelimports sei in der verwaltungspraxis anerkannt, dass die kontrollberichte von dem parallelimporteur nicht verlangt werden könnten. 25außerdem verstoße ziffer 5.4 abs. 3 der gdp-leitlinien in der auslegung durch das verwaltungsgericht gegen die warenverkehrsfreiheit nach art. 34 ff. des vertrages über die arbeitsweise der europäischen union (aeuv), da dadurch der grenzüberschreitende handel mit arzneimitteln praktisch unmöglich gemacht werde. insoweit gelte die rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union zum parallelimport entsprechend. die einschränkung der warenverkehrsfreiheit sei vorliegend auch nicht nach art. 36 aeuv gerechtfertigt, denn zum gesundheitsschutz sei die vorlage der kontrollberichte nicht erforderlich. eine kontrolle der freigabedokumentation habe vor dem erstmaligen inverkehrbringen im herkunftsstaat bereits stattgefunden. eine weitere kontrolle finde nach dem umpacken und vor dem inverkehrbringen im zielstaat statt. 26die klägerin beantragt, 27das urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf vom 10. februar 2016 zu ändern und den bescheid der bezirksregierung e. vom 2. juli 2015 aufzuheben. 28das beklagte land beantragt, 29die berufung zurückzuweisen. 30es weist darauf hin, dass die gdp-leitlinien dem angesichts einer steigenden zahl von fälschungsfällen wichtigen ziel dienten, gefälschte arzneimittel aus der legalen lieferkette fernzuhalten sowie die qualität und unversehrtheit der arzneimittel zu gewährleisten. auch andere europäische länder wie schweden, finnland und dänemark forderten die einhaltung von ziffer 5.4 der gdp-leit-linien. die bekanntmachung des bundesministeriums für gesundheit über den nachweis der qualitätsprüfung bei parallelimportierten arzneimitteln vom 23. februar 1995 betreffe die beschaffung eines prüfprotokolls durch einen parallelimporteur, nicht den hier geforderten kontrollbericht. der kontrollbericht enthalte im gegensatz zum prüfprotokoll keine daten, sondern lediglich eine chargenspezifische freigabebestätigung und eine bestätigung der zulassung. im übrigen nimmt das beklagte land auf das urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf vom 6. mai 2015 – 16 k 1951/14 – bezug. 31in der mündlichen verhandlung gestellte beweisanträge der klägerin und des beklagten landes hat der senat abgelehnt. wegen der einzelheiten wird auf die sitzungsniederschrift verwiesen. 32wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakte und der verwaltungsvorgänge der bezirksregierung e. bezug genommen. 33 | 34die berufung der klägerin hat teilweise erfolg. 35das verwaltungsgericht hat die klage gegen den anordnungsbescheid der bezirksregierung e. vom 2. juli 2015 zu unrecht in vollem umfang abgewiesen. die zulässige klage ist teilweise begründet. der bescheid ist hinsichtlich der anordnung, durch verfahrensregelungen sicherzustellen, dass bei chargen aus einem anderen mitgliedstaat vor ihrer aufnahme in den verkaufsfähigen bestand der in art. 51 abs. 1 der richtlinie 2001/83/eg genannte kontrollbericht oder ein anderer auf einem gleichwertigen system beruhender nachweis der marktfreigabe von angemessen ausgebildetem personal sorgfältig geprüft werden (ziffer 1 lit. b), rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo; hierzu nachfolgend i.). dagegen ist der angefochtene bescheid rechtmäßig, soweit der klägerin aufgegeben wurde, durch verfahrensregelungen sicherzustellen, dass chargen von arzneimitteln, die für eu- oder ewr-länder bestimmt sind, nicht in den verkaufsfähigen bestand aufgenommen werden, bevor sichergestellt ist, dass sie zum verkauf zugelassen sind (ziffer 1 lit. a); hierzu nachfolgend ii.), und ihr gebühren auferlegt wurden (ziffer 2; nachfolgend iii.). 36i. die oben genannte anordnung in ziffer 1 lit. b) des bescheides vom 2. juli 2015 ist rechtswidrig. 37sie beruht auf der ermächtigungsgrundlage in § 69 abs. 1 satz 1 des gesetzes über den verkehr mit arzneimitteln (arzneimittelgesetz – amg). danach treffen die zuständigen behörden die zur beseitigung festgestellter verstöße und die zur verhütung künftiger verstöße notwendigen anordnungen. diese befugnis ermächtigt die zuständigen behörden insbesondere bei missachtung arzneimittelrechtlicher vorschriften zum einschreiten. 38vgl. bverwg, urteil vom 13. märz 2008 - 3 c 27.07 -, juris, rn. 15; ovg nrw, urteil vom 2. juli 2018 - 13 a 2289/16 -, juris, rn. 39 f., jeweils m.w.n. 39es kann offen bleiben, ob die anordnung in ziffer 1 lit. b) des bescheides vom 2. juli 2015 im sinne des § 37 abs. 1 vwvfg nrw hinreichend bestimmt ist. 40denn jedenfalls liegt ein diese anordnung tragender bereits erfolgter oder drohender künftiger verstoß gegen § 1a satz 1 der verordnung über den großhandel und die arzneimittelvermittlung (arzneimittelhandelsverordnung – am-handelsv) i.v.m. ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der leitlinien der europäischen kommission vom 5. november 2013 für die gute vertriebspraxis von humanarzneimitteln (2013/c 343/01 – gdp-leitlinien) nicht vor. zwar findet die vorschrift auf den von der klägerin betriebenen großhandel mit arzneimitteln in der form des grenzüberschreitenden parallelhandels anwendung (nachfolgend 1.). die regelung bedarf aber der auslegung, bei der insbesondere die warenverkehrsfreiheit nach art. 34 des vertrages über die arbeitsweise der europäischen union (aeuv) zu berücksichtigen ist (2.). dem trägt die anordnung in ziffer 1 lit. b) des angefochtenen bescheides nicht hinreichend rechnung (3.). 411. auf den von der klägerin betriebenen grenzüberschreitenden parallelhandel mit arzneimitteln findet § 1a satz 1 am-handelsv i.v.m. ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien anwendung. diese tätigkeit der klägerin ist dadurch gekennzeichnet, dass sie – parallel zu der vertriebsstruktur des arzneimittelherstellers – in einem anderen mitgliedstaat der europäischen union oder des europäischen wirtschaftsraums zugelassene arzneimittel dort erwirbt, ggf. in deutschland zwischenlagert und sodann wiederum an kunden im eu- oder ewr-ausland veräußert. als großhandel mit arzneimitteln unterfällt diese tätigkeit dem anwendungsbereich der arzneimittelhandelsverordnung (§ 1 satz 1 am-handelsv), so dass die klägerin nach § 1a satz 1 am-handelsv die gdp-leitlinien einhalten muss. 42ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien bestimmt unter der überschrift „entgegennahme von arzneimitteln“, dass bei chargen aus einem anderen mitgliedstaat vor ihrer aufnahme in den verkaufsfähigen bestand der in art. 51 abs. 1 der richtlinie 2001/83/eg vom 6. november 2001 zur schaffung eines gemeinschaftskodexes für humanarzneimittel, 43zuletzt geändert durch richtlinie 2012/26/eu vom 25. oktober 2012, 44genannte kontrollbericht oder ein anderer, auf einem gleichwertigen system beruhender nachweis der marktzulassung von angemessen ausgebildetem personal sorgfältig geprüft werden sollte. aus dem vergleich mit der englischsprachigen fassung ergibt sich, dass mit der „marktzulassung“ die marktfreigabe („release to the market“) gemeint ist. 45a) die klägerin handelt mit „chargen“ von arzneimitteln im sinne dieser bestimmung. dem steht nicht entgegen, dass sie nach ihren angaben nicht vollständige herstellungschargen, sondern unterschiedliche mengen von einzelpackungen eines im herkunftsstaat bereits im verkehr befindlichen arzneimittels erwirbt. das verwaltungsgericht hat in seinem urteil vom 6. mai 2015 – 16 k 1951/14 – zutreffend ausgeführt, dass der begriff „charge“ im kontext der ziffer 5.4 abs. 3 der gdp-leitlinien eine einheitliche menge eines einem großhändler gelieferten arzneimittels bezeichnet und damit nicht mit dem begriff „charge“ im sinne der definitionen in ziffer 3.2.2.5 des anhangs i, teil i der richtlinie 2001/83/eg und in § 4 abs. 16 amg übereinstimmt. 46nach der definition im anhang der richtlinie 2001/83/eg ist bei der kontrolle des fertigarzneimittels unter der charge eines fertigarzneimittels die gesamtheit der einheiten einer darreichungsform zu verstehen, die aus der gleichen ausgangsmenge von material entstehen und der gleichen abfolge von herstellungs- und/ oder sterilisierungsabläufen unterzogen werden, bzw. im falle eines kontinuierlichen herstellungsprozesses die gesamtheit aller einheiten, die in einem bestimmten zeitraum hergestellt werden. in § 4 abs. 16 amg wird der begriff „charge“ – mit der definition der richtlinie inhaltsgleich – definiert als die jeweils aus derselben ausgangsmenge in einem einheitlichen herstellungsvorgang oder bei einem kontinuierlichen herstellungsverfahren in einem bestimmten zeitraum erzeugte menge eines arzneimittels. schon aus der einleitung der legaldefinition in ziffer 3.2.2.5 des anhangs i, teil i der richtlinie 2001/83/eg („bei der kontrolle des fertigarzneimittels…“) ergibt sich, dass diese sowie die definition des § 4 abs. 16 amg im kontext der für das inverkehrbringen erforderlichen marktfreigabe stehen. nach der maßgeblichen regelung des art. 51 abs. 1 unterabs. 1 der richtlinie 2001/83/eg, in deutschland umgesetzt in §§ 16 und 17 der verordnung über die anwendung der guten herstellungspraxis bei der herstellung von arzneimitteln und wirkstoffen und über die anwendung der guten fachlichen praxis bei der herstellung von produkten menschlicher herkunft (arzneimittel- und wirk-stoffherstellungsverordnung – amwhv), darf eine charge eines im betreffenden mitgliedstaat hergestellten arzneimittels nur von der sachkundigen person des herstellers für das inverkehrbringen freigegeben werden, wenn sie die herstel-lung und kontrolle des arzneimittels entsprechend den einzuhaltenden rege-lungen und den vorgaben der arzneimittelrechtlichen zulassung geprüft hat. 47dieser regelungszusammenhang der definition des begriffs „charge“ folgt auch aus dem standort in anhang i der richtlinie 2001/83/eg. art. 8 abs. 3 dieser richtlinie verweist hinsichtlich der dem antrag auf genehmigung für das inverkehrbringen eines arzneimittels beizufügenden angaben und unterlagen auf anhang i. teil i dieses anhangs, in dem sich die definition findet, trägt die überschrift „standardanforderungen an einen zulassungsantrag“. nach den regelungen sind in einem zulassungsantrag u.a. die verfahren und methoden, die bei der kontrolle des fertigarzneimittels eingesetzt werden, hinreichend ausführlich zu beschreiben (art. 8 abs. 3 lit. h) und anhang i ziffer 3.2 abs. 4 der richtlinie 2001/83/eg). die definition in ziffer 3.2.2.5 bestimmt mithin, wie der begriff „charge“ bei der beschreibung der vorgesehenen, den herstellungsprozess abschließenden kontrolle des präparats zu verwenden ist. 48diese definition kann nicht im anwendungsbereich der gdp-leitlinien herangezogen werden, die nicht die herstellung von, sondern den großhandel mit arzneimitteln betreffen, also einen anderen regelungszusammenhang. zwar nimmt ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien ausdrücklich auf den kontrollbericht nach art. 51 abs. 1 der richtlinie 2001/83/eg bezug, der jeweils zu einer (herstellungs-) charge erstellt wird. aus den gdp-leitlinien ergibt sich aber kein anhaltspunkt dafür, dass die regelung in ziffer 5.4 abs. 3 nur dann anwendung finden soll, wenn ein großhändler eine vollständige charge von arzneimitteln im sinne des bezüglich des herstellungsprozesses definierten begriffs übernimmt. sinn und zweck der gdp-leitlinien gebietet es vielmehr, den begriff „charge“ in ziffer 5.4 abs. 3 der gdp-leitlinien – entsprechend der auffassung des verwaltungsgerichts – weit zu verstehen als einheitliche, einem großhändler gelieferte menge eines arzneimittels, die mit einer charge im sinne der definition in ziffer 3.2.2.5 des anhangs i, teil i der richtlinie 2001/83/eg übereinstimmen, aber auch in einer teilmenge der herstellungscharge bestehen kann. 49die für den großhandel bestimmten leitlinien dienen dem zweck, die kontrolle der vertriebskette sicherzustellen, um die qualität und unversehrtheit von arzneimitteln aufrecht zu erhalten. zudem soll verhindert werden, dass gefälschte arzneimittel in die legale lieferkette gelangen (absatz 5 der einleitung der gdp-leitlinien). diesem zweck entspricht es, dass ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien dem großhändler auferlegt, bei arzneimitteln aus einem anderen mitgliedstaat vor ihrer aufnahme in den verkaufsfähigen bestand den in art. 51 abs. 1 der richtlinie 2001/83/eg genannten kontrollbericht oder einen gleichwertigen nachweis zu prüfen. nur bei einem weiten verständnis des begriffs „charge“ ist die mit den gdp-leitlinien bezweckte kontrolle der vertriebskette gewährleistet. 50b) entgegen der auffassung der klägerin spricht auch der systematischen zusammenhang zu art. 51 abs. 1 der richtlinie 2001/83/eg nicht dafür, dass die prüfpflicht nach ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien nur gilt, wenn der großhändler eine vollständige charge aus einem anderen eu-mitgliedstaat übernimmt und beabsichtigt, diese im bestimmungsstaat in den verkehr zu bringen. art. 51 abs. 1 unterabs. 1 lit. a) der richtlinie 2001/83/eg regelt die pflicht der sachkundigen person zu prüfen, dass ein arzneimittel entsprechend der im mitgliedstaat der herstellung geltenden vorschriften und der genehmigung für das inverkehrbringen hergestellt und kontrolliert worden ist. wird ein arzneimittel aus einem nicht-eu-staat eingeführt, ist die übereinstimmung der qualität des arzneimittels mit den anforderungen der genehmigung für das inverkehrbringen durch analysen zu prüfen (art. 51 abs. 1 unterabs. 1 lit. b) der richtlinie 2001/83/eg). art. 51 abs. 1 unterabs. 3 der richtlinie 2001/83/eg privilegiert bereits nach dem verfahren des unterabs. 1 lit. a) oder b) in einem mitgliedstaat geprüfte chargen von arzneimitteln insoweit, als bei der einfuhr in einen anderen mitgliedstaat keine kontrollen am maßstab des dortigen rechts durchzuführen sind, sondern es genügt, wenn von der sachkundigen person im herkunftsmitgliedstaat unterzeichnete kontrollberichte beigefügt sind. 51diese regelungen knüpfen an das herstellen oder den import von arzneimitteln an, nicht an das inverkehrbringen. nach ihrer systematik ist die qualität eines arzneimittels bei einer grenzüberschreitenden lieferkette grundsätzlich in jedem mitgliedstaat zu prüfen, sei es als abschluss des herstellungsprozesses oder bei dem import in einen mitgliedstaat. eine ausnahme hiervon gilt nur, wenn kontrollberichte über die prüfung in einem in der lieferkette vorangegangenen mitgliedstaat beigefügt sind. 52daraus, dass art. 51 abs. 1 unterabs. 3 der richtlinie 2001/83/eg die vollständige in einem mitgliedstaat geprüfte charge von der erneuten prüfung in einem anderen mitgliedstaat befreit, kann nicht im umkehrschluss entnommen werden, dass der beigefügte kontrollbericht, der an die stelle der erneuten prüfung tritt, nur bei der einfuhr einer vollen charge erforderlich ist, nicht dagegen bei einfuhr nur einer teilmenge einer charge. eine solche weitergehende privilegierung, die für teilmengen von chargen gänzlich auf den nachweis der übereinstimmung mit den geltenden bestimmungen verzichtet, ist art. 51 abs. 1 der richtlinie 2001/83/eg nicht zu entnehmen. 53auch der umstand, dass die prüfung der qualität des arzneimittels nach art. 51 abs. 1 der richtlinie 2001/83/eg der sachkundigen person des herstellers und nicht dem großhändler obliegt, steht der verpflichtung des großhändlers, bei erhalt von arzneimitteln aus einem anderen eu- oder ewr-staat den kontrollbericht zu prüfen, nicht entgegen. diese prüfung wird dem großhändler im interesse der geschlossenen prüfung der lieferkette durch ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien auferlegt. damit greift die regelung art. 51 abs. 1 unterabs. 3 der richtlinie 2001/83/eg auf. in diesem sinne ist auch die antwort der europäischen kommission auf frage 14 in den „questions and answers“ zu verstehen, die die klägerin als anlage k 21 vorgelegt hat. 54knüpft ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien mithin an den grenzüberschreitenden großhandel mit arzneimitteln an, kommt es auf die mit dem ersten beweisantrag der klägerin angesprochene frage, welche anforderungen für arzneimittelgroßhändler bei rein nationalen handelsvorgängen gelten, nicht an, weshalb – neben einem weiteren ablehnungsgrund – der beweisantrag abzulehnen war. 552. bei der gebotenen auslegung unter berücksichtigung der warenverkehrsfreiheit aus art. 34 aeuv verlangt § 1a satz 1 am-handelsv i.v.m. ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien nicht von dem großhändler, dass er bei chargen aus einem anderen mitgliedstaat vor aufnahme in den verkaufsfähigen bestand stets den kontrollbericht nach art. 51 abs. 1 der richtlinie 2001/83/eg oder einen gleichwertigen nachweis der marktfreigabe sich beschafft und prüft. dies kann dem großhändler nur auferlegt werden, soweit es ihm möglich ist, die erforderlichen unterlagen zu erlangen. 56a) zwar folgt nicht schon aus der formulierung „sollte“ in ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien, dass diese bestimmung ausnahmen zulässt. die in deutschland aufgrund der verweisung in § 1a satz 1 am-handelsv geltende regelung eröffnet weder dem großhändler noch der behörde, die die regelung durchsetzt, ein ermessen oder einen spielraum. der sprachgebrauch der von der europäischen kommission auf der grundlage der artikel 84 und 85b abs. 3 der richtlinie 2001/83/eg erlassenen leitlinien lässt erkennen, dass bestimmungen, die lediglich vorschriften der richtlinie wiedergeben, unbedingt formuliert sind, während die richtlinie ergänzende bestimmungen von einer unverbindlicheren wortwahl gekennzeichnet sind. jedenfalls in deutschland ergibt sich die unbedingte geltung der gdp-leitlinien aber aus § 1a satz 1 am-handelsv, wonach betriebe und einrichtungen diese leitlinien einhalten „müssen“. 57b) ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien bedarf aber der auslegung hinsichtlich der von dem großhändler verlangten handlung. nach dem wortlaut muss der kontrollbericht oder ein gleichwertiger nachweis der marktfreigabe „geprüft werden“. bei wörtlichem verständnis bezieht sich „prüfen“ auf ein vorliegendes dokument, umfasst aber nicht das beschaffen des kontrollberichts oder des gleichwertiges nachweises, falls ein solches dokument der arzneimittelsendung an den großhändler nicht ohne dessen zutun beigefügt ist, wovon offenbar die regelung in art. 51 abs. 1 unterabs. 3 der richtlinie 2001/83/eg ausgeht, oder ihm auf andere weise zugeleitet worden ist. sinn und zweck der regelung, eine wirksame kontrolle der qualität in der lieferkette sicherzustellen, gebietet es aber, die regelung dahingehend auszulegen, dass der großhändler sich den kontrollbericht oder ein gleichwertiges dokument grundsätzlich beschaffen muss, um diese prüfen zu können. wäre der großhändler lediglich verpflichtet, ein ihm vorliegendes dokumente zu prüfen, und entfiele diese pflicht, wenn ihm kein entsprechendes dokument zugeleitet wird, hinge die von den gdp-leitlinien bezweckte kontrolle vom zufall ab. 58c) diese beschaffungspflicht kann aber mit rücksicht auf die warenverkehrsfreiheit aus art. 34 aeuv nicht uneingeschränkt gelten. ist es dem parallelhändler trotz entsprechender bemühungen nicht möglich, den kontrollbericht oder ein gleichwertiges dokument vom originalhersteller zu erlangen, ist die in ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien verlangte prüfung der marktfreigabe auf anderem wege sicherzustellen. 59aa) nach der rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union gebietet es die warenverkehrsfreiheit, sogenannten parallelimporteuren, die in einem mitgliedstaat der europäischen union zugelassene und im verkehr befindliche arzneimittel in einen anderen mitgliedstaat einführen und dort parallel zur vertriebsstruktur des originalherstellers in verkehr bringen, eine zulassung unter erleichterten bedingungen zu erteilen, wenn sie bestimmte für die zulassung erforderliche dokumente, die sie nur von dem originalhersteller erhalten könnten, nicht vorlegen können. 60vgl. grundlegend eugh, urteil vom 20. mai 1976 - c-104/75 -, de peijper, juris, sowie etwa urteil vom 1. april 2004 - c-112/02 -, kohlpharma, juris. 61nach dieser rechtsprechung ist eine sogenannte formalzulassung zu erteilen, wenn das importarzneimittel im ausfuhr-mitgliedstaat zugelassen wurde, für ein bezugsarzneimittel im einfuhr-mitgliedstaat eine zulassung besteht und das importarzneimittel im wesentlichen mit dem bezugsarzneimittel gleich ist. 62vgl. zusammenfassend: mitteilung der kommission vom 30. dezember 2003, kom (2003) 839 endg., s. 7 f.; kügel, in: kügel/müller/hofmann, amg, 2. aufl. 2016, vor § 72 rn. 6 ff. 63der gerichtshof der europäischen union hat des weiteren bereits in seiner grundlegenden entscheidung vom 20. mai 1976 – c-104/75 – (de peijper) entschieden, zwar bestehe ein legitimes interesse der zuständigen behörde des einfuhr-mitgliedstaats an der vorlage der dokumente über die marktfreigabe einer bestimmten eingeführten partie bzw. charge eines arzneimittels. es beschränke den warenverkehr aber unnötig stark, diese dokumente von dem parallelimporteur zu verlangen, wenn dieser sie nicht vorlegen könne und der wirksame schutz von leben und gesundheit mit anderen mittel erreicht werden könne. insoweit sei an legislative und administrative mittel zu denken, um den originalhersteller zur herausgabe der erforderlichen informationen zu zwingen. ebenso seien eine widerlegliche vermutung der übereinstimmung der charge mit den anforderungen an das arzneimittel und ein verstärkter informationsaustausch unter den behörden der mitgliedstaaten in betracht zu ziehen. 64vgl. eugh, urteil vom 20. mai 1976 - c-104/75 -, de peijper, juris, rn. 23 ff. 65zur interpretation dieser rechtsprechung kann die „mitteilung der kommission über parallelimporte von arzneispezialitäten, deren inverkehrbringen bereits genehmigt ist“, vom 6. mai 1982, 66abl. 1982 nr. c 115/5, 67dienen. darin hat die europäische kommission die rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union aufgegriffen und hinweise zur einheitlichen anwendung der vertragsregelungen über die warenverkehrsfreiheit formuliert. danach müssen die einzelstaatlichen verwaltungen eine „aktivere politik“ anwenden, wenn sie die vom hersteller an einer bestimmten charge vorgenommenen kontrollen nachprüfen wollen, der parallelimporteur aber keinen zugang zu den kontrollberichten hat. die behörden könnten rechts- oder verwaltungsvorschriften treffen, um den hersteller zu zwingen, die kontrollberichte vorzulegen, die kontrollberichte durch die behörden des fabrikationslandes einholen, von einer widerleglichen vermutung zugunsten der übereinstimmung der charge mit den anforderungen ausgehen oder – als letztes mittel – dem parallelimporteur gestatten, den beweis der übereinstimmung mit allen anderen mitteln zu erbringen. 68vgl. abl. 1982 nr. c 115/5, 8. 69diese ausführungen der europäischen kommission können bei der anwendung des eu-vertragsrechts und -sekundärrechts sowie der zu dessen umsetzung ergangenen nationalen regelungen des arzneimittelrechts auch nach veröffentlichung der mitteilung der kommission vom 30. dezember 2003, 70kom (2003) 839 endg., 71weiterhin herangezogen werden. durch diese mitteilung wurde die mitteilung aus dem jahr 1982 aktualisiert, aber nicht ersetzt. 72vgl. mitteilung der kommission vom 30. dezem-ber 2003, kom (2003) 839 endg., seite 3; zur hier relevanten frage auch seite 7, fußnote 13, wonach der paralleleinführer die unterlagen für das arzneimittel im allgemeinen oder für eine bestimmte partie, die nur über den hersteller des arzneimittels oder den genehmigungsinhaber erhältlich sind, in der praxis nicht vorlegen muss. 73auf der grundlage der mitteilung der kommission vom 6. mai 1982 hat das bundesministerium für gesundheit eine „bekanntmachung über den nachweis der qualitätsprüfung bei parallelimportierten arzneimitteln“ vom 23. februar 1995 (banz. s. 2227) zur prüfung der marktfreigabe nach § 13 abs. 2 der betriebsverordnung für pharmazeutische unternehmer (pharmbetrv) erlassen. die regelung entsprach im wesentlichen § 17 abs. 2 amwhv in der heute geltenden fassung. nach der bekanntmachung muss den besonderheiten bei parallelimporten in der verwaltungspraxis angemessen rechnung getragen werden. dabei ist es aufgabe der zuständigen behörde, sich gewissheit darüber zu verschaffen, dass der parallelimport im herkunftsland auf qualität geprüft worden ist und die entsprechenden prüfunterlagen vorliegen, wenn es dem parallelimporteur nicht gelingt, das prüfprotokoll oder entsprechende unterlagen vom hersteller zu erhalten, und ihm auch keine anderen informationen über die qualitätsprüfung im herkunftsland zur verfügung stehen. die behörde ermittelt bei der zuständigen behörde des herkunftslandes, ob die unterlagen zur prüfung der qualität dort vorliegen. 74bb) die rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union zu parallelimporten beansprucht für den vorliegend zu beurteilenden parallelhandel mit arzneimitteln geltung. der gerichtshof hat in dem grundlegenden urteil vom 20. mai 1976 – c-104/75 – (de peijper) auch über die hier maßgebliche frage des nach-weises der marktfreigabe entschieden und die zu parallelimporten aufgestellten grundsätze in zahlreichen entscheidungen – auch unter geltung der richtlinie 2001/83/eg – fortgeführt und weiter ausdifferenziert. 75vgl. etwa eugh, urteil vom 1. april 2004 - c-112/02 -, kohlpharma, juris, und die zusammenfassung in: mitteilung der kommission vom 30. dezember 2003, kom (2003) 839 endg. 76in den weiteren entscheidungen hat er zwar – soweit ersichtlich – die ausführungen zur frage des nachweises der marktfreigabe in dem urteil aus dem jahr 1976 nicht ausdrücklich bestätigt, die diesbezügliche rechtsprechung aber auch nicht aufgegeben. 77der anwendung der de peijper-rechtsprechung auf den grenzüberschreitenden parallelhandel mit arzneimitteln steht auch nicht entgegen, dass die gdp-leit-linien von der europäischen kommission, also von einem organ der europäischen union, erlassen wurden und art. 80 abs. 1 lit. g) der richtlinie 2001/83/eg den mitgliedstaaten verbindlich vorgibt, dem inhaber einer großhandelsgenehmigung die einhaltung dieser leitlinien aufzuerlegen. zwar gelten die regelungen damit für alle mitgliedstaaten unterschiedslos und stellen – vorbehaltlich der erforderlichen nationalen umsetzung – keine maßnahmen eines mitgliedstaats dar. an der warenverkehrsfreiheit aus art. 34 aeuv sind nach der rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union aber nicht nur maßnahmen der mitgliedstaaten, sondern auch maßnahmen der unionsorgane zu messen. 78vgl. eugh, urteil vom 13. september 2001 - c-169/99 -, schwarzkopf, juris, rn. 37; w. schroeder, in: streinz, euv/aeuv, 3. aufl. 2018, art. 34 aeuv rn. 29; leible/t. streinz, in: grabitz/hilf/nettesheim, das recht der europäischen union, art. 34 aeuv, stand januar 2015, rn. 36 f., jeweils m.w.n. 79nach alledem ist die von der klägerin mit ihrem zweiten beweisantrag aufgeworfene frage, wie die zuständigen behörden anderer eu- und ewr-staaten ziffer 5.4 abs. 3 der gdp-leitlinien auslegen und anwenden, nicht entscheidungserheblich, weshalb der beweisantrag abzulehnen war. 803. ziffer 1 lit. b) des angefochtenen bescheides vom 2. juli 2015 stimmt nicht mit § 1a satz 1 am-handelsv i.v.m. ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien in der vorstehend dargelegten auslegung überein. wenngleich die bezirksregierung e. diese verfügung des bescheides unter wörtlicher wiedergabe der bestimmung der gdp-leitlinien formuliert hat, entspricht es dem im vorliegenden verfahren zu tage getretenen übereinstimmenden verständnis der beteiligten, dass der klägerin mit dem bescheid ausnahmslos auferlegt wurde, bei arzneimittellieferungen aus dem eu- oder ewr-ausland stets den kontrollbericht oder ein gleichwertiges freigabedokument nicht nur zu prüfen, sondern erforderlichenfalls auch zu beschaffen bzw. die lieferung nicht in den verkaufsfähigen bestand aufzunehmen, wenn ein solches dokument nicht beschafft werden kann. diese verpflichtung geht über das hinaus, was nach § 1a satz 1 am-handelsv i.v.m. ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien gefordert ist, und kann unter berücksichtigung der warenverkehrsfreiheit nicht ausnahmslos von der klägerin verlangt werden. 81maßgeblich ist insoweit, dass nicht auszuschließen ist, dass es der klägerin als parallelhändlerin zumindest im einzelfall unmöglich sein kann, die erforderlichen unterlagen vom originalhersteller zu erlangen. diese möglichkeit folgt schon daraus, dass der originalhersteller nicht verpflichtet ist, der klägerin den kontrollbericht oder ein anderes freigabedokument herauszugeben, und die klägerin keinen rechtsanspruch auf herausgabe hat. zudem widerspricht es nach dem plausiblen vorbringen der klägerin den wirtschaftlichen interessen des originalherstellers, den kontrollbericht oder ein anderes freigabedokument an sie oder andere parallelhändler herauszugeben. diese interessenlage deckt sich mit der lage im fall des parallelimports, zu dem die oben zitierte rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union ergangen ist. 82entgegen der auffassung des beklagten landes kommt es dabei nicht darauf an, ob die zu prüfenden dokumente schutzbedürftige daten enthalten, was aus sicht des beklagten landes bei den prüfprotokollen der fall ist, die in der bekanntmachung über den nachweis der qualitätsprüfung bei parallelimportierten arzneimitteln des bundesministeriums für gesundheit vom 23. februar 1995 erwähnung finden, dagegen nicht bei dem kontrollbericht, der lediglich die information enthalte, dass die arzneimittelcharge den vorschriften gemäß hergestellt wurde und freigegeben worden ist. da der originalhersteller nicht zur herausgabe des kontrollberichts verpflichtet ist, kann er diese unabhängig davon verweigern, ob schutzbedürftige daten betroffen sind, und ohne dass es eines rechtlichen grundes hierfür bedürfte. 83ist hiernach nicht auszuschließen, dass es der klägerin künftig zumindest in einzelfällen unmöglich sein wird, den kontrollbericht zu erlangen, ist auch nicht entscheidungserheblich, ob es der klägerin bislang tatsächlich unmöglich war, den kontrollbericht oder ein gleichwertiges dokument zu erhalten, und ob sie ihre diesbezüglichen bemühungen hinreichend glaubhaft gemacht hat. aus diesem grund und weiteren ablehnungsgründen war der beweisantrag der klägerin bezüglich der tatsache abzulehnen, dass weder der zulassungsinhaber noch der hersteller einem parallelhändler auf anforderung den kontrollbericht zur verfügung stellt. gleiches gilt für den auf das gleiche beweisthema gerichteten beweisantrag des beklagten landes. 84für den fall, dass die klägerin den kontrollbericht oder ein gleichwertiges dokument nicht erlangen kann, wird die bezirksregierung e. zu prüfen haben, wie auf andere weise kontrolliert werden kann, ob die charge im herkunftsmitgliedstaat zum inverkehrbringen freigegeben worden ist. dazu bietet sich eine vorgehensweise entsprechend der praxis zu parallelimporten an. insoweit bedarf es im vorliegenden verfahren keiner weiteren aufklärung, ob die verwaltungspraxis noch der bekanntmachung über den nachweis der qualitätsprüfung bei parallelimportierten arzneimitteln des bundesministeriums für gesundheit vom 23. februar 1995 folgt oder – wie die klägerin vorträgt – inzwischen darauf verzichtet wird, von parallelimporteuren den nachweis von bemühungen um die freigabedokumente zu verlangen. 85ii. dagegen ist die ebenfalls auf der grundlage des § 69 abs. 1 satz 1 amg ergangene anordnung in ziffer 1 lit. a) des bescheides vom 2. juli 2015 rechtmäßig, wonach die klägerin gemäß ziffer 5.4 abs. 3 satz 1 der gdp-leitlinien in das etablierte qualitätssicherungssystem schriftlich niedergelegte verfahren zu implementieren hat, die sicherstellen, dass chargen von arzneimitteln, die für eu- oder ewr-länder bestimmt sind, nicht in den verkaufsfähigen bestand aufgenommen werden, bevor sichergestellt ist, dass sie zum verkauf zugelassen sind. 86die bezirksregierung e. hat diese anordnung zu recht zur beseitigung eines anlässlich der inspektion am 14. januar 2014 festgestellten verstoßes gegen § 1a satz 1 am-handelsv i.v.m. ziffer 5.4 abs. 3 satz 1 der gdp-leitlinien getroffen. diese regelung bestimmt, dass chargen von arzneimitteln, die für eu- oder ewr-länder bestimmt sind, nicht in den verkaufsfähigen bestand aufgenommen werden sollten, bevor nicht gemäß schriftlich niedergelegten verfahren sichergestellt ist, dass sie zum verkauf zugelassen sind. die vorschrift ist – wie § 1a satz 1 am-handelsv i.v.m. ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien – auf den von der klägerin betriebenen grenzüberschreitenden großhandel mit arzneimitteln anwendbar (nachfolgend 1.). anders als ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien bedarf die regelung aber keiner einschränkenden auslegung unter berücksichtigung der rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union zur warenverkehrsfreiheit nach art. 34 aeuv (2.). die von der klägerin etablierten verfahrensvorschriften zum wareneingang entsprachen nicht den danach zu erfüllenden anforderungen der ziffer 5.4 abs. 3 satz 1 der gdp-leit-linien (3.). 871. die regelung in § 1a satz 1 am-handelsv i.v.m. ziffer 5.4 abs. 3 satz 1 der gdp-leitlinien erfasst den von der klägerin betriebenen grenzüberschreitenden parallelhandel mit arzneimitteln. insoweit gelten die ausführungen zu ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien entsprechend (vgl. oben i. 1.). ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass – unabhängig von der auslegung des begriffs „charge“ in vorgenannter bestimmung – nach art. 76 abs. 2 der richtlinie 2001/83/eg der großhandel nur mit arzneimitteln erlaubt ist, die über eine zentrale zulassung oder eine zulassung eines mitgliedstaats verfügen. diese vorgabe nimmt ziffer 5.1 abs. 2 der gdp-leitlinien auf. die umsetzung dieser bestimmungen erfolgt im arzneimittelgesetz im zusammenspiel von § 21 abs. 1 und § 73 abs. 1 satz 1 und abs. 2 nr. 3a. danach dürfen fertigarzneimittel im geltungsbereich des arzneimittelgesetzes nur in den verkehr gebracht werden, wenn eine zulassung der europäischen union oder der zuständigen deutschen behörde vorliegt (§ 21 abs. 1 amg). wenn kein inverkehrbringen in deutschland, sondern lediglich eine durchfuhr von einem eu- bzw. ewr-staat in einen anderen beabsichtigt ist, ist (nur) eine zulassung in einem anderen eu- bzw. ewr-staat erforderlich (§ 73 abs. 2 nr. 3a amg). die vorliegend im streit stehende regelung der ziffer 5.4 abs. 3 satz 1 der gdp-leitlinien ergänzt diese materiellen vorgaben lediglich um das formale erfordernis, dass der großhändler von ihm in empfang genommene arzneimittel darauf prüfen muss, ob die nach den genannten vorschriften ohnehin erforderliche zulassung vorliegt. insoweit kommt der bestimmung ein über ziffer 5.1 abs. 2 der gdp-leitlinien hinausgehender eigenständiger regelungsgehalt zu. 882. anders als ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien bedarf satz 1 dieser bestimmung keiner einschränkenden auslegung unter berücksichtigung der rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union zur geltung der warenverkehrsfreiheit in fällen des parallelimports. 89vgl. grundlegend eugh, urteil vom 20. mai 1976 - c-104/75 -, de peijper, juris, sowie etwa urteil vom 1. april 2004 - c-112/02 -, kohlpharma, juris. 90zwar eröffnet satz 1 – wie satz 2 – aufgrund der zwingend ausgestalteten verweisung in § 1a satz 1 am-handelsv trotz der formulierung „sollten“ kein ermessen und keinen spielraum (vgl. oben i. 2. a). im unterschied zur regelung in ziffer 5.4 abs. 3 satz 2 der gdp-leitlinien besteht bei satz 1 aber nach dem vorliegend zu beurteilenden sachverhalt nicht die möglichkeit, dass ein parallelhändler wie die klägerin nicht zur prüfung der marktzulassung eines arzneimittels in der lage ist, weil die erforderlichen informationen für ihn nicht zugänglich sind. aus der sop gh-07 der klägerin ergibt sich, dass sie vor allem mit hilfe von internetdatenbanken prüfen kann, ob für ein aus einem eu- oder ewr-staat bezogenes arzneimittel im herkunftsstaat eine zulassung zum inverkehrbringen besteht. dabei ist sie nicht darauf angewiesen, informationen von dem originalhersteller zu erlangen. dass ihr die erforderlichen informationen – auch nur in einzelfällen – nicht zur verfügung stehen, trägt die klägerin nicht vor. 913. die im zeitpunkt der inspektion am 14. januar 2014 und des anordnungsbescheides vom 2. juli 2015 von der klägerin etablierten verfahrensvorschriften zur prüfung des bestehens einer zulassung zum inverkehrbringen entsprachen nicht den vorgaben der ziffer 5.4 abs. 3 satz 1 der gdp-leitlinien. zwar war in der sop hp-05 die „überprüfung der zulassungsnummer auf übereinstimmung mit der erteilten zulassung“ vorgesehen (seite 4). dies genügte aber nicht den anforderungen. das beklagte land hat zu recht darauf hingewiesen, dass in der sop nicht geregelt war, wie der abgleich mit der bestehenden zulassung im einzelnen zu erfolgen hat, insbesondere welche informationenquellen zugrunde gelegt werden sollen. 92es kann hier offen bleiben, ob die ausführliche sop gh-07 zum durchfuhrhandel, die die klägerin in reaktion auf das urteil des verwaltungsgerichts vom 6. mai 2015 – 16 k 1951/14 – und den im anschluss ergangenen anordnungsbescheid vom 2. juli 2015 etabliert hat, den vorgaben der ziffer 5.4 abs. 3 satz 1 der gdp-leitlinien entspricht. denn für die rechtmäßigkeit des bescheides kommt es nicht auf diese in befolgung der anordnungen des bescheides vorgenommenen anpassungen an. 93iii. der angefochtene bescheid ist auch rechtmäßig, soweit der klägerin in ziffer 2 gebühren in höhe von 627,00 euro auferlegt wurden. insoweit kann auf die ausführungen im urteil des verwaltungsgerichts vom 10. februar 2016 bezug genommen werden, denen die klägerin im berufungsverfahren nicht entgegengetreten ist. die teilweise rechtswidrigkeit der anordnung unter ziffer 1 des bescheides lässt die gebührenfestsetzung unberührt. die festsetzung ist aufwandsbezogen erfolgt. dabei ist nicht zwischen ziffer 1 lit. a) und lit. b) des bescheides differenziert worden. es ist nicht ersichtlich, dass ein signifikant geringerer verwaltungsaufwand entstanden wäre, wäre die rechtswidrige anordnung unter ziffer 1 lit. b) unterblieben. 94die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 2 und § 155 abs. 1 satz 1 vwgo. bei der kostenverteilung bleibt die gebührenfestsetzung in ziffer 2 des bescheides vom 2. juli 2015 unberücksichtigt, da dieser untergeordnete bedeutung zukommt. 95die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 10 und 711 zpo. 96zu der von der klägerin angeregten vorlage an den gerichtshof der europäischen union ist der senat nicht nach art. 267 abs. 3 aeuv verpflichtet. er sieht auch keinen anlass zu einer vorlage gemäß art. 267 abs. 2 aeuv. aufgrund der ergangenen rechtsprechung des gerichtshofs zu den entscheidungsrelevanten unionsrechtlichen fragen besteht an deren beantwortung kein zweifel. 97die revision wird zugelassen, da die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat (§ 132 abs. 2 nr. 1 vwgo). die aufgeworfenen fragen im zusammenhang mit der auslegung von § 1a satz 1 am-handelsv i.v.m. ziffer 5.4 abs. 3 der gdp-leitlinien sind von über den einzelfall hinausreichender bedeutung und – soweit ersichtlich – in der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts noch nicht geklärt. | Klaeger*in | 1 |
126,722 | L 12 AS 1403/15 | 2016-01-27T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 05.08.2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich mit seiner Klage vom 15.07.2015 gegen den Bescheid des Beklagten vom 20.12.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.03.2012 und begehrt für die Zeit vom 01.08. bis 31.10.2011 höhere als die bislang bewilligten Krankenversicherungsbeiträge. Bislang sei von dem Beklagten nur der Tarif E100 seiner bei der I D bestehenden privaten Krankenversicherung in Höhe von 260,47 EUR monatlich beglichen worden. Der Kläger meint, er habe einen Anspruch auf Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge jedoch in Höhe des Basistarifs (monatlich 575,44 EUR). 3Der Beklagte vertritt die Ansicht, dass der Bescheid vom 20.12.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.03.3012 bestandskräftig geworden sei. Der Klageantrag könne daher außergerichtlich lediglich als Antrag auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheides gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X gedeutet werden, was jedoch schon deshalb erfolglos bleiben müsse, da die Jahresfrist gemäß § 40 Abs. 1 S. 2 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 4 S. 1 SGB X abgelaufen sei. Im Übrigen habe der Kläger nicht nachgewiesen, dass er im streitigen Zeitraum höhere als die monatlich bewilligten 260,47 EUR Krankenversicherungsbeiträge gehabt habe. Das Sozialgericht wies den Kläger darauf hin, dass die Klage unzulässig sei, da der streitige Bescheid des Beklagten vom 20.12.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.03.2012 bestandskräftig sei. Dem Kläger wurden für den Fall des Festhaltens an der unzulässigen Klage Mutwillenskosten gemäß § 192 SGG in Höhe von 200,00 EUR angedroht. Die Beteiligten waren mit einer Entscheidung per Gerichtsbescheid einverstanden. 4Das Sozialgericht Duisburg hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 05.08.2015 abgewiesen, da die Klage bereits unzulässig sei. Zur Begründung nahm es Bezug auf seinen Hinweis sowie die ausführliche Darstellung des Beklagten im Klageerwiderungsschreiben vom 29.07.2015. Die Entscheidung, dem Kläger Verfahrenskosten aufzuerlegen, folge aus § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Nach dieser Vorschrift könne das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht würden, dass er den Rechtsstreit fortführe, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden sei. Eine entsprechende Belehrung sei mit gerichtlichem Hinweisschreiben vom 30.07.2015 gegenüber dem Kläger erfolgt. Die Kammervorsitzende habe ihn darauf hingewiesen, dass im Falle des Festhaltens an der unzulässigen Klage Mutwillenskosten verhängt werden würden. Angesichts dieser Belehrung sei das Festhalten an der Klage missbräuchlich im Sinne von § 192 SGG. Ein Missbrauch sei dann anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich unzulässig oder (wie hier) unbegründet sei und sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden müsse. Diese Auslegung entspräche der ständigen Rechtsprechung des BVerfG zur Missbrauchsgebühr in § 24 Abs. 2 BVerfG (vgl. BVerfG in JW 1996, Seite 1273, 1274). Die Rechtsprechung des BVerfG sei auch zur Auslegung des § 192 SGG heranzuziehen, denn Wortlaut und Zweck beider Vorschriften würden übereinstimmen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 16.06.2004, - L 12 AL 59/03 -; LSG Thüringen, Urteil vom 18.09.2003 - L 2 RA 379/03 -). Der Beklagte habe in seinem Klageerwiderungsschreiben vom 29.07.2015 ausführlich dargestellt, dass die Klage unter keinen in Betracht kommenden Umständen Erfolg haben könne. Die Vorsitzende habe mit gerichtlichem Hinweisschreiben nochmals betont, dass die Klage aufgrund der Bestandskraft des Bescheides der Beklagten vom 20.12.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.03.2012 unzulässig sei. Die Kammervorsitzende halte im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens die Auferlegung von Verschuldenskosten für gerechtfertigt. Vor dem Hintergrund der fast täglich eingehenden Schriftsätze des Klägers und dem dadurch verursachten enormen Bearbeitungsaufwand einschließlich der Notwendigkeit einer Gerichtsbescheid-Abfassung erscheine ein Betrag von 200,00 EUR durchaus angemessen. 5Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 07.08.2015 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 09.08.2015 sinngemäß Berufung eingelegt. Diese beziehe sich auf die Unzulässigkeit. Aus dem gerichtlichen Hinweisschreiben gehe keine gerichtliche Belehrung hervor. Die Verschuldenskosten Höhe von 200 EUR würden zurückgewiesen. Wenn nun der Beklagte meine, dass kein Nachweis erbracht worden sei, sei dies richtig, jedoch sollten im streitigen Zeitraum Behandlungen durchgeführt werden. Aufgrund der Eigenbeteiligung von 100 EUR seien aber keine Behandlungen durchgeführt worden, da ein Eigenanteil von 100 EUR einem Hilfebedürftigen von dem Regelbedarf nicht zumutbar sein könne. 6Der Beklagte entgegnet, dass er für die streitige Zeit den vom Kläger nachgewiesenen Krankenversicherungsbetrag in Höhe von 260,47 EUR monatlich berücksichtigt habe. Die Berufungsbegründung enthalte keine Ausführungen, die der Beklagte nicht bereits bei seiner Stellungnahme im Klageverfahren berücksichtigt habe. Die Klage des Klägers könne unter keinem Gesichtspunkt Erfolg haben. 7Der Kläger beantragt sinngemäß, 8den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 05.08.2015 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 20.12.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.03.2012 abzuändern und ihm den Differenzbetrag aus den bislang erbrachten Krankenversicherungsbeiträgen i.H.v. monatlich 260,47 EUR zum Basistarif i.H.v. monatlich 575,44 EUR = 3 x 314,97 EUR = 944,91 EUR nebst 4 % Zinsen ab Klagedatum zu gewähren und die ihm auferlegten Verschuldenskosten in Höhe von 200,00 EUR aufzuheben. 9Der Beklagte beantragt, 10die Berufung zurückzuweisen. 11Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von dem Beklagten beigezogenen Verwaltungsakte. 12Entscheidungsgründe: 13Das Landessozialgericht konnte die Streitsache durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entscheiden, da hierfür die Voraussetzungen gegeben sind. 14Gemäß § 124 Abs. 2 SGG darf ein Urteil ohne mündliche Verhandlung ergehen, wenn die Beteiligten ausdrücklich zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung im Sinne des § 124 Abs. 2 SGG vom Gericht angehört wurden und hierzu von ihnen auch ausdrücklich ein Einverständnis mit dieser Entscheidung erklärt wurde. Das Einverständnis muss schriftlich erfolgen und muss sich unmissverständlich auf eine Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erstrecken. (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014 § 124 Rdnrn. 3 ff. m.w.N.). Vorliegend hat der Kläger mit Schriftsatz vom 25.09.2015 und der Beklagte mit Schriftsatz vom 19.10.2015 einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt. 15Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. 16Die Entscheidung des Sozialgerichts Duisburg vom 05.08.2015 ist auch unter Berücksichtigung des Klägervortrages im Berufungsverfahren (weiterhin) zutreffend. 17Der Kläger hat keinen Anspruch für die Zeit vom 01.08. bis 31.10.2011 auf höhere als die bislang von dem Beklagten bei der I D beglichenen 260,47 EUR monatlich. Insbesondere hat er keinen Anspruch auf Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge in Höhe des Basistarifs (monatlich 575,44 EUR). Denn der Bescheid vom 20.12.2011 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 15.03.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen subjektiven Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Bewilligungsbescheid vom 20.12.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.03.2012 ist bestandskräftig geworden. Es fehlt (offensichtlich) an einem zwingend notwendigen Vorverfahren (vgl. § 78 SGG). 18Bezüglich der Erfolgsaussichten eines möglichen außergerichtlichen Antrages auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheides gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X wird auf das Schreiben des Beklagten vom 29.07.2015 Bezug genommen, mit welchem der Kläger sich bis heute nicht auseinandergesetzt hat. 19Soweit sich der Kläger gegen die Verhängung von Verschuldenskosten wendet, hat er mit seinem Begehren ebenfalls keinen Erfolg. Denn er ist mit dem gerichtlichen Schreiben vom 30.07.2015 von der Vorsitzenden auf die Aussichtslosigkeit der Fortsetzung des Verfahrens, die Missbräuchlichkeit der weiteren Inanspruchnahme des Gerichts sowie die für den Fall der Fortsetzung des Verfahrens in Betracht kommende Auferlegung von Gerichtskosten in Höhe von 200 EUR hingewiesen worden. 20Der Kläger hat den Rechtsstreit trotz dieser Hinweise fortgeführt. Dieses Verhalten ist rechtsmissbräuchlich. Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung liegt vor, wenn die Weiterführung des Rechtsstreits von jedem Einsichtigen als aussichtslos angesehen werden muss (LSG NRW, Urteil vom 20.01.2010 - L 11 KR 80/07 -; vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 19.12.2002 - 2 BvR 1255/02 -). Dies ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn die zu entscheidenden Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt sind und trotz eindeutiger entsprechender Hinweise des Gerichts der Rechtsstreit fortgeführt wird (LSG Sachsen, Urteil vom 05.12.2013 - L 1 KR 231/12 -). Vorliegend war kein sachlicher Grund gegeben, das offensichtlich aussichtslose Klageverfahren fortzuführen. Auch hinsichtlich der Höhe der auferlegten Kosten (Mindestgebühr gemäß § 192 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 184 Abs. 2 SGG) ist die von dem Sozialgericht getroffene Entscheidung nicht zu beanstanden. 21Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. 22Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen. | die berufung des klägers gegen den gerichtsbescheid des sozialgerichts duisburg vom 05.08.2015 wird zurückgewiesen. außergerichtliche kosten sind auch im berufungsverfahren nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2der kläger wendet sich mit seiner klage vom 15.07.2015 gegen den bescheid des beklagten vom 20.12.2011 in der fassung des änderungsbescheides vom 15.03.2012 und begehrt für die zeit vom 01.08. bis 31.10.2011 höhere als die bislang bewilligten krankenversicherungsbeiträge. bislang sei von dem beklagten nur der tarif e100 seiner bei der i d bestehenden privaten krankenversicherung in höhe von 260,47 eur monatlich beglichen worden. der kläger meint, er habe einen anspruch auf übernahme der krankenversicherungsbeiträge jedoch in höhe des basistarifs (monatlich 575,44 eur). 3der beklagte vertritt die ansicht, dass der bescheid vom 20.12.2011 in der fassung des änderungsbescheides vom 15.03.3012 bestandskräftig geworden sei. der klageantrag könne daher außergerichtlich lediglich als antrag auf überprüfung der rechtmäßigkeit des bescheides gemäß § 44 abs. 1 s. 1 sgb x gedeutet werden, was jedoch schon deshalb erfolglos bleiben müsse, da die jahresfrist gemäß § 40 abs. 1 s. 2 sgb ii i.v.m. § 44 abs. 4 s. 1 sgb x abgelaufen sei. im übrigen habe der kläger nicht nachgewiesen, dass er im streitigen zeitraum höhere als die monatlich bewilligten 260,47 eur krankenversicherungsbeiträge gehabt habe. das sozialgericht wies den kläger darauf hin, dass die klage unzulässig sei, da der streitige bescheid des beklagten vom 20.12.2011 in der fassung des änderungsbescheides vom 15.03.2012 bestandskräftig sei. dem kläger wurden für den fall des festhaltens an der unzulässigen klage mutwillenskosten gemäß § 192 sgg in höhe von 200,00 eur angedroht. die beteiligten waren mit einer entscheidung per gerichtsbescheid einverstanden. 4das sozialgericht duisburg hat die klage durch gerichtsbescheid vom 05.08.2015 abgewiesen, da die klage bereits unzulässig sei. zur begründung nahm es bezug auf seinen hinweis sowie die ausführliche darstellung des beklagten im klageerwiderungsschreiben vom 29.07.2015. die entscheidung, dem kläger verfahrenskosten aufzuerlegen, folge aus § 192 abs. 1 nr. 2 sgg. nach dieser vorschrift könne das gericht einem beteiligten ganz oder teilweise die kosten auferlegen, die dadurch verursacht würden, dass er den rechtsstreit fortführe, obwohl ihm vom vorsitzenden die missbräuchlichkeit der rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die möglichkeit der kostenauferlegung bei fortführung des rechtsstreits hingewiesen worden sei. eine entsprechende belehrung sei mit gerichtlichem hinweisschreiben vom 30.07.2015 gegenüber dem kläger erfolgt. die kammervorsitzende habe ihn darauf hingewiesen, dass im falle des festhaltens an der unzulässigen klage mutwillenskosten verhängt werden würden. angesichts dieser belehrung sei das festhalten an der klage missbräuchlich im sinne von § 192 sgg. ein missbrauch sei dann anzunehmen, wenn die rechtsverfolgung offensichtlich unzulässig oder (wie hier) unbegründet sei und sie von jedem einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden müsse. diese auslegung entspräche der ständigen rechtsprechung des bverfg zur missbrauchsgebühr in § 24 abs. 2 bverfg (vgl. bverfg in jw 1996, seite 1273, 1274). die rechtsprechung des bverfg sei auch zur auslegung des § 192 sgg heranzuziehen, denn wortlaut und zweck beider vorschriften würden übereinstimmen (vgl. lsg nrw, beschluss vom 16.06.2004, - l 12 al 59/03 -; lsg thüringen, urteil vom 18.09.2003 - l 2 ra 379/03 -). der beklagte habe in seinem klageerwiderungsschreiben vom 29.07.2015 ausführlich dargestellt, dass die klage unter keinen in betracht kommenden umständen erfolg haben könne. die vorsitzende habe mit gerichtlichem hinweisschreiben nochmals betont, dass die klage aufgrund der bestandskraft des bescheides der beklagten vom 20.12.2011 in der fassung des änderungsbescheides vom 15.03.2012 unzulässig sei. die kammervorsitzende halte im rahmen des ihr eingeräumten ermessens die auferlegung von verschuldenskosten für gerechtfertigt. vor dem hintergrund der fast täglich eingehenden schriftsätze des klägers und dem dadurch verursachten enormen bearbeitungsaufwand einschließlich der notwendigkeit einer gerichtsbescheid-abfassung erscheine ein betrag von 200,00 eur durchaus angemessen. 5der gerichtsbescheid ist dem kläger am 07.08.2015 zugestellt worden. er hat hiergegen am 09.08.2015 sinngemäß berufung eingelegt. diese beziehe sich auf die unzulässigkeit. aus dem gerichtlichen hinweisschreiben gehe keine gerichtliche belehrung hervor. die verschuldenskosten höhe von 200 eur würden zurückgewiesen. wenn nun der beklagte meine, dass kein nachweis erbracht worden sei, sei dies richtig, jedoch sollten im streitigen zeitraum behandlungen durchgeführt werden. aufgrund der eigenbeteiligung von 100 eur seien aber keine behandlungen durchgeführt worden, da ein eigenanteil von 100 eur einem hilfebedürftigen von dem regelbedarf nicht zumutbar sein könne. 6der beklagte entgegnet, dass er für die streitige zeit den vom kläger nachgewiesenen krankenversicherungsbetrag in höhe von 260,47 eur monatlich berücksichtigt habe. die berufungsbegründung enthalte keine ausführungen, die der beklagte nicht bereits bei seiner stellungnahme im klageverfahren berücksichtigt habe. die klage des klägers könne unter keinem gesichtspunkt erfolg haben. 7der kläger beantragt sinngemäß, 8den gerichtsbescheid des sozialgerichts duisburg vom 05.08.2015 zu ändern und den bescheid der beklagten vom 20.12.2011 in der fassung des änderungsbescheides vom 15.03.2012 abzuändern und ihm den differenzbetrag aus den bislang erbrachten krankenversicherungsbeiträgen i.h.v. monatlich 260,47 eur zum basistarif i.h.v. monatlich 575,44 eur = 3 x 314,97 eur = 944,91 eur nebst 4 % zinsen ab klagedatum zu gewähren und die ihm auferlegten verschuldenskosten in höhe von 200,00 eur aufzuheben. 9der beklagte beantragt, 10die berufung zurückzuweisen. 11wegen der einzelheiten des sachverhalts wird auf den inhalt der gerichtsakte und der von dem beklagten beigezogenen verwaltungsakte. 12 | 13das landessozialgericht konnte die streitsache durch urteil ohne mündliche verhandlung nach § 124 abs. 2 des sozialgerichtsgesetzes (sgg) entscheiden, da hierfür die voraussetzungen gegeben sind. 14gemäß § 124 abs. 2 sgg darf ein urteil ohne mündliche verhandlung ergehen, wenn die beteiligten ausdrücklich zu einer entscheidung ohne mündliche verhandlung im sinne des § 124 abs. 2 sgg vom gericht angehört wurden und hierzu von ihnen auch ausdrücklich ein einverständnis mit dieser entscheidung erklärt wurde. das einverständnis muss schriftlich erfolgen und muss sich unmissverständlich auf eine entscheidung durch urteil ohne mündliche verhandlung nach § 124 abs. 2 sgg erstrecken. (vgl. keller, in: meyer-ladewig/keller/leitherer, kommentar zum sgg, 11. aufl. 2014 § 124 rdnrn. 3 ff. m.w.n.). vorliegend hat der kläger mit schriftsatz vom 25.09.2015 und der beklagte mit schriftsatz vom 19.10.2015 einer entscheidung ohne mündliche verhandlung zugestimmt. 15die form- und fristgerecht eingelegte berufung des klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 sgg). sie ist jedoch nicht begründet. 16die entscheidung des sozialgerichts duisburg vom 05.08.2015 ist auch unter berücksichtigung des klägervortrages im berufungsverfahren (weiterhin) zutreffend. 17der kläger hat keinen anspruch für die zeit vom 01.08. bis 31.10.2011 auf höhere als die bislang von dem beklagten bei der i d beglichenen 260,47 eur monatlich. insbesondere hat er keinen anspruch auf übernahme der krankenversicherungsbeiträge in höhe des basistarifs (monatlich 575,44 eur). denn der bescheid vom 20.12.2011 in gestalt des änderungsbescheides vom 15.03.2012 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen subjektiven rechten im sinne von § 54 abs. 2 satz 1 sgg. der bewilligungsbescheid vom 20.12.2011 in der fassung des änderungsbescheides vom 15.03.2012 ist bestandskräftig geworden. es fehlt (offensichtlich) an einem zwingend notwendigen vorverfahren (vgl. § 78 sgg). 18bezüglich der erfolgsaussichten eines möglichen außergerichtlichen antrages auf überprüfung der rechtmäßigkeit des bescheides gemäß § 44 abs. 1 satz 1 sgb x wird auf das schreiben des beklagten vom 29.07.2015 bezug genommen, mit welchem der kläger sich bis heute nicht auseinandergesetzt hat. 19soweit sich der kläger gegen die verhängung von verschuldenskosten wendet, hat er mit seinem begehren ebenfalls keinen erfolg. denn er ist mit dem gerichtlichen schreiben vom 30.07.2015 von der vorsitzenden auf die aussichtslosigkeit der fortsetzung des verfahrens, die missbräuchlichkeit der weiteren inanspruchnahme des gerichts sowie die für den fall der fortsetzung des verfahrens in betracht kommende auferlegung von gerichtskosten in höhe von 200 eur hingewiesen worden. 20der kläger hat den rechtsstreit trotz dieser hinweise fortgeführt. dieses verhalten ist rechtsmissbräuchlich. eine missbräuchliche rechtsverfolgung liegt vor, wenn die weiterführung des rechtsstreits von jedem einsichtigen als aussichtslos angesehen werden muss (lsg nrw, urteil vom 20.01.2010 - l 11 kr 80/07 -; vgl. bundesverfassungsgericht (bverfg), beschluss vom 19.12.2002 - 2 bvr 1255/02 -). dies ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn die zu entscheidenden rechtsfragen höchstrichterlich geklärt sind und trotz eindeutiger entsprechender hinweise des gerichts der rechtsstreit fortgeführt wird (lsg sachsen, urteil vom 05.12.2013 - l 1 kr 231/12 -). vorliegend war kein sachlicher grund gegeben, das offensichtlich aussichtslose klageverfahren fortzuführen. auch hinsichtlich der höhe der auferlegten kosten (mindestgebühr gemäß § 192 abs. 1 satz 3 i. v. m. § 184 abs. 2 sgg) ist die von dem sozialgericht getroffene entscheidung nicht zu beanstanden. 21die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. 22anlass, die revision nach § 160 abs. 2 sgg zuzulassen. | Verklagte*r | 0 |
336,502 | 02 O 318/18 | 2021-03-31T00:00:00 | Teil-Grund- und Teilurteil | Tenor Die Klage ist dem Grunde nach in Bezug auf die Anträge 1, 2, 3 und 5 gerechtfertigt. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, gemäß den Bedingungen der Verbundenen Wohngebäudeversicherung Nr. alle weiteren Kosten zu erstatten, die im Zusammenhang mit der Reparatur, der Sanierung und Wiederinstandsetzung des auf der Liegenschaft X stehenden Wohngebäudes nebst Rohrleitungen, Garage und Pflasterung im Zusammenhang mit dem Versicherungsfall „Doline“ stehen. 1 2Tatbestand: 3Die Kläger unterhielten bei der Beklagten als Eigentümergemeinschaft des Grundstücks X seit dem 20.02.2006 eine Wohngebäudeversicherung unter der Versicherungsnummer . Der Versicherungsschein vom 20.02.2006 verweist auf die Allgemeinen-Versicherungsbedingungen (im Folgenden: VGB 99 EURO (Ausgabe 2004) sowie die Besonderen Bedingungen für die Versicherung weiterer Elementarschäden in der Wohngebäudeversicherung (im Folgenden: LBEV 04). Auf Antrag der Kläger wurde ein weiterer Versicherungsschein am 23.03.2015 durch die Beklagte ausgestellt. In diesem Versicherungsschein wird auf die Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (im Folgenden: VGB 2008) sowie die Besonderen Bedingungen für die Versicherung weiterer Elementarschäden in der Wohngebäudeversicherung (im Folgenden: BEW 08) verwiesen. Die Versicherung umfasst unter anderem Versicherungsschutz für Elementarschäden. 4Im Frühjahr 2010 kam es auf dem Grundstück der Kläger zu einer Absenkung, wodurch sich auch das Wohngebäude und ein Teil der Pflasterung absenkten. Aufgrund dessen untersuchte der Architekt Herr Dipl.-Ing. X2 den Baugrund. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass verschiedene Ursachen in Betracht kämen. Er zog unter anderem in Betracht, dass es durch eine defekte Regenwasserleitung zu einer Ausspülung und infolge dessen zu Absackungen im Untergrund gekommen sein könnte. Es fand ferner ein Ortstermin mit dem Sachbearbeiter der Beklagten, Herrn B, statt. Es erfolgte daraufhin eine Zahlung der Beklagten in Höhe von 2.000,00 € mit dem Hinweis, dass für Schäden an Ableitungsrohren und den daraus resultierenden Folgeschäden kein Versicherungsschutz bestünde. 5Nach Anleitung des Herrn Dipl.-Ing. X2 fanden im selben Jahr noch Sanierungsmaßnahmen auf dem klägerischen Grundstück statt. Es wurde unter anderem das Gebäude angehoben und in die dadurch entstandene Absenkung wurde Beton eingebracht. 6Anfang des Jahres 2014 entstanden weitere Absenkungen auf dem Grundstück. Hierauf empfahl Herr Dipl.-Ing. X2 den Klägern eine geologische Fachuntersuchung. Es wurden daraufhin drei Gutachten eingeholt: ein bodenkundliches Gutachten im Jahr 2014 von Dr. X, ein geotechnisches Gutachten mit Baugrunduntersuchung vom 25.08.2014 von Prof. Dr. T und Bau-Ing. T3 sowie ein ingenieurgeophysikalisches Gutachten vom 25.02.2016 von Dr. T und Dipl.-Geophys. H. Nach den eingeholten Gutachten ist eine unterhalb des Grundstücks befindliche Doline ursächlich für die Absackungen in den Jahren 2010 und 2014. 7Mit Schreiben vom 14.03.2015 zeigten die Kläger den nun streitgegenständlichen Schaden bei der Beklagten an. Mit Schreiben vom 10.08.2015 lehnte die Beklagte die Gewährung von Versicherungsschutz ab. Nach einer weiteren Korrespondenz zwischen den Parteien ließ die Beklagte den Schaden durch Herrn Dipl.-Ing. C begutachten, welcher nach einem Ortstermin vom 24.04.2017 in seinem Gutachten vom 10.05.2017 feststellte, dass die Ursache der Absenkungen nicht sicher festgestellt werden könne. Die Beklagte bot den Klägern daraufhin als Abfindungsangebot zunächst die Zahlung von 20.000,00 € an und erhöhte diesen Betrag später auf 25.000,00 €. Die Kläger lehnten dies ab. 8Die Kläger sind der Ansicht, dass ein Versicherungsfall in Form eines Elementarschadens gegeben sei. Hierzu behaupten sie, die entstandenen Erdsenkungen in den Jahren 2010 sowie 2014 seien ausschließlich auf eine unterhalb des Grundstücks befindliche Doline zurückzuführen und somit auf nach den Versicherungsbedingungen erforderliche natürliche Hohlräume. Hiervon hätten sie jedoch erst durch die später eingeholten Gutachten Kenntnis erlangt. Es sei ferner durch die Absenkungen zu Beschädigungen des Gebäudes sowie der Pflasterung der sogenannten Küchen-Terrasse und der gepflasterten Zuwegung zum Haus gekommen. 9Die Kläger beantragen, 10die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 8.646,78 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.10.2017 zu zahlen; 11die Beklagte weiter zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 56.152,95 € zu zahlen; 12die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 10.250,00 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.10.2017; 13festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, gemäß den Bedingungen der Verbundenen Wohngebäudeversicherung Nr. alle den Klägern über den Betrag von 75.049,73 € hinaus entstehenden Kosten zu erstatten, die im Zusammenhang mit der Reparatur, der Sanierung und Wiederinstandsetzung des auf der Liegenschaft X stehenden Wohngebäudes nebst Rohrleitungen, Garage und Pflasterung im Zusammenhang mit der Versicherungsfall „Doline“ entstehen; 14die Beklagte ferner zu verurteilen, an die A-Rechtsschutzversicherungs-AG einen Betrag zu zahlen in Höhe von 2.561,83 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.10.2017. 15Die Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie wegen der streitgegenständlichen Beschädigungen nicht verpflichten sei, den Klägern entstandene bzw. entstehende Kosten zu erstatten. Es liege bereits kein Versicherungsfall vor. Hierzu behauptet die Beklagte, dass der nach den Versicherungsbedingungen vorausgesetzte natürliche Hohlraum nicht gegeben sei. Vor vielen Jahrhunderten habe es allenfalls natürliche Hohlräume im Bereich des Grundstücks gegeben, diese seien jedoch künstlich aufgefüllt worden. Abgesehen hiervon sei ein Sickerungsschacht auf dem Grundstück der Kläger ursächlich für die Absenkungen. Ferner hätten die Arbeiten durch den Architekten Herrn Dipl.-Ing. X2 im Jahr 2010 die Absenkungen weiter verursacht und die Schäden daher vergrößert. Die Arbeiten seien daher kontraproduktiv gewesen. Die Beklagten erheben ferner die Einrede der Verjährung. Die Kläger müssten sich die Sachkenntnisse des Dipl.-Ing. X2 zurechnen lassen. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 19Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Prof. Dr.-Ing. L. Auf den Beweisbeschluss der Kammer vom 21.05.2019 (Bl. 463 f. d.A.) sowie vom 12.07.2019 (Bl. 543 f. d.A) wird verwiesen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 07.03.2020 (Bl. 646 ff. d.A.) sowie auf das Protokoll der Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. L in der mündlichen Verhandlung vom 01.09.2020 (Bl. 813 ff. d.A.) verwiesen. 20Entscheidungsgründe: 21Die Klage ist insgesamt zulässig. Es besteht insbesondere das für den Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der Feststellungsantrag ist ferner auch hinreichend bestimmt formuliert, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Versicherungsfall ist mit dem Begriff „Doline“ hinreichend konkretisiert worden. Bezüglich der Anträge kann durch Grundurteil entschieden werden. 22I. 23Die Voraussetzungen für den Erlass eines Teil-Grundurteils hinsichtlich der mit den Anträgen 1, 2, 3 und 5 geltend gemachten Zahlungsanträge nach § 304 ZPO liegen vor. 24Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und wenn nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner rechnerischen Höhe besteht (vgl. BGH Grundurteil vom 07.03.2005 – II ZR 144/03). 25Diese Voraussetzungen sind gegeben. Es steht bereits fest, dass die Ansprüche des Klägers jedenfalls in gewisser Höhe bestehen. Eine Entscheidung über die Höhe des Anspruchs des Klägers konnte dagegen noch nicht erfolgen, weil hinsichtlich der einzelnen Schäden vieles streitig ist und deshalb eine Entscheidung über die Klage insgesamt gegenwärtig nicht möglich ist. 26Hinsichtlich des Feststellungsantrags war durch Teil-Endurteil zu entscheiden. Hat der Kläger - wir vorliegend - mit der Leistungsklage (Anträge zu 1, 2, 3 und 5) zugleich den Antrag auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz eines weiteren Schadens verbunden (Antrag zu 4), kann kein umfassendes Grundurteil ergehen; in diesem Fall ist durch Teil-Grundurteil hinsichtlich der Leistungsklage und Teil-Endurteil hinsichtlich der Feststellungsklage zu entscheiden (vgl. Feskorn in: Zöller, ZPO 33. Aufl. 2020, § 304 Rn. 3). 27II. 28Die Kläger haben dem Grunde nach einen Anspruch auf Erbringung der Versicherungsleistungen wegen etwaiger Beschädigungen verursacht durch die in den Jahren 2010 sowie 2014 durch Absenkungen auf dem klägerischen Grundstück zutage getretenen Doline. 29Vorliegend ist ein Versicherungsfall nach § 5 Ziff. 1 und Ziff. 4 lit. a) dd) VGB 2008, Ziff. 2 lit b) i.V.m. Ziff. 4 BEW 08 und auch nach § 1 Ziff. 1 und Ziff. 3 VGB 99 EURO i.V.m. § 4 LBEW 04 gegeben. Es kann daher bereits dahinstehen, ob die Musterbedingungen aus dem Jahr 2004 oder 2008 Anwendung finden. 301. 31Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass ein Versicherungsfall gegeben ist, da ein Erdfall bzw. eine Erdsenkung i.S.d. Versicherungsbedingungen gegeben ist. 32Nach § 2 Ziff. lit b), 4 LBEV 04 leistet die Beklagte Entschädigung für die versicherte Sache, wenn Schäden durch eine Erdsenkung entstehen. Eine Erdsenkung ist hiernach eine naturbedingte Absenkung des Erdbodens über natürlichen Hohlräumen. Nach Ziff. 2 lit b), 4 BEW 08 liegt demgegenüber ein Versicherungsfall vor, wenn die versicherte Sache durch Erdfall oder Erdrutsch zerstört oder beschädigt wurde. Ein Erdfall ist hiernach ein naturbedingter Einsturz des Erdbodens über natürlichen Hohlräumen. 33Nach beiden Versicherungsbedingungen ist demnach zunächst das Vorliegen von natürlichen Hohlräume notwendig. Unter natürlichen Hohlräumen sind solche Räume zu verstehen, die vom Erdreich völlig umschlossen sind und nach oben mit einer natürlichen Decke aus einer Erdschicht enden (vgl. LG Nürnberg-Fürth, 15.11.2006 – 8 O #####/####). In den Musterbedingungen aus dem Jahr 2008 wird zwar statt der noch im Jahr 2004 versicherten Erdsenkung der Erdfall, mithin ein naturbedingter Einsturz des Erdbodens über natürlichen Hohlraum, versichert. Eine Änderung des Umfangs des Versicherungsschutzes im Verhältnis zur Versicherung der Erdsenkung als naturbedingte Absenkung des Erdbodens über natürlichen Hohlräumen tritt jedoch nach Auffassung der Kammer nicht ein. Aus der Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers ist nach beiden Musterbedingungen entscheidende Voraussetzung, dass der Erdboden über natürliche Hohlräume in Bewegung gerät. Dies vorausgesetzt, ist eine sinnvolle Abgrenzung zwischen den Begriffen „Erdsenkung“ und „Erdfall“ nicht möglich bzw. hat der Versicherer nicht hinreichend deutlich gemacht, wie eine solche erfolgen kann. Eine Differenzierung zwischen den beiden Begriffen ist demnach nicht erforderlich (vgl. Wussow, VersR 2008, 1292, 1296). Ferner kann eine Erdsenkung oder ein Erdfall i.S.d. Versicherungsbedingungen auch vorliegen, wenn der Absenkungsprozess über mehrere Jahre hinweg andauert. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer darf bei den Begriffen „Erdsenkung“ bzw. „Erdfall“ mangels Einschränkung auf ein „plötzliches Ereignis“ annehmen, dass auch eine sich über einen längeren Zeitraum entwickelnde Absenkung des Erdbodens einen Versicherungsfall darstellt (vgl. Thüringer OLG, Urteil vom 11.03.2009 – 4 U 107/07). 34Der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. L hat in seinem nachvollziehbaren, in sich schlüssigen und überzeugendem Gutachten vom 07.03.2020 ausgeführt, dass auf dem Grundstück der Kläger eine Doline vorhanden sei. Als Doline würde man einen natürlich entstandenen schlot-, trichter- oder schüsselförmige Senke im Erdboden bezeichnen. Im Laufe von Jahrhunderten sei vorliegend die Doline mit eingeschwemmten Lockerboden aufgefüllt worden. Dieses auf natürlichem Weg eingeschwemmte Material sei jedoch nur locker gelagert gewesen und sei daher mit der Zeit nachgesackt. Auf Grund dieser natürlich entstandenen Hohlräume sei es dann zu den Absenkungen auf dem klägerischen Grundstück gekommen. Vorliegend stimme die Größe der Doline auch mit dem Bereich über, in dem sich die Absenkungen auf dem Grundstück der Kläger sowie auf der Zufahrt zum Grundstück eingestellt haben. 35Der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. L hat dies im Rahmen seiner Anhörung durch die Kammer überzeugend dahin präzisiert, dass nur vereinzelt kleine Ziegelstücke oder Glasscherben im Boden gefunden worden seien. Hieraus könne man schließen, dass die Doline nicht künstlich aufgefüllt worden sei, sondern dies lediglich natürlich eingeschwemmter Boden mit eingesickertem Kleinmaterial darstelle. 36Demgegenüber kann nicht zur Überzeugung der Kammer festgestellt werden, dass die Absenkung der Geländeoberfläche durch Versickern des Wassers aus dem Versickerungsschacht der Kläger verursacht bzw. mitverursacht worden sei. Der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. L hat hierzu in seinem Gutachten sowie in seiner Anhörung durch die Kammer nachvollziehbar ausgeführt, dass dies zwar grundsätzlich zu Absenkungen führen könne. Solche Absenkungen wären aber bereichsmäßig auf die Fläche des Sickerschachtes beschränkt. Vorliegend sei der Bereich jedoch erheblich größer. Der Absenkungsbereich umfasse genau die Dolinenfläche. Wenn vorliegend versickerndes Wasser im Sickerschacht einen Einfluss auf die Absenkung des Geländes gehabt haben sollte, dann wäre dieser Einfluss sehr gering und nur auf den Bereich des Sickerschachtes begrenzt. 37Ferner kann nicht zur Überzeugung der Kammer festgestellt werden, dass die Absenkung des Erdbodens durch die Sanierungsarbeiten, die im Jahr 2010 von dem Architekten Herrn Dipl.-Ing. X2 veranlasst wurden, hervorgerufen wurden. Der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. L hat in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt sowie in seiner Anhörung durch die Kammer präzisiert, dass die durchgeführte Hebung des Gebäudes und das danach erfolgte Einbringen von Beton die Absenkung des Gebäudes nicht negativ beeinflusst habe. Die zusätzliche Belastung des Erdreichs durch die Einfügung des Betons sei so gering gewesen, dass dadurch keine zusätzlichen Setzungen hätten verursacht werden können. 382. 39Durch einen natürlichen Hohlraum in Form der Doline wurde das klägerische Gebäude sowie die Pflasterung auf dem streitgegenständlichen Grundstück wegen der verursachten Absenkungen beschädigt. 40Nach § 5 Ziff. 1 und 4 lit. a) dd) VGB 2008 sowie § 1 Ziff. 1 und 3 LBEV 04 sind die in dem Versicherungsschein benannten Gebäude mit ihren Gebäudebestandteilen und Gebäudezubehör einschließlich unmittelbar an das Gebäude anschließender Terrassen versichert. Als Grundstücksbestandteile gelten hiernach unter anderem auch Hof- und Gehwegbefestigungen. 41Wegen der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen geht das Gericht davon aus, dass bereits Beschädigungen am Gebäude sowie an der Pflasterung durch die Doline hervorgerufen wurden. 423. 43Nach alledem steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das klägerische Gebäude sowie die Pflasterung auf dem Grundstück im Jahr 2010 sowie im Jahr 2014 durch einen Erdfall bzw. durch eine Erdsenkung beschädigt wurden. 44III. 45Der Anspruch auf Versicherungsleistungen wegen des streitgegenständliches Versicherungsfalls ist nicht verjährt, § 214 BGB. 46Maßgeblich für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren ist § 199 Abs. 1 BGB. Die Verjährung beginnt danach mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder der Gläubiger in grob fahrlässiger Weise in Unkenntnis geblieben ist. Kenntnis aller Einzelheiten ist dabei nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, dass der Gläubiger auf Grund der ihm bekannten oder erkennbaren Tatsachen eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose Klage - zumindest eine Feststellungsklage - erheben kann (vgl. BGH, Urteil vom 03.06.2008 – XI ZR 319/06). Vorliegend kann den Klägern im Jahr 2010 eine Unkenntnis des Anspruchs gegen die Beklagte nicht vorgeworfen werden. Die Kläger haben zwar bereits im Jahr 2010 einen Erdsenkungsschaden bemerkt. Der eingeschaltete Architekt Dipl.-Ing. X2 hatte jedoch als mögliche Schadensursache eine Ausspülung wegen einer defekten Regenwasserleitung für möglich gehalten, ein solches Ereignis ist jedoch gerade nicht versichert. Dass die Erdsenkung auf eine Doline zurückzuführen ist, der Schaden mithin möglicherweise auf einem versicherten Ereignis beruht, war den Klägerin erst nach Einholung des ingenieurgeophysikalischen Gutachtens vom 25.02.2016 bekannt. Die Kläger hätten zwar bereits im Jahr 2010 eine Feststellungsklage erheben können. Da die zum damaligen Zeitpunkt vermutete Schadensursache jedoch keine Einstandspflicht begründete, wäre eine solche Feststellungsklage „ins Blaue hinein“ erfolgt und damit den Klägern nicht zumutbar gewesen. Da damit die Verjährung erst mit Schluss des Jahres 2016 zu laufen begonnen hat, war der Anspruch im Zeitpunkt der Klageerhebung Ende des Jahres 2018 noch nicht verjährt. 47IV. 48Dem Grunde nach stehen den Kläger auf die geltend gemachten Versicherungsleistungen auch Zinsen zu sowie dem Grunde nach ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlich entstandener Rechtsanwaltsgebühren, §§ 280, 286, 288 BGB. Im Übrigen gehören die Einzelheiten der Höhe des Zinssatzes und des Zinsbeginns aber zum Betragsverfahren. 49V. 50Im Übrigen war – wie unter Ziffer I. ausgeführt - durch Teil-Endurteil festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, gemäß den Bedingungen der Verbundenen Wohngebäudeversicherung Nr. 56-V 05 605 649 620 den Klägern alle weiteren – über die bereits mit den Klageanträgen zu 1., 2. und 3. bezifferten Kosten hinausgehenden Kosten - zu erstatten, die im Zusammenhang mit der Reparatur, der Sanierung und Wiederinstandsetzung des auf der Liegenschaft X stehenden Wohngebäudes nebst Rohrleitungen, Garage und Pflasterung im Zusammenhang mit der Versicherungsfall „Doline“ entstehen. 51VI. 52Prozessuale Nebenentscheidungen sind nicht veranlasst; sie bleiben dem Schlussurteil vorbehalten. 53Rechtsbehelfsbelehrung: 54Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr: 55Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de. 56 | die klage ist dem grunde nach in bezug auf die anträge 1, 2, 3 und 5 gerechtfertigt. es wird festgestellt, dass die beklagte verpflichtet ist, gemäß den bedingungen der verbundenen wohngebäudeversicherung nr. alle weiteren kosten zu erstatten, die im zusammenhang mit der reparatur, der sanierung und wiederinstandsetzung des auf der liegenschaft x stehenden wohngebäudes nebst rohrleitungen, garage und pflasterung im zusammenhang mit dem versicherungsfall „doline“ stehen. 1 2 | 3die kläger unterhielten bei der beklagten als eigentümergemeinschaft des grundstücks x seit dem 20.02.2006 eine wohngebäudeversicherung unter der versicherungsnummer . der versicherungsschein vom 20.02.2006 verweist auf die allgemeinen-versicherungsbedingungen (im folgenden: vgb 99 euro (ausgabe 2004) sowie die besonderen bedingungen für die versicherung weiterer elementarschäden in der wohngebäudeversicherung (im folgenden: lbev 04). auf antrag der kläger wurde ein weiterer versicherungsschein am 23.03.2015 durch die beklagte ausgestellt. in diesem versicherungsschein wird auf die allgemeinen wohngebäude-versicherungsbedingungen (im folgenden: vgb 2008) sowie die besonderen bedingungen für die versicherung weiterer elementarschäden in der wohngebäudeversicherung (im folgenden: bew 08) verwiesen. die versicherung umfasst unter anderem versicherungsschutz für elementarschäden. 4im frühjahr 2010 kam es auf dem grundstück der kläger zu einer absenkung, wodurch sich auch das wohngebäude und ein teil der pflasterung absenkten. aufgrund dessen untersuchte der architekt herr dipl.-ing. x2 den baugrund. dieser kam zu dem ergebnis, dass verschiedene ursachen in betracht kämen. er zog unter anderem in betracht, dass es durch eine defekte regenwasserleitung zu einer ausspülung und infolge dessen zu absackungen im untergrund gekommen sein könnte. es fand ferner ein ortstermin mit dem sachbearbeiter der beklagten, herrn b, statt. es erfolgte daraufhin eine zahlung der beklagten in höhe von 2.000,00 € mit dem hinweis, dass für schäden an ableitungsrohren und den daraus resultierenden folgeschäden kein versicherungsschutz bestünde. 5nach anleitung des herrn dipl.-ing. x2 fanden im selben jahr noch sanierungsmaßnahmen auf dem klägerischen grundstück statt. es wurde unter anderem das gebäude angehoben und in die dadurch entstandene absenkung wurde beton eingebracht. 6anfang des jahres 2014 entstanden weitere absenkungen auf dem grundstück. hierauf empfahl herr dipl.-ing. x2 den klägern eine geologische fachuntersuchung. es wurden daraufhin drei gutachten eingeholt: ein bodenkundliches gutachten im jahr 2014 von dr. x, ein geotechnisches gutachten mit baugrunduntersuchung vom 25.08.2014 von prof. dr. t und bau-ing. t3 sowie ein ingenieurgeophysikalisches gutachten vom 25.02.2016 von dr. t und dipl.-geophys. h. nach den eingeholten gutachten ist eine unterhalb des grundstücks befindliche doline ursächlich für die absackungen in den jahren 2010 und 2014. 7mit schreiben vom 14.03.2015 zeigten die kläger den nun streitgegenständlichen schaden bei der beklagten an. mit schreiben vom 10.08.2015 lehnte die beklagte die gewährung von versicherungsschutz ab. nach einer weiteren korrespondenz zwischen den parteien ließ die beklagte den schaden durch herrn dipl.-ing. c begutachten, welcher nach einem ortstermin vom 24.04.2017 in seinem gutachten vom 10.05.2017 feststellte, dass die ursache der absenkungen nicht sicher festgestellt werden könne. die beklagte bot den klägern daraufhin als abfindungsangebot zunächst die zahlung von 20.000,00 € an und erhöhte diesen betrag später auf 25.000,00 €. die kläger lehnten dies ab. 8die kläger sind der ansicht, dass ein versicherungsfall in form eines elementarschadens gegeben sei. hierzu behaupten sie, die entstandenen erdsenkungen in den jahren 2010 sowie 2014 seien ausschließlich auf eine unterhalb des grundstücks befindliche doline zurückzuführen und somit auf nach den versicherungsbedingungen erforderliche natürliche hohlräume. hiervon hätten sie jedoch erst durch die später eingeholten gutachten kenntnis erlangt. es sei ferner durch die absenkungen zu beschädigungen des gebäudes sowie der pflasterung der sogenannten küchen-terrasse und der gepflasterten zuwegung zum haus gekommen. 9die kläger beantragen, 10die beklagte zu verurteilen, an sie einen betrag in höhe von 8.646,78 € nebst zinsen hieraus in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 02.10.2017 zu zahlen; 11die beklagte weiter zu verurteilen, an sie einen betrag in höhe von 56.152,95 € zu zahlen; 12die beklagte zu verurteilen, an sie einen betrag in höhe von 10.250,00 € zu zahlen nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 02.10.2017; 13festzustellen, dass die beklagte verpflichtet ist, gemäß den bedingungen der verbundenen wohngebäudeversicherung nr. alle den klägern über den betrag von 75.049,73 € hinaus entstehenden kosten zu erstatten, die im zusammenhang mit der reparatur, der sanierung und wiederinstandsetzung des auf der liegenschaft x stehenden wohngebäudes nebst rohrleitungen, garage und pflasterung im zusammenhang mit der versicherungsfall „doline“ entstehen; 14die beklagte ferner zu verurteilen, an die a-rechtsschutzversicherungs-ag einen betrag zu zahlen in höhe von 2.561,83 € nebst zinsen hieraus in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 02.10.2017. 15die beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17die beklagte ist der ansicht, dass sie wegen der streitgegenständlichen beschädigungen nicht verpflichten sei, den klägern entstandene bzw. entstehende kosten zu erstatten. es liege bereits kein versicherungsfall vor. hierzu behauptet die beklagte, dass der nach den versicherungsbedingungen vorausgesetzte natürliche hohlraum nicht gegeben sei. vor vielen jahrhunderten habe es allenfalls natürliche hohlräume im bereich des grundstücks gegeben, diese seien jedoch künstlich aufgefüllt worden. abgesehen hiervon sei ein sickerungsschacht auf dem grundstück der kläger ursächlich für die absenkungen. ferner hätten die arbeiten durch den architekten herrn dipl.-ing. x2 im jahr 2010 die absenkungen weiter verursacht und die schäden daher vergrößert. die arbeiten seien daher kontraproduktiv gewesen. die beklagten erheben ferner die einrede der verjährung. die kläger müssten sich die sachkenntnisse des dipl.-ing. x2 zurechnen lassen. 18wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 19die kammer hat beweis erhoben durch einholung eines sachverständigengutachtens des prof. dr.-ing. l. auf den beweisbeschluss der kammer vom 21.05.2019 (bl. 463 f. d.a.) sowie vom 12.07.2019 (bl. 543 f. d.a) wird verwiesen. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das schriftliche sachverständigengutachten vom 07.03.2020 (bl. 646 ff. d.a.) sowie auf das protokoll der anhörung des sachverständigen prof. dr.-ing. l in der mündlichen verhandlung vom 01.09.2020 (bl. 813 ff. d.a.) verwiesen. 20 | 21die klage ist insgesamt zulässig. es besteht insbesondere das für den feststellungsantrag nach § 256 abs. 1 zpo erforderliche feststellungsinteresse. der feststellungsantrag ist ferner auch hinreichend bestimmt formuliert, § 253 abs. 2 nr. 2 zpo. der versicherungsfall ist mit dem begriff „doline“ hinreichend konkretisiert worden. bezüglich der anträge kann durch grundurteil entschieden werden. 22i. 23die voraussetzungen für den erlass eines teil-grundurteils hinsichtlich der mit den anträgen 1, 2, 3 und 5 geltend gemachten zahlungsanträge nach § 304 zpo liegen vor. 24ein grundurteil darf nur ergehen, wenn ein anspruch nach grund und höhe streitig ist, alle fragen, die zum grund des anspruchs gehören, erledigt sind und wenn nach dem sach- und streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der anspruch in irgendeiner rechnerischen höhe besteht (vgl. bgh grundurteil vom 07.03.2005 – ii zr 144/03). 25diese voraussetzungen sind gegeben. es steht bereits fest, dass die ansprüche des klägers jedenfalls in gewisser höhe bestehen. eine entscheidung über die höhe des anspruchs des klägers konnte dagegen noch nicht erfolgen, weil hinsichtlich der einzelnen schäden vieles streitig ist und deshalb eine entscheidung über die klage insgesamt gegenwärtig nicht möglich ist. 26hinsichtlich des feststellungsantrags war durch teil-endurteil zu entscheiden. hat der kläger - wir vorliegend - mit der leistungsklage (anträge zu 1, 2, 3 und 5) zugleich den antrag auf feststellung der verpflichtung zum ersatz eines weiteren schadens verbunden (antrag zu 4), kann kein umfassendes grundurteil ergehen; in diesem fall ist durch teil-grundurteil hinsichtlich der leistungsklage und teil-endurteil hinsichtlich der feststellungsklage zu entscheiden (vgl. feskorn in: zöller, zpo 33. aufl. 2020, § 304 rn. 3). 27ii. 28die kläger haben dem grunde nach einen anspruch auf erbringung der versicherungsleistungen wegen etwaiger beschädigungen verursacht durch die in den jahren 2010 sowie 2014 durch absenkungen auf dem klägerischen grundstück zutage getretenen doline. 29vorliegend ist ein versicherungsfall nach § 5 ziff. 1 und ziff. 4 lit. a) dd) vgb 2008, ziff. 2 lit b) i.v.m. ziff. 4 bew 08 und auch nach § 1 ziff. 1 und ziff. 3 vgb 99 euro i.v.m. § 4 lbew 04 gegeben. es kann daher bereits dahinstehen, ob die musterbedingungen aus dem jahr 2004 oder 2008 anwendung finden. 301. 31nach durchführung der beweisaufnahme steht zur überzeugung der kammer fest, dass ein versicherungsfall gegeben ist, da ein erdfall bzw. eine erdsenkung i.s.d. versicherungsbedingungen gegeben ist. 32nach § 2 ziff. lit b), 4 lbev 04 leistet die beklagte entschädigung für die versicherte sache, wenn schäden durch eine erdsenkung entstehen. eine erdsenkung ist hiernach eine naturbedingte absenkung des erdbodens über natürlichen hohlräumen. nach ziff. 2 lit b), 4 bew 08 liegt demgegenüber ein versicherungsfall vor, wenn die versicherte sache durch erdfall oder erdrutsch zerstört oder beschädigt wurde. ein erdfall ist hiernach ein naturbedingter einsturz des erdbodens über natürlichen hohlräumen. 33nach beiden versicherungsbedingungen ist demnach zunächst das vorliegen von natürlichen hohlräume notwendig. unter natürlichen hohlräumen sind solche räume zu verstehen, die vom erdreich völlig umschlossen sind und nach oben mit einer natürlichen decke aus einer erdschicht enden (vgl. lg nürnberg-fürth, 15.11.2006 – 8 o #####/####). in den musterbedingungen aus dem jahr 2008 wird zwar statt der noch im jahr 2004 versicherten erdsenkung der erdfall, mithin ein naturbedingter einsturz des erdbodens über natürlichen hohlraum, versichert. eine änderung des umfangs des versicherungsschutzes im verhältnis zur versicherung der erdsenkung als naturbedingte absenkung des erdbodens über natürlichen hohlräumen tritt jedoch nach auffassung der kammer nicht ein. aus der sicht eines verständigen versicherungsnehmers ist nach beiden musterbedingungen entscheidende voraussetzung, dass der erdboden über natürliche hohlräume in bewegung gerät. dies vorausgesetzt, ist eine sinnvolle abgrenzung zwischen den begriffen „erdsenkung“ und „erdfall“ nicht möglich bzw. hat der versicherer nicht hinreichend deutlich gemacht, wie eine solche erfolgen kann. eine differenzierung zwischen den beiden begriffen ist demnach nicht erforderlich (vgl. wussow, versr 2008, 1292, 1296). ferner kann eine erdsenkung oder ein erdfall i.s.d. versicherungsbedingungen auch vorliegen, wenn der absenkungsprozess über mehrere jahre hinweg andauert. der durchschnittliche versicherungsnehmer darf bei den begriffen „erdsenkung“ bzw. „erdfall“ mangels einschränkung auf ein „plötzliches ereignis“ annehmen, dass auch eine sich über einen längeren zeitraum entwickelnde absenkung des erdbodens einen versicherungsfall darstellt (vgl. thüringer olg, urteil vom 11.03.2009 – 4 u 107/07). 34der sachverständige prof. dr.-ing. l hat in seinem nachvollziehbaren, in sich schlüssigen und überzeugendem gutachten vom 07.03.2020 ausgeführt, dass auf dem grundstück der kläger eine doline vorhanden sei. als doline würde man einen natürlich entstandenen schlot-, trichter- oder schüsselförmige senke im erdboden bezeichnen. im laufe von jahrhunderten sei vorliegend die doline mit eingeschwemmten lockerboden aufgefüllt worden. dieses auf natürlichem weg eingeschwemmte material sei jedoch nur locker gelagert gewesen und sei daher mit der zeit nachgesackt. auf grund dieser natürlich entstandenen hohlräume sei es dann zu den absenkungen auf dem klägerischen grundstück gekommen. vorliegend stimme die größe der doline auch mit dem bereich über, in dem sich die absenkungen auf dem grundstück der kläger sowie auf der zufahrt zum grundstück eingestellt haben. 35der sachverständige prof. dr.-ing. l hat dies im rahmen seiner anhörung durch die kammer überzeugend dahin präzisiert, dass nur vereinzelt kleine ziegelstücke oder glasscherben im boden gefunden worden seien. hieraus könne man schließen, dass die doline nicht künstlich aufgefüllt worden sei, sondern dies lediglich natürlich eingeschwemmter boden mit eingesickertem kleinmaterial darstelle. 36demgegenüber kann nicht zur überzeugung der kammer festgestellt werden, dass die absenkung der geländeoberfläche durch versickern des wassers aus dem versickerungsschacht der kläger verursacht bzw. mitverursacht worden sei. der sachverständige prof. dr.-ing. l hat hierzu in seinem gutachten sowie in seiner anhörung durch die kammer nachvollziehbar ausgeführt, dass dies zwar grundsätzlich zu absenkungen führen könne. solche absenkungen wären aber bereichsmäßig auf die fläche des sickerschachtes beschränkt. vorliegend sei der bereich jedoch erheblich größer. der absenkungsbereich umfasse genau die dolinenfläche. wenn vorliegend versickerndes wasser im sickerschacht einen einfluss auf die absenkung des geländes gehabt haben sollte, dann wäre dieser einfluss sehr gering und nur auf den bereich des sickerschachtes begrenzt. 37ferner kann nicht zur überzeugung der kammer festgestellt werden, dass die absenkung des erdbodens durch die sanierungsarbeiten, die im jahr 2010 von dem architekten herrn dipl.-ing. x2 veranlasst wurden, hervorgerufen wurden. der sachverständige prof. dr.-ing. l hat in seinem gutachten überzeugend ausgeführt sowie in seiner anhörung durch die kammer präzisiert, dass die durchgeführte hebung des gebäudes und das danach erfolgte einbringen von beton die absenkung des gebäudes nicht negativ beeinflusst habe. die zusätzliche belastung des erdreichs durch die einfügung des betons sei so gering gewesen, dass dadurch keine zusätzlichen setzungen hätten verursacht werden können. 382. 39durch einen natürlichen hohlraum in form der doline wurde das klägerische gebäude sowie die pflasterung auf dem streitgegenständlichen grundstück wegen der verursachten absenkungen beschädigt. 40nach § 5 ziff. 1 und 4 lit. a) dd) vgb 2008 sowie § 1 ziff. 1 und 3 lbev 04 sind die in dem versicherungsschein benannten gebäude mit ihren gebäudebestandteilen und gebäudezubehör einschließlich unmittelbar an das gebäude anschließender terrassen versichert. als grundstücksbestandteile gelten hiernach unter anderem auch hof- und gehwegbefestigungen. 41wegen der überzeugenden ausführungen des sachverständigen geht das gericht davon aus, dass bereits beschädigungen am gebäude sowie an der pflasterung durch die doline hervorgerufen wurden. 423. 43nach alledem steht zur überzeugung des gerichts fest, dass das klägerische gebäude sowie die pflasterung auf dem grundstück im jahr 2010 sowie im jahr 2014 durch einen erdfall bzw. durch eine erdsenkung beschädigt wurden. 44iii. 45der anspruch auf versicherungsleistungen wegen des streitgegenständliches versicherungsfalls ist nicht verjährt, § 214 bgb. 46maßgeblich für den beginn der regelmäßigen verjährungsfrist von drei jahren ist § 199 abs. 1 bgb. die verjährung beginnt danach mit dem schluss des jahres, in dem der anspruch entstanden ist und der gläubiger von den anspruch begründenden umständen und der person des schuldners kenntnis erlangt oder der gläubiger in grob fahrlässiger weise in unkenntnis geblieben ist. kenntnis aller einzelheiten ist dabei nicht erforderlich. es genügt vielmehr, dass der gläubiger auf grund der ihm bekannten oder erkennbaren tatsachen eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose klage - zumindest eine feststellungsklage - erheben kann (vgl. bgh, urteil vom 03.06.2008 – xi zr 319/06). vorliegend kann den klägern im jahr 2010 eine unkenntnis des anspruchs gegen die beklagte nicht vorgeworfen werden. die kläger haben zwar bereits im jahr 2010 einen erdsenkungsschaden bemerkt. der eingeschaltete architekt dipl.-ing. x2 hatte jedoch als mögliche schadensursache eine ausspülung wegen einer defekten regenwasserleitung für möglich gehalten, ein solches ereignis ist jedoch gerade nicht versichert. dass die erdsenkung auf eine doline zurückzuführen ist, der schaden mithin möglicherweise auf einem versicherten ereignis beruht, war den klägerin erst nach einholung des ingenieurgeophysikalischen gutachtens vom 25.02.2016 bekannt. die kläger hätten zwar bereits im jahr 2010 eine feststellungsklage erheben können. da die zum damaligen zeitpunkt vermutete schadensursache jedoch keine einstandspflicht begründete, wäre eine solche feststellungsklage „ins blaue hinein“ erfolgt und damit den klägern nicht zumutbar gewesen. da damit die verjährung erst mit schluss des jahres 2016 zu laufen begonnen hat, war der anspruch im zeitpunkt der klageerhebung ende des jahres 2018 noch nicht verjährt. 47iv. 48dem grunde nach stehen den kläger auf die geltend gemachten versicherungsleistungen auch zinsen zu sowie dem grunde nach ein anspruch auf erstattung außergerichtlich entstandener rechtsanwaltsgebühren, §§ 280, 286, 288 bgb. im übrigen gehören die einzelheiten der höhe des zinssatzes und des zinsbeginns aber zum betragsverfahren. 49v. 50im übrigen war – wie unter ziffer i. ausgeführt - durch teil-endurteil festzustellen, dass die beklagte verpflichtet ist, gemäß den bedingungen der verbundenen wohngebäudeversicherung nr. 56-v 05 605 649 620 den klägern alle weiteren – über die bereits mit den klageanträgen zu 1., 2. und 3. bezifferten kosten hinausgehenden kosten - zu erstatten, die im zusammenhang mit der reparatur, der sanierung und wiederinstandsetzung des auf der liegenschaft x stehenden wohngebäudes nebst rohrleitungen, garage und pflasterung im zusammenhang mit der versicherungsfall „doline“ entstehen. 51vi. 52prozessuale nebenentscheidungen sind nicht veranlasst; sie bleiben dem schlussurteil vorbehalten. 53rechtsbehelfsbelehrung: 54hinweis zum elektronischen rechtsverkehr: 55die einlegung ist auch durch übertragung eines elektronischen dokuments an die elektronische poststelle des gerichts möglich. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 130a zpo nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (bgbl. 2017 i, s. 3803) eingereicht werden. weitere informationen erhalten sie auf der internetseite www.justiz.de. 56 | Klaeger*in | 1 |
343,171 | 6 K 4669/19 | 2022-01-07T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke A.---------straße … und …(H. I. , G. 6, G2. … und …) in H1. . Auf den Grundstücken stehen zwei Wohngebäude auf. Auf dem überwiegenden Teil des G3. … und dem südlichen Teil des G3. … befindet sich eine Hoffläche. Das G4. … weist eine Grundfläche von etwa 1.004 m2 und das G4. … von etwa 543 m2 auf. 3Weitere Einzelheiten lassen sich dem nachfolgenden Kartenausschnitt entnehmen: 4An dieser Stelle befindet sich in der Originalentscheidung eine Skizze 5Die Beklagte führte im September 2018 aufgrund von Beschwerden betreffend die Nutzung des Wohngebäudes A.---------straße … eine Ortsbesichtigung durch. Dabei stellte sie fest, dass auf der Hoffläche der G2. … und … 16 Fahrzeuge (überwiegend abgemeldete Kleintransporter), vier Motorroller und fünf Kompressoren abgestellt waren. Ein Bekannter des Klägers teilte mit, die Fahrzeuge gehörten dem Betrieb seiner Ehefrau und deutete auf sein T-Shirt mit der Aufschrift „U. X. “. 6Im Oktober 2018 hörte die Beklagte den Kläger zum beabsichtigten Erlass einer Ordnungsverfügung nebst Zwangsgeldandrohung wegen der Nutzung der Hoffläche als Lagerplatz an. Zur Begründung führte sie aus, die Nutzung erfolge ohne die erforderliche Baugenehmigung. Der Anhörung war eine Fotodokumentation der abgestellten Fahrzeuge beigefügt. In der dazu abgegebenen Stellungnahme wies der Kläger darauf hin, dass er Gesellschafter des Unternehmens X1. X2. V. sei und dieser ein vorübergehendes Abstellen nicht mehr benötigter Fahrzeuge erlaubt habe. Er beabsichtige, einen Bauantrag zu stellen und ab Oktober zwei Fahrzeuge pro Monat von der Hoffläche zu entfernen. 7Bei einer Ortsbesichtigung im November 2018 stellte die Beklagte fest, dass die Hoffläche weiterhin als Lagerfläche genutzt wurde. Mit Ordnungsverfügung vom November 2018 untersagte die Beklagte dem Unternehmen X1. X2. V. – nach vorheriger Anhörung – die Nutzung des Grundstücks als Fahrzeuglager. Die durch den Kläger für das Unternehmen X1. X2. V. erhobene Klage gegen diesen Bescheid war Gegenstand des durch Klagerücknahme beendeten Verfahrens mit dem Aktenzeichen 6 K 6629/18. Der Lebensgefährte der Geschäftsführerin des Unternehmens X1. X2. V. , Herr S. , teilte der Beklagten mit, die Fahrzeuge würden dem Kläger gehören. 8Im April 2019 hörte die Beklagte den Kläger erneut zum Erlass einer Ordnungsverfügung an und forderte ihn auf, Eigentumsnachweise für die Fahrzeuge vorzulegen. Der Kläger teilte mit, er sei Eigentümer der Fahrzeuge. Nachweise legte er nicht vor. Er beabsichtige nicht mehr, eine Baugenehmigung zu beantragen. Er habe eine Fläche in Essen angemietet, um die Fahrzeuge dort lagern zu können. Im Juni 2019 forderte die Beklagte den Kläger erneut dazu auf, Eigentumsnachweise für die Fahrzeuge vorzulegen und die Fahrzeuge zu entfernen. Bei Ortsbesichtigungen im Juli und September 2019 stellte die Beklagte fest, dass die Nutzung als Lagerfläche weiterhin nicht eingestellt worden war. 9Daraufhin gab die Beklagte dem Kläger mit Ordnungsverfügung vom 23. September 2019, zugestellt am 25. September 2019, auf, alle auf der Hoffläche der Grundstücke A.---------straße… und … in H1. (H. I. , G. …, G2. … und …) abgestellten, abgemeldeten Kraftfahrzeuge innerhalb von fünf Wochen nach Zustellung der Verfügung zu entfernen und anschließend das Grundstück nicht mehr zum Abstellen von Kraftfahrzeugen aller Art als Fahrzeuglager zu nutzen. Sie bezog sich auf die im Zuge der Ortsbesichtigungen getroffenen Feststellungen, wonach die Hoffläche als Lagerplatz für Kraftfahrzeuge genutzt worden sei und fügte dem Bescheid eine Fotodokumentation bei. Zudem ordnete sie die sofortige Vollziehung an und drohte dem Kläger für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,- Euro an. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, die Nutzungsänderung sei formell illegal, weil der Kläger nicht im Besitz der erforderlichen bauaufsichtlichen Genehmigung sei. Der Kläger sei als Eigentümer der Grundstücke und – nach seinen Angaben – auch Eigentümer der abgestellten Kraftfahrzeuge Zustandsstörer. Zuvor sei das Unternehmen X1. X2. V. in der Annahme in Anspruch genommen worden, diese sei Eigentümerin der Kraftfahrzeuge. 10Am 22. Oktober 2019 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben und einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt. Zur Begründung führt er aus, die Anhörung sei unzureichend, weil darin nur das G4. … und nicht auch das G4. …benannt worden sei. Die Ordnungsverfügung sei unverhältnismäßig, weil er einen Plan zur Entfernung der Fahrzeuge vorgelegt und auch schon damit begonnen habe, diesen umzusetzen. Eine geringe Inanspruchnahme des Grundstücks als Lagerfläche sei nicht genehmigungspflichtig. Die im Bescheid enthaltene 5-Wochen-Frist zur Entfernung der Fahrzeuge führe zu einer übereilten Verschrottung und damit zu betriebs- und volkswirtschaftlichen Schäden. Da in der Nachbarschaft niemand wohne, beeinträchtige die Lagerung der Fahrzeuge niemanden. Zudem sei vielen Bürgern nicht bekannt, dass Fahrzeuglager genehmigungspflichtig seien. Die Hoffläche sei durch die Nutzung als Lagerfläche in einem besseren Zustand als zuvor. Die Verfügung, auch zukünftig Fahrzeuge „aller Art“ nicht auf dem Grundstück lagern zu dürfen, sei kaum zu gewährleisten und unüblich. 11Der Kläger beantragt, 12die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 23. September 2019 (Az. 63/1-04296-18-12) aufzuheben. 13Die Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Sie bezieht sich auf die Begründung der angefochtenen Ordnungsverfügung. 16Mit Beschluss vom 28. November 2019 hat das Gericht den Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt (6 L 1622/19). 17Bei einer Ortsbesichtigung am 7. Januar 2020 hat die Beklagte festgestellt, dass sämtliche stillgelegten Kraftfahrzeuge von der Hoffläche entfernt worden waren. Der Kläger hat hierzu auf Nachfrage des Gerichts erklärt, dass er auch nach der Entfernung der Fahrzeuge an seiner Klage festhält, um die zukünftige Nutzung der Grundstücke und Regressansprüche zu klären. 18Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die von der Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die angegriffene Ordnungsverfügung vom 23. September 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). 21Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Ordnungsverfügung ist § 58 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 82 Satz 2 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen 2018 (BauO NRW). 22In formeller Hinsicht begegnet die angegriffene Ordnungsverfügung keinen rechtlichen Bedenken, insbesondere wurde der Kläger vor Erlass der Ordnungsverfügung – wie in § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) vorgeschrieben – angehört. Aus dem der Anhörung vorausgegangenen Verwaltungsverfahren, bei dem Gegenstand die Nutzung der gesamten Hoffläche der beiden G2. gewesen ist, dürfte für den Kläger vor allem auch erkennbar gewesen sein, dass sich der angekündigte Erlass der Nutzungsuntersagung auch auf das G4. … und nicht nur auf das ausdrücklich in dem Anhörungsschreiben genannte G4. …bezieht. Hierfür spricht auch die der Anhörung beigefügte Fotodokumentation. 23Die angegriffene Ordnungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig. Nach § 58 Abs. 2 Satz 2 BauO NRW haben die Bauaufsichtsbehörden im Rahmen ihrer Aufgabe, die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften bei der Errichtung, der Änderung, der Nutzungsänderung und Beseitigung sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen zu überwachen, nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. § 82 Satz 2 BauO NRW sieht insoweit vor, dass die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung untersagen kann, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften in diesem Sinne gehören unter anderem die §§ 60 ff. BauO NRW, denen zufolge bestimmte Vorhaben der Einholung einer Baugenehmigung bedürfen. Wird ein solches genehmigungsbedürftiges Vorhaben ohne die erforderliche Genehmigung durchgeführt, hat die Behörde ein Einschreiten zu erwägen. 24Die Voraussetzungen für ein solches Einschreiten liegen hier vor. Der Kläger nutzte die Grundstücke seinen eigenen Angaben zufolge, um in seinem Eigentum stehende Fahrzeuge abzustellen. Diese Nutzung ist formell illegal, da sie ohne die gemäß § 60 Abs. 1 BauO NRW erforderliche Baugenehmigung erfolgte. Nach § 60 Abs. 1 BauO NRW bedarf auch die Nutzungsänderung von bestehenden Anlagen – wie im vorliegenden Fall – einer Baugenehmigung, soweit in den §§ 61 bis 63, 78 und 79 BauO NRW nichts anderes bestimmt ist. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die erfolgte Umnutzung der bestehenden Hoffläche nicht ausnahmsweise gemäß § 61 ff. BauO NRW baugenehmigungsfrei ist. 25Insbesondere der Tatbestand des § 62 Abs. 1 Nr. 14 lit. c) BauO NRW, der nicht überdachte Stellplätze für PKW und Motorräder bis zu insgesamt 100 m² von der Baugenehmigungspflicht ausnimmt, ist nicht einschlägig. Gemäß § 2 Abs. 8 Satz 1 BauO NRW sind Stellplätze Flächen, die dem Abstellen von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern außerhalb der öffentlichen Verkehrsfläche dienen. Mit „Abstellen“ im Sinne dieser Vorschrift ist allerdings nur das zeitlich begrenzte Abstellen im Sinne des verkehrsüblichen Parkens gemeint, nicht das dauerhafte Abstellen auf längere Zeit. 26Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 31. Oktober 2011 – 2 B 1091/11 –, juris. 27Demnach fällt das Abstellen zum Zwecke der Zwischenlagerung von ganz überwiegend nicht mehr für den Straßenverkehr zugelassenen Fahrzeugen nicht unter den Begriff des Abstellens und bei der von dem Kläger hierfür genutzten Fläche handelt es sich – unabhängig von deren Größe – nicht um einen Stellplatz im vorgenannten Sinne. 28Auch eine Freistellung von der Genehmigungspflicht nach § 62 Abs. 1 Nr. 14 lit. b) BauO NRW scheidet aus. Dieser sieht vor, dass Ausstellungsplätze, Abstellplätze und Lagerplätze bis zu 300 m² Fläche, außer in Wohngebieten und im Außenbereich, keiner Baugenehmigung bedürfen. Wer sich auf diese Genehmigungsfreiheit beruft und geltend macht, nur eine Teilfläche eines größeren Grundstücks, die kleiner als 300 m² ist, entsprechend zu nutzen, hat diese Fläche konkret zu bezeichnen. 29Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2009 – 10 B 617/09 – m.w.N., juris. 30Es spricht einiges dafür, dass der von dem Kläger als Lagerplatz genutzte Bereich eine Fläche von mehr als 300 m² einnimmt. Dies ergibt sich beim Abgreifen der von der Beklagten markierten Fläche auf dem Liegenschaftskatasterauszug. Dass die tatsächlich in Anspruch genommene Teilfläche auf den deutlich mehr als 300 m² großen Grundstücken kleiner ist, hat der Kläger nicht dargetan. 31Abgesehen davon spricht viel dafür, die genutzte Fläche dem umliegenden Wohngebiet zuzuordnen, sodass eine Befreiung von der Genehmigungspflicht generell ausscheidet. Unter den Begriff des Wohngebietes fallen nicht nur festgesetzte Wohngebiete im Sinne der Baunutzungsverordnung, sondern alle Gebiete, die vorwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden. 32Vgl. hierzu BeckOK BauordnungsR NRW/Seeger, 9. Ed. Stand: 1.10.2021, BauO NRW 2018 § 62 Rn. 73; Boeddinghaus/Hahn/Schulte u.a., BauO NRW, Stand: 1. Oktober 2020, § 62 Rn. 112. 33Die Luftbilder, die von der Beklagten gefertigten Lichtbilder und im Internet abrufbare Karten (tim-online) sprechen dafür, dass die umliegenden Gebäude vorwiegend der Wohnnutzung zu dienen bestimmt sind. Sollte man dies aufgrund der weitläufigen, an die südliche Wand des Gebäudes A.---------straße … anschließenden unbebauten Fläche anders beurteilen, dürfte von einer Außenbereichsfläche auszugehen sein, auf der ein Lagerplatz auf einer Fläche von über 300 m2 ebenfalls nicht genehmigungsfrei wäre. 34Auch nach der Entfernung der Fahrzeuge besteht weiterhin die Gefahr einer formell rechtswidrigen Nutzungsänderung. Wie bei jeder Bauordnungsverfügung, die dem Rechtsgüterschutz als Mittel der Gefahrenabwehr zu dienen bestimmt ist, reicht schon die konkrete Möglichkeit des Schadenseintritts für ein ordnungsbehördliches Eingreifen aus. 35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Oktober 1997 – 7 B 2565/97 –, juris Rn. 3. 36Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger hat weder, wie von ihm selbst vorgeschlagen, ab Oktober 2018 zwei Fahrzeuge pro Monat von der Hoffläche entfernt noch hat er innerhalb der durch die angegriffene Ordnungsverfügung gesetzten fünfwöchigen Frist sämtliche Fahrzeuge entfernt. Ferner hat er durch seinen erklärten Wunsch, das Klageverfahren nach der Entfernung der Fahrzeuge fortzuführen, um die zukünftige Nutzbarkeit der Grundstücke zu klären, zum Ausdruck gebracht, an einer Nutzung der Grundstücke als Lagerplatz weiterhin interessiert zu sein. Er habe allerdings kein Interesse mehr daran, einen Bauantrag zu stellen. 37Ob die Nutzungsänderung materiell rechtmäßig, also genehmigungsfähig ist, spielt für das vorliegende Verfahren keine Rolle. Denn die Beklagte hat sich in ermessensfehlerfreier Weise auf die Prüfung der formellen Baurechtswidrigkeit beschränkt. Die Nutzungsuntersagung dient insbesondere dem Zweck, die Einhaltung der baurechtlichen Verfahrensvorschriften und somit die Ordnungsfunktion des Baurechts zu sichern. Die Prüfung, ob eine Nutzung in materieller Hinsicht gesetzeskonform und damit genehmigungsfähig ist, muss schon aus diesem Grund regelmäßig allein dem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten bleiben. Denn anderenfalls würde sich der die Nutzung ohne Baugenehmigung Aufnehmende in unzulässiger Weise über das Erfordernis der Baugenehmigungserteilung hinwegsetzen und sich so einen Vorteil verschaffen. 38Das Nutzungsverbot ist auch nicht unverhältnismäßig. Der Gesetzgeber hat durch das Erfordernis der Baugenehmigung dem öffentlichen Interesse an einer vor Aufnahme der Nutzung erfolgenden Überprüfung des Vorhabens den Vorrang vor dem Interesse des Bauherrn an der sofortigen Aufnahme einer genehmigungsbedürftigen Nutzung gegeben. Durch die Untersagung einer formell illegalen Nutzung wird lediglich dieser Wertung des Gesetzgebers Rechnung getragen, ohne dass dem Kläger für den Fall, dass sich in einem Genehmigungsverfahren die materielle Rechtmäßigkeit der Nutzung ergeben sollte, unbeabsichtigte Nachteile entstehen. Der Nachteil, der dadurch entsteht, dass das Genehmigungsverfahren abgewartet werden muss, ist durch die gesetzliche Regelung vorgegeben und regelmäßig in Kauf zu nehmen. 39Eine Nutzungsänderung ist allerdings ausnahmsweise dann unverhältnismäßig und kommt nicht in Betracht, wenn der entsprechende Bauantrag bereits gestellt und auch nach Auffassung der Baugenehmigungsbehörde genehmigungsfähig ist und der Baugenehmigung keine sonstigen Hindernisse entgegenstehen. Denn dann könnte die Baugenehmigungsbehörde die Störung durch die formelle Illegalität sofort beseitigen, indem sie die fehlende Baugenehmigung erteilt. 40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Februar 2014 – 2 A 1181/13 –; VG H1. , Beschluss vom 17. August 2018 – 6 L 1403/18 –, jeweils juris. 41Ein solcher Ausnahmefall liegt hier indes nicht vor. Von der Absicht, für die Umnutzung eine Baugenehmigung zu beantragen, hat der Kläger eigenen Angaben zufolge zwischenzeitlich wieder Abstand genommen. 42Sonstige Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung bestehen nicht. Insbesondere ist der Kläger in rechtmäßiger Weise zum Adressaten der Nutzungsuntersagung gemacht worden. Hierbei hat die Beklagte zu Recht darauf abgestellt, dass der Kläger Eigentümer der Grundstücke und der Fahrzeuge ist bzw. war. Der Kläger hat dies in seinen eigenen Stellungnahmen zum Ausdruck gebracht und zudem angegeben, dass er auch dazu befugt sei, die Fahrzeuge von den Grundstücken zu entfernen bzw. entfernen zu lassen. Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2019 hat er unter anderem gegenüber der Beklagten erklärt, dass die Fahrzeuge, die er zwischenzeitlich den von ihm betriebenen Firmen zur Verfügung gestellt habe, nach wie vor ihm gehörten und diese mit den Firmen derzeit nichts mehr zu tun hätten. Auch im Rahmen des bereits im November 2018 gegen die X1. X2. V. eingeleiteten ordnungsbehördlichen Verfahrens (Az. 6 K 6629/18) hat deren Geschäftsführerin erklärt, dass sämtliche Fahrzeuge im Besitz und Eigentum des Klägers stünden. 43Die Beklagte war schließlich an dem Erlass der angegriffenen Ordnungsverfügung auch nicht deswegen gehindert, weil der Kläger meint, dass sich keine Nachbarn über die Nutzung beschweren würden, dass die Nutzung als Lagerplatz den Zustand der Hoffläche verbessere und dass vielen Bürgern die Genehmigungspflicht unbekannt sei. Diese Einwände sind für den Erlass der auf formelle Illegalität gestützten Nutzungsuntersagung irrelevant. Gleiches gilt, soweit der Kläger darauf verweist, dass er bereits im Oktober 2018 zugesagt habe, monatlich zwei Fahrzeuge von dem Grundstück zu entfernen, zumal der Kläger dem nicht nachgekommen ist. Die von der Beklagten in der Ordnungsverfügung gesetzte Frist von fünf Wochen für die Entfernung aller Fahrzeuge begegnet insoweit ebenfalls keinen Bedenken. Dafür spricht zudem, dass der Kläger nach seinen Angaben bereits vor der Zustellung der angegriffenen Ordnungsverfügung eine Fläche in Essen angemietet hatte, um die Fahrzeuge dorthin umzulagern. Schließlich begegnet es auch keinen Bedenken, dass dem Kläger in der angegriffenen Ordnungsverfügung aufgegeben wird, das Grundstück nach der Entfernung der Fahrzeuge nicht mehr zum Abstellen von Kraftfahrzeugen aller Art als Fahrzeuglager zu nutzen. Insbesondere ist dem Kläger danach ein zeitlich begrenztes Abstellen im Sinne eines verkehrsüblichen Parkens weiterhin erlaubt. 44Die Androhung des Zwangsgeldes findet ihre Grundlage in §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW und ist nach Lage der Dinge nicht zu beanstanden. 45Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 46Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an dem geschätzten Jahresnutzwert. 47Rechtsmittelbelehrung: 48Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 491. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 502. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 513. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 524. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 535. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 54Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. 55Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 56Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der kläger. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der kläger ist eigentümer der grundstücke a.---------straße … und …(h. i. , g. 6, g2. … und …) in h1. . auf den grundstücken stehen zwei wohngebäude auf. auf dem überwiegenden teil des g3. … und dem südlichen teil des g3. … befindet sich eine hoffläche. das g4. … weist eine grundfläche von etwa 1.004 m2 und das g4. … von etwa 543 m2 auf. 3weitere einzelheiten lassen sich dem nachfolgenden kartenausschnitt entnehmen: 4an dieser stelle befindet sich in der originalentscheidung eine skizze 5die beklagte führte im september 2018 aufgrund von beschwerden betreffend die nutzung des wohngebäudes a.---------straße … eine ortsbesichtigung durch. dabei stellte sie fest, dass auf der hoffläche der g2. … und … 16 fahrzeuge (überwiegend abgemeldete kleintransporter), vier motorroller und fünf kompressoren abgestellt waren. ein bekannter des klägers teilte mit, die fahrzeuge gehörten dem betrieb seiner ehefrau und deutete auf sein t-shirt mit der aufschrift „u. x. “. 6im oktober 2018 hörte die beklagte den kläger zum beabsichtigten erlass einer ordnungsverfügung nebst zwangsgeldandrohung wegen der nutzung der hoffläche als lagerplatz an. zur begründung führte sie aus, die nutzung erfolge ohne die erforderliche baugenehmigung. der anhörung war eine fotodokumentation der abgestellten fahrzeuge beigefügt. in der dazu abgegebenen stellungnahme wies der kläger darauf hin, dass er gesellschafter des unternehmens x1. x2. v. sei und dieser ein vorübergehendes abstellen nicht mehr benötigter fahrzeuge erlaubt habe. er beabsichtige, einen bauantrag zu stellen und ab oktober zwei fahrzeuge pro monat von der hoffläche zu entfernen. 7bei einer ortsbesichtigung im november 2018 stellte die beklagte fest, dass die hoffläche weiterhin als lagerfläche genutzt wurde. mit ordnungsverfügung vom november 2018 untersagte die beklagte dem unternehmen x1. x2. v. – nach vorheriger anhörung – die nutzung des grundstücks als fahrzeuglager. die durch den kläger für das unternehmen x1. x2. v. erhobene klage gegen diesen bescheid war gegenstand des durch klagerücknahme beendeten verfahrens mit dem aktenzeichen 6 k 6629/18. der lebensgefährte der geschäftsführerin des unternehmens x1. x2. v. , herr s. , teilte der beklagten mit, die fahrzeuge würden dem kläger gehören. 8im april 2019 hörte die beklagte den kläger erneut zum erlass einer ordnungsverfügung an und forderte ihn auf, eigentumsnachweise für die fahrzeuge vorzulegen. der kläger teilte mit, er sei eigentümer der fahrzeuge. nachweise legte er nicht vor. er beabsichtige nicht mehr, eine baugenehmigung zu beantragen. er habe eine fläche in essen angemietet, um die fahrzeuge dort lagern zu können. im juni 2019 forderte die beklagte den kläger erneut dazu auf, eigentumsnachweise für die fahrzeuge vorzulegen und die fahrzeuge zu entfernen. bei ortsbesichtigungen im juli und september 2019 stellte die beklagte fest, dass die nutzung als lagerfläche weiterhin nicht eingestellt worden war. 9daraufhin gab die beklagte dem kläger mit ordnungsverfügung vom 23. september 2019, zugestellt am 25. september 2019, auf, alle auf der hoffläche der grundstücke a.---------straße… und … in h1. (h. i. , g. …, g2. … und …) abgestellten, abgemeldeten kraftfahrzeuge innerhalb von fünf wochen nach zustellung der verfügung zu entfernen und anschließend das grundstück nicht mehr zum abstellen von kraftfahrzeugen aller art als fahrzeuglager zu nutzen. sie bezog sich auf die im zuge der ortsbesichtigungen getroffenen feststellungen, wonach die hoffläche als lagerplatz für kraftfahrzeuge genutzt worden sei und fügte dem bescheid eine fotodokumentation bei. zudem ordnete sie die sofortige vollziehung an und drohte dem kläger für den fall der zuwiderhandlung ein zwangsgeld in höhe von 2.000,- euro an. zur begründung führte die beklagte im wesentlichen aus, die nutzungsänderung sei formell illegal, weil der kläger nicht im besitz der erforderlichen bauaufsichtlichen genehmigung sei. der kläger sei als eigentümer der grundstücke und – nach seinen angaben – auch eigentümer der abgestellten kraftfahrzeuge zustandsstörer. zuvor sei das unternehmen x1. x2. v. in der annahme in anspruch genommen worden, diese sei eigentümerin der kraftfahrzeuge. 10am 22. oktober 2019 hat der kläger die vorliegende klage erhoben und einen antrag auf wiederherstellung der aufschiebenden wirkung der klage gestellt. zur begründung führt er aus, die anhörung sei unzureichend, weil darin nur das g4. … und nicht auch das g4. …benannt worden sei. die ordnungsverfügung sei unverhältnismäßig, weil er einen plan zur entfernung der fahrzeuge vorgelegt und auch schon damit begonnen habe, diesen umzusetzen. eine geringe inanspruchnahme des grundstücks als lagerfläche sei nicht genehmigungspflichtig. die im bescheid enthaltene 5-wochen-frist zur entfernung der fahrzeuge führe zu einer übereilten verschrottung und damit zu betriebs- und volkswirtschaftlichen schäden. da in der nachbarschaft niemand wohne, beeinträchtige die lagerung der fahrzeuge niemanden. zudem sei vielen bürgern nicht bekannt, dass fahrzeuglager genehmigungspflichtig seien. die hoffläche sei durch die nutzung als lagerfläche in einem besseren zustand als zuvor. die verfügung, auch zukünftig fahrzeuge „aller art“ nicht auf dem grundstück lagern zu dürfen, sei kaum zu gewährleisten und unüblich. 11der kläger beantragt, 12die ordnungsverfügung der beklagten vom 23. september 2019 (az. 63/1-04296-18-12) aufzuheben. 13die beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen. 15sie bezieht sich auf die begründung der angefochtenen ordnungsverfügung. 16mit beschluss vom 28. november 2019 hat das gericht den antrag des klägers auf wiederherstellung der aufschiebenden wirkung abgelehnt (6 l 1622/19). 17bei einer ortsbesichtigung am 7. januar 2020 hat die beklagte festgestellt, dass sämtliche stillgelegten kraftfahrzeuge von der hoffläche entfernt worden waren. der kläger hat hierzu auf nachfrage des gerichts erklärt, dass er auch nach der entfernung der fahrzeuge an seiner klage festhält, um die zukünftige nutzung der grundstücke und regressansprüche zu klären. 18wegen der sonstigen einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakten und die von der beklagten übersandten verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 19 | 20die klage ist zulässig, aber unbegründet. die angegriffene ordnungsverfügung vom 23. september 2019 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 vwgo). 21ermächtigungsgrundlage für den erlass der ordnungsverfügung ist § 58 abs. 2 satz 2 i.v.m. § 82 satz 2 bauordnung für das land nordrhein-westfalen 2018 (bauo nrw). 22in formeller hinsicht begegnet die angegriffene ordnungsverfügung keinen rechtlichen bedenken, insbesondere wurde der kläger vor erlass der ordnungsverfügung – wie in § 28 verwaltungsverfahrensgesetz nordrhein-westfalen (vwvfg nrw) vorgeschrieben – angehört. aus dem der anhörung vorausgegangenen verwaltungsverfahren, bei dem gegenstand die nutzung der gesamten hoffläche der beiden g2. gewesen ist, dürfte für den kläger vor allem auch erkennbar gewesen sein, dass sich der angekündigte erlass der nutzungsuntersagung auch auf das g4. … und nicht nur auf das ausdrücklich in dem anhörungsschreiben genannte g4. …bezieht. hierfür spricht auch die der anhörung beigefügte fotodokumentation. 23die angegriffene ordnungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig. nach § 58 abs. 2 satz 2 bauo nrw haben die bauaufsichtsbehörden im rahmen ihrer aufgabe, die einhaltung der öffentlich-rechtlichen vorschriften bei der errichtung, der änderung, der nutzungsänderung und beseitigung sowie bei der nutzung und instandhaltung von anlagen zu überwachen, nach pflichtgemäßem ermessen die erforderlichen maßnahmen zu treffen. § 82 satz 2 bauo nrw sieht insoweit vor, dass die bauaufsichtsbehörde die nutzung untersagen kann, wenn anlagen im widerspruch zu öffentlich-rechtlichen vorschriften genutzt werden. zu den öffentlich-rechtlichen vorschriften in diesem sinne gehören unter anderem die §§ 60 ff. bauo nrw, denen zufolge bestimmte vorhaben der einholung einer baugenehmigung bedürfen. wird ein solches genehmigungsbedürftiges vorhaben ohne die erforderliche genehmigung durchgeführt, hat die behörde ein einschreiten zu erwägen. 24die voraussetzungen für ein solches einschreiten liegen hier vor. der kläger nutzte die grundstücke seinen eigenen angaben zufolge, um in seinem eigentum stehende fahrzeuge abzustellen. diese nutzung ist formell illegal, da sie ohne die gemäß § 60 abs. 1 bauo nrw erforderliche baugenehmigung erfolgte. nach § 60 abs. 1 bauo nrw bedarf auch die nutzungsänderung von bestehenden anlagen – wie im vorliegenden fall – einer baugenehmigung, soweit in den §§ 61 bis 63, 78 und 79 bauo nrw nichts anderes bestimmt ist. die beklagte ist zu recht davon ausgegangen, dass die erfolgte umnutzung der bestehenden hoffläche nicht ausnahmsweise gemäß § 61 ff. bauo nrw baugenehmigungsfrei ist. 25insbesondere der tatbestand des § 62 abs. 1 nr. 14 lit. c) bauo nrw, der nicht überdachte stellplätze für pkw und motorräder bis zu insgesamt 100 m² von der baugenehmigungspflicht ausnimmt, ist nicht einschlägig. gemäß § 2 abs. 8 satz 1 bauo nrw sind stellplätze flächen, die dem abstellen von kraftfahrzeugen und fahrrädern außerhalb der öffentlichen verkehrsfläche dienen. mit „abstellen“ im sinne dieser vorschrift ist allerdings nur das zeitlich begrenzte abstellen im sinne des verkehrsüblichen parkens gemeint, nicht das dauerhafte abstellen auf längere zeit. 26vgl. hierzu ovg nrw, beschluss vom 31. oktober 2011 – 2 b 1091/11 –, juris. 27demnach fällt das abstellen zum zwecke der zwischenlagerung von ganz überwiegend nicht mehr für den straßenverkehr zugelassenen fahrzeugen nicht unter den begriff des abstellens und bei der von dem kläger hierfür genutzten fläche handelt es sich – unabhängig von deren größe – nicht um einen stellplatz im vorgenannten sinne. 28auch eine freistellung von der genehmigungspflicht nach § 62 abs. 1 nr. 14 lit. b) bauo nrw scheidet aus. dieser sieht vor, dass ausstellungsplätze, abstellplätze und lagerplätze bis zu 300 m² fläche, außer in wohngebieten und im außenbereich, keiner baugenehmigung bedürfen. wer sich auf diese genehmigungsfreiheit beruft und geltend macht, nur eine teilfläche eines größeren grundstücks, die kleiner als 300 m² ist, entsprechend zu nutzen, hat diese fläche konkret zu bezeichnen. 29vgl. hierzu ovg nrw, beschluss vom 6. juli 2009 – 10 b 617/09 – m.w.n., juris. 30es spricht einiges dafür, dass der von dem kläger als lagerplatz genutzte bereich eine fläche von mehr als 300 m² einnimmt. dies ergibt sich beim abgreifen der von der beklagten markierten fläche auf dem liegenschaftskatasterauszug. dass die tatsächlich in anspruch genommene teilfläche auf den deutlich mehr als 300 m² großen grundstücken kleiner ist, hat der kläger nicht dargetan. 31abgesehen davon spricht viel dafür, die genutzte fläche dem umliegenden wohngebiet zuzuordnen, sodass eine befreiung von der genehmigungspflicht generell ausscheidet. unter den begriff des wohngebietes fallen nicht nur festgesetzte wohngebiete im sinne der baunutzungsverordnung, sondern alle gebiete, die vorwiegend zu wohnzwecken genutzt werden. 32vgl. hierzu beckok bauordnungsr nrw/seeger, 9. ed. stand: 1.10.2021, bauo nrw 2018 § 62 rn. 73; boeddinghaus/hahn/schulte u.a., bauo nrw, stand: 1. oktober 2020, § 62 rn. 112. 33die luftbilder, die von der beklagten gefertigten lichtbilder und im internet abrufbare karten (tim-online) sprechen dafür, dass die umliegenden gebäude vorwiegend der wohnnutzung zu dienen bestimmt sind. sollte man dies aufgrund der weitläufigen, an die südliche wand des gebäudes a.---------straße … anschließenden unbebauten fläche anders beurteilen, dürfte von einer außenbereichsfläche auszugehen sein, auf der ein lagerplatz auf einer fläche von über 300 m2 ebenfalls nicht genehmigungsfrei wäre. 34auch nach der entfernung der fahrzeuge besteht weiterhin die gefahr einer formell rechtswidrigen nutzungsänderung. wie bei jeder bauordnungsverfügung, die dem rechtsgüterschutz als mittel der gefahrenabwehr zu dienen bestimmt ist, reicht schon die konkrete möglichkeit des schadenseintritts für ein ordnungsbehördliches eingreifen aus. 35vgl. ovg nrw, beschluss vom 24. oktober 1997 – 7 b 2565/97 –, juris rn. 3. 36diese voraussetzungen liegen vor. der kläger hat weder, wie von ihm selbst vorgeschlagen, ab oktober 2018 zwei fahrzeuge pro monat von der hoffläche entfernt noch hat er innerhalb der durch die angegriffene ordnungsverfügung gesetzten fünfwöchigen frist sämtliche fahrzeuge entfernt. ferner hat er durch seinen erklärten wunsch, das klageverfahren nach der entfernung der fahrzeuge fortzuführen, um die zukünftige nutzbarkeit der grundstücke zu klären, zum ausdruck gebracht, an einer nutzung der grundstücke als lagerplatz weiterhin interessiert zu sein. er habe allerdings kein interesse mehr daran, einen bauantrag zu stellen. 37ob die nutzungsänderung materiell rechtmäßig, also genehmigungsfähig ist, spielt für das vorliegende verfahren keine rolle. denn die beklagte hat sich in ermessensfehlerfreier weise auf die prüfung der formellen baurechtswidrigkeit beschränkt. die nutzungsuntersagung dient insbesondere dem zweck, die einhaltung der baurechtlichen verfahrensvorschriften und somit die ordnungsfunktion des baurechts zu sichern. die prüfung, ob eine nutzung in materieller hinsicht gesetzeskonform und damit genehmigungsfähig ist, muss schon aus diesem grund regelmäßig allein dem baugenehmigungsverfahren vorbehalten bleiben. denn anderenfalls würde sich der die nutzung ohne baugenehmigung aufnehmende in unzulässiger weise über das erfordernis der baugenehmigungserteilung hinwegsetzen und sich so einen vorteil verschaffen. 38das nutzungsverbot ist auch nicht unverhältnismäßig. der gesetzgeber hat durch das erfordernis der baugenehmigung dem öffentlichen interesse an einer vor aufnahme der nutzung erfolgenden überprüfung des vorhabens den vorrang vor dem interesse des bauherrn an der sofortigen aufnahme einer genehmigungsbedürftigen nutzung gegeben. durch die untersagung einer formell illegalen nutzung wird lediglich dieser wertung des gesetzgebers rechnung getragen, ohne dass dem kläger für den fall, dass sich in einem genehmigungsverfahren die materielle rechtmäßigkeit der nutzung ergeben sollte, unbeabsichtigte nachteile entstehen. der nachteil, der dadurch entsteht, dass das genehmigungsverfahren abgewartet werden muss, ist durch die gesetzliche regelung vorgegeben und regelmäßig in kauf zu nehmen. 39eine nutzungsänderung ist allerdings ausnahmsweise dann unverhältnismäßig und kommt nicht in betracht, wenn der entsprechende bauantrag bereits gestellt und auch nach auffassung der baugenehmigungsbehörde genehmigungsfähig ist und der baugenehmigung keine sonstigen hindernisse entgegenstehen. denn dann könnte die baugenehmigungsbehörde die störung durch die formelle illegalität sofort beseitigen, indem sie die fehlende baugenehmigung erteilt. 40vgl. ovg nrw, beschluss vom 14. februar 2014 – 2 a 1181/13 –; vg h1. , beschluss vom 17. august 2018 – 6 l 1403/18 –, jeweils juris. 41ein solcher ausnahmefall liegt hier indes nicht vor. von der absicht, für die umnutzung eine baugenehmigung zu beantragen, hat der kläger eigenen angaben zufolge zwischenzeitlich wieder abstand genommen. 42sonstige bedenken gegen die rechtmäßigkeit der ordnungsverfügung bestehen nicht. insbesondere ist der kläger in rechtmäßiger weise zum adressaten der nutzungsuntersagung gemacht worden. hierbei hat die beklagte zu recht darauf abgestellt, dass der kläger eigentümer der grundstücke und der fahrzeuge ist bzw. war. der kläger hat dies in seinen eigenen stellungnahmen zum ausdruck gebracht und zudem angegeben, dass er auch dazu befugt sei, die fahrzeuge von den grundstücken zu entfernen bzw. entfernen zu lassen. mit schriftsatz vom 17. mai 2019 hat er unter anderem gegenüber der beklagten erklärt, dass die fahrzeuge, die er zwischenzeitlich den von ihm betriebenen firmen zur verfügung gestellt habe, nach wie vor ihm gehörten und diese mit den firmen derzeit nichts mehr zu tun hätten. auch im rahmen des bereits im november 2018 gegen die x1. x2. v. eingeleiteten ordnungsbehördlichen verfahrens (az. 6 k 6629/18) hat deren geschäftsführerin erklärt, dass sämtliche fahrzeuge im besitz und eigentum des klägers stünden. 43die beklagte war schließlich an dem erlass der angegriffenen ordnungsverfügung auch nicht deswegen gehindert, weil der kläger meint, dass sich keine nachbarn über die nutzung beschweren würden, dass die nutzung als lagerplatz den zustand der hoffläche verbessere und dass vielen bürgern die genehmigungspflicht unbekannt sei. diese einwände sind für den erlass der auf formelle illegalität gestützten nutzungsuntersagung irrelevant. gleiches gilt, soweit der kläger darauf verweist, dass er bereits im oktober 2018 zugesagt habe, monatlich zwei fahrzeuge von dem grundstück zu entfernen, zumal der kläger dem nicht nachgekommen ist. die von der beklagten in der ordnungsverfügung gesetzte frist von fünf wochen für die entfernung aller fahrzeuge begegnet insoweit ebenfalls keinen bedenken. dafür spricht zudem, dass der kläger nach seinen angaben bereits vor der zustellung der angegriffenen ordnungsverfügung eine fläche in essen angemietet hatte, um die fahrzeuge dorthin umzulagern. schließlich begegnet es auch keinen bedenken, dass dem kläger in der angegriffenen ordnungsverfügung aufgegeben wird, das grundstück nach der entfernung der fahrzeuge nicht mehr zum abstellen von kraftfahrzeugen aller art als fahrzeuglager zu nutzen. insbesondere ist dem kläger danach ein zeitlich begrenztes abstellen im sinne eines verkehrsüblichen parkens weiterhin erlaubt. 44die androhung des zwangsgeldes findet ihre grundlage in §§ 55 abs. 1, 57 abs. 1 nr. 2, 60, 63 verwaltungsvollstreckungsgesetz nrw und ist nach lage der dinge nicht zu beanstanden. 45die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 46die streitwertfestsetzung beruht auf § 52 abs. 1 gkg und orientiert sich an dem geschätzten jahresnutzwert. 47rechtsmittelbelehrung: 48gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 491. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 502. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 513. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 524. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 535. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 54die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich einzureichen. 55auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 56im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. | Verklagte*r | 0 |
165,614 | 13 K 73/14 | 2015-05-08T00:00:00 | Urteil | Tenor Es wird festgestellt, dass Leistungen der Klägerin nicht nur dann vom Versorgungsauftrag der Einrichtung (vgl. § 8 Abs. 1 KHEntgG) erfasst sind, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen Vorgaben des Krankenhausrahmenplans (Krankenhausplan NRW 2015) vom 22. Juli 2013 bei der Leistungserbringung erfüllt sind. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte jeweils zur Hälfte. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus mit mehreren Betriebsstätten. 3Mit Bescheid vom 6. Dezember 2013 stellte der Beklagte fest, dass die Klägerin ab dem 6. Dezember 2013 mit den sich aus der Anlage ergebenden Leistungsangeboten (Gebiete, besondere Leistungsangebote und besondere Angebote) in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen wird (Feststellungsbescheid Nr. 0000). In der Rubrik „Nebenbestimmungen und Hinweise“ heißt es in dem Bescheid unter anderem (im Folgenden: „Qualitätsklausel“): 4„Die Erbringung der Leistungsangebote ist vom Versorgungsauftrag der Einrichtung (vgl. § 8 Abs. 1 KHEntgG) nur dann erfasst, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen Vorgaben des Krankenhausrahmenplans (Krankenhausplan NRW 2015) vom 22.07.2013 bei der Leistungserbringung erfüllt sind.“ 5Die Klägerin hat am 6. Januar 2014 Klage gegen den Feststellungsbescheid erhoben und hierzu erläutert, mit der Klage werde das Begehren verfolgt, eine isolierte Aufhebung der „Qualitätsklausel“ zu erreichen; die übrigen Regelungen des Bescheides würden nicht angegriffen. 6Während des Klageverfahrens hat der Beklagte weitere Feststellungsbescheide betreffend die Klägerin erlassen, die jeweils den vorherigen Bescheid ersetzt haben, zuletzt den Feststellungsbescheid vom 7. April 2015 (Nr. 0000). Dieser enthält nicht mehr die Rubrik „Nebenbestimmungen und Hinweise“, sondern jeweils die separate Rubrik „Nebenbestimmungen“ und die separate Rubrik „Hinweise“. Die oben zitierte „Qualitätsklausel“ findet sich wortgleich in der Rubrik „Hinweise“. Der Beklagte stellte fest, dass die Beklagte mit den einzeln aufgeführten Betriebsstätten ab dem 1. April 2015 mit den aus der Anlage ersichtlichen Leistungsangeboten (Gebiete, besondere Leistungsangebote und besondere Angebote) in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen wird. 7Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage nunmehr gegen die „Qualitätsklausel“ in dem aktuellen Feststellungsbescheid vom 7. April 2015. Zur Begründung trägt sie unter anderem vor: 8Die Klage sei als Anfechtungsklage statthaft. Bei der „Qualitätsklausel“ handele es sich nicht lediglich um einen Hinweis auf die Rechtslage, sondern um eine Nebenbestimmung in Gestalt einer Bedingung, die isoliert angefochten werden könne. Für den Fall, dass die angegriffene Klausel nicht als isoliert anfechtbare Nebenbestimmung angesehen werde, sei hilfsweise ein Verpflichtungsantrag, gerichtet auf die Erteilung eines Feststellungsbescheides ohne die einschränkende „Qualitätsklausel“, statthaft. Zugleich sei ein Feststellungsantrag zulässig. Das Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass sie wissen müsse, ob ihr Versorgungsauftrag innerhalb der ausgewiesenen Disziplinen durch planerische Qualitätsvorgaben eingeschränkt sei. Für Leistungen außerhalb des Versorgungsauftrags könne das Krankenhaus keine Vergütung durch die gesetzlichen Krankenkassen beanspruchen. Es sei davon auszugehen, dass die Krankenkassen als öffentlich-rechtliche Körperschaften ein Feststellungsurteil beachteten. 9Der Krankenhausplan 2015 enthalte eine Vielzahl von strukturellen Qualitätsvorgaben. Im Mittelpunkt stehe dabei die personelle Ausstattung der Krankenhäuser. So müsse nach den Festlegungen des Krankenhausplans jedes Krankenhaus unabhängig von seiner Größe und Leistungsfähigkeit in jeder Abteilung mindestens drei Ärzte zur Gewährleistung des Facharztstandards vorhalten. Die Abteilungsleitung müsse einen Facharzttitel im ausgewiesenen Gebiet führen. Die stellvertretende Leitung solle einen Facharzttitel führen. Für den dritten Arzt reiche der Facharztstandard aus. Für den Betrieb von Intensivbetten werde vorgegeben, dass bei acht bis zwölf Betten mindestens sieben Arztstellen mit einem Wochenkontingent von 40 Stunden erforderlich seien, wobei die Stelle der Leitung nicht eingerechnet sei; ferner werde für zwei Behandlungsplätze pro Schicht eine Pflegekraft gefordert. Seitens der nordrhein-westfälischen Krankenhäuser werde gegen den Krankenhausplan eingewandt, dass die formulierten Qualitätsvorgaben zum Teil überzogen seien und sich nicht auf das beschränkten, was für eine medizinisch notwendige Krankenhausversorgung erforderlich sei. Der Einwand beziehe sich insbesondere auf die Qualitätsvorgaben für den Betrieb von Intensivbetten. Diese seien mit erheblichen Mehrkosten verbunden. 10Der Krankenhausplan enthalte keine ausdrücklichen Regelungen zu der Frage, was gelten solle, wenn die Qualitätsvorgaben nicht erreicht würden. Dagegen sehe der Feststellungsbescheid mit der „Qualitätsklausel“ bei Verstößen gegen planerische Qualitätsvorgaben eine automatische Rechtsfolge vor, nämlich die, dass die Leistung nicht mehr vom Versorgungsauftrag erfasst sei. 11Unterstellt, es handele sich bei der „Qualitätsklausel“ tatsächlich nur um einen Hinweis, so sei nicht ersichtlich, aus welchen Vorschriften sich die angebliche Rechtslage, auf die hingewiesen werde, ergeben solle. Es finde sich nirgendwo eine Vorschrift oder ein Rechtsgrundsatz, wonach Leistungen eines Krankenhauses von seinem Versorgungsauftrag nur erfasst seien, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen Vorgaben des Krankenhausplans erfüllt seien. Die Klausel formuliere ein Verhältnis zwischen Versorgungsauftrag und Strukturqualität, das von der gesetzlichen Rechtslage erheblich abweiche. Diese Abweichung habe keineswegs nur faktische Bedeutung. Sie bewirke vielmehr, dass die betreffende Leistung nicht abgerechnet und vergütet werden dürfe. 12Ein automatisches Entfallen des Vergütungsanspruchs bei jedem noch so geringen Verstoß gegen eine Qualitätsvorgabe sei mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu vereinbaren. Ein geringer Verstoß sei beispielsweise anzunehmen, wenn der dritte erforderliche Arzt dem Facharztstandard weitgehend genüge und nur in Randbereichen, die in dem betreffenden Krankenhaus nur selten nachgefragt würden, noch Defizite aufweise. Da die Klausel auf die Leistungserbringung, also die Durchführung der Krankenhausbehandlung abstelle und eine solche Behandlung üblicherweise nur wenige Tage dauere, würden auch vorübergehende personelle Engpässe von ihr erfasst. 13Die Klägerin beantragt, 141.15den Feststellungsbescheid des Beklagten vom 7. April 2015 hinsichtlich der Klausel „Die Erbringung der Leistungsangebote ist vom Versorgungsauftrag der Einrichtung (vgl. § 8 Abs. 1 KHEntgG) nur dann erfasst, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen Vorgaben des Krenkenhausrahmenplans (Krankenhausplan NRW 2015) vom 22. Juli 2013 bei der Leistungserbringung erfüllt sind“ aufzuheben, 2.16hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, ihr gegenüber einen Feststellungsbescheid ohne die Einschränkung zu erlassen, dass die Erbringung der Leistungsangebote vom Versorgungsauftrag der Einrichtung (vgl. § 8 Abs. 1 KHEntgG) nur dann erfasst sind, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen Vorgaben des Krankenhausrahmenplans (Krankenhausplan NRW 2015) vom 22. Juli 2013 bei der Leistungserbringung erfüllt sind, 3.17festzustellen, dass ihre Leistungen nicht nur dann vom Versorgungsauftrag der Einrichtung (vgl. § 8 Abs. 1 KHEntgG) erfasst sind, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen Vorgaben des Krankenhausrahmenplans (Krankenhausplan NRW 2015) vom 22. Juli 2013 bei der Leistungserbringung erfüllt sind. 18Der Beklagte beantragt, 19die Klage abzuweisen. 20Zur Begründung macht er unter anderem geltend: 21Die Klage sei bereits unzulässig. Der beanstandeten „Qualitätsklausel“ komme keine rechtliche Relevanz zu. Ausweislich der ausdrücklichen Kennzeichnung der Formulierung wie auch ihres systematischen Bezugs und objektiven Erklärungsgehalts handele es sich um einen bloßen Hinweis auf die Rechtslage, der keiner gerichtlichen Überprüfung unterliege. Es fehle die Möglichkeit einer Rechtsverletzung der Klägerin. Vorliegend gehe es um rein tatsächliche Auswirkungen im Sinne einer Verschlechterung von Verhandlungspositionen in budgetären Auseinandersetzungen mit den Krankenkassen. Daran, dass Reichweite und Grenzen des Versorgungsauftrags zum Gegenstand sozialgerichtlicher Auseinandersetzungen zwischen der Klägerin und den Krankenkassen werden könnten, würde eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung nichts ändern, da dieser keine Bindungswirkungen für solche entgeltrechtliche Streitigkeiten zukomme. 22Abgesehen davon sei die Klage auch unbegründet. Entgegen der Ansicht der Klägerin gebe es keine automatische Einschränkung des Versorgungsauftrags im Sinne einer Bedingung oder Befristung o.ä., wenn es zu nur vorübergehenden personellen Engpässen im Krankenhaus komme. Sollte ein Krankenhaus oder eine Abteilung aber absehbar dauerhaft die konkret relevanten Qualitätsvorgaben des Krankenhausplans nicht mehr erfüllen, müsste es - nach Durchführung eines regionalen Planungskonzepts - ganz oder teilweise aus dem Plan herausgenommen werden. Dies sei dann Gegenstand des insoweit notwendigen Verfahrens und durch den streitbefangenen Hinweis nicht vorgezeichnet. 23Tatsächlich könne sich die Schwierigkeit ergeben, dass ein Krankenhaus die Qualitätsvorgaben im Zeitpunkt des Erlasses des Feststellungsbescheides erfülle, aber nachfolgend, zum Beispiel durch Personalfluktuation, in die Situation komme, die Vorgaben zu unterschreiten. Indessen seien zu keinem Zeitpunkt Einschränkungen des Versorgungsauftrags beabsichtigt, wenn es nur zu vorübergehenden - stunden-, tage- oder wochenweisen - personellen Engpässen o.ä. komme. In einem solchen Fall verantworte allein der Krankenhausträger die Vertretbarkeit seines Handelns gegenüber den Patienten. 24Der Versorgungsauftrag eines Krankenhauses entfalle nicht durch Unterschreiten der Struktur- und Qualitätsvorgaben. Vielmehr würde dies eine Prüfungsnotwendigkeit nach dem Gesetz auslösen. Der nunmehr aufgenommene Hinweis verdeutliche lediglich die schon immer möglichen Konsequenzen. So könne etwa auch die Sanktionierung eines Fehlverhaltens des Krankenhausträgers, zum Beispiel durch Rückforderung von Fördermitteln, in Betracht gezogen werden. 25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen. 26Entscheidungsgründe: 27Die gemäß § 91 Abs. 1 VwGO im Wege der - sachdienlichen - Klageänderung nunmehr gegen die „Qualitätsklausel“ in dem aktuellen Feststellungsbescheid vom 7. April 2015 gerichtete und um die Klageanträge zu 2. und 3. erweiterte Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Mit dem auf Aufhebung der „Qualitätsklausel“ in dem Feststellungsbescheid vom 7. April 2015 gerichteten Anfechtungsbegehren (Klageantrag zu 1.) sowie dem hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag (Klageantrag zu 2.) ist sie unzulässig. Im Übrigen, mit dem Feststellungsantrag (Klageantrag zu 3.), ist die Klage dagegen zulässig und begründet. 28I. Soweit die Klägerin die isolierte Aufhebung der „Qualitätsklausel“ begehrt, ist die Klage mangels Statthaftigkeit der Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) unzulässig. Bei der „Qualitätsklausel“ handelt es sich nicht um eine anfechtbare Regelung in Gestalt einer Nebenbestimmung im Sinne des § 36 VwVfG NRW, sondern um einen bloßen Hinweis auf die Rechtslage ohne eigenständigen Regelungsgehalt. Dies folgt aus dem fehlenden Regelungswillen des Beklagten, der für den Adressaten des Bescheides dadurch unmissverständlich zum Ausdruck kommt, dass der Beklagte die „Qualitätsklausel“ nicht mehr, wie in dem vorangegangenen Feststellungsbescheid, unter die Rubrik „Nebenbestimmungen und Hinweise“, sondern unter die Rubrik „Hinweise“ eingeordnet hat. Aufgrund der formal deutlich erkennbaren Unterscheidung durfte die Klägerin als Empfängerin des Feststellungsbescheides die Klausel nur als unverbindlichen Hinweis verstehen. 29Siehe zu gleich gelagerten Fällen auch VG Minden, Urteil vom 20. Februar 2015 - 6 K 913/14 -, juris, Rz. 93 ff. und VG Aachen, Urteil vom 27. April 2015 - 7 K 271/14 -, juris, Rz. 28 ff. 30Ob der Hinweis zutrifft oder nicht, ist eine andere Frage, die von der nach seiner Rechtsnatur zu trennen ist. Ein bloßer Hinweis wird nicht dadurch zu einer Regelung, dass er die objektiv bestehende Rechtslage ggf. unzutreffend wiedergibt. 31II. Der hilfsweise zur Entscheidung gestellte Verpflichtungsantrag (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VGO) ist ebenfalls nicht statthaft. Mit diesem Antrag verfolgt die Klägerin das gleiche Ziel wie mit dem Anfechtungsbegehren, nämlich einen Feststellungsbescheid ohne „Qualitätsklausel“ zu erhalten. Dieses Ziel soll lediglich auf einem prozessualen Umweg erreicht werden, nämlich durch die Verpflichtung des Beklagten zum Erlass eines neuen Feststellungsbescheides ohne „Qualitätsklausel“, der dann an die Stelle des Bescheides vom 7. April 2015 treten würde. Faktisch geht es auch in dieser Konstellation um eine Aufhebung der „Qualitätsklausel“. Allein der Umstand, dass die Klägerin mit dem Hilfsantrag ihr gleichbleibendes Begehren in einer anderen prozessualen Einkleidung verfolgt, führt nicht zur Statthaftigkeit der Klage. 32III. Dagegen hat die Klage mit dem Antrag auf Feststellung, dass die Leistungen des Krankenhauses nicht nur dann von dessen Versorgungsauftrag erfasst sind, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen Vorgaben des Krankenhausplans bei der Leistungserbringung erfüllt sind, Erfolg. 331. Die Klage ist mit dem Feststellungsantrag zulässig. Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). 34Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen hier vor. 35a) Es besteht ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten. Unter einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO sind die aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm des öffentlichen Rechts sich ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache zu verstehen. 36Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 - 8 C 19/94 -, juris, Rz. 10; ferner Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 43 Rz. 11. 37Ein Rechtsverhältnis in diesem Sinne ergibt sich hier daraus, dass zwischen den Beteiligten die Reichweite des der Klägerin mit dem Feststellungsbescheid vom 7. April 2015 erteilten Versorgungsauftrags gemäß § 8 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (KHEntgG) streitig ist. Der Beklagte steht auf dem Standpunkt, dass die Leistungen der Klägerin von ihrem Versorgungsauftrag nur dann gedeckt sind, wenn und soweit sie bei der Leistungserbringung die sich aus dem Krankenhausplan ergebenden Qualitätsanforderungen erfüllt, wogegen die Klägerin dies bestreitet und geltend macht, ihr Versorgungsauftrag werde durch Qualitätsvorgaben des Krankenhausplans nicht eingeschränkt. 38b) Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung, dass die Leistungen des von ihr betriebenen Krankenhauses vom Versorgungsauftrag nicht nur dann erfasst sind, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen Vorgaben des Krankenhausplans bei der Leistungserbringung erfüllt sind. 39Als Feststellungsinteresse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO genügt jedes anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, das hinreichend gewichtig ist, um die Position des Klägers zu verbessern. 40Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 6. Februar 1986 - 5 C 40/84 -, juris, Rz. 28 und vom 27. Juni 1997 ‑ 8 C 23/96 -, juris, Rz. 21 41Ein solches Interesse ist insbesondere dann gegeben, wenn die Rechtslage unklar ist, die zuständige Behörde insoweit anderer Auffassung ist als der Kläger und der Kläger sein künftiges Verhalten an der Feststellung orientieren will oder er Grund zur Besorgnis der Gefährdung seiner Rechte hat. 42Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Oktober 1981 - 7 C 77/80 -, juris, Rz. 4; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 43 Rz. 24. 43aa) Dies zugrundelegend ist hier ein Feststellungsinteresse der Klägerin zu bejahen. Wie oben erwähnt, bestehen zwischen den Beteiligten divergierende Auffassungen zur Reichweite des Versorgungsauftrages des Krankenhauses. Die im Feststellungsbescheid des Beklagten vom 7. April 2014 enthaltene „Qualitätsklausel“ führt diesbezüglich zur Unklarheit, weil sie auf eine angeblich bestehende Rechtslage hinweist, aus der sich die Begrenzung des Versorgungsauftrags durch Qualitätsvorgaben des Krankenhausplans ergeben soll, was die Klägerin jedoch nicht zu erkennen vermag. Ein berechtigtes Interesse an der Klärung der Frage, ob die Rechtslage sich tatsächlich so darstellt wie vom Beklagten angenommen, ob also der Versorgungsauftrag des Krankenhauses tatsächlich in der beschriebenen Weise begrenzt ist, kann der Klägerin aus folgenden Gründen nicht abgesprochen werden: 44(1) Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 SGB V gilt bei Plankrankenhäusern die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) als Abschluss des Versorgungsvertrags mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen. Mit dem Versorgungsvertrag wird das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen (§ 109 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung der Versicherten verpflichtet (Satz 2 der Vorschrift). Hieraus ergibt sich, dass die Frage nach der Reichweite des Versorgungsauftrags unmittelbar bedeutsam ist für die Bestimmung der dem Krankenhaus gegenüber den Versicherten obliegenden Pflichten. Ist die beabsichtigte Behandlung vom Versorgungsauftrag gedeckt, dürfen Versicherte vom Krankenhaus nicht abgewiesen oder auf eine private Behandlung verwiesen werden. Über den Rahmen des Versorgungsauftrags hinaus ist das Krankenhaus dagegen nicht zu einer Behandlung verpflichtet und können Versicherte Leistungen des Krankenhauses nicht beanspruchen. 45Vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2008 - B 3 KR 17/07 R -, juris, Rz. 17. 46Vor dem Hintergrund dieses gesetzlichen Regelungssystems vermag die beantragte gerichtliche Feststellung eine Klarstellung des Pflichtenkreises der Klägerin zu bewirken, an der diese ihr künftiges Verhalten ausrichten kann. 47(2) Abgesehen davon ergibt sich ein Feststellungsinteresse der Klägerin im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO auch daraus, dass sie mit Eingriffsmaßnahmen des Beklagten rechnen muss. So hat der Beklagte in der Klageerwiderung ausgeführt, dass ein Krankenhaus, das dauerhaft die relevanten Qualitätsvorgaben nicht erfülle, ganz oder teilweise aus dem Krankenhausplan herausgenommen werden müsse (siehe Seiten 5 unten und 6 oben des Schriftsatzes vom 26. August 2014 im Parallelverfahren 13 K 8720/13). Weiter hat er dargelegt, dass das absichtliche Unterschreiten der Qualitätsvorgaben ein Prüfverfahren auslöse, das mit einer Sanktionierung etwaigen Fehlverhaltens des Krankenhausträgers, zum Beispiel durch Rückforderung von Fördermitteln gemäß § 28 Abs. 2 des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW), enden könne (siehe Seite 7 des o.g. Schriftsatzes). Es ist der Klägerin nicht zuzumuten, eine Gefährdung eigener Rechte hinzunehmen, indem sie zunächst eine derartige Sanktionierung abwartet, um sich dann inzident im Rahmen eines dagegen gerichteten Rechtsmittels gegen die Rechtsauffassung des Beklagten, der Versorgungsauftrag sei durch die qualitativen Vorgaben des Krankenhausplans begrenzt, zur Wehr zu setzen. 48bb) Die von dem Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebene Erklärung, wonach es keine automatische Einschränkung des Versorgungsauftrags im Sinne einer Bedingung, Befristung oder Ähnlichem gebe, wenn es zu nur vorübergehenden personellen Engpässen in der Einrichtung komme, lässt das Feststellungsinteresse nicht entfallen. Dies gilt schon deshalb, weil unklar bleibt, wie lange eine Vakanz andauern darf, um nach dem subjektiven Verständnis des Beklagten noch als vorübergehend eingestuft werden zu können. Die vom Beklagten versuchte Konkretisierung (Stunden, Tage oder Wochen - siehe Seite 6 der Klageerwiderung vom 26. August 2014 im Parallelverfahren 13 K 8720/13) hilft nicht weiter, da sie ihrerseits völlig unbestimmt ist. Unabhängig davon ist auch deshalb nicht vom Wegfall des Feststellungsinteresses auszugehen, weil mit der Erklärung des Sitzungsvertreters ebenso wie mit den entsprechenden Äußerungen des Beklagten in der Klageerwiderung eine Rechtsansicht (keine automatische Einschränkung des Versorgungsauftrags) zum Ausdruck gebracht wird, die in dem ‑ einschränkungslos formulierten - Wortlaut der „Qualitätsklausel“ im Feststellungsbescheid keine Grundlage findet. Ausgehend von ihrem Wortlaut lässt sich die „Qualitätsklausel“ nur dahingehend verstehen, dass genau der Automatismus eingreift („ … nur dann …, wenn und soweit …“), den der Beklagte in Abrede stellt. Von daher lässt sich die Möglichkeit nicht von der Hand weisen, dass die Klägerin, wenn sie zukünftig die qualitativen Vorgaben nicht erfüllen sollte, vom Beklagten an dem Wortlaut festgehalten wird und die relativierenden Äußerungen im vorliegenden Klageverfahren als nicht bindend eingestuft werden. Diese Befürchtung besteht umso mehr, als der Beklagte sich weigert, seine einschränkenden Erläuterungen zur „Qualitätsklausel“, wie von der Klägerin angeregt, in den Feststellungsbescheid aufzunehmen. 49Nach alledem kann die Frage, ob sich ein Feststellungsinteresse der Klägerin im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO auch daraus ergibt, dass ein entsprechender gerichtlicher Ausspruch geeignet wäre, mit Blick auf § 8 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 KHEntgG, wonach Entgelte nur im Rahmen des Versorgungsauftrags berechnet werden dürfen, ihre Position in etwaigen Abrechnungsstreitigkeiten gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen zu verbessern, auf sich beruhen. 502. Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Die Leistungen der Klägerin sind nicht nur dann von ihrem Versorgungsauftrag erfasst, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen Vorgaben des Krankenhausplans bei der Leistungserbringung erfüllt sind. Der gegenteilige Hinweis des Beklagten in dem Feststellungsbescheid vom 7. April 2014 gibt die Rechtslage unzutreffend wieder. 51Die Klägerin macht zu Recht geltend, dass nicht ersichtlich ist, woraus sich die vom Beklagten angenommene Einschränkung des Versorgungsauftrags durch Qualitätsanforderungen ergeben soll. 52Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 KHEntgG ergibt sich der Versorgungsauftrag eines Plankrankenhauses aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung nach § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 3 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sowie einer ergänzenden Vereinbarung nach § 109 Abs. 1 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch. Der - hier allein in Betracht kommende - Krankenhausplan enthält zwar, wie von § 13 Abs. 1 KHGG NRW vorgesehen, diverse Vorgaben zur Qualität der Versorgungsangebote. 53 Etwa zum sog. Facharztstandard (Seiten 30 f.) und für den Betrieb von Intensivbetten (Seiten 109 f.). 54Eine inhaltliche Konkretisierung des Versorgungsauftrags durch Qualitätsvorgaben in dem Sinne, dass Folge der Nichterfüllung von Qualitätsvorgaben das Herausfallen aus dem Versorgungsauftrag sein soll, lässt sich ihm aber nicht entnehmen. Vielmehr geht schon aus seiner Einleitung hervor, dass es sich bei den Vorgaben nicht um aktuelle Anforderungen, sondern um Zukunftsperspektiven mit dem Ziel der Optimierung handelt (siehe Seite 12: „Wie jeder Plan stellt auch dieser eine Perspektive dar. Die qualitativen und quantitativen Festlegungen sollten bis Ende des Jahres 2015 umgesetzt sein.“) Dem entspricht es, dass etwa die Qualitätsvorgaben zum Facharztstandard in dem Kapitel 2.2 „Planungsziele der Krankenhausversorgung“ und dort in dem Unterkapitel 2.2.2 „Spezielle Ziele“ beschrieben sind. Mithin handelt es sich um bloße Zielvorgaben, nicht um aktuell von der Klägerin zu erfüllende Anforderungen. In die gleiche Richtung geht es, soweit es im Kapitel 2.2.2.1 „Versorgungsqualität“ (Seite 24 des Krankenhausplans) heißt, die nachfolgend für verschiedene Versorgungsbereiche herangezogenen medizinal-fachlichen Leitlinien, Stellungnahmen und Empfehlungen seien als wichtige Orientierung zu verstehen; diese sei kein Ausschlusskriterium, die konkrete Situation des Einzelfalls sei bei Entscheidungen immer in Betracht zu ziehen. Hieraus dürfte nicht nur zu schließen sein, dass es sich bei den Qualitätsanforderungen um bloße Orientierungspunkte, nicht um strikte Vorgaben handelt, sondern vor allem auch, dass es im Fall ihrer dauerhaften Nichterfüllung einer Einzelfallentscheidung bedarf (etwa der Herausnahme aus dem Krankenhausplan wegen fehlender Leistungsfähigkeit). Schließlich sind auch den Ausführungen im Kapitel 2.4 „Versorgungsauftrag“ (Seite 49 ff.) des Krankenhausplans keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der Inhalt des Versorgungsauftrags durch Qualitätsvorgaben begrenzt wird. Soweit es dort heißt, der Versorgungsauftrag des Krankenhauses werde durch die in diesem Plan aufgeführten Kriterien konkretisiert, folgt hieraus nicht, dass Leistungen vom Versorgungsauftrag nur dann umfasst sind, wenn und soweit die qualitativen Vorgaben des Plans erfüllt sind. Der Begriff „konkretisiert“ ist vielmehr so zu verstehen, dass die Qualitätsvorgaben beschreiben, wie die im Rahmen des Versorgungsauftrags liegenden Leistungen erbracht werden sollen, ohne diesen Rahmen selbst zu ziehen. Mit anderen Worten: Der Versorgungsauftrag legt das Leistungsangebot des Krankenhauses nach Art und Umfang fest; aus den Qualitätsvorgaben ergibt sich, in welcher Weise, z.B. mit welcher personellen Ausstattung, das Krankenhaus diese Leistungen erbringen soll. 55Vgl. auch BSG, Urteil vom 27. November 2014 - B 3 KR 1/13 R -, juris, Rz. 15, wonach unter „Versorgungsauftrag“ die Festlegung von Art, Inhalt und Umfang der Leistungen zu verstehen ist, die das Krankenhaus während der Dauer seiner Zulassung für die Versicherten zu erbringen hat. 56Schließlich verdeutlicht das Vorbringen des Beklagten, wonach Leistungen (noch) vom Versorgungsauftrag umfasst seien, wenn es nur zu vorübergehenden - stunden-, tage- oder wochenweisen - personellen Engpässen oder Ähnlichem komme, dass es die in dem Hinweis des Feststellungsbescheides zum Ausdruck gebrachte Begrenzung des Versorgungsauftrags durch Qualitätsvorgaben tatsächlich so nicht gibt. Der Hinweis enthält keine Relativierung, wie der Beklagte sie offenbar selbst für geboten hält. Schon deshalb dürfte er ‑ auch aus der Sicht des Beklagten - unzutreffend sein. 57Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO. 58Die Berufung ist gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. | es wird festgestellt, dass leistungen der klägerin nicht nur dann vom versorgungsauftrag der einrichtung (vgl. § 8 abs. 1 khentgg) erfasst sind, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen vorgaben des krankenhausrahmenplans (krankenhausplan nrw 2015) vom 22. juli 2013 bei der leistungserbringung erfüllt sind. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des verfahrens tragen die klägerin und der beklagte jeweils zur hälfte. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar.der jeweilige vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die berufung wird zugelassen. 1 | 2die klägerin betreibt ein krankenhaus mit mehreren betriebsstätten. 3mit bescheid vom 6. dezember 2013 stellte der beklagte fest, dass die klägerin ab dem 6. dezember 2013 mit den sich aus der anlage ergebenden leistungsangeboten (gebiete, besondere leistungsangebote und besondere angebote) in den krankenhausplan des landes nordrhein-westfalen aufgenommen wird (feststellungsbescheid nr. 0000). in der rubrik „nebenbestimmungen und hinweise“ heißt es in dem bescheid unter anderem (im folgenden: „qualitätsklausel“): 4„die erbringung der leistungsangebote ist vom versorgungsauftrag der einrichtung (vgl. § 8 abs. 1 khentgg) nur dann erfasst, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen vorgaben des krankenhausrahmenplans (krankenhausplan nrw 2015) vom 22.07.2013 bei der leistungserbringung erfüllt sind.“ 5die klägerin hat am 6. januar 2014 klage gegen den feststellungsbescheid erhoben und hierzu erläutert, mit der klage werde das begehren verfolgt, eine isolierte aufhebung der „qualitätsklausel“ zu erreichen; die übrigen regelungen des bescheides würden nicht angegriffen. 6während des klageverfahrens hat der beklagte weitere feststellungsbescheide betreffend die klägerin erlassen, die jeweils den vorherigen bescheid ersetzt haben, zuletzt den feststellungsbescheid vom 7. april 2015 (nr. 0000). dieser enthält nicht mehr die rubrik „nebenbestimmungen und hinweise“, sondern jeweils die separate rubrik „nebenbestimmungen“ und die separate rubrik „hinweise“. die oben zitierte „qualitätsklausel“ findet sich wortgleich in der rubrik „hinweise“. der beklagte stellte fest, dass die beklagte mit den einzeln aufgeführten betriebsstätten ab dem 1. april 2015 mit den aus der anlage ersichtlichen leistungsangeboten (gebiete, besondere leistungsangebote und besondere angebote) in den krankenhausplan des landes nordrhein-westfalen aufgenommen wird. 7die klägerin wendet sich mit ihrer klage nunmehr gegen die „qualitätsklausel“ in dem aktuellen feststellungsbescheid vom 7. april 2015. zur begründung trägt sie unter anderem vor: 8die klage sei als anfechtungsklage statthaft. bei der „qualitätsklausel“ handele es sich nicht lediglich um einen hinweis auf die rechtslage, sondern um eine nebenbestimmung in gestalt einer bedingung, die isoliert angefochten werden könne. für den fall, dass die angegriffene klausel nicht als isoliert anfechtbare nebenbestimmung angesehen werde, sei hilfsweise ein verpflichtungsantrag, gerichtet auf die erteilung eines feststellungsbescheides ohne die einschränkende „qualitätsklausel“, statthaft. zugleich sei ein feststellungsantrag zulässig. das feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass sie wissen müsse, ob ihr versorgungsauftrag innerhalb der ausgewiesenen disziplinen durch planerische qualitätsvorgaben eingeschränkt sei. für leistungen außerhalb des versorgungsauftrags könne das krankenhaus keine vergütung durch die gesetzlichen krankenkassen beanspruchen. es sei davon auszugehen, dass die krankenkassen als öffentlich-rechtliche körperschaften ein feststellungsurteil beachteten. 9der krankenhausplan 2015 enthalte eine vielzahl von strukturellen qualitätsvorgaben. im mittelpunkt stehe dabei die personelle ausstattung der krankenhäuser. so müsse nach den festlegungen des krankenhausplans jedes krankenhaus unabhängig von seiner größe und leistungsfähigkeit in jeder abteilung mindestens drei ärzte zur gewährleistung des facharztstandards vorhalten. die abteilungsleitung müsse einen facharzttitel im ausgewiesenen gebiet führen. die stellvertretende leitung solle einen facharzttitel führen. für den dritten arzt reiche der facharztstandard aus. für den betrieb von intensivbetten werde vorgegeben, dass bei acht bis zwölf betten mindestens sieben arztstellen mit einem wochenkontingent von 40 stunden erforderlich seien, wobei die stelle der leitung nicht eingerechnet sei; ferner werde für zwei behandlungsplätze pro schicht eine pflegekraft gefordert. seitens der nordrhein-westfälischen krankenhäuser werde gegen den krankenhausplan eingewandt, dass die formulierten qualitätsvorgaben zum teil überzogen seien und sich nicht auf das beschränkten, was für eine medizinisch notwendige krankenhausversorgung erforderlich sei. der einwand beziehe sich insbesondere auf die qualitätsvorgaben für den betrieb von intensivbetten. diese seien mit erheblichen mehrkosten verbunden. 10der krankenhausplan enthalte keine ausdrücklichen regelungen zu der frage, was gelten solle, wenn die qualitätsvorgaben nicht erreicht würden. dagegen sehe der feststellungsbescheid mit der „qualitätsklausel“ bei verstößen gegen planerische qualitätsvorgaben eine automatische rechtsfolge vor, nämlich die, dass die leistung nicht mehr vom versorgungsauftrag erfasst sei. 11unterstellt, es handele sich bei der „qualitätsklausel“ tatsächlich nur um einen hinweis, so sei nicht ersichtlich, aus welchen vorschriften sich die angebliche rechtslage, auf die hingewiesen werde, ergeben solle. es finde sich nirgendwo eine vorschrift oder ein rechtsgrundsatz, wonach leistungen eines krankenhauses von seinem versorgungsauftrag nur erfasst seien, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen vorgaben des krankenhausplans erfüllt seien. die klausel formuliere ein verhältnis zwischen versorgungsauftrag und strukturqualität, das von der gesetzlichen rechtslage erheblich abweiche. diese abweichung habe keineswegs nur faktische bedeutung. sie bewirke vielmehr, dass die betreffende leistung nicht abgerechnet und vergütet werden dürfe. 12ein automatisches entfallen des vergütungsanspruchs bei jedem noch so geringen verstoß gegen eine qualitätsvorgabe sei mit dem grundsatz der verhältnismäßigkeit nicht zu vereinbaren. ein geringer verstoß sei beispielsweise anzunehmen, wenn der dritte erforderliche arzt dem facharztstandard weitgehend genüge und nur in randbereichen, die in dem betreffenden krankenhaus nur selten nachgefragt würden, noch defizite aufweise. da die klausel auf die leistungserbringung, also die durchführung der krankenhausbehandlung abstelle und eine solche behandlung üblicherweise nur wenige tage dauere, würden auch vorübergehende personelle engpässe von ihr erfasst. 13die klägerin beantragt, 141.15den feststellungsbescheid des beklagten vom 7. april 2015 hinsichtlich der klausel „die erbringung der leistungsangebote ist vom versorgungsauftrag der einrichtung (vgl. § 8 abs. 1 khentgg) nur dann erfasst, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen vorgaben des krenkenhausrahmenplans (krankenhausplan nrw 2015) vom 22. juli 2013 bei der leistungserbringung erfüllt sind“ aufzuheben, 2.16hilfsweise, den beklagten zu verpflichten, ihr gegenüber einen feststellungsbescheid ohne die einschränkung zu erlassen, dass die erbringung der leistungsangebote vom versorgungsauftrag der einrichtung (vgl. § 8 abs. 1 khentgg) nur dann erfasst sind, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen vorgaben des krankenhausrahmenplans (krankenhausplan nrw 2015) vom 22. juli 2013 bei der leistungserbringung erfüllt sind, 3.17festzustellen, dass ihre leistungen nicht nur dann vom versorgungsauftrag der einrichtung (vgl. § 8 abs. 1 khentgg) erfasst sind, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen vorgaben des krankenhausrahmenplans (krankenhausplan nrw 2015) vom 22. juli 2013 bei der leistungserbringung erfüllt sind. 18der beklagte beantragt, 19die klage abzuweisen. 20zur begründung macht er unter anderem geltend: 21die klage sei bereits unzulässig. der beanstandeten „qualitätsklausel“ komme keine rechtliche relevanz zu. ausweislich der ausdrücklichen kennzeichnung der formulierung wie auch ihres systematischen bezugs und objektiven erklärungsgehalts handele es sich um einen bloßen hinweis auf die rechtslage, der keiner gerichtlichen überprüfung unterliege. es fehle die möglichkeit einer rechtsverletzung der klägerin. vorliegend gehe es um rein tatsächliche auswirkungen im sinne einer verschlechterung von verhandlungspositionen in budgetären auseinandersetzungen mit den krankenkassen. daran, dass reichweite und grenzen des versorgungsauftrags zum gegenstand sozialgerichtlicher auseinandersetzungen zwischen der klägerin und den krankenkassen werden könnten, würde eine verwaltungsgerichtliche entscheidung nichts ändern, da dieser keine bindungswirkungen für solche entgeltrechtliche streitigkeiten zukomme. 22abgesehen davon sei die klage auch unbegründet. entgegen der ansicht der klägerin gebe es keine automatische einschränkung des versorgungsauftrags im sinne einer bedingung oder befristung o.ä., wenn es zu nur vorübergehenden personellen engpässen im krankenhaus komme. sollte ein krankenhaus oder eine abteilung aber absehbar dauerhaft die konkret relevanten qualitätsvorgaben des krankenhausplans nicht mehr erfüllen, müsste es - nach durchführung eines regionalen planungskonzepts - ganz oder teilweise aus dem plan herausgenommen werden. dies sei dann gegenstand des insoweit notwendigen verfahrens und durch den streitbefangenen hinweis nicht vorgezeichnet. 23tatsächlich könne sich die schwierigkeit ergeben, dass ein krankenhaus die qualitätsvorgaben im zeitpunkt des erlasses des feststellungsbescheides erfülle, aber nachfolgend, zum beispiel durch personalfluktuation, in die situation komme, die vorgaben zu unterschreiten. indessen seien zu keinem zeitpunkt einschränkungen des versorgungsauftrags beabsichtigt, wenn es nur zu vorübergehenden - stunden-, tage- oder wochenweisen - personellen engpässen o.ä. komme. in einem solchen fall verantworte allein der krankenhausträger die vertretbarkeit seines handelns gegenüber den patienten. 24der versorgungsauftrag eines krankenhauses entfalle nicht durch unterschreiten der struktur- und qualitätsvorgaben. vielmehr würde dies eine prüfungsnotwendigkeit nach dem gesetz auslösen. der nunmehr aufgenommene hinweis verdeutliche lediglich die schon immer möglichen konsequenzen. so könne etwa auch die sanktionierung eines fehlverhaltens des krankenhausträgers, zum beispiel durch rückforderung von fördermitteln, in betracht gezogen werden. 25wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den sonstigen inhalt der gerichtsakte ergänzend bezug genommen. 26 | 27die gemäß § 91 abs. 1 vwgo im wege der - sachdienlichen - klageänderung nunmehr gegen die „qualitätsklausel“ in dem aktuellen feststellungsbescheid vom 7. april 2015 gerichtete und um die klageanträge zu 2. und 3. erweiterte klage hat nur in dem aus dem tenor ersichtlichen umfang erfolg. mit dem auf aufhebung der „qualitätsklausel“ in dem feststellungsbescheid vom 7. april 2015 gerichteten anfechtungsbegehren (klageantrag zu 1.) sowie dem hilfsweise gestellten verpflichtungsantrag (klageantrag zu 2.) ist sie unzulässig. im übrigen, mit dem feststellungsantrag (klageantrag zu 3.), ist die klage dagegen zulässig und begründet. 28i. soweit die klägerin die isolierte aufhebung der „qualitätsklausel“ begehrt, ist die klage mangels statthaftigkeit der anfechtungsklage (§ 42 abs. 1 alt. 1 vwgo) unzulässig. bei der „qualitätsklausel“ handelt es sich nicht um eine anfechtbare regelung in gestalt einer nebenbestimmung im sinne des § 36 vwvfg nrw, sondern um einen bloßen hinweis auf die rechtslage ohne eigenständigen regelungsgehalt. dies folgt aus dem fehlenden regelungswillen des beklagten, der für den adressaten des bescheides dadurch unmissverständlich zum ausdruck kommt, dass der beklagte die „qualitätsklausel“ nicht mehr, wie in dem vorangegangenen feststellungsbescheid, unter die rubrik „nebenbestimmungen und hinweise“, sondern unter die rubrik „hinweise“ eingeordnet hat. aufgrund der formal deutlich erkennbaren unterscheidung durfte die klägerin als empfängerin des feststellungsbescheides die klausel nur als unverbindlichen hinweis verstehen. 29siehe zu gleich gelagerten fällen auch vg minden, urteil vom 20. februar 2015 - 6 k 913/14 -, juris, rz. 93 ff. und vg aachen, urteil vom 27. april 2015 - 7 k 271/14 -, juris, rz. 28 ff. 30ob der hinweis zutrifft oder nicht, ist eine andere frage, die von der nach seiner rechtsnatur zu trennen ist. ein bloßer hinweis wird nicht dadurch zu einer regelung, dass er die objektiv bestehende rechtslage ggf. unzutreffend wiedergibt. 31ii. der hilfsweise zur entscheidung gestellte verpflichtungsantrag (§ 42 abs. 1 alt. 2 vgo) ist ebenfalls nicht statthaft. mit diesem antrag verfolgt die klägerin das gleiche ziel wie mit dem anfechtungsbegehren, nämlich einen feststellungsbescheid ohne „qualitätsklausel“ zu erhalten. dieses ziel soll lediglich auf einem prozessualen umweg erreicht werden, nämlich durch die verpflichtung des beklagten zum erlass eines neuen feststellungsbescheides ohne „qualitätsklausel“, der dann an die stelle des bescheides vom 7. april 2015 treten würde. faktisch geht es auch in dieser konstellation um eine aufhebung der „qualitätsklausel“. allein der umstand, dass die klägerin mit dem hilfsantrag ihr gleichbleibendes begehren in einer anderen prozessualen einkleidung verfolgt, führt nicht zur statthaftigkeit der klage. 32iii. dagegen hat die klage mit dem antrag auf feststellung, dass die leistungen des krankenhauses nicht nur dann von dessen versorgungsauftrag erfasst sind, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen vorgaben des krankenhausplans bei der leistungserbringung erfüllt sind, erfolg. 331. die klage ist mit dem feststellungsantrag zulässig. gemäß § 43 abs. 1 vwgo kann die feststellung des bestehens oder nichtbestehens eines rechtsverhältnisses oder der nichtigkeit eines verwaltungsakts begehrt werden, wenn der kläger ein berechtigtes interesse an der baldigen feststellung hat (feststellungsklage). 34die voraussetzungen dieser vorschrift liegen hier vor. 35a) es besteht ein feststellungsfähiges rechtsverhältnis zwischen den beteiligten. unter einem rechtsverhältnis im sinne des § 43 abs. 1 vwgo sind die aus einem konkreten sachverhalt aufgrund einer rechtsnorm des öffentlichen rechts sich ergebenden rechtlichen beziehungen einer person zu einer anderen person oder zu einer sache zu verstehen. 36vgl. bverwg, urteil vom 26. januar 1996 - 8 c 19/94 -, juris, rz. 10; ferner kopp/schenke, vwgo, 20. aufl. 2014, § 43 rz. 11. 37ein rechtsverhältnis in diesem sinne ergibt sich hier daraus, dass zwischen den beteiligten die reichweite des der klägerin mit dem feststellungsbescheid vom 7. april 2015 erteilten versorgungsauftrags gemäß § 8 abs. 1 satz 4 nr. 1 des gesetzes über die entgelte für voll- und teilstationäre krankenhausleistungen (khentgg) streitig ist. der beklagte steht auf dem standpunkt, dass die leistungen der klägerin von ihrem versorgungsauftrag nur dann gedeckt sind, wenn und soweit sie bei der leistungserbringung die sich aus dem krankenhausplan ergebenden qualitätsanforderungen erfüllt, wogegen die klägerin dies bestreitet und geltend macht, ihr versorgungsauftrag werde durch qualitätsvorgaben des krankenhausplans nicht eingeschränkt. 38b) die klägerin hat auch ein berechtigtes interesse an der baldigen feststellung, dass die leistungen des von ihr betriebenen krankenhauses vom versorgungsauftrag nicht nur dann erfasst sind, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen vorgaben des krankenhausplans bei der leistungserbringung erfüllt sind. 39als feststellungsinteresse im sinne des § 43 abs. 1 vwgo genügt jedes anzuerkennende schutzwürdige interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller art, das hinreichend gewichtig ist, um die position des klägers zu verbessern. 40vgl. etwa bverwg, urteile vom 6. februar 1986 - 5 c 40/84 -, juris, rz. 28 und vom 27. juni 1997 ‑ 8 c 23/96 -, juris, rz. 21 41ein solches interesse ist insbesondere dann gegeben, wenn die rechtslage unklar ist, die zuständige behörde insoweit anderer auffassung ist als der kläger und der kläger sein künftiges verhalten an der feststellung orientieren will oder er grund zur besorgnis der gefährdung seiner rechte hat. 42vgl. bverwg, beschluss vom 22. oktober 1981 - 7 c 77/80 -, juris, rz. 4; kopp/schenke, vwgo, 20. aufl. 2014, § 43 rz. 24. 43aa) dies zugrundelegend ist hier ein feststellungsinteresse der klägerin zu bejahen. wie oben erwähnt, bestehen zwischen den beteiligten divergierende auffassungen zur reichweite des versorgungsauftrages des krankenhauses. die im feststellungsbescheid des beklagten vom 7. april 2014 enthaltene „qualitätsklausel“ führt diesbezüglich zur unklarheit, weil sie auf eine angeblich bestehende rechtslage hinweist, aus der sich die begrenzung des versorgungsauftrags durch qualitätsvorgaben des krankenhausplans ergeben soll, was die klägerin jedoch nicht zu erkennen vermag. ein berechtigtes interesse an der klärung der frage, ob die rechtslage sich tatsächlich so darstellt wie vom beklagten angenommen, ob also der versorgungsauftrag des krankenhauses tatsächlich in der beschriebenen weise begrenzt ist, kann der klägerin aus folgenden gründen nicht abgesprochen werden: 44(1) gemäß § 109 abs. 1 satz 2 sgb v gilt bei plankrankenhäusern die aufnahme in den krankenhausbedarfsplan nach § 8 abs. 1 satz 2 des krankenhausfinanzierungsgesetzes (khg) als abschluss des versorgungsvertrags mit den landesverbänden der krankenkassen und den verbänden der ersatzkassen. mit dem versorgungsvertrag wird das krankenhaus für die dauer des vertrages zur krankenhausbehandlung der versicherten zugelassen (§ 109 abs. 4 satz 1 sgb v). das zugelassene krankenhaus ist im rahmen seines versorgungsauftrags zur krankenhausbehandlung der versicherten verpflichtet (satz 2 der vorschrift). hieraus ergibt sich, dass die frage nach der reichweite des versorgungsauftrags unmittelbar bedeutsam ist für die bestimmung der dem krankenhaus gegenüber den versicherten obliegenden pflichten. ist die beabsichtigte behandlung vom versorgungsauftrag gedeckt, dürfen versicherte vom krankenhaus nicht abgewiesen oder auf eine private behandlung verwiesen werden. über den rahmen des versorgungsauftrags hinaus ist das krankenhaus dagegen nicht zu einer behandlung verpflichtet und können versicherte leistungen des krankenhauses nicht beanspruchen. 45vgl. bsg, urteil vom 24. januar 2008 - b 3 kr 17/07 r -, juris, rz. 17. 46vor dem hintergrund dieses gesetzlichen regelungssystems vermag die beantragte gerichtliche feststellung eine klarstellung des pflichtenkreises der klägerin zu bewirken, an der diese ihr künftiges verhalten ausrichten kann. 47(2) abgesehen davon ergibt sich ein feststellungsinteresse der klägerin im sinne des § 43 abs. 1 vwgo auch daraus, dass sie mit eingriffsmaßnahmen des beklagten rechnen muss. so hat der beklagte in der klageerwiderung ausgeführt, dass ein krankenhaus, das dauerhaft die relevanten qualitätsvorgaben nicht erfülle, ganz oder teilweise aus dem krankenhausplan herausgenommen werden müsse (siehe seiten 5 unten und 6 oben des schriftsatzes vom 26. august 2014 im parallelverfahren 13 k 8720/13). weiter hat er dargelegt, dass das absichtliche unterschreiten der qualitätsvorgaben ein prüfverfahren auslöse, das mit einer sanktionierung etwaigen fehlverhaltens des krankenhausträgers, zum beispiel durch rückforderung von fördermitteln gemäß § 28 abs. 2 des krankenhausgestaltungsgesetzes des landes nordrhein-westfalen (khgg nrw), enden könne (siehe seite 7 des o.g. schriftsatzes). es ist der klägerin nicht zuzumuten, eine gefährdung eigener rechte hinzunehmen, indem sie zunächst eine derartige sanktionierung abwartet, um sich dann inzident im rahmen eines dagegen gerichteten rechtsmittels gegen die rechtsauffassung des beklagten, der versorgungsauftrag sei durch die qualitativen vorgaben des krankenhausplans begrenzt, zur wehr zu setzen. 48bb) die von dem vertreter des beklagten in der mündlichen verhandlung zu protokoll gegebene erklärung, wonach es keine automatische einschränkung des versorgungsauftrags im sinne einer bedingung, befristung oder ähnlichem gebe, wenn es zu nur vorübergehenden personellen engpässen in der einrichtung komme, lässt das feststellungsinteresse nicht entfallen. dies gilt schon deshalb, weil unklar bleibt, wie lange eine vakanz andauern darf, um nach dem subjektiven verständnis des beklagten noch als vorübergehend eingestuft werden zu können. die vom beklagten versuchte konkretisierung (stunden, tage oder wochen - siehe seite 6 der klageerwiderung vom 26. august 2014 im parallelverfahren 13 k 8720/13) hilft nicht weiter, da sie ihrerseits völlig unbestimmt ist. unabhängig davon ist auch deshalb nicht vom wegfall des feststellungsinteresses auszugehen, weil mit der erklärung des sitzungsvertreters ebenso wie mit den entsprechenden äußerungen des beklagten in der klageerwiderung eine rechtsansicht (keine automatische einschränkung des versorgungsauftrags) zum ausdruck gebracht wird, die in dem ‑ einschränkungslos formulierten - wortlaut der „qualitätsklausel“ im feststellungsbescheid keine grundlage findet. ausgehend von ihrem wortlaut lässt sich die „qualitätsklausel“ nur dahingehend verstehen, dass genau der automatismus eingreift („ … nur dann …, wenn und soweit …“), den der beklagte in abrede stellt. von daher lässt sich die möglichkeit nicht von der hand weisen, dass die klägerin, wenn sie zukünftig die qualitativen vorgaben nicht erfüllen sollte, vom beklagten an dem wortlaut festgehalten wird und die relativierenden äußerungen im vorliegenden klageverfahren als nicht bindend eingestuft werden. diese befürchtung besteht umso mehr, als der beklagte sich weigert, seine einschränkenden erläuterungen zur „qualitätsklausel“, wie von der klägerin angeregt, in den feststellungsbescheid aufzunehmen. 49nach alledem kann die frage, ob sich ein feststellungsinteresse der klägerin im sinne des § 43 abs. 1 vwgo auch daraus ergibt, dass ein entsprechender gerichtlicher ausspruch geeignet wäre, mit blick auf § 8 abs. 1 satz 3 halbsatz 1 khentgg, wonach entgelte nur im rahmen des versorgungsauftrags berechnet werden dürfen, ihre position in etwaigen abrechnungsstreitigkeiten gegenüber den gesetzlichen krankenkassen zu verbessern, auf sich beruhen. 502. der feststellungsantrag ist auch begründet. die leistungen der klägerin sind nicht nur dann von ihrem versorgungsauftrag erfasst, wenn und soweit die diesbezüglichen qualitativen vorgaben des krankenhausplans bei der leistungserbringung erfüllt sind. der gegenteilige hinweis des beklagten in dem feststellungsbescheid vom 7. april 2014 gibt die rechtslage unzutreffend wieder. 51die klägerin macht zu recht geltend, dass nicht ersichtlich ist, woraus sich die vom beklagten angenommene einschränkung des versorgungsauftrags durch qualitätsanforderungen ergeben soll. 52gemäß § 8 abs. 1 satz 4 nr. 1 khentgg ergibt sich der versorgungsauftrag eines plankrankenhauses aus den festlegungen des krankenhausplans in verbindung mit den bescheiden zu seiner durchführung nach § 6 abs. 1 in verbindung mit § 8 abs. 1 satz 3 des krankenhausfinanzierungsgesetzes sowie einer ergänzenden vereinbarung nach § 109 abs. 1 satz 4 des fünften buches sozialgesetzbuch. der - hier allein in betracht kommende - krankenhausplan enthält zwar, wie von § 13 abs. 1 khgg nrw vorgesehen, diverse vorgaben zur qualität der versorgungsangebote. 53 etwa zum sog. facharztstandard (seiten 30 f.) und für den betrieb von intensivbetten (seiten 109 f.). 54eine inhaltliche konkretisierung des versorgungsauftrags durch qualitätsvorgaben in dem sinne, dass folge der nichterfüllung von qualitätsvorgaben das herausfallen aus dem versorgungsauftrag sein soll, lässt sich ihm aber nicht entnehmen. vielmehr geht schon aus seiner einleitung hervor, dass es sich bei den vorgaben nicht um aktuelle anforderungen, sondern um zukunftsperspektiven mit dem ziel der optimierung handelt (siehe seite 12: „wie jeder plan stellt auch dieser eine perspektive dar. die qualitativen und quantitativen festlegungen sollten bis ende des jahres 2015 umgesetzt sein.“) dem entspricht es, dass etwa die qualitätsvorgaben zum facharztstandard in dem kapitel 2.2 „planungsziele der krankenhausversorgung“ und dort in dem unterkapitel 2.2.2 „spezielle ziele“ beschrieben sind. mithin handelt es sich um bloße zielvorgaben, nicht um aktuell von der klägerin zu erfüllende anforderungen. in die gleiche richtung geht es, soweit es im kapitel 2.2.2.1 „versorgungsqualität“ (seite 24 des krankenhausplans) heißt, die nachfolgend für verschiedene versorgungsbereiche herangezogenen medizinal-fachlichen leitlinien, stellungnahmen und empfehlungen seien als wichtige orientierung zu verstehen; diese sei kein ausschlusskriterium, die konkrete situation des einzelfalls sei bei entscheidungen immer in betracht zu ziehen. hieraus dürfte nicht nur zu schließen sein, dass es sich bei den qualitätsanforderungen um bloße orientierungspunkte, nicht um strikte vorgaben handelt, sondern vor allem auch, dass es im fall ihrer dauerhaften nichterfüllung einer einzelfallentscheidung bedarf (etwa der herausnahme aus dem krankenhausplan wegen fehlender leistungsfähigkeit). schließlich sind auch den ausführungen im kapitel 2.4 „versorgungsauftrag“ (seite 49 ff.) des krankenhausplans keine durchgreifenden anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der inhalt des versorgungsauftrags durch qualitätsvorgaben begrenzt wird. soweit es dort heißt, der versorgungsauftrag des krankenhauses werde durch die in diesem plan aufgeführten kriterien konkretisiert, folgt hieraus nicht, dass leistungen vom versorgungsauftrag nur dann umfasst sind, wenn und soweit die qualitativen vorgaben des plans erfüllt sind. der begriff „konkretisiert“ ist vielmehr so zu verstehen, dass die qualitätsvorgaben beschreiben, wie die im rahmen des versorgungsauftrags liegenden leistungen erbracht werden sollen, ohne diesen rahmen selbst zu ziehen. mit anderen worten: der versorgungsauftrag legt das leistungsangebot des krankenhauses nach art und umfang fest; aus den qualitätsvorgaben ergibt sich, in welcher weise, z.b. mit welcher personellen ausstattung, das krankenhaus diese leistungen erbringen soll. 55vgl. auch bsg, urteil vom 27. november 2014 - b 3 kr 1/13 r -, juris, rz. 15, wonach unter „versorgungsauftrag“ die festlegung von art, inhalt und umfang der leistungen zu verstehen ist, die das krankenhaus während der dauer seiner zulassung für die versicherten zu erbringen hat. 56schließlich verdeutlicht das vorbringen des beklagten, wonach leistungen (noch) vom versorgungsauftrag umfasst seien, wenn es nur zu vorübergehenden - stunden-, tage- oder wochenweisen - personellen engpässen oder ähnlichem komme, dass es die in dem hinweis des feststellungsbescheides zum ausdruck gebrachte begrenzung des versorgungsauftrags durch qualitätsvorgaben tatsächlich so nicht gibt. der hinweis enthält keine relativierung, wie der beklagte sie offenbar selbst für geboten hält. schon deshalb dürfte er ‑ auch aus der sicht des beklagten - unzutreffend sein. 57die kostenentscheidung beruht auf § 155 abs. 1 satz 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 satz 1 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo. 58die berufung ist gemäß § 124 abs. 2 nr. 3 vwgo zuzulassen, weil die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat. | Klaeger*in | 1 |
171,860 | 14 K 911/14 | 2014-08-20T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis. 3Der am 00.0.1980 geborene Kläger ist Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen B, M und L. Mit Schreiben vom 11.10.2013 teilte das Polizeipräsidium P. der Beklagten mit, dass der Kläger am Freitag, den 00.0.2013 um 14:50 Uhr auf der E. Straße/N. Straße in P. ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln geführt habe. Anlässlich der Verkehrskontrolle wurde dem Kläger eine Blutprobe zwecks Durchführung einer toxikologischen Untersuchung entnommen und ein Strafverfahren eingeleitet. Das Strafverfahren wurde gemäß Mitteilung der Staatsanwaltschaft E1. vom 28.10.2013 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Ausweislich des eingeholten toxikologischen Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin der I. -I1. -Universität E2. vom 08.06.2013 ergab die Untersuchung der entnommenen Blutprobe einen Tetrahydrocannabinolwert (THC-Wert) von 2,1 ng/ml im Blutserum und einen THC-Metabolit-Wert (THC-COOH-Wert) von 44 ng/ml im Blutserum. Diesbezüglich führt der Sachverständige Univ.-Prof. Dr. U. E3. aus, die Befunde sprächen für einen vermutlich gelegentlichen Konsum von Cannabisprodukten. 4Mit Begutachtungsanordnung vom 06.11.2013, mittels Postzustellungsurkunde zugestellt am 09.11.2013, ordnete die Beklagte gegenüber dem Kläger die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung der Gutachtenanforderung an. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, infolge des Führens eines Kraftfahrzeuges unter dem Einfluss von Cannabis am 00.0.2013 bestünden Bedenken an der Kraftfahreignung des Klägers. Die auf Grundlage des toxikologischen Gutachtens festgestellten Werte sprächen für einen gelegentlichen Cannabiskonsum. Es solle gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV geklärt werden, ob der Kläger weiterhin Betäubungsmittel konsumiere und zu erwarten sei, dass er auch zukünftig unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln ein Kraftfahrzeug führe. Sofern das angeforderte Gutachten nicht fristgemäß vorgelegt werde, müsse die Fahrerlaubnis entzogen werden. Ferner wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass die Begutachtungsanordnung vom 06.11.2013 gleichzeitig als Anhörung gemäß § 28 VwVfG NRW gelte. 5Der Kläger wurde mit Schreiben vom 12.12.2013 an die Vorlage des Gutachtens erinnert. Auf diese Erinnerung erfolgte seitens des Klägers keine Reaktion. Das angeforderte Gutachten wurde nicht vorgelegt. 6Mit Ordnungsverfügung vom 14.01.2014, mittels Postzustellungsurkunde zugestellt am 24.01.2014, entzog die Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis der Klassen B, M und L. Sie forderte ihn auf, seinen Führerschein innerhalb von drei Tagen nach Bestandskraft der Ordnungsverfügung bei ihr abzuliefern. Für den Fall, dass der Kläger der Verpflichtung zur Führerscheinabgabe nicht nachkomme, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 Euro angedroht. Zugleich setzte die Beklagte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 60,00 Euro fest und machte Postzustellauslagen in Höhe von 2,63 Euro geltend. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Kläger sei der Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht nachgekommen. Es werde daher gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen. 7Der Kläger hat am 11.02.2014 Klage erhoben. 8Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, der nur gelegentliche Konsum von Cannabis rechtfertige es nicht, von einer fehlenden Kraftfahreignung auszugehen. Bei der Anordnung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens handele es sich um eine Ermessensentscheidung. Es gehe aber weder aus der Begutachtungsanordnung noch aus der angefochtenen Ordnungsverfügung hervor, dass die Beklagte sich ihres Ermessens bewusst war. Der vorliegende Ermessensnichtgebrauch führe zur Rechtswidrigkeit der Fahrerlaubnisentziehung. 9Der Kläger beantragt sinngemäß, 10die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 14.01.2014 aufzuheben. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die angefochtene Ordnungsverfügung. Ergänzend führt sie aus, der Kläger sei der Anordnung zur Vorlage des Gutachtens nicht nachgekommen. Die Beklagte habe daher zu Recht auf die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen. Es sei zwar zutreffend, dass der nur gelegentliche Konsum von Cannabis die Kraftfahreignung für sich genommen nicht entfallen lasse. Ein Verlust der Kraftfahreignung trete indes ein, wenn unter dem Einfluss von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt werde. In diesem Fall fehle es nämlich an dem erforderlichen Trennungsvermögen zwischen dem gelegentlichen Cannabiskonsum und einer Teilnahme am Straßenverkehr. 14Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 09.07.2014 (Beklagte) und 04.08.2014 (Kläger) mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Klage, über die der Berichterstatter als Einzelrichter und mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, bleibt ohne Erfolg. 18Die zulässige Klage ist unbegründet. 19Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 14.01.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 20Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung maßgeblich. 21Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2008 – 3 C 26.07 –, Rn. 16, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.04.2012 – 16 B 356/12 –, Rn. 6, juris. 22Die Entziehung der Fahrerlaubnis findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV –). Hiernach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV ist u.a. derjenige regelmäßig zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet anzusehen, der gelegentlich Cannabis konsumiert und nicht zwischen Konsum und Fahren trennen kann. 23Es kann in formeller Hinsicht dahinstehen, ob allein durch den Hinweis in der Begutachtungsanordnung vom 06.11.2013, dass diese zugleich als Anhörung im Sinne von § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) zu verstehen sei, eine ordnungsgemäße Anhörung durchgeführt wurde oder – wofür Einiges spricht – dem Kläger vor der Fahrerlaubnisentziehung durch gesondertes Schreiben eine Anhörungsmöglichkeit hätte eingeräumt werden müssen. Denn selbst wenn zugunsten des Klägers ein Anhörungsmangel unterstellt wird, wäre dieser jedenfalls gemäß § 46 VwVfG NRW unbeachtlich und führte nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Bei der Entziehung der Fahrerlaubnis handelt es sich um eine gebundene Entscheidung. Der Behörde wird kein Ermessen eingeräumt. Aus diesem Grund schließt § 46 VwVfG NRW grundsätzlich die auf einen Verfahrensfehler gestützte Aufhebung der Entziehung der Fahrerlaubnis aus, wenn sich der betroffene Kraftfahrer – wie hier – als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat, weil dann keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. 24Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.07.2013 – 16 B 718/13 –, Rn. 4, juris; VGH Hessen, Beschluss vom 08.03.1993 – 2 TH 135/93 –, Rn. 5, juris; VG Düsseldorf , Urteil vom 30.07.2013 – 14 K 6939/12 –, Rn. 23, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 27.10.2011 – 7 L 1038/11 –, Rn. 4, juris; allgemein zur Anwendung von § 46 VwVfG bei gebundenen Entscheidungen Schemmer, in: Bader/Ronellenfitsch, Beck’scher Online-Kommentar VwVfG, Stand: 01.10.2012, § 46 VwVfG, Rn. 36; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 13. Auflage 2012, § 46 VwVfG, Rn. 30 ff. 25In materieller Hinsicht sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt. Der Kläger hat sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen (vgl. § 11 Abs. 7 FeV), denn er ist gelegentlicher Cannabiskonsument und kann nicht zwischen Konsum und Fahren trennen. Es kann folglich dahinstehen, ob die Beklagte die Fahrerlaubnisentziehung – wie geschehen – auch auf § 11 Abs. 8 FeV stützen konnte, weil der Kläger das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht beigebracht hat. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Verwaltungsgerichte im Anfechtungsrechtsstreit von Amts wegen umfassend zu prüfen haben, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt. Daraus ergibt sich, dass das Gericht alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, die bei Erlass der Verwaltungsentscheidung bereits vorlagen, auch dann zu berücksichtigen hat, wenn der Verwaltungsakt nicht auf sie gestützt war. Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Verwaltungsakt durch Auswechseln der Begründung in seinem Wesen verändert würde, was jedoch vorliegend, weil es sich bei der Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV um eine gebundene Entscheidung handelt, nicht der Fall ist. 26Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.02.2013 – 16 B 1229/12 –, Rn. 4 ff., juris; VG Düsseldorf , Urteil vom 30.07.2013 – 14 K 6939/12 –, Rn. 25, juris. 27Ein gelegentlicher, d.h. mindestens zweimaliger Cannabiskonsum ist gegeben, denn der Kläger hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 04.04.2014 eingeräumt, gelegentlich Cannabis konsumieren. 28Dessen ungeachtet wäre selbst dann von einem gelegentlichen Cannabiskonsum des Klägers auszugehen, wenn ausschließlich auf die unstreitig feststehende Fahrt unter Cannabiseinfluss am 00.0.2013 abgestellt und der im gerichtlichen Verfahren eingeräumte gelegentliche Konsum von Cannabis außer Acht gelassen würde. Insoweit folgt das erkennende Gericht der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, 29vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.06.2014 – 16 B 500/14 –, Rn. 3 ff., juris, m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.03.2013 – 16 B 1378/12 –, Rn. 7 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.03.2012 – 16 B 1294/11 –, Rn. 5 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.03.2012 – 16 B 277/12 –, Rn. 7 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.05.2012 – 16 B 536/12 –, Rn. 17 ff., juris, 30wonach bereits die Verkehrsteilnahme unter dem Einfluss des Betäubungsmittels es grundsätzlich rechtfertigt, auf eine mehr als einmalige Cannabisaufnahme zu schließen, wenn der auffällig gewordene Fahrerlaubnisinhaber einen solchen Vorgang zwar geltend macht, die Umstände des behaupteten Erstkonsums aber nicht konkret und glaubhaft darlegt. Denn es ist ausgesprochen unwahrscheinlich, dass ein mit den Wirkungen der Droge noch völlig unerfahrener Erstkonsument zum einen bereits wenige Stunden nach dem Konsum wieder ein Kraftfahrzeug führt und zum anderen dann auch noch trotz der geringen Dichte der polizeilichen Verkehrsüberwachung in eine Verkehrskontrolle gerät. 31Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.06.2014 – 16 B 500/14 –, Rn. 3 ff., juris, m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.03.2013 – 16 B 1378/12 –, Rn. 7 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.03.2012 – 16 B 1294/11 –, Rn. 5 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.03.2012 – 16 B 277/12 –, Rn. 7 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.05.2012 – 16 B 536/12 –, Rn. 17 ff., juris. 32Dies wiederum berechtigt zu der Erwartung, dass er sich ausdrücklich auf einen – für ihn günstigen – Erstkonsum beruft und zu den Einzelheiten der fraglichen Drogeneinnahme glaubhaft erklärt. Tut er es – wie hier der Kläger – wider Erwarten nicht, erscheint es zulässig, hieraus für ihn nachteilige Schlüsse zu ziehen. 33Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.06.2014 – 16 B 500/14 –, Rn. 7, juris. 34Konkrete Anhaltspunkte, aufgrund derer von einem lediglich einmaligen experimentellen Cannabiskonsum ausgegangen werden könnte, hat der Kläger nicht ansatzweise vorgetragen. Es fehlt an jeglicher Darlegung dazu, wie es wenige Stunden vor der polizeilichen Verkehrskontrolle im Einzelnen zu einem etwaigen Erstkonsum gekommen sein soll. Angesichts dessen spricht daher alles dagegen, dass der Kläger entgegen dem regelmäßig anzutreffenden Geschehensablauf ausgerechnet nach seiner allerersten (und einzigen) Cannabiserfahrung polizeilich kontrolliert wird. 35Mit der Fahrt unter Cannabiseinfluss am 00.0.2013 hat der Kläger zudem gezeigt, dass er den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs im Sinne von Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV nicht trennen kann. 36Das fehlende Trennungsvermögen ergibt sich bereits aus dem festgestellten THC-Wert von 2,1 ng/ml im Blutserum. Nach der fast einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung, der das erkennende Gericht folgt, führt schon ein THC-Wert ab 1,0 ng/ml im Blutserum – der vorliegend überschritten wurde – zur Annahme mangelnder Trennung im Sinne von Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV. 37Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.03.2013 – 16 A 2006/12 –, Rn. 34 ff., juris, m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.01.2012 – 16 A 2075/11 –, Rn. 15 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.05.2012 – 16 B 536/12 –, Rn. 5 ff., juris; OVG Thüringen, Beschluss vom 06.09.2012 – 2 EO 37/11 –, Rn. 16 ff., juris; OVG Bremen, Beschluss vom 20.07.2012 – 2 B 341/11 –, Rn. 14 ff., juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 15.12.2005 – 3 Bs 214/05 –, Rn. 20, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.11.2012 – 10 S 3174/11 –, Rn. 30 ff., juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.03.2006 – 10 S 2519/05 –, Rn. 7, juris; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17.02.2009 – 4 LB 61/08 –, Rn. 35 f., juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.06.2009 – 1 S 17.09 –, Rn. 6, juris; a.A. (mangelnde Trennung erst oberhalb von 2,0 ng/ml THC) VGH Bayern, Beschluss vom 11.11.2004 – 11 CS 04.2348 –, Rn. 16 ff., juris; VGH Bayern, Beschluss vom 25.01.2006 – 11 CS 05.1711 –, Rn. 17 ff., juris. 38Ausschlaggebend für diese Einschätzung ist, dass nach dem Beschluss der sog. Grenzwertkommission vom 20.11.2002 – aktualisiert durch Beschluss vom 22.05.2007, Blutalkohol 44 (2007), 311 – der Grenzwert für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG für THC bei 1 ng/ml Serum liegen soll. Eine solche Konzentration kann – einschließlich eines entsprechenden Sicherheitszuschlags – sicher nachgewiesen und quantitativ präzise bestimmt werden. Insbesondere erscheint bei Erreichen einer derartigen Konzentration eine Einschränkung der Fahrtauglichkeit möglich. 39Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.03.2013 – 16 A 2006/12 –, Rn. 34 ff., juris, m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.01.2012 – 16 A 2075/11 –, Rn. 17 ff., juris, unter Bezugnahme auf BVerfG, Kammerbeschluss vom 20.12.2004 – 1 BvR 2652/03 –, Rn. 9, 29 f., juris und die dort in Bezug genommenen wissenschaftlichen Stellungnahmen. 40Nimmt ein Fahrerlaubnisinhaber trotz eines nicht lange zurückliegenden Cannabiskonsums und einer deshalb jedenfalls möglichen cannabisbedingten Fahrungeeignetheit am Straßenverkehr teil, ist das als ein hinreichend aussagekräftiger Beleg dafür zu werten, dass ihm das zu fordernde Trennungsvermögen fehlt. 41Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.03.2013 – 16 A 2006/12 –, Rn. 38, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.03.2012 – 16 B 237/12 –, Rn. 9, juris. 42Folglich kann bereits bei einem THC-Wert von 1,0 ng/ml im Blutserum ein Verstoß gegen das in Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV zum Ausdruck gebrachte Trennungsgebot als im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV erwiesen angesehen werden. 43Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.03.2013 – 16 A 2006/12 –, Rn. 54, juris. 44In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob der Cannabiskonsum tatsächliche Auswirkungen auf die Fahrtauglichkeit gezeitigt hat und bereits eine konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs eingetreten ist. Ausschlaggebend ist vielmehr, da bei der Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis Gefahrenabwehrrecht in Rede steht, dass ab dem THC-Grenzwert von 1,0 ng/ml im Blutserum eine Wirkung und damit eine drogenkonsumbedingte Gefährdung des Straßenverkehrs möglich ist. 45Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.03.2013 – 16 A 2006/12 –, Rn. 34 ff., juris. 46Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung die Kraftfahreignung mit hoher Wahrscheinlichkeit wiedererlangt haben könnte, sind nicht ersichtlich. Zwingende Voraussetzung für die Wiedererlangung der Kraftfahreignung ist der Nachweis, dass der Kläger in der Lage ist, auf den Konsum von Betäubungsmitteln dauerhaft ganz zu verzichten bzw. bei fortgesetzter gelegentlicher Einnahme von Cannabis ein nach den Wertungen der FeV hinnehmbares Konsummuster (Verzicht auf den zusätzlichen Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, Trennung zwischen dem gelegentlichen Konsum und dem Fahren, keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust) einzuhalten. Dieser Nachweis kann grundsätzlich nur im Rahmen des Neuerteilungsverfahrens durch die Vorlage eines positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens gemäß § 14 Abs. 2 FeV geführt werden. 47Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.04.2012 – 16 B 356/12 –, Rn. 8, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.10.2006 – 16 B 1538/06 –, Rn. 4, juris. 48Einen derartigen Nachweis hat der Kläger vorliegend nicht ansatzweise geführt. Er hat weder durch die Vorlage von Drogenscreenings, die den forensischen Anforderungen genügen, den Nachweis einer stabilen Drogenabstinenz erbracht, noch hat er ein mit Blick auf die Wiedererlangung der Kraftfahreignung positives medizinisch-psychologisches Gutachten vorgelegt. 49In diesem Zusammenhang wird nochmals zur Klarstellung darauf hingewiesen, dass der Kläger die Wiedererlangung der Kraftfahreignung, angesichts des im Anfechtungsprozess für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage allein maßgeblichen Zeitpunkts der letzten Behördenentscheidung, nur und ausschließlich durch Beibringung eines positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens im Neuerteilungsverfahren belegen kann. 50Vgl. VG Düsseldorf , Beschluss vom 01.10.2013 – 14 L 1810/13 –, Rn. 49, juris. 51Rechtliche Bedenken gegen die in der Ordnungsverfügung vom 14.01.2014 getroffenen sonstigen Entscheidungen bestehen ebenfalls nicht. 52Die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins folgt aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. 47 Abs. 1 Satz 1 FeV. Die mit der Fahrerlaubnisentziehung verbundene Zwangsgeldandrohung ist gemäß §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) rechtmäßig. 53Schließlich beruht die Gebührenfestsetzung in Höhe von 60,00 Euro auf § 6a Abs. 1 Nr. 1 lit. a) StVG, § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 1 Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) und Nr. 206 der Anlage zu § 1 GebOSt. Die Verpflichtung zum Ersatz der Auslagen für die Zustellung in Höhe von 2,63 Euro ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt. 54Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 55Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO). | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der kläger. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils beizutreibenden betrages abwenden, soweit nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der kläger wendet sich gegen die entziehung seiner fahrerlaubnis. 3der am 00.0.1980 geborene kläger ist inhaber einer fahrerlaubnis der klassen b, m und l. mit schreiben vom 11.10.2013 teilte das polizeipräsidium p. der beklagten mit, dass der kläger am freitag, den 00.0.2013 um 14:50 uhr auf der e. straße/n. straße in p. ein kraftfahrzeug unter dem einfluss von betäubungsmitteln geführt habe. anlässlich der verkehrskontrolle wurde dem kläger eine blutprobe zwecks durchführung einer toxikologischen untersuchung entnommen und ein strafverfahren eingeleitet. das strafverfahren wurde gemäß mitteilung der staatsanwaltschaft e1. vom 28.10.2013 nach § 170 abs. 2 stpo eingestellt. ausweislich des eingeholten toxikologischen gutachtens des instituts für rechtsmedizin der i. -i1. -universität e2. vom 08.06.2013 ergab die untersuchung der entnommenen blutprobe einen tetrahydrocannabinolwert (thc-wert) von 2,1 ng/ml im blutserum und einen thc-metabolit-wert (thc-cooh-wert) von 44 ng/ml im blutserum. diesbezüglich führt der sachverständige univ.-prof. dr. u. e3. aus, die befunde sprächen für einen vermutlich gelegentlichen konsum von cannabisprodukten. 4mit begutachtungsanordnung vom 06.11.2013, mittels postzustellungsurkunde zugestellt am 09.11.2013, ordnete die beklagte gegenüber dem kläger die vorlage eines medizinisch-psychologischen gutachtens einer amtlich anerkannten begutachtungsstelle für fahreignung innerhalb von sechs wochen nach zustellung der gutachtenanforderung an. zur begründung führte sie im wesentlichen aus, infolge des führens eines kraftfahrzeuges unter dem einfluss von cannabis am 00.0.2013 bestünden bedenken an der kraftfahreignung des klägers. die auf grundlage des toxikologischen gutachtens festgestellten werte sprächen für einen gelegentlichen cannabiskonsum. es solle gemäß § 14 abs. 1 satz 3 fev geklärt werden, ob der kläger weiterhin betäubungsmittel konsumiere und zu erwarten sei, dass er auch zukünftig unter dem einfluss von betäubungsmitteln ein kraftfahrzeug führe. sofern das angeforderte gutachten nicht fristgemäß vorgelegt werde, müsse die fahrerlaubnis entzogen werden. ferner wurde der kläger darauf hingewiesen, dass die begutachtungsanordnung vom 06.11.2013 gleichzeitig als anhörung gemäß § 28 vwvfg nrw gelte. 5der kläger wurde mit schreiben vom 12.12.2013 an die vorlage des gutachtens erinnert. auf diese erinnerung erfolgte seitens des klägers keine reaktion. das angeforderte gutachten wurde nicht vorgelegt. 6mit ordnungsverfügung vom 14.01.2014, mittels postzustellungsurkunde zugestellt am 24.01.2014, entzog die beklagte dem kläger die fahrerlaubnis der klassen b, m und l. sie forderte ihn auf, seinen führerschein innerhalb von drei tagen nach bestandskraft der ordnungsverfügung bei ihr abzuliefern. für den fall, dass der kläger der verpflichtung zur führerscheinabgabe nicht nachkomme, wurde ein zwangsgeld in höhe von 250,00 euro angedroht. zugleich setzte die beklagte eine verwaltungsgebühr in höhe von 60,00 euro fest und machte postzustellauslagen in höhe von 2,63 euro geltend. zur begründung führte sie im wesentlichen aus, der kläger sei der aufforderung zur beibringung eines medizinisch-psychologischen gutachtens nicht nachgekommen. es werde daher gemäß § 11 abs. 8 fev auf die nichteignung zum führen von kraftfahrzeugen geschlossen. 7der kläger hat am 11.02.2014 klage erhoben. 8zur begründung führt er im wesentlichen aus, der nur gelegentliche konsum von cannabis rechtfertige es nicht, von einer fehlenden kraftfahreignung auszugehen. bei der anordnung zur vorlage eines medizinisch-psychologischen gutachtens handele es sich um eine ermessensentscheidung. es gehe aber weder aus der begutachtungsanordnung noch aus der angefochtenen ordnungsverfügung hervor, dass die beklagte sich ihres ermessens bewusst war. der vorliegende ermessensnichtgebrauch führe zur rechtswidrigkeit der fahrerlaubnisentziehung. 9der kläger beantragt sinngemäß, 10die ordnungsverfügung der beklagten vom 14.01.2014 aufzuheben. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung nimmt sie bezug auf die angefochtene ordnungsverfügung. ergänzend führt sie aus, der kläger sei der anordnung zur vorlage des gutachtens nicht nachgekommen. die beklagte habe daher zu recht auf die nichteignung zum führen von kraftfahrzeugen geschlossen. es sei zwar zutreffend, dass der nur gelegentliche konsum von cannabis die kraftfahreignung für sich genommen nicht entfallen lasse. ein verlust der kraftfahreignung trete indes ein, wenn unter dem einfluss von cannabis ein kraftfahrzeug geführt werde. in diesem fall fehle es nämlich an dem erforderlichen trennungsvermögen zwischen dem gelegentlichen cannabiskonsum und einer teilnahme am straßenverkehr. 14die beteiligten haben sich mit schriftsätzen vom 09.07.2014 (beklagte) und 04.08.2014 (kläger) mit einer entscheidung des gerichts ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 16 | 17die klage, über die der berichterstatter als einzelrichter und mit einverständnis der beteiligten gemäß § 101 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung entscheiden kann, bleibt ohne erfolg. 18die zulässige klage ist unbegründet. 19die ordnungsverfügung der beklagten vom 14.01.2014 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 20für die beurteilung der rechtmäßigkeit der ordnungsverfügung ist die sach- und rechtslage im zeitpunkt der behördlichen entscheidung maßgeblich. 21vgl. bverwg, urteil vom 11.12.2008 – 3 c 26.07 –, rn. 16, juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 02.04.2012 – 16 b 356/12 –, rn. 6, juris. 22die entziehung der fahrerlaubnis findet ihre ermächtigungsgrundlage in § 3 abs. 1 satz 1 stvg i.v.m. § 46 abs. 1 satz 1 der verordnung über die zulassung von personen zum straßenverkehr (fahrerlaubnis-verordnung – fev –). hiernach hat die fahrerlaubnisbehörde die fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum führen von kraftfahrzeugen erweist. dies gilt gemäß § 46 abs. 1 satz 2 fev insbesondere, wenn erkrankungen oder mängel nach den anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche vorschriften oder strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die eignung zum führen von kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. nach ziffer 9.2.2 der anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 fev ist u.a. derjenige regelmäßig zum führen von kraftfahrzeugen als ungeeignet anzusehen, der gelegentlich cannabis konsumiert und nicht zwischen konsum und fahren trennen kann. 23es kann in formeller hinsicht dahinstehen, ob allein durch den hinweis in der begutachtungsanordnung vom 06.11.2013, dass diese zugleich als anhörung im sinne von § 28 abs. 1 verwaltungsverfahrensgesetz nordrhein-westfalen (vwvfg nrw) zu verstehen sei, eine ordnungsgemäße anhörung durchgeführt wurde oder – wofür einiges spricht – dem kläger vor der fahrerlaubnisentziehung durch gesondertes schreiben eine anhörungsmöglichkeit hätte eingeräumt werden müssen. denn selbst wenn zugunsten des klägers ein anhörungsmangel unterstellt wird, wäre dieser jedenfalls gemäß § 46 vwvfg nrw unbeachtlich und führte nicht zur aufhebung des angefochtenen bescheides. bei der entziehung der fahrerlaubnis handelt es sich um eine gebundene entscheidung. der behörde wird kein ermessen eingeräumt. aus diesem grund schließt § 46 vwvfg nrw grundsätzlich die auf einen verfahrensfehler gestützte aufhebung der entziehung der fahrerlaubnis aus, wenn sich der betroffene kraftfahrer – wie hier – als ungeeignet zum führen von kraftfahrzeugen erwiesen hat, weil dann keine andere entscheidung in der sache hätte getroffen werden können. 24vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 24.07.2013 – 16 b 718/13 –, rn. 4, juris; vgh hessen, beschluss vom 08.03.1993 – 2 th 135/93 –, rn. 5, juris; vg düsseldorf , urteil vom 30.07.2013 – 14 k 6939/12 –, rn. 23, juris; vg gelsenkirchen, beschluss vom 27.10.2011 – 7 l 1038/11 –, rn. 4, juris; allgemein zur anwendung von § 46 vwvfg bei gebundenen entscheidungen schemmer, in: bader/ronellenfitsch, beck’scher online-kommentar vwvfg, stand: 01.10.2012, § 46 vwvfg, rn. 36; kopp/ramsauer, verwaltungsverfahrensgesetz, 13. auflage 2012, § 46 vwvfg, rn. 30 ff. 25in materieller hinsicht sind die tatbestandlichen voraussetzungen der ermächtigungsgrundlage erfüllt. der kläger hat sich als ungeeignet zum führen von kraftfahrzeugen erwiesen (vgl. § 11 abs. 7 fev), denn er ist gelegentlicher cannabiskonsument und kann nicht zwischen konsum und fahren trennen. es kann folglich dahinstehen, ob die beklagte die fahrerlaubnisentziehung – wie geschehen – auch auf § 11 abs. 8 fev stützen konnte, weil der kläger das geforderte medizinisch-psychologische gutachten nicht beigebracht hat. in diesem zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die verwaltungsgerichte im anfechtungsrechtsstreit von amts wegen umfassend zu prüfen haben, ob das materielle recht die durch einen verwaltungsakt getroffene regelung trägt. daraus ergibt sich, dass das gericht alle tatsächlichen und rechtlichen gesichtspunkte, die bei erlass der verwaltungsentscheidung bereits vorlagen, auch dann zu berücksichtigen hat, wenn der verwaltungsakt nicht auf sie gestützt war. etwas anderes würde nur gelten, wenn der verwaltungsakt durch auswechseln der begründung in seinem wesen verändert würde, was jedoch vorliegend, weil es sich bei der entziehung der fahrerlaubnis nach § 3 abs. 1 satz 1 stvg i.v.m. § 46 abs. 1 satz 1 fev um eine gebundene entscheidung handelt, nicht der fall ist. 26vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 19.02.2013 – 16 b 1229/12 –, rn. 4 ff., juris; vg düsseldorf , urteil vom 30.07.2013 – 14 k 6939/12 –, rn. 25, juris. 27ein gelegentlicher, d.h. mindestens zweimaliger cannabiskonsum ist gegeben, denn der kläger hat im verwaltungsgerichtlichen verfahren mit schriftsatz vom 04.04.2014 eingeräumt, gelegentlich cannabis konsumieren. 28dessen ungeachtet wäre selbst dann von einem gelegentlichen cannabiskonsum des klägers auszugehen, wenn ausschließlich auf die unstreitig feststehende fahrt unter cannabiseinfluss am 00.0.2013 abgestellt und der im gerichtlichen verfahren eingeräumte gelegentliche konsum von cannabis außer acht gelassen würde. insoweit folgt das erkennende gericht der ständigen rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, 29vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 23.06.2014 – 16 b 500/14 –, rn. 3 ff., juris, m.w.n.; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 06.03.2013 – 16 b 1378/12 –, rn. 7 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 12.03.2012 – 16 b 1294/11 –, rn. 5 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 26.03.2012 – 16 b 277/12 –, rn. 7 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 22.05.2012 – 16 b 536/12 –, rn. 17 ff., juris, 30wonach bereits die verkehrsteilnahme unter dem einfluss des betäubungsmittels es grundsätzlich rechtfertigt, auf eine mehr als einmalige cannabisaufnahme zu schließen, wenn der auffällig gewordene fahrerlaubnisinhaber einen solchen vorgang zwar geltend macht, die umstände des behaupteten erstkonsums aber nicht konkret und glaubhaft darlegt. denn es ist ausgesprochen unwahrscheinlich, dass ein mit den wirkungen der droge noch völlig unerfahrener erstkonsument zum einen bereits wenige stunden nach dem konsum wieder ein kraftfahrzeug führt und zum anderen dann auch noch trotz der geringen dichte der polizeilichen verkehrsüberwachung in eine verkehrskontrolle gerät. 31vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 23.06.2014 – 16 b 500/14 –, rn. 3 ff., juris, m.w.n.; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 06.03.2013 – 16 b 1378/12 –, rn. 7 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 12.03.2012 – 16 b 1294/11 –, rn. 5 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 26.03.2012 – 16 b 277/12 –, rn. 7 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 22.05.2012 – 16 b 536/12 –, rn. 17 ff., juris. 32dies wiederum berechtigt zu der erwartung, dass er sich ausdrücklich auf einen – für ihn günstigen – erstkonsum beruft und zu den einzelheiten der fraglichen drogeneinnahme glaubhaft erklärt. tut er es – wie hier der kläger – wider erwarten nicht, erscheint es zulässig, hieraus für ihn nachteilige schlüsse zu ziehen. 33vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 23.06.2014 – 16 b 500/14 –, rn. 7, juris. 34konkrete anhaltspunkte, aufgrund derer von einem lediglich einmaligen experimentellen cannabiskonsum ausgegangen werden könnte, hat der kläger nicht ansatzweise vorgetragen. es fehlt an jeglicher darlegung dazu, wie es wenige stunden vor der polizeilichen verkehrskontrolle im einzelnen zu einem etwaigen erstkonsum gekommen sein soll. angesichts dessen spricht daher alles dagegen, dass der kläger entgegen dem regelmäßig anzutreffenden geschehensablauf ausgerechnet nach seiner allerersten (und einzigen) cannabiserfahrung polizeilich kontrolliert wird. 35mit der fahrt unter cannabiseinfluss am 00.0.2013 hat der kläger zudem gezeigt, dass er den konsum von cannabis und das führen eines kraftfahrzeugs im sinne von ziffer 9.2.2 der anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 fev nicht trennen kann. 36das fehlende trennungsvermögen ergibt sich bereits aus dem festgestellten thc-wert von 2,1 ng/ml im blutserum. nach der fast einhelligen obergerichtlichen rechtsprechung, der das erkennende gericht folgt, führt schon ein thc-wert ab 1,0 ng/ml im blutserum – der vorliegend überschritten wurde – zur annahme mangelnder trennung im sinne von ziffer 9.2.2 der anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 fev. 37vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 21.03.2013 – 16 a 2006/12 –, rn. 34 ff., juris, m.w.n.; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 04.01.2012 – 16 a 2075/11 –, rn. 15 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 22.05.2012 – 16 b 536/12 –, rn. 5 ff., juris; ovg thüringen, beschluss vom 06.09.2012 – 2 eo 37/11 –, rn. 16 ff., juris; ovg bremen, beschluss vom 20.07.2012 – 2 b 341/11 –, rn. 14 ff., juris; ovg hamburg, beschluss vom 15.12.2005 – 3 bs 214/05 –, rn. 20, juris; vgh baden-württemberg, urteil vom 22.11.2012 – 10 s 3174/11 –, rn. 30 ff., juris; vgh baden-württemberg, beschluss vom 27.03.2006 – 10 s 2519/05 –, rn. 7, juris; ovg schleswig-holstein, urteil vom 17.02.2009 – 4 lb 61/08 –, rn. 35 f., juris; ovg berlin-brandenburg, beschluss vom 16.06.2009 – 1 s 17.09 –, rn. 6, juris; a.a. (mangelnde trennung erst oberhalb von 2,0 ng/ml thc) vgh bayern, beschluss vom 11.11.2004 – 11 cs 04.2348 –, rn. 16 ff., juris; vgh bayern, beschluss vom 25.01.2006 – 11 cs 05.1711 –, rn. 17 ff., juris. 38ausschlaggebend für diese einschätzung ist, dass nach dem beschluss der sog. grenzwertkommission vom 20.11.2002 – aktualisiert durch beschluss vom 22.05.2007, blutalkohol 44 (2007), 311 – der grenzwert für die annahme einer ordnungswidrigkeit nach § 24a abs. 2 stvg für thc bei 1 ng/ml serum liegen soll. eine solche konzentration kann – einschließlich eines entsprechenden sicherheitszuschlags – sicher nachgewiesen und quantitativ präzise bestimmt werden. insbesondere erscheint bei erreichen einer derartigen konzentration eine einschränkung der fahrtauglichkeit möglich. 39vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 21.03.2013 – 16 a 2006/12 –, rn. 34 ff., juris, m.w.n.; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 04.01.2012 – 16 a 2075/11 –, rn. 17 ff., juris, unter bezugnahme auf bverfg, kammerbeschluss vom 20.12.2004 – 1 bvr 2652/03 –, rn. 9, 29 f., juris und die dort in bezug genommenen wissenschaftlichen stellungnahmen. 40nimmt ein fahrerlaubnisinhaber trotz eines nicht lange zurückliegenden cannabiskonsums und einer deshalb jedenfalls möglichen cannabisbedingten fahrungeeignetheit am straßenverkehr teil, ist das als ein hinreichend aussagekräftiger beleg dafür zu werten, dass ihm das zu fordernde trennungsvermögen fehlt. 41vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 21.03.2013 – 16 a 2006/12 –, rn. 38, juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 19.03.2012 – 16 b 237/12 –, rn. 9, juris. 42folglich kann bereits bei einem thc-wert von 1,0 ng/ml im blutserum ein verstoß gegen das in ziffer 9.2.2 der anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 fev zum ausdruck gebrachte trennungsgebot als im sinne von § 11 abs. 7 fev erwiesen angesehen werden. 43vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 21.03.2013 – 16 a 2006/12 –, rn. 54, juris. 44in diesem zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob der cannabiskonsum tatsächliche auswirkungen auf die fahrtauglichkeit gezeitigt hat und bereits eine konkrete gefährdung des straßenverkehrs eingetreten ist. ausschlaggebend ist vielmehr, da bei der frage der entziehung der fahrerlaubnis gefahrenabwehrrecht in rede steht, dass ab dem thc-grenzwert von 1,0 ng/ml im blutserum eine wirkung und damit eine drogenkonsumbedingte gefährdung des straßenverkehrs möglich ist. 45vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 21.03.2013 – 16 a 2006/12 –, rn. 34 ff., juris. 46anhaltspunkte dafür, dass der kläger im maßgeblichen zeitpunkt der behördenentscheidung die kraftfahreignung mit hoher wahrscheinlichkeit wiedererlangt haben könnte, sind nicht ersichtlich. zwingende voraussetzung für die wiedererlangung der kraftfahreignung ist der nachweis, dass der kläger in der lage ist, auf den konsum von betäubungsmitteln dauerhaft ganz zu verzichten bzw. bei fortgesetzter gelegentlicher einnahme von cannabis ein nach den wertungen der fev hinnehmbares konsummuster (verzicht auf den zusätzlichen gebrauch von alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden stoffen, trennung zwischen dem gelegentlichen konsum und dem fahren, keine störung der persönlichkeit und kein kontrollverlust) einzuhalten. dieser nachweis kann grundsätzlich nur im rahmen des neuerteilungsverfahrens durch die vorlage eines positiven medizinisch-psychologischen gutachtens gemäß § 14 abs. 2 fev geführt werden. 47vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 02.04.2012 – 16 b 356/12 –, rn. 8, juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 06.10.2006 – 16 b 1538/06 –, rn. 4, juris. 48einen derartigen nachweis hat der kläger vorliegend nicht ansatzweise geführt. er hat weder durch die vorlage von drogenscreenings, die den forensischen anforderungen genügen, den nachweis einer stabilen drogenabstinenz erbracht, noch hat er ein mit blick auf die wiedererlangung der kraftfahreignung positives medizinisch-psychologisches gutachten vorgelegt. 49in diesem zusammenhang wird nochmals zur klarstellung darauf hingewiesen, dass der kläger die wiedererlangung der kraftfahreignung, angesichts des im anfechtungsprozess für die beurteilung der sach- und rechtslage allein maßgeblichen zeitpunkts der letzten behördenentscheidung, nur und ausschließlich durch beibringung eines positiven medizinisch-psychologischen gutachtens im neuerteilungsverfahren belegen kann. 50vgl. vg düsseldorf , beschluss vom 01.10.2013 – 14 l 1810/13 –, rn. 49, juris. 51rechtliche bedenken gegen die in der ordnungsverfügung vom 14.01.2014 getroffenen sonstigen entscheidungen bestehen ebenfalls nicht. 52die verpflichtung zur abgabe des führerscheins folgt aus § 3 abs. 2 satz 3 stvg i.v.m. 47 abs. 1 satz 1 fev. die mit der fahrerlaubnisentziehung verbundene zwangsgeldandrohung ist gemäß §§ 55 abs. 1, 57 abs. 1 nr. 2, 60, 63 des verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das land nordrhein-westfalen (vwvg nrw) rechtmäßig. 53schließlich beruht die gebührenfestsetzung in höhe von 60,00 euro auf § 6a abs. 1 nr. 1 lit. a) stvg, § 1 abs. 1, § 4 abs. 1 nr. 1 gebührenordnung für maßnahmen im straßenverkehr (gebost) und nr. 206 der anlage zu § 1 gebost. die verpflichtung zum ersatz der auslagen für die zustellung in höhe von 2,63 euro ergibt sich aus § 2 abs. 1 nr. 1 gebost. 54die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 55die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, § 711 zivilprozessordnung (zpo). | Verklagte*r | 0 |
179,565 | S 41 SO 54/12 | 2014-04-29T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist Rechtsträgerin der nach § 72 SGB XI zugelassenen Pflegeeinrichtung XXX in XXX, die seit dem 03.06.2011 die (voll-)stationäre Pflege der am 23.02.1933 geborenen und bei der Beklagten im Sozialhilfebezug nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) stehenden Frau XXX (fortan: Leistungsberechtigte) übernommen hat. 3Unter dem 16.06.2011 beantragte die Leistungsberechtigte – vertreten durch ihre Tochter XXX – die Übernahme der aus ihrem Einkommen und Vermögen ungedeckten Kosten der Heimunterbringung durch die Beklagte. Aufgrund eines durch ihren Pflegefachdienst nach einem Hausbesuch gefertigten Gutachtens zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit vom 15.07.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 11.08.2011 mit, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I festgestellt worden seien. Im Fax vom 11.08.2011 führte die Klägerin aus, ihrer Einschätzung nach lägen die Voraussetzungen einer anderen Pflegestufe vor und bat um Überlassung einer Kopie des Gutachtens. Daraufhin übersandte die Beklagte eine Gutachtenkopie mit dem Hinweis, dass – sollte die Klägerin mit dem Ergebnis des Gutachten nicht übereinstimmen – diese "nach Erteilung des Sozialhilfebescheides" Widerspruch einlegen könne. 4Am 26.08.2011 erhob die Leistungsberechtigte selbst Widerspruch gegen die "Einstufung in die Pflegestufe I" durch das Schreiben vom 11.08.2011 und bezog sich zur Begründung auf eine wohl von Mitarbeitern der Klägerin mit Anmerkungen und einer Ergänzung versehene Kopie des Gutachtens vom 15.07.2011. Auf telefonische Bitte der Klägerin vom 26.09.2011 und zur Vermeidung hoher Außenstände gewährte die Beklagte trotz des laufenden Widerspruchsverfahrens mit an die Leistungsberechtigte gerichtetem Bescheid vom 04.10.2011 ab dem 03.06.2011 Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII nach Maßgabe der Pflegestufe I. Die Klägerin erhielt ebenfalls am 04.10.2011 eine dementsprechende Kostenzusage. Mit Schreiben an die Klägerin vom 14.11.2011 teilte die Beklagte sodann mit, dass ihr Pflegefachdienst in seiner Stellungnahme vom 19.10.2011 trotz der mit dem Widerspruch geltend gemachten Argumente zu dem Ergebnis gekommen sei, dass es bei der Einstufung in die Pflegestufe I bleiben müsse. Mit Fax vom 21.11.2011 mahnte die Leistungsberechtigte selbst einen Fortgang des Widerspruchsverfahrens an. Unter dem 24.11.2011 teilte nunmehr die Klägerin mit, dass sie den Widerspruch trotz der Stellungnahme des Pflegefachdienstes der Beklagten vom 19.10.2011 aufrecht erhalte, weil ihrer Einschätzung nach die Voraussetzungen der Pflegestufe II bei der Leistungsberechtigten vorlägen. 5Mit allein an die Klägerin adressiertem Widerspruchsbescheid vom 24.01.2012 wies die Beklagte den Widerspruch unter Beteiligung sozial erfahrener Personen als unbegründet zurück. Nach ihren Feststellungen erfülle die Leistungsberechtigte nur die Voraussetzungen der Pflegestufe I, nicht jedoch der Pflegestufe II. 6Am 07.02.2012 hat die Klägerin Klage erhoben. 7Zur Begründung wiederholt und vertieft sie die Widerspruchsbegründung. Sie sei - anders als die Leistungsberechtigte, die selbst keine Rechtsmittel einlegen wolle - nicht bereit, die Einstufung der Leistungsberechtigten in die Pflegestufe I hinzunehmen. Der Erfolg könne ihrer Klage nicht deshalb versagt bleiben, weil nicht die Leistungsberechtigte selbst, sondern die Klägerin als Rechtsträgerin der Alten- und Pflegeeinrichtung XXX klage. Zwar seien die Leistungen für Unterkunft und Verpflegung allein von der Leistungsberechtigten gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Den Differenzbetrag zwischen den Leistungen nach Pflegestufe I und II könne die Klägerin hingegen selbst klageweise geltend machen. Wenn § 61 Abs. 6 SGB XII ausdrücklich auf § 75 SGB XI (Rahmenverträge) verweise, bedeute dies, dass zwischen der Beklagten und der Klägerin über § 75 SGB XI ein Vertragsverhältnis bestehe, aus dem der Klägerin ein Vergütungsanspruch für die von ihr gegenüber der Leistungsberechtigten gewährte Pflegeleistung zustehe. Wollte man das anders sehen, verstieße das gegen die Rechtschutzgarantie aus Art. 19 Grundgesetz (GG). Ein Leistungserbringer dürfe bei nicht gesetzlich pflegeversicherten Bewohnern hinsichtlich der Durchsetzung seiner Rechtsansprüche nicht schlechter gestellt werden, als bei gesetzlich pflegeversicherten Bewohnern. Im letzteren Fall jedoch habe das Bundessozialgericht (Urteil vom 01.09.2005, Az. B 3 P 9/04 R) den Einrichtungsträgern das Recht zuerkannt, die ihnen zustehenden Vergütungsansprüche gerichtlich einzufordern. Nicht außer Acht gelassen werden dürfe auch die gegenüber den anderen beteiligten Sozialleistungsträgern faktisch bestimmende Position der Sozialhilfeträger bei Pflegesatzverhandlungen. Die Notwendigkeit einer von der Leistungsberechtigten unabhängigen Rechtschutzmöglichkeit für Leistungserbringer zeige sich im vorliegenden Fall auch daran, dass die Klägerin gegen die Ablehnung eines von ihr am 03.07.2012 gestellten Antrags nach § 44 SGB X durch den Bescheid der Beklagten vom 05.03.2013 keinen Rechtsbehelf eingelegt habe, ohne dass die Klägerin daran etwas habe ändern können. 8Während des laufenden Klageverfahrens hat die Beklagte auf den Antrag der Klägerin vom 11.06.2013 mit Bescheid vom 12.09.2013 ab dem 07.08.2013 der Leistungsberechtigten Leistungen nach Maßgabe der Pflegestufe II gewährt. Dementsprechend hat die Klägerin ihr Klagebegehren – ihr für die grundpflegerische Versorgung der Leistungsberechtigten weitere Leistungen in Höhe der Differenz zwischen den Leistungen nach Maßgabe der Pflegestufe II und Pflegestufe I zu gewähren – zeitlich auf den Zeitraum vom 03.06.2011 bis zum 06.08.2013 begrenzt. 9Die Klägerin beantragt, 10die Beklagte zu verurteilen, ihr für die grundpflegerische Versorgung der Frau XXX in der Zeit vom 03.06.2011 bis zum 06.08.2013 weitere EUR 9.752,91 zu zahlen. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung nimmt sie auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug. 14Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 24.01.2012 aufgehoben. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 171. Die Klage ist zulässig, insbesondere als (isolierte) allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) statthaft. Denn die Klägerin stützt ihr Klagebegehren – Zahlung von EUR 9.752,91 für über die der Leistungsberechtigten bereits bewilligten hinausgehende Pflegeleistungen an sich – maßgeblich auf die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Zehntes Kapitel SGB XII). Im Rahmen dieser Regelungen begegnen sich die Klägerin und die Beklagte im Gleichordnungsverhältnis (Bay. LSG, Urteil vom 31.10.2013, Az. L 8 SO 88/13, juris-Rn 41; Brünner/Philipp, RsDE 2008, 2, 8; Pattar, Sozialrecht aktuell 2012, 85, 95; vgl. für das SGB XI: BSG, Urteil vom 07.10.2010, Az. B 3 P 4/09 R, juris-Rn 9), so dass ein Verwaltungsakt vor Klageerhebung nicht zu ergehen braucht. Deshalb kann dahinstehen, ob in dem an die Klägerin gerichteten Schreiben der Beklagten vom 11.08.2011 überhaupt ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X liegt, der allein (vgl. § 84 Abs. 1 SGG) mit dem Widerspruch angegriffen werden kann und ob – bejahenden Falls – ein die Klägerin selbst betreffendes Widerspruchsverfahren überhaupt ordnungsgemäß durchgeführt, insbesondere fristgerecht in Gang gesetzt wurde. 182. Die Klage ist jedoch unbegründet. 19Weder aus dem an die Leistungsberechtigte ergangenen Bewilligungsbescheid vom 04.10.2011 noch aus den gesetzlichen Regelungen des SGB XII und den zwischen der Klägerin und (u.a.) der Beklagten konkret geltenden Vereinbarungen nach § 72 SGB XI ergibt sich ein (eigener) Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf die Zahlung weiterer EUR 9.752,91 für die grundpflegerische Versorgung der Leistungsberechtigten in der Zeit vom 03.06.2011 bis zum 06.08.2013 als Differenz zwischen den gewährten Leistungen nach Maßgabe der Pflegestufe I und den von der Klägerin für richtig gehaltenen Leistungen nach Maßgabe der Pflegestufe II. Denn ein solcher Anspruch im Sinne eines subjektiv-öffentlichen Rechts setzt voraus, dass die betreffende gesetzliche Vorschrift bzw. die geschlossene Vereinbarung nicht nur öffentlichen Interessen, sondern zumindest auch dem Individualinteresse der Klägerin zu dienen bestimmt ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, 10. Auflage 2012, § 54 Rn 12 zur sog. Schutznormtheorie). Daran fehlt es jedoch vorliegend (vgl. BSG, Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 22/07 R, juris-Rn 27 und Urteil vom 20.09.2012, Az. B 8 SO 20/11 R, juris-Rn 12 m.w.N.; BSG, Beschluss vom 18.03.2014, Az. B 8 SF 2/13 R, Rn 7). 20a) Durch den an die Leistungsberechtigte gerichteten Bewilligungsbescheid vom 04.10.2011 ist die Beklagte der aufgrund des Heimvertrages zwischen der Klägerin und der Leistungsberechtigten begründeten Zahlungsverpflichtung im Wege eines kumulativen Schuldbeitritts beigetreten. Denn einem an einen Leistungsberechtigten gerichteten Verwaltungsakt kommt eine Drittwirkung im Sinne eines solchen Schuldbeitritts gegenüber einem Leistungserbringer zu, wenn die Leistungserbringung – wie hier – in einem zwischen Leistungsberechtigten, Sozialhilfeträger und Leistungserbringer bestehenden sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis erfolgt (vgl. nur BSG, Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 22/07 R und Urteil vom 02.02.2010, Az. B 8 SO 20/08 R; LSG NRW, Urteil vom 23.09.2013; Az. L 20 SO 394/12; SG Dortmund, Urteil vom 21.08.2012, Az. S 41 SO 583/11, jeweils m.w.N.). Der Schuldbeitritt erstreckt sich allerdings nur auf die vom Bewilligungsbescheid der Art und Höhe nach erfassten Leistungen (BSG, Urteil vom 28.10.2008, B 8 SO 22/07 R; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.11.2010, Az. L 1 SO 8/10; Coseriu, Sozialrecht aktuell 2012, 99, 101). Insoweit hat die Beklagte die (auch) ihr obliegende Leistung jedoch unstreitig bereits erbracht und vermag der Bewilligungsbescheid vom 04.10.2011 das darüber hinausgehende Klagebegehren nicht zu stützen. 21b) Auch aus den das Grundverhältnis zwischen Leistungsberechtigtem und Sozialhilfeträger prägenden materiell-rechtlichen Regelungen des SGB XII im 1. – 9. Kapitel ergibt sich kein Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte. Diese Regelungen – mit Ausnahme der § 19 Abs. 6 und § 25 SGB XII – sind allein dem Interesse des jeweils Leistungsberechtigten zu dienen bestimmt, wie Wortlaut und Systematik zeigen (BSG, Urteil vom 28.10.2008, B 8 SO 22/07 R, juris-Rn 27 und Urteil vom 20.09.2012, Az. B 8 SO 20/11 R, juris-Rn 12; Eicher, SGb 2013, 127, 129 m.w.N.; Pattar, Sozialrecht aktuell, § 85 ff. m.w.N.): Schon § 19 SGB XII – als vor die Klammer gezogene und deshalb für alle Leistungen des 3. – 9. Kapitels maßgebliche Anspruchsnorm (Coseriu, jurisPK-SGB XII, § 19 Rn 4 und 12) mit der amtlichen Überschrift "Leistungsberechtigte" – adressiert seinem Wortlaut nach allein denjenigen als anspruchsberechtigt, in dessen Person die Voraussetzungen der jeweiligen Sozialhilfeleistungen erfüllt sind. Auch bei den hier konkret in Rede stehenden Leistungen der Hilfe zur Pflege nach § 61 SGB XII sind anspruchsberechtigt allein die "Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit [ ...] der Hilfe bedürfen". Im Hinblick auf das Übertragungs-, Verpfändungs- und Pfändungsverbot des § 17 SGB XII und aufgrund seiner bedarfsorientierten Natur wird der Sozialhilfeanspruch überdies allgemein als höchstpersönlich eingeordnet (BVerwGE 58, 68 ff., LSG NRW, Urteil vom 13.09.2007, Az. L 9 SO 8/06; LSG Hamburg, Urteil vom 14.06.2013, Az. L 4 SO 35/1; Coseriu in: jurisPK-SGB XII, § 17 Rn 7). Die jeweilige Anspruchsnorm ist aus demselben Grund allein dem Interesse des jeweils Hilfebedürftigen zu dienen bestimmt. Sofern die Hilfeleistung gleichwohl Dritten – mittelbar – zu Gute kommt, handelt es sich dabei lediglich um einen Rechtsreflex. Das belegt in systematischer Hinsicht auch die Existenz der §§ 19 Abs. 6 und 25 SGB XII (Eicher, SGb 2013, 127, 129). Denn die Einführung eines eigenständigen Leistungsanspruchs (§ 25 SGB XII) bzw. die Schaffung eines Sonderrechtsnachfolgetatbestandes (§ 19 Abs. 6 SGB XII) zum Schutz berechtigter Interessen Dritter (vgl. BT-Drs. 13/3906, S. 45 zu 28 Abs. 2 BSHG als Vorgängervorschrift des § 19 Abs. 6 sowie BSG, Urteil vom 19.05.2009, Az. B 8 SO 4/08 R, juris-Rn 14 zu § 25 SGB XII) wäre nicht nötig gewesen, wenn diese Dritten sich unmittelbar auf das Leistungsrecht im Übrigen stützen könnten. 22An diesem Auslegungsergebnis ändert sich auch für den Fall nichts, dass eine Sozialhilfeleistung in (nach § 75 SGB XII vereinbarungsgebunden) Einrichtungen bzw. durch sonstige Dienste i.S.v. § 75 Abs. 1 Satz 2 SGB XII und damit innerhalb eines sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses erbracht wird. Hierdurch wird allein der Inhalt des Primäranspruchs des Leistungsberechtigten gegen den Sozialhilfeträger modifiziert. Statt wie außerhalb eines sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis – etwa bei den Kosten der Unterkunft nach § 35 SGB XII – auf Zahlung entstehender bzw. entstandener Kosten an den Leistungsberechtigten selbst, ist der Anspruch bei Vorliegen eines sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses auf Übernahme dieser Kosten durch den Sozialhilfeträger in Form der Zahlung an den Leistungserbringer gerichtet (Eicher, SGb 2013, 127, 128 m.w.N.). Denn innerhalb eines sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses handelt es sich bei der vom Sozialhilfeträger im Grundverhältnis geschuldeten Leistung weder um eine Sach- noch um eine Geldleistung (so aber die wohl überwiegende Meinung zum überkommenen Recht, vgl. die Nachweise bei Pattar, Sozialrecht aktuell 2012, 85, 93), sondern vielmehr um einen Anspruch auf Sachleistungsverschaffung, wie sich aus der Ausgestaltung der Leistungsbeziehungen im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis und insbesondere dem Wortlaut des Gesetzes ergibt (BSG, Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 22/07 R, juris-Rn 17 ff.; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.11.2010, Az. L 1 SO 8/10, juris-Rn 31 ff.; Coseriu, Sozialrecht aktuell 2012, 99 f.; Pattar, Sozialrecht aktuell 2012, 85, 92 f. m.w.N.; a.A. Ladage, SGb 2013, 553, 555). 23Die Klägerin kann ihr Klagebegehren auch nicht auf die §§ 19 Abs. 6 und 25 SGB XII stützen, die – obwohl sie dem Leistungsrecht zugehörig sind und damit entgegen dem oben dargestellten Grundsatz – ausnahmsweise ausdrücklich vom Leistungsberechtigen verschiedenen Dritten Ansprüche einräumen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Regelungen sind nicht erfüllt: Ein Anspruch aus § 19 Abs. 6 SGB XII kann sich erst nach dem Tode der Leistungsberechtigten ergeben und ein Anspruch nach § 25 SGB XII scheidet jedenfalls dann aus, wenn – wie hier – der Sozialhilfeträger bereits von Anfang an Kenntnis vom Hilfefall hatte (vgl. zu dieser Voraussetzung: Bieback, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII-Kommentar, 4. Auflage 2012, § 25 Rn 21 f. m.w.N.). 24c) Auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (§§ 75 ff. SGB XII) begründen die Klage nicht. Zwar trifft es zu, dass über § 75 Abs. 5 SGB XII u.a. der § 72 SGB XI sowie die auf seiner Grundlage geschlossenen (Rahmen-)Vereinbarungen auch im Leistungsverschaffungsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagter maßgeblich geworden sind. Allerdings ergibt sich daraus kein unmittelbarer Vergütunganspruch der Klägerin gegen die Beklagte (BSG, Urteil vom 20.09.2012, Az. B 8 SO 20/11 R, juris-Rn 12 m.w.N. sowie BSG, Beschluss vom 18.03.2014, Az. B 8 SF 2/13 R, Rn 7). 25Die Bindung des Sozialhilfeträgers an die Pflegesatz- bzw. Vergütungsvereinbarungen nach dem SGB XI bewirkt keinen Übergang zu dem das SGB XI prägenden Sachleistungsprinzip mit der Folge eines unmittelbaren Zahlungsanspruchs des Leistungserbringers gegen den Leistungsträger (vgl. dazu O´Sullivan, in: jurisPK-SGB XI, § 87a SGB XI Rn 47 ff. m.w.N.). Vielmehr gelten für die Erbringung von Leistungen durch zugelassene Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 72 SGB XII an bedürftige Hilfeempfänger die sozialhilferechtlichen Grundprinzipien. Nach dem normativen Konzept des SGB XII (vgl. zusammenfassend zum Gewährleistungsverantwortungsmodell: Sächs. LSG, Beschluss vom 12.12.2013, Az. L 8 SO 71/13 B ER, juris-Rn 14 m.w.N.) hat die Bezugnahme auf die Verträge i.S.d. § 72 SGB XI nicht zur Folge, dass sich der Zahlungsanspruch des Leistungserbringers – wie im SGB XI – automatisch gegen den Leistungsträger richtet (BSG, Urteil vom 20.09.2012, Az. B 8 SO 20/11 R, juris-Rn 12; Eicher, SGb 2013, 127, 129 f.; Jaritz/Eicher, jurisPK-SGB XII, § 75 Rn 72; a.A. Ladage, SGb 2013, 553, 555 und Sächs. LSG, Beschluss vom 12.12.2013, Az. L 8 SO 71/13 B ER, juris-Rn 15 in einem obiter dictum; in diese Richtung auch Brünner/Philipp, RsDE 2008, 1, 20 ff. hinsichtlich eines eigenen Anspruchs des Einrichtungsträgers auf die für die Höhe der Leistung vorgreifliche Frage der zutreffenden Zuordnung zu einer Hilfebedarfsgruppe). Der Gesetzgeber wollte für das SGB XII keinen generellen Übergang zum Sachleistungsprinzip wie es im SGB V und SGB XI geregelt ist, sondern hat sich an diesen Regelungen nur orientiert und sich ihnen angenähert (BSG, Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 22/07 R, juris-Rn 15 und 17). Dies wird durch eine Gegenüberstellung von § 52 Abs. 3 SGB XII und § 75 Abs. 5 SGB XII deutlich: Während § 52 Abs. 3 SGB XII für die Hilfen zur Gesundheit pauschal und umfassend die Anwendung des Leistungserbringerrechts des SGB V anstelle der §§ 75 ff. SGB XII anordnet und deshalb (nur insoweit) einen Übergang zum Sachleistungsprinzip zur Folge hat (vgl. Söhngen, in: jurisPK-SGB XII, § 52 Rn 15; Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn 22 m.w.N.), verweist § 75 Abs. 5 SGB XII lediglich selektiv – hinsichtlich "Art, Inhalt, Umfang und Vergütung" der Leistungen – auf das Leistungserbringerrecht des SGB XI. Schon dieser nur selektive Verweis spricht dagegen, hierin die Anordnung des vollständigen und pauschalen Übergangs zu dem dem SGB XII ansonsten fremden Sachleistungsprinzip zu sehen. Überdies stellt § 75 Abs. 5 SGB XII eine Ausnahme zu Absatz 3 der Vorschrift dar, wonach der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung nur verpflichtet ist, wenn mit dem Leistungserbringer eine Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung besteht (Flint, in: Grube/Wahrendorf, aaO., § 75 Rn 49). Vor diesem systematischen Hintergrund treten aber die durch § 75 Abs. 5 Satz 1 SGB XII in Bezug genommenen Regelungen des Achten Kapitels des SGB XI und damit die auf ihrer Grundlage geschlossenen Vereinbarungen nur an die Stelle der an sich nach § 75 Abs. 3 SGB XII erforderlichen Vereinbarungen, ohne eine darüberhinausgehende Regelungswirkung zu entfalten. Insbesondere die in § 75 Abs. 5 SGB XII in Bezug genommenen Regelungen zur Vergütung führen deshalb nicht zur Geltung des Sachleistungsprinzips, sondern sind nur insoweit anwendbar, als sie an sich im Rahmen einer Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zu treffende Regelungen enthalten. Ansonsten modifizierte § 75 Abs. 5 SGB XII nicht nur § 75 Abs. 3 SGB XII, sondern hätte – obwohl nur eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift – einen weitergehenden Regelungsgehalt als die Grundnorm des § 75 Abs. 3 SGB XII. Die Annahme eines solchen ist deshalb weder systematisch geboten, noch zur Erreichung des Zwecks der Vorschrift – Sicherstellung der Einheitlichkeit der Vergütung im Pflegesektor (Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn 72; Münder, in: LPK-SGB XII, 9. Auflage 2012, § 75 Rn 40, jeweils m.w.N.) – erforderlich. Für diese Einschätzung spricht die Systematik des Gesetzes auch unter einem anderen Gesichtspunkt: Der Gesetzgeber hat die Anwendung des Leistungserbringerrechts des SGB V für die Hilfen zur Gesundheit durch § 52 Abs. 3 SGB XII – einer Norm des 5. Kapitels und damit des Leistungsrechts und nicht des Leistungserbringerrechts – angeordnet. Hätte er für die Hilfe zur Pflege die Anwendung der §§ 75 ff. SGB XII ausschließen und die vollständige Anwendung des Leistungserbringerrechts des SGB XI einschließlich des Übergangs zum Sachleistungsprinzips anordnen wollen, wäre deshalb parallel dazu auch eine dem § 52 Abs. 3 SGB XII ähnliche Regelung innerhalb des 7. Kapitels des SGB XII und nicht bloß ein begrenzter Verweis auf einzelne Aspekte des Leistungserbringerrechts des SGB XI in § 75 Abs. 5 SGB XII zu erwarten gewesen. Zwar nimmt der Gesetzgeber – wie von der Klägerin angesprochen – auch im 7. Kapitel des SGB XII in § 61 Abs. 5 SGB XII Bezug auf verschiedene Verordnungen, Richtlinien, Rahmenverträge, Bundesempfehlungen und Vereinbarungen, die jeweils auf der Grundlage von Vorschriften des SGB XI erlassen wurden. Inhaltlich betreffen diese Regelungen jedoch nur Fragen der Feststellung von Pflegebedürftigkeit – also des Bedarfs i.S.d. SGB XII – und die Bezugnahme auf sie soll die Zugrundelegung gleicher Maßstäbe für die Feststellung von Pflegebedürftigkeit bei Leistungen nach dem SGB XI und dem SGB XII gewährleisten (Meßling, in: jurisPK-SGB XII, § 61 Rn 159 m.w.N.). Schließlich dienen die nach § 75 Abs. 3 SGB XII zu treffenden oder über § 75 Abs. 5 SGB XII in Bezug genommenen Vereinbarungen als originäres Regelungsinstrumentarium des Leistungserbringungsrechts lediglich der Erbringung von Sozialhilfeleistungen im Grundverhältnis, schaffen aber keine davon unabhängigen eigenständigen Ansprüche für den in die Leistungserbringung eingeschalteten Einrichtungsträger, sondern wirken sich lediglich über Rechtsreflexe in den anderen Rechtsbeziehungen des sozialhilferechtlichen Dreiecks aus (Jaritz/Eicher, jurisPK-SGB XII, § 76 Rn 60). Dies belegt nicht zuletzt § 19 Abs. 6 SGB XII, dessen es bei einer anderen Sichtweise überhaupt nicht (mehr) bedurft hätte (Eicher, SGb 127, 129). 26An diesem Ergebnis ändert auch der wohl in Richtung einer analogen Anwendung der Regelungen des SGB XI gehende Verweis der Klägerin auf die Rechtsprechung des BSG zum SGB XI nichts, wonach einer Pflegeeinrichtung als Leistungserbringer ein unmittelbar gegen die Pflegeversicherung als Leistungsträger gerichteter und unabhängig vom Anspruch des pflegeversicherten Leistungsberechtigten bestehender eigener Anspruch auf die jeweils leistungsgerechte Vergütung nach der jeweils zutreffenden Pflegestufe/-klasse zukommt (BSG, Urteil vom 01.09.2005, Az. B 3 P 4/04 R und Urteil vom 07.10.2010, Az. B 3 P 4/09 R). Denn das BSG geht in seiner Rechtsprechung von der Regelung des § 87a Abs. 3 SGB XI aus, mit der der Gesetzgeber selbst als Ausdruck des im SGB XI herrschenden Sachleistungsprinzips der Pflegeeinrichtung einen unmittelbaren Vergütungsanspruch gegen die Pflegeversicherung eingeräumt hat (BSG, Urteil vom 07.10.2010, Az. B 3 P 4/09 R, juris-Rn 10: "Rechtsgrundlage des mit der Klage verfolgten weiteren Vergütungsanspruchs ist § 87a Abs. 3 i.V.m. § 82 Abs. 1, § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB XI und dem hier maßgeblichen Versorgungsvertrag sowie der Pflegesatzvereinbarung für die von dem Kläger betriebene Pflegeeinrichtung (vgl. §§ 72, 73 und § 85 SGB XI)."). Dieser Anspruch bestand und besteht seit seiner Einführung im SGB XI unstreitig. In den von der Klägerin angeführten Urteilen verhält sich das BSG bei genauer Betrachtung deshalb auch lediglich zum genauen Inhalt dieses gesetzlich ohnehin bestehenden Anspruchs, indem es als zum Anspruch zugehörig auch das Recht auf eine zutreffende Einstufung des Pflegebedarfs des Versicherten ansieht und dazu im Rahmen einer Zahlungsklage der Pflegeeinrichtung gegen den Kostenträger eine inzidente Überprüfung des Pflegebedarfs und damit ggf. die Einordnung in eine höhere Pflegeklasse/-stufe für möglich hält. Für eine Übertragung dieser Rechtsprechung in das SGB XII fehlt es deshalb schon an einer dem § 87a Abs. 3 SGB XI vergleichbaren Anspruchsgrundlage als dogmatischem Ausgangspunkt. Denn anders als im vom Sachleistungsprinzip geprägten SGB XI findet sich im Leistungserbringerrecht des SGB XII gerade keine Rechtsnorm, die dem Leistungserbringer einen unmittelbar gegen den Sozialhilfeträger gerichteten eigenen Anspruch einräumt (im Ergebnis ebenso: Jaritz/Eicher, jurisPK-SGB XII, § 76 Rn 62 m.w.N.). 27Sofern von der Klägerin und im Schrifttum (Ladage, SGb, 553, 555; vgl. auch Brünner/Philipp, RsDE 2008, 1, 20 ff. hinsichtlich eines eigenen Anspruchs des Einrichtungsträgers auf zutreffende Zuordnung zu einer Hilfebedarfsgruppe) schließlich im Ergebnis argumentiert wird, ein eigener (Vergütungs-)Anspruch des Leistungsträgers ergäbe sich als Korrelat der ihm durch die §§ 75 ff. SGB XII und die auf dieser Grundlage geschlossenen oder in Bezug genommen Vereinbarungen auferlegten Pflichten (in diese Richtung auch das Sächs. LSG, Beschluss vom 12.12.2013, Az. L 8 SO 71/13 B ER, juris-Rn 15, dass einen Leistungsanspruch des Leistungserbringers aus der synallagmatischen Verbindung von (Pflege-)Leistung und Gegenleistung folgert), wird damit nicht das Vorliegen eines Anspruchs im Sinne eines subjektiven-öffentlichen Rechts dogmatisch begründet, sondern lediglich ein Umstand genannt, der rechtspolitisch dafür sprechen könnte, dem Leistungserbringer eigene klagbare Ansprüche einzuräumen (vgl. zur sozialpolitischen Kritik an der Rechtslage: Eicher, SGb 2013, 127, 131). Dies bleibt jedoch aufgrund des oben dargestellten Normbefundes Aufgabe des Gesetzgebers (a.A. Ladage, SGb 2013, 553, 555). Bis zu einem etwaigen gesetzgeberischen Tätigwerden sind Leistungserbringer wie die Klägerin auf die Inanspruchnahme zivilgerichtlichen Rechtschutzes im Erfüllungsverhältnis zum Leistungsberechtigten zu verweisen (vgl. Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 76 Rn 67 und dieselben, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn 96 ff., jeweils m.w.N.). Aufgrund der danach bestehenden Rechtschutzmöglichkeit wird der Klägerin zur Überzeugung der Kammer auch der verfassungsrechtlich durch Art. 19 GG garantierte effektive Rechtschutz zu Teil. 28Nichts anderes folgt aus dem von der Klägerin beklagten Umstand, dass ihrer Meinung nach den an Pflegesatzverhandlungen beteiligten Sozialhilfeträgern ein faktisches Vetorecht zukomme, weil die Pflegekassen und Vertreter der Landschaftsverbände einem Pflegesatzergebnis nur zustimmten, wenn von Seiten der Sozialhilfeträger ebenfalls übereinstimmend das im Rahmen der Verhandlungen erzielte Ergebnis gebilligt wird. Dieser Umständ dürfte nämlich nicht so sehr der Bedeutung geschuldet sein, die die Zustimmung der Sozialhilfeträger zu den Pflegesätzen für die Pflegekassen hat, sondern auf § 85 Abs. 5 Satz 2 SGB XI zurückgehen. Danach hat der Sozialhilfeträger im Pflegesatzverfahren als einziger Beteiligter das Recht, durch Widerspruch gegen eine ansonsten wirksam abgeschlossene Pflegesatzvereinbarung eine Schiedsstellenentscheidung herbeizuführen. Diese Regelung soll vermeiden, dass die Pflegekassen mit ihrer regelmäßig bestehenden Mehrheit zulasten des Träger der Sozialhilfe überhöhte Unterkunfts- und Versorgungspauschalen vereinbaren (O´Sullivan in: jurisPK-SGB XI, 1. Aufl. 2014, § 85 Rn 45; Pattar, Sozialrecht aktuell 2012, 85, 91) und kann deshalb schon von der gesetzgeberischen Intention her nicht als Beleg für die Notwendigkeit dienen, den Leistungserbringern einen eigenständigen Anspruch gegen den Sozialhilfeträger einzuräumen. 29d) Schließlich lässt sich auch den konkret zwischen den Beteiligten geltenden Vereinbarungen kein Anspruch der Klägerin entnehmen. Dabei kann dahinstehen, ob die jeweils Beteiligten trotz des normativen Konzepts des SGB XII überhaupt berechtigt sind, in Vereinbarungen nach § 75 SGB XII bzw. über § 75 Abs. 5 SGB XII anwendbaren Vereinbarungen nach § 72 SGB XI dem Leistungserbringer selbstständige Ansprüche gegen den jeweiligen Leistungsträger einzuräumen. Denn jedenfalls in den konkret geltenden Vereinbarungen findet sich – insbesondere auch in dem die Vergütung betreffenden § 6 des Versorgungsvertrages nach § 72 SGB XI vom 14.02.2008 – keine entsprechend interpretierbare Regelung. 303. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin als unterliegende Beteiligte (§ 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung). Das Verfahren unterfällt dem Regelungsbereich des § 197a SGG, weil weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 genannten Personen gehören (vgl. Bay LSG, Urteil vom 31.10.2013, Az. L 8 SO 88/13 und Jaritz/Eicher, jurisPK-SGB XII, § 76 Rn 103). | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. 1 | 2die klägerin ist rechtsträgerin der nach § 72 sgb xi zugelassenen pflegeeinrichtung xxx in xxx, die seit dem 03.06.2011 die (voll-)stationäre pflege der am 23.02.1933 geborenen und bei der beklagten im sozialhilfebezug nach dem sozialgesetzbuch zwölftes buch (sgb xii) stehenden frau xxx (fortan: leistungsberechtigte) übernommen hat. 3unter dem 16.06.2011 beantragte die leistungsberechtigte – vertreten durch ihre tochter xxx – die übernahme der aus ihrem einkommen und vermögen ungedeckten kosten der heimunterbringung durch die beklagte. aufgrund eines durch ihren pflegefachdienst nach einem hausbesuch gefertigten gutachtens zur feststellung von pflegebedürftigkeit vom 15.07.2011 teilte die beklagte der klägerin mit schreiben vom 11.08.2011 mit, dass die voraussetzungen der pflegestufe i festgestellt worden seien. im fax vom 11.08.2011 führte die klägerin aus, ihrer einschätzung nach lägen die voraussetzungen einer anderen pflegestufe vor und bat um überlassung einer kopie des gutachtens. daraufhin übersandte die beklagte eine gutachtenkopie mit dem hinweis, dass – sollte die klägerin mit dem ergebnis des gutachten nicht übereinstimmen – diese "nach erteilung des sozialhilfebescheides" widerspruch einlegen könne. 4am 26.08.2011 erhob die leistungsberechtigte selbst widerspruch gegen die "einstufung in die pflegestufe i" durch das schreiben vom 11.08.2011 und bezog sich zur begründung auf eine wohl von mitarbeitern der klägerin mit anmerkungen und einer ergänzung versehene kopie des gutachtens vom 15.07.2011. auf telefonische bitte der klägerin vom 26.09.2011 und zur vermeidung hoher außenstände gewährte die beklagte trotz des laufenden widerspruchsverfahrens mit an die leistungsberechtigte gerichtetem bescheid vom 04.10.2011 ab dem 03.06.2011 leistungen der hilfe zur pflege nach dem sgb xii nach maßgabe der pflegestufe i. die klägerin erhielt ebenfalls am 04.10.2011 eine dementsprechende kostenzusage. mit schreiben an die klägerin vom 14.11.2011 teilte die beklagte sodann mit, dass ihr pflegefachdienst in seiner stellungnahme vom 19.10.2011 trotz der mit dem widerspruch geltend gemachten argumente zu dem ergebnis gekommen sei, dass es bei der einstufung in die pflegestufe i bleiben müsse. mit fax vom 21.11.2011 mahnte die leistungsberechtigte selbst einen fortgang des widerspruchsverfahrens an. unter dem 24.11.2011 teilte nunmehr die klägerin mit, dass sie den widerspruch trotz der stellungnahme des pflegefachdienstes der beklagten vom 19.10.2011 aufrecht erhalte, weil ihrer einschätzung nach die voraussetzungen der pflegestufe ii bei der leistungsberechtigten vorlägen. 5mit allein an die klägerin adressiertem widerspruchsbescheid vom 24.01.2012 wies die beklagte den widerspruch unter beteiligung sozial erfahrener personen als unbegründet zurück. nach ihren feststellungen erfülle die leistungsberechtigte nur die voraussetzungen der pflegestufe i, nicht jedoch der pflegestufe ii. 6am 07.02.2012 hat die klägerin klage erhoben. 7zur begründung wiederholt und vertieft sie die widerspruchsbegründung. sie sei - anders als die leistungsberechtigte, die selbst keine rechtsmittel einlegen wolle - nicht bereit, die einstufung der leistungsberechtigten in die pflegestufe i hinzunehmen. der erfolg könne ihrer klage nicht deshalb versagt bleiben, weil nicht die leistungsberechtigte selbst, sondern die klägerin als rechtsträgerin der alten- und pflegeeinrichtung xxx klage. zwar seien die leistungen für unterkunft und verpflegung allein von der leistungsberechtigten gegenüber der beklagten geltend zu machen. den differenzbetrag zwischen den leistungen nach pflegestufe i und ii könne die klägerin hingegen selbst klageweise geltend machen. wenn § 61 abs. 6 sgb xii ausdrücklich auf § 75 sgb xi (rahmenverträge) verweise, bedeute dies, dass zwischen der beklagten und der klägerin über § 75 sgb xi ein vertragsverhältnis bestehe, aus dem der klägerin ein vergütungsanspruch für die von ihr gegenüber der leistungsberechtigten gewährte pflegeleistung zustehe. wollte man das anders sehen, verstieße das gegen die rechtschutzgarantie aus art. 19 grundgesetz (gg). ein leistungserbringer dürfe bei nicht gesetzlich pflegeversicherten bewohnern hinsichtlich der durchsetzung seiner rechtsansprüche nicht schlechter gestellt werden, als bei gesetzlich pflegeversicherten bewohnern. im letzteren fall jedoch habe das bundessozialgericht (urteil vom 01.09.2005, az. b 3 p 9/04 r) den einrichtungsträgern das recht zuerkannt, die ihnen zustehenden vergütungsansprüche gerichtlich einzufordern. nicht außer acht gelassen werden dürfe auch die gegenüber den anderen beteiligten sozialleistungsträgern faktisch bestimmende position der sozialhilfeträger bei pflegesatzverhandlungen. die notwendigkeit einer von der leistungsberechtigten unabhängigen rechtschutzmöglichkeit für leistungserbringer zeige sich im vorliegenden fall auch daran, dass die klägerin gegen die ablehnung eines von ihr am 03.07.2012 gestellten antrags nach § 44 sgb x durch den bescheid der beklagten vom 05.03.2013 keinen rechtsbehelf eingelegt habe, ohne dass die klägerin daran etwas habe ändern können. 8während des laufenden klageverfahrens hat die beklagte auf den antrag der klägerin vom 11.06.2013 mit bescheid vom 12.09.2013 ab dem 07.08.2013 der leistungsberechtigten leistungen nach maßgabe der pflegestufe ii gewährt. dementsprechend hat die klägerin ihr klagebegehren – ihr für die grundpflegerische versorgung der leistungsberechtigten weitere leistungen in höhe der differenz zwischen den leistungen nach maßgabe der pflegestufe ii und pflegestufe i zu gewähren – zeitlich auf den zeitraum vom 03.06.2011 bis zum 06.08.2013 begrenzt. 9die klägerin beantragt, 10die beklagte zu verurteilen, ihr für die grundpflegerische versorgung der frau xxx in der zeit vom 03.06.2011 bis zum 06.08.2013 weitere eur 9.752,91 zu zahlen. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung nimmt sie auf die begründungen der angefochtenen bescheide bezug. 14im rahmen der mündlichen verhandlung hat die beklagte den widerspruchsbescheid vom 24.01.2012 aufgehoben. 15wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts und des übrigen vorbringens der beteiligten wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsakte der beklagten bezug genommen. 16 | 171. die klage ist zulässig, insbesondere als (isolierte) allgemeine leistungsklage (§ 54 abs. 5 sgg) statthaft. denn die klägerin stützt ihr klagebegehren – zahlung von eur 9.752,91 für über die der leistungsberechtigten bereits bewilligten hinausgehende pflegeleistungen an sich – maßgeblich auf die regelungen des leistungserbringerrechts (zehntes kapitel sgb xii). im rahmen dieser regelungen begegnen sich die klägerin und die beklagte im gleichordnungsverhältnis (bay. lsg, urteil vom 31.10.2013, az. l 8 so 88/13, juris-rn 41; brünner/philipp, rsde 2008, 2, 8; pattar, sozialrecht aktuell 2012, 85, 95; vgl. für das sgb xi: bsg, urteil vom 07.10.2010, az. b 3 p 4/09 r, juris-rn 9), so dass ein verwaltungsakt vor klageerhebung nicht zu ergehen braucht. deshalb kann dahinstehen, ob in dem an die klägerin gerichteten schreiben der beklagten vom 11.08.2011 überhaupt ein verwaltungsakt im sinne des § 31 sgb x liegt, der allein (vgl. § 84 abs. 1 sgg) mit dem widerspruch angegriffen werden kann und ob – bejahenden falls – ein die klägerin selbst betreffendes widerspruchsverfahren überhaupt ordnungsgemäß durchgeführt, insbesondere fristgerecht in gang gesetzt wurde. 182. die klage ist jedoch unbegründet. 19weder aus dem an die leistungsberechtigte ergangenen bewilligungsbescheid vom 04.10.2011 noch aus den gesetzlichen regelungen des sgb xii und den zwischen der klägerin und (u.a.) der beklagten konkret geltenden vereinbarungen nach § 72 sgb xi ergibt sich ein (eigener) anspruch der klägerin gegen die beklagte auf die zahlung weiterer eur 9.752,91 für die grundpflegerische versorgung der leistungsberechtigten in der zeit vom 03.06.2011 bis zum 06.08.2013 als differenz zwischen den gewährten leistungen nach maßgabe der pflegestufe i und den von der klägerin für richtig gehaltenen leistungen nach maßgabe der pflegestufe ii. denn ein solcher anspruch im sinne eines subjektiv-öffentlichen rechts setzt voraus, dass die betreffende gesetzliche vorschrift bzw. die geschlossene vereinbarung nicht nur öffentlichen interessen, sondern zumindest auch dem individualinteresse der klägerin zu dienen bestimmt ist (vgl. keller, in: meyer-ladewig, sgg-kommentar, 10. auflage 2012, § 54 rn 12 zur sog. schutznormtheorie). daran fehlt es jedoch vorliegend (vgl. bsg, urteil vom 28.10.2008, az. b 8 so 22/07 r, juris-rn 27 und urteil vom 20.09.2012, az. b 8 so 20/11 r, juris-rn 12 m.w.n.; bsg, beschluss vom 18.03.2014, az. b 8 sf 2/13 r, rn 7). 20a) durch den an die leistungsberechtigte gerichteten bewilligungsbescheid vom 04.10.2011 ist die beklagte der aufgrund des heimvertrages zwischen der klägerin und der leistungsberechtigten begründeten zahlungsverpflichtung im wege eines kumulativen schuldbeitritts beigetreten. denn einem an einen leistungsberechtigten gerichteten verwaltungsakt kommt eine drittwirkung im sinne eines solchen schuldbeitritts gegenüber einem leistungserbringer zu, wenn die leistungserbringung – wie hier – in einem zwischen leistungsberechtigten, sozialhilfeträger und leistungserbringer bestehenden sozialhilferechtlichen dreiecksverhältnis erfolgt (vgl. nur bsg, urteil vom 28.10.2008, az. b 8 so 22/07 r und urteil vom 02.02.2010, az. b 8 so 20/08 r; lsg nrw, urteil vom 23.09.2013; az. l 20 so 394/12; sg dortmund, urteil vom 21.08.2012, az. s 41 so 583/11, jeweils m.w.n.). der schuldbeitritt erstreckt sich allerdings nur auf die vom bewilligungsbescheid der art und höhe nach erfassten leistungen (bsg, urteil vom 28.10.2008, b 8 so 22/07 r; lsg rheinland-pfalz, urteil vom 25.11.2010, az. l 1 so 8/10; coseriu, sozialrecht aktuell 2012, 99, 101). insoweit hat die beklagte die (auch) ihr obliegende leistung jedoch unstreitig bereits erbracht und vermag der bewilligungsbescheid vom 04.10.2011 das darüber hinausgehende klagebegehren nicht zu stützen. 21b) auch aus den das grundverhältnis zwischen leistungsberechtigtem und sozialhilfeträger prägenden materiell-rechtlichen regelungen des sgb xii im 1. – 9. kapitel ergibt sich kein zahlungsanspruch der klägerin gegen die beklagte. diese regelungen – mit ausnahme der § 19 abs. 6 und § 25 sgb xii – sind allein dem interesse des jeweils leistungsberechtigten zu dienen bestimmt, wie wortlaut und systematik zeigen (bsg, urteil vom 28.10.2008, b 8 so 22/07 r, juris-rn 27 und urteil vom 20.09.2012, az. b 8 so 20/11 r, juris-rn 12; eicher, sgb 2013, 127, 129 m.w.n.; pattar, sozialrecht aktuell, § 85 ff. m.w.n.): schon § 19 sgb xii – als vor die klammer gezogene und deshalb für alle leistungen des 3. – 9. kapitels maßgebliche anspruchsnorm (coseriu, jurispk-sgb xii, § 19 rn 4 und 12) mit der amtlichen überschrift "leistungsberechtigte" – adressiert seinem wortlaut nach allein denjenigen als anspruchsberechtigt, in dessen person die voraussetzungen der jeweiligen sozialhilfeleistungen erfüllt sind. auch bei den hier konkret in rede stehenden leistungen der hilfe zur pflege nach § 61 sgb xii sind anspruchsberechtigt allein die "personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen krankheit [ ...] der hilfe bedürfen". im hinblick auf das übertragungs-, verpfändungs- und pfändungsverbot des § 17 sgb xii und aufgrund seiner bedarfsorientierten natur wird der sozialhilfeanspruch überdies allgemein als höchstpersönlich eingeordnet (bverwge 58, 68 ff., lsg nrw, urteil vom 13.09.2007, az. l 9 so 8/06; lsg hamburg, urteil vom 14.06.2013, az. l 4 so 35/1; coseriu in: jurispk-sgb xii, § 17 rn 7). die jeweilige anspruchsnorm ist aus demselben grund allein dem interesse des jeweils hilfebedürftigen zu dienen bestimmt. sofern die hilfeleistung gleichwohl dritten – mittelbar – zu gute kommt, handelt es sich dabei lediglich um einen rechtsreflex. das belegt in systematischer hinsicht auch die existenz der §§ 19 abs. 6 und 25 sgb xii (eicher, sgb 2013, 127, 129). denn die einführung eines eigenständigen leistungsanspruchs (§ 25 sgb xii) bzw. die schaffung eines sonderrechtsnachfolgetatbestandes (§ 19 abs. 6 sgb xii) zum schutz berechtigter interessen dritter (vgl. bt-drs. 13/3906, s. 45 zu 28 abs. 2 bshg als vorgängervorschrift des § 19 abs. 6 sowie bsg, urteil vom 19.05.2009, az. b 8 so 4/08 r, juris-rn 14 zu § 25 sgb xii) wäre nicht nötig gewesen, wenn diese dritten sich unmittelbar auf das leistungsrecht im übrigen stützen könnten. 22an diesem auslegungsergebnis ändert sich auch für den fall nichts, dass eine sozialhilfeleistung in (nach § 75 sgb xii vereinbarungsgebunden) einrichtungen bzw. durch sonstige dienste i.s.v. § 75 abs. 1 satz 2 sgb xii und damit innerhalb eines sozialhilferechtlichen dreiecksverhältnisses erbracht wird. hierdurch wird allein der inhalt des primäranspruchs des leistungsberechtigten gegen den sozialhilfeträger modifiziert. statt wie außerhalb eines sozialhilferechtlichen dreiecksverhältnis – etwa bei den kosten der unterkunft nach § 35 sgb xii – auf zahlung entstehender bzw. entstandener kosten an den leistungsberechtigten selbst, ist der anspruch bei vorliegen eines sozialhilferechtlichen dreiecksverhältnisses auf übernahme dieser kosten durch den sozialhilfeträger in form der zahlung an den leistungserbringer gerichtet (eicher, sgb 2013, 127, 128 m.w.n.). denn innerhalb eines sozialhilferechtlichen dreiecksverhältnisses handelt es sich bei der vom sozialhilfeträger im grundverhältnis geschuldeten leistung weder um eine sach- noch um eine geldleistung (so aber die wohl überwiegende meinung zum überkommenen recht, vgl. die nachweise bei pattar, sozialrecht aktuell 2012, 85, 93), sondern vielmehr um einen anspruch auf sachleistungsverschaffung, wie sich aus der ausgestaltung der leistungsbeziehungen im sozialhilferechtlichen dreiecksverhältnis und insbesondere dem wortlaut des gesetzes ergibt (bsg, urteil vom 28.10.2008, az. b 8 so 22/07 r, juris-rn 17 ff.; lsg rheinland-pfalz, urteil vom 25.11.2010, az. l 1 so 8/10, juris-rn 31 ff.; coseriu, sozialrecht aktuell 2012, 99 f.; pattar, sozialrecht aktuell 2012, 85, 92 f. m.w.n.; a.a. ladage, sgb 2013, 553, 555). 23die klägerin kann ihr klagebegehren auch nicht auf die §§ 19 abs. 6 und 25 sgb xii stützen, die – obwohl sie dem leistungsrecht zugehörig sind und damit entgegen dem oben dargestellten grundsatz – ausnahmsweise ausdrücklich vom leistungsberechtigen verschiedenen dritten ansprüche einräumen. die tatbestandlichen voraussetzungen dieser regelungen sind nicht erfüllt: ein anspruch aus § 19 abs. 6 sgb xii kann sich erst nach dem tode der leistungsberechtigten ergeben und ein anspruch nach § 25 sgb xii scheidet jedenfalls dann aus, wenn – wie hier – der sozialhilfeträger bereits von anfang an kenntnis vom hilfefall hatte (vgl. zu dieser voraussetzung: bieback, in: grube/wahrendorf, sgb xii-kommentar, 4. auflage 2012, § 25 rn 21 f. m.w.n.). 24c) auch die regelungen des leistungserbringerrechts (§§ 75 ff. sgb xii) begründen die klage nicht. zwar trifft es zu, dass über § 75 abs. 5 sgb xii u.a. der § 72 sgb xi sowie die auf seiner grundlage geschlossenen (rahmen-)vereinbarungen auch im leistungsverschaffungsverhältnis zwischen klägerin und beklagter maßgeblich geworden sind. allerdings ergibt sich daraus kein unmittelbarer vergütunganspruch der klägerin gegen die beklagte (bsg, urteil vom 20.09.2012, az. b 8 so 20/11 r, juris-rn 12 m.w.n. sowie bsg, beschluss vom 18.03.2014, az. b 8 sf 2/13 r, rn 7). 25die bindung des sozialhilfeträgers an die pflegesatz- bzw. vergütungsvereinbarungen nach dem sgb xi bewirkt keinen übergang zu dem das sgb xi prägenden sachleistungsprinzip mit der folge eines unmittelbaren zahlungsanspruchs des leistungserbringers gegen den leistungsträger (vgl. dazu o´sullivan, in: jurispk-sgb xi, § 87a sgb xi rn 47 ff. m.w.n.). vielmehr gelten für die erbringung von leistungen durch zugelassene pflegeeinrichtungen im sinne des § 72 sgb xii an bedürftige hilfeempfänger die sozialhilferechtlichen grundprinzipien. nach dem normativen konzept des sgb xii (vgl. zusammenfassend zum gewährleistungsverantwortungsmodell: sächs. lsg, beschluss vom 12.12.2013, az. l 8 so 71/13 b er, juris-rn 14 m.w.n.) hat die bezugnahme auf die verträge i.s.d. § 72 sgb xi nicht zur folge, dass sich der zahlungsanspruch des leistungserbringers – wie im sgb xi – automatisch gegen den leistungsträger richtet (bsg, urteil vom 20.09.2012, az. b 8 so 20/11 r, juris-rn 12; eicher, sgb 2013, 127, 129 f.; jaritz/eicher, jurispk-sgb xii, § 75 rn 72; a.a. ladage, sgb 2013, 553, 555 und sächs. lsg, beschluss vom 12.12.2013, az. l 8 so 71/13 b er, juris-rn 15 in einem obiter dictum; in diese richtung auch brünner/philipp, rsde 2008, 1, 20 ff. hinsichtlich eines eigenen anspruchs des einrichtungsträgers auf die für die höhe der leistung vorgreifliche frage der zutreffenden zuordnung zu einer hilfebedarfsgruppe). der gesetzgeber wollte für das sgb xii keinen generellen übergang zum sachleistungsprinzip wie es im sgb v und sgb xi geregelt ist, sondern hat sich an diesen regelungen nur orientiert und sich ihnen angenähert (bsg, urteil vom 28.10.2008, az. b 8 so 22/07 r, juris-rn 15 und 17). dies wird durch eine gegenüberstellung von § 52 abs. 3 sgb xii und § 75 abs. 5 sgb xii deutlich: während § 52 abs. 3 sgb xii für die hilfen zur gesundheit pauschal und umfassend die anwendung des leistungserbringerrechts des sgb v anstelle der §§ 75 ff. sgb xii anordnet und deshalb (nur insoweit) einen übergang zum sachleistungsprinzip zur folge hat (vgl. söhngen, in: jurispk-sgb xii, § 52 rn 15; jaritz/eicher, in: jurispk-sgb xii, § 75 rn 22 m.w.n.), verweist § 75 abs. 5 sgb xii lediglich selektiv – hinsichtlich "art, inhalt, umfang und vergütung" der leistungen – auf das leistungserbringerrecht des sgb xi. schon dieser nur selektive verweis spricht dagegen, hierin die anordnung des vollständigen und pauschalen übergangs zu dem dem sgb xii ansonsten fremden sachleistungsprinzip zu sehen. überdies stellt § 75 abs. 5 sgb xii eine ausnahme zu absatz 3 der vorschrift dar, wonach der sozialhilfeträger zur übernahme der vergütung nur verpflichtet ist, wenn mit dem leistungserbringer eine leistungs-, vergütungs- und prüfungsvereinbarung besteht (flint, in: grube/wahrendorf, aao., § 75 rn 49). vor diesem systematischen hintergrund treten aber die durch § 75 abs. 5 satz 1 sgb xii in bezug genommenen regelungen des achten kapitels des sgb xi und damit die auf ihrer grundlage geschlossenen vereinbarungen nur an die stelle der an sich nach § 75 abs. 3 sgb xii erforderlichen vereinbarungen, ohne eine darüberhinausgehende regelungswirkung zu entfalten. insbesondere die in § 75 abs. 5 sgb xii in bezug genommenen regelungen zur vergütung führen deshalb nicht zur geltung des sachleistungsprinzips, sondern sind nur insoweit anwendbar, als sie an sich im rahmen einer vergütungsvereinbarung nach § 75 abs. 3 sgb xii zu treffende regelungen enthalten. ansonsten modifizierte § 75 abs. 5 sgb xii nicht nur § 75 abs. 3 sgb xii, sondern hätte – obwohl nur eine eng auszulegende ausnahmevorschrift – einen weitergehenden regelungsgehalt als die grundnorm des § 75 abs. 3 sgb xii. die annahme eines solchen ist deshalb weder systematisch geboten, noch zur erreichung des zwecks der vorschrift – sicherstellung der einheitlichkeit der vergütung im pflegesektor (jaritz/eicher, in: jurispk-sgb xii, § 75 rn 72; münder, in: lpk-sgb xii, 9. auflage 2012, § 75 rn 40, jeweils m.w.n.) – erforderlich. für diese einschätzung spricht die systematik des gesetzes auch unter einem anderen gesichtspunkt: der gesetzgeber hat die anwendung des leistungserbringerrechts des sgb v für die hilfen zur gesundheit durch § 52 abs. 3 sgb xii – einer norm des 5. kapitels und damit des leistungsrechts und nicht des leistungserbringerrechts – angeordnet. hätte er für die hilfe zur pflege die anwendung der §§ 75 ff. sgb xii ausschließen und die vollständige anwendung des leistungserbringerrechts des sgb xi einschließlich des übergangs zum sachleistungsprinzips anordnen wollen, wäre deshalb parallel dazu auch eine dem § 52 abs. 3 sgb xii ähnliche regelung innerhalb des 7. kapitels des sgb xii und nicht bloß ein begrenzter verweis auf einzelne aspekte des leistungserbringerrechts des sgb xi in § 75 abs. 5 sgb xii zu erwarten gewesen. zwar nimmt der gesetzgeber – wie von der klägerin angesprochen – auch im 7. kapitel des sgb xii in § 61 abs. 5 sgb xii bezug auf verschiedene verordnungen, richtlinien, rahmenverträge, bundesempfehlungen und vereinbarungen, die jeweils auf der grundlage von vorschriften des sgb xi erlassen wurden. inhaltlich betreffen diese regelungen jedoch nur fragen der feststellung von pflegebedürftigkeit – also des bedarfs i.s.d. sgb xii – und die bezugnahme auf sie soll die zugrundelegung gleicher maßstäbe für die feststellung von pflegebedürftigkeit bei leistungen nach dem sgb xi und dem sgb xii gewährleisten (meßling, in: jurispk-sgb xii, § 61 rn 159 m.w.n.). schließlich dienen die nach § 75 abs. 3 sgb xii zu treffenden oder über § 75 abs. 5 sgb xii in bezug genommenen vereinbarungen als originäres regelungsinstrumentarium des leistungserbringungsrechts lediglich der erbringung von sozialhilfeleistungen im grundverhältnis, schaffen aber keine davon unabhängigen eigenständigen ansprüche für den in die leistungserbringung eingeschalteten einrichtungsträger, sondern wirken sich lediglich über rechtsreflexe in den anderen rechtsbeziehungen des sozialhilferechtlichen dreiecks aus (jaritz/eicher, jurispk-sgb xii, § 76 rn 60). dies belegt nicht zuletzt § 19 abs. 6 sgb xii, dessen es bei einer anderen sichtweise überhaupt nicht (mehr) bedurft hätte (eicher, sgb 127, 129). 26an diesem ergebnis ändert auch der wohl in richtung einer analogen anwendung der regelungen des sgb xi gehende verweis der klägerin auf die rechtsprechung des bsg zum sgb xi nichts, wonach einer pflegeeinrichtung als leistungserbringer ein unmittelbar gegen die pflegeversicherung als leistungsträger gerichteter und unabhängig vom anspruch des pflegeversicherten leistungsberechtigten bestehender eigener anspruch auf die jeweils leistungsgerechte vergütung nach der jeweils zutreffenden pflegestufe/-klasse zukommt (bsg, urteil vom 01.09.2005, az. b 3 p 4/04 r und urteil vom 07.10.2010, az. b 3 p 4/09 r). denn das bsg geht in seiner rechtsprechung von der regelung des § 87a abs. 3 sgb xi aus, mit der der gesetzgeber selbst als ausdruck des im sgb xi herrschenden sachleistungsprinzips der pflegeeinrichtung einen unmittelbaren vergütungsanspruch gegen die pflegeversicherung eingeräumt hat (bsg, urteil vom 07.10.2010, az. b 3 p 4/09 r, juris-rn 10: "rechtsgrundlage des mit der klage verfolgten weiteren vergütungsanspruchs ist § 87a abs. 3 i.v.m. § 82 abs. 1, § 84 abs. 2 satz 1 sgb xi und dem hier maßgeblichen versorgungsvertrag sowie der pflegesatzvereinbarung für die von dem kläger betriebene pflegeeinrichtung (vgl. §§ 72, 73 und § 85 sgb xi)."). dieser anspruch bestand und besteht seit seiner einführung im sgb xi unstreitig. in den von der klägerin angeführten urteilen verhält sich das bsg bei genauer betrachtung deshalb auch lediglich zum genauen inhalt dieses gesetzlich ohnehin bestehenden anspruchs, indem es als zum anspruch zugehörig auch das recht auf eine zutreffende einstufung des pflegebedarfs des versicherten ansieht und dazu im rahmen einer zahlungsklage der pflegeeinrichtung gegen den kostenträger eine inzidente überprüfung des pflegebedarfs und damit ggf. die einordnung in eine höhere pflegeklasse/-stufe für möglich hält. für eine übertragung dieser rechtsprechung in das sgb xii fehlt es deshalb schon an einer dem § 87a abs. 3 sgb xi vergleichbaren anspruchsgrundlage als dogmatischem ausgangspunkt. denn anders als im vom sachleistungsprinzip geprägten sgb xi findet sich im leistungserbringerrecht des sgb xii gerade keine rechtsnorm, die dem leistungserbringer einen unmittelbar gegen den sozialhilfeträger gerichteten eigenen anspruch einräumt (im ergebnis ebenso: jaritz/eicher, jurispk-sgb xii, § 76 rn 62 m.w.n.). 27sofern von der klägerin und im schrifttum (ladage, sgb, 553, 555; vgl. auch brünner/philipp, rsde 2008, 1, 20 ff. hinsichtlich eines eigenen anspruchs des einrichtungsträgers auf zutreffende zuordnung zu einer hilfebedarfsgruppe) schließlich im ergebnis argumentiert wird, ein eigener (vergütungs-)anspruch des leistungsträgers ergäbe sich als korrelat der ihm durch die §§ 75 ff. sgb xii und die auf dieser grundlage geschlossenen oder in bezug genommen vereinbarungen auferlegten pflichten (in diese richtung auch das sächs. lsg, beschluss vom 12.12.2013, az. l 8 so 71/13 b er, juris-rn 15, dass einen leistungsanspruch des leistungserbringers aus der synallagmatischen verbindung von (pflege-)leistung und gegenleistung folgert), wird damit nicht das vorliegen eines anspruchs im sinne eines subjektiven-öffentlichen rechts dogmatisch begründet, sondern lediglich ein umstand genannt, der rechtspolitisch dafür sprechen könnte, dem leistungserbringer eigene klagbare ansprüche einzuräumen (vgl. zur sozialpolitischen kritik an der rechtslage: eicher, sgb 2013, 127, 131). dies bleibt jedoch aufgrund des oben dargestellten normbefundes aufgabe des gesetzgebers (a.a. ladage, sgb 2013, 553, 555). bis zu einem etwaigen gesetzgeberischen tätigwerden sind leistungserbringer wie die klägerin auf die inanspruchnahme zivilgerichtlichen rechtschutzes im erfüllungsverhältnis zum leistungsberechtigten zu verweisen (vgl. jaritz/eicher, in: jurispk-sgb xii, § 76 rn 67 und dieselben, in: jurispk-sgb xii, § 75 rn 96 ff., jeweils m.w.n.). aufgrund der danach bestehenden rechtschutzmöglichkeit wird der klägerin zur überzeugung der kammer auch der verfassungsrechtlich durch art. 19 gg garantierte effektive rechtschutz zu teil. 28nichts anderes folgt aus dem von der klägerin beklagten umstand, dass ihrer meinung nach den an pflegesatzverhandlungen beteiligten sozialhilfeträgern ein faktisches vetorecht zukomme, weil die pflegekassen und vertreter der landschaftsverbände einem pflegesatzergebnis nur zustimmten, wenn von seiten der sozialhilfeträger ebenfalls übereinstimmend das im rahmen der verhandlungen erzielte ergebnis gebilligt wird. dieser umständ dürfte nämlich nicht so sehr der bedeutung geschuldet sein, die die zustimmung der sozialhilfeträger zu den pflegesätzen für die pflegekassen hat, sondern auf § 85 abs. 5 satz 2 sgb xi zurückgehen. danach hat der sozialhilfeträger im pflegesatzverfahren als einziger beteiligter das recht, durch widerspruch gegen eine ansonsten wirksam abgeschlossene pflegesatzvereinbarung eine schiedsstellenentscheidung herbeizuführen. diese regelung soll vermeiden, dass die pflegekassen mit ihrer regelmäßig bestehenden mehrheit zulasten des träger der sozialhilfe überhöhte unterkunfts- und versorgungspauschalen vereinbaren (o´sullivan in: jurispk-sgb xi, 1. aufl. 2014, § 85 rn 45; pattar, sozialrecht aktuell 2012, 85, 91) und kann deshalb schon von der gesetzgeberischen intention her nicht als beleg für die notwendigkeit dienen, den leistungserbringern einen eigenständigen anspruch gegen den sozialhilfeträger einzuräumen. 29d) schließlich lässt sich auch den konkret zwischen den beteiligten geltenden vereinbarungen kein anspruch der klägerin entnehmen. dabei kann dahinstehen, ob die jeweils beteiligten trotz des normativen konzepts des sgb xii überhaupt berechtigt sind, in vereinbarungen nach § 75 sgb xii bzw. über § 75 abs. 5 sgb xii anwendbaren vereinbarungen nach § 72 sgb xi dem leistungserbringer selbstständige ansprüche gegen den jeweiligen leistungsträger einzuräumen. denn jedenfalls in den konkret geltenden vereinbarungen findet sich – insbesondere auch in dem die vergütung betreffenden § 6 des versorgungsvertrages nach § 72 sgb xi vom 14.02.2008 – keine entsprechend interpretierbare regelung. 303. die kosten des verfahrens trägt die klägerin als unterliegende beteiligte (§ 197a sgg in verbindung mit § 154 abs. 1, § 155 abs. 1 satz 2 verwaltungsgerichtsordnung). das verfahren unterfällt dem regelungsbereich des § 197a sgg, weil weder die klägerin noch die beklagte zu den in § 183 genannten personen gehören (vgl. bay lsg, urteil vom 31.10.2013, az. l 8 so 88/13 und jaritz/eicher, jurispk-sgb xii, § 76 rn 103). | Verklagte*r | 0 |
344,945 | 7 K 884/21 | 2022-03-31T00:00:00 | Urteil | Tenor Die verkehrsrechtlichen Anordnungen des Beklagten vom 6. November 1981 und vom 13. August 1982, durch die für die M.-----straße 701 (Q.------straße ) zwischen der Einmündung der Straße P.--ring in C1. und der Einmündung der Straße T. die Beschilderung der Verkehrszeichen 255 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO – Untersagung der Verkehrsteilnahme, Verbot für Krafträder, auch mit Beiwagen, Kleinkrafträder und Mofas – angeordnet wurde, und die diese Anordnungen umsetzenden aufgestellten Verkehrszeichen 255 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO werden aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1cht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 2Tatbestand: 3Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der verkehrsrechtlichen Anordnungen des Beklagten vom 6. November 1981 und vom 13. August 1982, durch die für die M.-----straße 701 (Q.------straße ) zwischen der Einmündung der Straße P.--ring in C1. und der Einmündung der Straße T. (im Folgenden: L 701) die Beschilderung der Verkehrszeichen 255 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) – Untersagung der Verkehrsteilnahme, Verbot für Krafträder, auch mit Beiwagen, Kleinkrafträder und Mofas – angeordnet und durch deren Aufstellung umgesetzt wurden. 4Die in jede Fahrtrichtung einspurig verlaufende L 701, die nur teilweise und teils auch nur einseitig über Randstreifen verfügt, verbindet die Stadt C1. mit dem Ortsteil I. -Q1. . Sie weist hinter der Einmündung des P1.--rings in C1. in Fahrtrichtung I. auf einer Länge von etwa 2 km mehr als 15 kurz aufeinander folgende Kurven, teilweise mit relativ engem Radius auf, wobei sich darunter kurz vor der Einmündung in die Straße T. zwei Kurven von jeweils etwa 180 Grad („S-Kurve“) befinden; in dieser S-Kurve wurde – ebenso wie im weiteren Verlauf der Straße – eine Bushaltestelle angelegt. In den Kurven sind teilweise Leitplanken vorhanden, in der S-Kurve auch mit Richtungstafeln. Nach Aktenlage beträgt die Oberkante der Leitplanken maximal 0,75 m. Der Höhenunterschied zwischen der Einmündung der Straße P.--ring (ca. 374 m) und der Einmündung der Straße T. (ca. 286 m) beträgt ca. 90 m. 5Ausweislich der Niederschrift über die Sitzung der Stadtvertretung C1. vom 11. November 1980 wurde die neu ausgebaute Q.------straße insbesondere durch pendelnde Motorradfahrer in Gruppen mit überhöhter Geschwindigkeit genutzt, wodurch Geräuschbelästigungen verursacht wurden, die Anlass für Beschwerden waren. Nach einem Vermerk des Beklagten vom 17. Februar 1981 haben die Polizeistation T. /F. und der Verkehrsdienst im Zuge einer verstärkten Streifentätigkeit verkehrsgerechtes Verhalten der Zweiradfahrer durchgesetzt. Der Beklagte führte mit an das Landesstraßenbauamt (damaliger Straßenbaulastträger) gerichteten Schreiben vom 29. April 1981 aus, dass in dem hier interessierenden Bereich ein sehr starkes Unfallgeschehen zu verzeichnen sei, an dem ausschließlich Motorradfahrer beteiligt seien, wobei sich diese Unfälle nur an Sonn- und Feiertagen ereignet hätten. Die Unfälle seien darauf zurück zu führen, dass die Strecke als Rennstrecke genutzt werde, wobei sich die L 701 bedingt durch den Ausbau und die kurvenreiche Streckenführung anbiete. Als wirksame verkehrsregelnde Maßnahme komme nur eine Sperrung der L 701 für Motorräder in Betracht; Maßnahmen wie z. B. die Einrichtung einer Geschwindigkeitsbegrenzung, einer Überholverbotsstrecke oder die Ausschilderung der Kurven durch Richtungstafeln hätten keinen Rückgang der Unfallzahlen zur Folge gehabt, da die Motorradfahrer die Strecke als Rennstrecke benutzen und die vorgenannten Maßnahmen nicht beachten würden. Daher wurde eine probeweise Sperrung für Motorräder an Sonn- und Feiertagen geplant. Das frühere Landesstraßenbauamt hielt in seiner Antwort vom 12. Juni 1981 die Sperrung auf Dauer nicht für vertretbar. 6Der Beklagte ordnete gegenüber dem früheren Landesstraßenbauamt mit Schreiben vom 12. Juni 1981 die Aufstellung von Zeichen 255 StVO mit dem Zusatzzeichen 813 StVO mit der Aufschrift „an Sonn- und Feiertagen“ auf der L 701 zwischen C1. und I. -Q1. an. Dort ist ausgeführt, dass bekannt sei, dass die L 701 sehr viele topografische Warneffekte (enge Kurven, starkes Gefälle) aufweise, so dass bei angepasster Fahrweise keine Verkehrsunfälle passieren dürften. Das Problem liege allerdings einzig und allein in dem Fehlverhalten der Motorradfahrer, die die kurvenreiche Strecke für Fahrübungen ausnutzen würden. Die einzige Möglichkeit, die dort vorhandenen Unfälle auszuschließen, könne daher nur die Sperrung der L 701 für Motorräder sein. 7In dem Zeitraum vom 1. Januar 1981 bis 9. Juli 1981 wurden durch den Beklagten ausweislich der Meldung vom 15. Juli 1981 insgesamt neun Unfälle mit Krädern, davon ein Unfall mit einem Toten und acht Unfälle mit Verletzten (in vier Fällen Schwerverletzte, in fünf Fällen leicht Verletzte), davon sieben bzw. zwei Unfälle aus der gleichen Bewegungsrichtung. Als Unfallart wurde Unfallart 8/9 (Abkommen von der Fahrbahn nach rechts/links) angegeben. Die Unfälle ereigneten sich ausweislich der Meldung unter gleichen Umständen, weil die Fahrgeschwindigkeit dem kurvenreichen Verlauf der Straße nicht angepasst wurde. 8Im Einzelnen:7.3. (Samstag, gegen 10:10 Uhr,) C1. – I. , Unfallursache 11 (Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot)/13 (nicht angepasste Geschwindigkeit in anderen Fällen), Straßenglätte, 1 Leichtverletzter, 912.4. (Sonntag, gegen 15:10 Uhr) C1. – I. , Unfallursache, 11/13, 1 Schwerverletzter, 1012.4. (Sonntag, gegen 16:40 Uhr) I. – C1. , Unfallursache 11/13, 1 Leichtverletzter, 1120.4. (Ostermontag, gegen 13:30 Uhr) C1. – I. , Unfallursache 13, 1 Schwerverletzte, 1226.4. (Sonntag, gegen 19:40 Uhr) C1. – I. , Unfallursache 13, 1 Schwerverletzter, 1 Leichtverletzter, 1310.5. (Sonntag, gegen 20:25 Uhr) C1. – I. , Unfallursache 13, 1 Leichtverletzter, 1421.5. (Donnerstag, gegen 21:15 Uhr) I. – C1. , Unfallursache 13, 1 Leichtverletzter, 151.6. (Montag, gegen 20:10 Uhr) C1. – I. , Unfallursache 13, 1 Schwerverletzter, 169.7. (Donnerstag, gegen 21:00 Uhr) I. – C1. , Unfallursache 13, 1 Toter. 17Ein Unfall ereignete sich im Bereich der „S-Kurve“ in der Nähe der Einmündung in die Straße T. , sieben Unfälle ereigneten sich von C1. aus gesehen in dem Kurvenbereich vor der „S-Kurve“. 18Mit verkehrsrechtlicher Anordnung vom 7. Juli 1981 wurde die L 701 für Kradfahrer an Sonn- und Feiertagen zunächst auf Probe für die Dauer von drei Monaten gesperrt. Mit verkehrsrechtlicher Anordnung vom 6. November 1981 wurde diese Sperrung endgültig angeordnet, da sich im Zeitraum der probeweisen Sperrung keine weiteren Unfälle mit Motorrädern ereignet hätten und auch keine Beschwerden gegen die probeweise Sperrung vorgebracht worden seien. 19Die Unfalllage im Jahr 1982 stellte sich ausweislich eines Schreibens der Kreispolizeibehörde vom 4. August 1982 in Bezug auf Krafträder wie folgt dar. 2014.3. (Sonntag, gegen 17:20 Uhr) C1. – I. , Unfallursache 13, 14, 1 Leichtverletzter, 1 Schwerverletzter, 2122.4. (Donnerstag, gegen 18:00 Uhr) I. – C1. , Unfallursache 13, 1 Leichtverletzter, 2218.5. (Dienstag, gegen 16:43 Uhr) bergwärts, Unfallursache 13, 1 Schwerverletzter, 2322.7. (Donnerstag, gegen 20:20 Uhr) C1. – I. , Unfallursache 13, 1 Schwerverletzter, 2430.7. (Montag, gegen 21:00 Uhr), nördliche Richtung, Unfallursache 13, 1 Leichtverletzter, 253.8. (Dienstag, gegen 16:50 Uhr) C1. – I. , Unfallursache 86: Wild auf der Fahrbahn, 1 Toter. 26Mit verkehrsrechtlicher Anordnung vom 13. August 1982 wurde die Sperrung der L 701 für Kradfahrer für alle Wochentage angeordnet und am 2. September 1982 umgesetzt. 27Ausweislich einer Stellungnahme der Polizeistation T1. /F. vom 6. Januar 1989 waren die Kradunfälle besonders folgenschwer, wenn die gestürzten Kradfahrer wegen der hohen Geschwindigkeit gegen bzw. unter die Leitplanken katapultiert wurden. Der Freiraum zwischen der Unterkante der Leitplanken und der Oberfläche des Randstreifens habe durchschnittlich 55 bis 65 cm betragen. Ein über die Fahrbahn schleudernder Kradfahrer rutsche somit unter der Leitplanke her. Nach den geltenden Richtlinien seien die Leitplanken zu hoch angebracht. 28Die Kreispolizeibehörde teilte mit Schreiben vom 19. Januar 1989 diese Einschätzung und führte aus, dass erst eine zweite Leitplanke in den Kurvenbereichen verhindern könne, dass die Kradfahrer unter den Leitplanken hindurchrutschen und sich lebensgefährliche oder gar tödliche Verletzungen zuzögen. 29Der Kläger befuhr eigenen Angaben zufolge erstmals im Sommer 2020, aber auch am 26. März 2021 mit seinem Krad die L 701 und wurde durch die entsprechende Beschilderung an einer Weiterfahrt gehindert. Er beabsichtigt, die Strecke tatsächlich zu befahren und muss durch die Sperrung Umwege in Kauf nehmen. 30Am 3. April 2021 hat der Kläger Klage erhoben und gleichzeitig einen einstweiligen Rechtsschutzantrag gestellt, den das erkennende Gericht mit Beschluss vom 19. Mai 2021 (Az: 7 L 274/21) abgelehnt hat, soweit der Beklagte betroffen war. Die hiergegen erhobene Beschwerde des Klägers (Az. 8 B 975/21) blieb erfolglos. 31Im Nachgang zu dem Eilverfahren führten Vertreter der Polizei, der Bezirksregierung, des Landesbetriebs Straßenbau NRW, der Stadt I. und des Beklagten am 22. Oktober 2021 ein Gespräch betreffend die Sperrung der L 701 für Krafträder. Auf Anforderung des Gerichts übersandte der Beklagte den hierüber gefertigten Vermerk. 32Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor: 33Er sei klagebefugt. Die Voraussetzungen für eine Streckensperrung seien nicht gegeben. Gründe der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs würden diese Maßnahme nicht gebieten. Er bestreite, dass ein Unfallschwerpunkt vorliege. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO lägen nicht vor. Die dort geforderte besondere konkrete Gefahrenlage ergäbe sich weder aus den Verwaltungsvorgängen, noch aus den verkehrsrechtlichen Anordnungen. Der wenig konkrete Vortrag, dass der Abschnitt durch enge Kurven und ein starkes Gefälle gekennzeichnet sei, reiche nicht aus, um daraus die besonderen örtlichen Verhältnisse oder aber ein bestimmtes Streckenprofil zu belegen, welches gerade zu einem risikoreichen Fahrstil verleitete. Er könne nicht der pauschalen Annahme folgen, dass der Trassenverlauf – mehr als im allgemeinen Straßenverkehr üblich – Motorradfahrer anziehe und zur vorschriftswidrigen Fahrweise herausfordere. Der Verwaltungsvorgang enthalte insoweit im Wesentlichen allgemeine Behauptungen. Auch der Umstand, dass private Rennen durchgeführt würden, sei nicht belegt. Das Abstellen auf die Zahl der Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Krafträdern und der Schwere der Verletzungen der Verunfallten rechtfertige nicht die Annahme, dass auf diesem Streckenabschnitt ein durch besondere örtliche Verhältnisse bedingtes weiteres Schadensrisiko bestehe. Die bloße Auflistung der Anzahl von Verkehrsunfällen ohne das Hinzuziehen weiterer straßenverkehrsbezogener Aspekte sei nicht geeignet, ein gerade für die Benutzung mit Krafträdern aus besonderen örtlichen Verhältnissen abzuleitendes erhöhtes Schadensrisiko hinreichend plausibel zu belegen. Es sei auch unzulässig, aus dem Ergebnis der Streckensperrung allein auf das Vorliegen der Voraussetzungen zu schließen. Es verstehe sich von selbst, dass in den Jahren der Streckensperrung keine Motorradunfälle passiert seien. Angaben über Unfälle anderer Verkehrsteilnehmer habe die Beklagte im Übrigen nicht gemacht. Die pauschale Bezugnahme auf Unfallstatistiken der achtziger Jahre erscheine problematisch, weil objektive Erhebungen über den Umfang des Motorradverkehrs weder in den achtziger Jahren noch darauffolgend getroffen worden seien. Diese seien aber erforderlich, um feststellen zu können, ob die Behauptung richtig sei, dass sich überdurchschnittlich viele Motorradunfälle ereignet hätten. In der Vergangenheit habe auch der Landschaftsverband X. -M1. mit Schreiben vom 12. Juni 1981 Bedenken gegen die Sperrung erhoben. Ausweislich der Verwaltungsvorgänge sei die Aufhebung der Streckensperrung unter der Voraussetzung gefordert worden, dass weitere Schutzplanken (zweite Leitplanke) angebracht würden. Warum dies nicht in nahezu 40 Jahren geschehen sei, sei nicht nachvollziehbar; dies insbesondere deshalb, weil die Leitplanken ausweislich der Verwaltungsvorgänge zu hoch angebracht worden seien. Es sei daher zwingend geboten, die Leitplanken zu erneuern und durch doppelte Leitplanken zu ersetzen. 34Die Streckensperrung sei auch unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft. Sofern in diesem Bereich vor der Sperrung Streckengeschwindigkeitskontrollen durchgeführt worden sein sollten, dürften diese nach seiner Ansicht keinen besonders hohen Anteil der ausgesperrten Verkehrsteilnehmer ergeben haben. Mildere Maßnahmen seien nicht in den Blick genommen worden. So könnten etwa doppelte Leitplanken installiert werden oder aber die Schutzplankenpfosten mit Anpralldämpfern versehen werden. Da der Beklagte die Sperrung insbesondere damit begründe, dass die Unfälle deshalb so folgenschwer gewesen seien, weil Kradfahrer, wenn sie im Kurvenbereich zu Fall kämen, angeblich fast zwangsläufig gegen einen Leitplankenpfosten geschleudert würden, so wäre es gerade zwingend geboten gewesen, Maßnahmen zu ergreifen, um solche schweren Verletzungen zu verhindern. Dies lasse sich technisch ohne weiteres durch Kunststoffummantelungen der Leitplankenpfähle oder noch besser durch eine zweite untere Leitplanke bewerkstelligen. Im Jahr 1988 habe die Beklagte eine vorgeschlagene kostenfreie Montierung von Anpralldämpfern abgelehnt. Systeme, die die bisher vorhandenen Leitplanken entschärfen könnten, seien durchaus günstiger als die im Vermerk aus Oktober 2021 veranschlagten 50.000 bis 80.000 € zu bekommen. In Betracht komme zudem die Anbringung von sogenannten quer zur Fahrbahn verlaufenden Rüttelstreifen, die wirkungsvoll und kostengünstig seien. Diese Maßnahme sei ein ohne weiteres geeignetes Mittel, die Strecke für die kritischen Fahrweisen einzelner Verkehrsteilnehmer weitgehend uninteressant zu machen und dadurch die Gefahr bereits des Entstehens von Unfällen hinreichend zu minimieren. Zudem könnten an der Mittellinie verlaufende Leitschwellen eingebaut werden. Diese würden das Fahren auf die Gegenfahrbahn und damit das Kurvenschneiden verhindern. Die Annahme des Beklagten, dass in Motorradkreisen bekannt sei, dass bei Rüttelstreifen schneller gefahren werde, um die Auswirkungen des Rüttelns zu minimieren, sei falsch, nicht belegbar und abwegig. Gerade Rüttelstreifen seien in Verbindung mit zum Beispiel Geschwindigkeitsbeschränkungen und anderen von ihm genannten Maßnahmen geeignete, aber weniger einschneidende Maßnahmen. Zudem kämen auch Geschwindigkeitsbegrenzungen – ggf. beschränkt auf Zweiradfahrer – und die Anbringung des Verkehrszeichens 295 (Fahrstreifenbegrenzung) in Betracht. Nicht nachvollziehbar sei, warum das Aufstellen von Halteverbotsschildern entlang der Strecke, das ebenfalls im Rahmen des Gespräches im Oktober 2021 besprochen worden sei, nicht kurzfristig umgesetzt werden könne. Die Entscheidung des Beklagten sei nicht auf einer belastbaren Tatsachengrundlage ergangen. Der Sachverhalt sei nicht vollständig ermittelt worden. Länger angelegte Geschwindigkeitsmessungen seien nicht aktenkundig. Nach alledem sei er – der Kläger – in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit verletzt. 35Der Kläger beantragt sinngemäß, 36die verkehrsrechtlichen Anordnungen des Beklagten vom 6. November 1981 und vom 13. August 1982, durch die für die M.-----straße 701 (Q.------straße ) zwischen der Einmündung der Straße P.--ring in C1. und der Einmündung der Straße T. die Beschilderung der Verkehrszeichen 255 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO – Untersagung der Verkehrsteilnahme, Verbot für Krafträder, auch mit Beiwagen, Kleinkrafträder und Mofas – angeordnet und durch deren Aufstellung umgesetzt wurden, aufzuheben. 37Der Beklagte beantragt, 38 die Klage abzuweisen. 39Er trägt vor: Auch heute bestehe aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse (hohe Anzahl von scharfen und engen Kurven, zwei Kurven von 180 Grad, starkes Gefälle) eine Gefahrenlage, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung von Leib und Leben – sowohl für Motorradfahrer als auch für andere Verkehrsteilnehmer – erheblich übersteige. Für die Sperrung sei maßgeblich gewesen, dass ein sehr starkes Unfallgeschehen vorgelegen habe, an dem ausschließlich Motorradfahrer beteiligt gewesen seien. Alle Mitglieder der damaligen Unfallkommission seien sich darüber einig gewesen, dass als wirksame verkehrsregelnde Maßnahme nur eine Sperrung der L 701 für Motorräder in Frage komme. Andere Maßnahmen wie zum Beispiel die Einrichtung einer Geschwindigkeitsbegrenzung, einer Überholverbotsstrecke oder die Ausschilderung der Kurven durch Richtungstafeln hätten keinen Rückgang der Unfallzahlen zur Folge haben können, da die Motorradfahrer die L 701 als Rennstrecke benutzen und die vorgenannten Maßnahmen nicht beachten würden. Die Unfälle seien deswegen so folgenschwer, weil die Kradfahrer, wenn sie im Kurvenbereich zu Fall kämen, zwangsläufig gegen einen Leitplankenpfosten geschleudert würden. Der Vorschlag zur Anbringung einer zweiten Schutzplanke sei vom damaligen Landesstraßenbauamt abgelehnt worden. Daher sei aus Verkehrssicherheitsgründen die Sperrung für alle Wochentage angeordnet worden. Der Streckenabschnitt habe auch keine besondere Verkehrsbedeutung. Eine Ummantelung der Schutzplankenpfosten biete einen verbesserten Schutz für von der Fahrbahn abkommende Motorradfahrer, nehme jedoch auf die Unfallursache keinen Einfluss. Es habe sehr wohl ein Unfallschwerpunkt vorgelegen; auch andere Maßnahmen seien geprüft worden, jedoch sei die Sperrung als einzig mögliche Maßnahme zur Vermeidung von weiteren Unfällen angesehen worden. Dieses Ergebnis sei auch im Rahmen des Termins im Oktober 2021 bestätigt worden. Andere Maßnahmen, die bei Öffnung der Straße geeignet seien, entsprechende Unfälle zu verhindern, seien nicht ersichtlich. Der Einbau von Rüttelstreifen würde nicht den gewünschten Erfolg bringen, da aus Motorradkreisen bekannt sei, dass Motorradfahrer bei Rüttelstreifen schneller fahren würden, um die Auswirkungen des Rüttelns zu minimieren. Die vom Kläger vorgeschlagenen Maßnahmen würden lediglich dazu führen, dass die Folgen der Unfälle eventuell gemindert würden; die Unfallursachen würden jedoch nicht bekämpft. Es seien keine Maßnahmen ersichtlich, die bei Öffnung der Straße geeignet wären, entsprechende Unfälle zu vermeiden. Eine Geschwindigkeitsbeschränkung müsse zum einen aufgrund der gesetzlichen Vorschriften (§§ 1, 39 StVO) und zum anderen aufgrund der aktuellen unauffälligen Unfalllage nicht angeordnet werden. Obwohl es sich um eine M.-----straße handele, sei eine besondere verkehrliche Erschließung – insbesondere in Bezug auf Kradfahrer – nicht gegeben. Die Stadt C1. und der Ortsteil I. –Q1. seien problemlos über andere Zuwegungen erreichbar. Die durch die Sperrung entstehenden Umwege seien zumutbar. Die kurzfristige Aufhebung der Sperrung sei auch mit Blick auf die massiv angestiegene Zahl der Motorradfahrer unverantwortlich. 40Der Kläger und der Beklagte haben mit Schriftsätzen vom 9. März 2022 bzw. 21. März 2022 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin und ohne mündliche Verhandlung erklärt. 41Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte – auch des Verfahrens 7 L 274/21 – und der von dem Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen. 42Entscheidungsgründe: 43Die Kammer kann mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung und durch die Berichterstatterin entscheiden (vgl. §§ 101 Abs. 2, 87 a Abs. 2, Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) 44Die zulässige Klage ist begründet. 45Die Anfechtungsklage des Klägers ist zulässig. 46Der Kläger ist insbesondere klagebefugt (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO). Als Motorradfahrer kann er als eine Verletzung seiner Rechte geltend machen, dass die rechtssatzmäßigen Voraussetzungen für die auch ihn treffenden Verkehrsbeschränkungen nach § 45 StVO nicht gegeben sind. Hinsichtlich der behördlichen Ermessensausübung kann er allerdings nur verlangen, dass seine eigenen Interessen ohne Rechtsfehler mit den Interessen der Allgemeinheit und anderer Betroffener, die für die Verkehrsbeschränkung sprechen, abgewogen werden. Da der Kläger seinen eigenen Angaben zufolge erstmals im Sommer 2020 bzw. am 26. März 2021 mit seinem Krad die L 701 befuhr und durch die bestehende Beschilderung an einer Weiterfahrt gehindert wurde, besteht zumindest die Möglichkeit, dass er durch die Sperrung durch die aufgestellten Verkehrszeichen als Kradfahrer in seinen eigenen Rechten verletzt wird. 47Der Kläger hat die Klage am 3. April 2021 auch innerhalb der hier maßgeblichen Jahresfrist (vgl. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO) erhoben. 48Die Klage ist auch begründet. 49Die verkehrsrechtlichen Anordnungen des Beklagten vom 6. November 1981 und vom 13. August 1982, durch die für die M.-----straße 701 (Q.------straße ) zwischen der Einmündung der Straße P.--ring in C1. und der Einmündung der Straße T. die Beschilderung der Verkehrszeichen 255 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO – Untersagung der Verkehrsteilnahme, Verbot für Krafträder, auch mit Beiwagen, Kleinkrafträder und Mofas – angeordnet und durch deren Aufstellung umgesetzt wurden, sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ). 50Materiell-rechtlich maßgeblich für den Erfolg einer gegen einen Dauerverwaltungsakt – wie der hier in Rede stehenden verkehrsrechtlichen Anordnungen – gerichteten Anfechtungsklage ist regelmäßig die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten tatsachengerichtlichen Verhandlung bzw. Entscheidung, wenn eine mündliche Verhandlung nicht stattfindet. 51Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 1. September 2017 – 3 B 50.16 –, Rn. 8, und Urteil vom 23. September 2010 – 3 C 37.09 –, Rn. 21, beide juris. 52Liegt eine verkehrsrechtliche Anordnung – wie hier – Jahrzehnte zurück und haben sich die der Anordnung zugrunde liegenden tatsächlichen und/oder rechtlichen Verhältnisse geändert – so wie hier z. B. durch die im Jahre 1997 eingetretene Rechtsänderung in Form der Einfügung des § 45 Abs. 9 StVO –, muss die Straßenverkehrsbehörde die Rechtmäßigkeit dieses Dauerverwaltungsakts überprüfen und dabei (erneut) Ermessen ausüben. 53Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 22. März 2017 – 8 A 1256/14 –, Rn. 19 juris. 54Sie muss also die Voraussetzungen für eine getroffene Anordnung fortlaufend „unter Kontrolle“ halten. Dementsprechend kann sie bis zu einer Entscheidung in der Tatsacheninstanz neue Umstände oder (neue) Ermessenserwägungen vorbringen. 55Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2010 – 3 C 37.09 –, Rn. 28 a.a.O. 56Insbesondere im Hinblick darauf, dass die hier angefochtenen verkehrsrechtlichen Anordnungen vor mehr als 40 Jahren bzw. vor fast 40 Jahren erlassen worden sind und sich seitdem die gesetzliche Grundlage für die Anordnungen geändert hat, muss der Beklagte im vorliegenden Fall eine neue Ermessensentscheidung treffen, ob und ggf. in welchem Umfang er an den seinerzeit getroffenen Anordnungen festhalten will. 57Im vorliegenden Fall liegen im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zwar die Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 9 StVO, die vom Gericht vollständig zu überprüfen sind, vor; jedoch hat der Beklagte sein Ermessen nicht unmissverständlich erneut ausgeübt bzw. ergänzt. 58Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 9 StVO liegen vor. 59Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Gemäß § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen – vorbehaltlich der hier nicht einschlägigen Ausnahmen nach den Sätzen 4 bis 6 – nur angeordnet werden, wenn (erstens) auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse (zweitens) eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt (Abs. 9 Satz 3). Hierdurch wird § 45 Abs. 1 (bzw. Abs. 1a) StVO nicht ersetzt, sondern lediglich modifiziert. 60Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. November 2010 – 3 C 42.09 – Rn. 17 m.w.N., und vom 23. September 2010 – 3 C 32.09 – Rn. 19, beide juris. 61Besondere örtliche Verhältnisse im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO können insbesondere in der Streckenführung, dem Ausbauzustand der Strecke, witterungsbedingten Einflüssen (z.B. Nebel, Schnee- und Eisglätte), der dort anzutreffenden Verkehrsbelastung und den daraus resultierenden Unfallzahlen begründet sein. 62Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. November 2010 – 3 C 42.09 –, Rn. 26, m.w.N., sowie Beschluss vom 3. Januar 2018 – 3 B 58.16 – Rn. 21; OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2019 – 8 A 10/17 – Rn. 27, alle juris. 63Das Vorliegen einer Gefahrenlage im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO bestimmt sich nicht allein nach einem Aspekt, sondern wird von einer Gemengelage verschiedener Faktoren beeinflusst. 64Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 2013 – 3 B 59.12 – Rn. 9, OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2019 – 8 A 10/17 – Rn. 27, beide juris. 65Ihre Annahme setzt nicht voraus, dass sich ein Schadensfall bereits realisiert hat. In den regelmäßig vorliegenden Fällen, dass es bei der Verkehrsbeschränkung bzw. dem Verkehrsverbot um die Abwehr von Gefahren für Leib und Leben und bedeutender Sachwerte geht, wird auch eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit von § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO nicht gefordert. Entscheidend ist vielmehr, ob die konkrete Situation an einer bestimmten Stelle oder Strecke der Straße eine das allgemeine Risiko erheblich übersteigende Gefahrenlage im Hinblick auf die durch § 45 StVO geschützten Rechtsgüter (z.B. Sicherheit des Straßenverkehrs) darstellt und die Befürchtung nahe liegt, dass ohne eine gefahrmindernde Tätigkeit der Straßenverkehrsbehörde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dort Schadensfälle eintreten werden. Die Beantwortung der Frage, ob eine solche qualifizierte Gefahrenlage besteht, bedarf einer Prognose, für deren Tatsachenbasis der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz maßgeblich ist. 66Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. September 2010 – 3 C 32.09 – Rn. 23 und – 3 C 37.09 – Rn. 28; OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2019 – 8 A 10/17 – Rn. 27, alle juris. 67In Anwendung dieser Grundsätze liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 9 StVO im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts vor. 68Die besonderen örtlichen Verhältnisse i. S. d. § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO ergeben sich hier (für Kradfahrer) maßgeblich aus der besonderen Streckenführung und dem Ausbauzustand der L 701. Die in jede Fahrtrichtung einspurig verlaufende L 701, die nur teilweise und teils auch nur einseitig über Randstreifen verfügt, verbindet die Stadt C1. mit dem Ortsteil I. -Q1. . Es handelt sich um eine landschaftlich reizvolle M.-----straße , die durchgehenden Verkehrsverbindungen dient. Sie weist hinter der Einmündung des P1.--rings in C1. in Fahrtrichtung I. auf einer Länge von etwa 2 km mehr als 15 kurz aufeinander folgende Kurven, teilweise mit relativ engem Radius auf, wobei sich darunter kurz vor der Einmündung in die Straße T. zwei Kurven von jeweils etwa 180 Grad („S-Kurve“) befinden. Der Höhenunterschied zwischen der Einmündung der Straße P.--ring (ca. 374 m) und der Einmündung der Straße T. (ca. 286 m) beträgt ca. 90 m. Vor Erlass der angefochtenen verkehrsrechtlichen Anordnungen hat die L 701 Motorradfahrer angezogen. 69Mit Blick auf die durch § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO geschützten Rechtsgüter – hier insbesondere Leib und Leben der Motorradfahrer – liegt aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung erheblich übersteigenden Gefahrenlage vor. Die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts im hier betroffenen Kurvenbereich an der L 701 übersteigt für Motorradfahrer das allgemeine Risiko eines Verkehrsunfalls deutlich. Dabei besteht hier die Besonderheit, dass die „vollständige“ Sperrung der L 701 für Motorräder vor mehr als 40 Jahren angeordnet wurde und es daher nach Aktenlage in den letzten 40 Jahren zu keinem Unfall mit einem Krad/Motorrad gekommen ist. Aufgrund dessen ist hier im Rahmen des Tatbestandes des § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO auf das Unfallgeschehen vor der Anordnung der Sperrung(en) in den Jahren 1981 und 1982 abzustellen. Der zunächst angeordneten endgültigen Sperrung hinsichtlich der Wochenenden und der Feiertage lagen dabei ausschließlich die im Tatbestand dargestellten Unfalldaten aus dem Jahr 1981 und für die zusätzliche Sperrung auch an Werktagen zusätzlich die im Tatbestand dargestellten Unfalldaten aus dem Jahr 1982 zugrunde. Bei deren Auswertung handelte es sich mit Blick auf die Gruppe der Motorradfahrer um eine Unfallhäufungslinie, so dass aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung für Leib und Leben erheblich übersteigt. Inwieweit dies auf eine missbräuchliche Straßennutzung zurückzuführen ist oder andere Ursachen hat, ist unerheblich. Denn auch das verkehrswidrige Nutzungsverhalten in diesem Bereich ist straßenverkehrsbezogen und hat gemäß § 49 Abs. 9 Satz 3 StVO in den besonderen örtlichen Verhältnissen seine Ursache. 70Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Juni 2019 – 8 B 821/18 –, Rn. 38f. m. w. N., a. a. O. 71Eine gesetzliche Definition für eine Unfallhäufungsstelle oder Unfallhäufungslinie existiert nicht. Einen Anhaltspunkt zur Identifikation von Unfallhäufungsstellen und ‑linien bietet aber der Gemeinsame Runderlass des Ministeriums des Inneren – 414-61.05.04 – und des Ministeriums für Verkehr – II B 3 58.91.16 – „Aufgaben der Unfallkommission in Nordrhein-Westfalen“ vom 10. Juni 2021 (abrufbar: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?sg=0&print=1&menu=0&anw_nr=1&gld_nr= 0&ugl_nr=0&val=46114&ver=0&aufgehoben=N&keyword=&bes_id=46114&show_preview=1&typ=Kopf), dort Punkt 2 i. V. m. Anlage 3, Tabelle 1.). Danach legt die Polizei unter Berücksichtigung der Grenzwerte der Anlage 3, Tabelle 1, Unfallhäufungsstellen und -linien fest. Danach handelt es sich um eine Unfallhäufungsstelle oder -linie, wenn in einem Zeitraum von längstens einem Kalenderjahr (1-Jahres-Unfalltypenkarte) oder von längstens drei Kalenderjahren (3-Jahres-Unfalltypenkarte) die Richtwerte erreicht oder überschritten werden. Bei einer 1-Jahres-Betrachtung beträgt der Richtwert zur Identifikation von Unfallhäufungsstellen und –linien bei Unfällen gleichen Grundtyps der Kategorie 1 – 4 bei Gegenverkehrsstraßen 3. Im vorliegenden Fall wurde dieser Richtwert von 3 ausweislich der Meldung über Unfallstellen vom 15. Juli 1981 erreicht bzw. überschritten. Im Jahr 1982 ereigneten sich die im Tatbestand aufgeführten 6 Unfälle, allerdings war die Unfallursache für den Unfall am 3. August 1982 mit einem Toten „Wild auf der Fahrbahn“. 72Der Beklagte hat jedoch sein Ermessen nicht unmissverständlich erneut ausgeübt bzw. ergänzt. 73Maßnahmen im Regelungsbereich des § 45 Abs. 9 StVO stehen im Ermessen der zuständigen Behörde. Die Auswahl der Mittel, mit denen die konkrete Gefahr bekämpft oder gemildert werden soll, muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Bei der Frage, welche von mehreren in Betracht zu ziehenden Maßnahmen den bestmöglichen Erfolg verspricht, steht der Straßenverkehrsbehörde aufgrund ihres Sachverstandes und ihres Erfahrungswissens eine Einschätzungsprärogative zu. 74Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2010 – 3 C 32.09 –, Rn. 35 f. m. w. N., OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2019 – 8 A 10/17 – Rn. 29, beide juris. 75Vor dem Ausschluss einer gesamten Gruppe von Verkehrsteilnehmern, aus der nur ein kleiner Teil für die Gefahrenlage verantwortlich ist, sind als milderes Mittel Maßnahmen in den Blick zu nehmen, die geeignet sind, das unerwünschte Verkehrsverhalten in ausreichendem Maße zu erschweren. Mildere Mittel können nicht allein mit Blick darauf als nicht hinreichend geeignet verworfen werden, dass sie das unerwünschte Verkehrsverhalten nicht vollständig unterbinden können. 76Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Juni 2019 – 8 B 821/18 –, Rn. 31 juris. 77Trägt die Behörde derartige Umstände bzw. Änderungen erst in einem laufenden Verwaltungsprozess vor, so muss sie unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst. Andernfalls wäre dem Betroffenen keine sachgemäße Rechtsverteidigung möglich, was wiederum mit der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbaren wäre. 78Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 46.12 –, Rn. 35 juris. 79Aus § 114 Satz 2 VwGO ergeben sich keine weitergehenden Anforderungen. Diese Vorschrift regelt nicht die Voraussetzungen für die materiell-rechtliche und verwaltungsverfahrensrechtliche Zulässigkeit des Nachschiebens von Ermessenserwägungen, sondern betrifft nur deren Geltendmachung im Prozess. Ihr Zweck ist es klarzustellen, dass ein materiell- und verwaltungsverfahrensrechtlich zulässiges Nachholen von Ermessenserwägungen nicht an prozessualen Hindernissen scheitert. 80Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Mai 2014 – 9 B 57.13 – Rn. 11, und Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, Rn. 34, beide juris. 81Der Beklagte hat – insbesondere auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger ohne vorherigen Antrag bei dem Beklagten erstmals mit der vorliegenden Klage gegen die verkehrsrechtlichen Anordnungen aus den Jahren 1981 und 1982 vorgeht – mit seinen Schriftsätzen im laufenden gerichtlichen Verfahren nicht unmissverständlich deutlich gemacht, dass es sich bei seinem Vorbringen nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst in der Form, dass seine ergänzenden Erwägungen Teil der weiteren Begründung für die Beibehaltung der verkehrsrechtlichen Anordnungen sein sollen. Dies obwohl das erkennende Gericht in seinem Eilbeschluss vom 19. Mai 2021 (Az: 7 L 274/21) u.a. ausgeführt hat, dass die Überprüfung der in § 45 StVO vorgesehenen Ermessensausübung durch den Beklagten, insbesondere ob er seiner Pflicht nachgekommen ist, unter Berücksichtigung auftretender Veränderungen der tatsächlichen und/oder rechtlichen Verhältnisse seine verkehrsrechtlichen Anordnungen und Verkehrszeichen zu überprüfen und dabei (erneut) Ermessen auszuüben, dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibt. Die nur auf die gerichtliche Anforderung erfolgte Übersendung des Vermerks über den Termin vom 22. Oktober 2021 reicht hierfür nicht aus. 82Unabhängig davon ist aber auch unter Berücksichtigung des prozessualen Vorbringens des Beklagten zu beanstanden, dass dieser im Wesentlichen vorgetragen hat, dass die Teilnehmer des Termines vom 22. Oktober 2021 darüber diskutiert hätten, ob die damals getroffene Entscheidung (Sperrung der L 701 für Krafträder) weiterhin für sinnvoll erachtet werde oder eine Aufhebung des Verbotes in Betracht komme; die Teilnehmer seien zu dem Ergebnis gekommen, dass die damals getroffene Maßnahme richtig gewesen sei, sich die tatsächlichen Verhältnisse nicht geändert hätten und keine Maßnahmen ersichtlich seien, die bei der Öffnung der Straße geeignet wären, entsprechende Unfälle zu verhindern. Aus diesen Ausführungen ist nicht ersichtlich, dass bzw. ob der allein zuständige Beklagte ausdrücklich sein Ermessen ausgeübt hat, da nach dem Inhalt des Vermerks eine „Gruppenentscheidung“ getroffen bzw. „Gruppenergebnis“ gefunden wurde. Die nur auf Anforderung erfolgte Übersendung des Vermerks über den Termin vom 22. Oktober 2021 reicht für eine Betätigung des Ermessens bzw. für eine Ermessensentscheidung des Beklagten hier ebenfalls nicht. 83Der Beklagte hat sich unabhängig davon auch nicht damit auseinandergesetzt, ob die nur aus den Jahren 1981 und 1982 erhobenen Unfallzahlen überhaupt heute noch eine ausreichende Datengrundlage für die komplette Sperrung der L 701 für Kräder sein können. Auch konkrete Angaben bzw. Einzelheiten dazu, dass die L 701 als Rennstrecke genutzt wurde, enthalten die Verwaltungsvorgänge nicht. Im Rahmen der Ausübung des Ermessens dürfte es wohl nicht sachgerecht sein, wenn der Beklagte maßgeblich auf Maßnahmen abstellt, die zielführend Unfälle ganz vermeiden bzw. die Unfallursache bekämpfen sollen. Denn vor dem Ausschluss einer gesamten Gruppe von Verkehrsteilnehmern, aus der nur ein kleiner Teil für die Gefahrenlage verantwortlich ist, sind – wie bereits oben ausgeführt – als milderes Mittel Maßnahmen in den Blick zu nehmen, die geeignet sind, das unerwünschte Verkehrsverhalten in ausreichendem Maße zu erschweren. Mildere Mittel können nicht allein mit Blick darauf als nicht hinreichend geeignet verworfen werden, dass sie das unerwünschte Verkehrsverhalten nicht vollständig unterbinden können. Insoweit dürfte der Beklagte bei einer Ermessensentscheidung zu berücksichtigen haben, dass auch mehrere, weniger einschneidende Mittel kombiniert werden können, um das unerwünschte Verkehrsverhalten und damit auch die Unfälle und Unfallursachen zu vermeiden. So könnten zum Beispiel eine Ausweisung der Strecke als Unfallstrecke, eine Geschwindigkeitsbegrenzung nur für Kräder (ggf. für bestimmte Tage/Zeiten) mit entsprechenden Kontrollen und/oder – wie vom Kläger angesprochen – die Verlegung von Leitschwellen, die im gesamten Kurvenbereich entlang der Mittellinie verlegt werden könnten, in Betracht kommen. Dies umso mehr, da ausweislich des Vermerks über den Termin vom 22. Oktober 2021 die vorhandenen Leitplanken nicht verhindern, dass Motorradfahrer im Falle eines Aufpralls unter den Leitplanken durchrutschen und es zu schweren bzw. tödlichen Unfällen kommen kann bzw. es neuere Systeme gibt, die dies verhindern. Insofern könnte daran gedacht werden, Leitplanken mit einem Unterfahrschutz zu versehen. Ferner wird der Beklagte seine Ermessenserwägungen zum Beispiel auch darauf richten können, ggf. nur eine auf bestimmte Tage und/oder Uhrzeiten beschränkte Sperrung der L 701, ggf. auch nur in eine Fahrtrichtung für Kräder in Betracht zu ziehen. 84Der Kläger ist auch in seinen Rechten verletzt. 85Nach alledem sind auch die die rechtswidrigen Anordnungen umsetzenden Verkehrszeichen aufzuheben. 86Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 87Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung. 88Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch die Kammer nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO sind nicht gegeben. 89Rechtsmittelbelehrung: 90Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg) Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 91Die Berufung ist nur zuzulassen, 921. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 932. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 943. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 954. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 965. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 97Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Zulassungsantrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster) einzureichen. 98Der Antrag auf Zulassung der Berufung und dessen Begründung können in schriftlicher Form oder auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) eingereicht werden. Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d VwGO und der ERVV wird hingewiesen. 99Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, sowie die ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen vor dem Oberverwaltungsgericht als Bevollmächtigte zugelassen. 100E1. . C2. 101Ferner ergeht folgender 102B e s c h l u s s: 103Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1, 2 des Gerichtskostengesetzes unter Berücksichtigung der Nr. 46.15 des aktuellen Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf 5.000 € festgesetzt. 104Rechtsmittelbelehrung: 105Gegen die Entscheidung mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg) Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht eingelegt werden. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Sofern die Begründung nicht mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, ist sie bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster) einzureichen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten und die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. 106Die Beschwerde und deren Begründung können in schriftlicher Form oder auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) eingereicht werden. Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d VwGO und der ERVV wird hingewiesen. 107Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, sowie die ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen vor dem Oberverwaltungsgericht als Bevollmächtigte zugelassen. 108Gegen die Streitwertfestsetzung können die Beteiligten auch persönlich Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht entscheidet, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft. Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR nicht überschreitet. 109Die Beschwerde kann schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV eingereicht werden. Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d VwGO und der ERVV wird hingewiesen. 110E2. . C3. | die verkehrsrechtlichen anordnungen des beklagten vom 6. november 1981 und vom 13. august 1982, durch die für die m.-----straße 701 (q.------straße ) zwischen der einmündung der straße p.--ring in c1. und der einmündung der straße t. die beschilderung der verkehrszeichen 255 der anlage 2 zu § 41 abs. 1 stvo – untersagung der verkehrsteilnahme, verbot für krafträder, auch mit beiwagen, kleinkrafträder und mofas – angeordnet wurde, und die diese anordnungen umsetzenden aufgestellten verkehrszeichen 255 der anlage 2 zu § 41 abs. 1 stvo werden aufgehoben. der beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110% des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der kläger zuvor sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1cht der kläger zuvor sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 2 | 3die beteiligten streiten über die rechtmäßigkeit der verkehrsrechtlichen anordnungen des beklagten vom 6. november 1981 und vom 13. august 1982, durch die für die m.-----straße 701 (q.------straße ) zwischen der einmündung der straße p.--ring in c1. und der einmündung der straße t. (im folgenden: l 701) die beschilderung der verkehrszeichen 255 der anlage 2 zu § 41 abs. 1 der straßenverkehrs-ordnung (stvo) – untersagung der verkehrsteilnahme, verbot für krafträder, auch mit beiwagen, kleinkrafträder und mofas – angeordnet und durch deren aufstellung umgesetzt wurden. 4die in jede fahrtrichtung einspurig verlaufende l 701, die nur teilweise und teils auch nur einseitig über randstreifen verfügt, verbindet die stadt c1. mit dem ortsteil i. -q1. . sie weist hinter der einmündung des p1.--rings in c1. in fahrtrichtung i. auf einer länge von etwa 2 km mehr als 15 kurz aufeinander folgende kurven, teilweise mit relativ engem radius auf, wobei sich darunter kurz vor der einmündung in die straße t. zwei kurven von jeweils etwa 180 grad („s-kurve“) befinden; in dieser s-kurve wurde – ebenso wie im weiteren verlauf der straße – eine bushaltestelle angelegt. in den kurven sind teilweise leitplanken vorhanden, in der s-kurve auch mit richtungstafeln. nach aktenlage beträgt die oberkante der leitplanken maximal 0,75 m. der höhenunterschied zwischen der einmündung der straße p.--ring (ca. 374 m) und der einmündung der straße t. (ca. 286 m) beträgt ca. 90 m. 5ausweislich der niederschrift über die sitzung der stadtvertretung c1. vom 11. november 1980 wurde die neu ausgebaute q.------straße insbesondere durch pendelnde motorradfahrer in gruppen mit überhöhter geschwindigkeit genutzt, wodurch geräuschbelästigungen verursacht wurden, die anlass für beschwerden waren. nach einem vermerk des beklagten vom 17. februar 1981 haben die polizeistation t. /f. und der verkehrsdienst im zuge einer verstärkten streifentätigkeit verkehrsgerechtes verhalten der zweiradfahrer durchgesetzt. der beklagte führte mit an das landesstraßenbauamt (damaliger straßenbaulastträger) gerichteten schreiben vom 29. april 1981 aus, dass in dem hier interessierenden bereich ein sehr starkes unfallgeschehen zu verzeichnen sei, an dem ausschließlich motorradfahrer beteiligt seien, wobei sich diese unfälle nur an sonn- und feiertagen ereignet hätten. die unfälle seien darauf zurück zu führen, dass die strecke als rennstrecke genutzt werde, wobei sich die l 701 bedingt durch den ausbau und die kurvenreiche streckenführung anbiete. als wirksame verkehrsregelnde maßnahme komme nur eine sperrung der l 701 für motorräder in betracht; maßnahmen wie z. b. die einrichtung einer geschwindigkeitsbegrenzung, einer überholverbotsstrecke oder die ausschilderung der kurven durch richtungstafeln hätten keinen rückgang der unfallzahlen zur folge gehabt, da die motorradfahrer die strecke als rennstrecke benutzen und die vorgenannten maßnahmen nicht beachten würden. daher wurde eine probeweise sperrung für motorräder an sonn- und feiertagen geplant. das frühere landesstraßenbauamt hielt in seiner antwort vom 12. juni 1981 die sperrung auf dauer nicht für vertretbar. 6der beklagte ordnete gegenüber dem früheren landesstraßenbauamt mit schreiben vom 12. juni 1981 die aufstellung von zeichen 255 stvo mit dem zusatzzeichen 813 stvo mit der aufschrift „an sonn- und feiertagen“ auf der l 701 zwischen c1. und i. -q1. an. dort ist ausgeführt, dass bekannt sei, dass die l 701 sehr viele topografische warneffekte (enge kurven, starkes gefälle) aufweise, so dass bei angepasster fahrweise keine verkehrsunfälle passieren dürften. das problem liege allerdings einzig und allein in dem fehlverhalten der motorradfahrer, die die kurvenreiche strecke für fahrübungen ausnutzen würden. die einzige möglichkeit, die dort vorhandenen unfälle auszuschließen, könne daher nur die sperrung der l 701 für motorräder sein. 7in dem zeitraum vom 1. januar 1981 bis 9. juli 1981 wurden durch den beklagten ausweislich der meldung vom 15. juli 1981 insgesamt neun unfälle mit krädern, davon ein unfall mit einem toten und acht unfälle mit verletzten (in vier fällen schwerverletzte, in fünf fällen leicht verletzte), davon sieben bzw. zwei unfälle aus der gleichen bewegungsrichtung. als unfallart wurde unfallart 8/9 (abkommen von der fahrbahn nach rechts/links) angegeben. die unfälle ereigneten sich ausweislich der meldung unter gleichen umständen, weil die fahrgeschwindigkeit dem kurvenreichen verlauf der straße nicht angepasst wurde. 8im einzelnen:7.3. (samstag, gegen 10:10 uhr,) c1. – i. , unfallursache 11 (verstoß gegen das rechtsfahrgebot)/13 (nicht angepasste geschwindigkeit in anderen fällen), straßenglätte, 1 leichtverletzter, 912.4. (sonntag, gegen 15:10 uhr) c1. – i. , unfallursache, 11/13, 1 schwerverletzter, 1012.4. (sonntag, gegen 16:40 uhr) i. – c1. , unfallursache 11/13, 1 leichtverletzter, 1120.4. (ostermontag, gegen 13:30 uhr) c1. – i. , unfallursache 13, 1 schwerverletzte, 1226.4. (sonntag, gegen 19:40 uhr) c1. – i. , unfallursache 13, 1 schwerverletzter, 1 leichtverletzter, 1310.5. (sonntag, gegen 20:25 uhr) c1. – i. , unfallursache 13, 1 leichtverletzter, 1421.5. (donnerstag, gegen 21:15 uhr) i. – c1. , unfallursache 13, 1 leichtverletzter, 151.6. (montag, gegen 20:10 uhr) c1. – i. , unfallursache 13, 1 schwerverletzter, 169.7. (donnerstag, gegen 21:00 uhr) i. – c1. , unfallursache 13, 1 toter. 17ein unfall ereignete sich im bereich der „s-kurve“ in der nähe der einmündung in die straße t. , sieben unfälle ereigneten sich von c1. aus gesehen in dem kurvenbereich vor der „s-kurve“. 18mit verkehrsrechtlicher anordnung vom 7. juli 1981 wurde die l 701 für kradfahrer an sonn- und feiertagen zunächst auf probe für die dauer von drei monaten gesperrt. mit verkehrsrechtlicher anordnung vom 6. november 1981 wurde diese sperrung endgültig angeordnet, da sich im zeitraum der probeweisen sperrung keine weiteren unfälle mit motorrädern ereignet hätten und auch keine beschwerden gegen die probeweise sperrung vorgebracht worden seien. 19die unfalllage im jahr 1982 stellte sich ausweislich eines schreibens der kreispolizeibehörde vom 4. august 1982 in bezug auf krafträder wie folgt dar. 2014.3. (sonntag, gegen 17:20 uhr) c1. – i. , unfallursache 13, 14, 1 leichtverletzter, 1 schwerverletzter, 2122.4. (donnerstag, gegen 18:00 uhr) i. – c1. , unfallursache 13, 1 leichtverletzter, 2218.5. (dienstag, gegen 16:43 uhr) bergwärts, unfallursache 13, 1 schwerverletzter, 2322.7. (donnerstag, gegen 20:20 uhr) c1. – i. , unfallursache 13, 1 schwerverletzter, 2430.7. (montag, gegen 21:00 uhr), nördliche richtung, unfallursache 13, 1 leichtverletzter, 253.8. (dienstag, gegen 16:50 uhr) c1. – i. , unfallursache 86: wild auf der fahrbahn, 1 toter. 26mit verkehrsrechtlicher anordnung vom 13. august 1982 wurde die sperrung der l 701 für kradfahrer für alle wochentage angeordnet und am 2. september 1982 umgesetzt. 27ausweislich einer stellungnahme der polizeistation t1. /f. vom 6. januar 1989 waren die kradunfälle besonders folgenschwer, wenn die gestürzten kradfahrer wegen der hohen geschwindigkeit gegen bzw. unter die leitplanken katapultiert wurden. der freiraum zwischen der unterkante der leitplanken und der oberfläche des randstreifens habe durchschnittlich 55 bis 65 cm betragen. ein über die fahrbahn schleudernder kradfahrer rutsche somit unter der leitplanke her. nach den geltenden richtlinien seien die leitplanken zu hoch angebracht. 28die kreispolizeibehörde teilte mit schreiben vom 19. januar 1989 diese einschätzung und führte aus, dass erst eine zweite leitplanke in den kurvenbereichen verhindern könne, dass die kradfahrer unter den leitplanken hindurchrutschen und sich lebensgefährliche oder gar tödliche verletzungen zuzögen. 29der kläger befuhr eigenen angaben zufolge erstmals im sommer 2020, aber auch am 26. märz 2021 mit seinem krad die l 701 und wurde durch die entsprechende beschilderung an einer weiterfahrt gehindert. er beabsichtigt, die strecke tatsächlich zu befahren und muss durch die sperrung umwege in kauf nehmen. 30am 3. april 2021 hat der kläger klage erhoben und gleichzeitig einen einstweiligen rechtsschutzantrag gestellt, den das erkennende gericht mit beschluss vom 19. mai 2021 (az: 7 l 274/21) abgelehnt hat, soweit der beklagte betroffen war. die hiergegen erhobene beschwerde des klägers (az. 8 b 975/21) blieb erfolglos. 31im nachgang zu dem eilverfahren führten vertreter der polizei, der bezirksregierung, des landesbetriebs straßenbau nrw, der stadt i. und des beklagten am 22. oktober 2021 ein gespräch betreffend die sperrung der l 701 für krafträder. auf anforderung des gerichts übersandte der beklagte den hierüber gefertigten vermerk. 32zur begründung seiner klage trägt der kläger vor: 33er sei klagebefugt. die voraussetzungen für eine streckensperrung seien nicht gegeben. gründe der sicherheit oder ordnung des verkehrs würden diese maßnahme nicht gebieten. er bestreite, dass ein unfallschwerpunkt vorliege. die voraussetzungen des § 45 abs. 9 satz 3 stvo lägen nicht vor. die dort geforderte besondere konkrete gefahrenlage ergäbe sich weder aus den verwaltungsvorgängen, noch aus den verkehrsrechtlichen anordnungen. der wenig konkrete vortrag, dass der abschnitt durch enge kurven und ein starkes gefälle gekennzeichnet sei, reiche nicht aus, um daraus die besonderen örtlichen verhältnisse oder aber ein bestimmtes streckenprofil zu belegen, welches gerade zu einem risikoreichen fahrstil verleitete. er könne nicht der pauschalen annahme folgen, dass der trassenverlauf – mehr als im allgemeinen straßenverkehr üblich – motorradfahrer anziehe und zur vorschriftswidrigen fahrweise herausfordere. der verwaltungsvorgang enthalte insoweit im wesentlichen allgemeine behauptungen. auch der umstand, dass private rennen durchgeführt würden, sei nicht belegt. das abstellen auf die zahl der verkehrsunfälle unter beteiligung von krafträdern und der schwere der verletzungen der verunfallten rechtfertige nicht die annahme, dass auf diesem streckenabschnitt ein durch besondere örtliche verhältnisse bedingtes weiteres schadensrisiko bestehe. die bloße auflistung der anzahl von verkehrsunfällen ohne das hinzuziehen weiterer straßenverkehrsbezogener aspekte sei nicht geeignet, ein gerade für die benutzung mit krafträdern aus besonderen örtlichen verhältnissen abzuleitendes erhöhtes schadensrisiko hinreichend plausibel zu belegen. es sei auch unzulässig, aus dem ergebnis der streckensperrung allein auf das vorliegen der voraussetzungen zu schließen. es verstehe sich von selbst, dass in den jahren der streckensperrung keine motorradunfälle passiert seien. angaben über unfälle anderer verkehrsteilnehmer habe die beklagte im übrigen nicht gemacht. die pauschale bezugnahme auf unfallstatistiken der achtziger jahre erscheine problematisch, weil objektive erhebungen über den umfang des motorradverkehrs weder in den achtziger jahren noch darauffolgend getroffen worden seien. diese seien aber erforderlich, um feststellen zu können, ob die behauptung richtig sei, dass sich überdurchschnittlich viele motorradunfälle ereignet hätten. in der vergangenheit habe auch der landschaftsverband x. -m1. mit schreiben vom 12. juni 1981 bedenken gegen die sperrung erhoben. ausweislich der verwaltungsvorgänge sei die aufhebung der streckensperrung unter der voraussetzung gefordert worden, dass weitere schutzplanken (zweite leitplanke) angebracht würden. warum dies nicht in nahezu 40 jahren geschehen sei, sei nicht nachvollziehbar; dies insbesondere deshalb, weil die leitplanken ausweislich der verwaltungsvorgänge zu hoch angebracht worden seien. es sei daher zwingend geboten, die leitplanken zu erneuern und durch doppelte leitplanken zu ersetzen. 34die streckensperrung sei auch unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft. sofern in diesem bereich vor der sperrung streckengeschwindigkeitskontrollen durchgeführt worden sein sollten, dürften diese nach seiner ansicht keinen besonders hohen anteil der ausgesperrten verkehrsteilnehmer ergeben haben. mildere maßnahmen seien nicht in den blick genommen worden. so könnten etwa doppelte leitplanken installiert werden oder aber die schutzplankenpfosten mit anpralldämpfern versehen werden. da der beklagte die sperrung insbesondere damit begründe, dass die unfälle deshalb so folgenschwer gewesen seien, weil kradfahrer, wenn sie im kurvenbereich zu fall kämen, angeblich fast zwangsläufig gegen einen leitplankenpfosten geschleudert würden, so wäre es gerade zwingend geboten gewesen, maßnahmen zu ergreifen, um solche schweren verletzungen zu verhindern. dies lasse sich technisch ohne weiteres durch kunststoffummantelungen der leitplankenpfähle oder noch besser durch eine zweite untere leitplanke bewerkstelligen. im jahr 1988 habe die beklagte eine vorgeschlagene kostenfreie montierung von anpralldämpfern abgelehnt. systeme, die die bisher vorhandenen leitplanken entschärfen könnten, seien durchaus günstiger als die im vermerk aus oktober 2021 veranschlagten 50.000 bis 80.000 € zu bekommen. in betracht komme zudem die anbringung von sogenannten quer zur fahrbahn verlaufenden rüttelstreifen, die wirkungsvoll und kostengünstig seien. diese maßnahme sei ein ohne weiteres geeignetes mittel, die strecke für die kritischen fahrweisen einzelner verkehrsteilnehmer weitgehend uninteressant zu machen und dadurch die gefahr bereits des entstehens von unfällen hinreichend zu minimieren. zudem könnten an der mittellinie verlaufende leitschwellen eingebaut werden. diese würden das fahren auf die gegenfahrbahn und damit das kurvenschneiden verhindern. die annahme des beklagten, dass in motorradkreisen bekannt sei, dass bei rüttelstreifen schneller gefahren werde, um die auswirkungen des rüttelns zu minimieren, sei falsch, nicht belegbar und abwegig. gerade rüttelstreifen seien in verbindung mit zum beispiel geschwindigkeitsbeschränkungen und anderen von ihm genannten maßnahmen geeignete, aber weniger einschneidende maßnahmen. zudem kämen auch geschwindigkeitsbegrenzungen – ggf. beschränkt auf zweiradfahrer – und die anbringung des verkehrszeichens 295 (fahrstreifenbegrenzung) in betracht. nicht nachvollziehbar sei, warum das aufstellen von halteverbotsschildern entlang der strecke, das ebenfalls im rahmen des gespräches im oktober 2021 besprochen worden sei, nicht kurzfristig umgesetzt werden könne. die entscheidung des beklagten sei nicht auf einer belastbaren tatsachengrundlage ergangen. der sachverhalt sei nicht vollständig ermittelt worden. länger angelegte geschwindigkeitsmessungen seien nicht aktenkundig. nach alledem sei er – der kläger – in seiner allgemeinen handlungsfreiheit verletzt. 35der kläger beantragt sinngemäß, 36die verkehrsrechtlichen anordnungen des beklagten vom 6. november 1981 und vom 13. august 1982, durch die für die m.-----straße 701 (q.------straße ) zwischen der einmündung der straße p.--ring in c1. und der einmündung der straße t. die beschilderung der verkehrszeichen 255 der anlage 2 zu § 41 abs. 1 stvo – untersagung der verkehrsteilnahme, verbot für krafträder, auch mit beiwagen, kleinkrafträder und mofas – angeordnet und durch deren aufstellung umgesetzt wurden, aufzuheben. 37der beklagte beantragt, 38 die klage abzuweisen. 39er trägt vor: auch heute bestehe aufgrund der besonderen örtlichen verhältnisse (hohe anzahl von scharfen und engen kurven, zwei kurven von 180 grad, starkes gefälle) eine gefahrenlage, die das allgemeine risiko einer beeinträchtigung von leib und leben – sowohl für motorradfahrer als auch für andere verkehrsteilnehmer – erheblich übersteige. für die sperrung sei maßgeblich gewesen, dass ein sehr starkes unfallgeschehen vorgelegen habe, an dem ausschließlich motorradfahrer beteiligt gewesen seien. alle mitglieder der damaligen unfallkommission seien sich darüber einig gewesen, dass als wirksame verkehrsregelnde maßnahme nur eine sperrung der l 701 für motorräder in frage komme. andere maßnahmen wie zum beispiel die einrichtung einer geschwindigkeitsbegrenzung, einer überholverbotsstrecke oder die ausschilderung der kurven durch richtungstafeln hätten keinen rückgang der unfallzahlen zur folge haben können, da die motorradfahrer die l 701 als rennstrecke benutzen und die vorgenannten maßnahmen nicht beachten würden. die unfälle seien deswegen so folgenschwer, weil die kradfahrer, wenn sie im kurvenbereich zu fall kämen, zwangsläufig gegen einen leitplankenpfosten geschleudert würden. der vorschlag zur anbringung einer zweiten schutzplanke sei vom damaligen landesstraßenbauamt abgelehnt worden. daher sei aus verkehrssicherheitsgründen die sperrung für alle wochentage angeordnet worden. der streckenabschnitt habe auch keine besondere verkehrsbedeutung. eine ummantelung der schutzplankenpfosten biete einen verbesserten schutz für von der fahrbahn abkommende motorradfahrer, nehme jedoch auf die unfallursache keinen einfluss. es habe sehr wohl ein unfallschwerpunkt vorgelegen; auch andere maßnahmen seien geprüft worden, jedoch sei die sperrung als einzig mögliche maßnahme zur vermeidung von weiteren unfällen angesehen worden. dieses ergebnis sei auch im rahmen des termins im oktober 2021 bestätigt worden. andere maßnahmen, die bei öffnung der straße geeignet seien, entsprechende unfälle zu verhindern, seien nicht ersichtlich. der einbau von rüttelstreifen würde nicht den gewünschten erfolg bringen, da aus motorradkreisen bekannt sei, dass motorradfahrer bei rüttelstreifen schneller fahren würden, um die auswirkungen des rüttelns zu minimieren. die vom kläger vorgeschlagenen maßnahmen würden lediglich dazu führen, dass die folgen der unfälle eventuell gemindert würden; die unfallursachen würden jedoch nicht bekämpft. es seien keine maßnahmen ersichtlich, die bei öffnung der straße geeignet wären, entsprechende unfälle zu vermeiden. eine geschwindigkeitsbeschränkung müsse zum einen aufgrund der gesetzlichen vorschriften (§§ 1, 39 stvo) und zum anderen aufgrund der aktuellen unauffälligen unfalllage nicht angeordnet werden. obwohl es sich um eine m.-----straße handele, sei eine besondere verkehrliche erschließung – insbesondere in bezug auf kradfahrer – nicht gegeben. die stadt c1. und der ortsteil i. –q1. seien problemlos über andere zuwegungen erreichbar. die durch die sperrung entstehenden umwege seien zumutbar. die kurzfristige aufhebung der sperrung sei auch mit blick auf die massiv angestiegene zahl der motorradfahrer unverantwortlich. 40der kläger und der beklagte haben mit schriftsätzen vom 9. märz 2022 bzw. 21. märz 2022 ihr einverständnis mit einer entscheidung durch die berichterstatterin und ohne mündliche verhandlung erklärt. 41wegen der weiteren einzelheiten des sachverhaltes und des vorbringens der beteiligten im übrigen wird auf den inhalt der gerichtsakte – auch des verfahrens 7 l 274/21 – und der von dem beklagten übersandten verwaltungsvorgänge verwiesen. 42 | 43die kammer kann mit einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung und durch die berichterstatterin entscheiden (vgl. §§ 101 abs. 2, 87 a abs. 2, abs. 3 der verwaltungsgerichtsordnung - vwgo -) 44die zulässige klage ist begründet. 45die anfechtungsklage des klägers ist zulässig. 46der kläger ist insbesondere klagebefugt (vgl. § 42 abs. 2 vwgo). als motorradfahrer kann er als eine verletzung seiner rechte geltend machen, dass die rechtssatzmäßigen voraussetzungen für die auch ihn treffenden verkehrsbeschränkungen nach § 45 stvo nicht gegeben sind. hinsichtlich der behördlichen ermessensausübung kann er allerdings nur verlangen, dass seine eigenen interessen ohne rechtsfehler mit den interessen der allgemeinheit und anderer betroffener, die für die verkehrsbeschränkung sprechen, abgewogen werden. da der kläger seinen eigenen angaben zufolge erstmals im sommer 2020 bzw. am 26. märz 2021 mit seinem krad die l 701 befuhr und durch die bestehende beschilderung an einer weiterfahrt gehindert wurde, besteht zumindest die möglichkeit, dass er durch die sperrung durch die aufgestellten verkehrszeichen als kradfahrer in seinen eigenen rechten verletzt wird. 47der kläger hat die klage am 3. april 2021 auch innerhalb der hier maßgeblichen jahresfrist (vgl. § 58 abs. 2 satz 1 vwgo) erhoben. 48die klage ist auch begründet. 49die verkehrsrechtlichen anordnungen des beklagten vom 6. november 1981 und vom 13. august 1982, durch die für die m.-----straße 701 (q.------straße ) zwischen der einmündung der straße p.--ring in c1. und der einmündung der straße t. die beschilderung der verkehrszeichen 255 der anlage 2 zu § 41 abs. 1 stvo – untersagung der verkehrsteilnahme, verbot für krafträder, auch mit beiwagen, kleinkrafträder und mofas – angeordnet und durch deren aufstellung umgesetzt wurden, sind rechtswidrig und verletzen den kläger in seinen rechten (vgl. § 113 abs. 1 satz 1 vwgo ). 50materiell-rechtlich maßgeblich für den erfolg einer gegen einen dauerverwaltungsakt – wie der hier in rede stehenden verkehrsrechtlichen anordnungen – gerichteten anfechtungsklage ist regelmäßig die sach- und rechtslage zum zeitpunkt der letzten tatsachengerichtlichen verhandlung bzw. entscheidung, wenn eine mündliche verhandlung nicht stattfindet. 51vgl. bundesverwaltungsgericht (bverwg), beschluss vom 1. september 2017 – 3 b 50.16 –, rn. 8, und urteil vom 23. september 2010 – 3 c 37.09 –, rn. 21, beide juris. 52liegt eine verkehrsrechtliche anordnung – wie hier – jahrzehnte zurück und haben sich die der anordnung zugrunde liegenden tatsächlichen und/oder rechtlichen verhältnisse geändert – so wie hier z. b. durch die im jahre 1997 eingetretene rechtsänderung in form der einfügung des § 45 abs. 9 stvo –, muss die straßenverkehrsbehörde die rechtmäßigkeit dieses dauerverwaltungsakts überprüfen und dabei (erneut) ermessen ausüben. 53vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 22. märz 2017 – 8 a 1256/14 –, rn. 19 juris. 54sie muss also die voraussetzungen für eine getroffene anordnung fortlaufend „unter kontrolle“ halten. dementsprechend kann sie bis zu einer entscheidung in der tatsacheninstanz neue umstände oder (neue) ermessenserwägungen vorbringen. 55vgl. bverwg, urteil vom 23. september 2010 – 3 c 37.09 –, rn. 28 a.a.o. 56insbesondere im hinblick darauf, dass die hier angefochtenen verkehrsrechtlichen anordnungen vor mehr als 40 jahren bzw. vor fast 40 jahren erlassen worden sind und sich seitdem die gesetzliche grundlage für die anordnungen geändert hat, muss der beklagte im vorliegenden fall eine neue ermessensentscheidung treffen, ob und ggf. in welchem umfang er an den seinerzeit getroffenen anordnungen festhalten will. 57im vorliegenden fall liegen im maßgeblichen zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung zwar die tatbestandsvoraussetzungen des § 45 abs. 1 satz 1, abs. 9 stvo, die vom gericht vollständig zu überprüfen sind, vor; jedoch hat der beklagte sein ermessen nicht unmissverständlich erneut ausgeübt bzw. ergänzt. 58die tatbestandsvoraussetzungen des § 45 abs. 1 satz 1, abs. 9 stvo liegen vor. 59nach § 45 abs. 1 satz 1 stvo können die straßenverkehrsbehörden die benutzung bestimmter straßen oder straßenstrecken aus gründen der sicherheit und ordnung des verkehrs beschränken oder verbieten und den verkehr umleiten. gemäß § 45 abs. 9 satz 1 stvo sind verkehrszeichen und verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen umstände zwingend erforderlich ist. insbesondere beschränkungen und verbote des fließenden verkehrs dürfen – vorbehaltlich der hier nicht einschlägigen ausnahmen nach den sätzen 4 bis 6 – nur angeordnet werden, wenn (erstens) auf grund der besonderen örtlichen verhältnisse (zweitens) eine gefahrenlage besteht, die das allgemeine risiko einer beeinträchtigung der in den vorstehenden absätzen genannten rechtsgüter erheblich übersteigt (abs. 9 satz 3). hierdurch wird § 45 abs. 1 (bzw. abs. 1a) stvo nicht ersetzt, sondern lediglich modifiziert. 60vgl. bverwg, urteile vom 18. november 2010 – 3 c 42.09 – rn. 17 m.w.n., und vom 23. september 2010 – 3 c 32.09 – rn. 19, beide juris. 61besondere örtliche verhältnisse im sinne von § 45 abs. 9 satz 3 stvo können insbesondere in der streckenführung, dem ausbauzustand der strecke, witterungsbedingten einflüssen (z.b. nebel, schnee- und eisglätte), der dort anzutreffenden verkehrsbelastung und den daraus resultierenden unfallzahlen begründet sein. 62vgl. bverwg, urteil vom 18. november 2010 – 3 c 42.09 –, rn. 26, m.w.n., sowie beschluss vom 3. januar 2018 – 3 b 58.16 – rn. 21; ovg nrw, beschluss vom 29. januar 2019 – 8 a 10/17 – rn. 27, alle juris. 63das vorliegen einer gefahrenlage im sinne von § 45 abs. 9 satz 3 stvo bestimmt sich nicht allein nach einem aspekt, sondern wird von einer gemengelage verschiedener faktoren beeinflusst. 64vgl. bverwg, beschluss vom 23. april 2013 – 3 b 59.12 – rn. 9, ovg nrw, beschluss vom 29. januar 2019 – 8 a 10/17 – rn. 27, beide juris. 65ihre annahme setzt nicht voraus, dass sich ein schadensfall bereits realisiert hat. in den regelmäßig vorliegenden fällen, dass es bei der verkehrsbeschränkung bzw. dem verkehrsverbot um die abwehr von gefahren für leib und leben und bedeutender sachwerte geht, wird auch eine an sicherheit grenzende wahrscheinlichkeit von § 45 abs. 9 satz 3 stvo nicht gefordert. entscheidend ist vielmehr, ob die konkrete situation an einer bestimmten stelle oder strecke der straße eine das allgemeine risiko erheblich übersteigende gefahrenlage im hinblick auf die durch § 45 stvo geschützten rechtsgüter (z.b. sicherheit des straßenverkehrs) darstellt und die befürchtung nahe liegt, dass ohne eine gefahrmindernde tätigkeit der straßenverkehrsbehörde mit hinreichender wahrscheinlichkeit dort schadensfälle eintreten werden. die beantwortung der frage, ob eine solche qualifizierte gefahrenlage besteht, bedarf einer prognose, für deren tatsachenbasis der zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung in der letzten tatsacheninstanz maßgeblich ist. 66vgl. bverwg, urteile vom 23. september 2010 – 3 c 32.09 – rn. 23 und – 3 c 37.09 – rn. 28; ovg nrw, beschluss vom 29. januar 2019 – 8 a 10/17 – rn. 27, alle juris. 67in anwendung dieser grundsätze liegen die tatbestandlichen voraussetzungen des § 45 abs. 1 satz 1, abs. 9 stvo im maßgeblichen zeitpunkt der entscheidung des gerichts vor. 68die besonderen örtlichen verhältnisse i. s. d. § 45 abs. 9 satz 3 stvo ergeben sich hier (für kradfahrer) maßgeblich aus der besonderen streckenführung und dem ausbauzustand der l 701. die in jede fahrtrichtung einspurig verlaufende l 701, die nur teilweise und teils auch nur einseitig über randstreifen verfügt, verbindet die stadt c1. mit dem ortsteil i. -q1. . es handelt sich um eine landschaftlich reizvolle m.-----straße , die durchgehenden verkehrsverbindungen dient. sie weist hinter der einmündung des p1.--rings in c1. in fahrtrichtung i. auf einer länge von etwa 2 km mehr als 15 kurz aufeinander folgende kurven, teilweise mit relativ engem radius auf, wobei sich darunter kurz vor der einmündung in die straße t. zwei kurven von jeweils etwa 180 grad („s-kurve“) befinden. der höhenunterschied zwischen der einmündung der straße p.--ring (ca. 374 m) und der einmündung der straße t. (ca. 286 m) beträgt ca. 90 m. vor erlass der angefochtenen verkehrsrechtlichen anordnungen hat die l 701 motorradfahrer angezogen. 69mit blick auf die durch § 45 abs. 1 satz 1 stvo geschützten rechtsgüter – hier insbesondere leib und leben der motorradfahrer – liegt aufgrund der besonderen örtlichen verhältnisse eine das allgemeine risiko einer beeinträchtigung erheblich übersteigenden gefahrenlage vor. die wahrscheinlichkeit eines schadenseintritts im hier betroffenen kurvenbereich an der l 701 übersteigt für motorradfahrer das allgemeine risiko eines verkehrsunfalls deutlich. dabei besteht hier die besonderheit, dass die „vollständige“ sperrung der l 701 für motorräder vor mehr als 40 jahren angeordnet wurde und es daher nach aktenlage in den letzten 40 jahren zu keinem unfall mit einem krad/motorrad gekommen ist. aufgrund dessen ist hier im rahmen des tatbestandes des § 45 abs. 9 satz 3 stvo auf das unfallgeschehen vor der anordnung der sperrung(en) in den jahren 1981 und 1982 abzustellen. der zunächst angeordneten endgültigen sperrung hinsichtlich der wochenenden und der feiertage lagen dabei ausschließlich die im tatbestand dargestellten unfalldaten aus dem jahr 1981 und für die zusätzliche sperrung auch an werktagen zusätzlich die im tatbestand dargestellten unfalldaten aus dem jahr 1982 zugrunde. bei deren auswertung handelte es sich mit blick auf die gruppe der motorradfahrer um eine unfallhäufungslinie, so dass aufgrund der besonderen örtlichen verhältnisse eine gefahrenlage besteht, die das allgemeine risiko einer beeinträchtigung für leib und leben erheblich übersteigt. inwieweit dies auf eine missbräuchliche straßennutzung zurückzuführen ist oder andere ursachen hat, ist unerheblich. denn auch das verkehrswidrige nutzungsverhalten in diesem bereich ist straßenverkehrsbezogen und hat gemäß § 49 abs. 9 satz 3 stvo in den besonderen örtlichen verhältnissen seine ursache. 70vgl. ovg nrw, beschluss vom 6. juni 2019 – 8 b 821/18 –, rn. 38f. m. w. n., a. a. o. 71eine gesetzliche definition für eine unfallhäufungsstelle oder unfallhäufungslinie existiert nicht. einen anhaltspunkt zur identifikation von unfallhäufungsstellen und ‑linien bietet aber der gemeinsame runderlass des ministeriums des inneren – 414-61.05.04 – und des ministeriums für verkehr – ii b 3 58.91.16 – „aufgaben der unfallkommission in nordrhein-westfalen“ vom 10. juni 2021 (abrufbar: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?sg=0&print=1&menu=0&anw_nr=1&gld_nr= 0&ugl_nr=0&val=46114&ver=0&aufgehoben=n&keyword=&bes_id=46114&show_preview=1&typ=kopf), dort punkt 2 i. v. m. anlage 3, tabelle 1.). danach legt die polizei unter berücksichtigung der grenzwerte der anlage 3, tabelle 1, unfallhäufungsstellen und -linien fest. danach handelt es sich um eine unfallhäufungsstelle oder -linie, wenn in einem zeitraum von längstens einem kalenderjahr (1-jahres-unfalltypenkarte) oder von längstens drei kalenderjahren (3-jahres-unfalltypenkarte) die richtwerte erreicht oder überschritten werden. bei einer 1-jahres-betrachtung beträgt der richtwert zur identifikation von unfallhäufungsstellen und –linien bei unfällen gleichen grundtyps der kategorie 1 – 4 bei gegenverkehrsstraßen 3. im vorliegenden fall wurde dieser richtwert von 3 ausweislich der meldung über unfallstellen vom 15. juli 1981 erreicht bzw. überschritten. im jahr 1982 ereigneten sich die im tatbestand aufgeführten 6 unfälle, allerdings war die unfallursache für den unfall am 3. august 1982 mit einem toten „wild auf der fahrbahn“. 72der beklagte hat jedoch sein ermessen nicht unmissverständlich erneut ausgeübt bzw. ergänzt. 73maßnahmen im regelungsbereich des § 45 abs. 9 stvo stehen im ermessen der zuständigen behörde. die auswahl der mittel, mit denen die konkrete gefahr bekämpft oder gemildert werden soll, muss dem grundsatz der verhältnismäßigkeit genügen. bei der frage, welche von mehreren in betracht zu ziehenden maßnahmen den bestmöglichen erfolg verspricht, steht der straßenverkehrsbehörde aufgrund ihres sachverstandes und ihres erfahrungswissens eine einschätzungsprärogative zu. 74vgl. bverwg, urteil vom 23. september 2010 – 3 c 32.09 –, rn. 35 f. m. w. n., ovg nrw, beschluss vom 29. januar 2019 – 8 a 10/17 – rn. 29, beide juris. 75vor dem ausschluss einer gesamten gruppe von verkehrsteilnehmern, aus der nur ein kleiner teil für die gefahrenlage verantwortlich ist, sind als milderes mittel maßnahmen in den blick zu nehmen, die geeignet sind, das unerwünschte verkehrsverhalten in ausreichendem maße zu erschweren. mildere mittel können nicht allein mit blick darauf als nicht hinreichend geeignet verworfen werden, dass sie das unerwünschte verkehrsverhalten nicht vollständig unterbinden können. 76vgl. ovg nrw, beschluss vom 6. juni 2019 – 8 b 821/18 –, rn. 31 juris. 77trägt die behörde derartige umstände bzw. änderungen erst in einem laufenden verwaltungsprozess vor, so muss sie unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine änderung des verwaltungsakts selbst. andernfalls wäre dem betroffenen keine sachgemäße rechtsverteidigung möglich, was wiederum mit der gewährleistung effektiven rechtsschutzes nach art. 19 abs. 4 gg nicht zu vereinbaren wäre. 78vgl. bverwg, urteil vom 20. juni 2013 – 8 c 46.12 –, rn. 35 juris. 79aus § 114 satz 2 vwgo ergeben sich keine weitergehenden anforderungen. diese vorschrift regelt nicht die voraussetzungen für die materiell-rechtliche und verwaltungsverfahrensrechtliche zulässigkeit des nachschiebens von ermessenserwägungen, sondern betrifft nur deren geltendmachung im prozess. ihr zweck ist es klarzustellen, dass ein materiell- und verwaltungsverfahrensrechtlich zulässiges nachholen von ermessenserwägungen nicht an prozessualen hindernissen scheitert. 80vgl. bverwg, beschluss vom 15. mai 2014 – 9 b 57.13 – rn. 11, und urteil vom 20. juni 2013 - 8 c 46.12 -, rn. 34, beide juris. 81der beklagte hat – insbesondere auch unter berücksichtigung des umstandes, dass der kläger ohne vorherigen antrag bei dem beklagten erstmals mit der vorliegenden klage gegen die verkehrsrechtlichen anordnungen aus den jahren 1981 und 1982 vorgeht – mit seinen schriftsätzen im laufenden gerichtlichen verfahren nicht unmissverständlich deutlich gemacht, dass es sich bei seinem vorbringen nicht nur um prozessuales verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine änderung des verwaltungsakts selbst in der form, dass seine ergänzenden erwägungen teil der weiteren begründung für die beibehaltung der verkehrsrechtlichen anordnungen sein sollen. dies obwohl das erkennende gericht in seinem eilbeschluss vom 19. mai 2021 (az: 7 l 274/21) u.a. ausgeführt hat, dass die überprüfung der in § 45 stvo vorgesehenen ermessensausübung durch den beklagten, insbesondere ob er seiner pflicht nachgekommen ist, unter berücksichtigung auftretender veränderungen der tatsächlichen und/oder rechtlichen verhältnisse seine verkehrsrechtlichen anordnungen und verkehrszeichen zu überprüfen und dabei (erneut) ermessen auszuüben, dem hauptsacheverfahren vorbehalten bleibt. die nur auf die gerichtliche anforderung erfolgte übersendung des vermerks über den termin vom 22. oktober 2021 reicht hierfür nicht aus. 82unabhängig davon ist aber auch unter berücksichtigung des prozessualen vorbringens des beklagten zu beanstanden, dass dieser im wesentlichen vorgetragen hat, dass die teilnehmer des termines vom 22. oktober 2021 darüber diskutiert hätten, ob die damals getroffene entscheidung (sperrung der l 701 für krafträder) weiterhin für sinnvoll erachtet werde oder eine aufhebung des verbotes in betracht komme; die teilnehmer seien zu dem ergebnis gekommen, dass die damals getroffene maßnahme richtig gewesen sei, sich die tatsächlichen verhältnisse nicht geändert hätten und keine maßnahmen ersichtlich seien, die bei der öffnung der straße geeignet wären, entsprechende unfälle zu verhindern. aus diesen ausführungen ist nicht ersichtlich, dass bzw. ob der allein zuständige beklagte ausdrücklich sein ermessen ausgeübt hat, da nach dem inhalt des vermerks eine „gruppenentscheidung“ getroffen bzw. „gruppenergebnis“ gefunden wurde. die nur auf anforderung erfolgte übersendung des vermerks über den termin vom 22. oktober 2021 reicht für eine betätigung des ermessens bzw. für eine ermessensentscheidung des beklagten hier ebenfalls nicht. 83der beklagte hat sich unabhängig davon auch nicht damit auseinandergesetzt, ob die nur aus den jahren 1981 und 1982 erhobenen unfallzahlen überhaupt heute noch eine ausreichende datengrundlage für die komplette sperrung der l 701 für kräder sein können. auch konkrete angaben bzw. einzelheiten dazu, dass die l 701 als rennstrecke genutzt wurde, enthalten die verwaltungsvorgänge nicht. im rahmen der ausübung des ermessens dürfte es wohl nicht sachgerecht sein, wenn der beklagte maßgeblich auf maßnahmen abstellt, die zielführend unfälle ganz vermeiden bzw. die unfallursache bekämpfen sollen. denn vor dem ausschluss einer gesamten gruppe von verkehrsteilnehmern, aus der nur ein kleiner teil für die gefahrenlage verantwortlich ist, sind – wie bereits oben ausgeführt – als milderes mittel maßnahmen in den blick zu nehmen, die geeignet sind, das unerwünschte verkehrsverhalten in ausreichendem maße zu erschweren. mildere mittel können nicht allein mit blick darauf als nicht hinreichend geeignet verworfen werden, dass sie das unerwünschte verkehrsverhalten nicht vollständig unterbinden können. insoweit dürfte der beklagte bei einer ermessensentscheidung zu berücksichtigen haben, dass auch mehrere, weniger einschneidende mittel kombiniert werden können, um das unerwünschte verkehrsverhalten und damit auch die unfälle und unfallursachen zu vermeiden. so könnten zum beispiel eine ausweisung der strecke als unfallstrecke, eine geschwindigkeitsbegrenzung nur für kräder (ggf. für bestimmte tage/zeiten) mit entsprechenden kontrollen und/oder – wie vom kläger angesprochen – die verlegung von leitschwellen, die im gesamten kurvenbereich entlang der mittellinie verlegt werden könnten, in betracht kommen. dies umso mehr, da ausweislich des vermerks über den termin vom 22. oktober 2021 die vorhandenen leitplanken nicht verhindern, dass motorradfahrer im falle eines aufpralls unter den leitplanken durchrutschen und es zu schweren bzw. tödlichen unfällen kommen kann bzw. es neuere systeme gibt, die dies verhindern. insofern könnte daran gedacht werden, leitplanken mit einem unterfahrschutz zu versehen. ferner wird der beklagte seine ermessenserwägungen zum beispiel auch darauf richten können, ggf. nur eine auf bestimmte tage und/oder uhrzeiten beschränkte sperrung der l 701, ggf. auch nur in eine fahrtrichtung für kräder in betracht zu ziehen. 84der kläger ist auch in seinen rechten verletzt. 85nach alledem sind auch die die rechtswidrigen anordnungen umsetzenden verkehrszeichen aufzuheben. 86die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 87die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit den §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 der zivilprozessordnung. 88die voraussetzungen für eine zulassung der berufung durch die kammer nach § 124 a abs. 1 satz 1 vwgo sind nicht gegeben. 89rechtsmittelbelehrung: 90gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung beim verwaltungsgericht arnsberg (jägerstraße 1, 59821 arnsberg) antrag auf zulassung der berufung gestellt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 91die berufung ist nur zuzulassen, 921. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 932. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 943. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 954. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 965. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 97die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem zulassungsantrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster) einzureichen. 98der antrag auf zulassung der berufung und dessen begründung können in schriftlicher form oder auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) und der elektronischer-rechtsverkehr-verordnung (ervv) eingereicht werden. auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d vwgo und der ervv wird hingewiesen. 99vor dem oberverwaltungsgericht müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die ein verfahren vor dem oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. als bevollmächtigte sind rechtsanwälte und rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, die die befähigung zum richteramt besitzen, sowie die ihnen kraft gesetzes gleichgestellten personen zugelassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen vor dem oberverwaltungsgericht als bevollmächtigte zugelassen. 100e1. . c2. 101ferner ergeht folgender 102b e s c h l u s s: 103der streitwert wird gemäß §§ 63 abs. 2 satz 1, 52 abs. 1, 2 des gerichtskostengesetzes unter berücksichtigung der nr. 46.15 des aktuellen streitwertkataloges für die verwaltungsgerichtsbarkeit auf 5.000 € festgesetzt. 104rechtsmittelbelehrung: 105gegen die entscheidung mit ausnahme der streitwertfestsetzung kann innerhalb von zwei wochen nach bekanntgabe bei dem verwaltungsgericht arnsberg (jägerstraße 1, 59821 arnsberg) beschwerde zum oberverwaltungsgericht eingelegt werden. die beschwerde ist innerhalb eines monats nach bekanntgabe der entscheidung zu begründen. sofern die begründung nicht mit der beschwerde vorgelegt worden ist, ist sie bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster) einzureichen. die begründung muss einen bestimmten antrag enthalten und die gründe darlegen, aus denen die entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen entscheidung auseinander setzen. 106die beschwerde und deren begründung können in schriftlicher form oder auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) und der elektronischer-rechtsverkehr-verordnung (ervv) eingereicht werden. auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d vwgo und der ervv wird hingewiesen. 107vor dem oberverwaltungsgericht müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die ein verfahren vor dem oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. als bevollmächtigte sind rechtsanwälte und rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, die die befähigung zum richteramt besitzen, sowie die ihnen kraft gesetzes gleichgestellten personen zugelassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen vor dem oberverwaltungsgericht als bevollmächtigte zugelassen. 108gegen die streitwertfestsetzung können die beteiligten auch persönlich beschwerde einlegen, über die das oberverwaltungsgericht entscheidet, falls das beschließende gericht ihr nicht abhilft. die beschwerde gegen die streitwertfestsetzung ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat. die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200 eur nicht überschreitet. 109die beschwerde kann schriftlich oder mündlich zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle oder auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv eingereicht werden. auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d vwgo und der ervv wird hingewiesen. 110e2. . c3. | Klaeger*in | 1 |
126,781 | S 37 U 108/11 | 2016-01-26T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt als Hinterbliebene des verstorbenen Versicherten, P.-K. F., die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus Anlass der Berufskrankheit (BK) nach Nr. 1303 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV). 3Die Klägerin ist die Witwe des 1943 geborenen und am 02.01.2010 verstorbenen VersichertenP.-K. F. Der Versicherte war ab Juni 1969 als Betriebsschlosser bei der VEBA OEL AG angestellt. Es bestand eine berufliche Exposition gegenüber Benzol und weiteren raffinerietypischen Stoffen. 4Bei dem Versicherten wurde im September 1988 die Diagnose einer chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) gestellt. Die Diagnose wurde in einem hämatologischen Gutachten von Prof. T. bestätigt. Es habe sich initial ein Stadium II nach RAI bzw. A nach Binet ergeben. In einem arbeitsmedizinischen Gutachten von Prof. M. wurde die CLL als Berufskrankheit nach Nr. 1303 der Anlage zur BKV gewertet und die MdE auf 30 % eingeschätzt. Die Beklagte erkannte daraufhin eine BK Nr. 1303 der Anlage zur BKV an und gewährte eine Rente nach einer MdE von 30 %. In Folgegutachten wurde bei zunehmender Erschöpfungssymptomatik, Nachtschweiß und rezidivierenden bronchopulmonalen Infekten zunächst eine Erhöhung der MdE auf 50 % (Oktober 1991) und dann auf 60 % (August 1995) empfohlen. Insgesamt zeige sich der Erkrankungsverlauf bezüglich der CLL mild bei weitestgehend konstanten Leukozytenzahlen, vernachlässigbarer Lymphadenopathie und geringer Splenomagalie. Der Versicherte erhielt mehrfache stationäre Rehabilitationsmaßnahmen. Der Versicherte trat zum April 1997 im Alter von 54 Jahren in den Vorruhestand ein. Während der stationären Rehabilitationsmaßnahme im Juni 2003 wurde sonographisch erstmals der Verdacht auf ein Prostata-Adenom geäußert. Bei dem Versicherten wurde im Jahr 2006 die Diagnose eines Prostatakarzinoms G2b (Gleason 3+4) gestellt. Aufgrund der Malignomhäufung wurde eine berufsgenossenschaftliche Meldung durch das St. F. Hospital vorgenommen. Auf Veranlassung der Beklagten erstellte Prof. C. ein arbeitsmedizinisches Gutachten und kam zu dem Ergebnis, dass ein ursächlicher Zusammenhang des Prostatakarzinoms, des Carcinoma in situ des Kolons durch die Benzolexposition bzw. die CLL nicht bestehe. Der Versicherte verstarb am 02.01.2010 im Klinikum F ... In Absprache mit der Klägerin wurde eine Obduktion durchgeführt. Nach dem fachpathologischen Gutachten von Prof. U. wurden als Todesursache Tumorfolgekomplikationen bei finaler respiratorischer Insuffizienz bei ausgedehnter pulmonaler Metastasierung des Weichteilsarkoms festgestellt. Der CLL wurde keine wesentliche Rolle bei der Todesursache beigemessen. Ein Zusammenhang zwischen der bestehenden Berufserkrankung, der stattgehabten Benzolexposition und dem Weichteilkarzinom wurde ausgeschlossen. 5Mit Bescheid vom 23.02.2010 entschied die Beklagte, die Klägerin habe einen Anspruch auf Hinterbliebenenbeihilfe in Höhe von 17.419,25 EUR. Ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente bestehe nicht. Als Folgen des Versicherungsfalls würden anerkannt: Blutbilderkrankung, chronische Bronchitis. Als Todesursache sei festgestellt worden: Pleomorphes Sarkom NOS. Der Tod sei nicht Folge des Versicherungsfalles. Grundlage der Entscheidung sei das fachpathologische Gutachten von Prof. U. vom 01.02.2010. 6Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und führte aus, das fachpathologische Gutachten lasse eine näher begründete Differenzierung vermissen, ob das Sarkom ursächlich einerseits unmittelbar auf die erhebliche Benzolexposition zurückzuführen sein könnte oder andererseits als mittelbare Folge der langjährigen Erkrankung des blutbildenden Systems in Form der CLL aufzufassen sei. 7Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2011 zurückgewiesen. 8Die Klägerin hat am 28.02.2011 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, die Todesursache des Versicherten sei Folge der bei dem Versicherten zu Lebzeiten festgestellten Berufskrankheit. Daher sei ihr eine Hinterbliebenenrente zu gewähren. 9Die Klägerin beantragt, 10den Bescheid der Beklagten vom 23.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2011 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Hinterbliebenenrente zu zahlen. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Sie nimmt zur Begründung ihres klageabweisenden Antrags Bezug auf ihr Vorbringen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren. 14Das Gericht hat Befundberichte der den Versicherten behandelnden Ärzte Dr. Q. und Dr. O. eingeholt. 15Das Gericht hat die Einholung eines arbeitsmedizinisch-toxikologischen Gutachtens nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Dr. S. veranlasst. Dieser hat seinerseits angeregt, ein onkologisches Gutachten von Prof. M. einzuholen. Das Gericht hat sodann Prof. M. zum Zusatzgutachter ernannt. Prof. M. ist in dem onkologischen Gutachten vom 25.02.2013 zu dem Ergebnis gekommen, die im Fall des Klägers aufgetretene Häufung von malignen Erkrankungen sei sicher ungewöhnlich. Einzeln betrachtet erschienen das Weichteilsarkom, das intramukosale Kolonkrazinom sowie auch das Prostatakarzinom im Rahmen der üblichen Altersverteilung. Die Prognose des zum Tode führenden Weichteilsarkoms sei hauptsächlich durch Tumorstadium, Grading und Resektionsstatus bestimmt worden. Anhand der medizinischen Datenlage könne jedoch nicht streng ausgeschlossen werden, dass die Tumorentstehung und das Metastasierungsverhalten durch die CLL beeinflusst worden seien. Dr. S. ist in seinem arbeitsmedizinisch-toxikologischen Gutachten vom 04.01.2014 zu dem Ergebnis gekommen, der Versicherte habe an einer CLL gelitten, die eindeutig auf die Benzolexposition zurückzuführen sei. Später seien ein Prostatakarzinom, ein Kolonkarzinom und ein pleomorphes Sarkom der linken Niere diagnostiziert worden. Letzteres habe in nahezu alle wichtigen Organe metastasiert. An den Folgen sei der Versicherte verstorben. Die aufgezählten Erkrankungen seien nach dem bisherigen Kenntnisstand nicht ursächlich auf seine berufliche Tätigkeit zurückzuführen, wobei man davon ausgehen könne, dass das bei der CLL vorliegende Immundefizit die Entstehung der o.g. Krebserkrankungen begünstigt habe. Die Berufskrankheit nach Nr. 1303 der Anlage zur BKV habe nach den vorliegenden Erkenntnissen das zu Tode führende Leiden dahingehend beeinflusst, dass durch das bei der CLL vorliegende Immundefizit die Entstehung des Sarkoms begünstigt worden sei. Außerdem bestehe der begründete Verdacht, dass das Metastasierungspotential des Sarkoms durch den Immundefekt verstärkt worden sei. 16Hierauf hat die Beklagte eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. N. eingereicht. In seiner Stellungnahme vom 02.02.2014 hat Dr. N. die Auffassung vertreten, dass der Einfluss des durch die CLL bedingten Immundefizites nicht von wesentlicher Bedeutung gewesen sein könne. 17In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 09.05.2015 ist Dr. S. bei seiner Auffassung verblieben. 18Hierauf hat die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme unter dem 18.11.2014 von Prof. S. eingereicht. Zwar habe bei dem Versicherten infolge der CLL eine Schwächung des Immunsystems vorgelegen. Auch habe nach den medizinischen Befunden ein klinisch relevantes Antikörpermangel-Syndrom vorgelegen. Ein klinisch relevantes zelluläres Immundefizit habe jedoch ausgeschlossen werden können. Nach den ärztlichen Befunden sei der Verlauf der CLL bei dem Versicherten stabil gewesen. Damit könne auch von einer Stabilität im Bereich des Immunsystems ausgegangen werden. Eine Überhäufigkeit von Mehrfachtumoren sei wissenschaftlich nur für Patienten unter aggressiver Immunsuppression wissenschaftlich belegt. Bei dem Versicherten sei keine Chemotherapie durchgeführt worden, die zu einer stärkeren Immunsuppression hätte führen können. Die Tumorerkrankungen seien alle in dem Alterssegment aufgetreten, für das eine größere Häufigkeit statistisch belegt sei. Ein direkter Kausalzusammenhang der zusätzlichen Tumorerkrankungen mit der CLL sei von allen Gutachtern ausgeschlossen worden und sei auch wissenschaftlich nicht begründbar. Demnach liege kein mit ausreichender Sicherheit begründbarer Verdacht vor, dass die als BK Nr. 1303 anerkannte CLL den Tod des Versicherten direkt oder mittelbar mit verursacht oder um mehr als ein Jahr vorverlegt habe. Ergänzende Stellungnahme Dr. S ... 19Hierauf hat Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 09.05.2015 Stellung genommen. Bei einer chronisch lymphatischen Leukämie liege bei behandelten und unbehandelten Patienten gleichermaßen ein 2-3fach erhöhtes Tumorrisiko vor. Ferner bestehe bei dieser Erkrankung speziell ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von Weichteilsarkomen. In der Fachliteratur finde sich ein weiterer Hinweis, dass eine chronisch lymphatische Leukämie die Entstehung eines Weichteilsarkoms begünstigen könne. Es bestehe daher der dringende Verdacht, dass zumindest das Weichteilsarkom durch chronisch lymphatische Leukämie bzw. den mit ihr verbundenen Immundefekt ausgelöst worden sei. Das Immunsystem übe einen Einfluss auf das Metastasierungspotential aus, bei einem Immundefekt sei somit von einer Erhöhung des Metastasierungspotentials auszugehen, was den foudroyanten Verlauf der Metastasierung erklären würde. Der onkologische Gutachter habe dies nicht in Frage gestellt. 20Prof. S. ist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 04.07.2015 bei seinem Standpunkt verblieben. 21Auch Dr. S. ist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.10.2015 bei seinem Standpunkt verblieben. 22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen. 23Entscheidungsgründe: 24Die zulässige Klage ist begründet. 25Der Bescheid vom 23.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2011 ist nicht nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG abzuändern gewesen. Dieser Bescheid beschwert die Klägerin nicht nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, denn er ist nicht rechtswidrig. Der Ehemann der Klägerin ist im Ergebnis nicht an den Folgen der anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 1303 der Anlage zur BKV verstorben. Daraus folgt, dass ein Anspruch der Klägerin als Witwe des Versicherten auf Hinterbliebenenrente nicht besteht. 26Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VII haben Hinterbliebene Anspruch auf Hinterbliebenenrenten. Nach § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB VII besteht der Anspruch auf Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 bis 3 nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalles eingetreten ist. Was unter dem Begriff des Versicherungsfalls i. S. des § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zu verstehen ist, wird in § 7 Abs. 1 SGB VII definiert. Danach sind Versicherungsfälle "Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten". § 9 SGB VII wiederum unterscheidet bei den Berufskrankheiten zwei Arten des Versicherungsfalls "Berufskrankheit". Zum einen den Versicherungsfall der sog. Listen-BK nach § 9 Abs 1 SGB VII. Zum anderen haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, nach § 9 Abs 2 SGB VII wie eine Berufskrankheit (sog. Wie-BK oder Quasi-BK) als Versicherungsfall festzustellen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Abs. 1 Satz 2 erfüllt sind. Wenn eine der beiden Versicherungsfälle, also eine Listen- BK oder eine Wie-BK, den Tod des Versicherten herbeigeführt hat, ist ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente entstanden (s. BSG vom 25.7.2001 - B 8 KN 1/00 U R - BSGE 88, 226, 228 = SozR 3-2700 § 63 Nr. 1; BSG vom 2.12.2008 - B 2 KN 2/07 U R - juris Rdnr. 15) 27Einen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen aufgrund des Todes ihres Ehemannes infolge eines Versicherungsfalles einer BK 1303 besteht nicht. Zwar hat die Beklagte bei dem Versicherten zu Lebzeiten eine BK 1303 anerkannt. Der Tod des Versicherten ist jedoch nicht infolge der BK 1303 eingetreten. 28Für die Kammer steht zwar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zuletzt aufgrund des fachpathologischen Gutachtens der Prof. Tannapfel fest, dass der Ehemann der Klägerin in Folge von Tumorfolgekomplikationen bei finaler respiratorischer Insuffizienz bei ausgedehnter pulmonaler Metastasierung des Weichteilsarkoms verstorben ist. Jedoch konnte sich der Senat nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon überzeugen, dass ein bei der CLL vorliegendes Immundefizit die Entstehung der Krebserkrankungen des Klägers begünstigt habe bzw. das Metastasierungspotential des Sarkoms durch den Immundefekt verstärkt worden sei (so Dr. S.). 29Die Kammer stützt sich insoweit zum einen auf das onkologische Gutachten des Prof. M. sowie die arbeits- und sozialmedizinischen Stellungnahmen des Beratungsarztes Prof. Rösler. Prof. M. hat nachvollziehbar ausgeführt, dass das zum Tode führende Weichteilsarkom, wie auch bei den übrigen festgestellten Karzinomen, im Rahmen der üblichen allgemeinen statistischen Altersverteilung aufgetreten sei. Ein Großteil der Patienten mit Weichteilsarkomen weise nach heutigem Wissensstand keinen wesentlichen Immundefekt auf. Daher sei bei dem Kläger zunächst von einer schicksalhaften Erkrankung auszugehen. Es könne nicht geschlussfolgert werden, dass das Weichteilsarkom bei einer Person mit normalem Immunsystem überhaupt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt aufgetreten wäre. Sofern der Gutachter gleichwohl darauf hingewiesen hat, anhand der medizinischen Datenlage könne nicht streng ausgeschlossen werden, dass die Tumorentstehung und das Metastasierungsverhalten durch die CLL beeinflusst worden seien, führt dies nicht zu einem abweichenden Ergebnis. Die Kammer geht weiterhin davon aus, dass in Ansehung der Ausführungen des Gutachters weiterhin nicht von einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit im o.g. Sinn auszugehen ist. Die Ausführungen des Gutachters Prof. M. sind nicht so zu deuten, dass bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den Zusammenhang sprechenden Umstände die für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, dass die dagegen sprechenden billigerweise für die Bildung und Rechtfertigung der richterlichen Überzeugung außer Betracht bleiben können. Mit anderen Worten genügt die bloße Möglichkeit nicht, dass die Tumorentstehung und das Metastasierungsverhalten durch die CLL beeinflusst sein können. Durchgreifende Argumente für das Bestehen einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit i.S.d. o.g. Zusammenhangs vermag auch Dr. S. in seinem Gutachten und seinen ergänzenden Stellungnahmen nicht vorzubringen. Zwar hat Dr. S. unter Hinweis auf wissenschaftliche Studien darauf hingewiesen, dass eine CLL und ein in diesem Zusammenhang stehender Immundefekt die Entstehung von Krebserkrankungen begünstige. Eine bloße Begünstigung der Entstehung von Krebserkrankungen vermag jedoch nicht das vorstehende Ergebnis zur Prüfung einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu entkräften. Zum anderen hat Prof. S. nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass bei dem Versicherten zwar von einer CLL-bedingten Schwächung des Immunsystems ausgegangen werden könne. Ein klinisch relevantes zelluläres Immundefizit habe jedoch ausgeschlossen werden können. Nach den ärztlichen Befunden sei der Verlauf der CLL bei dem Versicherten stabil gewesen. Daraus folgt, dass ein für die Entstehung eines Weichteilsarkoms begünstigender Umstand bei dem Versicherten nicht vorgelegen haben kann. Auch der von dem Gutachter Dr. S. aufgeführte Umstand des Auftretens von drei verschiedenen Krebserkrankungen innerhalb kurzer Zeit vermag ein abweichendes Ergebnis nicht hervorzubringen. Nachvollziehbar hat der Gutachter Prof. M. darauf hingewiesen, dass die Krebserkrankungen im Rahmen der üblichen Altersverteilung aufgetreten seien. 30Das zum Tode führende Leiden lässt sich auch darüber hinaus unter keine der in der BKV aufgeführten Listen-BKen bzw. eine "Wie"-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII einordnen. 31Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. | die klage wird abgewiesen. kosten sind nicht zu erstatten. 1 | 2die klägerin begehrt als hinterbliebene des verstorbenen versicherten, p.-k. f., die gewährung einer hinterbliebenenrente aus anlass der berufskrankheit (bk) nach nr. 1303 der anlage zur berufskrankheitenverordnung (bkv). 3die klägerin ist die witwe des 1943 geborenen und am 02.01.2010 verstorbenen versichertenp.-k. f. der versicherte war ab juni 1969 als betriebsschlosser bei der veba oel ag angestellt. es bestand eine berufliche exposition gegenüber benzol und weiteren raffinerietypischen stoffen. 4bei dem versicherten wurde im september 1988 die diagnose einer chronischen lymphatischen leukämie (cll) gestellt. die diagnose wurde in einem hämatologischen gutachten von prof. t. bestätigt. es habe sich initial ein stadium ii nach rai bzw. a nach binet ergeben. in einem arbeitsmedizinischen gutachten von prof. m. wurde die cll als berufskrankheit nach nr. 1303 der anlage zur bkv gewertet und die mde auf 30 % eingeschätzt. die beklagte erkannte daraufhin eine bk nr. 1303 der anlage zur bkv an und gewährte eine rente nach einer mde von 30 %. in folgegutachten wurde bei zunehmender erschöpfungssymptomatik, nachtschweiß und rezidivierenden bronchopulmonalen infekten zunächst eine erhöhung der mde auf 50 % (oktober 1991) und dann auf 60 % (august 1995) empfohlen. insgesamt zeige sich der erkrankungsverlauf bezüglich der cll mild bei weitestgehend konstanten leukozytenzahlen, vernachlässigbarer lymphadenopathie und geringer splenomagalie. der versicherte erhielt mehrfache stationäre rehabilitationsmaßnahmen. der versicherte trat zum april 1997 im alter von 54 jahren in den vorruhestand ein. während der stationären rehabilitationsmaßnahme im juni 2003 wurde sonographisch erstmals der verdacht auf ein prostata-adenom geäußert. bei dem versicherten wurde im jahr 2006 die diagnose eines prostatakarzinoms g2b (gleason 3+4) gestellt. aufgrund der malignomhäufung wurde eine berufsgenossenschaftliche meldung durch das st. f. hospital vorgenommen. auf veranlassung der beklagten erstellte prof. c. ein arbeitsmedizinisches gutachten und kam zu dem ergebnis, dass ein ursächlicher zusammenhang des prostatakarzinoms, des carcinoma in situ des kolons durch die benzolexposition bzw. die cll nicht bestehe. der versicherte verstarb am 02.01.2010 im klinikum f ... in absprache mit der klägerin wurde eine obduktion durchgeführt. nach dem fachpathologischen gutachten von prof. u. wurden als todesursache tumorfolgekomplikationen bei finaler respiratorischer insuffizienz bei ausgedehnter pulmonaler metastasierung des weichteilsarkoms festgestellt. der cll wurde keine wesentliche rolle bei der todesursache beigemessen. ein zusammenhang zwischen der bestehenden berufserkrankung, der stattgehabten benzolexposition und dem weichteilkarzinom wurde ausgeschlossen. 5mit bescheid vom 23.02.2010 entschied die beklagte, die klägerin habe einen anspruch auf hinterbliebenenbeihilfe in höhe von 17.419,25 eur. ein anspruch auf hinterbliebenenrente bestehe nicht. als folgen des versicherungsfalls würden anerkannt: blutbilderkrankung, chronische bronchitis. als todesursache sei festgestellt worden: pleomorphes sarkom nos. der tod sei nicht folge des versicherungsfalles. grundlage der entscheidung sei das fachpathologische gutachten von prof. u. vom 01.02.2010. 6hiergegen legte die klägerin widerspruch ein und führte aus, das fachpathologische gutachten lasse eine näher begründete differenzierung vermissen, ob das sarkom ursächlich einerseits unmittelbar auf die erhebliche benzolexposition zurückzuführen sein könnte oder andererseits als mittelbare folge der langjährigen erkrankung des blutbildenden systems in form der cll aufzufassen sei. 7der widerspruch wurde mit widerspruchsbescheid vom 28.01.2011 zurückgewiesen. 8die klägerin hat am 28.02.2011 klage erhoben. sie ist der auffassung, die todesursache des versicherten sei folge der bei dem versicherten zu lebzeiten festgestellten berufskrankheit. daher sei ihr eine hinterbliebenenrente zu gewähren. 9die klägerin beantragt, 10den bescheid der beklagten vom 23.02.2010 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 28.01.2011 abzuändern und die beklagte zu verurteilen, ihr eine hinterbliebenenrente zu zahlen. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13sie nimmt zur begründung ihres klageabweisenden antrags bezug auf ihr vorbringen im verwaltungs- und widerspruchsverfahren. 14das gericht hat befundberichte der den versicherten behandelnden ärzte dr. q. und dr. o. eingeholt. 15das gericht hat die einholung eines arbeitsmedizinisch-toxikologischen gutachtens nach § 106 sozialgerichtsgesetz (sgg) von dr. s. veranlasst. dieser hat seinerseits angeregt, ein onkologisches gutachten von prof. m. einzuholen. das gericht hat sodann prof. m. zum zusatzgutachter ernannt. prof. m. ist in dem onkologischen gutachten vom 25.02.2013 zu dem ergebnis gekommen, die im fall des klägers aufgetretene häufung von malignen erkrankungen sei sicher ungewöhnlich. einzeln betrachtet erschienen das weichteilsarkom, das intramukosale kolonkrazinom sowie auch das prostatakarzinom im rahmen der üblichen altersverteilung. die prognose des zum tode führenden weichteilsarkoms sei hauptsächlich durch tumorstadium, grading und resektionsstatus bestimmt worden. anhand der medizinischen datenlage könne jedoch nicht streng ausgeschlossen werden, dass die tumorentstehung und das metastasierungsverhalten durch die cll beeinflusst worden seien. dr. s. ist in seinem arbeitsmedizinisch-toxikologischen gutachten vom 04.01.2014 zu dem ergebnis gekommen, der versicherte habe an einer cll gelitten, die eindeutig auf die benzolexposition zurückzuführen sei. später seien ein prostatakarzinom, ein kolonkarzinom und ein pleomorphes sarkom der linken niere diagnostiziert worden. letzteres habe in nahezu alle wichtigen organe metastasiert. an den folgen sei der versicherte verstorben. die aufgezählten erkrankungen seien nach dem bisherigen kenntnisstand nicht ursächlich auf seine berufliche tätigkeit zurückzuführen, wobei man davon ausgehen könne, dass das bei der cll vorliegende immundefizit die entstehung der o.g. krebserkrankungen begünstigt habe. die berufskrankheit nach nr. 1303 der anlage zur bkv habe nach den vorliegenden erkenntnissen das zu tode führende leiden dahingehend beeinflusst, dass durch das bei der cll vorliegende immundefizit die entstehung des sarkoms begünstigt worden sei. außerdem bestehe der begründete verdacht, dass das metastasierungspotential des sarkoms durch den immundefekt verstärkt worden sei. 16hierauf hat die beklagte eine stellungnahme ihres beratenden arztes dr. n. eingereicht. in seiner stellungnahme vom 02.02.2014 hat dr. n. die auffassung vertreten, dass der einfluss des durch die cll bedingten immundefizites nicht von wesentlicher bedeutung gewesen sein könne. 17in seiner ergänzenden stellungnahme vom 09.05.2015 ist dr. s. bei seiner auffassung verblieben. 18hierauf hat die beklagte eine beratungsärztliche stellungnahme unter dem 18.11.2014 von prof. s. eingereicht. zwar habe bei dem versicherten infolge der cll eine schwächung des immunsystems vorgelegen. auch habe nach den medizinischen befunden ein klinisch relevantes antikörpermangel-syndrom vorgelegen. ein klinisch relevantes zelluläres immundefizit habe jedoch ausgeschlossen werden können. nach den ärztlichen befunden sei der verlauf der cll bei dem versicherten stabil gewesen. damit könne auch von einer stabilität im bereich des immunsystems ausgegangen werden. eine überhäufigkeit von mehrfachtumoren sei wissenschaftlich nur für patienten unter aggressiver immunsuppression wissenschaftlich belegt. bei dem versicherten sei keine chemotherapie durchgeführt worden, die zu einer stärkeren immunsuppression hätte führen können. die tumorerkrankungen seien alle in dem alterssegment aufgetreten, für das eine größere häufigkeit statistisch belegt sei. ein direkter kausalzusammenhang der zusätzlichen tumorerkrankungen mit der cll sei von allen gutachtern ausgeschlossen worden und sei auch wissenschaftlich nicht begründbar. demnach liege kein mit ausreichender sicherheit begründbarer verdacht vor, dass die als bk nr. 1303 anerkannte cll den tod des versicherten direkt oder mittelbar mit verursacht oder um mehr als ein jahr vorverlegt habe. ergänzende stellungnahme dr. s ... 19hierauf hat dr. s. in seiner ergänzenden stellungnahme vom 09.05.2015 stellung genommen. bei einer chronisch lymphatischen leukämie liege bei behandelten und unbehandelten patienten gleichermaßen ein 2-3fach erhöhtes tumorrisiko vor. ferner bestehe bei dieser erkrankung speziell ein erhöhtes risiko für die entstehung von weichteilsarkomen. in der fachliteratur finde sich ein weiterer hinweis, dass eine chronisch lymphatische leukämie die entstehung eines weichteilsarkoms begünstigen könne. es bestehe daher der dringende verdacht, dass zumindest das weichteilsarkom durch chronisch lymphatische leukämie bzw. den mit ihr verbundenen immundefekt ausgelöst worden sei. das immunsystem übe einen einfluss auf das metastasierungspotential aus, bei einem immundefekt sei somit von einer erhöhung des metastasierungspotentials auszugehen, was den foudroyanten verlauf der metastasierung erklären würde. der onkologische gutachter habe dies nicht in frage gestellt. 20prof. s. ist in seiner ergänzenden stellungnahme vom 04.07.2015 bei seinem standpunkt verblieben. 21auch dr. s. ist in seiner ergänzenden stellungnahme vom 03.10.2015 bei seinem standpunkt verblieben. 22wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsakte verwiesen. 23 | 24die zulässige klage ist begründet. 25der bescheid vom 23.02.2010 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 28.01.2011 ist nicht nach § 54 abs. 1 satz 1 sgg abzuändern gewesen. dieser bescheid beschwert die klägerin nicht nach § 54 abs. 2 satz 1 sgg, denn er ist nicht rechtswidrig. der ehemann der klägerin ist im ergebnis nicht an den folgen der anerkannten berufskrankheit nach nr. 1303 der anlage zur bkv verstorben. daraus folgt, dass ein anspruch der klägerin als witwe des versicherten auf hinterbliebenenrente nicht besteht. 26gemäß § 63 abs. 1 satz 1 nr. 3 sgb vii haben hinterbliebene anspruch auf hinterbliebenenrenten. nach § 63 abs. 1 satz 2 sgb vii besteht der anspruch auf leistungen nach satz 1 nr. 1 bis 3 nur, wenn der tod infolge eines versicherungsfalles eingetreten ist. was unter dem begriff des versicherungsfalls i. s. des § 63 abs. 1 satz 2 sgb vii zu verstehen ist, wird in § 7 abs. 1 sgb vii definiert. danach sind versicherungsfälle "arbeitsunfälle und berufskrankheiten". § 9 sgb vii wiederum unterscheidet bei den berufskrankheiten zwei arten des versicherungsfalls "berufskrankheit". zum einen den versicherungsfall der sog. listen-bk nach § 9 abs 1 sgb vii. zum anderen haben die unfallversicherungsträger eine krankheit, die nicht in der bkv bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten voraussetzungen nicht vorliegen, nach § 9 abs 2 sgb vii wie eine berufskrankheit (sog. wie-bk oder quasi-bk) als versicherungsfall festzustellen, sofern im zeitpunkt der entscheidung nach neuen erkenntnissen der wissenschaft die voraussetzungen für eine bezeichnung nach abs. 1 satz 2 erfüllt sind. wenn eine der beiden versicherungsfälle, also eine listen- bk oder eine wie-bk, den tod des versicherten herbeigeführt hat, ist ein anspruch auf hinterbliebenenrente entstanden (s. bsg vom 25.7.2001 - b 8 kn 1/00 u r - bsge 88, 226, 228 = sozr 3-2700 § 63 nr. 1; bsg vom 2.12.2008 - b 2 kn 2/07 u r - juris rdnr. 15) 27einen anspruch auf hinterbliebenenleistungen aufgrund des todes ihres ehemannes infolge eines versicherungsfalles einer bk 1303 besteht nicht. zwar hat die beklagte bei dem versicherten zu lebzeiten eine bk 1303 anerkannt. der tod des versicherten ist jedoch nicht infolge der bk 1303 eingetreten. 28für die kammer steht zwar mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit nicht zuletzt aufgrund des fachpathologischen gutachtens der prof. tannapfel fest, dass der ehemann der klägerin in folge von tumorfolgekomplikationen bei finaler respiratorischer insuffizienz bei ausgedehnter pulmonaler metastasierung des weichteilsarkoms verstorben ist. jedoch konnte sich der senat nicht mit hinreichender wahrscheinlichkeit davon überzeugen, dass ein bei der cll vorliegendes immundefizit die entstehung der krebserkrankungen des klägers begünstigt habe bzw. das metastasierungspotential des sarkoms durch den immundefekt verstärkt worden sei (so dr. s.). 29die kammer stützt sich insoweit zum einen auf das onkologische gutachten des prof. m. sowie die arbeits- und sozialmedizinischen stellungnahmen des beratungsarztes prof. rösler. prof. m. hat nachvollziehbar ausgeführt, dass das zum tode führende weichteilsarkom, wie auch bei den übrigen festgestellten karzinomen, im rahmen der üblichen allgemeinen statistischen altersverteilung aufgetreten sei. ein großteil der patienten mit weichteilsarkomen weise nach heutigem wissensstand keinen wesentlichen immundefekt auf. daher sei bei dem kläger zunächst von einer schicksalhaften erkrankung auszugehen. es könne nicht geschlussfolgert werden, dass das weichteilsarkom bei einer person mit normalem immunsystem überhaupt nicht oder zu einem späteren zeitpunkt aufgetreten wäre. sofern der gutachter gleichwohl darauf hingewiesen hat, anhand der medizinischen datenlage könne nicht streng ausgeschlossen werden, dass die tumorentstehung und das metastasierungsverhalten durch die cll beeinflusst worden seien, führt dies nicht zu einem abweichenden ergebnis. die kammer geht weiterhin davon aus, dass in ansehung der ausführungen des gutachters weiterhin nicht von einer hinreichenden wahrscheinlichkeit im o.g. sinn auszugehen ist. die ausführungen des gutachters prof. m. sind nicht so zu deuten, dass bei vernünftiger abwägung aller für und gegen den zusammenhang sprechenden umstände die für den zusammenhang sprechenden erwägungen so stark überwiegen, dass die dagegen sprechenden billigerweise für die bildung und rechtfertigung der richterlichen überzeugung außer betracht bleiben können. mit anderen worten genügt die bloße möglichkeit nicht, dass die tumorentstehung und das metastasierungsverhalten durch die cll beeinflusst sein können. durchgreifende argumente für das bestehen einer hinreichenden wahrscheinlichkeit i.s.d. o.g. zusammenhangs vermag auch dr. s. in seinem gutachten und seinen ergänzenden stellungnahmen nicht vorzubringen. zwar hat dr. s. unter hinweis auf wissenschaftliche studien darauf hingewiesen, dass eine cll und ein in diesem zusammenhang stehender immundefekt die entstehung von krebserkrankungen begünstige. eine bloße begünstigung der entstehung von krebserkrankungen vermag jedoch nicht das vorstehende ergebnis zur prüfung einer hinreichenden wahrscheinlichkeit zu entkräften. zum anderen hat prof. s. nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass bei dem versicherten zwar von einer cll-bedingten schwächung des immunsystems ausgegangen werden könne. ein klinisch relevantes zelluläres immundefizit habe jedoch ausgeschlossen werden können. nach den ärztlichen befunden sei der verlauf der cll bei dem versicherten stabil gewesen. daraus folgt, dass ein für die entstehung eines weichteilsarkoms begünstigender umstand bei dem versicherten nicht vorgelegen haben kann. auch der von dem gutachter dr. s. aufgeführte umstand des auftretens von drei verschiedenen krebserkrankungen innerhalb kurzer zeit vermag ein abweichendes ergebnis nicht hervorzubringen. nachvollziehbar hat der gutachter prof. m. darauf hingewiesen, dass die krebserkrankungen im rahmen der üblichen altersverteilung aufgetreten seien. 30das zum tode führende leiden lässt sich auch darüber hinaus unter keine der in der bkv aufgeführten listen-bken bzw. eine "wie"-bk nach § 9 abs. 2 sgb vii einordnen. 31die kostenentscheidung beruht auf § 193 abs. 1 sgg. | Verklagte*r | 0 |
179,289 | 7 O 151/12 | 2014-05-08T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 61.900,00 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.07.2012 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots gegenüber der Beklagten auf Übertragung der von der Klägerin am 08.05.2003 gezeichneten Beteiligung an der E1 im Nennwert von 100.000,00 €, sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von allen Schäden und Nachteilen, insbesondere auch von etwaigen Nachhaftungspflichten, freizustellen, die unmittelbar oder mittelbar aus der von der Klägerin am 08.05.2003 gezeichneten Beteiligung an der E1 im Nennwert von 100.000,00 € resultieren und die ohne die Zeichnung dieser Beteiligung nicht eingetreten wären, Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots gegenüber der Beklagten auf Übertragung der von der Klägerin am 08.05.2003 gezeichneten Beteiligung an der E1 im Nennwert von 100.000,00 €, sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der von der Klägerin am 08.05.2003 gezeichneten Beteiligung an der E1 im Nennwert von 100.000,00 €, sowie der Annahme der Abtretung der Rechte aus dieser Beteiligung in Verzug befindet. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2037,88 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.07.2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 20 % und die Beklagte zu 80 %. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche wegen einer Falschberatung im Zusammenhang mit einer im Jahr 2003 von der Klägerin gezeichneten Beteiligung an der E1 (im Folgenden: E1). 3Die E1 ist ein geschlossener Immobilienfonds, der im Jahr 2003 aufgelegt wurde. Anleger konnten sich an der E1 entweder direkt als Kommanditist oder mittelbar als Treugeber mit einem Betrag von mindestens 15.000,00 € zuzüglich eines Agios i.H.v. 5 % beteiligen. 4Der E1 sollte einen Büro Gebäudekomplex in G erwerben und diesen anschließend zu 100 % mit einer Grundmietzeit von 15 Jahren an die E AG vermieten. Die Gesamtinvestition der E1 sollten sich auf 173.000.000,00 € belaufen, wovon 103.080.000,00 € als Fremdkapital aufgenommen wurden. Das Fremdkapital wurde zu 50 % in € und zu 50 % in Schweizer Franken aufgenommen. Zur Zinsverbilligung wurden hierzu drei Cross-Currency-Swaps in Schweizer Franken abgeschlossen. 5In dem Emissionsprospekt finden sich bezüglich der drei Cross-Currency-Swaps lediglich Angaben dahingehend, dass die Fondsgesellschaft ein langfristiges Darlehen i.H.v. 103.080.000,00 € aufgenommen habe. Für 50 % der Darlehenssumme habe die Fondsgesellschaft zur Zinsverbilligung von Teilen des Darlehens drei Cross-Currency-Swaps in Schweizer Franken abgeschlossen. Der Umrechnungskurs für diese Transaktion läge bei 1,4785. Aufgrund dieser Cross-Currency-Swaps reduziere sich die Zinsbelastung des Darlehens in Höhe dieses Teilbetrages von nominal 4,65 % p.a. auf 3,34 % p.a.. Es wird weiter darauf hingewiesen, dass die Zahlungen für die Swaps jeweils jährlich vorschüssig in Schweizer Franken zu leisten seien und somit einem Wechselkursrisiko unterliegen würden. Es wird weiterhin auf die Anschlussfinanzierung durch einen weiteren EUR-Forward-Swap hingewiesen, welcher ebenfalls dem Wechselkursrisiko unterliege. Für das Jahr 2011 wurde ein zu tilgender Restbetrag i.H.v. 46.284.000,00 € prognostiziert. Für die Anschlussfinanzierung des Euro-Darlehens im Jahr 2012 habe die Fondsgesellschaft teilweise EUR-Forward-Swaps abgeschlossen, die im Zinssicherungsgeschäft einen Swap-Festsatz von 5,85 % p.a. bei einer Laufzeit bis zum 30.12.2023 vorsähen. Für den nicht über die EUR-Forward-Swaps abgesicherten Teil der Finanzierung sei ein Anschlusszinssatz von 6,0 % p.a. jährlich nach vorschüssiger Zahlungsweise für eine weiter gehende Finanzierung in Schweizer Franken zum Ansatz gebracht worden. Für diesen Teil bestehe somit ein Wechselkursrisiko. Dieser Ansatz orientiere sich an dem durchschnittlichen CHF – Zinssatz für langfristige Darlehen in der Vergangenheit. ( S. 30, 34, 35, 52 des Prospektes). 6Es wird dargelegt, dass für den Fall einer positiven Entwicklung des Kurses der Schweizer Franken die Möglichkeit bestehe, sich mittels Devisentermingeschäften bereits vor dem Fälligkeitstermin mit Schweizer Franken einzudecken um eine weitere Verbilligung zu erzielen. Weiterhin wird dargelegt, bei welchen Faktoren der Barwert der Cross-Currency-Swaps positiv werde. Offen sei lediglich die von den finanzierenden Banken in Ansatz zubringenden Margenaufschläge, was jedoch auch bei einer Anschlussfinanzierung, bei welcher das Zinsniveau nicht abgesichert ist, ebenso sei (S. 52 des Prospekts). Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass Wechselkursschwankungen die abzuführende Leistung verändern könnten. Bei einem veränderten Wechselkurs könne dies zu Liquiditätseinbußen führen und damit Auswirkungen auf die Rendite haben. 7Die Fondsgesellschaft habe für einen Teil der Anschlussfinanzierung die Zinsentwicklungsrisiken abgesichert, partizipiere allerdings nicht an einem unter Umständen niedrigen Zinsniveau (S. 66 des Prospekts). 8Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Prospekts wird auf die Anlage K 3 Bezug genommen. 9Vor der streitgegenständlichen Zeichnung gab die Klägerin im Jahre 2000 in einem WpHG-Bogen gegenüber der Beklagten an, dass sie sich hinsichtlich der Produkt-Risikokategorie in die Kategorie „E“, mithin die zweithöchste von 6 Kategorien, einstufe, und mit einer Wertpapieranlage sowohl die Altersvorsorge, als auch den Vermögensaufbau bei einem langfristigen Anlagehorizont anstrebe. Auf die Anlage K 2 a wird verwiesen. 10Die Klägerin zeichnete unter dem 08.05.2003 die Beteiligung an dem vorgenannten geschlossenen Immobilienfonds mit einem Nennbetrag von 100.000,00 € zuzüglich eines Agios i.H.v. 5 %. 11Zu dieser Zeichnung kam es wie folgt: 12Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Zeichnung seit etwa 40 Jahren Kundin der Beklagten. Seit etwa 30 Jahren wurde die Klägerin von dem Bankberater X betreut. 13Im Vorfeld der streitgegenständlichen Zeichnung kam es zu einem Gespräch zwischen der zu diesem Zeitpunkt 58-jährigen Klägerin und dem Bankberatern X, an dem auch der Ehemann der Klägerin teilnahm. Der Beratung lag dabei der Prospekt der E1 teilweise inhaltlich zu Grunde. 14Der Inhalt des Gesprächs, sowie der Zeitpunkt der Übergabe des Prospektes sind zwischen den Parteien streitig. Weiterhin ist streitig, von welcher Partei die Initiative zu dem Gespräch ausging. 15Am 08.05.2003 kam es zu der Zeichnung der streitgegenständlichen Anlage durch die Klägerin. Ob diese Zeichnung im direkten Anschluss an das Beratungsgespräch, oder zu einem späteren Zeitpunkt stattfand, ist zwischen den Parteien streitig. 16In der Folgezeit zahlte die Klägerin an die Beklagte den Nennbetrag und das Agio, mithin insgesamt 105.000,00 €. 17Demgegenüber erhielt die Klägerin in der Folgezeit Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 43.100,00 €. 18Bezüglich des weiteren Inhalts der Beitrittserklärung wird auf die Anlage K1 verwiesen. 19Vor und nach der streitgegenständlichen Zeichnung beteiligte sich die Klägerin zudem an diversen anderen Fonds. So kam es in den Jahren 2002 bis 2010 zu insgesamt zwölf weiteren Beteiligungen, wobei lediglich eine Zeichnung vor der streitgegenständlichen Zeichnung erfolgte. 20Im Rahmen der Zeichnung „E2“ unterzeichnete die Klägerin am 09.02.2010 eine Erklärung, mit welcher sie angab, über eine der Beklagten zufließende Provision in Höhe von 9 % aufgeklärt worden zu sein. Auf die Anlage B3, Bl. 123 d.A., wird verwiesen. 21Vor der Zeichnung lag der Steuerspitzensatz der Klägerin und ihres Ehemannes bei 45,59 %, im Jahre 2011 sodann bei 41,75 %. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 288 d.A. verwiesen. 22Die Zins- und Währungsentwicklung der Folgejahre führte dazu, dass zum 31.12.2011 statt der prognostizierten 46.284.000,00 € Darlehensvaluta nunmehr 91.700.000,00 € von der Fondsgesellschaft abgelöst werden mussten. 23Unter dem 29.03.2012 forderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte schriftlich auf, Schadensersatzansprüchen anzuerkennen oder ein Vergleichsangebot bis zum 14.04.2012 zu unterbreiten. 24Eine Reaktion der Beklagten erfolgte nicht. 25Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von Schadensersatz in Höhe der von ihr geleisteten Zahlungen abzüglich der an sie erfolgten Ausschüttungen, sowie eine Freistellung von allen Schäden und Nachteilen, die aus der gezeichneten Beteiligung an der E1 resultieren. 26Die Klägerin behauptet, sie habe sich zum Zeitpunkt der Zeichnung für eine kurz- bis mittelfristige Anlage interessiert. Sie selber habe auch keine Erfahrungen in Anlagegeschäften gehabt. 27Bezüglich des Beratungsgesprächs behauptet die Klägerin, dass die Initiative zu dem Beratungsgespräch von dem bei der Beklagten tätigen Berater ausgegangen sei. Von diesem sei ihr der geschlossene Immobilienfonds als eine sichere Anlage dargestellt worden, bei der die Klägerin nichts zu befürchten habe. Weiterhin sei eine gute Rendite von 6 % angepriesen worden und die Aussage getätigt worden, dass die Klägerin auf jeden Fall ihr Geld zurückerhalte. Gegenüber der Klägerin sei die Anlage als für sie passend empfohlen und intensiv beworben worden. Weiterhin sei weder auf einen Totalverlustrisiko, die Möglichkeit der Rückforderung von zuvor erfolgten Ausschüttungen, die Risiken im Rahmen einer Aufnahme von Fremdwährungsdarlehen sowie bei einem Abschluss von Swap-Geschäften, die erst im Jahre 2023 möglichen Kündigung der Beteiligung und deren Nachteile, noch das Fehlen eines Zweitmarktes für die Anlage hingewiesen worden. 28Die Klägerin behauptet, dass die Beklagte für den Vertrieb der E1 eine Rückvergütung in Höhe von mindestens 8 % der Nominalbeteiligung erhalten habe, von welcher die Klägerin keine Kenntnis gehabt habe. Bezüglich der von der Klägerin unterzeichneten Erklärung über die Provisionskenntnis im Rahmen der Zeichnung des „E2“ behauptet die Klägerin, dass sie diese Erklärung nicht gelesen habe. In diesem Zusammenhang behauptet die Klägerin, dass sie in dem hiesigen Beratungsgespräch für die streitgegenständliche Beteiligung nicht darüber aufgeklärt worden sei, dass die Beklagte für den Vertrieb eine Provision erhalte. 29Bezüglich des Prospektes behauptet die Klägerin, diesen erst am Tag der Zeichnung in dem Beratungsgespräch erhalten zu haben. 30Schließlich behauptet die Klägerin, dass im Falle einer ordnungsgemäßen Aufklärung eine Zeichnung ihrerseits unterblieben wäre. Dies gelte für die Risiken, als auch für die von der Beklagten erhaltenen Provisionen. Die erbschaftssteuerlichen Vorteile seien kein Kriterium für die Zeichnung gewesen, da die Klägerin und ihr Ehemann die erbschaftssteuerlichen Freibeträge längst ausgeschöpft hätten. Die Klägerin hätte stattdessen die Gelder sicher angelegt und eine Rendite von mindestens 4 % p. a. erzielt. 31Die Klägerin ist der Ansicht, dass durch die Beklagte weder eine anlagegerechte, noch eine anlegergerechte Beratung erfolgt sei. 32Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, dass der Emissionsprospekt fehlerhaft sei. Dies gelte insbesondere hinsichtlich des im Prospekt dargestellten Investitionsplans und der daraus folgenden Irreführung hinsichtlich der Werthaltigkeit der Anlage. Auch die Darstellung der Swap-Geschäfte sei im Prospekt nicht ausreichend gewesen. Der einzige Risikohinweis bestünde in dem Verweis auf das Wechselkursrisiko. 33Die Beklagte habe sich diesen fehlerhaften Prospekt zu eigen gemacht, so dass sie sich die Fehler wie eigene zurechnen lassen müsse. 34Darüber hinaus sei die Übergabe des Prospektes zu spät erfolgt. Selbst bei Unterstellung einer Übergabe des Prospektes zu Beginn des Beratungsgesprächs, sei diese nicht rechtzeitig, da die Klägerin den Inhalt des Prospektes so nicht vollständig zur Kenntnis hätte nehmen können. 35Zudem ist die Klägerin der Ansicht, dass ihr ein Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns zustehe. 36Die Anrechnung von Steuervorteilen habe sich die Klägerin nicht entgegenhalten zu lassen, denn etwaige erlangte Steuervorteile habe sich die Klägerin nach dem Zuflussprinzip der Einkunftsart wieder zurechnen zu lassen, in der sie ursprünglich angefallen seien. Steuerliche Vorteile in außergewöhnlich hohem Maße verblieben nicht bei der Klägerin. 37Vorsorglich bietet die Klägerin mit der Klageschrift die Abtretung ihrer Rechte aus der gezeichneten Beteiligung an der E1 an die Beklagte an. 38Die Klägerin beantragt, 391. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 61.900,00 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 4 % aus 105.000,00 € vom 08.05.2003 bis 29.12.2003, aus 102.900,00 € vom 30.12.2003 bis 29.12.2004, aus 96.900,00 € vom 30.12.2004 bis 29.12.2005, aus 90.900,00 € vom 30.12.2005 bis 28.12.2006, aus 82.900,00 € vom 29.12.2006 bis 27.12.2006, aus 76.900,00 € vom 28.12.2007 bis 29.12.2008, aus 70.900,00 € vom 30.12.2008 bis 21.12.2009, aus 64.900,00 € vom 22.12.2009 bis 27.12.2010, aus 61.900,00 € vom 28.12.2010 bis 14.04.2012 sowie aus 61.900,00 € seit dem 15.04.2012 i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen, 402. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von allen Schäden und Nachteile, insbesondere auch von etwaigen Nachhaftungspflichten, freizustellen, die unmittelbar oder mittelbar aus der von der Klägerin am 08.05.2013 gezeichneten Beteiligung an der E1 im Nennwert von 100.000,00 € resultieren und die ohne Zeichnung dieser Beteiligung nicht eingetreten wären, 413. die Verurteilung der Anträge zu 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebotes gegenüber der Beklagten auf Übertragung der von der Klägerin am 08.05.2003 gezeichneten Beteiligung an der E1 im Nennwert von 100.000,00 €, sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte, 424. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der von der Klägerin am 08.05.2003 gezeichneten Beteiligung an der E1 im Nennwert von 100.000,00 €, sowie der Annahme der Abtretung der Rechte aus dieser Beteiligung in Verzug befindet, 435. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin weitere 2.037,88 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 15.04.2012 zu zahlen. 44Die Beklagte beantragt, 45die Klage abzuweisen. 46Bezüglich des Beratungsgesprächs behauptet die Beklagte, dass dieses vor dem Hintergrund zustande gekommen sei, dass sich die Klägerin an die Beklagte gewandt habe, um sich an einer steuerbegünstigenden Kapitalanlage zu beteiligen. Aufgrund dieses Verlangens habe der Bankberater X der Klägerin den Beteiligungsprospekt mindestens zwei Wochen vor dem eigentlichen Anlagegespräch zur Verfügung gestellt. Die Beklagte behauptet weiterhin, dass die Klägerin trotz ihrer Geschäfts – und Anlageerfahrenheit über das Totalverlustrisiko, den Umfang der potentiellen Anlegerhaftung und die vorgesehene Möglichkeit der Aufnahme von Fremdwährungsdarlehen aufgeklärt worden sei. Der Bankberater habe in keinerlei Weise eine Garantieerklärung für den wirtschaftlichen Erfolg des Fonds abgegeben. 47Die Beklagte behauptet, dass die Beteiligung sodann in einem zweiten Gesprächstermin von der Klägerin unterzeichnet worden sei. Diese Zeichnung sei durch die Klägerin aufgrund von zu erwartenden Steuervorteilen in Form einer Reduzierung der Erbschaftssteuer erfolgt. Aus diesem Grund bestreitet die Beklagte, dass die Klägerin in Kenntnis angeblicher Beratungsfehler sowie erheblicher Rückvergütungen und Provisionen die Beteiligungen nicht gezeichnet hätte. Dies würde auch belegt durch das Anlageverhalten der Klägerin. Insbesondere bei der Zeichnung der Beteiligung „E2“ sei die Klägerin über die der Beklagten zukommenden Provisionen umfassend aufgeklärt worden. Auch dass die Klägerin an den anderen Beteiligungen festhalte, spreche gegen die Vermutung des beratungskonformen Verhaltens. 48Bezüglich der in Abzug zu bringenden Ausschüttungen behauptet die Beklagte, dass 49es zu einer Ausschüttung i.H.v. 47 % des Kommanditkapitals an die Gesellschafter gekommen sei. 50Die Beklagte bemängelt, dass die Klägerin bezüglich der von ihr behaupteten aufklärungspflichtigen Provisionen nicht darstelle, aus welchem Teil des Grundkapitals die Zahlungen an die Beklagte geflossen seien. Die Beklagte bestreitet daher, dass Provisionszahlungen aus ausgewiesenen Vertriebskosten geleistet worden seien. 51Bezüglich des Prospektes ist die Beklagte der Ansicht, dass dieser nicht fehlerhaft sei. 52Die Beklagte ist der Ansicht, dass diese zum Zeitpunkt der Zeichnung nicht vorsätzlich gehandelt habe, da sie sich in einem den Vorsatz ausschließenden Rechtsirrtum befunden habe. Denn zu diesem Zeitpunkt habe kein Mitarbeiter und kein Organ der Beklagten Kenntnis von der Pflicht einer ungefragten Mitteilung der Vertriebsvergütungen gehabt. Die Beklagte treffe zudem kein Fahrlässigkeitsvorwurf, da mit einer Änderung der damaligen Rechtsprechung nicht zu rechnen gewesen sei. 53Die Beklagte ist der Ansicht, dass sich die Klägerin Steuervorteile anrechnen lassen müsse. 54Schließlich stehe dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin keine Geschäftsgebühr i.H.v. 2,0 zu. 55Vorsorglich erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung. Die Klägerin habe mindestens grob fahrlässig keine Kenntnis von den mit der Anlage einhergehenden Risiken gehabt, da der Klägerin neben dem Prospekt auch Geschäftsberichte, Gesellschaftsversammlungsprotokolle und Ausschüttungsmitteilung laufend zugesandt worden seien. Auf die Anlage B 3, Bl. 171 ff. d.A., wird verwiesen. 56Jedenfalls treffe die Klägerin aufgrund der ihr anlastenden Obliegenheit zur sorgfältigen Lektüre des Emissionsprospektes ein Mitverschulden an dem eingetretenen Schaden. 57Die Klage ist bei Gericht eingegangen am 14.05.2012 und der Beklagten am 26.07.2012 zugestellt worden. 58Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen J, I1 und Michael X. Weiterhin wurde die Klägerin als Partei vernommen. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 18.07.2013 (Bl. 271 ff. d.A.) und vom 03.04.2014 (Bl. 323 ff.d.A.) verwiesen. 59Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. 60Entscheidungsgründe: 61Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. 62I. 63Die Klage ist zulässig. 64Die Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund ergibt sich sachlich aus §1 ZPO i.V.m. §§ 23 Nr. 1, 71 GVG und örtlich aus §§ 21 Abs. 1, 29 ZPO. 65Bezüglich des Klageantrages zu 4) ergibt sich das gemäß § 256 ZPO notwendige Feststellungsinteresse aus §§ 756, 765 ZPO. 66II. 67Die Klage ist überwiegend begründet. 681. 69Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von 61.900,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe 5 seit dem 27.07.2012 aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB. 70a) 71Ein Anlageberatungsvertrag ist zwischen der Klägerin und der durch den Bankberater X vertretenen Beklagten zumindest stillschweigend geschlossen worden. Unerheblich ist insoweit, ob die Initiative bezüglich des Beratungsgespräches von der Klägerin oder von der Beklagten ausging. Denn ein konkludenter Vertragsschluss ist auch nach dem Vortrag der Beklagten - der Bankberater habe die Klägerin über die Risiken der streitgegenständlichen Anlage aufgeklärt - anzunehmen, da hierdurch solche sachkundigen Auskünfte erteilt und von der Klägerin in Anspruch genommen wurden, die für diese erkennbar von erheblicher Bedeutung waren (BGH, Urteil vom 06.07.1993, AZ. XI ZR 12/93). 72b) 73Die Beklagte hat die sie treffende Aufklärungspflicht aus dem Beratungsvertrag verletzt, indem sie die Kläger nicht umfassend und entsprechend der angebotenen Anlage aufgeklärt hat. 74Aufgrund eines Beratungsvertrages schuldet die Bank eine anleger- und objektgerechte Beratung, wobei maßgeblich einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden sind, und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarkts, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjekts ergeben (vgl. BGH, v. 21.03.2006, Az.: XI ZR 63/05, NJW 2006, 2041, Rz. 12). Die Beurteilung der tatsächlichen Anforderungen an die Beratung ist abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls. 75Das Gericht ist der Auffassung, dass eine Aufklärung unter anderem über die Funktionsweise und die speziellen Risiken der abgeschlossenen Cross-Currency-Swaps geboten gewesen wäre. 76Bei einem einfachen Zins-Swap handelt es sich um ein Zinsderivat. Ein Zins-Swap stellt sich als eine Vereinbarung zwischen zwei (juristischen) Personen dar, in der sie sich verpflichten, zu bestimmten Zeitpunkten Zinszahlungen auf zuvor festgelegte Nennbeträge austauschen. In der Regel werden die Vereinbarungen so getroffen, dass eine Vertragsseite einen mit der Vereinbarung fixierten Zinssatz leistet, während die andere Vertragsseite einen variablen Zinssatz zu leisten hat. Die Zahlung der Vertragsseite, die einen variablen Zinssatz zu leisten hat, ist demnach unbeständig. Der Barwert des Zins-Swaps ist ungewiss und unterliegt den Schwankungen des Marktzinssatzes. Die Vereinbarung eines Zins-Swaps stellt sich demnach als eine Art „Wette“ auf den Marktzinssatz dar und ist nicht vorhersehbar. Soweit der variable Zinssatz sinkt, entsteht ein Nachteil für die Vertragsseite, die den festen Zinssatz zu leisten hat. Sollte der variable Zinssatz steigen, geht dies zum Nachteil der Vertragsseite, die den variablen Zinssatz zu erbringen hat. Je nachdem, wie gravierend der variable Marktzinssatz steigt oder sinkt, können erhebliche Risiken für die Vertragsseiten entstehen. Dies gilt auch im Vergleich zu einem variablen Zinssatz, den ein Darlehensnehmer auf die Darlehenssumme zu leisten hätte. Denn in diesem Rahmen kann dem Darlehensnehmer auch der sinkende Marktzinssatz zugutekommen. Dies ist dann nicht möglich, wenn er sich im Rahmen eines Zins-Swaps zur vermeintlichen Zinsverbilligung zur Leistung eines festen Zinssatzes verpflichtet hat, da er diesen Zinssatz in jedem Fall zu leisten hat. 77Schon über die Funktionsweise und die Risiken eines einfachen Zins-Swaps ist eine Aufklärung zur Risikoabschätzung geboten. 78Hinzu kommt in erschwerender Weise, dass es sich vorliegend nicht um einen einfachen Zins-Swap handelt, sondern um einen sog. „Cross-Currency-Swap“. Bei einem Cross-Currency-Swap handelt es sich um einen Währungs-Swap, bei welchem die Vertragsseiten die Zins- und Kapitalzahlungen in unterschiedlichen Währungen austauschen. Solch ein Swap ähnelt zwar dem zuvor beschriebenen Zins-Swap. Neben einem Austausch der Zahlungen in unterschiedlichen Währungen werden bei einem Währungs-Swap im Gegensatz zu einem Zins-Swap am Anfang und Ende der Laufzeit jedoch auch die Nominalbeträge ausgetauscht. Dadurch entsteht nicht nur das oben beschriebene Risiko, dass mit Zinsschwankungen einher geht. Es besteht vielmehr ein doppeltes Risiko. Denn neben dem Zinsschwankungsrisiko unterliegen die auszutauschenden Leistungen sodann dem Wechselkursrisiko, da diese wieder in die andere Währung umgetauscht werden müssen. Dieses „Wechselkursrisiko“ stellt sich ebenfalls als eine Art „Wette“ auf den Währungskurs dar und ist von vielen Faktoren abhängig, sodass das Risiko nicht abgeschätzt werden kann. Es besteht mithin bei einem Cross-Currency-Swaps ein doppeltes Risiko. 79Auch über die Funktionsweise und die Risiken eines Cross-Currency-Swaps ist eine Aufklärung zur Risikoabschätzung geboten. 80Eine Aufklärung ist auch dahingehend geboten, welchen Modalitäten der Cross-Currency-Swaps unterliegt. Denn ein solcher kann dahingehend abgeschlossen werden, dass beide Vertragsseiten einen variablen Zinssatz, beide Vertragsseiten einen fixen Zinssatz oder eine Vertragsseite einen variablen und die andere einen fixen Zinssatz zu leisten hat. Bei diesen Modalitäten entstehen jeweils unterschiedliche Risiken im Bezug auf Zinsschwankungen, da diese unterschiedlich ins Gewicht fallen. Ohne eine solche Aufklärung ist es dem Anleger auch bei einem eigenständigen Erkundigen über die Funktionsweise von Swaps nicht im Ansatz möglich, die ihn treffenden Risiken festzustellen. 81Dass eine Aufklärung in diesem Umfang geboten ist, wird auch durch den Umstand belegt, dass sich die mit dem Abschluss eines Cross-Currency-Swaps einhergehenden Risiken vorliegend auch realisiert haben. Denn Ende des Jahre 2011 mussten statt der prognostizierten 46.284.000,00 € Darlehensvaluta vielmehr 91.700.000,00 € von der Fondsgesellschaft abgelöst werden. 82Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin nicht hinreichend über die Funktionsweise der abgeschlossenen drei Cross-Currency-Swaps und die hierdurch entstehenden speziellen Risiken der Anlage im Rahmen des Beratungsgesprächs aufgeklärt worden ist. 83Die Klägerin hat den Beweis erbracht, dass sie über diese Risiken im Beratungsgespräch nicht aufgeklärt wurde. 84Im Rahmen der ihm nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO zustehenden freien Beweiswürdigung ist ein Beweis erbracht, wenn das Gericht unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der sonstigen Wahrnehmung in der mündlichen Verhandlung von der Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung überzeugt ist und vernünftige Zweifel ausgeräumt sind. Die in § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO genannte Überzeugung erfordert keine absolute Gewissheit und auch keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, es reicht ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit aus, der Zweifeln Schweigen gebietet. Das ist hier der Fall. 85Die gemäß § 141 ZPO persönlich angehörte Klägerin gab in der mündlichen Verhandlung vom 18.07.2013 an, dass sie über Risiken nicht aufgeklärt worden sei. Die Anlage sei ihr als für sie richtige und sichere Anlage dargestellt worden. Das Gericht hat diesen Vortrag im Rahmen der freien Beweiswürdigung berücksichtigt. Die Einlassung der Klägerin ist glaubhaft. Die Klägerin legt widerspruchsfrei und nachvollziehbar dar, dass sie bei einer Aufklärung über Risiken, insbesondere bezüglich eines Verlustrisikos, die Zeichnung gar nicht getätigt hätte. Das Gericht bewertet den Vortrag insbesondere aus dem Grund als glaubhaft, dass die Klägerin Erinnerungslücken einräumt und zugesteht, Einzelheiten der jeweiligen mehreren Beratungen nicht auseinanderhalten zu können. Überzeugend ist der Vortrag trotz der Erinnerungslücken jedoch dahingehend, dass eine Zeichnung bei einer Aufklärung über das Totalverlustrisiko nicht erfolgt wäre. 86Dieser Vortrag wird auch nicht erschüttert durch die Zeugenaussage des von der Beklagten als Zeugen benannten Bankberaters X. Dieser gab glaubhaft in der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2014 an, dass er sich nicht mehr daran erinnern könne, über welche bestimmten Risiken er die Klägern und deren Ehemann aufgeklärt habe. Er gehe davon aus, dass er die Kundendaten, die in dem Langprospekt auf einer Seite abgedruckt sind, mit den Eheleuten I durchgegangen sei. Ob auch über bestimmte Risiken gesprochen wurde, könne er sich nicht mehr erinnern. 87Eine hinreichende Aufklärung ist auch nicht durch die Angaben im Langprospekt erfolgt. Dahinstehen kann insoweit der zwischen den Parteien streitige Umstand, wann es zu einer Übergabe des Prospektes gekommen ist. Denn auch bei rechtzeitiger Übergabe hätten die Angaben nicht zu einer hinreichenden Aufklärung über die Funktionsweise und Risiken der zur Zinsverbilligung abgeschlossenen Cross-Currency-Swaps in Schweizer Franken geführt. 88Der Prospekt weist lediglich auf den Abschluss der Swaps und der damit zu erzielenden Zinsverbilligung hin. Weiterhin findet sich der Hinweis, dass sich auch in Verbindung mit der Aufnahme von Fremdwährungsdarlehen ein Wechselkursrisiko ergibt. Eine Aufklärung über die speziellen Risiken, die Funktionsweise eines Swaps, wie die hier ausgehandelten Modalitäten, findet sich in diesem jedoch nicht. Den Anlegern wird nicht dargelegt, dass es sich bei einem Swap um eine Art „Wette“ auf den Marktzins handelt. Die möglichen und gravierenden Risiken werden nicht dargelegt. Lediglich wird dargelegt, dass die Swaps einem Währungsrisiko unterliegen. Gleichzeitig wird jedoch dargestellt, unter welchen Voraussetzungen sich der Barwert der Swaps positiv entwickeln wird und welche Möglichkeiten der Zinsverbilligung hierdurch entstehen. Der Begriff des Barwertes wird demgegenüber nicht erläutert. Eine Darstellung dahingehend, wie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Fonds ändern, wenn sich die Zinsentwicklung (nicht nur unerheblich) verschlechtert und welche Risiken damit verbunden sind, findet sich in dem Prospekt nicht. Der Hinweis auf mögliche Liquiditätseinbußen und Auswirkungen auf die Rendite greift nach Auffassung des Gerichts zu kurz. Über die Gefahr der Liquiditätseinbuße oder eines Renditeabfalls hinaus ergibt sich allein aus dem Abschluss eines Swaps ein Totalverlustrisiko. Die Darstellung der Swap-Geschäfte ist nach der Auffassung des Gerichts zu einseitig und deutet nicht auf die entstehenden Risiken hin. Der Verweis in dem Prospekt darauf, dass die Zahlungen auf die Swaps einem „Wechselkursrisiko unterliegen“ greift demnach aufgrund der gravierenden wirtschaftlichen Gefahren zu kurz. Die Risikoursache wird nicht im Ansatz dargestellt. Eine Einschätzung der Risiken ist den Anlegern schon aufgrund der mangelnden Angaben bezüglich der einzelnen Modalitäten nicht möglich. 89c) 90Ein Verschulden der Beklagten wird gemäß §§ 280 Abs. 1 S. 2, 278 BGB vermutet. 91Die Beklagte kann sich auch nicht auf einen den Vorsatz ausschließenden Rechtsirrtum berufen. Vorliegend erfolgt die Entscheidung nicht aufgrund einer Pflichtverletzung bezüglich der Provisionen. 92d) 93Der Klägerin ist ein Schaden durch die Zeichnung der Anlage entstanden. 94Die Schadenshöhe bemisst sich dem Grunde nach an den von der Klägerin geleisteten Zahlungen i.H.v. 105.000,00 €. Abzuziehen sind hiervon die an die Kläger erfolgten Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 43.100,00 €, da ein Schaden insoweit vorerst nicht eingetreten ist. 95Soweit die Beklagte vorträgt, dass es zu Ausschüttungen i.H.v. 47 % des Anlagekapitals gekommen sei, hat sie den substantiierten Vortrag der Klägerin nicht erheblich bestritten. Es hätte an der Beklagten gelegen, substantiiert durch Angabe der Einzelbeträge darzulegen, dass es tatsächlich zu Ausschüttungen i.H.v. 47 % des Anlagekapitals gekommen ist. Ein Verweis auf die Anl. B1 („Geschäftsüberblick und Leistungsbilanz zum 31.12.2011“ Bl. 55 d.A.) genügt nicht. 96e) 97Der Schaden ist auch kausal durch die Pflichtverletzung der Beklagten entstanden. Für die Klägerin spricht die Vermutung des beratungskonformen Verhaltens. 98Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist 99„derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters […].Hierbei handelt es sich nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung […].“ 100(BGH, Urteil vom 08.05.2012, AZ: XI ZR 262/10) 101Diese Kausalitätsvermutung greift entgegen vorheriger Rechtsprechung auch nicht nur dann, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte, er sich also nicht in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte. Denn mit dem Schutzzweck einer Beweislastumkehr ist das Erfordernis eines Entscheidungskonflikts nicht vereinbar. 102Die durch die Vermutung begründete Beweislastumkehr findet schon bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung seine Berechtigung (Vgl. BGH, Urteil vom 08.05.2012, AZ: XI ZR 262/10). 103Einen (Gegen)beweis hat die Beklagte nicht angetreten. 104Es bedurfte insoweit keines weiteren Hinweises des Gerichts, da es sich zum einen um eine Rechtsfrage handelt, und zum anderen die fehlende bzw. fehlerhafte Aufklärung bezüglich der SWAP-Geschäfte mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 08.07.2013 gerügt wurde. 105Der Einwand der Beklagten, dass die Klägerin ein Steuersparmodell habe zeichnen wollen, greift ebenfalls nicht durch. Denn die Beklagte ist der Behauptung der Klägerin, dass diese zum Zeitpunkt der Zeichnung bereits alle erbschaftssteuerlichen Freibeträge ausgeschöpft habe, nicht entgegengetreten. 106f) 107Die Klägerin hat sich im Rahmen einer Vorteilsausgleichung auch keine Anrechnung von Steuervorteilen entgegenhalten zu lassen. Zwar können grundsätzlich durch die Geltendmachung der weichen Kosten als Werbungskosten in der Steuererklärung Steuervorteile entstehen. Eine Anrechnung von Steuervorteilen kommt jedoch dann nicht in Betracht, wenn die Schadensersatzsumme später wieder zu versteuern wäre. Im vorliegenden Fall erfolgt diese Versteuerung der Schadensersatzsumme nach dem Zuflussprinzip in der Einkunftsart, in der durch die Geltendmachung der Werbungskosten zuvor ein Vorteil entstanden ist, nämlich als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß §§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. 108Eine Anrechnung von Steuervorteilen kommt auch aus dem Umstand heraus in Betracht, dass der Klägerin besonders große Steuervorteile erwachsen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist bei einer Absenkung des Einkommenssteuerspitzensatzes von 53 % auf 45 % jedoch nicht von einem besonders großen Steuervorteil auszugehen. So der BGH in seiner Entscheidung vom 18.12.2012, AZ: II ZR 259/11: 109„Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheidet aufgrund typisierender Betrachtungsweise (§ 287 ZPO) eine Vorteilsanrechnung bezogen auf die steuerlichen Vorteile, die der Anleger aus seiner Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds erlangt hat, im Rahmen des nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB geltend gemachten Schadensersatzes grundsätzlich aus, wenn die entsprechende Schadensersatzleistung ihrerseits der Besteuerung unterworfen ist […]. Soweit die Schadensersatzleistung - als Rückfluss der zuvor angefallenen Betriebsausgaben oder Werbungskosten - vom Anleger zu versteuern ist, ohne dass es bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise darauf ankommt, ob der Anleger die Schadensersatzleistung tatsächlich versteuert […], sind die erzielten Steuervorteile nur dann anzurechnen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger derart außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen […]. Dafür reicht noch nicht die Absenkung des Einkommensteuerspitzensatzes von 53 % auf 45 %.“ 110Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze sind Steuervorteile nicht anzurechnen. Ein besonders großer Steuervorteil liegt nicht vor. Denn den Einkommenssteuerspitzensatz gibt die Klägerin für das Jahr 2003 mit 45,59 % und für das Jahr 2011 mit 41,75 % an. Dieser Behauptung ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. 111Nicht entscheidend ist darüber hinaus, ob bzw. dass die 10-Jahres-Frist des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zwischen Erwerb der Immobilie und Veräußerung der Immobilie verstrichen ist. Denn nach der Rechtsprechung des BGH ist die Geltendmachung von Schadensersatz verbunden mit der Rückabwicklung des Beteiligungserwerbs an einem geschlossenen Immobilienfonds keine Veräußerung im Sinne der vorgenannten Vorschrift (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2012, AZ: II ZR 259/11). Begründet wird dies damit, dass sich das ursprüngliche Anschaffungsgeschäft lediglich in ein Abwicklungsverhältnis umwandelt. Die Herausgabe des zuvor angeschafften Wirtschaftsgutes stellt hierbei keinen gesonderten "marktoffenbaren Vorgang", sondern nur einen notwendigen Teilakt im Rahmen der Rückabwicklung dar. Dieser Rechtsprechung schließt sich das Gericht an. 112g) 113Die Klägerin trifft entgegen der Ansicht der Beklagten auch kein Mitverschulden an dem entstandenen Schaden, § 254 BGB. Anhaltspunkte, die ein Mitverschulden begründen könnten, sind nicht ersichtlich. 114h) 115Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht verjährt. 116Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grob Fahrlässigkeit erlangen müsste. 117Wie bereits aufgeführt, hatte die Klägerin zum Zeitpunkt der Zeichnung der Anlage keine Kenntnis von der mangelnden Aufklärung. Eine solche Kenntnis hätte sie sich auch nicht durch Zuhilfenahme des Prospektes aneignen können, da dieser keine hinreichende Aufklärung enthält. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 29.04.2014 und demnach nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung darauf hinweist, dass insbesondere der Rechenschaftsbericht der Fondsgesellschaft für das Jahr 2004 die Frage des Swaps-Geschäfts erörtere, hat sich die Beklagte – unabhängig davon, dass dieser Vortrag hinsichtlich des tatsächlichen Vortrages nach § 296 a ZPO verspätet ist – entgegenhalten zu lassen, dass der Rechenschaftsberichte für das Jahr 2004 schon gar nicht zur Akte gereicht wurde. Aus dem bei der Akte befindlichen Geschäftsüberblick für das Jahr 2010 sowie der Rechenschaftsberichte für die Jahre 2007 und 2008 musste die Klägerin keine Kenntnis von der Pflichtverletzung erlangen. Soweit in diesen überhaupt über die Swaps berichtet wurde, wurde über diese positiv berichtet oder durch einen kurzen Satz die Abweichung von der Prognose festgestellt, so dass die Klägerin die Risiken nicht erkennen musste. 118i) 119Die Verurteilung der Beklagten ist gemäß des Klageantrages zu 3) lediglich Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots gegenüber der Beklagten auf Übertragung der von der Klägerin am 08.05.2003 streitgegenständlichen gezeichneten Beteiligung auszusprechen, da durch die begehrte Schadensersatzfolge ein Rückabwicklungsverhältnis entstanden ist. 120j) 121Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 291 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB. 122Die Rechtshängigkeit ist gemäß § 187 BGB analog eingetreten am 27.07.2012, nachdem die Klage der Beklagten am 26.07.2012 ausweislich der Postzustellungsurkunde (Bl. 30 der Akten) zugestellt wurde. 1232. 124Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von allen Schäden und Nachteilen, die unmittelbar oder mittelbar aus der von der Klägerin am 08.05.2003 streitgegenständlichen Zeichnungen resultieren und die ohne die streitgegenständliche Zeichnung dieser Beteiligung nicht eingetreten wären aus § 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB. 125Art und Umfang eines Schadensersatzanspruches bemisst sich nach § 249 Abs. 1 BGB. Demnach hat der Schadensersatzpflichtige den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Auch die Belastung mit einer Verbindlichkeit stellt in diesem Zusammenhang einen zu ersetzenden Schaden dar. 126Die Verurteilung der Beklagten ist auch hier gemäß des Klageantrages zu 3) lediglich Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots gegenüber der Beklagten auf Übertragung der von der Klägerin am 08.05.2003 streitgegenständlichen gezeichneten Beteiligung auszusprechen. 1273. 128Weiterhin befindet sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der von der Klägerin am 08.05.2003 gezeichneten Beteiligung sowie der Annahme der Abtretung der Rechte aus dieser Beteiligung in Verzug. Mit der Klageschrift wurde der Beklagten die Übertragung der Beteiligung und die Abtretung der Rechte aus dieser angeboten. Spätestens mit Stellung des Klageabweisungsantrages ist die Beklagte in Annahmeverzug geraten, da gemäß § 295 S. 1 BGB zur Begründung des Annahmeverzuges ein wörtliches Angebot genügt. 1294. 130Der Klägerin steht weiterhin ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.037,88 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.07.2013 zu. 131Ein Anspruch ergibt sich ebenfalls aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB. 132Die mit dem Klageantrag zu 5) geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten stellen einen ersatzfähigen Schaden im Sinne des § 249 Abs. 1 BGB dar. Der entstandenen Schaden fällt in den Schutzbereich der verletzten Norm. Die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes war auch erforderlich und zweckmäßig. 133Die Geltendmachung einer 2,0 Geschäftsgebühr steht nach Auffassung des Gerichts im Einklang mit dem einem Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs. 1 RVG zustehenden Ermessen. Nach Nr. 2300 der Anl. 1 zum RVG kann eine Geschäftsgebühr im Rahmen von 0,5 - 2,5 gefordert werden. Eine Gebühr über 1,3 kann jedoch nur bei einer umfangreichen oder schwierigen Tätigkeit in Abrechnung gebracht werden. Vorliegend handelt es sich um eine schwierige Tätigkeit, da neben der Handhabung von geschlossenen Immobilienfonds auch die Einschätzung von Swaps erforderlich war. Die Tatsache, dass sich ein Rechtsanwalt auf einem Gebiet durch die Absolvierung einer Fachanwaltsprüfung oder durch die zahlreiche Übernahme von Mandaten in einem Rechtsgebiet gewisse Spezialkenntnisse angeeignet hat, darf dabei nicht zulasten des Rechtsanwalts gehen. 134Eine Unbilligkeit bezüglich der Höhe der geltend gemachten Geschäftsgebühr ist nicht zu erkennen. 1355. 136Im Übrigen ist die Klage unbegründet. 137a) 138Der Klägerin steht ein Anspruch auf einen entgangenen Gewinn i.H.v. 4 % auf den von ihr geleisteten (nicht durch Ausschüttung verringerten) Anlagebetrag inklusive des Agios nicht zu. 139Zwar umfasst der im Rahmen des § 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB zu leistende Schadensersatzanspruches grundsätzlich auch den entgangenen Gewinn gemäß § 252 BGB. Es könnte auch davon auszugehen sein, dass das Eigenkapital der Klägerin für den Fall, dass diese die streitgegenständige Anlage nicht gezeichnet hätte, nicht ungenutzt geblieben wäre, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt worden wäre. 140Weiterhin kann ein entgangener Gewinn grundsätzlich von dem zu erkennenden Gericht gemäß §§ 252 S. 2 BGB, 287 ZPO auch geschätzt werden. 141Dies befreit die Klägerin jedoch nicht davon, eine hinreichende Schätzungsgrundlage darzulegen. Die Kläger trägt nicht substantiiert vor, welche alternative Anlage diese statt der streitgegenständlichen Anlage gewählt hätte. Der Vortrag der Klägerin, sie hätte eine Anlagemöglichkeit gewählt, die 4 % Zinsen erwirtschaftet hätte, genügt nicht. Zum einen erscheint es dem Gericht zweifelhaft, ob mit einer sicheren Geldanlage ein Zinssatz von 4 % insbesondere bis ins Jahr 2012 hätte erzielt werden können. Zum anderen legt die Klägerin nicht konkret dar, welche alternative Anlagemöglichkeit sie bei der Vielzahl von vorhandenen Möglichkeiten gewählt hätte. 142Ohne einen entsprechenden Vortrag kann das Gericht nicht davon ausgehen, dass die Klägerin eine Geldanlage gewählt hätte, die einen bestimmten festen Zinssatz als Rendite erbracht hätte, so dass eine Schätzung nicht möglich ist, zumal das sonstige Anlageverhalten der Klägerin nicht für eine festverzinsliche Anlage spricht. 143b) 144Die von der Klägerin mit dem Klageantrag zu 1) und 5) geltend gemachten Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.04.2012 stehen dieser nicht zu. 145Das Gericht versteht diesen Antrag dahingehend, dass die Klägerin Verzugszinsen gemäß den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB begehrt. 146Der diesen Anspruch erforderliche Verzug der Beklagten ist jedoch nicht eingetreten. 147Gemäß § 286 Abs. 1 BGB kommt der Schuldner in Verzug, wenn er auf eine Mahnung des Gläubigers nicht leistet. 148Eine Mahnung ist die an den Schuldner gerichtete Aufforderung des Gläubigers, die geschuldete Leistung zu erbringen. Die in der Mahnung enthaltene Aufforderung zur Leistung muss eindeutig sein. Keine Mahnung in diesem Sinne ist die Aufforderung, sich über die Leistungsbereitschaft zu erklären (vgl. Grüneberg in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 72. Auflage, 2013, § 286 Rn. 16, 17). 149Eine Mahnung im Sinne des § 286 BGB ist nicht in dem Schriftsatz des Klägervertreters vom 29.03.2012 zu erkennen. 150Mit dem vorgenannten Schriftsatz – welcher nicht zu den Gerichtsakten gereicht wurde – wurde eine Frist zur Anerkennung von Schadensersatzansprüchen gesetzt. Eine Aufforderung zur Leistung erfolgte nicht. Auch eine dahingehende Frist wurde nicht gesetzt. 151III. 152Die prozessuale Nebenentscheidung bezüglich der Kosten ergibt sich aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. 153Das Gericht hat dabei den abgewiesen Antrag der Klägerin auf Zahlung von entgangenen Gewinn fiktiv mit 27.000,00 € bewertet (vgl. dazu Haget in Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014 Rdnr. 11 zu § 92) 154Der Klageantrag zu 2) ist mit rund 80 % der aufgrund der Ausschüttungen zu erwartenden Nachteile berücksichtigt worden. 155Bezüglich des Annahmeverzuges legt das Gericht keinen eigenen Wert zugrunde. 156Die prozessuale Nebenentscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Abs. 1 S. 1, 2 ZPO. 157IV. 158Der Streitwert wird auf bis zu 100.000,00 € festgesetzt. 159Bezüglich des Klageantrages zu 1) ergibt sich ein Streitwert in Höhe 61.900,00 €. Der mit diesem Antrag ebenfalls geltend gemachte entgangene Gewinn, der als gleichbleibender vom Hundertsatz der Anlagesumme geltend gemacht wird, ist eine Nebenforderung der ebenfalls eingeklagten Hauptforderung und erhöht den Streitwert nicht (vgl. BGH, 08.05.2012, AZ: XI ZR 261/10). 160Der Klageantrag zu 2) wurde mit einem Bruchteil der etwaig zu erwartenden Schäden des Betrages von 43.100,00 € bewertet. 161Dem Klageantrag zu 4) wurde kein eigenständiger Wert zugrunde gelegt, sodass sich der festgesetzte Streitwert ergibt. | die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 61.900,00 € zuzüglich zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 27.07.2012 zu zahlen, zug um zug gegen abgabe eines angebots gegenüber der beklagten auf übertragung der von der klägerin am 08.05.2003 gezeichneten beteiligung an der e1 im nennwert von 100.000,00 €, sowie abtretung aller rechte aus dieser beteiligung an die beklagte. die beklagte wird verurteilt, die klägerin von allen schäden und nachteilen, insbesondere auch von etwaigen nachhaftungspflichten, freizustellen, die unmittelbar oder mittelbar aus der von der klägerin am 08.05.2003 gezeichneten beteiligung an der e1 im nennwert von 100.000,00 € resultieren und die ohne die zeichnung dieser beteiligung nicht eingetreten wären, zug um zug gegen abgabe eines angebots gegenüber der beklagten auf übertragung der von der klägerin am 08.05.2003 gezeichneten beteiligung an der e1 im nennwert von 100.000,00 €, sowie abtretung aller rechte aus dieser beteiligung an die beklagte. es wird festgestellt, dass sich die beklagte mit der annahme des angebots auf übertragung der von der klägerin am 08.05.2003 gezeichneten beteiligung an der e1 im nennwert von 100.000,00 €, sowie der annahme der abtretung der rechte aus dieser beteiligung in verzug befindet. die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 2037,88 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 27.07.2012 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits tragen die klägerin zu 20 % und die beklagte zu 80 %. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die parteien streiten über schadensersatzansprüche wegen einer falschberatung im zusammenhang mit einer im jahr 2003 von der klägerin gezeichneten beteiligung an der e1 (im folgenden: e1). 3die e1 ist ein geschlossener immobilienfonds, der im jahr 2003 aufgelegt wurde. anleger konnten sich an der e1 entweder direkt als kommanditist oder mittelbar als treugeber mit einem betrag von mindestens 15.000,00 € zuzüglich eines agios i.h.v. 5 % beteiligen. 4der e1 sollte einen büro gebäudekomplex in g erwerben und diesen anschließend zu 100 % mit einer grundmietzeit von 15 jahren an die e ag vermieten. die gesamtinvestition der e1 sollten sich auf 173.000.000,00 € belaufen, wovon 103.080.000,00 € als fremdkapital aufgenommen wurden. das fremdkapital wurde zu 50 % in € und zu 50 % in schweizer franken aufgenommen. zur zinsverbilligung wurden hierzu drei cross-currency-swaps in schweizer franken abgeschlossen. 5in dem emissionsprospekt finden sich bezüglich der drei cross-currency-swaps lediglich angaben dahingehend, dass die fondsgesellschaft ein langfristiges darlehen i.h.v. 103.080.000,00 € aufgenommen habe. für 50 % der darlehenssumme habe die fondsgesellschaft zur zinsverbilligung von teilen des darlehens drei cross-currency-swaps in schweizer franken abgeschlossen. der umrechnungskurs für diese transaktion läge bei 1,4785. aufgrund dieser cross-currency-swaps reduziere sich die zinsbelastung des darlehens in höhe dieses teilbetrages von nominal 4,65 % p.a. auf 3,34 % p.a.. es wird weiter darauf hingewiesen, dass die zahlungen für die swaps jeweils jährlich vorschüssig in schweizer franken zu leisten seien und somit einem wechselkursrisiko unterliegen würden. es wird weiterhin auf die anschlussfinanzierung durch einen weiteren eur-forward-swap hingewiesen, welcher ebenfalls dem wechselkursrisiko unterliege. für das jahr 2011 wurde ein zu tilgender restbetrag i.h.v. 46.284.000,00 € prognostiziert. für die anschlussfinanzierung des euro-darlehens im jahr 2012 habe die fondsgesellschaft teilweise eur-forward-swaps abgeschlossen, die im zinssicherungsgeschäft einen swap-festsatz von 5,85 % p.a. bei einer laufzeit bis zum 30.12.2023 vorsähen. für den nicht über die eur-forward-swaps abgesicherten teil der finanzierung sei ein anschlusszinssatz von 6,0 % p.a. jährlich nach vorschüssiger zahlungsweise für eine weiter gehende finanzierung in schweizer franken zum ansatz gebracht worden. für diesen teil bestehe somit ein wechselkursrisiko. dieser ansatz orientiere sich an dem durchschnittlichen chf – zinssatz für langfristige darlehen in der vergangenheit. ( s. 30, 34, 35, 52 des prospektes). 6es wird dargelegt, dass für den fall einer positiven entwicklung des kurses der schweizer franken die möglichkeit bestehe, sich mittels devisentermingeschäften bereits vor dem fälligkeitstermin mit schweizer franken einzudecken um eine weitere verbilligung zu erzielen. weiterhin wird dargelegt, bei welchen faktoren der barwert der cross-currency-swaps positiv werde. offen sei lediglich die von den finanzierenden banken in ansatz zubringenden margenaufschläge, was jedoch auch bei einer anschlussfinanzierung, bei welcher das zinsniveau nicht abgesichert ist, ebenso sei (s. 52 des prospekts). weiterhin wird darauf hingewiesen, dass wechselkursschwankungen die abzuführende leistung verändern könnten. bei einem veränderten wechselkurs könne dies zu liquiditätseinbußen führen und damit auswirkungen auf die rendite haben. 7die fondsgesellschaft habe für einen teil der anschlussfinanzierung die zinsentwicklungsrisiken abgesichert, partizipiere allerdings nicht an einem unter umständen niedrigen zinsniveau (s. 66 des prospekts). 8bezüglich der weiteren einzelheiten des prospekts wird auf die anlage k 3 bezug genommen. 9vor der streitgegenständlichen zeichnung gab die klägerin im jahre 2000 in einem wphg-bogen gegenüber der beklagten an, dass sie sich hinsichtlich der produkt-risikokategorie in die kategorie „e“, mithin die zweithöchste von 6 kategorien, einstufe, und mit einer wertpapieranlage sowohl die altersvorsorge, als auch den vermögensaufbau bei einem langfristigen anlagehorizont anstrebe. auf die anlage k 2 a wird verwiesen. 10die klägerin zeichnete unter dem 08.05.2003 die beteiligung an dem vorgenannten geschlossenen immobilienfonds mit einem nennbetrag von 100.000,00 € zuzüglich eines agios i.h.v. 5 %. 11zu dieser zeichnung kam es wie folgt: 12die klägerin war zum zeitpunkt der zeichnung seit etwa 40 jahren kundin der beklagten. seit etwa 30 jahren wurde die klägerin von dem bankberater x betreut. 13im vorfeld der streitgegenständlichen zeichnung kam es zu einem gespräch zwischen der zu diesem zeitpunkt 58-jährigen klägerin und dem bankberatern x, an dem auch der ehemann der klägerin teilnahm. der beratung lag dabei der prospekt der e1 teilweise inhaltlich zu grunde. 14der inhalt des gesprächs, sowie der zeitpunkt der übergabe des prospektes sind zwischen den parteien streitig. weiterhin ist streitig, von welcher partei die initiative zu dem gespräch ausging. 15am 08.05.2003 kam es zu der zeichnung der streitgegenständlichen anlage durch die klägerin. ob diese zeichnung im direkten anschluss an das beratungsgespräch, oder zu einem späteren zeitpunkt stattfand, ist zwischen den parteien streitig. 16in der folgezeit zahlte die klägerin an die beklagte den nennbetrag und das agio, mithin insgesamt 105.000,00 €. 17demgegenüber erhielt die klägerin in der folgezeit ausschüttungen in höhe von insgesamt 43.100,00 €. 18bezüglich des weiteren inhalts der beitrittserklärung wird auf die anlage k1 verwiesen. 19vor und nach der streitgegenständlichen zeichnung beteiligte sich die klägerin zudem an diversen anderen fonds. so kam es in den jahren 2002 bis 2010 zu insgesamt zwölf weiteren beteiligungen, wobei lediglich eine zeichnung vor der streitgegenständlichen zeichnung erfolgte. 20im rahmen der zeichnung „e2“ unterzeichnete die klägerin am 09.02.2010 eine erklärung, mit welcher sie angab, über eine der beklagten zufließende provision in höhe von 9 % aufgeklärt worden zu sein. auf die anlage b3, bl. 123 d.a., wird verwiesen. 21vor der zeichnung lag der steuerspitzensatz der klägerin und ihres ehemannes bei 45,59 %, im jahre 2011 sodann bei 41,75 %. wegen der weiteren einzelheiten wird auf bl. 288 d.a. verwiesen. 22die zins- und währungsentwicklung der folgejahre führte dazu, dass zum 31.12.2011 statt der prognostizierten 46.284.000,00 € darlehensvaluta nunmehr 91.700.000,00 € von der fondsgesellschaft abgelöst werden mussten. 23unter dem 29.03.2012 forderte der prozessbevollmächtigte der klägerin die beklagte schriftlich auf, schadensersatzansprüchen anzuerkennen oder ein vergleichsangebot bis zum 14.04.2012 zu unterbreiten. 24eine reaktion der beklagten erfolgte nicht. 25mit der vorliegenden klage begehrt die klägerin die zahlung von schadensersatz in höhe der von ihr geleisteten zahlungen abzüglich der an sie erfolgten ausschüttungen, sowie eine freistellung von allen schäden und nachteilen, die aus der gezeichneten beteiligung an der e1 resultieren. 26die klägerin behauptet, sie habe sich zum zeitpunkt der zeichnung für eine kurz- bis mittelfristige anlage interessiert. sie selber habe auch keine erfahrungen in anlagegeschäften gehabt. 27bezüglich des beratungsgesprächs behauptet die klägerin, dass die initiative zu dem beratungsgespräch von dem bei der beklagten tätigen berater ausgegangen sei. von diesem sei ihr der geschlossene immobilienfonds als eine sichere anlage dargestellt worden, bei der die klägerin nichts zu befürchten habe. weiterhin sei eine gute rendite von 6 % angepriesen worden und die aussage getätigt worden, dass die klägerin auf jeden fall ihr geld zurückerhalte. gegenüber der klägerin sei die anlage als für sie passend empfohlen und intensiv beworben worden. weiterhin sei weder auf einen totalverlustrisiko, die möglichkeit der rückforderung von zuvor erfolgten ausschüttungen, die risiken im rahmen einer aufnahme von fremdwährungsdarlehen sowie bei einem abschluss von swap-geschäften, die erst im jahre 2023 möglichen kündigung der beteiligung und deren nachteile, noch das fehlen eines zweitmarktes für die anlage hingewiesen worden. 28die klägerin behauptet, dass die beklagte für den vertrieb der e1 eine rückvergütung in höhe von mindestens 8 % der nominalbeteiligung erhalten habe, von welcher die klägerin keine kenntnis gehabt habe. bezüglich der von der klägerin unterzeichneten erklärung über die provisionskenntnis im rahmen der zeichnung des „e2“ behauptet die klägerin, dass sie diese erklärung nicht gelesen habe. in diesem zusammenhang behauptet die klägerin, dass sie in dem hiesigen beratungsgespräch für die streitgegenständliche beteiligung nicht darüber aufgeklärt worden sei, dass die beklagte für den vertrieb eine provision erhalte. 29bezüglich des prospektes behauptet die klägerin, diesen erst am tag der zeichnung in dem beratungsgespräch erhalten zu haben. 30schließlich behauptet die klägerin, dass im falle einer ordnungsgemäßen aufklärung eine zeichnung ihrerseits unterblieben wäre. dies gelte für die risiken, als auch für die von der beklagten erhaltenen provisionen. die erbschaftssteuerlichen vorteile seien kein kriterium für die zeichnung gewesen, da die klägerin und ihr ehemann die erbschaftssteuerlichen freibeträge längst ausgeschöpft hätten. die klägerin hätte stattdessen die gelder sicher angelegt und eine rendite von mindestens 4 % p. a. erzielt. 31die klägerin ist der ansicht, dass durch die beklagte weder eine anlagegerechte, noch eine anlegergerechte beratung erfolgt sei. 32die klägerin ist weiterhin der ansicht, dass der emissionsprospekt fehlerhaft sei. dies gelte insbesondere hinsichtlich des im prospekt dargestellten investitionsplans und der daraus folgenden irreführung hinsichtlich der werthaltigkeit der anlage. auch die darstellung der swap-geschäfte sei im prospekt nicht ausreichend gewesen. der einzige risikohinweis bestünde in dem verweis auf das wechselkursrisiko. 33die beklagte habe sich diesen fehlerhaften prospekt zu eigen gemacht, so dass sie sich die fehler wie eigene zurechnen lassen müsse. 34darüber hinaus sei die übergabe des prospektes zu spät erfolgt. selbst bei unterstellung einer übergabe des prospektes zu beginn des beratungsgesprächs, sei diese nicht rechtzeitig, da die klägerin den inhalt des prospektes so nicht vollständig zur kenntnis hätte nehmen können. 35zudem ist die klägerin der ansicht, dass ihr ein anspruch auf ersatz des entgangenen gewinns zustehe. 36die anrechnung von steuervorteilen habe sich die klägerin nicht entgegenhalten zu lassen, denn etwaige erlangte steuervorteile habe sich die klägerin nach dem zuflussprinzip der einkunftsart wieder zurechnen zu lassen, in der sie ursprünglich angefallen seien. steuerliche vorteile in außergewöhnlich hohem maße verblieben nicht bei der klägerin. 37vorsorglich bietet die klägerin mit der klageschrift die abtretung ihrer rechte aus der gezeichneten beteiligung an der e1 an die beklagte an. 38die klägerin beantragt, 391. die beklagte zu verurteilen, an die klägerin einen betrag i.h.v. 61.900,00 € zuzüglich zinsen i.h.v. 4 % aus 105.000,00 € vom 08.05.2003 bis 29.12.2003, aus 102.900,00 € vom 30.12.2003 bis 29.12.2004, aus 96.900,00 € vom 30.12.2004 bis 29.12.2005, aus 90.900,00 € vom 30.12.2005 bis 28.12.2006, aus 82.900,00 € vom 29.12.2006 bis 27.12.2006, aus 76.900,00 € vom 28.12.2007 bis 29.12.2008, aus 70.900,00 € vom 30.12.2008 bis 21.12.2009, aus 64.900,00 € vom 22.12.2009 bis 27.12.2010, aus 61.900,00 € vom 28.12.2010 bis 14.04.2012 sowie aus 61.900,00 € seit dem 15.04.2012 i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz zu zahlen, 402. die beklagte zu verurteilen, die klägerin von allen schäden und nachteile, insbesondere auch von etwaigen nachhaftungspflichten, freizustellen, die unmittelbar oder mittelbar aus der von der klägerin am 08.05.2013 gezeichneten beteiligung an der e1 im nennwert von 100.000,00 € resultieren und die ohne zeichnung dieser beteiligung nicht eingetreten wären, 413. die verurteilung der anträge zu 1 und 2 erfolgt zug um zug gegen abgabe eines angebotes gegenüber der beklagten auf übertragung der von der klägerin am 08.05.2003 gezeichneten beteiligung an der e1 im nennwert von 100.000,00 €, sowie abtretung aller rechte aus dieser beteiligung an die beklagte, 424. festzustellen, dass sich die beklagte mit der annahme des angebots auf übertragung der von der klägerin am 08.05.2003 gezeichneten beteiligung an der e1 im nennwert von 100.000,00 €, sowie der annahme der abtretung der rechte aus dieser beteiligung in verzug befindet, 435. die beklagte zu verurteilen, der klägerin weitere 2.037,88 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz ab dem 15.04.2012 zu zahlen. 44die beklagte beantragt, 45die klage abzuweisen. 46bezüglich des beratungsgesprächs behauptet die beklagte, dass dieses vor dem hintergrund zustande gekommen sei, dass sich die klägerin an die beklagte gewandt habe, um sich an einer steuerbegünstigenden kapitalanlage zu beteiligen. aufgrund dieses verlangens habe der bankberater x der klägerin den beteiligungsprospekt mindestens zwei wochen vor dem eigentlichen anlagegespräch zur verfügung gestellt. die beklagte behauptet weiterhin, dass die klägerin trotz ihrer geschäfts – und anlageerfahrenheit über das totalverlustrisiko, den umfang der potentiellen anlegerhaftung und die vorgesehene möglichkeit der aufnahme von fremdwährungsdarlehen aufgeklärt worden sei. der bankberater habe in keinerlei weise eine garantieerklärung für den wirtschaftlichen erfolg des fonds abgegeben. 47die beklagte behauptet, dass die beteiligung sodann in einem zweiten gesprächstermin von der klägerin unterzeichnet worden sei. diese zeichnung sei durch die klägerin aufgrund von zu erwartenden steuervorteilen in form einer reduzierung der erbschaftssteuer erfolgt. aus diesem grund bestreitet die beklagte, dass die klägerin in kenntnis angeblicher beratungsfehler sowie erheblicher rückvergütungen und provisionen die beteiligungen nicht gezeichnet hätte. dies würde auch belegt durch das anlageverhalten der klägerin. insbesondere bei der zeichnung der beteiligung „e2“ sei die klägerin über die der beklagten zukommenden provisionen umfassend aufgeklärt worden. auch dass die klägerin an den anderen beteiligungen festhalte, spreche gegen die vermutung des beratungskonformen verhaltens. 48bezüglich der in abzug zu bringenden ausschüttungen behauptet die beklagte, dass 49es zu einer ausschüttung i.h.v. 47 % des kommanditkapitals an die gesellschafter gekommen sei. 50die beklagte bemängelt, dass die klägerin bezüglich der von ihr behaupteten aufklärungspflichtigen provisionen nicht darstelle, aus welchem teil des grundkapitals die zahlungen an die beklagte geflossen seien. die beklagte bestreitet daher, dass provisionszahlungen aus ausgewiesenen vertriebskosten geleistet worden seien. 51bezüglich des prospektes ist die beklagte der ansicht, dass dieser nicht fehlerhaft sei. 52die beklagte ist der ansicht, dass diese zum zeitpunkt der zeichnung nicht vorsätzlich gehandelt habe, da sie sich in einem den vorsatz ausschließenden rechtsirrtum befunden habe. denn zu diesem zeitpunkt habe kein mitarbeiter und kein organ der beklagten kenntnis von der pflicht einer ungefragten mitteilung der vertriebsvergütungen gehabt. die beklagte treffe zudem kein fahrlässigkeitsvorwurf, da mit einer änderung der damaligen rechtsprechung nicht zu rechnen gewesen sei. 53die beklagte ist der ansicht, dass sich die klägerin steuervorteile anrechnen lassen müsse. 54schließlich stehe dem prozessbevollmächtigten der klägerin keine geschäftsgebühr i.h.v. 2,0 zu. 55vorsorglich erhebt die beklagte die einrede der verjährung. die klägerin habe mindestens grob fahrlässig keine kenntnis von den mit der anlage einhergehenden risiken gehabt, da der klägerin neben dem prospekt auch geschäftsberichte, gesellschaftsversammlungsprotokolle und ausschüttungsmitteilung laufend zugesandt worden seien. auf die anlage b 3, bl. 171 ff. d.a., wird verwiesen. 56jedenfalls treffe die klägerin aufgrund der ihr anlastenden obliegenheit zur sorgfältigen lektüre des emissionsprospektes ein mitverschulden an dem eingetretenen schaden. 57die klage ist bei gericht eingegangen am 14.05.2012 und der beklagten am 26.07.2012 zugestellt worden. 58das gericht hat beweis erhoben durch die vernehmung der zeugen j, i1 und michael x. weiterhin wurde die klägerin als partei vernommen. bezüglich des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf die sitzungsprotokolle vom 18.07.2013 (bl. 271 ff. d.a.) und vom 03.04.2014 (bl. 323 ff.d.a.) verwiesen. 59bezüglich des weiteren sach- und streitstandes wird auf die wechselseitigen schriftsätze der parteien nebst anlagen bezug genommen. 60 | 61die zulässige klage ist in dem aus dem tenor ersichtlichen umfang begründet. 62i. 63die klage ist zulässig. 64die zuständigkeit des landgerichts dortmund ergibt sich sachlich aus §1 zpo i.v.m. §§ 23 nr. 1, 71 gvg und örtlich aus §§ 21 abs. 1, 29 zpo. 65bezüglich des klageantrages zu 4) ergibt sich das gemäß § 256 zpo notwendige feststellungsinteresse aus §§ 756, 765 zpo. 66ii. 67die klage ist überwiegend begründet. 681. 69die klägerin hat einen anspruch auf zahlung von 61.900,00 € zuzüglich zinsen in höhe 5 seit dem 27.07.2012 aus §§ 280 abs. 1, 311 abs. 2 bgb. 70a) 71ein anlageberatungsvertrag ist zwischen der klägerin und der durch den bankberater x vertretenen beklagten zumindest stillschweigend geschlossen worden. unerheblich ist insoweit, ob die initiative bezüglich des beratungsgespräches von der klägerin oder von der beklagten ausging. denn ein konkludenter vertragsschluss ist auch nach dem vortrag der beklagten - der bankberater habe die klägerin über die risiken der streitgegenständlichen anlage aufgeklärt - anzunehmen, da hierdurch solche sachkundigen auskünfte erteilt und von der klägerin in anspruch genommen wurden, die für diese erkennbar von erheblicher bedeutung waren (bgh, urteil vom 06.07.1993, az. xi zr 12/93). 72b) 73die beklagte hat die sie treffende aufklärungspflicht aus dem beratungsvertrag verletzt, indem sie die kläger nicht umfassend und entsprechend der angebotenen anlage aufgeklärt hat. 74aufgrund eines beratungsvertrages schuldet die bank eine anleger- und objektgerechte beratung, wobei maßgeblich einerseits der wissensstand, die risikobereitschaft und das anlageziel des kunden sind, und andererseits die allgemeinen risiken, wie etwa die konjunkturlage und die entwicklung des kapitalmarkts, sowie die speziellen risiken, die sich aus den besonderen umständen des anlageobjekts ergeben (vgl. bgh, v. 21.03.2006, az.: xi zr 63/05, njw 2006, 2041, rz. 12). die beurteilung der tatsächlichen anforderungen an die beratung ist abhängig von den konkreten umständen des einzelfalls. 75das gericht ist der auffassung, dass eine aufklärung unter anderem über die funktionsweise und die speziellen risiken der abgeschlossenen cross-currency-swaps geboten gewesen wäre. 76bei einem einfachen zins-swap handelt es sich um ein zinsderivat. ein zins-swap stellt sich als eine vereinbarung zwischen zwei (juristischen) personen dar, in der sie sich verpflichten, zu bestimmten zeitpunkten zinszahlungen auf zuvor festgelegte nennbeträge austauschen. in der regel werden die vereinbarungen so getroffen, dass eine vertragsseite einen mit der vereinbarung fixierten zinssatz leistet, während die andere vertragsseite einen variablen zinssatz zu leisten hat. die zahlung der vertragsseite, die einen variablen zinssatz zu leisten hat, ist demnach unbeständig. der barwert des zins-swaps ist ungewiss und unterliegt den schwankungen des marktzinssatzes. die vereinbarung eines zins-swaps stellt sich demnach als eine art „wette“ auf den marktzinssatz dar und ist nicht vorhersehbar. soweit der variable zinssatz sinkt, entsteht ein nachteil für die vertragsseite, die den festen zinssatz zu leisten hat. sollte der variable zinssatz steigen, geht dies zum nachteil der vertragsseite, die den variablen zinssatz zu erbringen hat. je nachdem, wie gravierend der variable marktzinssatz steigt oder sinkt, können erhebliche risiken für die vertragsseiten entstehen. dies gilt auch im vergleich zu einem variablen zinssatz, den ein darlehensnehmer auf die darlehenssumme zu leisten hätte. denn in diesem rahmen kann dem darlehensnehmer auch der sinkende marktzinssatz zugutekommen. dies ist dann nicht möglich, wenn er sich im rahmen eines zins-swaps zur vermeintlichen zinsverbilligung zur leistung eines festen zinssatzes verpflichtet hat, da er diesen zinssatz in jedem fall zu leisten hat. 77schon über die funktionsweise und die risiken eines einfachen zins-swaps ist eine aufklärung zur risikoabschätzung geboten. 78hinzu kommt in erschwerender weise, dass es sich vorliegend nicht um einen einfachen zins-swap handelt, sondern um einen sog. „cross-currency-swap“. bei einem cross-currency-swap handelt es sich um einen währungs-swap, bei welchem die vertragsseiten die zins- und kapitalzahlungen in unterschiedlichen währungen austauschen. solch ein swap ähnelt zwar dem zuvor beschriebenen zins-swap. neben einem austausch der zahlungen in unterschiedlichen währungen werden bei einem währungs-swap im gegensatz zu einem zins-swap am anfang und ende der laufzeit jedoch auch die nominalbeträge ausgetauscht. dadurch entsteht nicht nur das oben beschriebene risiko, dass mit zinsschwankungen einher geht. es besteht vielmehr ein doppeltes risiko. denn neben dem zinsschwankungsrisiko unterliegen die auszutauschenden leistungen sodann dem wechselkursrisiko, da diese wieder in die andere währung umgetauscht werden müssen. dieses „wechselkursrisiko“ stellt sich ebenfalls als eine art „wette“ auf den währungskurs dar und ist von vielen faktoren abhängig, sodass das risiko nicht abgeschätzt werden kann. es besteht mithin bei einem cross-currency-swaps ein doppeltes risiko. 79auch über die funktionsweise und die risiken eines cross-currency-swaps ist eine aufklärung zur risikoabschätzung geboten. 80eine aufklärung ist auch dahingehend geboten, welchen modalitäten der cross-currency-swaps unterliegt. denn ein solcher kann dahingehend abgeschlossen werden, dass beide vertragsseiten einen variablen zinssatz, beide vertragsseiten einen fixen zinssatz oder eine vertragsseite einen variablen und die andere einen fixen zinssatz zu leisten hat. bei diesen modalitäten entstehen jeweils unterschiedliche risiken im bezug auf zinsschwankungen, da diese unterschiedlich ins gewicht fallen. ohne eine solche aufklärung ist es dem anleger auch bei einem eigenständigen erkundigen über die funktionsweise von swaps nicht im ansatz möglich, die ihn treffenden risiken festzustellen. 81dass eine aufklärung in diesem umfang geboten ist, wird auch durch den umstand belegt, dass sich die mit dem abschluss eines cross-currency-swaps einhergehenden risiken vorliegend auch realisiert haben. denn ende des jahre 2011 mussten statt der prognostizierten 46.284.000,00 € darlehensvaluta vielmehr 91.700.000,00 € von der fondsgesellschaft abgelöst werden. 82nach dem ergebnis der beweisaufnahme steht zur überzeugung des gerichts fest, dass die klägerin nicht hinreichend über die funktionsweise der abgeschlossenen drei cross-currency-swaps und die hierdurch entstehenden speziellen risiken der anlage im rahmen des beratungsgesprächs aufgeklärt worden ist. 83die klägerin hat den beweis erbracht, dass sie über diese risiken im beratungsgespräch nicht aufgeklärt wurde. 84im rahmen der ihm nach § 286 abs. 1 satz 1 zpo zustehenden freien beweiswürdigung ist ein beweis erbracht, wenn das gericht unter berücksichtigung des ergebnisses der beweisaufnahme und der sonstigen wahrnehmung in der mündlichen verhandlung von der richtigkeit einer tatsachenbehauptung überzeugt ist und vernünftige zweifel ausgeräumt sind. die in § 286 abs. 1 satz 1 zpo genannte überzeugung erfordert keine absolute gewissheit und auch keine an sicherheit grenzende wahrscheinlichkeit, es reicht ein für das praktische leben brauchbarer grad an gewissheit aus, der zweifeln schweigen gebietet. das ist hier der fall. 85die gemäß § 141 zpo persönlich angehörte klägerin gab in der mündlichen verhandlung vom 18.07.2013 an, dass sie über risiken nicht aufgeklärt worden sei. die anlage sei ihr als für sie richtige und sichere anlage dargestellt worden. das gericht hat diesen vortrag im rahmen der freien beweiswürdigung berücksichtigt. die einlassung der klägerin ist glaubhaft. die klägerin legt widerspruchsfrei und nachvollziehbar dar, dass sie bei einer aufklärung über risiken, insbesondere bezüglich eines verlustrisikos, die zeichnung gar nicht getätigt hätte. das gericht bewertet den vortrag insbesondere aus dem grund als glaubhaft, dass die klägerin erinnerungslücken einräumt und zugesteht, einzelheiten der jeweiligen mehreren beratungen nicht auseinanderhalten zu können. überzeugend ist der vortrag trotz der erinnerungslücken jedoch dahingehend, dass eine zeichnung bei einer aufklärung über das totalverlustrisiko nicht erfolgt wäre. 86dieser vortrag wird auch nicht erschüttert durch die zeugenaussage des von der beklagten als zeugen benannten bankberaters x. dieser gab glaubhaft in der mündlichen verhandlung vom 27.02.2014 an, dass er sich nicht mehr daran erinnern könne, über welche bestimmten risiken er die klägern und deren ehemann aufgeklärt habe. er gehe davon aus, dass er die kundendaten, die in dem langprospekt auf einer seite abgedruckt sind, mit den eheleuten i durchgegangen sei. ob auch über bestimmte risiken gesprochen wurde, könne er sich nicht mehr erinnern. 87eine hinreichende aufklärung ist auch nicht durch die angaben im langprospekt erfolgt. dahinstehen kann insoweit der zwischen den parteien streitige umstand, wann es zu einer übergabe des prospektes gekommen ist. denn auch bei rechtzeitiger übergabe hätten die angaben nicht zu einer hinreichenden aufklärung über die funktionsweise und risiken der zur zinsverbilligung abgeschlossenen cross-currency-swaps in schweizer franken geführt. 88der prospekt weist lediglich auf den abschluss der swaps und der damit zu erzielenden zinsverbilligung hin. weiterhin findet sich der hinweis, dass sich auch in verbindung mit der aufnahme von fremdwährungsdarlehen ein wechselkursrisiko ergibt. eine aufklärung über die speziellen risiken, die funktionsweise eines swaps, wie die hier ausgehandelten modalitäten, findet sich in diesem jedoch nicht. den anlegern wird nicht dargelegt, dass es sich bei einem swap um eine art „wette“ auf den marktzins handelt. die möglichen und gravierenden risiken werden nicht dargelegt. lediglich wird dargelegt, dass die swaps einem währungsrisiko unterliegen. gleichzeitig wird jedoch dargestellt, unter welchen voraussetzungen sich der barwert der swaps positiv entwickeln wird und welche möglichkeiten der zinsverbilligung hierdurch entstehen. der begriff des barwertes wird demgegenüber nicht erläutert. eine darstellung dahingehend, wie sich die wirtschaftlichen verhältnisse des fonds ändern, wenn sich die zinsentwicklung (nicht nur unerheblich) verschlechtert und welche risiken damit verbunden sind, findet sich in dem prospekt nicht. der hinweis auf mögliche liquiditätseinbußen und auswirkungen auf die rendite greift nach auffassung des gerichts zu kurz. über die gefahr der liquiditätseinbuße oder eines renditeabfalls hinaus ergibt sich allein aus dem abschluss eines swaps ein totalverlustrisiko. die darstellung der swap-geschäfte ist nach der auffassung des gerichts zu einseitig und deutet nicht auf die entstehenden risiken hin. der verweis in dem prospekt darauf, dass die zahlungen auf die swaps einem „wechselkursrisiko unterliegen“ greift demnach aufgrund der gravierenden wirtschaftlichen gefahren zu kurz. die risikoursache wird nicht im ansatz dargestellt. eine einschätzung der risiken ist den anlegern schon aufgrund der mangelnden angaben bezüglich der einzelnen modalitäten nicht möglich. 89c) 90ein verschulden der beklagten wird gemäß §§ 280 abs. 1 s. 2, 278 bgb vermutet. 91die beklagte kann sich auch nicht auf einen den vorsatz ausschließenden rechtsirrtum berufen. vorliegend erfolgt die entscheidung nicht aufgrund einer pflichtverletzung bezüglich der provisionen. 92d) 93der klägerin ist ein schaden durch die zeichnung der anlage entstanden. 94die schadenshöhe bemisst sich dem grunde nach an den von der klägerin geleisteten zahlungen i.h.v. 105.000,00 €. abzuziehen sind hiervon die an die kläger erfolgten ausschüttungen in höhe von insgesamt 43.100,00 €, da ein schaden insoweit vorerst nicht eingetreten ist. 95soweit die beklagte vorträgt, dass es zu ausschüttungen i.h.v. 47 % des anlagekapitals gekommen sei, hat sie den substantiierten vortrag der klägerin nicht erheblich bestritten. es hätte an der beklagten gelegen, substantiiert durch angabe der einzelbeträge darzulegen, dass es tatsächlich zu ausschüttungen i.h.v. 47 % des anlagekapitals gekommen ist. ein verweis auf die anl. b1 („geschäftsüberblick und leistungsbilanz zum 31.12.2011“ bl. 55 d.a.) genügt nicht. 96e) 97der schaden ist auch kausal durch die pflichtverletzung der beklagten entstanden. für die klägerin spricht die vermutung des beratungskonformen verhaltens. 98nach ständiger rechtsprechung des bundesgerichtshofs ist 99„derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der geschädigte den rat oder hinweis also unbeachtet gelassen hätte. diese sogenannte "vermutung aufklärungsrichtigen verhaltens" gilt für alle aufklärungs- und beratungsfehler eines anlageberaters […].hierbei handelt es sich nicht lediglich um eine beweiserleichterung im sinne eines anscheinsbeweises, sondern um eine zur beweislastumkehr führende widerlegliche vermutung […].“ 100(bgh, urteil vom 08.05.2012, az: xi zr 262/10) 101diese kausalitätsvermutung greift entgegen vorheriger rechtsprechung auch nicht nur dann, wenn der anleger bei gehöriger aufklärung vernünftigerweise nur eine handlungsalternative gehabt hätte, er sich also nicht in einem entscheidungskonflikt befunden hätte. denn mit dem schutzzweck einer beweislastumkehr ist das erfordernis eines entscheidungskonflikts nicht vereinbar. 102die durch die vermutung begründete beweislastumkehr findet schon bei feststehender aufklärungspflichtverletzung seine berechtigung (vgl. bgh, urteil vom 08.05.2012, az: xi zr 262/10). 103einen (gegen)beweis hat die beklagte nicht angetreten. 104es bedurfte insoweit keines weiteren hinweises des gerichts, da es sich zum einen um eine rechtsfrage handelt, und zum anderen die fehlende bzw. fehlerhafte aufklärung bezüglich der swap-geschäfte mit schriftsatz des klägervertreters vom 08.07.2013 gerügt wurde. 105der einwand der beklagten, dass die klägerin ein steuersparmodell habe zeichnen wollen, greift ebenfalls nicht durch. denn die beklagte ist der behauptung der klägerin, dass diese zum zeitpunkt der zeichnung bereits alle erbschaftssteuerlichen freibeträge ausgeschöpft habe, nicht entgegengetreten. 106f) 107die klägerin hat sich im rahmen einer vorteilsausgleichung auch keine anrechnung von steuervorteilen entgegenhalten zu lassen. zwar können grundsätzlich durch die geltendmachung der weichen kosten als werbungskosten in der steuererklärung steuervorteile entstehen. eine anrechnung von steuervorteilen kommt jedoch dann nicht in betracht, wenn die schadensersatzsumme später wieder zu versteuern wäre. im vorliegenden fall erfolgt diese versteuerung der schadensersatzsumme nach dem zuflussprinzip in der einkunftsart, in der durch die geltendmachung der werbungskosten zuvor ein vorteil entstanden ist, nämlich als einkünfte aus vermietung und verpachtung gemäß §§ 2 abs. 1 s. 1 nr. 6, 21 abs. 1 s. 1 nr. 1 estg. 108eine anrechnung von steuervorteilen kommt auch aus dem umstand heraus in betracht, dass der klägerin besonders große steuervorteile erwachsen. nach der rechtsprechung des bgh ist bei einer absenkung des einkommenssteuerspitzensatzes von 53 % auf 45 % jedoch nicht von einem besonders großen steuervorteil auszugehen. so der bgh in seiner entscheidung vom 18.12.2012, az: ii zr 259/11: 109„nach der ständigen rechtsprechung des bundesgerichtshofs scheidet aufgrund typisierender betrachtungsweise (§ 287 zpo) eine vorteilsanrechnung bezogen auf die steuerlichen vorteile, die der anleger aus seiner beteiligung an einem geschlossenen immobilienfonds erlangt hat, im rahmen des nach § 280 abs. 1, § 311 abs. 2 bgb geltend gemachten schadensersatzes grundsätzlich aus, wenn die entsprechende schadensersatzleistung ihrerseits der besteuerung unterworfen ist […]. soweit die schadensersatzleistung - als rückfluss der zuvor angefallenen betriebsausgaben oder werbungskosten - vom anleger zu versteuern ist, ohne dass es bei der gebotenen typisierenden betrachtungsweise darauf ankommt, ob der anleger die schadensersatzleistung tatsächlich versteuert […], sind die erzielten steuervorteile nur dann anzurechnen, wenn anhaltspunkte dafür bestehen, dass der anleger derart außergewöhnliche steuervorteile erzielt hat, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen […]. dafür reicht noch nicht die absenkung des einkommensteuerspitzensatzes von 53 % auf 45 %.“ 110bei zugrundelegung dieser grundsätze sind steuervorteile nicht anzurechnen. ein besonders großer steuervorteil liegt nicht vor. denn den einkommenssteuerspitzensatz gibt die klägerin für das jahr 2003 mit 45,59 % und für das jahr 2011 mit 41,75 % an. dieser behauptung ist die beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. 111nicht entscheidend ist darüber hinaus, ob bzw. dass die 10-jahres-frist des § 23 abs. 1 s. 1 nr. 1 estg zwischen erwerb der immobilie und veräußerung der immobilie verstrichen ist. denn nach der rechtsprechung des bgh ist die geltendmachung von schadensersatz verbunden mit der rückabwicklung des beteiligungserwerbs an einem geschlossenen immobilienfonds keine veräußerung im sinne der vorgenannten vorschrift (vgl. bgh, urteil vom 18.12.2012, az: ii zr 259/11). begründet wird dies damit, dass sich das ursprüngliche anschaffungsgeschäft lediglich in ein abwicklungsverhältnis umwandelt. die herausgabe des zuvor angeschafften wirtschaftsgutes stellt hierbei keinen gesonderten "marktoffenbaren vorgang", sondern nur einen notwendigen teilakt im rahmen der rückabwicklung dar. dieser rechtsprechung schließt sich das gericht an. 112g) 113die klägerin trifft entgegen der ansicht der beklagten auch kein mitverschulden an dem entstandenen schaden, § 254 bgb. anhaltspunkte, die ein mitverschulden begründen könnten, sind nicht ersichtlich. 114h) 115der anspruch der klägerin ist auch nicht verjährt. 116gemäß § 199 abs. 1 bgb beginnt die regelmäßige verjährungsfrist mit dem schluss des jahres, in dem der anspruch entstanden ist und der gläubiger von den den anspruch begründenden umständen und der person des schuldners kenntnis erlangt oder ohne grob fahrlässigkeit erlangen müsste. 117wie bereits aufgeführt, hatte die klägerin zum zeitpunkt der zeichnung der anlage keine kenntnis von der mangelnden aufklärung. eine solche kenntnis hätte sie sich auch nicht durch zuhilfenahme des prospektes aneignen können, da dieser keine hinreichende aufklärung enthält. soweit die beklagte mit schriftsatz vom 29.04.2014 und demnach nach dem schluss der mündlichen verhandlung darauf hinweist, dass insbesondere der rechenschaftsbericht der fondsgesellschaft für das jahr 2004 die frage des swaps-geschäfts erörtere, hat sich die beklagte – unabhängig davon, dass dieser vortrag hinsichtlich des tatsächlichen vortrages nach § 296 a zpo verspätet ist – entgegenhalten zu lassen, dass der rechenschaftsberichte für das jahr 2004 schon gar nicht zur akte gereicht wurde. aus dem bei der akte befindlichen geschäftsüberblick für das jahr 2010 sowie der rechenschaftsberichte für die jahre 2007 und 2008 musste die klägerin keine kenntnis von der pflichtverletzung erlangen. soweit in diesen überhaupt über die swaps berichtet wurde, wurde über diese positiv berichtet oder durch einen kurzen satz die abweichung von der prognose festgestellt, so dass die klägerin die risiken nicht erkennen musste. 118i) 119die verurteilung der beklagten ist gemäß des klageantrages zu 3) lediglich zug um zug gegen abgabe eines angebots gegenüber der beklagten auf übertragung der von der klägerin am 08.05.2003 streitgegenständlichen gezeichneten beteiligung auszusprechen, da durch die begehrte schadensersatzfolge ein rückabwicklungsverhältnis entstanden ist. 120j) 121der zinsanspruch der klägerin ergibt sich aus §§ 291 abs. 1 s. 1, 288 abs. 1 bgb. 122die rechtshängigkeit ist gemäß § 187 bgb analog eingetreten am 27.07.2012, nachdem die klage der beklagten am 26.07.2012 ausweislich der postzustellungsurkunde (bl. 30 der akten) zugestellt wurde. 1232. 124die klägerin hat gegen die beklagte einen anspruch auf freistellung von allen schäden und nachteilen, die unmittelbar oder mittelbar aus der von der klägerin am 08.05.2003 streitgegenständlichen zeichnungen resultieren und die ohne die streitgegenständliche zeichnung dieser beteiligung nicht eingetreten wären aus § 280 abs. 1, 311 abs. 2 bgb. 125art und umfang eines schadensersatzanspruches bemisst sich nach § 249 abs. 1 bgb. demnach hat der schadensersatzpflichtige den zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum ersatz verpflichtende umstand nicht eingetreten wäre. auch die belastung mit einer verbindlichkeit stellt in diesem zusammenhang einen zu ersetzenden schaden dar. 126die verurteilung der beklagten ist auch hier gemäß des klageantrages zu 3) lediglich zug um zug gegen abgabe eines angebots gegenüber der beklagten auf übertragung der von der klägerin am 08.05.2003 streitgegenständlichen gezeichneten beteiligung auszusprechen. 1273. 128weiterhin befindet sich die beklagte mit der annahme des angebots auf übertragung der von der klägerin am 08.05.2003 gezeichneten beteiligung sowie der annahme der abtretung der rechte aus dieser beteiligung in verzug. mit der klageschrift wurde der beklagten die übertragung der beteiligung und die abtretung der rechte aus dieser angeboten. spätestens mit stellung des klageabweisungsantrages ist die beklagte in annahmeverzug geraten, da gemäß § 295 s. 1 bgb zur begründung des annahmeverzuges ein wörtliches angebot genügt. 1294. 130der klägerin steht weiterhin ein anspruch gegen die beklagte auf zahlung vorgerichtlicher rechtsanwaltskosten i.h.v. 2.037,88 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 27.07.2013 zu. 131ein anspruch ergibt sich ebenfalls aus §§ 280 abs. 1, 311 abs. 2 bgb. 132die mit dem klageantrag zu 5) geltend gemachten vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten stellen einen ersatzfähigen schaden im sinne des § 249 abs. 1 bgb dar. der entstandenen schaden fällt in den schutzbereich der verletzten norm. die inanspruchnahme eines rechtsanwaltes war auch erforderlich und zweckmäßig. 133die geltendmachung einer 2,0 geschäftsgebühr steht nach auffassung des gerichts im einklang mit dem einem rechtsanwalt gemäß § 14 abs. 1 rvg zustehenden ermessen. nach nr. 2300 der anl. 1 zum rvg kann eine geschäftsgebühr im rahmen von 0,5 - 2,5 gefordert werden. eine gebühr über 1,3 kann jedoch nur bei einer umfangreichen oder schwierigen tätigkeit in abrechnung gebracht werden. vorliegend handelt es sich um eine schwierige tätigkeit, da neben der handhabung von geschlossenen immobilienfonds auch die einschätzung von swaps erforderlich war. die tatsache, dass sich ein rechtsanwalt auf einem gebiet durch die absolvierung einer fachanwaltsprüfung oder durch die zahlreiche übernahme von mandaten in einem rechtsgebiet gewisse spezialkenntnisse angeeignet hat, darf dabei nicht zulasten des rechtsanwalts gehen. 134eine unbilligkeit bezüglich der höhe der geltend gemachten geschäftsgebühr ist nicht zu erkennen. 1355. 136im übrigen ist die klage unbegründet. 137a) 138der klägerin steht ein anspruch auf einen entgangenen gewinn i.h.v. 4 % auf den von ihr geleisteten (nicht durch ausschüttung verringerten) anlagebetrag inklusive des agios nicht zu. 139zwar umfasst der im rahmen des § 280 abs. 1, 311 abs. 2 bgb zu leistende schadensersatzanspruches grundsätzlich auch den entgangenen gewinn gemäß § 252 bgb. es könnte auch davon auszugehen sein, dass das eigenkapital der klägerin für den fall, dass diese die streitgegenständige anlage nicht gezeichnet hätte, nicht ungenutzt geblieben wäre, sondern zu einem allgemein üblichen zinssatz angelegt worden wäre. 140weiterhin kann ein entgangener gewinn grundsätzlich von dem zu erkennenden gericht gemäß §§ 252 s. 2 bgb, 287 zpo auch geschätzt werden. 141dies befreit die klägerin jedoch nicht davon, eine hinreichende schätzungsgrundlage darzulegen. die kläger trägt nicht substantiiert vor, welche alternative anlage diese statt der streitgegenständlichen anlage gewählt hätte. der vortrag der klägerin, sie hätte eine anlagemöglichkeit gewählt, die 4 % zinsen erwirtschaftet hätte, genügt nicht. zum einen erscheint es dem gericht zweifelhaft, ob mit einer sicheren geldanlage ein zinssatz von 4 % insbesondere bis ins jahr 2012 hätte erzielt werden können. zum anderen legt die klägerin nicht konkret dar, welche alternative anlagemöglichkeit sie bei der vielzahl von vorhandenen möglichkeiten gewählt hätte. 142ohne einen entsprechenden vortrag kann das gericht nicht davon ausgehen, dass die klägerin eine geldanlage gewählt hätte, die einen bestimmten festen zinssatz als rendite erbracht hätte, so dass eine schätzung nicht möglich ist, zumal das sonstige anlageverhalten der klägerin nicht für eine festverzinsliche anlage spricht. 143b) 144die von der klägerin mit dem klageantrag zu 1) und 5) geltend gemachten zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 15.04.2012 stehen dieser nicht zu. 145das gericht versteht diesen antrag dahingehend, dass die klägerin verzugszinsen gemäß den §§ 286 abs. 1, 288 abs. 1 bgb begehrt. 146der diesen anspruch erforderliche verzug der beklagten ist jedoch nicht eingetreten. 147gemäß § 286 abs. 1 bgb kommt der schuldner in verzug, wenn er auf eine mahnung des gläubigers nicht leistet. 148eine mahnung ist die an den schuldner gerichtete aufforderung des gläubigers, die geschuldete leistung zu erbringen. die in der mahnung enthaltene aufforderung zur leistung muss eindeutig sein. keine mahnung in diesem sinne ist die aufforderung, sich über die leistungsbereitschaft zu erklären (vgl. grüneberg in palandt, bürgerliches gesetzbuch, 72. auflage, 2013, § 286 rn. 16, 17). 149eine mahnung im sinne des § 286 bgb ist nicht in dem schriftsatz des klägervertreters vom 29.03.2012 zu erkennen. 150mit dem vorgenannten schriftsatz – welcher nicht zu den gerichtsakten gereicht wurde – wurde eine frist zur anerkennung von schadensersatzansprüchen gesetzt. eine aufforderung zur leistung erfolgte nicht. auch eine dahingehende frist wurde nicht gesetzt. 151iii. 152die prozessuale nebenentscheidung bezüglich der kosten ergibt sich aus § 92 abs. 1 s. 1 zpo. 153das gericht hat dabei den abgewiesen antrag der klägerin auf zahlung von entgangenen gewinn fiktiv mit 27.000,00 € bewertet (vgl. dazu haget in zöller, zpo, 30. aufl. 2014 rdnr. 11 zu § 92) 154der klageantrag zu 2) ist mit rund 80 % der aufgrund der ausschüttungen zu erwartenden nachteile berücksichtigt worden. 155bezüglich des annahmeverzuges legt das gericht keinen eigenen wert zugrunde. 156die prozessuale nebenentscheidung bezüglich der vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 709 abs. 1 s. 1, 2 zpo. 157iv. 158der streitwert wird auf bis zu 100.000,00 € festgesetzt. 159bezüglich des klageantrages zu 1) ergibt sich ein streitwert in höhe 61.900,00 €. der mit diesem antrag ebenfalls geltend gemachte entgangene gewinn, der als gleichbleibender vom hundertsatz der anlagesumme geltend gemacht wird, ist eine nebenforderung der ebenfalls eingeklagten hauptforderung und erhöht den streitwert nicht (vgl. bgh, 08.05.2012, az: xi zr 261/10). 160der klageantrag zu 2) wurde mit einem bruchteil der etwaig zu erwartenden schäden des betrages von 43.100,00 € bewertet. 161dem klageantrag zu 4) wurde kein eigenständiger wert zugrunde gelegt, sodass sich der festgesetzte streitwert ergibt. | Klaeger*in | 1 |
344,000 | 14 O 252/19 | 2022-02-25T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Auf die Widerklage wird a) die Klägerin verurteilt, an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 3.631,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 19.05.2020 sowie aus EUR 4.545,80 für die Zeit seit dem 19.05.2020 bis zum 28.02.2021 zu zahlen; b) festgestellt, dass die Widerklage betreffend einen Betrag in Höhe von 4.545,80 € erledigt ist. 3. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen. 4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 79% und die Beklagte zu 21%. 5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche aus der Wahrnehmung von Rechten durch die Beklagte als Verwertungsgesellschaft. 3Die Beklagte ist die allgemein bekannte Verwertungsgesellschaft H. Die Klägerin ist ein 0000 gegründeter Musikverlag. Sie war bereits bei den Vorgängerorganisationen der Beklagten Mitglied. Sie ist seit Gründung der Beklagten Mitglied. Ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten beruhen auf dem Berechtigungsvertrag vom 17.06.2009/18.01.2010 (Anlage B1, Bl. 56 ff. GA). Unter § 6 lit. a) heißt es dort: 4„Satzung wie Verteilungsplan, auch soweit künftig die Satzung oder der Verteilungsplan geändert werden sollte, bilden einen Bestandteil des Vertrags“. 5Die Beklagte kehrt Erlöse aus der Wahrnehmung von Rechten aufgrund eines Verteilungsplans aus. Dieser Verteilungsplan sah bis einschließlich 2016 eine pauschale prozentuale Beteiligung von Verlegern vor, wenn von einem Verlagsvertrag umfasste Werke als verlegt angemeldet worden waren und hierzu niemand widersprochen hat. Verlagsverträge zwischen Verlagen und Urhebern forderte die Beklagte in der Vergangenheit nicht an und diese lagen ihr auch im Zusammenhang mit der Ausschüttung nicht vor. 6Zwischen den Parteien entstand Streit im Zuge der Reaktion der Beklagten auf die Rechtsprechung des BGH zur Verlegerbeteiligung bei der VG Wort (Urteil vom 21.04.2016 – I ZR 198/13 – Verlegerbeteiligung) sowie eines rechtskräftig gewordenen Urteils des KG zur Verlegerbeteiligung bei der Beklagten (Teilurteil vom 14.11.2016 – 24 U 96/14), die jeweils die Verteilungspläne insoweit für unwirksam nach § 307 Abs. 1 BGB angesehen hatten, weil die Ausschüttungsvorschriften zugunsten der Verleger mit wesentlichen Grundgedanken des damals geltenden § 7 S. 1 UrhWG nicht vereinbar seien. Das KG führte in seinem Urteil ergänzend aus, dass eine Berechtigung individualvertraglich vereinbart werden kann. Dies nahm die Beklagte, handelnd durch ihre satzungsmäßigen Organe, zum Anlass, grundsätzlich von der Unwirksamkeit der Verlegerbeteiligung und einer anstehenden Rückabwicklung geleisteter Zahlungen für die Jahre 2012 bis 2016 auszugehen. Um eine allumfassende Rückabwicklung zu vermeiden, entwickelte die Beklagte ein besonderes Verfahren, das Elektronische Bestätigungsverfahren („EBV“), um Verlagen die Möglichkeit zum Nachweis ihrer Berechtigung zur Beteiligung zu geben. Die Hauptversammlung der Beklagten fasste am 24.05.2017 als Tagesordnungspunkt 21 (siehe Anlage B4, Bl. 91 ff. GA) einen Beschluss zur Änderung des Verteilungsplans sowie einen Grundsatzbeschluss zur Rückabwicklung von Beteiligungen von Urhebern und Verlegern für die Ausschüttungen zwischen dem 01.07.2012 und dem 23.12.2016, soweit eine solche Rückabwicklung nach Durchführung des „EBV“ notwendig werden sollte (siehe Anlage B3, Bl. 70 ff. GA, zum Grundsatzbeschluss, Bl. 86 ff. GA). Das Verfahren wurde von der Beklagten durch mehrere Mitgliederschreiben im Dezember 2016, sowie Februar und März 2017 bekannt gemacht, und war bis zum 13.01.2018 befristet, sodass bis dahin Informationen zur Berechtigung der Verlagsbeteiligung von den Verlagen bei der Beklagten für jedes verlegte Werk einzureichen waren. Nachdem die Verlage die Informationen zur Verfügung stellten, erhielten die beteiligten Urheber von der Beklagten eine Information über die Registrierung, wogegen die Urheber Einspruch einlegen konnten. Erfolgte kein Widerspruch der Urheber sah die Beklagte bei Vorlage hinreichender Nachweise für die Verlegerbeteiligung von einer Rückabwicklung ab. Bei Widerspruch erfolgte eine Prüfung danach, ob der Urheber oder der Verlag Rechte bei der Beklagten eingebracht hatte. Nach Abschluss des Verfahrens wurden weniger als 3% der an Musikverlage ausgeschütteten Beträge rückabgewickelt. 7Die Klägerin nahm an diesem Elektronischen Bestätigungsverfahren nicht Teil, was sie der Beklagten auch mit Schreiben vom 09.05.2019 ausdrücklich mitteilte und die Gründe für die Nichtteilnahme erläuterte, insbesondere habe es an Personal für die Bewältigung des bürokratischen Aufwandes gefehlt. Sie teilte außerdem mit, dass „der weit überwiegende Teil unserer Verlagsverträge vor 1966 abgeschlossen wurde. In diesen Verträgen wurde – was vor 0000 noch möglich war – das Urheberrecht insgesamt auf den Verlag übertragen. Wir sind daher bei diesen Werken Inhaber der Urheberrechte.“ 8Die Beklagte zahlte an die Klägerin im Zeitraum vom 01.07.2012 bis zum 31.12.2016 34.719,43 € netto. Sie behauptete zunächst unter Vorlage ausführlicher ausgedruckter Excel-Listen und Belege, dass davon nur 16.369,78 € brutto auf für die hier streitgegenständliche Rückabwicklung beachtliche Zahlungen entfielen. Der übrige Betrag entfiele auf Auslandsausschüttungen, die nicht Gegenstand der Rückabwicklung waren. Von den 16.369,78 € entfiele wiederum ein Betrag von 15.529,77 € auf urheberrechtliche Nutzungsrechte und ein Betrag von 840,01 € auf gesetzliche Vergütungsansprüche, davon 351,25 € für die private Vervielfältigung nach § 54 Abs. 1 UrhG. Mit E-Mail vom 14.11.2021 korrigierte die Beklagte ihren Vortrag dahingehend, dass der Betrag für Nutzungsrechte nicht 15.529,77 €, sondern nur 13.815,40 € betrug, wobei davon 1.714,37 € zunächst auf einem Sperrkonto zurückgehalten worden waren, sodann aber am 01.02.2021 mit Rückforderungsansprüchen verrechnet worden seien. 9Einen Betrag in Höhe von 16.369,78 € forderte die Beklagte von der Klägerin mit Schreiben vom 05.12.2018 zurück (Anlage zur Klageschrift, Bl. 17 GA). 10Für die Zeit ab 2017 ermittelte die Beklagte Ausschüttungen an die Klägerin in Höhe von 4.764,24 € und 4.545,80 €. Diese Beträge verrechnete sie mit der vorprozessual geltend gemachten Rückforderung in Höhe von 16.369,78 €. 11Mit Schreiben vom 10.11.2015 (Anlage B24, Bl. 497 GA) verzichtete die Klägerin gegenüber der Beklagten im dort konkret genannten Umfang auf die Einrede der Verjährung sowie der Entreicherung gegen Rückforderungsansprüchen der Beklagten aufgrund der Problematik der Verlagsbeteiligung „bis zur abschließenden Klärung der Rechtslage“. 12Die Klägerin erhebt die Einrede der Verjährung. 13Die Klägerin bestreitet die Höhe der geltend gemachten Rückforderung unter Hinweis auf die fehlende Nachvollziehbarkeit der beklagtenseits vorgelegten Unterlagen. 14Sie behauptet, für alle von ihr angemeldeten Werke berechtigt gewesen zu sein, die Verlegerbeteiligungen zu erhalten. Sie legt zum Nachweis mit den Anlagen 4 – 23 diverse Verlagsverträge vor. 15Die Klägerin hält die Rechtsprechung des BGH zur Verlagsbeteiligung bei der VG Wort für nicht anwendbar und das oben zitierte Urteil des KG für rechtlich falsch. Die Ausschüttung der Verlagsbeteiligung habe an sie weiterhin ohne Änderung zu erfolgen, was u.a. auch aus Gewohnheitsrecht folge. Eine Pflicht zur Teilnahme am Elektronischen Bestätigungsverfahren habe nicht bestanden; dieses Verfahren sei unnötig und unsinnig gewesen. Der Beklagten fehle die Aktivlegitimation zur Rückforderung, weil es sich bei zu Unrecht gezahlten Beträgen an die Verleger um Ansprüche der Urheber handele. Die Beklagte verhalte sich insgesamt widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich. Zur Verrechnung von Ausschüttungen ab dem Jahr 2017 sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen, weshalb diese Beträge im Wege der Wider-Widerklage geltend gemacht würden. 16Mit Schriftsatz vom 02.12.2021 berief sich die Klägerin erstmals auf Entreicherung. 17Die Klägerin hat ursprünglich in der Klageschrift beantragt, 18festzustellen, dass der Beklagten gegen die Klägerin kein Anspruch in Höhe von 16.369,78 € gemäß Schreiben der Beklagten vom 5.12.2018 (Kontoauszug Nr. 2018/6) zusteht (im Weiteren Klageantrag zu 1.). 19Mit Schriftsatz vom 29.04.2021 beantragte sie ergänzend zum vorgenannten Antrag im Wege der so von ihr bezeichneten „Wider-Widerklage“, 20die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.764,24 und 4.545,80 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit 7.4.2021 zu zahlen (im Weiteren Klageantrag zu 2.). 21Die Klägerin hat den Klageantrag zu 1.) in der mündlichen Verhandlung am 04.11.2021 in Höhe eines Betrags von 9.310,04 € für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich dieser Teilerledigungserklärung angeschlossen. 22Die Beklagte beantragt im Übrigen, 23 Klageabweisung und Abweisung der „Wider-Widerklage“. 24Widerklagend hat die Beklagte und Widerklägerin in der Klageerwiderung ursprünglich beantragt, 25die Widerbeklagte zu verurteilen, an die Widerklägerin EUR 11.605,54 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit der Widerklage zu bezahlen. 26Mit Schriftsatz vom 07.04.2021 hat die Beklagte die Widerklage in Höhe von 4.545,80 € für erledigt erklärt. Die Klägerin hat sich dieser Erledigungserklärung nicht angeschlossen. 27Sie beantragte zuletzt, 28die Widerbeklagte zu verurteilen, an die Widerklägerin EUR 7.059,74 zu bezahlen, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit der Widerklage sowie aus EUR 4.545,80 für die Zeit seit Rechtshängigkeit der Widerklage bis zum 28.02.2021. 29Die Klägerin beantragt, 30 die Widerklage abzuweisen. 31Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Verteilungspläne mit Blick auf die Verlagsbeteiligungen in den Jahren 2012 bis 2016 unwirksam gem. § 307 Abs. 1 BGB waren und demnach ein Kondiktionsanspruch nach § 812 BGB bestehe. Die Klägerin habe es sich selbst zuzurechnen, dass sie der Rückforderung ausgesetzt sei, weil sie sich bewusst nicht am Elektronischen Bestätigungsverfahren beteiligt hatte. Die Einrede der Verjährung greife nicht durch, weil die Klägerin hierauf wirksam verzichtet habe und die Verjährung sodann durch die Zustellung der Widerklage gehemmt worden sei. Die Wider-Widerklage sei unzulässig, weil sie lediglich das kontradiktorische Gegenteil der Widerklage darstelle. 32Die Beklagte hat durch ihren Mitarbeiter Dr. X die zunächst in der Akte ausgedruckte und unleserlich zerstückelte „Excel-Liste“ mit den Buchhaltungsdaten auf den Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung am 04.11.2021 hin per E-Mail am 14.11.2021 dem Gericht und der Klägerin zur Verfügung gestellt, um eine Datenüberprüfung per Computer zu ermöglichen. Aus gerichtsorganisatorischen Gründen hätte eine Einreichung über das beA bei der als Papierakte geführten Verfahrensakte zum erneuten Ausdruck der Liste geführt. Hierauf hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 02.12.2021 Stellung genommen, worauf wiederum die Beklagte mit Schriftsatz vom 22.12.2021 Stellung genommen hat. 33Die Widerklage ist der Klägerin am 18.05.2020 zugestellt worden (siehe Bl. 510 GA). 34Entscheidungsgründe: 35Die Klage ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet. Die zulässige Widerklage ist teilweise begründet. 36I. Zulässigkeit 371. Die Klage ist als negative Feststellungsklage im noch nicht erledigten Umfang zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung unzulässig. Sie wurde mit Beginn der mündlichen Verhandlung und der nicht mehr einseitigen Klagerücknahmemöglichkeit im Umfang des Widerklageantrags unzulässig, weil dieser die kontradiktorische Leistungsklage darstellt. Zwar betrifft die Widerklage formal nur einen Teil des ursprünglich mit der negativen Feststellungsklage betroffenen Betrags in Höhe von 16.369,78 €. Jedoch ist Grundlage der Widerklage dieser gesamte Betrag abzüglich verrechneter Zahlungen. Demnach ergeht bei der Entscheidung über die Widerklage eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über den gesamten Betrag der negativen Feststellungsklage inklusive der bereits vorprozessual verrechneten Summe. 38Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus §§ 12, 17 ZPO, weil die Klägerin als Schuldnerin der Forderung ihren Gerichtsstand im hiesigen Gerichtsbezirk hat. 392. Die Widerklage ist gem. § 33 ZPO zulässig. Die Parteien streiten um denselben Streitgegenstand, sodass die notwendige Konnexität gegeben ist. 403. Ob die als solche bezeichnete „Wider-Widerklage“ zulässig ist, bedarf keiner Entscheidung, weil der im Laufe des Verfahrens neu eingeführte Klageantrag zu 2.) als Klageerweiterung der ursprünglichen Klage auszulegen ist. Als Leistungsklage ist diese Klage zulässig. Die örtliche Zuständigkeit für den Klageantrag zu 2.) folgt aus der rügelosen Einlassung der Beklagten, § 39 ZPO. Die Einwendung der Beklagten, dass die „Wider-Widerklage“ bloß das kontradiktorische Gegenteil der Widerklageanträge sei, überzeugt nicht. Zutreffend verweist die Klägerin darauf, dass sie durch die (Teil-) Abweisung der Widerklage keinen Zahlungstitel mit Blick auf verrechneten Beträge erlangt. Dies wird durch den Klageantrag zu 2.) möglich. 41II. Begründetheit 42Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird zunächst die Begründetheit der Widerklage dargestellt. Sodann folgen Ausführungen zur Klage. 431. Widerklage 44Die Widerklage ist teilweise begründet. 45Nach der einseitig gebliebenen Teilerledigungserklärung der Beklagten sind die Widerklageanträge so auszulegen, dass die Beklagte zum einen Zahlung von 7.059,74 € (Widerklageantrag zu 1.) und zum anderen die Feststellung der Erledigung der Widerklage über einen Betrag in Höhe von 4.545,80 € (Widerklageantrag zu 2.) begehrt. 46a) Widerklageantrag zu 1. – Zahlung 47Die Beklagte hat einen Anspruch gegen die Klägerin auf Rückzahlung erhaltener Zahlungen für die Jahre 2012 – 2016 aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 BGB. Dieser Rückzahlungsbetrag ist mit 14.655,41 € zu beziffern. Abzüglich vorgerichtlich bereits verrechneter 4.764,24 € sowie im Laufe des Prozesses verrechneter 4.545,80 € (siehe dazu den Widerklageantrag zu 2.) und weiterer verrechneter 1.713.37 € von einem Sperrkonto verbleibt demnach ein Betrag in Höhe von 3.631,00 €, den die Klägerin an die Beklagte zu zahlen verpflichtet ist. 48aa) Die Klägerin hat in den Jahre 2012 – 2016 Geldbeträge in Höhe von ca. 34.000 € von der Beklagten erhalten, wobei durch die Überweisungen durch die Beklagte konkret die jeweiligen Auszahlungsansprüche gegen die Bank der Klägerin erlangt worden sind. Diese Ansprüche erlangte die Klägerin durch Leistung der Beklagten, die auf eine vermeintliche vertragliche Forderung der Beklagten zahlte (vgl. insoweit auch OLG München, ZUM 2006, 473, 478; a.A. Ventroni, ZUM 2017, 187, 204). 49Allein durch diese Leistung ist die Beklagte auch aktivlegitimiert für einen Anspruch nach § 812 BGB. Die diesbezüglichen Einwendungen der Klägerin, die insoweit vielmehr einen (Zahlungs-) Anspruch der von einer im Zuge der Verlegerbeteiligung durch zu geringe Ausschüttung betroffenen Urheber annehmen wollen, greifen nicht durch. Denn bei der Rückabwicklung von rechtsgrundlosen Leistungen ist auf die unmittelbare Leistungsbeziehung abzustellen. Davon ist hier auch nicht abzuweichen, weil im konkreten Fall kein Mehrpersonenverhältnis vorliegt. Es ist die Beklagte, die als Verwertungsgesellschaft auf Grundlage ihrer Verteilungspläne in Verbindung mit den jeweils erforderlichen Berechtigungs- oder Wahrnehmungsverträgen die von ihr eingezogenen Gelder verteilt. Sie wird dabei zwar als Treuhänderin ihrer Mitglieder tätig, jedoch als eigenständige Akteurin, nicht etwa als Stellvertreterin ihrer Mitglieder, insbesondere der Urheber. Sie macht folglich einen eigenen Anspruch, keinen fremden Anspruch geltend. Der Verweis der Klägerin auf eine Streitbeilegungsvorschrift wegen Ausschüttungen zwischen Mitgliedern der Beklagten im Verteilungsplan (§ 10) ist unerheblich, weil diese Regelung ersichtlich nur dann Sinn macht, wenn die Verteilung gemäß Verteilungsplan wirksam ist, aber sich die Frage stellt, ob das richtige Mitglied die Ausschüttung erhalten hat. So liegt der Fall hier aber nicht, was unten näher ausgeführt wird. Es kommt dabei entgegen der wiederholten Ausführungen der Klägerin auch nicht darauf an, ob betroffene Urheber der Verlegerbeteiligung der Klägerin im Einzelfall nicht widersprochen haben und keine diesbezüglichen Ansprüche geltend gemacht haben. Diese Ansicht verkennt, dass Grundlage der Verteilung durch die Beklagte der für alle Mitglieder maßgebliche Verteilungsplan ist und die Beklagte nicht etwa bloße Einziehungsstelle oder Prozessstandschafterin ihrer Mitglieder ist. Wie die Beklagte nach Durchsetzung von Rückzahlungsansprüchen die derart eingezogenen Gelder wiederum verteilt, ist keine in diesem Verfahren zu klärende Frage. Selbst wenn die Beklagte diese Zahlungen rechtswidrig verteilen würde, würde sich hieraus keine Berechtigung der Klägerin zum Behalten der erlangten Geldbeträge begründen. 50bb) Der vorgenannten Leistung der Beklagten fehlte wegen der Unwirksamkeit der Verteilungspläne mit Blick auf die Verlagsbeteiligung hinsichtlich der davon betroffenen Zahlungen in Höhe von nach Klarstellung der Beklagten 14.655,41 € der Rechtsgrund. Rechtsgrund für die Überweisungen durch die Beklagte war jeweils der Berechtigungsvertrag zwischen der Beklagten und der Klägerin als ihrem Mitglied, wobei der hier konkret maßgebliche Vertrag (Anlage B1) keine konkrete Klausel zur Höhe der Auszahlung enthält, sondern in § 6 auf die Verteilungspläne verweist. Da die Verteilungspläne für die Jahre 2012 - 2016 unwirksam nach § 307 Abs. 1 BGB sind, ist der Rechtsgrund für die Leistungen nie vorhanden gewesen. Ein anderer Rechtsgrund für die Zahlung liegt nicht vor. 51(1) Von der Unwirksamkeit der Verteilungspläne geht die Kammer angesichts der Rechtsprechung des KG (Teilurteil vom 14.11.2016 – 24 U 96/14) sowie der Rechtsprechung des BGH zur Verlegerbeteiligung bei der VG Wort (Urteil vom 21.04.2016 – I ZR 198/13 – Verlegerbeteiligung) aus. Die Kammer schließt sich insoweit trotz der ausführlichen Kritik der Klägerin (sowie in der Literatur: vgl. hierzu auch Ventroni, ZUM 2017, 187; hingegen weitestgehend zustimmend Flechsig GRUR-Prax 2017,31) der Rechtsansicht der vorgenannten Gerichte an. 52Das KG führte dabei in einer Sachverhaltskonstellation, in der Urheber von der hiesigen wie dortigen Beklagten die fehlende Berechtigung der Beklagten festzustellen begehrten, bei der Ausschüttung der Vergütung für ihre bei Musikverlagen verlegten Werke einen Verlegeranteil von der Verteilungssumme abzuziehen, wie folgt aus: 53„17 b) Im vorliegenden Fall können die Kl. von der Bekl. aufgrund der mit ihr abgeschlossenen Berechtigungsverträge vom 9.8./18.10.1989 (Kl. zu 1) und vom 28.10./14.12.1992 (Kl. zu 2) verlangen, mit einem Anteil an ihren Einnahmen beteiligt zu werden, der den Erlösen entspricht, die sie durch die Auswertung ihrer Rechte erzielt hat. Die Ausschüttung dieses Anteils richtet sich nach der Satzung und dem Verteilungsplan der Bekl., die – auch soweit sie künftig geändert werden sollten – nach § 6 a der Verträge Bestandteil des Berechtigungsvertrags sind. Nach den §§ 2, 4 Nr. 1 der Allgemeinen Grundsätzen zum Verteilungsplan der Bekl. für das Aufführungs- und Senderecht (Verteilungsplan A) bzw. §§ 2, 3 Nr. 1 der Allgemeinen Grundsätzen zum Verteilungsplan für das mechanische Vervielfältigungsrecht (Verteilungsplan B) gehört neben dem Komponisten, dem Textdichter und dem Bearbeiter auch der Verleger des Werks zu den beteiligten Bezugsberechtigten, wenn das Werk als verlegt gemeldet worden ist und dieser Registrierung – wie auch im vorliegenden Fall – nicht widersprochen worden ist. In der Vergangenheit resultierte daraus eine durchschnittliche Beteiligung des Verlags iHv 4/12 (Aufführungs- und Senderecht) bzw. 40 % (mechanisches Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht). 5418 c) Gem. § 307 I 1, II Nr. 1 BGB sind diese Bestimmungen des Verteilungsplans (§§ 2, 4 Nr. 1 der Allgemeinen Grundsätzen zum Verteilungsplan der Bekl. für das Aufführungs- und Senderecht [Verteilungsplan A] bzw. §§ 2, 3 Nrn. 1 u. 5 der Allgemeinen Grundsätzen zum Verteilungsplan für das mechanische Vervielfältigungsrecht [Verteilungsplan B] und Abschnitt I Nr. 2 der Ausführungsbestimmungen zum Verteilungsplan A bzw. zum Verteilungsplan B), die als Bestandteil des Berechtigungsvertrags Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen, unwirksam, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der sie abweichen, nicht zu vereinbaren sind. 5519 aa) Gem. § 7 S. 1 WahrnG aF (jetzt § 27 VGG) hat die Verwertungsgesellschaft die Einnahmen aus ihrer Tätigkeit nach festen Regeln aufzuteilen, die ein willkürliches Vorgehen bei der Verteilung ausschließen. Diese gesetzliche Regelung beruht auf dem wesentlichen Grundgedanken, dass die Verwertungsgesellschaft als Treuhänderin der Berechtigten die Einnahmen aus ihrer Tätigkeit ausschließlich an die Berechtigten zu verteilen hat, und zwar in dem Verhältnis, in dem dieses Einnahmen auf einer Verwertung der Rechte und Geltendmachung von Ansprüchen der jeweiligen Berechtigten beruhen. Mit diesem Grundgedanken ist es nach der genannten Entscheidung des BGH unvereinbar, Nichtberechtigte an diesen Einnahmen zu beteiligen (BGH, GRUR 2016, 596 Rn. 30, 51, 62 – Verlegeranteil). Insbesondere ist eine Beteiligung von Verlegern an den Einnahmen der Bekl. nicht allein deshalb zulässig, weil diese mit ihr Wahrnehmungsverträge geschlossen oder ihr Werke gemeldet haben. Eine Beteiligung von Verlegern setzt vielmehr voraus, dass die Einnahmen der Bekl. auf der Wahrnehmung originärer oder von den Musik- und Textautoren abgeleiteter Rechte oder Ansprüche dieser Verleger beruhen (vgl. BGH, GRUR 2016, 596 Rn. 33 – Verlegeranteil). Der Grundgedanke willkürfreier Verteilung kommt allein bei einer Verteilung der Einnahmen an Berechtigte zum Tragen. Eine Ausschüttung der durch die treuhänderische Wahrnehmung von Rechten und Ansprüchen der Berechtigten erzielten Einnahmen an Nichtberechtigte kann nicht mit der Erwägung gerechtfertigt werden, das sei materiell leistungsgerecht, weil die betreffenden Nichtberechtigten schützenswerte Leistungen erbracht hätten. Verleger dürfen darum nach dem genannten Urteil des BGH (GRUR 2016, 596 Rn. 36 – Verlegerantei) nicht allein deshalb an den Einnahmen der Verwertungsgesellschaft beteiligt werden, weil ihre verlegerische Leistung eine Voraussetzung für vergütungspflichtige Nutzungen der verlegten Werke schafft. Es ist – so der BGH in dem die VG Wort betreffenden Verfahren – allein Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, ob und inwieweit die verlegerische Leistung urheberrechtlichen Schutz genießt und ihre Nutzung gesetzliche Vergütungsansprüche begründet. Nach geltender Gesetzeslage stehen den Verlegern nach dem Urheberrechtsgesetz keine eigenen Rechte oder Ansprüche zu, die von einer Verwertungsgesellschaft wahrgenommen werden könnten. Verleger sind – von Presseverlegern abgesehen – nicht Inhaber eines urheberrechtlichen Leistungsschutzrechts. 5620 bb) Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, ist die Bekl. nicht berechtigt, den auf verlegte Werke der Kl. entfallenden Anteil an den Erlösen der Kl. unter Abzug eines nach festen Quoten berechneten Verlegeranteils von der Verteilungsmasse zu berechnen. Denn die Verleger der von den Kl. geschaffenen Werke, die S-GmbH und die D-GmbH, die dem Rechtsstreit als Streithelferinnen zu 1 und 2 auf Seiten der Bekl. beigetreten sind, haben der Bekl. keine Rechte zur Wahrnehmung übertragen, die eine Beteiligung am Vergütungsaufkommen rechtfertigen könnten. 57[…] 5823 d) Es kann nach alledem dahinstehen, ob der Verteilung von Erlösen aus der verwertungsgesellschaftspflichtigen Einziehung der Bibliothekstantieme (§ 27 UrhG) und der Gerätevergütung (§ 54 UrhG) – auch insoweit sind die gesetzlichen Vergütungsansprüche durch die von den Kl. abgeschlossenen Berechtigungsverträge der Bekl. zur Wahrnehmung übertragen worden – an die Verlage darüber hinaus Regelungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts (insbesondere Art. 5 II, III RL 2001/29/EG und Art. 3 I, VI Abs. 1 RL 2006/115/EG – vgl. dazu BGH, GRUR 2016, 596 Rn. 42-63 – Verlegeranteil) entgegenstehen. Denn die fehlende Berechtigung der Streithelferinnen der Bekl. ergibt sich schon aus der Unwirksamkeit der sie begünstigenden Bestimmungen des Verteilungsplans. Insoweit besteht auch kein Grund, zwischen den Erlösen aus der Verwertung urheberrechtlichen Nutzungsrechte und aus der Einziehung gesetzlicher Vergütungsansprüche zu unterscheiden. Maßgeblich bleibt nach der Rechtsprechung des BGH in beiden Fällen, dass es der Bekl. als Treuhänderin nicht gestattet ist, Nichtberechtigte an dem Vergütungsaufkommen zu beteiligen und dass Regelungen des Verteilungsplans, die feste Quoten für die Verlegerbeteiligung unabhängig davon vorsehen, ob und inwieweit die Einnahmen der Verwertungsgesellschaft auf der Wahrnehmung von Rechten oder Ansprüchen beruhen, die ihr von Verlegern eingeräumt oder übertragen worden sind, gegen das Willkürverbot des § 7 WahrnG aF (jetzt § 27 VGG) verstoßen und damit einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht standhalten. Dabei ist der Beitrag der Musikverleger zum Vergütungsaufkommen der Bekl. wesentlich vermittelter und weniger fassbar als dies bei der Wahrnehmung der gesetzlichen Vergütungsansprüche durch die VG Wort der Fall ist. Denn während es offenkundig ist, dass Printmedien ohne den Beitrag der verlegerischen Leistung nicht in nennenswertem Umfang kopiert oder verliehen werden können, diese also erst die Voraussetzung für die vergütungspflichtige Nutzung der verlegten Werke schafft, steht die quotale Verlegerbeteiligung im Bereich der Bekl. nicht in einem konkret quantifizierbaren Zusammenhang mit dem Umfang der Promotionstätigkeit der Musikverlage. Die pauschale Verlegerbeteiligung bleibt vielmehr unverändert, auch wenn die Attraktivität des verlegten Musikwerks für die Nutzer und das sich daraus generierende Vergütungsaufkommen maßgeblich aus anderen Quellen als der verlegerischen Förderung gespeist wird. 5924 e) Die in den Verteilungsplänen der Bekl. vorgesehene Verlegerbeteiligung kann – entgegen der Auffassung der Bekl. – auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass eine Abtretung von künftigen Ausschüttungsansprüchen in den Verlagsverträgen zwischen Komponisten und Textdichtern auf der einen und Musikverlegern auf der anderen Seite standardisiert vereinbart sei und der Verteilungsplan insoweit lediglich die in den Verlagsverträgen wirksam vereinbarten Abtretungen von künftigen Ausschüttungsansprüchen in einheitlicher Weise umsetze. Entsprechendes gilt für die Unterstellung einer Zahlungsanweisung (§§ 362 II, 185 BGB) in einer bestimmten Höhe. 6025 aa) Zwar kann der Urheber dem Verleger nach der Rechtsprechung des BGH im Grundsatz nicht nur seine gesetzlichen Vergütungsansprüche und urheberrechtlichen Nutzungsrechte, sondern auch seine Ansprüche gegen die Verwertungsgesellschaft auf Herausgabe des Erlöses aus der Durchsetzung dieser Vergütungsansprüche bzw. aus der Wahrnehmung dieser Nutzungsrechte wirksam abtreten (vgl. BGH, GRUR 2016, 596 Rn. 81 – Verlegeranteil; BGH, GRUR 1964, 326 Rn. 93 – Subverleger). Der Wortlaut der Berechtigungsverträge, die die Kl. zu 1 und 2 mit der Bekl. – wie zahlreiche Urheber auch – geschlossen haben, bietet für die Annahme einer solchen Vorausabtretung keinen Anhaltspunkt; vielmehr sollen nach dessen § 4 Ansprüche des Berechtigten gegen die H nur nach (gesonderter) Vereinbarung abtretbar sein. Eine Abtretungsanzeige, die der Berechtigte bei der Ausschüttung des zur Verteilung anstehenden Erlöses gegen sich gelten lassen müsste (§ 409 I 1 BGB), kann auch nicht in der Anmeldung der Werke als verlegt gesehen werden. Denn die im Verteilungsplan bestimmten festen Quoten nehmen auf die zwischen Urhebern und Verlegern getroffenen Vereinbarungen keine Rücksicht. Der den zugrundeliegenden Regelungen des Verteilungsplans nunmehr von der Bekl. beigemessene rechtsgeschäftliche Erklärungswert, auf dessen Bedeutungsgehalt im Verteilungsplan und in dessen Ausführungsbestimmungen nicht hingewiesen wird, läuft deshalb auf die Fiktion einer Willenserklärung hinaus, die in allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam vereinbart werden kann (§ 308 Nr. 5 BGB). Es kann auch nicht zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung und im Interesse einer praktikablen und kostengünstigen Erlösausschüttung unterstellt werden, dass die Verteilungsquoten sich im Regelfall mit einer Vereinbarung im Innenverhältnis zwischen Urhebern und Verlegern decken, so dass abweichende Vertragsgestaltungen einer nachgelagerten Refundierung überlassen werden könnten. Schuldrechtliche Absprachen können nicht in einem derart weitreichenden Umfang als gleichförmig getroffen unterstellt werden. Schon die hier eingereichten differierenden Verträge zwischen den Kl. mit den beiden Streitverkündeten machen deutlich, dass eine einheitliche Vertragspraxis nicht besteht. Auch die (zum Teil ausdrücklich) dynamische Verweisung auf den jeweiligen Verteilungsplan in den verbreiteten Vertragsmustern macht schon für sich genommen deutlich, dass eine Abtretung oder Zahlungsanweisung in einer bestimmten Höhe als typischerweise vereinbart oder erklärt gerade nicht unterstellt werden kann. 6126 bb) Vielmehr bleibt es eine im Einzelfall zu prüfende Frage, ob die nach den vom BGH aufgestellten Grundsätzen Berechtigten ihre Ansprüche individualvertraglich durch Abtretungsvertrag (§ 398 BGB) an die Verleger wirksam abgetreten haben oder ob zumindest eine Anweisung zur Auszahlung an diese als Dritte wirksam erteilt worden ist.“ 62Diese Ausführungen gelten auch im Verhältnis der Parteien zueinander. Die maßgeblichen Passagen der Verteilungspläne, die Vertragsbestandteil geworden sind und die Grundlage der Zahlungen der Beklagten an die Klägerin waren, sind demnach gem. § 307 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Sie verstoßen wegen der Pauschalität der Gewährung eines Verlegeranteils unabhängig von der tatsächlichen Einbringung von Rechten zur Wahrnehmung durch die Beklagte gegen den Grundgedanken des § 7 S. 1 WahrnG aF (jetzt § 27 VGG). Sie können folglich nicht als Rechtsgrund für die Leistungen der Beklagten an die Klägerin herangezogen werden. 63Die Angriffe der Klägerin gegen dieses Urteil überzeugen nicht. Die Klägerin erkennt richtig, dass das oben zitierte Urteil des KG nur Wirkung inter partes der dortigen Parteien entfaltet. Die Ausführungen des KG betreffen jedoch nicht nur eine Vertragsklausel, die nur eine individualvertragliche Regelung zwischen den dortigen Parteien darstellten, sondern den für alle Leistungsbezieher der Beklagten maßgeblichen Verteilungsplan. Diese Ausführungen des KG überzeugen auch, sodass in hiesigem Verfahren dieselbe Rechtsfolge der Unwirksamkeit der maßgeblichen Stellen des Verteilungsplans festzustellen ist. Dabei ergibt sich aus den Feststellungen des KG, dass es jedenfalls Fälle gibt, in denen der Verteilungsplan zu Unrecht die Verlegerbeteiligung gewährte, obwohl u.a. die Urheber wegen des Prioritätsgrundsatzes schon alle – auch zukünftige – Rechte der Beklagten zur Wahrnehmung übertragen hatten und sie mit einem nachfolgenden Verlagsvertrag keine diesbezüglichen Rechte mehr an die Verlage einräumen konnten, die die Verlage dann bei der Beklagten zur Wahrnehmung einbrachten. Ob dies im Verhältnis der Parteien zueinander nicht der Fall ist, bedarf keiner Aufklärung, weil der Verteilungsplan der Beklagten angesichts seiner universellen Bedeutung nicht gegenüber einzelnen Mitgliedern Bestand haben und anderen Mitgliedern gegenüber unwirksam sein kann. Die Vorlage von Verlagsverträgen durch die Klägerin in diesem Verfahren ändert hieran nichts, zumal diese nur eine Auswahl des Repertoires betrifft. Es ist keinesfalls möglich die maßgeblichen Stellen des Verteilungsplans nur gegenüber der Klägerin weiterhin anzuwenden, weil damit eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Mitglieder der Beklagten verbunden wäre. 64(2) Insofern ist auch die grundlegende Entscheidung der Beklagten im Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten am 24.05.2017 zur Rückabwicklung von Beteiligungen von Urhebern und Verlegern für die Ausschüttungen zwischen dem 01.07.2012 und dem 23.12.2016, soweit eine solche Rückabwicklung nach Durchführung des „EBV“ notwendig werden sollte (siehe Anlage B3, Bl. 86 ff. GA, sowie Anlage B4) nicht zu beanstanden. Es war für die Beklagte absehbar, dass ihr andernfalls eine Vielzahl von Prozessen von Urhebern drohen würden, in welchen die Rechtsprechung des KG bestätigt werden würde. Die Kritik der Klägerin an diesem Vorgehen ist dabei rechtlich unerheblich. Sie verkennt, dass mangels wirksamer Klauseln zur Verlegerbeteiligung im Verteilungsplan zu keiner Zeit eine Rechtsgrundlage für die entsprechenden Zahlungen bestanden hat. Soweit die Klägerin also eine unzulässige Rückwirkung einwendet, ist dies rechtsirrig. 65Das „EBV“ der Beklagten stellte ein geordnetes Verfahren zur nachträglichen Schaffung eines Rechtsgrundes dar. Da die Klägerin sich hieran unstreitig nicht beteiligt hat, ließ sie die Gelegenheit, einen Rechtsgrund zu schaffen, ungenutzt. Hierfür ist nur sie selbst verantwortlich. Es bestand zwar keine Pflicht der Klägerin zur Teilnahme, die negativen Folgen der Nichtteilnahme – hier die Perpetuierung des fehlenden Rechtsgrundes der gezahlten Verlegerbeteiligungen – hat die Klägerin jedoch wie bei einer Obliegenheitsverletzung hinzunehmen. 66(3) Der Einwand der Klägerin, eine AGB-Kontrolle der Klauseln zur pauschalen Verlegerbeteiligung in den für die streitgegenständlichen Jahren anwendbaren Verteilungsplänen müsse vorliegend ausscheiden, weil es sich um eine Preisvereinbarung handele (vgl. hierzu auch Ventroni, ZUM 2017, 187, 190 m.w.N. zum Streitstand), überzeugt nicht. Bei den Regelungen des Berechtigungsvertrags handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des BGH um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Verteilungsplan ist Bestandteil des Berechtigungsvertrags (§ 6 lit. a des Berechtigungsvertrags). Die Bestimmungen des Verteilungsplans einschließlich seiner Ausführungsbestimmungen sind daher gleichfalls Allgemeine Geschäftsbedingungen (BGH GRUR 2016, 606 Rn. 17 – Allgemeine Marktnachfrage; GRUR 2013, 375, Rn. 13 – Missbrauch des Verteilungsplans, m.w.N.; von Ungern-Sternberg, GRUR 2020, 923, 932ff.). Zu beachten ist, dass die hier maßgeblichen Klauseln nicht im Sinne einer materiellen Verteilungsregel die konkrete Höhe eines Entgelts zwischen den Parteien betreffen und folglich keine Preisvereinbarung im engeren Sinne darstellen. Insbesondere geht es vorliegend nicht um eine nicht über die AGB-Kontrolle gerechtfertigte Preiskontrolle. Die Klauseln stellen vielmehr die Konkretisierung von nach § 7 S. 1 WahrnG aF bzw. § 27 VGG gesetzlich gebotenen Regeln zur Verteilung der Einnahmen der Beklagten an die Wahrnehmungsberechtigten dar. Diese Klauseln unterfallen demnach der Klauselkontrolle gem. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB. Sie stellen eine ergänzende Regelung zu den o.g. Rechtsvorschriften dar. Hinzu kommt, dass vorliegend bei der Verlegerbeteiligung im Verhältnis der Parteien zueinander nicht von einem Entgelt ausgegangen werden kann. Die Beklagte ist nicht Nutzer von Werken für die sie ein „Lizenzentgelt“ zu entrichten hätte. Die Beklagte zieht vielmehr bei den Nutzern von urheberrechtlich geschützten Werken Zahlungen ein und verteilt diese dann an die Urheber bzw. Verlage. Diese Ausschüttungen sind demnach weder rechtlich noch tatsächlich ein von der Beklagten zu zahlendes Entgelt für eine Überlassung von Rechten ihrer Mitglieder. Ob hierin ein Entgelt der Urheber an die Verlage für die Verlagstätigkeit zu sehen ist, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung, weil die Beklagte keine Ansprüche der Urheber, sondern eigene Ansprüche durchsetzt. 67(4) Ein anderer Rechtsgrund für die Leistung ist nicht ersichtlich. Eine vertragliche Grundlage liegt mangels anderer vertraglicher Vergütungsklauseln im Berechtigungsvertrag der Beklagten mit der Klägerin nicht vor. Die Satzung der Beklagten enthält entgegen des Vorbringens der Klägerin ebenfalls keine Grundlage für die hier konkret zu beurteilende Zahlung. Die Klägerin vermag insoweit schon keine konkrete Regelung der Satzung vorzutragen, aus welcher sich die konkrete Höhe der Ausschüttung der Verlegerbeteiligung ergeben soll. Dabei verkennt die Kammer auch nicht, dass die Beklagte für die Bemessung der Erlösanteile der einzelnen Berechtigten ein Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 BGB für einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus dem Berechtigungsvertrag i.V.m. §§ 675, 667 BGB zusteht (BGH GRUR 2005, 757, 759 – PRO-Verfahren). Insoweit sind die Verteilungspläne nur ein Teil der Leistungsbestimmung im geordneten Verfahren, nicht Leistungsbestimmung selbst (vgl. von Ungern-Sternberg, GRUR 2020, 923, 934). Die Leistungsbestimmung für den streitgegenständlichen Zeitraum ist durch Abrechnung und Ausschüttung der Beklagten gegenüber der Klägerin zunächst erfolgt. Nach Wegfall der unwirksamen Passagen im Verteilungsplan fiel sodann aber auch die Leistungsbestimmung weg. Eine neue Leistungsbestimmung nach den Grundsätzen von § 315 BGB, d.h. nach billigem Ermessen, und von § § 7 S. 1 WahrnG aF bzw. § 27 VGG, d.h. willkürfrei, war geboten. Um diese vorzunehmen benötigte die Beklagte die Mitwirkung der Verlage, die sie im Rahmen des „EBV“ einforderte. Mangels Teilnahme der Klägerin an diesem „EBV“ war die Beklagte aber gehindert eine neue Leistungsbestimmung vorzunehmen. Jede Leistungsbestimmung ohne Mitwirkung der Klägerin wäre wiederum nicht nach billigem Ermessen und nicht willkürfrei gegenüber den übrigen Mitgliedern und Ausschüttungsberechtigten der Beklagten gewesen. 68Auch der Verweis der Klägerin auf die Verlagsverträge zwischen ihr und ihren Autoren ist nicht geeignet als Rechtsgrund der Zahlung zu dienen, weil hierdurch die Beklagte nicht vertraglich gebunden ist. Wie oben dargestellt ist die Beklagte nicht Stellvertreter oder Abrechnungsstelle der Urheber, sondern eigenständig als Treuhänderin tätig. Auch ein Anerkenntnis durch Zahlung der Beklagten ist nicht anzunehmen, weil die Beklagte durch die bloße Ausschüttung nicht die unwirksamen Stellen des Verteilungsplans faktisch heilen konnte und dies offenbar auch nicht wollte. 69(5) Ein Rechtsgrund kann auch nicht im Gewohnheitsrecht erkannt werden. Für den Bereich der gesetzlichen Vergütungsansprüche hatte der BGH bereits ausgeführt, dass etwaig bestehendes Gewohnheitsrecht wegen entgegenstehender gesetzlicher Normen außer Kraft gesetzt worden wäre (GRUR 2016, 596, Rn. 84 ff. – Verlegeranteil). Diese Wertung kann auch auf hiesigen Fall übertragen werden. Doch auch mit Blick auf die hier zum Großteil maßgeblichen Ausschüttungen auf Nutzungsrechte kann die Kammer auf Grundlage des hierfür maßgeblichen Klägervortrags kein Gewohnheitsrecht erkennen. Die Entstehung von Gewohnheitsrecht erfordert eine dauernde und ständige, gleichmäßige und allgemeine tatsächliche Übung, die von den Beteiligten als verbindliche Rechtsnorm anerkannt wird. Notwendig ist mithin die Überzeugung der beteiligten Verkehrskreise, durch die Einhaltung der Übung bestehendes Recht zu befolgen (BGH GRUR 2016, 596, Rn. 85 – Verlegeranteil). Insoweit ist die Klägerin, weil dieser Umstand für sie vorteilhaft ist, darlegungs- und beweisbelastet. Über pauschale Ausführungen zur langjährigen Praxis der Verlegerbeteiligung hinaus ist aber nicht zu erkennen, dass alle Beteiligten, insbesondere Urheber, die Verlegerbeteiligung auch ohne Regelung im Verteilungsplan als verbindliches Recht ansahen. Die bloße Duldung entsprechender Ausschüttungen genügt hierfür nach Ansicht der Kammer nicht. Hinzu kommt, dass auch ein etwaiges dahingehendes Gewohnheitsrecht nicht den gesetzlichen Wertungen in § 7 S. 1 WahrnG aF (jetzt § 27 VGG) widersprechen darf, da insoweit dem formellen Gesetz Vorrang einzuräumen ist. Dann aber wiederholen sich auch an dieser Stelle die obigen Ausführungen im Zusammenhang mit der AGB-Kontrolle nach § 307 BGB. 70(6) Dieses Ergebnis, wonach die Klägerin trotz zur Wahrnehmung übertragener Rechte ganz ohne Gegenleistung verbleibt und sozusagen „leer ausgeht“, ist auch im Einzelfall nicht unbillig. Denn die Klägerin hätte am „EBV“ teilnehmen und dadurch nachträglich ihre Legitimation nachweisen können. Dies hat laut unbestrittenem Vortrag der Beklagten auch eine Vielzahl der Musikverlage getan, weshalb nur ein geringer Prozentsatz der Verlegerbeteiligungen rückabgewickelt werden mussten. Die Einwände der Klägerin, dass sie es nicht eingesehen habe, den Aufwand des „EBV“ zu erfüllen, führen nicht dazu, dass der Klägerin – etwa aus Billigkeitserwägungen – ausgeschüttete Beteiligungen verbleiben müssen. Denn nach dem Gesamteindruck des schriftlichen Vortrags der Klägerin nahm diese gegenüber dem „EBV“, das von der Mitgliederversammlung der Beklagten beschlossen worden ist, von Anfang an eine ablehnende Haltung ein. Eine eingehende Auseinandersetzung mit den erforderlichen Angaben in diesem Nachweisverfahren erfolgte offenbar nicht. Im Rahmen dieses Gerichtsverfahrens war es der Klägerin insoweit möglich eine gewisse Zahl von Verlagsverträgen vorzulegen. Warum im Rahmen des „EBV“ der Aufwand angeblich unzumutbar hoch gewesen sein soll, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls aber hat die Klägerin durch ihre grundsätzlich ablehnende Haltung derart gegen die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten verstoßen, dass es vorliegend angemessen erscheint, dass sie für den streitgegenständlichen Zeitraum keinerlei Ausschüttungen erhält bzw. behalten darf. Nichts anderes gilt auch bei Beachtung des Klägervortrags, dass die Klägerin durch Rechtsübertragungen in Jahren bis zum 31.12.1965 Urheber von Werken geworden ist. Ein etwaiger Anspruch nach § 32 UrhG auf angemessene Vergütung für diese Werke besteht angesichts § 132 Abs. 1 S. 1 UrhG nicht. 71cc) Die Klägerin ist folglich zur Herausgabe der Bereicherung, konkret zum Wertersatz der nach Banküberweisung erlangten Auszahlungsansprüche, verpflichtet (§ 818 Abs. 1, 2 BGB). 72Bei der Berechnung ist angesichts der zwischenzeitlichen Verrechnungen sowie der prozessualen Lage nach einseitig gebliebenen Erledigungserklärungen wie folgt vorzugehen: 73Rechtsgrundlose Ausschüttungen auf Nutzungsrechte 13.815,40 € 74Rechtsgrundlose Ausschüttungen auf ges. Vergütungsansprüche 840,01 € 75Zwischensumme 14.655,41 € 76abzüglich Verrechnung vor Widerklageerhebung 4.764,24 € 77abzüglich Verrechnung zum 28.02.2021 (siehe Bl. 586 GA) 4.545,80 € 78abzüglich Verrechnung Sperrkonto (siehe Bl. 713A GA) 1.714,37 € 79Verbleibende Bereicherung 3.631,00 € 80Der Betrag der rechtsgrundlosen Ausschüttungen auf Nutzungsrechte in Höhe von 13.815,40 € ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus der vorgelegten Excel-Tabelle, die insoweit 1214 Buchungssätze enthält zu Werken, die die Klägerin verlegt. Dabei ist der Tabelle zu entnehmen, dass alle Buchungssätze in der maßgeblichen Zeit vom 01.07.2012 bis zum 23.12.2016 erfolgt sind, konkret betreffen die ältesten Buchungen das Datum „2012 07 01“ und die jüngsten Buchungen das Datum „2016 11 01“. In jedem Fall ist die Klägerin als Hauptkontoinhaberin mit der Rolle „4“ angegeben, was sich ausweislich des Schlüssels in Anlage B19, Bl. 473 GA, als Verleger auflösen lässt. In manchen Fällen ist kein Urheber angegeben, sodass dort ebenfalls die Klägerin als Urheberin erfasst ist. Diese Einträge betrafen Beträge, die zunächst auf ein Sperrkonto gebucht worden sind und sodann an die Klägerin ausgeschüttet worden sind. Anhand dieser Informationen erscheinen die Buchungen für die Kammer ausreichend nachvollziehbar. Die Stellungnahme der Klägerin vermag insoweit den Gesamtbetrag nicht in Zweifel zu ziehen. Soweit sie hier wiederum ihre Berechtigung für die Urheber Bülow und Hengstler und ihre Urhebereigenschaft für den Urheber Max Seiffert vorträgt, geht dies nach den obigen Ausführungen ins Leere. Diese Angaben hätten im „EBV“ gemacht werden können. Die Kritik an Zeile 228 der Excel Tabelle, dort das Werk „Verloren“ betreffend den Urheber Brozat, ändert auch nichts. Zum einen betrifft dies nur eine einzige von 1214 Buchungen mit einem Ausschüttungswert zugunsten der Klägerin von 0,37 €. Zum anderen bleibt der Vortrag zur angeblich nicht vereinnahmten Ausschüttung substanzlos, weil nur auf das Fehlen des Verlagsvertrags verwiesen wird. Der Beklagten lagen bei der pauschalen Ausschüttung nach Verteilungsplan unstreitig keine Verlagsverträge vor, sodass insoweit eine Ausschüttung ggf. materiell zu Unrecht erfolgt sein könnte. Der Klägerin hätte es aber oblegen anhand ihrer Unterlagen nachzuvollziehen, ob sie die 0,37 € am 01.01.2014 erhalten hat oder nicht. 81Der Betrag der rechtsgrundlosen Ausschüttungen auf gesetzliche Vergütungsansprüche in Höhe von 840,01 € ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus den Anlagen B26 – B29 (Bl. 592 – 643 GA). Diesen Abrechnungen ist die Klägerin nicht ausreichend qualifiziert entgegen getreten. 82Vor diesem Hintergrund war die Verrechnung vor Widerklageerhebung mit einem Betrag in Höhe von 4.764,24 € berechtigt. Dasselbe gilt für die Verrechnung zum 28.02.2021 in Höhe von 4.545,80 € (betrifft Widerklageantrag zu 2.). Die Verrechnung von 1.714,37 € vom Sperrkonto kommt der Klägerin zugute und vermindert die Widerklageforderung, ohne dass dazu eine prozessuale Erklärung erfolgt wäre und mithin ein Teilunterliegen der Beklagten vorliegt. 83Der Einwand der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB ist als verspätet nach § 296a ZPO unbeachtlich. Dieser wurde erstmals nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 04.11.2021 im Schriftsatz vom 02.12.2021 erklärt, obwohl dieser Schriftsatz insoweit nicht nachgelassen war (der Nachlass betraf nur die Inhalte der Excel-Tabelle, siehe Protokoll der Sitzung vom 04.11.2021, Bl. 708R). Angesichts des Umstands, dass die Beklagte ihre Widerklage von Beginn an auf § 812 BGB stützte, hätte die Klägerin den Einwand jedenfalls vor Schluss der mündlichen Verhandlung erheben können. Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war wegen dieses Vortrags nicht geboten. Hinzu kommt, dass die Klägerin mit Erklärung vom 10.11.2015 gegenüber der Beklagten auf „die Einrede der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB“ verzichtete (Anlage B24, Bl. 497). 84dd) Entgegen der Ausführungen der Klägerin ist der Verhalten der Beklagten nicht rechtsmissbräuchlich. Allein der Umstand, dass die Beklagte sich beim oben mehrfach zitierten Verfahren beim KG gegen die Klage verteidigt hat und die Verlegerbeteiligung im Verteilungsplan für rechtmäßig hielt, führt nicht dazu, dass sie sich nunmehr nach Anerkennung der rechtlichen Ausführungen des rechtskräftigen Urteils sowie entsprechender Willensbildung zum „EBV“ und zur etwaigen Rückabwicklung durch die zuständigen Organe der Beklagten nicht auf die neue Rechtsansicht berufen darf. Anderenfalls würde sich die als rechtswidrig erkannte Ausschüttungspraxis zwangsläufig verfestigen, was gerade nicht Folge des KG-Urteils sein soll. 85ee) Die Einrede der Verjährung der Klägerin gegen die Widerklageforderung hat keinen Erfolg. Mit Erklärung vom 10.11.2015 (Bl. 497 GA) hat die Klägerin für die hier streitgegenständliche Forderung seit Juli 2012 sowie für zukünftige Ausschüttungen auf die Einrede der Verjährung verzichtet und zwar „bis zur abschließenden Klärung der Rechtslage“. Wann diese abschließende Klärung der Rechtslage eingetreten ist, bedarf der Auslegung nach § 133, 157 BGB. Nach der Argumentation der Klägerin ist diese Rechtslage bis heute nicht geklärt, was sich in der massiven Kritik des Urteils des KG niederschlägt. Dann wäre der Verjährungsverzicht jedenfalls bis zur Widerklagezustellung anwendbar. Nach dem aber maßgeblichen objektivierten Empfängerhorizont und unter Beachtung der formularvertraglichen Vereinbarung ist damit der Zeitpunkt der Rechtskraft des zuvor zitierten Urteils des KG zu verstehen. Der Beschluss des BGH, mit der die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen worden ist, datiert auf den 18.10.2017. 86Die Widerklage ist der Klägerin zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten (und Geschäftsführers) ausweislich ihres Schriftsatzes vom 29.06.2020 am 18.05.2020 zugegangen (Bl. 510 GA). Die Verjährung des Rückforderungsanspruchs ist demnach rechtzeitig durch Widerklage gehemmt geworden nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Dabei kann im Ergebnis offenbleiben, wann die gem. § 195 BGB dreijährige Verjährungsfrist begonnen hat. Selbst wenn man dieses Datum auf den 18.10.2017 festlegen wollte, weil zu diesem Zeitpunkt „die abschließende Klärung der Rechtslage“ eingetreten ist, erfolgte die Verjährungshemmung innerhalb der drei Jahre. 87Der Verjährungsverzicht hält auch einer AGB-Kontrolle stand. Eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB liegt nicht vor. Es handelt sich in Ansehung der bahnbrechenden Rechtsprechung von BGH (betreffend die VG Wort) und des KG um eine ausgewogene Regelung, die die Klägerin im Übrigen nicht unterzeichnen musste. Dann hätte sie aber schon früher mit einer Rückforderung rechnen müssen. Durch den Verjährungsverzicht hat die Beklagte den Verlagen zudem die Möglichkeit gegeben, sich am „EBV“ zu beteiligen und damit eine Rückforderung zu vermeiden. Dass die Klägerin diese Möglichkeit nicht wahrgenommen hat, ist von ihr wie oben ausführlich beschrieben selbst zu vertreten. 88Die Klausel ist auch nicht intransparent. Die Verwendung der unbestimmten zeitlichen Formulierung „bis zur abschließenden Klärung der Rechtslage“ war angesichts der laufenden Nichtzulassungsbeschwerde nach dem Urteil des KG auch für die Verlage ausreichend verständlich, wobei vorliegend zu beachten ist, dass der Geschäftsführer der Klägerin (und zugleich ihr Prozessbevollmächtigter) Rechtsanwalt ist. 89ff) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. 90b) Antrag zu 2. 91Nach den obigen Ausführungen ist auch der Widerklageantrag zu 2.) auf Feststellung der Erledigung der Widerklage in Höhe der Verrechnung zum 28.02.2021 in Höhe von 4.545,80 € begründet. 922. Klage 93Wegen der Unzulässigkeit des Klageantrages zu 1.) bedarf es nur Ausführungen zum Klageantrag zu 2.). Nach den obigen Ausführungen ist dieser Klageantrag unbegründet. 94III. Prozessuale Nebenentscheidungen 95Die Kostenentscheidung folgt für den nicht übereinstimmend erledigten Teil aus § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei war davon auszugehen, dass die Klage und die Widerklage wirtschaftlich identisch sind und demnach keine Streitwerterhöhung anzunehmen ist. Die Beklagte hat insoweit mit Blick auf die zugesprochene Widerklageforderung sowie die vorgerichtliche Verrechnung und die Verrechnung im Prozess, die Gegenstand des Widerklageantrags zu 2.) war, obsiegt, war jedoch mit Blick auf den eingeräumten Rechenfehler bei der Berechnung der Rückabwicklungsforderung und den nach Auflösung des Sperrkontos verrechneten Betrags unterlegen, sodass die Quote mit folgenden Beträgen zu berechnen war: 12.941,04 € ./. 16.369,78 €. Angesichts der wirtschaftlichen Identität hat die übereinstimmende Teilerledigungserklärung (§ 91a ZPO) mit Blick auf die Klage keine Auswirkung auf die Kostenentscheidung. 96Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2 ZPO. 97IV. Die Korrespondenz der Parteien nach der mündlichen Verhandlung hat die Kammer bei Abfassung des Urteils berücksichtigt. Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war nicht geboten. 98V. Der Streitwert wird auf 16.369,78 EUR festgesetzt. | 1. die klage wird abgewiesen. 2. auf die widerklage wird a) die klägerin verurteilt, an die beklagte einen betrag in höhe von 3.631,00 € zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz hieraus seit dem 19.05.2020 sowie aus eur 4.545,80 für die zeit seit dem 19.05.2020 bis zum 28.02.2021 zu zahlen; b) festgestellt, dass die widerklage betreffend einen betrag in höhe von 4.545,80 € erledigt ist. 3. im übrigen wird die widerklage abgewiesen. 4. die kosten des rechtsstreits tragen die klägerin zu 79% und die beklagte zu 21%. 5. das urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die beklagte jedoch nur gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages. die beklagte kann die vollstreckung der klägerin durch sicherheitsleistung in höhe von 110% des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der kläger vor der zwangsvollstreckung sicherheit in höhe von 110% des zu vollstreckenden betrags leistet. 1 | 2die parteien streiten um zahlungsansprüche aus der wahrnehmung von rechten durch die beklagte als verwertungsgesellschaft. 3die beklagte ist die allgemein bekannte verwertungsgesellschaft h. die klägerin ist ein 0000 gegründeter musikverlag. sie war bereits bei den vorgängerorganisationen der beklagten mitglied. sie ist seit gründung der beklagten mitglied. ihre gegenseitigen rechte und pflichten beruhen auf dem berechtigungsvertrag vom 17.06.2009/18.01.2010 (anlage b1, bl. 56 ff. ga). unter § 6 lit. a) heißt es dort: 4„satzung wie verteilungsplan, auch soweit künftig die satzung oder der verteilungsplan geändert werden sollte, bilden einen bestandteil des vertrags“. 5die beklagte kehrt erlöse aus der wahrnehmung von rechten aufgrund eines verteilungsplans aus. dieser verteilungsplan sah bis einschließlich 2016 eine pauschale prozentuale beteiligung von verlegern vor, wenn von einem verlagsvertrag umfasste werke als verlegt angemeldet worden waren und hierzu niemand widersprochen hat. verlagsverträge zwischen verlagen und urhebern forderte die beklagte in der vergangenheit nicht an und diese lagen ihr auch im zusammenhang mit der ausschüttung nicht vor. 6zwischen den parteien entstand streit im zuge der reaktion der beklagten auf die rechtsprechung des bgh zur verlegerbeteiligung bei der vg wort (urteil vom 21.04.2016 – i zr 198/13 – verlegerbeteiligung) sowie eines rechtskräftig gewordenen urteils des kg zur verlegerbeteiligung bei der beklagten (teilurteil vom 14.11.2016 – 24 u 96/14), die jeweils die verteilungspläne insoweit für unwirksam nach § 307 abs. 1 bgb angesehen hatten, weil die ausschüttungsvorschriften zugunsten der verleger mit wesentlichen grundgedanken des damals geltenden § 7 s. 1 urhwg nicht vereinbar seien. das kg führte in seinem urteil ergänzend aus, dass eine berechtigung individualvertraglich vereinbart werden kann. dies nahm die beklagte, handelnd durch ihre satzungsmäßigen organe, zum anlass, grundsätzlich von der unwirksamkeit der verlegerbeteiligung und einer anstehenden rückabwicklung geleisteter zahlungen für die jahre 2012 bis 2016 auszugehen. um eine allumfassende rückabwicklung zu vermeiden, entwickelte die beklagte ein besonderes verfahren, das elektronische bestätigungsverfahren („ebv“), um verlagen die möglichkeit zum nachweis ihrer berechtigung zur beteiligung zu geben. die hauptversammlung der beklagten fasste am 24.05.2017 als tagesordnungspunkt 21 (siehe anlage b4, bl. 91 ff. ga) einen beschluss zur änderung des verteilungsplans sowie einen grundsatzbeschluss zur rückabwicklung von beteiligungen von urhebern und verlegern für die ausschüttungen zwischen dem 01.07.2012 und dem 23.12.2016, soweit eine solche rückabwicklung nach durchführung des „ebv“ notwendig werden sollte (siehe anlage b3, bl. 70 ff. ga, zum grundsatzbeschluss, bl. 86 ff. ga). das verfahren wurde von der beklagten durch mehrere mitgliederschreiben im dezember 2016, sowie februar und märz 2017 bekannt gemacht, und war bis zum 13.01.2018 befristet, sodass bis dahin informationen zur berechtigung der verlagsbeteiligung von den verlagen bei der beklagten für jedes verlegte werk einzureichen waren. nachdem die verlage die informationen zur verfügung stellten, erhielten die beteiligten urheber von der beklagten eine information über die registrierung, wogegen die urheber einspruch einlegen konnten. erfolgte kein widerspruch der urheber sah die beklagte bei vorlage hinreichender nachweise für die verlegerbeteiligung von einer rückabwicklung ab. bei widerspruch erfolgte eine prüfung danach, ob der urheber oder der verlag rechte bei der beklagten eingebracht hatte. nach abschluss des verfahrens wurden weniger als 3% der an musikverlage ausgeschütteten beträge rückabgewickelt. 7die klägerin nahm an diesem elektronischen bestätigungsverfahren nicht teil, was sie der beklagten auch mit schreiben vom 09.05.2019 ausdrücklich mitteilte und die gründe für die nichtteilnahme erläuterte, insbesondere habe es an personal für die bewältigung des bürokratischen aufwandes gefehlt. sie teilte außerdem mit, dass „der weit überwiegende teil unserer verlagsverträge vor 1966 abgeschlossen wurde. in diesen verträgen wurde – was vor 0000 noch möglich war – das urheberrecht insgesamt auf den verlag übertragen. wir sind daher bei diesen werken inhaber der urheberrechte.“ 8die beklagte zahlte an die klägerin im zeitraum vom 01.07.2012 bis zum 31.12.2016 34.719,43 € netto. sie behauptete zunächst unter vorlage ausführlicher ausgedruckter excel-listen und belege, dass davon nur 16.369,78 € brutto auf für die hier streitgegenständliche rückabwicklung beachtliche zahlungen entfielen. der übrige betrag entfiele auf auslandsausschüttungen, die nicht gegenstand der rückabwicklung waren. von den 16.369,78 € entfiele wiederum ein betrag von 15.529,77 € auf urheberrechtliche nutzungsrechte und ein betrag von 840,01 € auf gesetzliche vergütungsansprüche, davon 351,25 € für die private vervielfältigung nach § 54 abs. 1 urhg. mit e-mail vom 14.11.2021 korrigierte die beklagte ihren vortrag dahingehend, dass der betrag für nutzungsrechte nicht 15.529,77 €, sondern nur 13.815,40 € betrug, wobei davon 1.714,37 € zunächst auf einem sperrkonto zurückgehalten worden waren, sodann aber am 01.02.2021 mit rückforderungsansprüchen verrechnet worden seien. 9einen betrag in höhe von 16.369,78 € forderte die beklagte von der klägerin mit schreiben vom 05.12.2018 zurück (anlage zur klageschrift, bl. 17 ga). 10für die zeit ab 2017 ermittelte die beklagte ausschüttungen an die klägerin in höhe von 4.764,24 € und 4.545,80 €. diese beträge verrechnete sie mit der vorprozessual geltend gemachten rückforderung in höhe von 16.369,78 €. 11mit schreiben vom 10.11.2015 (anlage b24, bl. 497 ga) verzichtete die klägerin gegenüber der beklagten im dort konkret genannten umfang auf die einrede der verjährung sowie der entreicherung gegen rückforderungsansprüchen der beklagten aufgrund der problematik der verlagsbeteiligung „bis zur abschließenden klärung der rechtslage“. 12die klägerin erhebt die einrede der verjährung. 13die klägerin bestreitet die höhe der geltend gemachten rückforderung unter hinweis auf die fehlende nachvollziehbarkeit der beklagtenseits vorgelegten unterlagen. 14sie behauptet, für alle von ihr angemeldeten werke berechtigt gewesen zu sein, die verlegerbeteiligungen zu erhalten. sie legt zum nachweis mit den anlagen 4 – 23 diverse verlagsverträge vor. 15die klägerin hält die rechtsprechung des bgh zur verlagsbeteiligung bei der vg wort für nicht anwendbar und das oben zitierte urteil des kg für rechtlich falsch. die ausschüttung der verlagsbeteiligung habe an sie weiterhin ohne änderung zu erfolgen, was u.a. auch aus gewohnheitsrecht folge. eine pflicht zur teilnahme am elektronischen bestätigungsverfahren habe nicht bestanden; dieses verfahren sei unnötig und unsinnig gewesen. der beklagten fehle die aktivlegitimation zur rückforderung, weil es sich bei zu unrecht gezahlten beträgen an die verleger um ansprüche der urheber handele. die beklagte verhalte sich insgesamt widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich. zur verrechnung von ausschüttungen ab dem jahr 2017 sei die beklagte nicht berechtigt gewesen, weshalb diese beträge im wege der wider-widerklage geltend gemacht würden. 16mit schriftsatz vom 02.12.2021 berief sich die klägerin erstmals auf entreicherung. 17die klägerin hat ursprünglich in der klageschrift beantragt, 18festzustellen, dass der beklagten gegen die klägerin kein anspruch in höhe von 16.369,78 € gemäß schreiben der beklagten vom 5.12.2018 (kontoauszug nr. 2018/6) zusteht (im weiteren klageantrag zu 1.). 19mit schriftsatz vom 29.04.2021 beantragte sie ergänzend zum vorgenannten antrag im wege der so von ihr bezeichneten „wider-widerklage“, 20die beklagte zu verurteilen, an die klägerin 4.764,24 und 4.545,80 € nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszins seit 7.4.2021 zu zahlen (im weiteren klageantrag zu 2.). 21die klägerin hat den klageantrag zu 1.) in der mündlichen verhandlung am 04.11.2021 in höhe eines betrags von 9.310,04 € für erledigt erklärt. die beklagte hat sich dieser teilerledigungserklärung angeschlossen. 22die beklagte beantragt im übrigen, 23 klageabweisung und abweisung der „wider-widerklage“. 24widerklagend hat die beklagte und widerklägerin in der klageerwiderung ursprünglich beantragt, 25die widerbeklagte zu verurteilen, an die widerklägerin eur 11.605,54 zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz hieraus seit rechtshängigkeit der widerklage zu bezahlen. 26mit schriftsatz vom 07.04.2021 hat die beklagte die widerklage in höhe von 4.545,80 € für erledigt erklärt. die klägerin hat sich dieser erledigungserklärung nicht angeschlossen. 27sie beantragte zuletzt, 28die widerbeklagte zu verurteilen, an die widerklägerin eur 7.059,74 zu bezahlen, zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz hieraus seit rechtshängigkeit der widerklage sowie aus eur 4.545,80 für die zeit seit rechtshängigkeit der widerklage bis zum 28.02.2021. 29die klägerin beantragt, 30 die widerklage abzuweisen. 31die beklagte ist der ansicht, dass die verteilungspläne mit blick auf die verlagsbeteiligungen in den jahren 2012 bis 2016 unwirksam gem. § 307 abs. 1 bgb waren und demnach ein kondiktionsanspruch nach § 812 bgb bestehe. die klägerin habe es sich selbst zuzurechnen, dass sie der rückforderung ausgesetzt sei, weil sie sich bewusst nicht am elektronischen bestätigungsverfahren beteiligt hatte. die einrede der verjährung greife nicht durch, weil die klägerin hierauf wirksam verzichtet habe und die verjährung sodann durch die zustellung der widerklage gehemmt worden sei. die wider-widerklage sei unzulässig, weil sie lediglich das kontradiktorische gegenteil der widerklage darstelle. 32die beklagte hat durch ihren mitarbeiter dr. x die zunächst in der akte ausgedruckte und unleserlich zerstückelte „excel-liste“ mit den buchhaltungsdaten auf den hinweis der kammer in der mündlichen verhandlung am 04.11.2021 hin per e-mail am 14.11.2021 dem gericht und der klägerin zur verfügung gestellt, um eine datenüberprüfung per computer zu ermöglichen. aus gerichtsorganisatorischen gründen hätte eine einreichung über das bea bei der als papierakte geführten verfahrensakte zum erneuten ausdruck der liste geführt. hierauf hat die klägerin mit schriftsatz vom 02.12.2021 stellung genommen, worauf wiederum die beklagte mit schriftsatz vom 22.12.2021 stellung genommen hat. 33die widerklage ist der klägerin am 18.05.2020 zugestellt worden (siehe bl. 510 ga). 34 | 35die klage ist teilweise unzulässig, im übrigen unbegründet. die zulässige widerklage ist teilweise begründet. 36i. zulässigkeit 371. die klage ist als negative feststellungsklage im noch nicht erledigten umfang zum zeitpunkt des schlusses der mündlichen verhandlung unzulässig. sie wurde mit beginn der mündlichen verhandlung und der nicht mehr einseitigen klagerücknahmemöglichkeit im umfang des widerklageantrags unzulässig, weil dieser die kontradiktorische leistungsklage darstellt. zwar betrifft die widerklage formal nur einen teil des ursprünglich mit der negativen feststellungsklage betroffenen betrags in höhe von 16.369,78 €. jedoch ist grundlage der widerklage dieser gesamte betrag abzüglich verrechneter zahlungen. demnach ergeht bei der entscheidung über die widerklage eine der rechtskraft fähige entscheidung über den gesamten betrag der negativen feststellungsklage inklusive der bereits vorprozessual verrechneten summe. 38die örtliche zuständigkeit ergibt sich aus §§ 12, 17 zpo, weil die klägerin als schuldnerin der forderung ihren gerichtsstand im hiesigen gerichtsbezirk hat. 392. die widerklage ist gem. § 33 zpo zulässig. die parteien streiten um denselben streitgegenstand, sodass die notwendige konnexität gegeben ist. 403. ob die als solche bezeichnete „wider-widerklage“ zulässig ist, bedarf keiner entscheidung, weil der im laufe des verfahrens neu eingeführte klageantrag zu 2.) als klageerweiterung der ursprünglichen klage auszulegen ist. als leistungsklage ist diese klage zulässig. die örtliche zuständigkeit für den klageantrag zu 2.) folgt aus der rügelosen einlassung der beklagten, § 39 zpo. die einwendung der beklagten, dass die „wider-widerklage“ bloß das kontradiktorische gegenteil der widerklageanträge sei, überzeugt nicht. zutreffend verweist die klägerin darauf, dass sie durch die (teil-) abweisung der widerklage keinen zahlungstitel mit blick auf verrechneten beträge erlangt. dies wird durch den klageantrag zu 2.) möglich. 41ii. begründetheit 42aus gründen der übersichtlichkeit wird zunächst die begründetheit der widerklage dargestellt. sodann folgen ausführungen zur klage. 431. widerklage 44die widerklage ist teilweise begründet. 45nach der einseitig gebliebenen teilerledigungserklärung der beklagten sind die widerklageanträge so auszulegen, dass die beklagte zum einen zahlung von 7.059,74 € (widerklageantrag zu 1.) und zum anderen die feststellung der erledigung der widerklage über einen betrag in höhe von 4.545,80 € (widerklageantrag zu 2.) begehrt. 46a) widerklageantrag zu 1. – zahlung 47die beklagte hat einen anspruch gegen die klägerin auf rückzahlung erhaltener zahlungen für die jahre 2012 – 2016 aus §§ 812 abs. 1 s. 1 alt. 1, 818 bgb. dieser rückzahlungsbetrag ist mit 14.655,41 € zu beziffern. abzüglich vorgerichtlich bereits verrechneter 4.764,24 € sowie im laufe des prozesses verrechneter 4.545,80 € (siehe dazu den widerklageantrag zu 2.) und weiterer verrechneter 1.713.37 € von einem sperrkonto verbleibt demnach ein betrag in höhe von 3.631,00 €, den die klägerin an die beklagte zu zahlen verpflichtet ist. 48aa) die klägerin hat in den jahre 2012 – 2016 geldbeträge in höhe von ca. 34.000 € von der beklagten erhalten, wobei durch die überweisungen durch die beklagte konkret die jeweiligen auszahlungsansprüche gegen die bank der klägerin erlangt worden sind. diese ansprüche erlangte die klägerin durch leistung der beklagten, die auf eine vermeintliche vertragliche forderung der beklagten zahlte (vgl. insoweit auch olg münchen, zum 2006, 473, 478; a.a. ventroni, zum 2017, 187, 204). 49allein durch diese leistung ist die beklagte auch aktivlegitimiert für einen anspruch nach § 812 bgb. die diesbezüglichen einwendungen der klägerin, die insoweit vielmehr einen (zahlungs-) anspruch der von einer im zuge der verlegerbeteiligung durch zu geringe ausschüttung betroffenen urheber annehmen wollen, greifen nicht durch. denn bei der rückabwicklung von rechtsgrundlosen leistungen ist auf die unmittelbare leistungsbeziehung abzustellen. davon ist hier auch nicht abzuweichen, weil im konkreten fall kein mehrpersonenverhältnis vorliegt. es ist die beklagte, die als verwertungsgesellschaft auf grundlage ihrer verteilungspläne in verbindung mit den jeweils erforderlichen berechtigungs- oder wahrnehmungsverträgen die von ihr eingezogenen gelder verteilt. sie wird dabei zwar als treuhänderin ihrer mitglieder tätig, jedoch als eigenständige akteurin, nicht etwa als stellvertreterin ihrer mitglieder, insbesondere der urheber. sie macht folglich einen eigenen anspruch, keinen fremden anspruch geltend. der verweis der klägerin auf eine streitbeilegungsvorschrift wegen ausschüttungen zwischen mitgliedern der beklagten im verteilungsplan (§ 10) ist unerheblich, weil diese regelung ersichtlich nur dann sinn macht, wenn die verteilung gemäß verteilungsplan wirksam ist, aber sich die frage stellt, ob das richtige mitglied die ausschüttung erhalten hat. so liegt der fall hier aber nicht, was unten näher ausgeführt wird. es kommt dabei entgegen der wiederholten ausführungen der klägerin auch nicht darauf an, ob betroffene urheber der verlegerbeteiligung der klägerin im einzelfall nicht widersprochen haben und keine diesbezüglichen ansprüche geltend gemacht haben. diese ansicht verkennt, dass grundlage der verteilung durch die beklagte der für alle mitglieder maßgebliche verteilungsplan ist und die beklagte nicht etwa bloße einziehungsstelle oder prozessstandschafterin ihrer mitglieder ist. wie die beklagte nach durchsetzung von rückzahlungsansprüchen die derart eingezogenen gelder wiederum verteilt, ist keine in diesem verfahren zu klärende frage. selbst wenn die beklagte diese zahlungen rechtswidrig verteilen würde, würde sich hieraus keine berechtigung der klägerin zum behalten der erlangten geldbeträge begründen. 50bb) der vorgenannten leistung der beklagten fehlte wegen der unwirksamkeit der verteilungspläne mit blick auf die verlagsbeteiligung hinsichtlich der davon betroffenen zahlungen in höhe von nach klarstellung der beklagten 14.655,41 € der rechtsgrund. rechtsgrund für die überweisungen durch die beklagte war jeweils der berechtigungsvertrag zwischen der beklagten und der klägerin als ihrem mitglied, wobei der hier konkret maßgebliche vertrag (anlage b1) keine konkrete klausel zur höhe der auszahlung enthält, sondern in § 6 auf die verteilungspläne verweist. da die verteilungspläne für die jahre 2012 - 2016 unwirksam nach § 307 abs. 1 bgb sind, ist der rechtsgrund für die leistungen nie vorhanden gewesen. ein anderer rechtsgrund für die zahlung liegt nicht vor. 51(1) von der unwirksamkeit der verteilungspläne geht die kammer angesichts der rechtsprechung des kg (teilurteil vom 14.11.2016 – 24 u 96/14) sowie der rechtsprechung des bgh zur verlegerbeteiligung bei der vg wort (urteil vom 21.04.2016 – i zr 198/13 – verlegerbeteiligung) aus. die kammer schließt sich insoweit trotz der ausführlichen kritik der klägerin (sowie in der literatur: vgl. hierzu auch ventroni, zum 2017, 187; hingegen weitestgehend zustimmend flechsig grur-prax 2017,31) der rechtsansicht der vorgenannten gerichte an. 52das kg führte dabei in einer sachverhaltskonstellation, in der urheber von der hiesigen wie dortigen beklagten die fehlende berechtigung der beklagten festzustellen begehrten, bei der ausschüttung der vergütung für ihre bei musikverlagen verlegten werke einen verlegeranteil von der verteilungssumme abzuziehen, wie folgt aus: 53„17 b) im vorliegenden fall können die kl. von der bekl. aufgrund der mit ihr abgeschlossenen berechtigungsverträge vom 9.8./18.10.1989 (kl. zu 1) und vom 28.10./14.12.1992 (kl. zu 2) verlangen, mit einem anteil an ihren einnahmen beteiligt zu werden, der den erlösen entspricht, die sie durch die auswertung ihrer rechte erzielt hat. die ausschüttung dieses anteils richtet sich nach der satzung und dem verteilungsplan der bekl., die – auch soweit sie künftig geändert werden sollten – nach § 6 a der verträge bestandteil des berechtigungsvertrags sind. nach den §§ 2, 4 nr. 1 der allgemeinen grundsätzen zum verteilungsplan der bekl. für das aufführungs- und senderecht (verteilungsplan a) bzw. §§ 2, 3 nr. 1 der allgemeinen grundsätzen zum verteilungsplan für das mechanische vervielfältigungsrecht (verteilungsplan b) gehört neben dem komponisten, dem textdichter und dem bearbeiter auch der verleger des werks zu den beteiligten bezugsberechtigten, wenn das werk als verlegt gemeldet worden ist und dieser registrierung – wie auch im vorliegenden fall – nicht widersprochen worden ist. in der vergangenheit resultierte daraus eine durchschnittliche beteiligung des verlags ihv 4/12 (aufführungs- und senderecht) bzw. 40 % (mechanisches vervielfältigungs- und verbreitungsrecht). 5418 c) gem. § 307 i 1, ii nr. 1 bgb sind diese bestimmungen des verteilungsplans (§§ 2, 4 nr. 1 der allgemeinen grundsätzen zum verteilungsplan der bekl. für das aufführungs- und senderecht [verteilungsplan a] bzw. §§ 2, 3 nrn. 1 u. 5 der allgemeinen grundsätzen zum verteilungsplan für das mechanische vervielfältigungsrecht [verteilungsplan b] und abschnitt i nr. 2 der ausführungsbestimmungen zum verteilungsplan a bzw. zum verteilungsplan b), die als bestandteil des berechtigungsvertrags allgemeine geschäftsbedingungen darstellen, unwirksam, weil sie mit wesentlichen grundgedanken der gesetzlichen regelung, von der sie abweichen, nicht zu vereinbaren sind. 5519 aa) gem. § 7 s. 1 wahrng af (jetzt § 27 vgg) hat die verwertungsgesellschaft die einnahmen aus ihrer tätigkeit nach festen regeln aufzuteilen, die ein willkürliches vorgehen bei der verteilung ausschließen. diese gesetzliche regelung beruht auf dem wesentlichen grundgedanken, dass die verwertungsgesellschaft als treuhänderin der berechtigten die einnahmen aus ihrer tätigkeit ausschließlich an die berechtigten zu verteilen hat, und zwar in dem verhältnis, in dem dieses einnahmen auf einer verwertung der rechte und geltendmachung von ansprüchen der jeweiligen berechtigten beruhen. mit diesem grundgedanken ist es nach der genannten entscheidung des bgh unvereinbar, nichtberechtigte an diesen einnahmen zu beteiligen (bgh, grur 2016, 596 rn. 30, 51, 62 – verlegeranteil). insbesondere ist eine beteiligung von verlegern an den einnahmen der bekl. nicht allein deshalb zulässig, weil diese mit ihr wahrnehmungsverträge geschlossen oder ihr werke gemeldet haben. eine beteiligung von verlegern setzt vielmehr voraus, dass die einnahmen der bekl. auf der wahrnehmung originärer oder von den musik- und textautoren abgeleiteter rechte oder ansprüche dieser verleger beruhen (vgl. bgh, grur 2016, 596 rn. 33 – verlegeranteil). der grundgedanke willkürfreier verteilung kommt allein bei einer verteilung der einnahmen an berechtigte zum tragen. eine ausschüttung der durch die treuhänderische wahrnehmung von rechten und ansprüchen der berechtigten erzielten einnahmen an nichtberechtigte kann nicht mit der erwägung gerechtfertigt werden, das sei materiell leistungsgerecht, weil die betreffenden nichtberechtigten schützenswerte leistungen erbracht hätten. verleger dürfen darum nach dem genannten urteil des bgh (grur 2016, 596 rn. 36 – verlegerantei) nicht allein deshalb an den einnahmen der verwertungsgesellschaft beteiligt werden, weil ihre verlegerische leistung eine voraussetzung für vergütungspflichtige nutzungen der verlegten werke schafft. es ist – so der bgh in dem die vg wort betreffenden verfahren – allein sache des gesetzgebers zu entscheiden, ob und inwieweit die verlegerische leistung urheberrechtlichen schutz genießt und ihre nutzung gesetzliche vergütungsansprüche begründet. nach geltender gesetzeslage stehen den verlegern nach dem urheberrechtsgesetz keine eigenen rechte oder ansprüche zu, die von einer verwertungsgesellschaft wahrgenommen werden könnten. verleger sind – von presseverlegern abgesehen – nicht inhaber eines urheberrechtlichen leistungsschutzrechts. 5620 bb) nach diesen grundsätzen, denen der senat folgt, ist die bekl. nicht berechtigt, den auf verlegte werke der kl. entfallenden anteil an den erlösen der kl. unter abzug eines nach festen quoten berechneten verlegeranteils von der verteilungsmasse zu berechnen. denn die verleger der von den kl. geschaffenen werke, die s-gmbh und die d-gmbh, die dem rechtsstreit als streithelferinnen zu 1 und 2 auf seiten der bekl. beigetreten sind, haben der bekl. keine rechte zur wahrnehmung übertragen, die eine beteiligung am vergütungsaufkommen rechtfertigen könnten. 57[…] 5823 d) es kann nach alledem dahinstehen, ob der verteilung von erlösen aus der verwertungsgesellschaftspflichtigen einziehung der bibliothekstantieme (§ 27 urhg) und der gerätevergütung (§ 54 urhg) – auch insoweit sind die gesetzlichen vergütungsansprüche durch die von den kl. abgeschlossenen berechtigungsverträge der bekl. zur wahrnehmung übertragen worden – an die verlage darüber hinaus regelungen des europäischen gemeinschaftsrechts (insbesondere art. 5 ii, iii rl 2001/29/eg und art. 3 i, vi abs. 1 rl 2006/115/eg – vgl. dazu bgh, grur 2016, 596 rn. 42-63 – verlegeranteil) entgegenstehen. denn die fehlende berechtigung der streithelferinnen der bekl. ergibt sich schon aus der unwirksamkeit der sie begünstigenden bestimmungen des verteilungsplans. insoweit besteht auch kein grund, zwischen den erlösen aus der verwertung urheberrechtlichen nutzungsrechte und aus der einziehung gesetzlicher vergütungsansprüche zu unterscheiden. maßgeblich bleibt nach der rechtsprechung des bgh in beiden fällen, dass es der bekl. als treuhänderin nicht gestattet ist, nichtberechtigte an dem vergütungsaufkommen zu beteiligen und dass regelungen des verteilungsplans, die feste quoten für die verlegerbeteiligung unabhängig davon vorsehen, ob und inwieweit die einnahmen der verwertungsgesellschaft auf der wahrnehmung von rechten oder ansprüchen beruhen, die ihr von verlegern eingeräumt oder übertragen worden sind, gegen das willkürverbot des § 7 wahrng af (jetzt § 27 vgg) verstoßen und damit einer agb-rechtlichen inhaltskontrolle nicht standhalten. dabei ist der beitrag der musikverleger zum vergütungsaufkommen der bekl. wesentlich vermittelter und weniger fassbar als dies bei der wahrnehmung der gesetzlichen vergütungsansprüche durch die vg wort der fall ist. denn während es offenkundig ist, dass printmedien ohne den beitrag der verlegerischen leistung nicht in nennenswertem umfang kopiert oder verliehen werden können, diese also erst die voraussetzung für die vergütungspflichtige nutzung der verlegten werke schafft, steht die quotale verlegerbeteiligung im bereich der bekl. nicht in einem konkret quantifizierbaren zusammenhang mit dem umfang der promotionstätigkeit der musikverlage. die pauschale verlegerbeteiligung bleibt vielmehr unverändert, auch wenn die attraktivität des verlegten musikwerks für die nutzer und das sich daraus generierende vergütungsaufkommen maßgeblich aus anderen quellen als der verlegerischen förderung gespeist wird. 5924 e) die in den verteilungsplänen der bekl. vorgesehene verlegerbeteiligung kann – entgegen der auffassung der bekl. – auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass eine abtretung von künftigen ausschüttungsansprüchen in den verlagsverträgen zwischen komponisten und textdichtern auf der einen und musikverlegern auf der anderen seite standardisiert vereinbart sei und der verteilungsplan insoweit lediglich die in den verlagsverträgen wirksam vereinbarten abtretungen von künftigen ausschüttungsansprüchen in einheitlicher weise umsetze. entsprechendes gilt für die unterstellung einer zahlungsanweisung (§§ 362 ii, 185 bgb) in einer bestimmten höhe. 6025 aa) zwar kann der urheber dem verleger nach der rechtsprechung des bgh im grundsatz nicht nur seine gesetzlichen vergütungsansprüche und urheberrechtlichen nutzungsrechte, sondern auch seine ansprüche gegen die verwertungsgesellschaft auf herausgabe des erlöses aus der durchsetzung dieser vergütungsansprüche bzw. aus der wahrnehmung dieser nutzungsrechte wirksam abtreten (vgl. bgh, grur 2016, 596 rn. 81 – verlegeranteil; bgh, grur 1964, 326 rn. 93 – subverleger). der wortlaut der berechtigungsverträge, die die kl. zu 1 und 2 mit der bekl. – wie zahlreiche urheber auch – geschlossen haben, bietet für die annahme einer solchen vorausabtretung keinen anhaltspunkt; vielmehr sollen nach dessen § 4 ansprüche des berechtigten gegen die h nur nach (gesonderter) vereinbarung abtretbar sein. eine abtretungsanzeige, die der berechtigte bei der ausschüttung des zur verteilung anstehenden erlöses gegen sich gelten lassen müsste (§ 409 i 1 bgb), kann auch nicht in der anmeldung der werke als verlegt gesehen werden. denn die im verteilungsplan bestimmten festen quoten nehmen auf die zwischen urhebern und verlegern getroffenen vereinbarungen keine rücksicht. der den zugrundeliegenden regelungen des verteilungsplans nunmehr von der bekl. beigemessene rechtsgeschäftliche erklärungswert, auf dessen bedeutungsgehalt im verteilungsplan und in dessen ausführungsbestimmungen nicht hingewiesen wird, läuft deshalb auf die fiktion einer willenserklärung hinaus, die in allgemeinen geschäftsbedingungen nicht wirksam vereinbart werden kann (§ 308 nr. 5 bgb). es kann auch nicht zum zwecke der verwaltungsvereinfachung und im interesse einer praktikablen und kostengünstigen erlösausschüttung unterstellt werden, dass die verteilungsquoten sich im regelfall mit einer vereinbarung im innenverhältnis zwischen urhebern und verlegern decken, so dass abweichende vertragsgestaltungen einer nachgelagerten refundierung überlassen werden könnten. schuldrechtliche absprachen können nicht in einem derart weitreichenden umfang als gleichförmig getroffen unterstellt werden. schon die hier eingereichten differierenden verträge zwischen den kl. mit den beiden streitverkündeten machen deutlich, dass eine einheitliche vertragspraxis nicht besteht. auch die (zum teil ausdrücklich) dynamische verweisung auf den jeweiligen verteilungsplan in den verbreiteten vertragsmustern macht schon für sich genommen deutlich, dass eine abtretung oder zahlungsanweisung in einer bestimmten höhe als typischerweise vereinbart oder erklärt gerade nicht unterstellt werden kann. 6126 bb) vielmehr bleibt es eine im einzelfall zu prüfende frage, ob die nach den vom bgh aufgestellten grundsätzen berechtigten ihre ansprüche individualvertraglich durch abtretungsvertrag (§ 398 bgb) an die verleger wirksam abgetreten haben oder ob zumindest eine anweisung zur auszahlung an diese als dritte wirksam erteilt worden ist.“ 62diese ausführungen gelten auch im verhältnis der parteien zueinander. die maßgeblichen passagen der verteilungspläne, die vertragsbestandteil geworden sind und die grundlage der zahlungen der beklagten an die klägerin waren, sind demnach gem. § 307 abs. 1 s. 1 und abs. 2 nr. 1 bgb unwirksam. sie verstoßen wegen der pauschalität der gewährung eines verlegeranteils unabhängig von der tatsächlichen einbringung von rechten zur wahrnehmung durch die beklagte gegen den grundgedanken des § 7 s. 1 wahrng af (jetzt § 27 vgg). sie können folglich nicht als rechtsgrund für die leistungen der beklagten an die klägerin herangezogen werden. 63die angriffe der klägerin gegen dieses urteil überzeugen nicht. die klägerin erkennt richtig, dass das oben zitierte urteil des kg nur wirkung inter partes der dortigen parteien entfaltet. die ausführungen des kg betreffen jedoch nicht nur eine vertragsklausel, die nur eine individualvertragliche regelung zwischen den dortigen parteien darstellten, sondern den für alle leistungsbezieher der beklagten maßgeblichen verteilungsplan. diese ausführungen des kg überzeugen auch, sodass in hiesigem verfahren dieselbe rechtsfolge der unwirksamkeit der maßgeblichen stellen des verteilungsplans festzustellen ist. dabei ergibt sich aus den feststellungen des kg, dass es jedenfalls fälle gibt, in denen der verteilungsplan zu unrecht die verlegerbeteiligung gewährte, obwohl u.a. die urheber wegen des prioritätsgrundsatzes schon alle – auch zukünftige – rechte der beklagten zur wahrnehmung übertragen hatten und sie mit einem nachfolgenden verlagsvertrag keine diesbezüglichen rechte mehr an die verlage einräumen konnten, die die verlage dann bei der beklagten zur wahrnehmung einbrachten. ob dies im verhältnis der parteien zueinander nicht der fall ist, bedarf keiner aufklärung, weil der verteilungsplan der beklagten angesichts seiner universellen bedeutung nicht gegenüber einzelnen mitgliedern bestand haben und anderen mitgliedern gegenüber unwirksam sein kann. die vorlage von verlagsverträgen durch die klägerin in diesem verfahren ändert hieran nichts, zumal diese nur eine auswahl des repertoires betrifft. es ist keinesfalls möglich die maßgeblichen stellen des verteilungsplans nur gegenüber der klägerin weiterhin anzuwenden, weil damit eine ungerechtfertigte ungleichbehandlung der mitglieder der beklagten verbunden wäre. 64(2) insofern ist auch die grundlegende entscheidung der beklagten im beschluss der hauptversammlung der beklagten am 24.05.2017 zur rückabwicklung von beteiligungen von urhebern und verlegern für die ausschüttungen zwischen dem 01.07.2012 und dem 23.12.2016, soweit eine solche rückabwicklung nach durchführung des „ebv“ notwendig werden sollte (siehe anlage b3, bl. 86 ff. ga, sowie anlage b4) nicht zu beanstanden. es war für die beklagte absehbar, dass ihr andernfalls eine vielzahl von prozessen von urhebern drohen würden, in welchen die rechtsprechung des kg bestätigt werden würde. die kritik der klägerin an diesem vorgehen ist dabei rechtlich unerheblich. sie verkennt, dass mangels wirksamer klauseln zur verlegerbeteiligung im verteilungsplan zu keiner zeit eine rechtsgrundlage für die entsprechenden zahlungen bestanden hat. soweit die klägerin also eine unzulässige rückwirkung einwendet, ist dies rechtsirrig. 65das „ebv“ der beklagten stellte ein geordnetes verfahren zur nachträglichen schaffung eines rechtsgrundes dar. da die klägerin sich hieran unstreitig nicht beteiligt hat, ließ sie die gelegenheit, einen rechtsgrund zu schaffen, ungenutzt. hierfür ist nur sie selbst verantwortlich. es bestand zwar keine pflicht der klägerin zur teilnahme, die negativen folgen der nichtteilnahme – hier die perpetuierung des fehlenden rechtsgrundes der gezahlten verlegerbeteiligungen – hat die klägerin jedoch wie bei einer obliegenheitsverletzung hinzunehmen. 66(3) der einwand der klägerin, eine agb-kontrolle der klauseln zur pauschalen verlegerbeteiligung in den für die streitgegenständlichen jahren anwendbaren verteilungsplänen müsse vorliegend ausscheiden, weil es sich um eine preisvereinbarung handele (vgl. hierzu auch ventroni, zum 2017, 187, 190 m.w.n. zum streitstand), überzeugt nicht. bei den regelungen des berechtigungsvertrags handelt es sich nach ständiger rechtsprechung des bgh um allgemeine geschäftsbedingungen. der verteilungsplan ist bestandteil des berechtigungsvertrags (§ 6 lit. a des berechtigungsvertrags). die bestimmungen des verteilungsplans einschließlich seiner ausführungsbestimmungen sind daher gleichfalls allgemeine geschäftsbedingungen (bgh grur 2016, 606 rn. 17 – allgemeine marktnachfrage; grur 2013, 375, rn. 13 – missbrauch des verteilungsplans, m.w.n.; von ungern-sternberg, grur 2020, 923, 932ff.). zu beachten ist, dass die hier maßgeblichen klauseln nicht im sinne einer materiellen verteilungsregel die konkrete höhe eines entgelts zwischen den parteien betreffen und folglich keine preisvereinbarung im engeren sinne darstellen. insbesondere geht es vorliegend nicht um eine nicht über die agb-kontrolle gerechtfertigte preiskontrolle. die klauseln stellen vielmehr die konkretisierung von nach § 7 s. 1 wahrng af bzw. § 27 vgg gesetzlich gebotenen regeln zur verteilung der einnahmen der beklagten an die wahrnehmungsberechtigten dar. diese klauseln unterfallen demnach der klauselkontrolle gem. § 307 abs. 3 s. 1 bgb. sie stellen eine ergänzende regelung zu den o.g. rechtsvorschriften dar. hinzu kommt, dass vorliegend bei der verlegerbeteiligung im verhältnis der parteien zueinander nicht von einem entgelt ausgegangen werden kann. die beklagte ist nicht nutzer von werken für die sie ein „lizenzentgelt“ zu entrichten hätte. die beklagte zieht vielmehr bei den nutzern von urheberrechtlich geschützten werken zahlungen ein und verteilt diese dann an die urheber bzw. verlage. diese ausschüttungen sind demnach weder rechtlich noch tatsächlich ein von der beklagten zu zahlendes entgelt für eine überlassung von rechten ihrer mitglieder. ob hierin ein entgelt der urheber an die verlage für die verlagstätigkeit zu sehen ist, bedarf an dieser stelle keiner entscheidung, weil die beklagte keine ansprüche der urheber, sondern eigene ansprüche durchsetzt. 67(4) ein anderer rechtsgrund für die leistung ist nicht ersichtlich. eine vertragliche grundlage liegt mangels anderer vertraglicher vergütungsklauseln im berechtigungsvertrag der beklagten mit der klägerin nicht vor. die satzung der beklagten enthält entgegen des vorbringens der klägerin ebenfalls keine grundlage für die hier konkret zu beurteilende zahlung. die klägerin vermag insoweit schon keine konkrete regelung der satzung vorzutragen, aus welcher sich die konkrete höhe der ausschüttung der verlegerbeteiligung ergeben soll. dabei verkennt die kammer auch nicht, dass die beklagte für die bemessung der erlösanteile der einzelnen berechtigten ein leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 bgb für einen anspruch der klägerin gegen die beklagte aus dem berechtigungsvertrag i.v.m. §§ 675, 667 bgb zusteht (bgh grur 2005, 757, 759 – pro-verfahren). insoweit sind die verteilungspläne nur ein teil der leistungsbestimmung im geordneten verfahren, nicht leistungsbestimmung selbst (vgl. von ungern-sternberg, grur 2020, 923, 934). die leistungsbestimmung für den streitgegenständlichen zeitraum ist durch abrechnung und ausschüttung der beklagten gegenüber der klägerin zunächst erfolgt. nach wegfall der unwirksamen passagen im verteilungsplan fiel sodann aber auch die leistungsbestimmung weg. eine neue leistungsbestimmung nach den grundsätzen von § 315 bgb, d.h. nach billigem ermessen, und von § § 7 s. 1 wahrng af bzw. § 27 vgg, d.h. willkürfrei, war geboten. um diese vorzunehmen benötigte die beklagte die mitwirkung der verlage, die sie im rahmen des „ebv“ einforderte. mangels teilnahme der klägerin an diesem „ebv“ war die beklagte aber gehindert eine neue leistungsbestimmung vorzunehmen. jede leistungsbestimmung ohne mitwirkung der klägerin wäre wiederum nicht nach billigem ermessen und nicht willkürfrei gegenüber den übrigen mitgliedern und ausschüttungsberechtigten der beklagten gewesen. 68auch der verweis der klägerin auf die verlagsverträge zwischen ihr und ihren autoren ist nicht geeignet als rechtsgrund der zahlung zu dienen, weil hierdurch die beklagte nicht vertraglich gebunden ist. wie oben dargestellt ist die beklagte nicht stellvertreter oder abrechnungsstelle der urheber, sondern eigenständig als treuhänderin tätig. auch ein anerkenntnis durch zahlung der beklagten ist nicht anzunehmen, weil die beklagte durch die bloße ausschüttung nicht die unwirksamen stellen des verteilungsplans faktisch heilen konnte und dies offenbar auch nicht wollte. 69(5) ein rechtsgrund kann auch nicht im gewohnheitsrecht erkannt werden. für den bereich der gesetzlichen vergütungsansprüche hatte der bgh bereits ausgeführt, dass etwaig bestehendes gewohnheitsrecht wegen entgegenstehender gesetzlicher normen außer kraft gesetzt worden wäre (grur 2016, 596, rn. 84 ff. – verlegeranteil). diese wertung kann auch auf hiesigen fall übertragen werden. doch auch mit blick auf die hier zum großteil maßgeblichen ausschüttungen auf nutzungsrechte kann die kammer auf grundlage des hierfür maßgeblichen klägervortrags kein gewohnheitsrecht erkennen. die entstehung von gewohnheitsrecht erfordert eine dauernde und ständige, gleichmäßige und allgemeine tatsächliche übung, die von den beteiligten als verbindliche rechtsnorm anerkannt wird. notwendig ist mithin die überzeugung der beteiligten verkehrskreise, durch die einhaltung der übung bestehendes recht zu befolgen (bgh grur 2016, 596, rn. 85 – verlegeranteil). insoweit ist die klägerin, weil dieser umstand für sie vorteilhaft ist, darlegungs- und beweisbelastet. über pauschale ausführungen zur langjährigen praxis der verlegerbeteiligung hinaus ist aber nicht zu erkennen, dass alle beteiligten, insbesondere urheber, die verlegerbeteiligung auch ohne regelung im verteilungsplan als verbindliches recht ansahen. die bloße duldung entsprechender ausschüttungen genügt hierfür nach ansicht der kammer nicht. hinzu kommt, dass auch ein etwaiges dahingehendes gewohnheitsrecht nicht den gesetzlichen wertungen in § 7 s. 1 wahrng af (jetzt § 27 vgg) widersprechen darf, da insoweit dem formellen gesetz vorrang einzuräumen ist. dann aber wiederholen sich auch an dieser stelle die obigen ausführungen im zusammenhang mit der agb-kontrolle nach § 307 bgb. 70(6) dieses ergebnis, wonach die klägerin trotz zur wahrnehmung übertragener rechte ganz ohne gegenleistung verbleibt und sozusagen „leer ausgeht“, ist auch im einzelfall nicht unbillig. denn die klägerin hätte am „ebv“ teilnehmen und dadurch nachträglich ihre legitimation nachweisen können. dies hat laut unbestrittenem vortrag der beklagten auch eine vielzahl der musikverlage getan, weshalb nur ein geringer prozentsatz der verlegerbeteiligungen rückabgewickelt werden mussten. die einwände der klägerin, dass sie es nicht eingesehen habe, den aufwand des „ebv“ zu erfüllen, führen nicht dazu, dass der klägerin – etwa aus billigkeitserwägungen – ausgeschüttete beteiligungen verbleiben müssen. denn nach dem gesamteindruck des schriftlichen vortrags der klägerin nahm diese gegenüber dem „ebv“, das von der mitgliederversammlung der beklagten beschlossen worden ist, von anfang an eine ablehnende haltung ein. eine eingehende auseinandersetzung mit den erforderlichen angaben in diesem nachweisverfahren erfolgte offenbar nicht. im rahmen dieses gerichtsverfahrens war es der klägerin insoweit möglich eine gewisse zahl von verlagsverträgen vorzulegen. warum im rahmen des „ebv“ der aufwand angeblich unzumutbar hoch gewesen sein soll, ist nicht ersichtlich. jedenfalls aber hat die klägerin durch ihre grundsätzlich ablehnende haltung derart gegen die sorgfalt in eigenen angelegenheiten verstoßen, dass es vorliegend angemessen erscheint, dass sie für den streitgegenständlichen zeitraum keinerlei ausschüttungen erhält bzw. behalten darf. nichts anderes gilt auch bei beachtung des klägervortrags, dass die klägerin durch rechtsübertragungen in jahren bis zum 31.12.1965 urheber von werken geworden ist. ein etwaiger anspruch nach § 32 urhg auf angemessene vergütung für diese werke besteht angesichts § 132 abs. 1 s. 1 urhg nicht. 71cc) die klägerin ist folglich zur herausgabe der bereicherung, konkret zum wertersatz der nach banküberweisung erlangten auszahlungsansprüche, verpflichtet (§ 818 abs. 1, 2 bgb). 72bei der berechnung ist angesichts der zwischenzeitlichen verrechnungen sowie der prozessualen lage nach einseitig gebliebenen erledigungserklärungen wie folgt vorzugehen: 73rechtsgrundlose ausschüttungen auf nutzungsrechte 13.815,40 € 74rechtsgrundlose ausschüttungen auf ges. vergütungsansprüche 840,01 € 75zwischensumme 14.655,41 € 76abzüglich verrechnung vor widerklageerhebung 4.764,24 € 77abzüglich verrechnung zum 28.02.2021 (siehe bl. 586 ga) 4.545,80 € 78abzüglich verrechnung sperrkonto (siehe bl. 713a ga) 1.714,37 € 79verbleibende bereicherung 3.631,00 € 80der betrag der rechtsgrundlosen ausschüttungen auf nutzungsrechte in höhe von 13.815,40 € ergibt sich zur überzeugung der kammer aus der vorgelegten excel-tabelle, die insoweit 1214 buchungssätze enthält zu werken, die die klägerin verlegt. dabei ist der tabelle zu entnehmen, dass alle buchungssätze in der maßgeblichen zeit vom 01.07.2012 bis zum 23.12.2016 erfolgt sind, konkret betreffen die ältesten buchungen das datum „2012 07 01“ und die jüngsten buchungen das datum „2016 11 01“. in jedem fall ist die klägerin als hauptkontoinhaberin mit der rolle „4“ angegeben, was sich ausweislich des schlüssels in anlage b19, bl. 473 ga, als verleger auflösen lässt. in manchen fällen ist kein urheber angegeben, sodass dort ebenfalls die klägerin als urheberin erfasst ist. diese einträge betrafen beträge, die zunächst auf ein sperrkonto gebucht worden sind und sodann an die klägerin ausgeschüttet worden sind. anhand dieser informationen erscheinen die buchungen für die kammer ausreichend nachvollziehbar. die stellungnahme der klägerin vermag insoweit den gesamtbetrag nicht in zweifel zu ziehen. soweit sie hier wiederum ihre berechtigung für die urheber bülow und hengstler und ihre urhebereigenschaft für den urheber max seiffert vorträgt, geht dies nach den obigen ausführungen ins leere. diese angaben hätten im „ebv“ gemacht werden können. die kritik an zeile 228 der excel tabelle, dort das werk „verloren“ betreffend den urheber brozat, ändert auch nichts. zum einen betrifft dies nur eine einzige von 1214 buchungen mit einem ausschüttungswert zugunsten der klägerin von 0,37 €. zum anderen bleibt der vortrag zur angeblich nicht vereinnahmten ausschüttung substanzlos, weil nur auf das fehlen des verlagsvertrags verwiesen wird. der beklagten lagen bei der pauschalen ausschüttung nach verteilungsplan unstreitig keine verlagsverträge vor, sodass insoweit eine ausschüttung ggf. materiell zu unrecht erfolgt sein könnte. der klägerin hätte es aber oblegen anhand ihrer unterlagen nachzuvollziehen, ob sie die 0,37 € am 01.01.2014 erhalten hat oder nicht. 81der betrag der rechtsgrundlosen ausschüttungen auf gesetzliche vergütungsansprüche in höhe von 840,01 € ergibt sich zur überzeugung der kammer aus den anlagen b26 – b29 (bl. 592 – 643 ga). diesen abrechnungen ist die klägerin nicht ausreichend qualifiziert entgegen getreten. 82vor diesem hintergrund war die verrechnung vor widerklageerhebung mit einem betrag in höhe von 4.764,24 € berechtigt. dasselbe gilt für die verrechnung zum 28.02.2021 in höhe von 4.545,80 € (betrifft widerklageantrag zu 2.). die verrechnung von 1.714,37 € vom sperrkonto kommt der klägerin zugute und vermindert die widerklageforderung, ohne dass dazu eine prozessuale erklärung erfolgt wäre und mithin ein teilunterliegen der beklagten vorliegt. 83der einwand der entreicherung nach § 818 abs. 3 bgb ist als verspätet nach § 296a zpo unbeachtlich. dieser wurde erstmals nach dem schluss der mündlichen verhandlung am 04.11.2021 im schriftsatz vom 02.12.2021 erklärt, obwohl dieser schriftsatz insoweit nicht nachgelassen war (der nachlass betraf nur die inhalte der excel-tabelle, siehe protokoll der sitzung vom 04.11.2021, bl. 708r). angesichts des umstands, dass die beklagte ihre widerklage von beginn an auf § 812 bgb stützte, hätte die klägerin den einwand jedenfalls vor schluss der mündlichen verhandlung erheben können. die wiedereröffnung der mündlichen verhandlung war wegen dieses vortrags nicht geboten. hinzu kommt, dass die klägerin mit erklärung vom 10.11.2015 gegenüber der beklagten auf „die einrede der entreicherung nach § 818 abs. 3 bgb“ verzichtete (anlage b24, bl. 497). 84dd) entgegen der ausführungen der klägerin ist der verhalten der beklagten nicht rechtsmissbräuchlich. allein der umstand, dass die beklagte sich beim oben mehrfach zitierten verfahren beim kg gegen die klage verteidigt hat und die verlegerbeteiligung im verteilungsplan für rechtmäßig hielt, führt nicht dazu, dass sie sich nunmehr nach anerkennung der rechtlichen ausführungen des rechtskräftigen urteils sowie entsprechender willensbildung zum „ebv“ und zur etwaigen rückabwicklung durch die zuständigen organe der beklagten nicht auf die neue rechtsansicht berufen darf. anderenfalls würde sich die als rechtswidrig erkannte ausschüttungspraxis zwangsläufig verfestigen, was gerade nicht folge des kg-urteils sein soll. 85ee) die einrede der verjährung der klägerin gegen die widerklageforderung hat keinen erfolg. mit erklärung vom 10.11.2015 (bl. 497 ga) hat die klägerin für die hier streitgegenständliche forderung seit juli 2012 sowie für zukünftige ausschüttungen auf die einrede der verjährung verzichtet und zwar „bis zur abschließenden klärung der rechtslage“. wann diese abschließende klärung der rechtslage eingetreten ist, bedarf der auslegung nach § 133, 157 bgb. nach der argumentation der klägerin ist diese rechtslage bis heute nicht geklärt, was sich in der massiven kritik des urteils des kg niederschlägt. dann wäre der verjährungsverzicht jedenfalls bis zur widerklagezustellung anwendbar. nach dem aber maßgeblichen objektivierten empfängerhorizont und unter beachtung der formularvertraglichen vereinbarung ist damit der zeitpunkt der rechtskraft des zuvor zitierten urteils des kg zu verstehen. der beschluss des bgh, mit der die nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen worden ist, datiert auf den 18.10.2017. 86die widerklage ist der klägerin zu händen ihres prozessbevollmächtigten (und geschäftsführers) ausweislich ihres schriftsatzes vom 29.06.2020 am 18.05.2020 zugegangen (bl. 510 ga). die verjährung des rückforderungsanspruchs ist demnach rechtzeitig durch widerklage gehemmt geworden nach § 204 abs. 1 nr. 1 bgb. dabei kann im ergebnis offenbleiben, wann die gem. § 195 bgb dreijährige verjährungsfrist begonnen hat. selbst wenn man dieses datum auf den 18.10.2017 festlegen wollte, weil zu diesem zeitpunkt „die abschließende klärung der rechtslage“ eingetreten ist, erfolgte die verjährungshemmung innerhalb der drei jahre. 87der verjährungsverzicht hält auch einer agb-kontrolle stand. eine unangemessene benachteiligung der klägerin nach § 307 abs. 1, abs. 2 bgb liegt nicht vor. es handelt sich in ansehung der bahnbrechenden rechtsprechung von bgh (betreffend die vg wort) und des kg um eine ausgewogene regelung, die die klägerin im übrigen nicht unterzeichnen musste. dann hätte sie aber schon früher mit einer rückforderung rechnen müssen. durch den verjährungsverzicht hat die beklagte den verlagen zudem die möglichkeit gegeben, sich am „ebv“ zu beteiligen und damit eine rückforderung zu vermeiden. dass die klägerin diese möglichkeit nicht wahrgenommen hat, ist von ihr wie oben ausführlich beschrieben selbst zu vertreten. 88die klausel ist auch nicht intransparent. die verwendung der unbestimmten zeitlichen formulierung „bis zur abschließenden klärung der rechtslage“ war angesichts der laufenden nichtzulassungsbeschwerde nach dem urteil des kg auch für die verlage ausreichend verständlich, wobei vorliegend zu beachten ist, dass der geschäftsführer der klägerin (und zugleich ihr prozessbevollmächtigter) rechtsanwalt ist. 89ff) der zinsanspruch folgt aus §§ 288 abs. 1, 291 bgb. 90b) antrag zu 2. 91nach den obigen ausführungen ist auch der widerklageantrag zu 2.) auf feststellung der erledigung der widerklage in höhe der verrechnung zum 28.02.2021 in höhe von 4.545,80 € begründet. 922. klage 93wegen der unzulässigkeit des klageantrages zu 1.) bedarf es nur ausführungen zum klageantrag zu 2.). nach den obigen ausführungen ist dieser klageantrag unbegründet. 94iii. prozessuale nebenentscheidungen 95die kostenentscheidung folgt für den nicht übereinstimmend erledigten teil aus § 92 abs. 1 zpo. dabei war davon auszugehen, dass die klage und die widerklage wirtschaftlich identisch sind und demnach keine streitwerterhöhung anzunehmen ist. die beklagte hat insoweit mit blick auf die zugesprochene widerklageforderung sowie die vorgerichtliche verrechnung und die verrechnung im prozess, die gegenstand des widerklageantrags zu 2.) war, obsiegt, war jedoch mit blick auf den eingeräumten rechenfehler bei der berechnung der rückabwicklungsforderung und den nach auflösung des sperrkontos verrechneten betrags unterlegen, sodass die quote mit folgenden beträgen zu berechnen war: 12.941,04 € ./. 16.369,78 €. angesichts der wirtschaftlichen identität hat die übereinstimmende teilerledigungserklärung (§ 91a zpo) mit blick auf die klage keine auswirkung auf die kostenentscheidung. 96der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 nr. 11, 709 s. 2 zpo. 97iv. die korrespondenz der parteien nach der mündlichen verhandlung hat die kammer bei abfassung des urteils berücksichtigt. die wiedereröffnung der mündlichen verhandlung war nicht geboten. 98v. der streitwert wird auf 16.369,78 eur festgesetzt. | Verklagte*r | 0 |
173,103 | 7a K 867/14. | 2014-07-30T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Februar 2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Gerichtskosten werden nicht erhoben. 1Tatbestand: 2Der 19** geborene Kläger meldete sich am 00.00.0000 in E. als Asylbewerber und gab an, in Algerien geboren zu sein. Er sei zunächst in Spanien, dann in Frankreich und Belgien gewesen, bevor er nach Deutschland gereist sei. Am gleichen Tag ergab eine Anfrage des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ‑ Bundesamt ‑ bei der Visa-Datenbank, dass dem Kläger am 00.00.0000 in Algerien von der italienischen Botschaft ein Schengen-Visum mit Gültigkeit vom 3. bis 00.00.0000 erteilt worden war. 3Am 00.00.0000 übersandte das Bundesamt dem Innenministerium Italiens ein Übernahmegesuch, das bisher nicht beantwortet wurde. 4Mit Bescheid vom 00.00.0000 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Der Bescheid wurde dem Kläger am 00.00.0000 zugestellt. 5Am 00.00.0000 hat der Kläger Klage erhoben und gleichzeitig um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Er beruft sich darauf, dass in Italien eine menschenwürdige Durchführung des Asylverfahrens derzeit nicht gewährleistet sei. 6Der Kläger beantragt, 71. den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Februar 2014 aufzuheben, 82. die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, 93. die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungshindernisse gem. § 60 Abs. 2 ‑ 7 AufenthG vorliegen. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Sie hält systemische Mängel im Flüchtlingsaufnahmeverfahren in Italien für nicht gegeben. 13Mit Beschluss vom 17. März 2014 hat die Kammer die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung nach Italien angeordnet (7a L 284/14.A). 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte, einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte Heft 1). 15Entscheidungsgründe: 16Die Klage, über die im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO -), ist mit dem Antrag zu 1. als Anfechtungsklage zulässig, im Übrigen ist sie unzulässig. 17Gegen die mit dem Bescheid allein getroffene Entscheidung nach §§ 27a, 34a des Asylverfahrensgesetzes ‑ AsylVfG ‑ ist die Anfechtungsklage zulässig, weil die isolierte Aufhebung der Entscheidungen zu Ziff. 1. und 2. des Bescheides zur gesetzlichen Verpflichtung des Bundesamtes führt, das Asylverfahren durchzuführen (vgl. §§ 31, 24 AsylVfG). Mit der Aufhebung des Bescheides vom 11. Februar 2014 ist das Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylgesuchs beseitigt. 18So auch: VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Februar 2014 ‑ 25 K 8830/13.A -, InfAuslR 2014, 159 ff; im Ergebnis auch: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 ‑ A 11 S 1721/13 -, juris Rdnr. 18. 19Neben diesem Anfechtungsbegehren sind die weitergehenden Anträge mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Das Bundesamt hat bisher keine Sachentscheidung getroffen. Dem Kläger ginge eine Tatsacheninstanz mit umfassenden Verfahrensgarantien verloren, wenn das Gericht durch entscheiden würde, obgleich das Bundesamt bisher nur mit der vorrangigen Frage der Zuständigkeit des Mitgliedstaates befasst war. 20Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014, a.a.O.; VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Februar 2014, a.a.O.. 21Die Klage ist mit dem Antrag zu 1. auch begründet. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Februar 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte von ihrem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines vom einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrages zuständig ist, ‑ Dublin-II-VO ‑ Gebrauch macht und seinen Asylantrag inhaltlich prüft. Das Ermessen der Beklagten ist insoweit auf null reduziert. 22Die Zuständigkeit ist im vorliegenden Fall allein anhand der Regelungen der Dublin II-Verordnung und der dort genannten Kriterien zu entscheiden, weil der Asylantrag der Kläger in Deutschland weit vor dem Stichtag des 1. Januar 2014 gestellt worden ist (vgl. Art. 49 Abs. 2 der Dublin III-Verordnung vom 26. Juni 2013). 23Die Beklagte ist zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gem. Art. 3 Abs. 2 S. 1 Dublin-II-VO verpflichtet, weil Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien auch derzeit noch systemische Mängel aufweisen, die die Prognose rechtfertigen, dass der Asylbewerber dort mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird. 24Vgl. zum Maßstab zuletzt: BVerwG, Urteil vom 19. März 2014 ‑ 10 B 6/14 -, juris, Rdnr. 9 m.w.N. 25Zur Situation von Asylbewerbern und Flüchtlingen in Italien und zu den dortigen Aufnahmebedingungen hat die Kammer zuletzt im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ‑ Beschluss vom 4. Juni 2014 7a L 753/14.A ‑ unter Auswertung der vorliegenden Erkenntnisquellen Folgendes ausgeführt: 26„Gem. § 34 a Abs. 1 S. 1 und 2 des Asylverfahrensgesetzes - AsylVfG - ordnet das Bundesamt, wenn die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) erfolgen soll, die Abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Gegenüber dem Antragsteller ist die Abschiebung nach Italien, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und insofern in einen kraft verfassungsrechtlicher Bestimmung sicheren Drittstaat (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG); § 26a Abs. 2 AsylVfG), angeordnet worden. Darüber hinaus ergibt sich die Zuständigkeit Italiens aus § 27a AsylVfG i. V. m. Art. 5, 6 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 ‑ Dublin II-Verordnung -. Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Das ist hier grundsätzlich der Fall, weil der Antragsteller bereits am 4. Mai 2011 einen Asylantrag in Italien gestellt hat (vgl. Art. 10 Dublin II-VO). 27Aus Sicht der Kammer spricht allerdings Überwiegendes dafür, dass die Antragsgegnerin von ihrem Selbsteintrittsrecht aus Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung Gebrauch machen und das Asylbegehren in eigener Zuständigkeit prüfen muss. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedsstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist, und wird dadurch zum zuständigen Mitgliedsstaat im Sinne der Verordnung. 28Das hiernach dem Mitgliedsstaat grundsätzlich eingeräumte Ermessen dürfte voraussichtlich in Bezug auf die Rücküberstellung nach Italien derzeit auf null reduziert sein, weil dort gegenwärtig systemische Mängel des Asylverfahrens zu besorgen sind, denen der Antragsteller ausgesetzt sein wird. 29Die den Regeln des Selbsteintrittsrechts und der Dublin-II-VO zugrundeliegende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ‑ EUGrdRCH ‑, der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Genfer Flüchtlingskonvention steht, 30Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 -, NVwZ 2012, 417. 31trifft nach vorliegenden Erkenntnissen für Italien gegenwärtig wohl nicht zu. 32Dabei reicht allerdings nicht jede Verletzung von Verfahrens- oder materiellem Recht, um eine Selbsteintrittspflicht zu begründen. Ein Mitgliedstaat muss vielmehr die Überstellung eines Asylbewerbers an den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin-II-VO nur unterlassen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass das Asyl verfahren in diesem Mitgliedstaat systemische Mängel aufweist, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union implizieren. In diesem Fall ist die Überstellung auch nach nationalem Verfassungsrecht unzulässig, wenn - bezogen auf den Drittstaat bzw. auf den zuständigen Staat - Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. 33Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 ‑ 2 BvR 1938/93‑, juris. 34Ausgehend von diesen Maßstäben bestehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen in Italien an systemischen Mängeln leiden. Dementsprechend ist das Interesse des Antragstellers daran, Schutz entsprechend den im Europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbarten Mindeststandards zu erlangen, vorrangig gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse. 35Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass dem Antragsteller im Falle seiner Rücküberstellung nach Italien im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im zuvor dargestellten Sinne droht, er namentlich im Falle einer Überstellung nach Italien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S. der Art. 4 EUGrdRCH, Art. 3 EMRK zu befürchten hat. 36Dies zugrundegelegt, stellt sich die tatsächliche Situation von Schutzsuchenden in Italien nach der gegenwärtigen Erkenntnislage im Wesentlichen wie folgt dar: 37Im Sommer 2013 ist die Zahl der in Italien ankommenden (Boots-)Flüchtlinge ‑ erneut ‑ stark angestiegen. 38Vgl. z.B. Zahlenangaben und Vergleiche 2011-2013 bei: Zeit online vom 10. Oktober 2013 unter Hinweis auf Material UNHCR; tagesschau.de vom 20. August 2013. 39Die bis dahin schon bedenkliche Auslastung der Aufnahmekapazitäten hat sich verschlechtert. 40Nach dem jüngsten Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Oktober 2013, der auf einer Abklärungsreise nach Rom und Mailand, verschiedenen Interviews mit Vertretern von Nicht-Regierungs-Organisationen - NGO’s -, Behörden und Flüchtlingen sowie aktuellen Berichten über die Situation in Italien fußt, sind die Aufnahmekapazitäten der für alle Asylsuchenden vorgesehenen Erstaufnahmezentren CARA, in denen auch sog. Dublin-Rückkehrende im Falle ihrer Rücküberstellung nach Italien grds. - befristet - unterkommen können, ausgelastet. Das gilt auch für die bereitgestellten Plätze im sog. FER-Projekt (vom Europäischen Flüchtlingsrat finanzierte Unterkünfte), die an den Flughäfen Rom und Mailand angeboten werden. Die Anzahl der Plätze in diesen Projekten, die zeitlich beschränkt sind, ist ohnehin sehr gering. 41Schweizerische Flüchtlingshilfe ‑ SFH ‑, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013 , S. 5, 14 ff, 20. 42Auch das Zweitaufnahmesystem SPRAR, das auf einer Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und NGO‘s basiert, ist ausgelastet; noch im Juli 2013 wurde vom italienischen Innenministerium wegen Überfüllung der Erstaufnahmezentren um Aufstockung der Plätze gebeten. 43Vgl. SFH, a.a.O., S. 23, Fußnote 135 unter Bezugnahme auf eine e-Mail Auskunft von borderline-europe vom 7. August 2013. 44Eine erhebliche Verschlechterung der Aufnahmebedingungen und deutliche Überbelegungen in den Zentren beklagt auch der UNHCR in seinen Empfehlungen vom Juli 2013, 45UNHCR Recommendations on important Aspects of Refugee protection in Italy, Juli 2013, S. 9 ff. 46Die tatsächliche Überbelegung wird schließlich anhand des von der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Rom vom 21. November 2013 unter Bezugnahme auf Daten des italienischen Innenministeriums vom 8. November 2013 übersandten Zahlenmaterials, das bestimmte Aufnahmezentren abdeckt (CARA/CDA), deutlich: Danach war dort in verschiedenen Orten „ursprünglich“ eine Kapazität von insgesamt 6.180 Plätzen, sind „jetzt“ 7.516 Plätze „vorgesehen“, die tatsächlich mit 10.856 Schutzsuchenden belegt sein sollen, 47vgl. Wiedergabe der Information der Liaisonbeamtin in der Klageerwiderung der Antragsgegnerin im Verfahren 7a K 486/14.A. 48Die Frage, ob das vom italienischen Innenministerium übermittelte Zahlenmaterial belastbar ist, lässt die Kammer dabei offen. 49Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 11. September 2013 an das OVG NRW (dort zu d) ist verlässliches Datenmaterial nicht zu erlangen; dahingehend auch: UNHCR, a.a.O., z.B. S. 10, 13. 50Rücküberstellte haben nach Einschätzung einer italienischen Untersuchungskommission keine ausdrückliche Garantie für eine Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung. 51Vgl. Auskunft der italienischen Vereinigung für rechtliche Untersuchungen zur Situation von Einwanderern ‑ ASGI ‑ vom 20. November 2012 an das VG Darmstadt. 52Die anderslautende Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 11. September 2013 an das Oberverwaltungsgericht NRW (dort zu c) legt die Kammer im vorläufigen Rechtsschutzverfahren angesichts der wiedergegebenen Erkenntnisse vor Ort tätiger Organisationen, der unter b) dieser Auskunft des Auswärtigen Amtes angedeuteten Schwierigkeiten bei der Unterbringung unter Hinnahme auch Wochen fehlender Unterkunft und mit Rücksicht darauf, dass nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes kein belastbares Zahlenmaterial zu tatsächlichen Unterbringungsmöglichkeiten der Dublin-II-Rückkehrer von offizieller Seite zu erlangen ist (AA, Auskunft vom 11.09.2013, a.a.O., zu d)) nicht zugrunde. 53Aus der Schwierigkeit, dauerhaft eine angemessene und sichere Unterkunft zu erlangen, folgen insbesondere von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe beschriebene Probleme der (Dauer-)Obdachlosigkeit, Verwahrlosung und auch der (sexuellen) Ausbeutung für die Schutzsuchenden. 54fSFH, a.a.O., z.B. S. 40, 45. 55Ein weiterer wesentlicher Mangel im System der Versorgung von Asylsuchenden ist darin zu sehen, dass der Mehrheit der Flüchtlinge - abgesehen von der Unterbringung in Erstaufnahmezentren - keine ausreichende Unterstützung und Hilfeleistungen zuteilwerden, die ein sozial würdiges Leben in einer für sie fremden Umgebung ermöglichen. Dazu gehört auch ein Mindestmaß an Integritätsbemühungen des Staates, um den Schutzsuchenden eine Teilnahme am Alltagsleben in Italien zu ermöglichen, wie etwa Sprachunterricht. Die vereinzelten Angebote decken den tatsächlichen Bedarf nicht annähernd ab. 56Vgl. UNHCR, a.a.O., S. 10, 12 f: “their self-reliance remains a concern after the end of the emergency reception plan. This is mainly because of the poor quality of reception services, … more broadly, because of the economic situation in Italy.”; SFH, a.a.O., S. 43 ff. 57Belastbare Auskünfte und Stellungnahmen aus jüngster Zeit, die die dargestellten allgemeinen Erkenntnisse erschüttern könnten, liegen bisher nicht vor. 58Die Kammer folgt der Einschätzung des UNHCR in den „Empfehlungen“, dass die Missstände insoweit auf fehlender strategischer und struktureller Planung und zuverlässiger Koordinationsmechanismen auf zentraler Ebene beruhen. Diese Bewertung wird von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe erneut im aktuellen Bericht geteilt. 59UNHCR, a.a.O., S. 10,13.; ebenso: SFH, a.a.O., S. 7. 60Die Kammer stuft diese Mängel insgesamt als systemisch ein, weil sie auf einem unzureichenden Aufnahmesystem und einem fehlendem materiellen und sozialen Sicherungsnetz beruhen, das der italienische Staat trotz ausreichender rechtlicher Rahmenbedingungen nicht bereitstellt. 61Ebenso: VG Gießen, Urteil vom 25. November 2013 ‑ 1 K 844/11.GI.A ‑ juris, insbes. Rdnr. 33 f m.w.N.; VG Frankfurt a.M., Urteil vom 9. Juli 2013 ‑ 7 K 560/11.F.A. ‑, juris Rdnr. 24 ff; VG Köln, Beschluss vom 7. Mai 2013 ‑ 20 L 613/13.A ‑ juris, VG Aachen, Beschluss vom 14. März 2013 ‑ 9 L 53/13.A, juris, VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 17. Mai 2013 ‑ 5a L 566/13.A -, juris. 62Am 4. Juni 2013 hat das italienische Innenministerium einen sog. EASO-Support-Plan beschlossen und mit dem Europäischen Asylunterstützungsbüro EASO einen Unterstützungsplan vereinbart. Dies verdeutlicht, dass der italienische Staat derzeit selbst davon ausgeht, den Mindestnormen der Gemeinschaft für die Aufnahme von Asylbewerbern nicht aus eigenen Kräften zu entsprechen. Dieser „Hilfsplan“ reicht bis Ende 2014. 63Vgl. EASO press-release 4.6.2013, EASO-Italy-Special-Support-Plan. 64Ob die Situation der Flüchtlinge sich dadurch nachhaltig bessert, bleibt abzuwarten... 65Die Unanwendbarkeit der Zuständigkeitsregelungen der Dublin-II-VO aus Gründen höherrangigen Rechts ist danach insgesamt im vorläufigen Rechtsschutz mit der Folge zu bejahen, dass eine Rücküberstellung nach Italien derzeit nicht erfolgen darf.“ 66An der Einschätzung, dass in Italien auch zum jetzigen Zeitpunkt noch systemische Mängel des Asylverfahrens bestehen, die dazu führen, dass Flüchtlinge einschließlich des Klägers überwiegend wahrscheinlich menschenrechtswidrigen Verhältnissen ausgesetzt werden, hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW zum jetzigen Zeitpunkt fest. Das Urteil des OVG NRW vom 7. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A ‑, das die Rücküberstellung nach Italien für zulässig erachtet, beruht auf der Erkenntnislage, die auch die Kammer zugrundegelegt hat. Der Auffassung des Senats, die sich aus der Erkenntnislage ergebende Situation in Italien lasse noch kein systemisches, die Grenze zur drohenden Grundrechtsverletzung nach Art. 4 EuGRCh überschreitendes Versagen des Staates erkennen, vermag die Kammer gegenwärtig nicht zu folgen. 67Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Zahl der in Italien aufzunehmenden Flüchtlinge im ersten Halbjahr 2014 weiter erheblich ansteigt und erst jüngst das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR dringend angemahnt hat, einen strukturierten Plan zur Aufnahme der Flüchtlinge in Italien zu entwickeln. Anlass für diese Mahnung war, dass in Italien im Juni 2014 ca. 400 Flüchtlinge auf zwei Parkplätzen vor Rom und Mailand ohne Versorgung hilflos ausgesetzt worden waren. 68Vgl. z.B. Spiegel online 10. Juni 2014 „Hunderte Bootsflüchtlinge auf Parkplätzen ausgesetzt“; N24 10. Juni 2014; Huffington Post 18. Juni 2014 „Italy’s Churches shelter Refugees despite overflowing migrant crises“; FR 15. Juni 2014 „Mehr als 1500 Bootsflüchtlinge in 24 Stunden“; vgl. allgemein auch: west-info.eu 15. Juli 2014 „The new Europe begins at Lampedusa“ by G. Terranova. 69Erkenntnisse darüber, dass Italien angesichts der gestiegenen Zahlen die ohnehin überfüllten Unterbringungskapazitäten entsprechend aufgestockt hätte und den weiteren dargestellten Mängeln im Aufnahmeverfahren wirksam begegnet wäre, liegen nicht vor. 70Wegen der Zurückweisung von Flüchtlingen ohne Möglichkeit der Antragstellung hat die Europäische Kommission zudem ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien eingeleitet. 71Vgl. Asylmagazin, hrsg. v. Informationsverbund Asyl und Migration 5/2014, S. 142 72Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83 b AsylVfG nicht erhoben. Die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. | der bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 11. februar 2014 wird aufgehoben. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des verfahrens tragen der kläger und die beklagte je zur hälfte. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110% abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. gerichtskosten werden nicht erhoben. 1 | 2der 19** geborene kläger meldete sich am 00.00.0000 in e. als asylbewerber und gab an, in algerien geboren zu sein. er sei zunächst in spanien, dann in frankreich und belgien gewesen, bevor er nach deutschland gereist sei. am gleichen tag ergab eine anfrage des bundesamtes für migration und flüchtlinge ‑ bundesamt ‑ bei der visa-datenbank, dass dem kläger am 00.00.0000 in algerien von der italienischen botschaft ein schengen-visum mit gültigkeit vom 3. bis 00.00.0000 erteilt worden war. 3am 00.00.0000 übersandte das bundesamt dem innenministerium italiens ein übernahmegesuch, das bisher nicht beantwortet wurde. 4mit bescheid vom 00.00.0000 stellte das bundesamt fest, dass der asylantrag unzulässig sei und ordnete die abschiebung des klägers nach italien an. der bescheid wurde dem kläger am 00.00.0000 zugestellt. 5am 00.00.0000 hat der kläger klage erhoben und gleichzeitig um gewährung vorläufigen rechtsschutzes nachgesucht. er beruft sich darauf, dass in italien eine menschenwürdige durchführung des asylverfahrens derzeit nicht gewährleistet sei. 6der kläger beantragt, 71. den bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 11. februar 2014 aufzuheben, 82. die beklagte zu verpflichten, ihn als asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die voraussetzungen des § 60 abs. 1 aufenthg vorliegen, 93. die beklagte zu verpflichten festzustellen, dass abschiebungshindernisse gem. § 60 abs. 2 ‑ 7 aufenthg vorliegen. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12sie hält systemische mängel im flüchtlingsaufnahmeverfahren in italien für nicht gegeben. 13mit beschluss vom 17. märz 2014 hat die kammer die aufschiebende wirkung der klage gegen die abschiebungsandrohung nach italien angeordnet (7a l 284/14.a). 14wegen der weiteren einzelheiten des vorbringens der beteiligten wird bezug genommen auf die gerichtsakte, einschließlich der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten (beiakte heft 1). 15 | 16die klage, über die im einverständnis der parteien ohne mündliche verhandlung entschieden werden kann (§ 101 abs. 2 der verwaltungsgerichtsordnung ‑ vwgo -), ist mit dem antrag zu 1. als anfechtungsklage zulässig, im übrigen ist sie unzulässig. 17gegen die mit dem bescheid allein getroffene entscheidung nach §§ 27a, 34a des asylverfahrensgesetzes ‑ asylvfg ‑ ist die anfechtungsklage zulässig, weil die isolierte aufhebung der entscheidungen zu ziff. 1. und 2. des bescheides zur gesetzlichen verpflichtung des bundesamtes führt, das asylverfahren durchzuführen (vgl. §§ 31, 24 asylvfg). mit der aufhebung des bescheides vom 11. februar 2014 ist das verfahrenshindernis für die inhaltliche prüfung des asylgesuchs beseitigt. 18so auch: vg düsseldorf, urteil vom 10. februar 2014 ‑ 25 k 8830/13.a -, infauslr 2014, 159 ff; im ergebnis auch: vgh baden-württemberg, urteil vom 16. april 2014 ‑ a 11 s 1721/13 -, juris rdnr. 18. 19neben diesem anfechtungsbegehren sind die weitergehenden anträge mangels rechtsschutzbedürfnis unzulässig. das bundesamt hat bisher keine sachentscheidung getroffen. dem kläger ginge eine tatsacheninstanz mit umfassenden verfahrensgarantien verloren, wenn das gericht durch entscheiden würde, obgleich das bundesamt bisher nur mit der vorrangigen frage der zuständigkeit des mitgliedstaates befasst war. 20vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 16. april 2014, a.a.o.; vg düsseldorf, urteil vom 10. februar 2014, a.a.o.. 21die klage ist mit dem antrag zu 1. auch begründet. der bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 11. februar 2014 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten (§ 113 abs. 1 vwgo). der kläger hat einen anspruch darauf, dass die beklagte von ihrem selbsteintrittsrecht gemäß art. 3 abs. 2 satz 1 der verordnung (eg) nr. 343/2003 des rates vom 18. februar 2003 zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedsstaates, der für die prüfung eines vom einem drittstaatsangehörigen in einem mitgliedsstaat gestellten asylantrages zuständig ist, ‑ dublin-ii-vo ‑ gebrauch macht und seinen asylantrag inhaltlich prüft. das ermessen der beklagten ist insoweit auf null reduziert. 22die zuständigkeit ist im vorliegenden fall allein anhand der regelungen der dublin ii-verordnung und der dort genannten kriterien zu entscheiden, weil der asylantrag der kläger in deutschland weit vor dem stichtag des 1. januar 2014 gestellt worden ist (vgl. art. 49 abs. 2 der dublin iii-verordnung vom 26. juni 2013). 23die beklagte ist zur ausübung des selbsteintrittsrechts gem. art. 3 abs. 2 s. 1 dublin-ii-vo verpflichtet, weil asylverfahren und aufnahmebedingungen in italien auch derzeit noch systemische mängel aufweisen, die die prognose rechtfertigen, dass der asylbewerber dort mit beachtlicher, d.h. überwiegender wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung ausgesetzt sein wird. 24vgl. zum maßstab zuletzt: bverwg, urteil vom 19. märz 2014 ‑ 10 b 6/14 -, juris, rdnr. 9 m.w.n. 25zur situation von asylbewerbern und flüchtlingen in italien und zu den dortigen aufnahmebedingungen hat die kammer zuletzt im verfahren auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes ‑ beschluss vom 4. juni 2014 7a l 753/14.a ‑ unter auswertung der vorliegenden erkenntnisquellen folgendes ausgeführt: 26„gem. § 34 a abs. 1 s. 1 und 2 des asylverfahrensgesetzes - asylvfg - ordnet das bundesamt, wenn die abschiebung in einen sicheren drittstaat (§ 26a asylvfg) oder in einen für die durchführung des asylverfahrens zuständigen staat (§ 27a asylvfg) erfolgen soll, die abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. gegenüber dem antragsteller ist die abschiebung nach italien, einem mitgliedstaat der europäischen union und insofern in einen kraft verfassungsrechtlicher bestimmung sicheren drittstaat (art. 16a abs. 2 satz 1 des grundgesetzes (gg); § 26a abs. 2 asylvfg), angeordnet worden. darüber hinaus ergibt sich die zuständigkeit italiens aus § 27a asylvfg i. v. m. art. 5, 6 der verordnung (eg) nr. 343/2003 ‑ dublin ii-verordnung -. nach § 27a asylvfg ist ein asylantrag unzulässig, wenn ein anderer staat auf grund von rechtsvorschriften der europäischen gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen vertrages für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist. das ist hier grundsätzlich der fall, weil der antragsteller bereits am 4. mai 2011 einen asylantrag in italien gestellt hat (vgl. art. 10 dublin ii-vo). 27aus sicht der kammer spricht allerdings überwiegendes dafür, dass die antragsgegnerin von ihrem selbsteintrittsrecht aus art. 3 abs. 2 dublin ii-verordnung gebrauch machen und das asylbegehren in eigener zuständigkeit prüfen muss. nach dieser vorschrift kann jeder mitgliedsstaat einen von einem drittstaatsangehörigen eingereichten asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser verordnung festgelegten kriterien nicht für die prüfung zuständig ist, und wird dadurch zum zuständigen mitgliedsstaat im sinne der verordnung. 28das hiernach dem mitgliedsstaat grundsätzlich eingeräumte ermessen dürfte voraussichtlich in bezug auf die rücküberstellung nach italien derzeit auf null reduziert sein, weil dort gegenwärtig systemische mängel des asylverfahrens zu besorgen sind, denen der antragsteller ausgesetzt sein wird. 29die den regeln des selbsteintrittsrechts und der dublin-ii-vo zugrundeliegende vermutung, dass die behandlung der asylbewerber in jedem einzelnen mitgliedstaat im einklang mit den erfordernissen der charta der grundrechte der europäischen union ‑ eugrdrch ‑, der europäischen konvention zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten und der genfer flüchtlingskonvention steht, 30vgl. eugh, urteil vom 21. dezember 2011 - c-411/10 -, nvwz 2012, 417. 31trifft nach vorliegenden erkenntnissen für italien gegenwärtig wohl nicht zu. 32dabei reicht allerdings nicht jede verletzung von verfahrens- oder materiellem recht, um eine selbsteintrittspflicht zu begründen. ein mitgliedstaat muss vielmehr die überstellung eines asylbewerbers an den zuständigen mitgliedstaat im sinne der dublin-ii-vo nur unterlassen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass das asyl verfahren in diesem mitgliedstaat systemische mängel aufweist, die eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung der an diesen mitgliedstaat überstellten asylbewerber im sinne von art. 4 der charta der grundrechte der europäischen union implizieren. in diesem fall ist die überstellung auch nach nationalem verfassungsrecht unzulässig, wenn - bezogen auf den drittstaat bzw. auf den zuständigen staat - abschiebungshindernisse durch umstände begründet werden, die ihrer eigenart nach nicht vorweg im rahmen des konzepts normativer vergewisserung von verfassung oder gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der grenzen liegen, die der durchführung eines solchen konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. 33vgl. bverfg, urteil vom 14. mai 1996 ‑ 2 bvr 1938/93‑, juris. 34ausgehend von diesen maßstäben bestehen zum gegenwärtigen zeitpunkt nach der im verfahren des einstweiligen rechtsschutzes allein möglichen summarischen prüfung hinreichende anhaltspunkte dafür, dass das asylverfahren und/oder die aufnahmebedingungen in italien an systemischen mängeln leiden. dementsprechend ist das interesse des antragstellers daran, schutz entsprechend den im europäischen gemeinschaftsrecht vereinbarten mindeststandards zu erlangen, vorrangig gegenüber dem öffentlichen vollzugsinteresse. 35nach den dem gericht vorliegenden erkenntnissen ist davon auszugehen, dass dem antragsteller im falle seiner rücküberstellung nach italien im maßgeblichen zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung im zuvor dargestellten sinne droht, er namentlich im falle einer überstellung nach italien eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung i.s. der art. 4 eugrdrch, art. 3 emrk zu befürchten hat. 36dies zugrundegelegt, stellt sich die tatsächliche situation von schutzsuchenden in italien nach der gegenwärtigen erkenntnislage im wesentlichen wie folgt dar: 37im sommer 2013 ist die zahl der in italien ankommenden (boots-)flüchtlinge ‑ erneut ‑ stark angestiegen. 38vgl. z.b. zahlenangaben und vergleiche 2011-2013 bei: zeit online vom 10. oktober 2013 unter hinweis auf material unhcr; tagesschau.de vom 20. august 2013. 39die bis dahin schon bedenkliche auslastung der aufnahmekapazitäten hat sich verschlechtert. 40nach dem jüngsten bericht der schweizerischen flüchtlingshilfe vom oktober 2013, der auf einer abklärungsreise nach rom und mailand, verschiedenen interviews mit vertretern von nicht-regierungs-organisationen - ngo’s -, behörden und flüchtlingen sowie aktuellen berichten über die situation in italien fußt, sind die aufnahmekapazitäten der für alle asylsuchenden vorgesehenen erstaufnahmezentren cara, in denen auch sog. dublin-rückkehrende im falle ihrer rücküberstellung nach italien grds. - befristet - unterkommen können, ausgelastet. das gilt auch für die bereitgestellten plätze im sog. fer-projekt (vom europäischen flüchtlingsrat finanzierte unterkünfte), die an den flughäfen rom und mailand angeboten werden. die anzahl der plätze in diesen projekten, die zeitlich beschränkt sind, ist ohnehin sehr gering. 41schweizerische flüchtlingshilfe ‑ sfh ‑, italien: aufnahmebedingungen, oktober 2013 , s. 5, 14 ff, 20. 42auch das zweitaufnahmesystem sprar, das auf einer zusammenarbeit zwischen gemeinden und ngo‘s basiert, ist ausgelastet; noch im juli 2013 wurde vom italienischen innenministerium wegen überfüllung der erstaufnahmezentren um aufstockung der plätze gebeten. 43vgl. sfh, a.a.o., s. 23, fußnote 135 unter bezugnahme auf eine e-mail auskunft von borderline-europe vom 7. august 2013. 44eine erhebliche verschlechterung der aufnahmebedingungen und deutliche überbelegungen in den zentren beklagt auch der unhcr in seinen empfehlungen vom juli 2013, 45unhcr recommendations on important aspects of refugee protection in italy, juli 2013, s. 9 ff. 46die tatsächliche überbelegung wird schließlich anhand des von der liaisonbeamtin des bundesamtes für migration und flüchtlinge in rom vom 21. november 2013 unter bezugnahme auf daten des italienischen innenministeriums vom 8. november 2013 übersandten zahlenmaterials, das bestimmte aufnahmezentren abdeckt (cara/cda), deutlich: danach war dort in verschiedenen orten „ursprünglich“ eine kapazität von insgesamt 6.180 plätzen, sind „jetzt“ 7.516 plätze „vorgesehen“, die tatsächlich mit 10.856 schutzsuchenden belegt sein sollen, 47vgl. wiedergabe der information der liaisonbeamtin in der klageerwiderung der antragsgegnerin im verfahren 7a k 486/14.a. 48die frage, ob das vom italienischen innenministerium übermittelte zahlenmaterial belastbar ist, lässt die kammer dabei offen. 49nach auskunft des auswärtigen amtes vom 11. september 2013 an das ovg nrw (dort zu d) ist verlässliches datenmaterial nicht zu erlangen; dahingehend auch: unhcr, a.a.o., z.b. s. 10, 13. 50rücküberstellte haben nach einschätzung einer italienischen untersuchungskommission keine ausdrückliche garantie für eine unterbringung in einer aufnahmeeinrichtung. 51vgl. auskunft der italienischen vereinigung für rechtliche untersuchungen zur situation von einwanderern ‑ asgi ‑ vom 20. november 2012 an das vg darmstadt. 52die anderslautende auskunft des auswärtigen amtes vom 11. september 2013 an das oberverwaltungsgericht nrw (dort zu c) legt die kammer im vorläufigen rechtsschutzverfahren angesichts der wiedergegebenen erkenntnisse vor ort tätiger organisationen, der unter b) dieser auskunft des auswärtigen amtes angedeuteten schwierigkeiten bei der unterbringung unter hinnahme auch wochen fehlender unterkunft und mit rücksicht darauf, dass nach einschätzung des auswärtigen amtes kein belastbares zahlenmaterial zu tatsächlichen unterbringungsmöglichkeiten der dublin-ii-rückkehrer von offizieller seite zu erlangen ist (aa, auskunft vom 11.09.2013, a.a.o., zu d)) nicht zugrunde. 53aus der schwierigkeit, dauerhaft eine angemessene und sichere unterkunft zu erlangen, folgen insbesondere von der schweizerischen flüchtlingshilfe beschriebene probleme der (dauer-)obdachlosigkeit, verwahrlosung und auch der (sexuellen) ausbeutung für die schutzsuchenden. 54fsfh, a.a.o., z.b. s. 40, 45. 55ein weiterer wesentlicher mangel im system der versorgung von asylsuchenden ist darin zu sehen, dass der mehrheit der flüchtlinge - abgesehen von der unterbringung in erstaufnahmezentren - keine ausreichende unterstützung und hilfeleistungen zuteilwerden, die ein sozial würdiges leben in einer für sie fremden umgebung ermöglichen. dazu gehört auch ein mindestmaß an integritätsbemühungen des staates, um den schutzsuchenden eine teilnahme am alltagsleben in italien zu ermöglichen, wie etwa sprachunterricht. die vereinzelten angebote decken den tatsächlichen bedarf nicht annähernd ab. 56vgl. unhcr, a.a.o., s. 10, 12 f: “their self-reliance remains a concern after the end of the emergency reception plan. this is mainly because of the poor quality of reception services, … more broadly, because of the economic situation in italy.”; sfh, a.a.o., s. 43 ff. 57belastbare auskünfte und stellungnahmen aus jüngster zeit, die die dargestellten allgemeinen erkenntnisse erschüttern könnten, liegen bisher nicht vor. 58die kammer folgt der einschätzung des unhcr in den „empfehlungen“, dass die missstände insoweit auf fehlender strategischer und struktureller planung und zuverlässiger koordinationsmechanismen auf zentraler ebene beruhen. diese bewertung wird von der schweizerischen flüchtlingshilfe erneut im aktuellen bericht geteilt. 59unhcr, a.a.o., s. 10,13.; ebenso: sfh, a.a.o., s. 7. 60die kammer stuft diese mängel insgesamt als systemisch ein, weil sie auf einem unzureichenden aufnahmesystem und einem fehlendem materiellen und sozialen sicherungsnetz beruhen, das der italienische staat trotz ausreichender rechtlicher rahmenbedingungen nicht bereitstellt. 61ebenso: vg gießen, urteil vom 25. november 2013 ‑ 1 k 844/11.gi.a ‑ juris, insbes. rdnr. 33 f m.w.n.; vg frankfurt a.m., urteil vom 9. juli 2013 ‑ 7 k 560/11.f.a. ‑, juris rdnr. 24 ff; vg köln, beschluss vom 7. mai 2013 ‑ 20 l 613/13.a ‑ juris, vg aachen, beschluss vom 14. märz 2013 ‑ 9 l 53/13.a, juris, vg gelsenkirchen, beschluss vom 17. mai 2013 ‑ 5a l 566/13.a -, juris. 62am 4. juni 2013 hat das italienische innenministerium einen sog. easo-support-plan beschlossen und mit dem europäischen asylunterstützungsbüro easo einen unterstützungsplan vereinbart. dies verdeutlicht, dass der italienische staat derzeit selbst davon ausgeht, den mindestnormen der gemeinschaft für die aufnahme von asylbewerbern nicht aus eigenen kräften zu entsprechen. dieser „hilfsplan“ reicht bis ende 2014. 63vgl. easo press-release 4.6.2013, easo-italy-special-support-plan. 64ob die situation der flüchtlinge sich dadurch nachhaltig bessert, bleibt abzuwarten... 65die unanwendbarkeit der zuständigkeitsregelungen der dublin-ii-vo aus gründen höherrangigen rechts ist danach insgesamt im vorläufigen rechtsschutz mit der folge zu bejahen, dass eine rücküberstellung nach italien derzeit nicht erfolgen darf.“ 66an der einschätzung, dass in italien auch zum jetzigen zeitpunkt noch systemische mängel des asylverfahrens bestehen, die dazu führen, dass flüchtlinge einschließlich des klägers überwiegend wahrscheinlich menschenrechtswidrigen verhältnissen ausgesetzt werden, hält die kammer auch unter berücksichtigung der aktuellen rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts nrw zum jetzigen zeitpunkt fest. das urteil des ovg nrw vom 7. märz 2014 ‑ 1 a 21/12.a ‑, das die rücküberstellung nach italien für zulässig erachtet, beruht auf der erkenntnislage, die auch die kammer zugrundegelegt hat. der auffassung des senats, die sich aus der erkenntnislage ergebende situation in italien lasse noch kein systemisches, die grenze zur drohenden grundrechtsverletzung nach art. 4 eugrch überschreitendes versagen des staates erkennen, vermag die kammer gegenwärtig nicht zu folgen. 67dies gilt auch vor dem hintergrund, dass die zahl der in italien aufzunehmenden flüchtlinge im ersten halbjahr 2014 weiter erheblich ansteigt und erst jüngst das un-flüchtlingshilfswerk unhcr dringend angemahnt hat, einen strukturierten plan zur aufnahme der flüchtlinge in italien zu entwickeln. anlass für diese mahnung war, dass in italien im juni 2014 ca. 400 flüchtlinge auf zwei parkplätzen vor rom und mailand ohne versorgung hilflos ausgesetzt worden waren. 68vgl. z.b. spiegel online 10. juni 2014 „hunderte bootsflüchtlinge auf parkplätzen ausgesetzt“; n24 10. juni 2014; huffington post 18. juni 2014 „italy’s churches shelter refugees despite overflowing migrant crises“; fr 15. juni 2014 „mehr als 1500 bootsflüchtlinge in 24 stunden“; vgl. allgemein auch: west-info.eu 15. juli 2014 „the new europe begins at lampedusa“ by g. terranova. 69erkenntnisse darüber, dass italien angesichts der gestiegenen zahlen die ohnehin überfüllten unterbringungskapazitäten entsprechend aufgestockt hätte und den weiteren dargestellten mängeln im aufnahmeverfahren wirksam begegnet wäre, liegen nicht vor. 70wegen der zurückweisung von flüchtlingen ohne möglichkeit der antragstellung hat die europäische kommission zudem ein vertragsverletzungsverfahren gegen italien eingeleitet. 71vgl. asylmagazin, hrsg. v. informationsverbund asyl und migration 5/2014, s. 142 72die kostenentscheidung folgt aus § 155 abs. 1 vwgo. gerichtskosten werden gem. § 83 b asylvfg nicht erhoben. die regelung über die vorläufige vollstreckbarkeit der kostenentscheidung beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. | Klaeger*in | 1 |
321,184 | 15 K 3739/16 U | 2019-06-18T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Strittig ist, ob im Jahr 2011 zwischen dem Kläger als Organträger und der B-Bank AG (B) als Organgesellschaft eine umsatzsteuerliche Organschaft bestand. 3Der Kläger hielt in 2011 eine Beteiligung von 100 % am Grundkapital der B und verfügte über die Mehrheit der Stimmrechte. 4Die B war Teil der strategischen Ausrichtung innerhalb des Konzerns des Klägers. In der Sparte Finanzdienstleistungen war B Produktgeber zahlreicher Finanzdienstleistungsprodukte. Die B wurde durch den Kläger mit dem Ziel erworben, Finanzdienstleistungsprodukte zur Kundenbindung und zur Neuakquisition im Versicherungsgeschäft einsetzen zu können. Die Finanzdienstleistungsprodukte der B in den Bereichen …, … und … waren für das Versicherungsgeschäft des Klägers von besonderer Bedeutung. Die Produktgestaltung fand unter Führung des Klägers statt. 5Die B war – neben dem Rechnungswesen, dem Portfolio-Management, den Immobilien, den Finanzdienstleistungen und der allgemeinen Verwaltung – I, einem von fünf Vorständen des Klägers, verantwortlich unterstellt. I erzielte im Jahr 2011 eine variable Vergütung. Der Anteil der variablen Vergütung, die I durch von der B erreichte Ziele erhielt, belief sich auf 6,5 %. 6Das Rechnungswesen des Klägers und der B waren eng miteinander verknüpft. Zwischen den zuständigen sachbearbeitenden Stellen und den Vorständen des Klägers und der B bestand ein standardisierter Informationsaustausch. Entscheidungen in Einzelfragen betreffend das Rechnungswesen auf Ebene der B waren mit dem zuständigen Leiter des Rechnungswesens des Klägers oder dem zuständigen Vorstand des Klägers abzustimmen. Die Finanzbuchhaltung der B war auf den Kläger ausgelagert. Das Rechnungswesen des Klägers erledigte die Buchführungskoordination und die Erstellung von Benutzerkonten auch für die B. B berichtete die Finanz- und Kapitalanlagedaten monatlich an das Rechnungswesen und das Portfolio-Management des Klägers. 7Der Kläger und B stimmten sich über die Risikostrategie ab, wobei sämtliche Risikomanagementaufgaben Gegenstand der Abstimmung waren. B erstellte quartalsweise Risikoberichte, die vor der Übersendung an die Bankenaufsicht mit dem Vorstand des Klägers besprochen wurden. B lieferte I und dem Risikomanager des Klägers quartalsweise Berechnungen zur Risikotragfähigkeit und zu den Eigenkapitalerfordernissen der B. Zudem berichtete B gegenüber I und den beim Kläger Verantwortlichen zu Einzelrisiken, wie Wohnbaudarlehen und Adressausfallrisiken. Einmal im Jahr trafen sich I und der Vorstand der B zum Thema Risikomanagement und Strategie. Außerdem berichtete B dem verantwortlichen Vorstand des Klägers über wesentliche Kundenbeschwerden. Der Kläger und B benutzten eine einheitliche EDV-Struktur. Das Hosting der Server wurde durch den Kläger für die B vorgenommen. Die IT-Arbeitsgruppe wurde personell ganz überwiegend durch Mitarbeiter des Klägers besetzt. Sämtliche relevanten Softwareinvestitionen seitens B mussten vom Kläger genehmigt werden. Die bei B zu verwendende Software wurde durch den Kläger vorgegeben. Beim Kläger waren einige für B relevante Prozesse, wie das Druckstraßensystem, das Archivsystem und der Versand von Unterlagen konzentriert. B nutzte die Vertriebsorganisation des Klägers. Die Bankprodukte der B wurden über die Außendienstorganisation des Klägers vertrieben, die ihrerseits mit selbständigen Vermittlern arbeitete. In der Schalterhalle der B wurden für die regionalen Kunden Agenturen des Klägers eingerichtet. Das Bürogebäude der B in C stand im Eigentum des Klägers. 8Der Aufsichtsrat der B bestand aus sechs Personen. Vier Mitglieder, insbesondere der Vorsitzende und sein Stellvertreter, wurden durch den Kläger besetzt, zwei Mitglieder waren Arbeitnehmer der B. Nach Ziffer IV Nr. 1 bis 15 der Geschäftsordnung für den Vorstand der B bedurften die folgenden Geschäfte der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats: 91. Die Jahresplanung auf der Grundlage einer mittelfristigen strategischen Planung. Sie besteht mindestens aus Umsatzplanung; Planbilanz und Plan-Gewinn- und Verlustrechnung, Finanzplanung, Investitionsplanung und Personalplanung; 102. Aufnahme und Einstellung von Geschäftszweigen; 113. Die Errichtung, Verlegung und Auflösung von Tochtergesellschaften und Niederlassungen sowie der Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen; 124. Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, soweit diese nicht zur Wahrung von Rechten der Gesellschaft in der Zwangsversteigerung erworben werden; 135. Aufnahme langfristiger Verbindlichkeiten, insbesondere Anleihen, sowie Gewährung von Krediten, die über den üblichen Rahmen des bisherigen Geschäfts hinausgehen; 146. Änderung der Geschäftsverteilung innerhalb der Geschäftsführung; 157. Delegation von Kompetenzen des Vorstands auf Mitarbeiter der Gesellschaft außerhalb der separat festgelegten Kompetenzregelung; 168. Bestellung von Generalbevollmächtigten, deren Befugnisse im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat festzusetzen sind, Erteilung von Prokuren und deren Widerruf; 179. Abschluss und Aufhebung von Anstellungsverträgen, die ein Jahresgehalt von mehr als 100.000,- € oder eine Beteiligung am Gewinn der Gesellschaft vorsehen, sowie Änderungen, soweit sie über normale Anpassungen hinausgehen; 1810. Eingehung von Wechselverbindlichkeiten über € 300.000,- €; 1911. Abschluss und Aufhebung von Miet- und Pachtverträgen sowie sonstigen Verträgen, soweit das Jahresentgelt je Vertrag 60.000,- € oder die Gesamtverpflichtung je Vertrag 300.000,- € übersteigt; 2012. Einzelinvestitionen über 80.000,- €, auch soweit sie im Rahmen des jährlichen Investitionsbudgets liegen; 2113. Errichtung und Dotierung von Sozialeinrichtungen; 2214. Grundsätzliche Entscheidungen zu steuerrechtlichen Fragen, Steuerverfahren und Betriebsprüfungen; 2315. Führung und Erledigung von Rechtsstreitigkeiten, die erkennbar von grundsätzlicher Bedeutung sind oder deren Streitwert den Betrag von 300.000,- € überschreitet. 24Der Kläger reichte am 24.10.2012 eine eine Abschlusszahlung ausweisende Umsatzsteuererklärung für 2011 mit einer Umsatzsteuer von 3.559.636,83 € beim Beklagten ein. Für die Jahre 2010 und 2011 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung E eine Außenprüfung beim Kläger durch, aufgrund derer die Umsatzsteuer durch den Beklagten mit Bescheid vom 3.7.2014 auf 3.590.474,26 € festgesetzt wurde. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein. Zwischen ihm und der B würde eine umsatzsteuerliche Organschaft bestehen. Eine Konsolidierung der Umsätze und Vorsteuern würde zu einer Herabsetzung der Umsatzsteuerfestsetzung beim Kläger führen. 25Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 28.10.2016 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass es an der für die umsatzsteuerliche Organschaft erforderlichen organisatorischen Eingliederung fehle. Durch organisatorische Maßnahmen müsse sichergestellt sein, dass der Organträger in der Geschäftsführung der Organgesellschaft seinen Willen durchsetzen könne. Dies sei nicht der Fall, da keine Personalunion zwischen den Leitungsgremien des Klägers und der Geschäftsführung der B bestehe. Zwar seien von den sechs Aufsichtsratsmitgliedern der B vier von Seiten des Klägers besetzt. Da aber bei einer AG der Vorstand der AG die Gesellschaft unter eigener Verantwortung leite, seine Vertretungsbefugnis unbeschränkt sei und er hinsichtlich der Durchführung der laufenden Geschäftstätigkeit nicht an Weisungen des Aufsichtsrats gebunden sei, sei diese personelle Verflechtung für die Anerkennung einer umsatzsteuerlichen Organschaft nicht ausreichend. Im Vorstand der B sei der Kläger personell nicht vertreten. Kein Mitglied des Vorstands und kein leitender Angestellter des Klägers sei im Vorstand der B vertreten, so dass nicht einmal teilweise eine Personalunion vorliege. Außerdem habe der Kläger mit der B keinen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen, auf den sich eine Organschaft stützen ließe. 26Zur Begründung seiner daraufhin erhobenen Klage trägt der Kläger vor, dass sowohl die finanzielle, wirtschaftliche als auch die organisatorische Eingliederung der B in das Unternehmen des Klägers gegeben seien. Die organisatorische Eingliederung habe das geringste Gewicht. Das Merkmal der organisatorischen Eingliederung habe außerdem Schnittstellen mit der wirtschaftlichen Eingliederung; das Merkmal habe daher nicht immer klare Konturen. Die organisatorische Eingliederung ergebe sich aus den gesellschaftsrechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten, die in Satzung, Geschäftsordnung und dem Gesetz niedergelegt seien. Die organisatorische Eingliederung ergebe sich außerdem aus den umfangreichen Berichtspflichten, die B gegenüber dem Kläger erfülle. Aus der gemeinsamen Geschäftsfeldstrategie, der abgestimmten und vom Kläger entschiedenen Produktstrategie, der Einbindung der B in die Vertriebsstrategie des Klägers, der gemeinsamen Nutzung der IT-Infrastruktur, der Archivsysteme, der Druckstraßen und dem gemeinsam organisierten Versand folge die wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung. Da B ohne den Kläger wirtschaftlich nicht lebensfähig sei, müsse die wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung gegeben sein. Bereits der historische Gesetzgeber und das Preußische OVG hätten zur gewerbesteuerlichen Organschaft, aus der sich die umsatzsteuerliche Organschaft entwickelt habe, auf die „willensmäßige Abhängigkeit“ abgestellt, die vorliegend erfüllt sei. Aus dem Wortlaut der Mehrwertsteuersystemrichtlinie sei ableitbar, dass es auf die „enge Verbundenheit“ zwischen Organträger und Organgesellschaft ankomme und nicht auf rechtlich durchsetzbare Weisungsmöglichkeiten. Eine Auslegung der deutschen Vorschriften, die für den individuellen Sachverhalt darauf abstelle, dass mangels Beherrschungsvertrag und mangels Personenidentität in den Vorständen des Klägers und der B eine umsatzsteuerliche Organschaft ausscheide, sei von der Richtlinienvorgabe nicht gedeckt. Dies jedenfalls wegen der aufsichtsrechtlichen Anforderungen, die eine derartige formale organisatorische Eingliederung verhindere. 27Es sei zwar richtig, dass die Rechtsprechung die organisatorische Eingliederung bejahe, wenn durch einen Beherrschungsvertrag oder durch Personenidentität der Vorstände gewährleistet sei, dass keine abweichende Willensbildung stattfinde. Dies bedeute aber nicht, dass bei Fehlen dieser Kriterien, wegen eines anderweitigen, sich im gesetzlichen Schutzzweck des Aufsichtsrechts erschöpfenden Regelungsziels, eine organisatorische Eingliederung notwendigerweise ausscheide. Das Merkmal der Personenidentität sei nicht zwingend. Das Merkmal der organisatorischen Eingliederung sei nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse zu beurteilen, müsse also nicht voll ausgeprägt sein. Aus der Wahrnehmung betriebsnotwendiger Funktionen und deren administrativer Bewältigung durch den Kläger für B läge eine faktische Einordnung der B in die Organisation des Klägers vor. Es sei zwar richtig, dass anders als bei einer GmbH der Vorstand einer AG aktienrechtlich die Gesellschaft unter eigener Verantwortung leite, seine Vertretungsbefugnis gemäß § 82 Abs. 1 des Aktiengesetzes (AktG) nicht beschränkt sei und er hinsichtlich der Durchführung der laufenden Geschäftsführungstätigkeit nicht an Weisungen des Aufsichtsrates oder der Hauptversammlung gebunden sei. Diesen Umständen könne jedoch keine bestimmende Bedeutung zukommen, da sonst bei Aktiengesellschaften aus gesellschaftsverfassungsrechtlichen Gründen eine Organschaft stets ausgeschlossen sei. Außerdem werde nach § 17 Abs. 2 AktG bei Mehrheitsbesitz die Abhängigkeit vermutet. Maßgeblich und hinreichend für eine organisatorische Eingliederung sei allein die „faktische“ Durchsetzbarkeit des Willens der Muttergesellschaft bei der Willensbildung der Tochtergesellschaft, die auch durch andere Einflussmöglichkeiten gewährleistet werden könne. So sei etwa durch die Abhängigkeit des Vorstands der B von dem ihn bestellenden (und nach Ablauf von dessen Vertragsperiode ihn ggf. nicht erneut bestellenden) Aufsichtsrat, der mehrheitlich durch Vorstände des Klägers besetzt sei, sichergestellt, dass keine abweichende Willensbildung stattfinde. Dasselbe gewährleiste die Rechenschaftspflicht gegenüber der vom Kläger dominierten Hauptversammlung. Es entspreche der tatsächlichen Lebenserfahrung, dass bei einer derartigen Einbindung der B in die Abteilungsstrukturen des Klägers und in Anbetracht der personalen Abhängigkeit der Vorstände der B der Wille des Klägers bei der B umgesetzt werde. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur organisatorischen Eingliederung bei der Eingliederung einer Bank (in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft) in eine Versicherung - wie vorliegend - führe zu einem Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG), da nicht jede Rechtsform innerhalb einer Branche die Möglichkeit habe, eine umsatzsteuerliche Organschaft zu bilden. 28Die gleichheitswidrige Diskriminierung werde auch dadurch deutlich, dass Versicherern die Möglichkeit der Begründung einer Organschaft durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrages grundsätzlich nicht eröffnet sei, da diese Verträge dem Aufsichtsrecht unterstehen würden. Zwar seien solche Verträge nicht prinzipiell untersagt. Der Abschluss derartiger Unternehmensverträge sei aber zur Vermeidung einer Kumulation der Risiken aus Versicherungs- und Bankgeschäft aufsichtsrechtlich nicht erwünscht und werde in der Praxis des Aufsichtsamtes regelmäßig abgelehnt. 29Die enge Verbindung zwischen B und dem Kläger ergebe sich auch daraus, dass der Kläger gemäß § 11 des Gesetzes zur zusätzlichen Aufsicht über beaufsichtigte Unternehmen eines Finanzkonglomerats (FKAG) zum Finanzkonglomerat bestimmt worden sei, da die Bankaktivitäten einen erheblichen Anteil an den gesamten Finanzdienstleistungsaktivitäten darstellen würde. Gemäß § 25 FKAG sei der Vorstand des Mutterunternehmens verantwortlich für die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation im gesamten Finanzkonglomerat. Es hätten Vorgaben in Rahmenrichtlinien für verschiedene Governance-Funktionen (wie z.B. Risikomanagement oder interne Revision) erstellt und umgesetzt werden müssen, damit eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation konzernweit sichergestellt werden könne. Er, der Kläger, habe darüber hinaus konglomeratsweit Richtlinien zu erstellen, in die z.B. die B betreffende Themenbereiche, wie das Kartellrecht und Geldwäscheprävention, hätten integriert werden müssen. Die B sei verpflichtet, für sämtliche Konglomeratsmeldungen ihm, dem Kläger, Daten zu liefern. Zudem müsse im neuen Versicherungsaufsichtssystem (…) die B in die Gruppenberechnung integriert werden. 30Durch die B sei außerdem eine eigene Leasinggesellschaft gegründet sowie die … erworben und später auf die B verschmolzen worden. Die Finanzierung dieser Gesellschaften sei nahezu vollständig durch ihn, den Kläger, erfolgt, um das nach … und … erforderliche Kapital aufzubringen. Entsprechend der Finanzierung werde dieses Geschäft nach seinen, des Klägers, strategischen Vorgaben und unter dessen Controlling umgesetzt. 31Mit Schriftsatz vom 3.6.2019 legt der Kläger in der Anlage 2 eine Berechnung der Umsatzsteuerherabsetzung nach Konsolidierung der B im Organkreis vor, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, und führt ergänzend aus, dass ein Beherrschungsvertrag im Verhältnis eines Versicherungsunternehmens zu einem abhängigen Kreditinstitut durch die BaFin nicht genehmigungsfähig sei und dies der herrschenden Kommentarmeinung entspreche. 32Die Darstellung einer Personalunion scheitere daran, dass das jeweilige Vorstandsmitglied sowohl die fachlichen Voraussetzungen unter dem Versicherungsaufsichtsgesetz als auch unter dem Kreditwesengesetz erfüllen müsse („fit und proper"). Die entsprechenden sehr differenzierten Anforderungen in diesen beiden Finanzdienstleistungszweigen könnten nicht in einer Person erfüllt werden. Eine Personenidentität sei dadurch praktisch nicht herstellbar. 33Außerdem finde derzeit eine Anhörung der Industrieverbände zu dem vom BMF vorgeschlagenen Konzept einer Gruppenbesteuerung in Anlehnung an Art. 11 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) statt. Der Gesetzgeber bzw. die Spitze der Finanzverwaltung würde in diesem Zusammenhang die überfällige Konsequenz ziehen, dass neben der Unterwerfungserklärung der Gruppenmitglieder richtigerweise allein die enge wirtschaftliche Zusammenarbeit der Gruppenmitglieder ausschlaggebend sei, um das Kriterium der wirtschaftlichen Verbundenheit zu begründen. Die Kriterien der finanziellen und organisatorischen Verbundenheit würden danach allein durch die Unterwerfungserklärung begründet. Schließlich bleibe es dabei, dass es keine hinreichende Begründung für eine Schlechterstellung in umsatzsteuerlicher Sicht für Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche gebe, so dass Art. 3 GG berührt sei. 34Der Kläger beantragt (sinngemäß), 35unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids des Beklagten für 2011 vom 3.7.2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.10.2016 die Umsatzsteuer um 2.509.366,41 € niedriger auf 1.081.108,04 € festzusetzen, 36hilfsweise, die Revision zuzulassen. 37Der Beklagte beantragt, 38 die Klage abzuweisen. 39Zur Begründung nimmt der Beklagte Bezug auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass keines der vom Kläger vorgebrachten Argumente ihm, dem Kläger, eine institutionell abgesicherte unmittelbare Eingriffsmöglichkeit in den Kernbereich der laufenden Geschäftsführung eröffne. 40Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 3.6.2019 auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Der Beklagte hat sich dieser Erklärung mit Schriftsatz vom 6.6.2019 angeschlossen. 41Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die vom Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen. 42Entscheidungsgründe: 43I. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung. 44II. Die Klage ist unbegründet. 451) Der Umsatzsteuerbescheid des Beklagten für 2011 vom 3.7.2014 und die Einspruchsentscheidung vom 28.10.2016 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat das Vorliegen der Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen dem Kläger und der B in 2011 zu Recht verneint. 462) Eine umsatzsteuerliche Organschaft liegt nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG vor, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. 47a) Die Regelungen über die Organschaft in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG beruhen unionsrechtlich auf Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL, wonach jeder Mitgliedstaat nach Konsultation des Mehrwertsteuerausschusses in seinem Gebiet ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln kann. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG mit dem Erfordernis der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung ist unionsrechtskonform (BFH-Urteil vom 5.12.2007 V R 26/06, BFHE 219, 463, BStBl II 2008, 451 m.w.N.). 48b) Für die Annahme einer Organschaft ist es nicht erforderlich, dass alle drei in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG genannten Merkmale einer Eingliederung (finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch) sich gleichermaßen deutlich feststellen lassen; nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse kann die Selbständigkeit auch dann fehlen, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete nicht vollkommen ist (BFH-Urteil vom 3.4.2008 V R 76/05, Sammlung amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFHE – 221, 443, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2008 m. w. N.). Insbesondere ist es unschädlich, wenn bei finanzieller und organisatorischer Eingliederung die wirtschaftliche Eingliederung weniger deutlich zu Tage tritt. Allerdings reicht es nicht aus, dass eine Eingliederung nur in Bezug auf zwei der drei Merkmale besteht (BFH-Urteil vom 3.4.2008 V R 76/05, BFHE 221, 443, BStBl II 2008). Von der finanziellen Eingliederung kann daher z.B. nicht auf die wirtschaftliche Eingliederung geschlossen werden (BFH-Beschluss vom 20.9.2006 V B 138/05, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2007, 281). Ebenso wenig folgt aus der finanziellen die organisatorische Eingliederung (BFH-Urteil vom 5.12.2007 V R 26/06, BStBl II 2008, 451). 49c) Bei Anwendung von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG kommt § 17 AktG keine Bedeutung für einzelne Eingliederungsvoraussetzungen zu. Dies gilt insbesondere für das Merkmal der organisatorischen Eingliederung. § 17 AktG enthält bereits nach seinem Wortlaut keine Regelung zur organisatorischen Eingliederung. § 17 AktG knüpft die aktienrechtliche Abhängigkeitsvermutung vielmehr an das bloße Bestehen einer Mehrheitsbeteiligung und weicht damit von der spezialgesetzlichen Regelung des UStG ab, nach der es neben einer Mehrheitsbeteiligung auch auf wirtschaftliche und organisatorische Voraussetzungen ankommt (BFH-Urteil vom 5.12.2007 V R 26/06, BFHE 219, 463, BStBl II 2008, 451). 50d) Im Streitfall fehlt es vollständig an der organisatorischen Eingliederung der B in das Unternehmen des Klägers. Die organisatorische Eingliederung setzt voraus, dass die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung wirklich wahrgenommen wird (BFH-Urteil vom 28.1.1999 V R 32/98, BStBl. II 1999, 258). Nach früherer Rechtsprechung des BFH kam es darauf an, dass der Organträger die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrscht oder aber zumindest durch die Gestaltung der Beziehungen zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft sichergestellt ist, dass eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organgesellschaft nicht stattfindet (BFH-Urteil vom 5.12.2007 V R 26/06, BFHE 219, 463, BStBl II 2008, 451 m.w.N.). 51e) Diese Rechtsprechung ist verschärft worden. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, hat die "Verschmelzung zu einem einzigen Steuerpflichtigen" aufgrund der Organschaft zur Folge, dass der Organträger als Steuerpflichtiger für alle Organgesellschaften "öffentliche Gelder" als "Steuereinnehmer für Rechnung des Staates" zu vereinnahmen hat. Dies erfordert, dass zwischen Organträger und Organgesellschaft ein Über- und Unterordnungsverhältnis besteht, durch das der Organträger die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung auch rechtlich wahrnehmen kann. Nicht ausreichend ist, dass der Organträger bei der Organgesellschaft lediglich eine von seinem Willen abweichende Willensbildung ausschließen kann, da ein derartiges Vetorecht es dem Organträger nicht ermöglicht, die Aufgabe des "Steuereinnehmers" für die Organgesellschaft zu erfüllen. Für die organisatorische Eingliederung kommt es daher auf die Möglichkeit zur Willensdurchsetzung an (vgl. BFH-Urteil vom 8.8.2013 V R 18/13, BFHE 242, 433, BStBl II 2017, 543, Rn. 28 - 30). 52aa) Eine organisatorische Eingliederung liegt hiernach regelmäßig vor, wenn Personenidentität in den Leitungsgremien von Organträger und Organgesellschaft besteht (BFH-Urteil vom 17.1.2002 V R 37/00, BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373). Neben diesem Regelfall kann sich die organisatorische Eingliederung auch daraus ergeben, dass leitende Mitarbeiter des Organträgers als Geschäftsführer bzw. Vorstand der Organgesellschaft tätig sind (BFH-Urteil vom 20.8.2009 V R 30/06, BFHE 226, 465, BStBl II 2010, 863) Im Streitfall liegt keine Personenidentität in den Vertretungsorganen vor, denn im Jahr 2011 gab es kein Vorstandsmitglied des Klägers, das auch Mitglied im Vorstand der B war. Ebenso wenig war ein leitender Mitarbeiter des Klägers im Vorstand der B vertreten. 53bb) Eine organisatorische Eingliederung wird darüber hinaus auch nicht durch andere organisatorische Maßnahmen erreicht. In Abwesenheit einer personellen Verflechtung können institutionell abgesicherte unmittelbare Eingriffsmöglichkeiten in den Kernbereich der laufenden Geschäftsführung eine organisatorische Eingliederung bewirken (BFH-Urteil vom 3.4.2008 V R 76/05, BFHE 221, 443, BStBl II 2008, 905). Kann der Organträger ein Letztentscheidungsrecht in Angelegenheiten der laufenden Geschäftsführung gegenüber Dritten nachweisen oder das Geschäftsleitungsgremium bei Verstößen gegen eine Anweisung haftbar machen, so ist – trotz fehlender Personenidentität in den Leitungsgremien – von einer organisatorischen Eingliederung auszugehen (vgl. BFH-Urteil vom 5.12.2007 V R 26/06, BFHE 219, 463, BStBl II 2008, 451). 54Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Zwischen dem Kläger und B ist kein Beherrschungsvertrag im Sinne von § 291 AktG abgeschlossen worden, B ist nicht nach §§ 319, 320 AktG in den Kläger eingegliedert worden, noch hat es irgendeine andere schriftlich fixierte Vereinbarung zwischen dem Kläger und der B gegeben, die den Nachweis eines unmittelbaren Einflusses des Klägers auf die laufende Geschäftsführung der B gegenüber Dritten ermöglichen würde. 55Aufgrund der sich aus der Verlagerung der Steuerschuld auf den Organträger ergebenden finanziellen Auswirkungen kommt dem Grundsatz der Rechtssicherheit bei der Auslegung der für das Vorliegen einer Organschaft erforderlichen Eingliederungsmerkmale besondere Bedeutung zu. Da die Organschaft nicht von einem Antrag des Organträgers abhängt, muss der Organträger in der Lage sein, anhand der Eingliederungsvoraussetzungen das Bestehen einer Organschaft rechtssicher feststellen zu können (BFH-Urteil vom 22.4.2010 V R 9/09, BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597). Vor diesem Hintergrund sind insbesondere Umstände, die lediglich eine faktische Einflussmöglichkeit auf die laufende Geschäftsführung und das Geschäftsleitungsgremium gewähren, grundsätzlich nicht als geeignet anzusehen, eine organisatorische Eingliederung zu bewirken. Im Gegensatz zu klaren, rechtlich verbindlichen und schriftlich fixierten Einflussmöglichkeiten würde bei allein faktischen Einflussmöglichkeiten stets die Frage im Raum stehen, ob ein hinreichender Einfluss auf die laufende Geschäftsführung für die Annahme einer organisatorischen Eingliederung vorhanden ist. 56cc) So begründen ein gemeinsames Rechnungswesen, eine umfassende Kooperation in IT-Angelegenheiten unter Leitung des Klägers, die Nutzung des Druckstraßensystems, des Archivsystems, der Versand- und Vertriebsorganisation des Klägers sowie die Anmietung des im Eigentum des Klägers stehenden Bürogebäudes keinen rechtlich verbindlichen Einfluss auf die laufende Geschäftsführung, der gegenüber Dritten nachweisbar wäre oder zu einer Haftung des Vorstands der B führen würde, wenn dieser von Anweisungen des Klägers betreffend die laufende Geschäftsführung abweichen würde. Dasselbe gilt für das umfassende zwischen dem Kläger und der B eingerichtete Berichtswesen. Die Pflicht zu Berichterstattung allein gewährt keinen rechtlich verbindlichen Einfluss auf die laufende Geschäftsführung des Klägers. 57dd) Auch die Qualifizierung des Klägers und der B als Finanzkonglomerat i. S. des FKAG führt nicht zur Begründung einer organisatorischen Eingliederung. Die sich aus dem FKAG ergebenden aufsichtsrechtlichen Verpflichtungen, z.B. zur Führung einer ordnungsgemäße Geschäftsorganisation (§ 25 FKAG), haben keinen Einfluss auf die Möglichkeit der Willensdurchsetzung des übergeordneten Unternehmen des Finanzkonglomerats gegenüber einem nachgeordneten Unternehmen. 58ee) Die Bestimmung der mehrheitlichen Besetzung des Aufsichtsrats der B durch den Vorstand des Klägers begründet ebenfalls keine derartige Einflussmöglichkeit. Der Vorstand der B unterliegt gemäß § 76 AktG keinen Weisungen. Soweit der Vorstand der B bei Zuwiderhandlung gegen Anweisungen der Vorstände des Klägers befürchten muss, dass die Anstellungsverträge durch den Aufsichtsrat nicht verlängert werden, handelt es sich gerade nicht um eine institutionell abgesicherte unmittelbare Eingriffsmöglichkeit in den Kernbereich der laufenden Geschäftsführung, sondern um eine faktische Einflussmöglichkeit. 59Soweit der Kreditausschuss über die Kreditvergabe ab einer bestimmten Größenordnung entscheidet, handelt es sich um außergewöhnliche Geschäftsvorfälle und gerade nicht um den Kernbereich der laufenden Geschäftstätigkeit. Dasselbe gilt für die in der Geschäftsordnung des Vorstands der B vorgesehenen Einwilligungsvorbehalte zugunsten des Aufsichtsrats. 603) Auch ein Verstoß gegen Art. 3 GG ist nicht gegeben. Versicherungen sind durch das Aufsichtsrecht an der Begründung einer umsatzsteuerlichen Organschaft nicht schlechthin gehindert. Die Begründung einer umsatzsteuerlichen Organschaft ist vor dem Hintergrund der Genehmigungsbedürftigkeit des Abschlusses von Beherrschungsverträgen (§ 5 Abs. 3 Nr. 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG)) oder der Anforderungen an die berufliche Qualifikation der Vorstände lediglich erschwert. Die aufsichtsrechtlichen Vorgaben stellen hingegen keinen Grund dar, für Versicherungsunternehmen oder Banken geringere Anforderungen an die Begründung einer umsatzsteuerlichen Organschaft zu stellen. 61Außerdem ist nicht erkennbar, dass die umsatzsteuerlichen Vorschriften über die Organschaft als Mittel zur Verfolgung außerumsatzsteuerlicher, d.h. aufsichtsrechtlicher, Zwecke verwendet werden, wodurch sich eine aus dem Umsatzsteuerrecht heraus sachlich nicht begründbare Ungleichbehandlung hätte ergeben können (vgl. hierzu z.B. FG Münster, Urteil vom 18.3.2014 15 K 4236/11 U, EFG 2014, 1047). Die Schwierigkeit, aufgrund aufsichtsrechtlicher Vorgaben eine umsatzsteuerliche Organschaft zu begründen, ist nach Auffassung des erkennenden Senats lediglich eine Reflexwirkung des Aufsichtsrechts. 62III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 Abs. 2 FGO). | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. die revision wird zugelassen. 1 | 2strittig ist, ob im jahr 2011 zwischen dem kläger als organträger und der b-bank ag (b) als organgesellschaft eine umsatzsteuerliche organschaft bestand. 3der kläger hielt in 2011 eine beteiligung von 100 % am grundkapital der b und verfügte über die mehrheit der stimmrechte. 4die b war teil der strategischen ausrichtung innerhalb des konzerns des klägers. in der sparte finanzdienstleistungen war b produktgeber zahlreicher finanzdienstleistungsprodukte. die b wurde durch den kläger mit dem ziel erworben, finanzdienstleistungsprodukte zur kundenbindung und zur neuakquisition im versicherungsgeschäft einsetzen zu können. die finanzdienstleistungsprodukte der b in den bereichen …, … und … waren für das versicherungsgeschäft des klägers von besonderer bedeutung. die produktgestaltung fand unter führung des klägers statt. 5die b war – neben dem rechnungswesen, dem portfolio-management, den immobilien, den finanzdienstleistungen und der allgemeinen verwaltung – i, einem von fünf vorständen des klägers, verantwortlich unterstellt. i erzielte im jahr 2011 eine variable vergütung. der anteil der variablen vergütung, die i durch von der b erreichte ziele erhielt, belief sich auf 6,5 %. 6das rechnungswesen des klägers und der b waren eng miteinander verknüpft. zwischen den zuständigen sachbearbeitenden stellen und den vorständen des klägers und der b bestand ein standardisierter informationsaustausch. entscheidungen in einzelfragen betreffend das rechnungswesen auf ebene der b waren mit dem zuständigen leiter des rechnungswesens des klägers oder dem zuständigen vorstand des klägers abzustimmen. die finanzbuchhaltung der b war auf den kläger ausgelagert. das rechnungswesen des klägers erledigte die buchführungskoordination und die erstellung von benutzerkonten auch für die b. b berichtete die finanz- und kapitalanlagedaten monatlich an das rechnungswesen und das portfolio-management des klägers. 7der kläger und b stimmten sich über die risikostrategie ab, wobei sämtliche risikomanagementaufgaben gegenstand der abstimmung waren. b erstellte quartalsweise risikoberichte, die vor der übersendung an die bankenaufsicht mit dem vorstand des klägers besprochen wurden. b lieferte i und dem risikomanager des klägers quartalsweise berechnungen zur risikotragfähigkeit und zu den eigenkapitalerfordernissen der b. zudem berichtete b gegenüber i und den beim kläger verantwortlichen zu einzelrisiken, wie wohnbaudarlehen und adressausfallrisiken. einmal im jahr trafen sich i und der vorstand der b zum thema risikomanagement und strategie. außerdem berichtete b dem verantwortlichen vorstand des klägers über wesentliche kundenbeschwerden. der kläger und b benutzten eine einheitliche edv-struktur. das hosting der server wurde durch den kläger für die b vorgenommen. die it-arbeitsgruppe wurde personell ganz überwiegend durch mitarbeiter des klägers besetzt. sämtliche relevanten softwareinvestitionen seitens b mussten vom kläger genehmigt werden. die bei b zu verwendende software wurde durch den kläger vorgegeben. beim kläger waren einige für b relevante prozesse, wie das druckstraßensystem, das archivsystem und der versand von unterlagen konzentriert. b nutzte die vertriebsorganisation des klägers. die bankprodukte der b wurden über die außendienstorganisation des klägers vertrieben, die ihrerseits mit selbständigen vermittlern arbeitete. in der schalterhalle der b wurden für die regionalen kunden agenturen des klägers eingerichtet. das bürogebäude der b in c stand im eigentum des klägers. 8der aufsichtsrat der b bestand aus sechs personen. vier mitglieder, insbesondere der vorsitzende und sein stellvertreter, wurden durch den kläger besetzt, zwei mitglieder waren arbeitnehmer der b. nach ziffer iv nr. 1 bis 15 der geschäftsordnung für den vorstand der b bedurften die folgenden geschäfte der vorherigen zustimmung des aufsichtsrats: 91. die jahresplanung auf der grundlage einer mittelfristigen strategischen planung. sie besteht mindestens aus umsatzplanung; planbilanz und plan-gewinn- und verlustrechnung, finanzplanung, investitionsplanung und personalplanung; 102. aufnahme und einstellung von geschäftszweigen; 113. die errichtung, verlegung und auflösung von tochtergesellschaften und niederlassungen sowie der erwerb und die veräußerung von beteiligungen; 124. erwerb, veräußerung und belastung von grundstücken und grundstücksgleichen rechten, soweit diese nicht zur wahrung von rechten der gesellschaft in der zwangsversteigerung erworben werden; 135. aufnahme langfristiger verbindlichkeiten, insbesondere anleihen, sowie gewährung von krediten, die über den üblichen rahmen des bisherigen geschäfts hinausgehen; 146. änderung der geschäftsverteilung innerhalb der geschäftsführung; 157. delegation von kompetenzen des vorstands auf mitarbeiter der gesellschaft außerhalb der separat festgelegten kompetenzregelung; 168. bestellung von generalbevollmächtigten, deren befugnisse im einvernehmen mit dem aufsichtsrat festzusetzen sind, erteilung von prokuren und deren widerruf; 179. abschluss und aufhebung von anstellungsverträgen, die ein jahresgehalt von mehr als 100.000,- € oder eine beteiligung am gewinn der gesellschaft vorsehen, sowie änderungen, soweit sie über normale anpassungen hinausgehen; 1810. eingehung von wechselverbindlichkeiten über € 300.000,- €; 1911. abschluss und aufhebung von miet- und pachtverträgen sowie sonstigen verträgen, soweit das jahresentgelt je vertrag 60.000,- € oder die gesamtverpflichtung je vertrag 300.000,- € übersteigt; 2012. einzelinvestitionen über 80.000,- €, auch soweit sie im rahmen des jährlichen investitionsbudgets liegen; 2113. errichtung und dotierung von sozialeinrichtungen; 2214. grundsätzliche entscheidungen zu steuerrechtlichen fragen, steuerverfahren und betriebsprüfungen; 2315. führung und erledigung von rechtsstreitigkeiten, die erkennbar von grundsätzlicher bedeutung sind oder deren streitwert den betrag von 300.000,- € überschreitet. 24der kläger reichte am 24.10.2012 eine eine abschlusszahlung ausweisende umsatzsteuererklärung für 2011 mit einer umsatzsteuer von 3.559.636,83 € beim beklagten ein. für die jahre 2010 und 2011 führte das finanzamt für groß- und konzernbetriebsprüfung e eine außenprüfung beim kläger durch, aufgrund derer die umsatzsteuer durch den beklagten mit bescheid vom 3.7.2014 auf 3.590.474,26 € festgesetzt wurde. der vorbehalt der nachprüfung wurde aufgehoben. dagegen legte der kläger einspruch ein. zwischen ihm und der b würde eine umsatzsteuerliche organschaft bestehen. eine konsolidierung der umsätze und vorsteuern würde zu einer herabsetzung der umsatzsteuerfestsetzung beim kläger führen. 25der beklagte wies den einspruch mit einspruchsentscheidung vom 28.10.2016 als unbegründet zurück. zur begründung führte er aus, dass es an der für die umsatzsteuerliche organschaft erforderlichen organisatorischen eingliederung fehle. durch organisatorische maßnahmen müsse sichergestellt sein, dass der organträger in der geschäftsführung der organgesellschaft seinen willen durchsetzen könne. dies sei nicht der fall, da keine personalunion zwischen den leitungsgremien des klägers und der geschäftsführung der b bestehe. zwar seien von den sechs aufsichtsratsmitgliedern der b vier von seiten des klägers besetzt. da aber bei einer ag der vorstand der ag die gesellschaft unter eigener verantwortung leite, seine vertretungsbefugnis unbeschränkt sei und er hinsichtlich der durchführung der laufenden geschäftstätigkeit nicht an weisungen des aufsichtsrats gebunden sei, sei diese personelle verflechtung für die anerkennung einer umsatzsteuerlichen organschaft nicht ausreichend. im vorstand der b sei der kläger personell nicht vertreten. kein mitglied des vorstands und kein leitender angestellter des klägers sei im vorstand der b vertreten, so dass nicht einmal teilweise eine personalunion vorliege. außerdem habe der kläger mit der b keinen beherrschungs- und gewinnabführungsvertrag abgeschlossen, auf den sich eine organschaft stützen ließe. 26zur begründung seiner daraufhin erhobenen klage trägt der kläger vor, dass sowohl die finanzielle, wirtschaftliche als auch die organisatorische eingliederung der b in das unternehmen des klägers gegeben seien. die organisatorische eingliederung habe das geringste gewicht. das merkmal der organisatorischen eingliederung habe außerdem schnittstellen mit der wirtschaftlichen eingliederung; das merkmal habe daher nicht immer klare konturen. die organisatorische eingliederung ergebe sich aus den gesellschaftsrechtlichen einwirkungsmöglichkeiten, die in satzung, geschäftsordnung und dem gesetz niedergelegt seien. die organisatorische eingliederung ergebe sich außerdem aus den umfangreichen berichtspflichten, die b gegenüber dem kläger erfülle. aus der gemeinsamen geschäftsfeldstrategie, der abgestimmten und vom kläger entschiedenen produktstrategie, der einbindung der b in die vertriebsstrategie des klägers, der gemeinsamen nutzung der it-infrastruktur, der archivsysteme, der druckstraßen und dem gemeinsam organisierten versand folge die wirtschaftliche und organisatorische eingliederung. da b ohne den kläger wirtschaftlich nicht lebensfähig sei, müsse die wirtschaftliche und organisatorische eingliederung gegeben sein. bereits der historische gesetzgeber und das preußische ovg hätten zur gewerbesteuerlichen organschaft, aus der sich die umsatzsteuerliche organschaft entwickelt habe, auf die „willensmäßige abhängigkeit“ abgestellt, die vorliegend erfüllt sei. aus dem wortlaut der mehrwertsteuersystemrichtlinie sei ableitbar, dass es auf die „enge verbundenheit“ zwischen organträger und organgesellschaft ankomme und nicht auf rechtlich durchsetzbare weisungsmöglichkeiten. eine auslegung der deutschen vorschriften, die für den individuellen sachverhalt darauf abstelle, dass mangels beherrschungsvertrag und mangels personenidentität in den vorständen des klägers und der b eine umsatzsteuerliche organschaft ausscheide, sei von der richtlinienvorgabe nicht gedeckt. dies jedenfalls wegen der aufsichtsrechtlichen anforderungen, die eine derartige formale organisatorische eingliederung verhindere. 27es sei zwar richtig, dass die rechtsprechung die organisatorische eingliederung bejahe, wenn durch einen beherrschungsvertrag oder durch personenidentität der vorstände gewährleistet sei, dass keine abweichende willensbildung stattfinde. dies bedeute aber nicht, dass bei fehlen dieser kriterien, wegen eines anderweitigen, sich im gesetzlichen schutzzweck des aufsichtsrechts erschöpfenden regelungsziels, eine organisatorische eingliederung notwendigerweise ausscheide. das merkmal der personenidentität sei nicht zwingend. das merkmal der organisatorischen eingliederung sei nach dem gesamtbild der tatsächlichen verhältnisse zu beurteilen, müsse also nicht voll ausgeprägt sein. aus der wahrnehmung betriebsnotwendiger funktionen und deren administrativer bewältigung durch den kläger für b läge eine faktische einordnung der b in die organisation des klägers vor. es sei zwar richtig, dass anders als bei einer gmbh der vorstand einer ag aktienrechtlich die gesellschaft unter eigener verantwortung leite, seine vertretungsbefugnis gemäß § 82 abs. 1 des aktiengesetzes (aktg) nicht beschränkt sei und er hinsichtlich der durchführung der laufenden geschäftsführungstätigkeit nicht an weisungen des aufsichtsrates oder der hauptversammlung gebunden sei. diesen umständen könne jedoch keine bestimmende bedeutung zukommen, da sonst bei aktiengesellschaften aus gesellschaftsverfassungsrechtlichen gründen eine organschaft stets ausgeschlossen sei. außerdem werde nach § 17 abs. 2 aktg bei mehrheitsbesitz die abhängigkeit vermutet. maßgeblich und hinreichend für eine organisatorische eingliederung sei allein die „faktische“ durchsetzbarkeit des willens der muttergesellschaft bei der willensbildung der tochtergesellschaft, die auch durch andere einflussmöglichkeiten gewährleistet werden könne. so sei etwa durch die abhängigkeit des vorstands der b von dem ihn bestellenden (und nach ablauf von dessen vertragsperiode ihn ggf. nicht erneut bestellenden) aufsichtsrat, der mehrheitlich durch vorstände des klägers besetzt sei, sichergestellt, dass keine abweichende willensbildung stattfinde. dasselbe gewährleiste die rechenschaftspflicht gegenüber der vom kläger dominierten hauptversammlung. es entspreche der tatsächlichen lebenserfahrung, dass bei einer derartigen einbindung der b in die abteilungsstrukturen des klägers und in anbetracht der personalen abhängigkeit der vorstände der b der wille des klägers bei der b umgesetzt werde. die bisherige rechtsprechung des bundesfinanzhofs (bfh) zur organisatorischen eingliederung bei der eingliederung einer bank (in der rechtsform einer aktiengesellschaft) in eine versicherung - wie vorliegend - führe zu einem verstoß gegen art. 3 des grundgesetzes (gg), da nicht jede rechtsform innerhalb einer branche die möglichkeit habe, eine umsatzsteuerliche organschaft zu bilden. 28die gleichheitswidrige diskriminierung werde auch dadurch deutlich, dass versicherern die möglichkeit der begründung einer organschaft durch den abschluss eines beherrschungsvertrages grundsätzlich nicht eröffnet sei, da diese verträge dem aufsichtsrecht unterstehen würden. zwar seien solche verträge nicht prinzipiell untersagt. der abschluss derartiger unternehmensverträge sei aber zur vermeidung einer kumulation der risiken aus versicherungs- und bankgeschäft aufsichtsrechtlich nicht erwünscht und werde in der praxis des aufsichtsamtes regelmäßig abgelehnt. 29die enge verbindung zwischen b und dem kläger ergebe sich auch daraus, dass der kläger gemäß § 11 des gesetzes zur zusätzlichen aufsicht über beaufsichtigte unternehmen eines finanzkonglomerats (fkag) zum finanzkonglomerat bestimmt worden sei, da die bankaktivitäten einen erheblichen anteil an den gesamten finanzdienstleistungsaktivitäten darstellen würde. gemäß § 25 fkag sei der vorstand des mutterunternehmens verantwortlich für die ordnungsgemäße geschäftsorganisation im gesamten finanzkonglomerat. es hätten vorgaben in rahmenrichtlinien für verschiedene governance-funktionen (wie z.b. risikomanagement oder interne revision) erstellt und umgesetzt werden müssen, damit eine ordnungsgemäße geschäftsorganisation konzernweit sichergestellt werden könne. er, der kläger, habe darüber hinaus konglomeratsweit richtlinien zu erstellen, in die z.b. die b betreffende themenbereiche, wie das kartellrecht und geldwäscheprävention, hätten integriert werden müssen. die b sei verpflichtet, für sämtliche konglomeratsmeldungen ihm, dem kläger, daten zu liefern. zudem müsse im neuen versicherungsaufsichtssystem (…) die b in die gruppenberechnung integriert werden. 30durch die b sei außerdem eine eigene leasinggesellschaft gegründet sowie die … erworben und später auf die b verschmolzen worden. die finanzierung dieser gesellschaften sei nahezu vollständig durch ihn, den kläger, erfolgt, um das nach … und … erforderliche kapital aufzubringen. entsprechend der finanzierung werde dieses geschäft nach seinen, des klägers, strategischen vorgaben und unter dessen controlling umgesetzt. 31mit schriftsatz vom 3.6.2019 legt der kläger in der anlage 2 eine berechnung der umsatzsteuerherabsetzung nach konsolidierung der b im organkreis vor, auf die wegen der einzelheiten verwiesen wird, und führt ergänzend aus, dass ein beherrschungsvertrag im verhältnis eines versicherungsunternehmens zu einem abhängigen kreditinstitut durch die bafin nicht genehmigungsfähig sei und dies der herrschenden kommentarmeinung entspreche. 32die darstellung einer personalunion scheitere daran, dass das jeweilige vorstandsmitglied sowohl die fachlichen voraussetzungen unter dem versicherungsaufsichtsgesetz als auch unter dem kreditwesengesetz erfüllen müsse („fit und proper"). die entsprechenden sehr differenzierten anforderungen in diesen beiden finanzdienstleistungszweigen könnten nicht in einer person erfüllt werden. eine personenidentität sei dadurch praktisch nicht herstellbar. 33außerdem finde derzeit eine anhörung der industrieverbände zu dem vom bmf vorgeschlagenen konzept einer gruppenbesteuerung in anlehnung an art. 11 der richtlinie 2006/112/eg des rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame mehrwertsteuersystem (mwstsystrl) statt. der gesetzgeber bzw. die spitze der finanzverwaltung würde in diesem zusammenhang die überfällige konsequenz ziehen, dass neben der unterwerfungserklärung der gruppenmitglieder richtigerweise allein die enge wirtschaftliche zusammenarbeit der gruppenmitglieder ausschlaggebend sei, um das kriterium der wirtschaftlichen verbundenheit zu begründen. die kriterien der finanziellen und organisatorischen verbundenheit würden danach allein durch die unterwerfungserklärung begründet. schließlich bleibe es dabei, dass es keine hinreichende begründung für eine schlechterstellung in umsatzsteuerlicher sicht für unternehmen der finanzdienstleistungsbranche gebe, so dass art. 3 gg berührt sei. 34der kläger beantragt (sinngemäß), 35unter änderung des umsatzsteuerbescheids des beklagten für 2011 vom 3.7.2014 in der gestalt der einspruchsentscheidung vom 28.10.2016 die umsatzsteuer um 2.509.366,41 € niedriger auf 1.081.108,04 € festzusetzen, 36hilfsweise, die revision zuzulassen. 37der beklagte beantragt, 38 die klage abzuweisen. 39zur begründung nimmt der beklagte bezug auf die einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass keines der vom kläger vorgebrachten argumente ihm, dem kläger, eine institutionell abgesicherte unmittelbare eingriffsmöglichkeit in den kernbereich der laufenden geschäftsführung eröffne. 40der kläger hat mit schriftsatz vom 3.6.2019 auf durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet. der beklagte hat sich dieser erklärung mit schriftsatz vom 6.6.2019 angeschlossen. 41wegen weiterer einzelheiten wird auf den inhalt der gerichtsakten und die vom beklagten übersandten verwaltungsvorgänge verwiesen. 42 | 43i. der senat entscheidet mit einverständnis der beteiligten gemäß § 90 abs. 2 der finanzgerichtsordnung (fgo) ohne mündliche verhandlung. 44ii. die klage ist unbegründet. 451) der umsatzsteuerbescheid des beklagten für 2011 vom 3.7.2014 und die einspruchsentscheidung vom 28.10.2016 sind rechtmäßig und verletzen den kläger nicht in seinen rechten (§ 100 abs. 1 satz 1 fgo). der beklagte hat das vorliegen der voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen organschaft zwischen dem kläger und der b in 2011 zu recht verneint. 462) eine umsatzsteuerliche organschaft liegt nach § 2 abs. 2 nr. 2 ustg vor, wenn eine juristische person nach dem gesamtbild der tatsächlichen verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das unternehmen des organträgers eingegliedert ist. 47a) die regelungen über die organschaft in § 2 abs. 2 nr. 2 ustg beruhen unionsrechtlich auf art. 11 abs. 1 mwstsystrl, wonach jeder mitgliedstaat nach konsultation des mehrwertsteuerausschusses in seinem gebiet ansässige personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen steuerpflichtigen behandeln kann. § 2 abs. 2 nr. 2 ustg mit dem erfordernis der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen eingliederung ist unionsrechtskonform (bfh-urteil vom 5.12.2007 v r 26/06, bfhe 219, 463, bstbl ii 2008, 451 m.w.n.). 48b) für die annahme einer organschaft ist es nicht erforderlich, dass alle drei in § 2 abs. 2 nr. 2 ustg genannten merkmale einer eingliederung (finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch) sich gleichermaßen deutlich feststellen lassen; nach dem gesamtbild der tatsächlichen verhältnisse kann die selbständigkeit auch dann fehlen, wenn die eingliederung auf einem der drei gebiete nicht vollkommen ist (bfh-urteil vom 3.4.2008 v r 76/05, sammlung amtlich veröffentlichter entscheidungen des bfh – bfhe – 221, 443, bundessteuerblatt – bstbl – ii 2008 m. w. n.). insbesondere ist es unschädlich, wenn bei finanzieller und organisatorischer eingliederung die wirtschaftliche eingliederung weniger deutlich zu tage tritt. allerdings reicht es nicht aus, dass eine eingliederung nur in bezug auf zwei der drei merkmale besteht (bfh-urteil vom 3.4.2008 v r 76/05, bfhe 221, 443, bstbl ii 2008). von der finanziellen eingliederung kann daher z.b. nicht auf die wirtschaftliche eingliederung geschlossen werden (bfh-beschluss vom 20.9.2006 v b 138/05, sammlung amtlich nicht veröffentlichter entscheidungen des bfh – bfh/nv – 2007, 281). ebenso wenig folgt aus der finanziellen die organisatorische eingliederung (bfh-urteil vom 5.12.2007 v r 26/06, bstbl ii 2008, 451). 49c) bei anwendung von § 2 abs. 2 nr. 2 ustg kommt § 17 aktg keine bedeutung für einzelne eingliederungsvoraussetzungen zu. dies gilt insbesondere für das merkmal der organisatorischen eingliederung. § 17 aktg enthält bereits nach seinem wortlaut keine regelung zur organisatorischen eingliederung. § 17 aktg knüpft die aktienrechtliche abhängigkeitsvermutung vielmehr an das bloße bestehen einer mehrheitsbeteiligung und weicht damit von der spezialgesetzlichen regelung des ustg ab, nach der es neben einer mehrheitsbeteiligung auch auf wirtschaftliche und organisatorische voraussetzungen ankommt (bfh-urteil vom 5.12.2007 v r 26/06, bfhe 219, 463, bstbl ii 2008, 451). 50d) im streitfall fehlt es vollständig an der organisatorischen eingliederung der b in das unternehmen des klägers. die organisatorische eingliederung setzt voraus, dass die mit der finanziellen eingliederung verbundene möglichkeit der beherrschung der tochtergesellschaft durch die muttergesellschaft in der laufenden geschäftsführung wirklich wahrgenommen wird (bfh-urteil vom 28.1.1999 v r 32/98, bstbl. ii 1999, 258). nach früherer rechtsprechung des bfh kam es darauf an, dass der organträger die organgesellschaft durch die art und weise der geschäftsführung beherrscht oder aber zumindest durch die gestaltung der beziehungen zwischen dem organträger und der organgesellschaft sichergestellt ist, dass eine vom willen des organträgers abweichende willensbildung bei der organgesellschaft nicht stattfindet (bfh-urteil vom 5.12.2007 v r 26/06, bfhe 219, 463, bstbl ii 2008, 451 m.w.n.). 51e) diese rechtsprechung ist verschärft worden. nach nunmehr ständiger rechtsprechung des bfh, der sich der erkennende senat anschließt, hat die "verschmelzung zu einem einzigen steuerpflichtigen" aufgrund der organschaft zur folge, dass der organträger als steuerpflichtiger für alle organgesellschaften "öffentliche gelder" als "steuereinnehmer für rechnung des staates" zu vereinnahmen hat. dies erfordert, dass zwischen organträger und organgesellschaft ein über- und unterordnungsverhältnis besteht, durch das der organträger die mit der finanziellen eingliederung verbundene möglichkeit der beherrschung der tochtergesellschaft in der laufenden geschäftsführung auch rechtlich wahrnehmen kann. nicht ausreichend ist, dass der organträger bei der organgesellschaft lediglich eine von seinem willen abweichende willensbildung ausschließen kann, da ein derartiges vetorecht es dem organträger nicht ermöglicht, die aufgabe des "steuereinnehmers" für die organgesellschaft zu erfüllen. für die organisatorische eingliederung kommt es daher auf die möglichkeit zur willensdurchsetzung an (vgl. bfh-urteil vom 8.8.2013 v r 18/13, bfhe 242, 433, bstbl ii 2017, 543, rn. 28 - 30). 52aa) eine organisatorische eingliederung liegt hiernach regelmäßig vor, wenn personenidentität in den leitungsgremien von organträger und organgesellschaft besteht (bfh-urteil vom 17.1.2002 v r 37/00, bfhe 197, 357, bstbl ii 2002, 373). neben diesem regelfall kann sich die organisatorische eingliederung auch daraus ergeben, dass leitende mitarbeiter des organträgers als geschäftsführer bzw. vorstand der organgesellschaft tätig sind (bfh-urteil vom 20.8.2009 v r 30/06, bfhe 226, 465, bstbl ii 2010, 863) im streitfall liegt keine personenidentität in den vertretungsorganen vor, denn im jahr 2011 gab es kein vorstandsmitglied des klägers, das auch mitglied im vorstand der b war. ebenso wenig war ein leitender mitarbeiter des klägers im vorstand der b vertreten. 53bb) eine organisatorische eingliederung wird darüber hinaus auch nicht durch andere organisatorische maßnahmen erreicht. in abwesenheit einer personellen verflechtung können institutionell abgesicherte unmittelbare eingriffsmöglichkeiten in den kernbereich der laufenden geschäftsführung eine organisatorische eingliederung bewirken (bfh-urteil vom 3.4.2008 v r 76/05, bfhe 221, 443, bstbl ii 2008, 905). kann der organträger ein letztentscheidungsrecht in angelegenheiten der laufenden geschäftsführung gegenüber dritten nachweisen oder das geschäftsleitungsgremium bei verstößen gegen eine anweisung haftbar machen, so ist – trotz fehlender personenidentität in den leitungsgremien – von einer organisatorischen eingliederung auszugehen (vgl. bfh-urteil vom 5.12.2007 v r 26/06, bfhe 219, 463, bstbl ii 2008, 451). 54diese voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. zwischen dem kläger und b ist kein beherrschungsvertrag im sinne von § 291 aktg abgeschlossen worden, b ist nicht nach §§ 319, 320 aktg in den kläger eingegliedert worden, noch hat es irgendeine andere schriftlich fixierte vereinbarung zwischen dem kläger und der b gegeben, die den nachweis eines unmittelbaren einflusses des klägers auf die laufende geschäftsführung der b gegenüber dritten ermöglichen würde. 55aufgrund der sich aus der verlagerung der steuerschuld auf den organträger ergebenden finanziellen auswirkungen kommt dem grundsatz der rechtssicherheit bei der auslegung der für das vorliegen einer organschaft erforderlichen eingliederungsmerkmale besondere bedeutung zu. da die organschaft nicht von einem antrag des organträgers abhängt, muss der organträger in der lage sein, anhand der eingliederungsvoraussetzungen das bestehen einer organschaft rechtssicher feststellen zu können (bfh-urteil vom 22.4.2010 v r 9/09, bfhe 229, 433, bstbl ii 2011, 597). vor diesem hintergrund sind insbesondere umstände, die lediglich eine faktische einflussmöglichkeit auf die laufende geschäftsführung und das geschäftsleitungsgremium gewähren, grundsätzlich nicht als geeignet anzusehen, eine organisatorische eingliederung zu bewirken. im gegensatz zu klaren, rechtlich verbindlichen und schriftlich fixierten einflussmöglichkeiten würde bei allein faktischen einflussmöglichkeiten stets die frage im raum stehen, ob ein hinreichender einfluss auf die laufende geschäftsführung für die annahme einer organisatorischen eingliederung vorhanden ist. 56cc) so begründen ein gemeinsames rechnungswesen, eine umfassende kooperation in it-angelegenheiten unter leitung des klägers, die nutzung des druckstraßensystems, des archivsystems, der versand- und vertriebsorganisation des klägers sowie die anmietung des im eigentum des klägers stehenden bürogebäudes keinen rechtlich verbindlichen einfluss auf die laufende geschäftsführung, der gegenüber dritten nachweisbar wäre oder zu einer haftung des vorstands der b führen würde, wenn dieser von anweisungen des klägers betreffend die laufende geschäftsführung abweichen würde. dasselbe gilt für das umfassende zwischen dem kläger und der b eingerichtete berichtswesen. die pflicht zu berichterstattung allein gewährt keinen rechtlich verbindlichen einfluss auf die laufende geschäftsführung des klägers. 57dd) auch die qualifizierung des klägers und der b als finanzkonglomerat i. s. des fkag führt nicht zur begründung einer organisatorischen eingliederung. die sich aus dem fkag ergebenden aufsichtsrechtlichen verpflichtungen, z.b. zur führung einer ordnungsgemäße geschäftsorganisation (§ 25 fkag), haben keinen einfluss auf die möglichkeit der willensdurchsetzung des übergeordneten unternehmen des finanzkonglomerats gegenüber einem nachgeordneten unternehmen. 58ee) die bestimmung der mehrheitlichen besetzung des aufsichtsrats der b durch den vorstand des klägers begründet ebenfalls keine derartige einflussmöglichkeit. der vorstand der b unterliegt gemäß § 76 aktg keinen weisungen. soweit der vorstand der b bei zuwiderhandlung gegen anweisungen der vorstände des klägers befürchten muss, dass die anstellungsverträge durch den aufsichtsrat nicht verlängert werden, handelt es sich gerade nicht um eine institutionell abgesicherte unmittelbare eingriffsmöglichkeit in den kernbereich der laufenden geschäftsführung, sondern um eine faktische einflussmöglichkeit. 59soweit der kreditausschuss über die kreditvergabe ab einer bestimmten größenordnung entscheidet, handelt es sich um außergewöhnliche geschäftsvorfälle und gerade nicht um den kernbereich der laufenden geschäftstätigkeit. dasselbe gilt für die in der geschäftsordnung des vorstands der b vorgesehenen einwilligungsvorbehalte zugunsten des aufsichtsrats. 603) auch ein verstoß gegen art. 3 gg ist nicht gegeben. versicherungen sind durch das aufsichtsrecht an der begründung einer umsatzsteuerlichen organschaft nicht schlechthin gehindert. die begründung einer umsatzsteuerlichen organschaft ist vor dem hintergrund der genehmigungsbedürftigkeit des abschlusses von beherrschungsverträgen (§ 5 abs. 3 nr. 3 des versicherungsaufsichtsgesetzes (vag)) oder der anforderungen an die berufliche qualifikation der vorstände lediglich erschwert. die aufsichtsrechtlichen vorgaben stellen hingegen keinen grund dar, für versicherungsunternehmen oder banken geringere anforderungen an die begründung einer umsatzsteuerlichen organschaft zu stellen. 61außerdem ist nicht erkennbar, dass die umsatzsteuerlichen vorschriften über die organschaft als mittel zur verfolgung außerumsatzsteuerlicher, d.h. aufsichtsrechtlicher, zwecke verwendet werden, wodurch sich eine aus dem umsatzsteuerrecht heraus sachlich nicht begründbare ungleichbehandlung hätte ergeben können (vgl. hierzu z.b. fg münster, urteil vom 18.3.2014 15 k 4236/11 u, efg 2014, 1047). die schwierigkeit, aufgrund aufsichtsrechtlicher vorgaben eine umsatzsteuerliche organschaft zu begründen, ist nach auffassung des erkennenden senats lediglich eine reflexwirkung des aufsichtsrechts. 62iii. die kostenentscheidung folgt aus § 135 abs. 1 fgo. die revision wird wegen grundsätzlicher bedeutung zugelassen (§ 115 abs. 2 fgo). | Verklagte*r | 0 |
127,166 | 290a C 192/15 | 2016-01-11T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten. 1Tatbestand: 2Der Kläger erhebt mit einem am 23.09.2015 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Anfechtungsklage gegen den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 25.08.2015 zu TOP 5.1 und begehrt hilfsweise die Feststellung, dass der Beschluss nichtig ist. Zu TOP 5.1 wurde Folgendes beschlossen: 3Die Eigentümergemeinschaft beschließt, die den einzelnen Wohnungseigentümern gem. Landesbauordnung obliegenden Rechte und Pflichten 1) Ausstattung der beschriebenen Räume (Mindestausstattung ohne Wohnzimmer) mit Rauchwarnmeldern und 2) Übernehme der Sicherstellung der Betriebsbereitschaft zur Ausübung an sich zu ziehen. 4Die Verwaltung wird ermächtigt, zunächst Angebote mit der Mindestausstattung der Räume mit Rauchwarnmeldern sowie die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft nach den Vorgaben der Landesbauordnung (Mindestausstattung) sowie den anerkannten Regeln der Technik einzuholen. 5Nach § 49 Abs.7 BauO NRW müssen in Wohnungen Schlafräume und Kinderzimmer sowie Flure, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen führen, jeweils mindestens einen Rauchwarmmelder haben. Dieser muss so eingebaut oder angebracht werden, dass Brandgeruch frühzeitig erkannt und gemeldet wird. Wohnungen, die bis zum 31. März 2013 errichtet oder genehmigt sind, haben die Eigentümer spätestens bis zum 31. Dezember 2016 entsprechend den Anforderungen nach den Sätzen 1 und 2 auszustatten. Die Betriebsbereitschaft der Rauchwarnmelder hat der unmittelbare Besitzer sicherzustellen, es sei denn, der Eigentümer hat diese Verpflichtung selbst übernommen. 6Der Kläger trägt vor, er habe in der von ihm bewohnten Wohnung in allen Räumen Rauchwarnmelder fachgerecht installiert. Für alle Rauchwarnmelder habe er jeweils zwei Akkusätze, die er regelmäßig, insbesondere vor einem Urlaub, austausche, angeschafft. Dies hätte bei der Beschlussfassung berücksichtigt und seine Wohnung hätte ausgenommen werden müssen. 7Der Kläger beantragt, 8den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 25.08.2015 zu TOP 5.1 für ungültig zu erklären, hilfsweise festzustellen, dass er nichtig ist. 9Die Beklagten beantragen, 10die Klage abzuweisen. 11Die Beklagten tragen vor, zur Wahrung der Verkehrssicherungspflicht könne der Verband den Einbau und die Wartung von Rauchmeldern an sich ziehen. Nur ein einheitlicher Einbau und eine einheitliche Wartung entlaste den Verband bzw. die Eigentümer als Versicherungsnehmer der Gebäudeversicherung von ihrer Obliegenheitspflicht und führe zu einer Minimierung des Haftungsrisikos. Die Beschlusskompetenz folge aus §§ 21 Abs.3, Abs.5 Nr.2 WEG. 12Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst anlagen Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14Die Klage hat keinen Erfolg. 15Vorab ist klarzustellen, dass es keiner besonderen Entscheidung über die hilfsweise beantragten Feststellung der Nichtigkeit bedurfte. Denn die Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses ist von der Anfechtungsklage umfasst. 16Der angefochtene Beschluss ist nicht zu beanstanden. Die Beschlusskompetenz folgt aus §§ 21 Abs.5 Nr.2, 10 Abs. 6 Satz 3 WEG. Ein Eingriff in das Sondereigentum, der zu einer Nichtigkeit führen könnte, liegt nicht vor. 17Der nachträgliche Einbau von Rauchwarnmelder in Erfüllung der landesgesetzlichen Anforderungen stellt eine Maßnahme der erstmaligen Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes und damit eine Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahme dar. Die Wohnungseigentümer können dabei den Einbau von Rauchmeldern auch in den Wohnungen beschließen und zwar unabhängig davon, ob sich die öffentlich-rechtliche Pflicht an den Verband, an die Mitglieder der Gemeinschaft als Mitberechtigte oder an die einzelnen Wohnungseigentümer richtet (vgl. BGH Urteil vom 08.02.2013 – V ZR 238/11 -, juris Rn. 7, 8). Ist Adressat der Einbauverpflichtung, wie vorliegend, der einzelne Wohnungseigentümer, besteht eine geborene Wahrnehmungskompetenz der Gemeinschaft nach § 10 Abs.6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG, wenn die Verpflichtung sämtliche Wohnungseigentümer betrifft, mithin die Anlage ausschließlich Wohnungseinheiten umfasst. Anderenfalls können die Wohnungseigentümer von ihrem Zugriffsermessen nach § 10 Abs.6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG Gebrauch machen. Denn dies setzt nicht zwingend dass Bestehen gleichgerichteter Pflichten sämtlicher Wohnungseigentümer voraus. Maßgeblich ist dann, ob die Pflichtenerfüllung durch den Verband förderlich ist (vgl. BGH, a.O., Rn. 11, 12, 13). 18Unterzugrundelegung dessen kann vorliegend offenbleiben, ob die Anlage nur aus Wohneinheiten besteht oder nicht. Denn selbst, wenn dies nicht der Fall sein sollte, so folgt die Beschlusskompetenz aus § 10 Abs.6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG. Mit dem angefochtenen Beschluss haben die Eigentümer gerade von ihrem Zugriffsermessen Gebrauch gemacht. Denn es wurde gerade beschlossen, dass der Verband den Einbau und die Wartung der Rauchmelder an sich zieht. Die Pflichtenerfüllung durch den Verband ist auch förderlich. Die einheitliche Ausstattung mit Rauchwarnmeldern sowie deren einheitliche Wartung gewähren ein hohes Maß an Sicherheit. Rauchwarnmelder dienen in erster Linie einem Schutz der Bewohner vor toxischen Gasen. Die Verpflichtung zur Ausrüstung des Objekts mit Rauchwarnmeldern und deren Wartung betrifft daher primär die Verkehrssicherungspflicht des gesamten Objekts. Denn es ist regelmäßig zu erwarten, dass die Bewohner auf einen Brand aufmerksam werden und unverzüglich andere Bewohner und die Feuerwehr benachtrichtigen. Sofern sie insofern auch dem Schutz des Sondereigentums und Gemeinschaftseigentums dienen, ist eine Pflichtenerfüllung durch den Verband aus versicherungsrechtlichen Gründen förderlich. Denn eine einheitliche Ausrüstung und eine einheitliche Wartung erleichtern dem Verband bzw. den Eigentümer als Versicherungsnehmer einer Gebäude- oder Haftpflichtversicherung vereinfacht den Nachweis der Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtung, so dass keine Nachteile wegen Obliegenheitspflichtverletzung drohen. 19Der Beschluss beinhaltet keinen Eingriff in das Sondereigentum des Klägers. Werden in Umsetzung des Beschlusses Rauchwarnmelder in den Wohnungen eingebracht, stellt dies keinen Eingriff in das Sondereigentum dar. Die angebrachten Rauchwarnmelder stehen nicht im Sondereigentum, wobei offenbleiben kann, ob sie als wesentlicher Bestandteil im Sinne von § 94 Abs.5 BGB oder als Zubehör anzusehen sind. In beiden Fällen gehören sie zu Gemeinschaftseigentum. Im ersten Fall gemäß 5 Abs.2 WEG als Teile, die für dessen Bestand und Sicherheit erforderlich sind, und im zweiten Fall, weil sie vom Verband angeschafft und veranlasst wurden (vgl. BGH, a.O., Rn.14 ff). Der Einbau der Rauchmelder stellt ebenfalls keinen Eingriff in das Sondereigentum dar, da sie an den nach § 5 Abs.2 WEG zwingend im Gemeinschaftseigentum stehenden Zimmerdecken angebracht werden, hierdurch möglicherweise entstehende Schäden am Sondereigentum gemäß § 14 Nr.4 WEG hinzunehmen und zu ersetzen sind. Entsprechendes gilt für die regelmäßige Kontrolle und Wartung (vgl. BGH. a.O., Rn. 18, 19). 20Offenbleiben kann, ob der Kläger in seiner Wohnung bereits Rauchwarnmelder fachgerecht installiert hat und diese ausreichend wartet. Denn selbst, wenn dies der Fall sein sollte, so ist der Beschluss nicht zu beanstanden. Die Wohnungseigentümer sind nicht gehalten, die Wohnung des Klägers von der Maßnahme auszunehmen. Ihnen steht vielmehr ein Ermessensspielraum zu, ob und inwieweit sie eine einheitliche Ausrüstung und Wartung beschließen oder nicht. Anhaltspunkte dafür, dass das Ermessen auf Null reduziert und die Wohnung des Klägers von der Maßnahme auszunehmen ist, sind nicht dargetan und erkennbar. Zwar ist denkbar, dass der Kläger im Einzelnen nachweist, welche Geräte er installiert hat und Protokoll über seine Wartung führt. Indes stellt der einheitliche Einbau von Rauchmeldern und deren einheitliche Wartung durch eine Fachfirma gegenüber einer Lösung, in dem die Wohnung des Klägers hiervon ausgenommen wird, ein höheres Maß an Sicherheit auch im Hinblick auf den Nachweis der Einhaltung der Obliegenheit gegenüber den Versicherungen dar, so dass es nicht Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht, die Wohnung des Klägers in die Maßnahme mit einzubeziehen, auch wenn dort bereits Rauchwarnmelder vorhanden sein sollten. 21Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs.1, 708 Nr.11, 711 ZPO. 22Der Streitwert wird auf 983,04 € (fünffaches Interesse des Klägers, berechnet nach den voraussichtlichen Kosten der Maßnahme) festgesetzt. 23Rechtsbehelfsbelehrung: 24Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 251. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 262. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 27Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 28Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen. 29Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 30Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die beklagten vor der vollstreckung sicherheit in dieser höhe leisten. 1 | 2der kläger erhebt mit einem am 23.09.2015 bei gericht eingegangenen schriftsatz anfechtungsklage gegen den beschluss der eigentümerversammlung vom 25.08.2015 zu top 5.1 und begehrt hilfsweise die feststellung, dass der beschluss nichtig ist. zu top 5.1 wurde folgendes beschlossen: 3die eigentümergemeinschaft beschließt, die den einzelnen wohnungseigentümern gem. landesbauordnung obliegenden rechte und pflichten 1) ausstattung der beschriebenen räume (mindestausstattung ohne wohnzimmer) mit rauchwarnmeldern und 2) übernehme der sicherstellung der betriebsbereitschaft zur ausübung an sich zu ziehen. 4die verwaltung wird ermächtigt, zunächst angebote mit der mindestausstattung der räume mit rauchwarnmeldern sowie die sicherstellung der betriebsbereitschaft nach den vorgaben der landesbauordnung (mindestausstattung) sowie den anerkannten regeln der technik einzuholen. 5nach § 49 abs.7 bauo nrw müssen in wohnungen schlafräume und kinderzimmer sowie flure, über die rettungswege von aufenthaltsräumen führen, jeweils mindestens einen rauchwarmmelder haben. dieser muss so eingebaut oder angebracht werden, dass brandgeruch frühzeitig erkannt und gemeldet wird. wohnungen, die bis zum 31. märz 2013 errichtet oder genehmigt sind, haben die eigentümer spätestens bis zum 31. dezember 2016 entsprechend den anforderungen nach den sätzen 1 und 2 auszustatten. die betriebsbereitschaft der rauchwarnmelder hat der unmittelbare besitzer sicherzustellen, es sei denn, der eigentümer hat diese verpflichtung selbst übernommen. 6der kläger trägt vor, er habe in der von ihm bewohnten wohnung in allen räumen rauchwarnmelder fachgerecht installiert. für alle rauchwarnmelder habe er jeweils zwei akkusätze, die er regelmäßig, insbesondere vor einem urlaub, austausche, angeschafft. dies hätte bei der beschlussfassung berücksichtigt und seine wohnung hätte ausgenommen werden müssen. 7der kläger beantragt, 8den beschluss der eigentümerversammlung vom 25.08.2015 zu top 5.1 für ungültig zu erklären, hilfsweise festzustellen, dass er nichtig ist. 9die beklagten beantragen, 10die klage abzuweisen. 11die beklagten tragen vor, zur wahrung der verkehrssicherungspflicht könne der verband den einbau und die wartung von rauchmeldern an sich ziehen. nur ein einheitlicher einbau und eine einheitliche wartung entlaste den verband bzw. die eigentümer als versicherungsnehmer der gebäudeversicherung von ihrer obliegenheitspflicht und führe zu einer minimierung des haftungsrisikos. die beschlusskompetenz folge aus §§ 21 abs.3, abs.5 nr.2 weg. 12hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 13 | 14die klage hat keinen erfolg. 15vorab ist klarzustellen, dass es keiner besonderen entscheidung über die hilfsweise beantragten feststellung der nichtigkeit bedurfte. denn die feststellung der nichtigkeit eines beschlusses ist von der anfechtungsklage umfasst. 16der angefochtene beschluss ist nicht zu beanstanden. die beschlusskompetenz folgt aus §§ 21 abs.5 nr.2, 10 abs. 6 satz 3 weg. ein eingriff in das sondereigentum, der zu einer nichtigkeit führen könnte, liegt nicht vor. 17der nachträgliche einbau von rauchwarnmelder in erfüllung der landesgesetzlichen anforderungen stellt eine maßnahme der erstmaligen herstellung eines ordnungsgemäßen zustandes und damit eine instandhaltungs- und instandsetzungsmaßnahme dar. die wohnungseigentümer können dabei den einbau von rauchmeldern auch in den wohnungen beschließen und zwar unabhängig davon, ob sich die öffentlich-rechtliche pflicht an den verband, an die mitglieder der gemeinschaft als mitberechtigte oder an die einzelnen wohnungseigentümer richtet (vgl. bgh urteil vom 08.02.2013 – v zr 238/11 -, juris rn. 7, 8). ist adressat der einbauverpflichtung, wie vorliegend, der einzelne wohnungseigentümer, besteht eine geborene wahrnehmungskompetenz der gemeinschaft nach § 10 abs.6 satz 3 halbsatz 1 weg, wenn die verpflichtung sämtliche wohnungseigentümer betrifft, mithin die anlage ausschließlich wohnungseinheiten umfasst. anderenfalls können die wohnungseigentümer von ihrem zugriffsermessen nach § 10 abs.6 satz 3 halbsatz 2 weg gebrauch machen. denn dies setzt nicht zwingend dass bestehen gleichgerichteter pflichten sämtlicher wohnungseigentümer voraus. maßgeblich ist dann, ob die pflichtenerfüllung durch den verband förderlich ist (vgl. bgh, a.o., rn. 11, 12, 13). 18unterzugrundelegung dessen kann vorliegend offenbleiben, ob die anlage nur aus wohneinheiten besteht oder nicht. denn selbst, wenn dies nicht der fall sein sollte, so folgt die beschlusskompetenz aus § 10 abs.6 satz 3 halbsatz 2 weg. mit dem angefochtenen beschluss haben die eigentümer gerade von ihrem zugriffsermessen gebrauch gemacht. denn es wurde gerade beschlossen, dass der verband den einbau und die wartung der rauchmelder an sich zieht. die pflichtenerfüllung durch den verband ist auch förderlich. die einheitliche ausstattung mit rauchwarnmeldern sowie deren einheitliche wartung gewähren ein hohes maß an sicherheit. rauchwarnmelder dienen in erster linie einem schutz der bewohner vor toxischen gasen. die verpflichtung zur ausrüstung des objekts mit rauchwarnmeldern und deren wartung betrifft daher primär die verkehrssicherungspflicht des gesamten objekts. denn es ist regelmäßig zu erwarten, dass die bewohner auf einen brand aufmerksam werden und unverzüglich andere bewohner und die feuerwehr benachtrichtigen. sofern sie insofern auch dem schutz des sondereigentums und gemeinschaftseigentums dienen, ist eine pflichtenerfüllung durch den verband aus versicherungsrechtlichen gründen förderlich. denn eine einheitliche ausrüstung und eine einheitliche wartung erleichtern dem verband bzw. den eigentümer als versicherungsnehmer einer gebäude- oder haftpflichtversicherung vereinfacht den nachweis der einhaltung der gesetzlichen verpflichtung, so dass keine nachteile wegen obliegenheitspflichtverletzung drohen. 19der beschluss beinhaltet keinen eingriff in das sondereigentum des klägers. werden in umsetzung des beschlusses rauchwarnmelder in den wohnungen eingebracht, stellt dies keinen eingriff in das sondereigentum dar. die angebrachten rauchwarnmelder stehen nicht im sondereigentum, wobei offenbleiben kann, ob sie als wesentlicher bestandteil im sinne von § 94 abs.5 bgb oder als zubehör anzusehen sind. in beiden fällen gehören sie zu gemeinschaftseigentum. im ersten fall gemäß 5 abs.2 weg als teile, die für dessen bestand und sicherheit erforderlich sind, und im zweiten fall, weil sie vom verband angeschafft und veranlasst wurden (vgl. bgh, a.o., rn.14 ff). der einbau der rauchmelder stellt ebenfalls keinen eingriff in das sondereigentum dar, da sie an den nach § 5 abs.2 weg zwingend im gemeinschaftseigentum stehenden zimmerdecken angebracht werden, hierdurch möglicherweise entstehende schäden am sondereigentum gemäß § 14 nr.4 weg hinzunehmen und zu ersetzen sind. entsprechendes gilt für die regelmäßige kontrolle und wartung (vgl. bgh. a.o., rn. 18, 19). 20offenbleiben kann, ob der kläger in seiner wohnung bereits rauchwarnmelder fachgerecht installiert hat und diese ausreichend wartet. denn selbst, wenn dies der fall sein sollte, so ist der beschluss nicht zu beanstanden. die wohnungseigentümer sind nicht gehalten, die wohnung des klägers von der maßnahme auszunehmen. ihnen steht vielmehr ein ermessensspielraum zu, ob und inwieweit sie eine einheitliche ausrüstung und wartung beschließen oder nicht. anhaltspunkte dafür, dass das ermessen auf null reduziert und die wohnung des klägers von der maßnahme auszunehmen ist, sind nicht dargetan und erkennbar. zwar ist denkbar, dass der kläger im einzelnen nachweist, welche geräte er installiert hat und protokoll über seine wartung führt. indes stellt der einheitliche einbau von rauchmeldern und deren einheitliche wartung durch eine fachfirma gegenüber einer lösung, in dem die wohnung des klägers hiervon ausgenommen wird, ein höheres maß an sicherheit auch im hinblick auf den nachweis der einhaltung der obliegenheit gegenüber den versicherungen dar, so dass es nicht grundsätzen ordnungsgemäßer verwaltung widerspricht, die wohnung des klägers in die maßnahme mit einzubeziehen, auch wenn dort bereits rauchwarnmelder vorhanden sein sollten. 21die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 abs.1, 708 nr.11, 711 zpo. 22der streitwert wird auf 983,04 € (fünffaches interesse des klägers, berechnet nach den voraussichtlichen kosten der maßnahme) festgesetzt. 23rechtsbehelfsbelehrung: 24gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 251. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 262. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 27die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht düsseldorf, werdener straße 1, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 28die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht düsseldorf zu begründen. 29die parteien müssen sich vor dem landgericht düsseldorf durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 30mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. | Verklagte*r | 0 |
340,924 | 11 K 5959/18 | 2021-09-22T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bescheid des Beklagten vom 22. Oktober 2018 wird aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Heranziehung der Klägerin zur Altenpflegeausbildungsumlage. Die Klägerin betreibt einen Pflegedienst in E. . Gegenstand ihres Unternehmens ist ausweislich des Handelsregisters des Amtsgerichts E. die ambulante Kranken- und Intensivpflege sowie die außerklinische 1-zu-1-Versorgung intensivpflegebedürftiger und dauerbeatmungspflichtiger Menschen, insbesondere die Kinderintensivpflege. 3Mit E-Mail vom 23. Oktober 2015 forderte der Beklagte die Klägerin auf, einen Meldebogen zur Erhebung der Altenpflegeausbildungsumlage auszufüllen. Daraufhin bat die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 30. Oktober 2015 um Überprüfung, ob sie überhaupt unter das Umlageverfahren falle. Sie erbringe ausschließlich Leistungen der außerklinischen Intensivpflege und Heimbeatmung. Der überwiegende Anteil ihrer Patienten sei minderjährig; nur ein Patient sei über 60 Jahre alt. 4Mit Schreiben vom 11. November 2015 teilte der Beklagte der Klägerin daraufhin mit, sie sei von der Umlage befreit. Dies könne sich in der Zukunft aber ändern, wenn sich die Altersstruktur der von der Klägerin gepflegten Patienten verändere und der Anteil älterer, über 60 Jahre alter Menschen mehr als 50 Prozent betrage.Im Jahr 2017 pflegte die Klägerin insgesamt vierzehn Personen in deren Wohnungen. Diese waren zwischen drei und 81 Jahre alt. Die Hälfte der Personen war jünger als 60 Jahre. Im Jahr 2017 erzielte die Klägerin mit Leistungen nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch einen Umsatz von 3.008.418,45 EUR und mit Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) einen Umsatz von 242.723,02 EUR. 5Mit Bescheid vom 22. Oktober 2018 setzte der Beklagte den von der Klägerin zur Finanzierung der Ausbildungsvergütungen in der Altenpflege zu zahlenden Ausgleichsbetrag einschließlich Verwaltungskostenpauschale für das Erhebungsjahr 2019 auf 26.554,23 EUR fest. 6Die Klägerin hat dagegen am 23. November 2018 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, sie könne nicht zur Altenpflegeausbildungsumlage herangezogen werden. Denn diese erstrecke sich nur auf ambulante Pflegeeinrichtungen, deren Tätigkeitsbereich die Pflege alter Menschen einschließe. Sie betreibe aber einen Intensivpflegedienst und erbringe lediglich anlässlich dessen auch Pflegeleistungen nach dem SGB XI. Ihr Angebot richte sich in keiner Weise auf alte Menschen aus, sondern erstrecke sich auf alle Altersgruppen. Ihre Heranziehung komme schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der Altenpflegeausbildungsumlage um eine Sonderabgabe handle, die nur einer homogenen Gruppe auferlegt werden könne. Sie selbst unterscheide sich aber ganz wesentlich von den übrigen Adressaten der Umlage, weil sie im Gegensatz zu diesen von vornherein keine Altenpfleger ausbilden könne. 7Die Klägerin beantragt, 8den Bescheid des Beklagten über die Erhebung eines Ausgleichsbetrages für das Erhebungsjahr 2019 nach AltPflAusglVO vom 22.10.2018 (Az. 20.124.1618107124) aufzuheben. 9Der Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Er ist der Ansicht, der Tätigkeitsbereich der Klägerin schließe die Pflege alter Menschen ein. Zwar liege ihr Schwerpunkt in der häuslichen Intensivpflege, sie erbringe aber auch Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne des § 36 SGB XI. Dass das Angebot der Klägerin die Pflege von Menschen aller Altersgruppen umfasse, ändere nichts daran, dass es die Pflege alter Menschen einschließe. 12Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14Über die Klage kann im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –). 15Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 22. Oktober 2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 16Rechtsgrundlage des Bescheides ist § 25 des Altenpflegegesetzes in der bis zum 31. Dezember 2019 gültigen Fassung (AltPflG) in Verbindung mit §§ 2, 8 der Altenpflegeausbildungsausgleichsverordnung (AltPflAusglVO). Hierbei ist maßgeblich für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines belastenden Verwaltungsaktes wie hier grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung, 17vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 04. Juli 2006 – 5 B 90.05 –,juris Rn. 6. 18Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AltPflAusglVO nehmen am Ausgleichsverfahren die in Nordrhein-Westfalen tätigen Einrichtungen nach § 4 Absatz 3 Satz 1 AltPflG teil, mit denen ein Versorgungsvertrag gemäß § 72 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) besteht. Dieses Ausgleichsverfahren ist mit höherrangigem Recht vereinbar, 19vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 27. Juni 2014 – 12 A 1932/13 –, juris. 20Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 AltPflAusglVO liegen hier jedoch nicht vor. Denn die Klägerin betreibt keine Einrichtung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AltPflG. 21Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AltPflG findet die praktische Ausbildung in der Altenpflege in einem Heim im Sinne des § 1 des Heimgesetzes oder in einer stationären Pflegeeinrichtung im Sinne des § 71 Abs. 2 SGB XI, wenn es sich dabei um eine Einrichtung für alte Menschen handelt (§ 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AltPflG), und in einer ambulanten Pflegeeinrichtung im Sinne des § 71 Abs. 1 SGB XI, wenn deren Tätigkeitsbereich die Pflege alter Menschen einschließt (§ 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AltPflG), statt. Vorliegend kommt nur letztere Möglichkeit in Betracht. Der Tätigkeitsbereich der Klägerin schließt aber nicht die Pflege alter Menschen ein. 22Hierfür kann es nämlich nicht genügen, dass überhaupt Pflegeleistungen gegenüber alten Menschen erbracht werden. Erforderlich ist vielmehr, dass Pflegeleistungen angeboten werden, die typischerweise auf altersbedingte Einschränkungen der Möglichkeit zur eigenständigen Lebensführung ausgelegt sind, was im Einzelfall zu klären ist. 23Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Juni 2014 – 12 A 1932/13 –, juris. Anders wohl noch VG Köln, Urteil vom 25. Juni 2013 – 7 K 3701/12 –, juris. 24Dies entspricht auch der Absicht des Bundesgesetzgebers zur Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 1 AltPflG, auf welche der Landesverordnungsgeber in § 2 Abs. 1 Satz 1 AltPflAusglVO Bezug nimmt. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung hieß es hierzu ‑ ursprünglich in § 4 Abs. 2 Satz 2 – noch, die praktische Ausbildung werde in vollstationären und teilstationären Einrichtungen, in ambulanten Diensten, in Einrichtungen der offenen Altenhilfe und der Rehabilitation sowie in Krankenhäusern, insbesondere deren geriatrischen und gerontopsychiatrischen Abteilungen, vermittelt. 25Vgl. Bundestags-Drucksache (BT-Drs.) 14/1578, S. 5. 26Die Änderung hin zur verabschiedeten Fassung beruhte darauf, dass sichergestellt werden sollte, dass die Ausbildung in solchen Einrichtungen erfolgt, die schwerpunktmäßig auf die professionelle Altenpflege ausgerichtet sind, 27vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 28.06.2000 zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, Drucksache 14/1578 ‑, BT-Drs. 14/3736, S. 26. 28Denn im Rahmen der Altenpflegeausbildung soll gesichert sein, dass der Auszubildende die erforderlichen Fähigkeiten gerade im Umgang mit alten Menschen erwirbt, 29vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Januar 2017 – 13 A 485/16 –, juris. 30Lediglich begleitend soll es nach § 4 Abs. 3 Satz 2-3 AltPflG möglich sein, Teilabschnitte der Ausbildung auch in anderen Einrichtungen zu absolvieren, in denen alte Menschen betreut werden. § 2 Abs. 1 Satz 1 AltPflAusglVO nimmt indes allein auf die in § 4 Abs. 3 Satz 1 AltPflG genannten Einrichtungen Bezug. 31Dieses Verständnis des § 4 Abs. 3 Satz 1 AltPflG deckt sich auch mit dem Zweck der Altenpflegeausbildungsumlage, für welche die Vorschrift durch § 2 Abs. 1 Satz 1 AltPflAusglVO in Bezug genommen wird. Denn diese stellt eine Sonderabgabe dar, die nur einer homogenen Gruppe auferlegt werden kann, welche in einer spezifischen Beziehung zu dem mit der Abgabe verfolgten Zweck steht. Dabei darf der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber allerdings auch typisieren, sodass von der Sonderabgabe im Einzelfall auch Adressaten belastet werden können, für welche diese spezifische Beziehung tatsächlich nicht besteht, 32vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 17. Juli 2003 – 2 BvL 1/99 –, juris Rn. 137 ff., Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. September 2009 – 2 S 1117/07 –, juris Rn. 80. 33Die Altenpflegeausbildungsumlage dient der Finanzierung der Ausbildung in der Altenpflege. Der Verordnungsgeber hat den Kreis der Umlagepflichtigen daher danach bestimmt, wer ein besonderes Interesse an ausgebildeten Altenpflegekräften hat. Er hat, indem er die Adressaten der Umlage durch Bezugnahme auf § 4 Abs. 3 Satz 1 AltPflG bestimmt hat, ausdrücklich Einrichtungen in den Blick genommen, die typischerweise und nicht bloß begleitend alte Menschen betreuen. 34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2020 – 9 A 347/20 –, juris. 35Intensivpflegedienste, deren Leistungen sich an alle Altersgruppen richten, weisen hingegen keine spezifische Beziehung zu dem Zweck der Umlage auf, weil sie üblicherweise Krankenpfleger beschäftigen und daher kein besonderes Interesse an ausgebildeten Altenpflegekräften haben, 36vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2020 – 9 A 347/20 –, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Dezember 2019 – 7 K 7373/15 –, juris. 37Dies zeigt sich auch an den über § 2 Abs. 1 Satz 1 AltPflAusglVO i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AltPflG ebenfalls mit der Umlage belasteten Heimen. Denn § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AltPflG betrifft ebenfalls nicht sämtliche Heime im Sinne des Heimgesetzes (HeimG), sondern setzt ausdrücklich voraus, dass es sich dabei um eine Einrichtung für alte Menschen handelt. Diese Einschränkung findet auf sämtliche Fälle des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AltPflG – und nicht nur auf die Variante der stationären Pflegeeinrichtung im Sinne des § 71 Abs. 2 SGB XI – Anwendung. 38Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Juni 2014 – 12 A 1932/13 –, juris Rn. 49: „[…] unter welchen Voraussetzungen ein Heim oder eine stationäre Pflegeeinrichtung eine ‚Einrichtung für alte Menschen‘ i. S. v. § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AltPflG ist“; vgl. auch VG Köln, Urteil vom 19. Januar 2016 – 7 K 6782/14 –, juris Rn. 20. 39Denn während Heime im Sinne des HeimG Einrichtungen sowohl für ältere Menschen als auch für pflegebedürftige oder behinderte Volljährige sind, wollte der Gesetzgeber mit § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AltPflG nur Altenheime adressieren, 40vgl. BT-Drs. 14/3736, S. 26, wonach die Ausbildung in Einrichtungen stattfinden soll, die „schwerpunktmäßig auf die professionelle Altenpflege ausgerichtet sind“. 41Dahinstehen kann daher, ob der Verordnungsgeber auch befugt gewesen wäre, typisierend alle Pflegeeinrichtungen nach §§ 71, 72 SGB XI mit der Umlage zu belasten, 42vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2003 – 2 BvL 1/99 –, juris Rn. 140 ff., 43wie dies etwa in Thüringen auf Grundlage des § 25 des Thüringer Altenpflegegesetzes in der vom 01. Januar 1998 bis zum 29. November 2007 gültigen Fassung oder in Bremen auf Grundlage der §§ 3 Abs. 1, 2 Abs. 2 der Bremischen Altenpflegeausgleichsverordnung in der bis zum 30. Juni 2016 gültigen Fassung der Fall war. Denn der nordrhein-westfälische Verordnungsgeber hat sich entschieden, zur Bestimmung des Kreises der Umlageverpflichteten auf die Bestimmung des § 4 Abs. 3 Satz 1 AltPflG Bezug zu nehmen. 44Auch aus dem Umstand, dass der Verordnungsgeber in § 2 Abs. 1 Satz 3 AltPflAusglVO ambulante und stationäre Hospize ausdrücklich von der Umlage ausgenommen hat, ergibt sich insoweit nichts anderes. Diese Ausnahme, die auf eine Anregung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Integration des Landtages zurückgeht, sollte der besonderen Finanzierungsstruktur von Hospizen Rechnung tragen, 45vgl. Ausschussprotokoll des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Integration des Landtages Nordrhein-Westfalen 15/323, S. 13 f., 46nachdem der Verordnungsgeber zunächst davon ausgegangen war, Hospize verfügten nicht über einen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI, und eine Regelung daher im ursprünglichen Verordnungsentwurf nicht für erforderlich hielt, 47vgl. Vorlage des Landtages Nordrhein-Westfalen 15/778, S. 21. 48Hospize dienen in der überwiegenden Anzahl der Fälle, jedoch bei weitem nicht ausschließlich der Sterbebegleitung alter Menschen. Daraus lässt sich indes noch nicht der Schluss ziehen, dass der Verordnungsgeber davon ausgegangen wäre, Hospize – auch soweit sie jüngere Menschen versorgen – unterfielen generell § 4 Abs. 3 Satz 1 AltPflG. Näher liegt es, dass mit der Regelung in § 2 Abs. 1 Satz 3 AltPflAusglVO schlicht sichergestellt werden sollte, dass Hospize – auch soweit sie überwiegend ältere Menschen versorgen – in jedem Fall von der Umlage ausgenommen werden sollten. 49Die Klägerin unterfällt nach diesen Maßstäben nicht § 4 Abs. 3 Satz 1 AltPflG, weil ihr Tätigkeitsbereich nicht im Sinne der Vorschrift die Pflege alter Menschen einschließt. Dabei kann es dahinstehen, ab welcher Altersgrenze genau von alten Menschen gesprochen werden kann. Denn die Leistungen der Klägerin richten sich jedenfalls nicht auf typische Angebote der Altenpflege. Solche Leistungen bietet sie vielmehr nur begleitend zu ihrem Kernangebot, der häuslichen Intensivpflege, an. 50Dies zeigt sich bereits an dem im Handelsregister eingetragenen Ziel des Unternehmens, nämlich der ambulanten Kranken- und Intensivpflege sowie der außerklinischen 1-zu-1-Versorgung Intensivpflegebedürftiger und dauerbeatmungspflichtiger Menschen. Auch der Beklagte geht ausweislich der Klageerwiderung vom 29. Januar 2019 davon aus, dass der Schwerpunkt der Klägerin auf der häuslichen Intensivpflege liegt und die Klägerin sich dabei an alle Altersgruppen wendet. Dass die Klägerin ausweislich der Angaben im „Pflegelotsen“ des Verbandes der Ersatzkassen e.V. auch Leistungen der Grundpflege anbietet, ändert daran nichts. Denn derartige Pflegeleistungen fallen auch im Rahmen der Intensivpflege – und dabei nicht nur bei der Pflege alter Menschen – an. 51Diese Zielsetzung deckt sich auch mit dem tatsächlichen Leistungsangebot der Klägerin. So lässt die Altersstruktur der Patienten keine typische Ausrichtung auf alte Menschen erkennen; vielmehr ist die Hälfte der Patienten zum maßgeblichen Zeitpunkt jünger als 60 Jahre, mehr als ein Drittel ist jünger als 50 Jahre. Gegen eine Ausrichtung auf die Pflege alter Menschen spricht auch die geringe Zahl der von der Klägerin gepflegten Patienten, die aus der Spezialisierung auf die besonders aufwendige Intensivpflege folgt. Würde die Klägerin schwerpunktmäßig Altenpflege betreiben, so wäre demgegenüber eine deutlich höhere Anzahl von Patienten zu erwarten. Dies deckt sich damit, dass die Klägerin zu mehr als 90 % Leistungen nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch abrechnet, während originäre Pflegeleistungen nach dem SGB XI nur einen äußerst geringen Anteil der von ihr abgerechneten Leistungen ausmachen. 52Darauf, dass die Klägerin nach Angaben des Beklagten für das Jahr 2020 ihre Teilnahmepflicht am Umlageverfahren anerkannt haben soll, kommt es ebenfalls nicht an. Die bloße Erfüllung der von dem Beklagten behaupteten Zahlungsverpflichtung begründet – unabhängig von den Gründen dafür – nicht den Schluss, dass die Klägerin der Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 AltPflAusglVO unterfällt. 53Der Umstand, dass die Klägerin einen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI abgeschlossen hat, ändert an dem Umstand, dass sie nicht der Umlage unterfällt, nichts. Denn § 2 Abs. 1 Satz 1 AltPflAusglVO setzt für die Heranziehung zur Umlage kumulativ einen Versorgungsvertrag und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 1 AltPflG voraus. 54Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 709 Satz 2 der Zivilprozessordnung. 55Rechtsmittelbelehrung: 56Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 571. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 582. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 593. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 604. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 615. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 62Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV, einzureichen. 63Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. 64B e s c h l u s s 65Der Streitwert wird auf 26.554,23 EUR festgesetzt. 66G r ü n d e : 67Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes und entspricht der Höhe des mit dem angegriffenen Bescheid geltend gemachten Ausgleichsbetrags. 68Rechtsmittelbelehrung: 69Gegen diesen Beschluss findet innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt. 70Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft. | der bescheid des beklagten vom 22. oktober 2018 wird aufgehoben. die kosten des verfahrens trägt der beklagte. das urteil ist wegen der kosten gegen sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die beteiligten streiten über die heranziehung der klägerin zur altenpflegeausbildungsumlage. die klägerin betreibt einen pflegedienst in e. . gegenstand ihres unternehmens ist ausweislich des handelsregisters des amtsgerichts e. die ambulante kranken- und intensivpflege sowie die außerklinische 1-zu-1-versorgung intensivpflegebedürftiger und dauerbeatmungspflichtiger menschen, insbesondere die kinderintensivpflege. 3mit e-mail vom 23. oktober 2015 forderte der beklagte die klägerin auf, einen meldebogen zur erhebung der altenpflegeausbildungsumlage auszufüllen. daraufhin bat die klägerin den beklagten mit schreiben vom 30. oktober 2015 um überprüfung, ob sie überhaupt unter das umlageverfahren falle. sie erbringe ausschließlich leistungen der außerklinischen intensivpflege und heimbeatmung. der überwiegende anteil ihrer patienten sei minderjährig; nur ein patient sei über 60 jahre alt. 4mit schreiben vom 11. november 2015 teilte der beklagte der klägerin daraufhin mit, sie sei von der umlage befreit. dies könne sich in der zukunft aber ändern, wenn sich die altersstruktur der von der klägerin gepflegten patienten verändere und der anteil älterer, über 60 jahre alter menschen mehr als 50 prozent betrage.im jahr 2017 pflegte die klägerin insgesamt vierzehn personen in deren wohnungen. diese waren zwischen drei und 81 jahre alt. die hälfte der personen war jünger als 60 jahre. im jahr 2017 erzielte die klägerin mit leistungen nach dem fünften buch sozialgesetzbuch einen umsatz von 3.008.418,45 eur und mit leistungen nach dem elften buch sozialgesetzbuch (sgb xi) einen umsatz von 242.723,02 eur. 5mit bescheid vom 22. oktober 2018 setzte der beklagte den von der klägerin zur finanzierung der ausbildungsvergütungen in der altenpflege zu zahlenden ausgleichsbetrag einschließlich verwaltungskostenpauschale für das erhebungsjahr 2019 auf 26.554,23 eur fest. 6die klägerin hat dagegen am 23. november 2018 klage erhoben. sie ist der ansicht, sie könne nicht zur altenpflegeausbildungsumlage herangezogen werden. denn diese erstrecke sich nur auf ambulante pflegeeinrichtungen, deren tätigkeitsbereich die pflege alter menschen einschließe. sie betreibe aber einen intensivpflegedienst und erbringe lediglich anlässlich dessen auch pflegeleistungen nach dem sgb xi. ihr angebot richte sich in keiner weise auf alte menschen aus, sondern erstrecke sich auf alle altersgruppen. ihre heranziehung komme schon deshalb nicht in betracht, weil es sich bei der altenpflegeausbildungsumlage um eine sonderabgabe handle, die nur einer homogenen gruppe auferlegt werden könne. sie selbst unterscheide sich aber ganz wesentlich von den übrigen adressaten der umlage, weil sie im gegensatz zu diesen von vornherein keine altenpfleger ausbilden könne. 7die klägerin beantragt, 8den bescheid des beklagten über die erhebung eines ausgleichsbetrages für das erhebungsjahr 2019 nach altpflausglvo vom 22.10.2018 (az. 20.124.1618107124) aufzuheben. 9der beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11er ist der ansicht, der tätigkeitsbereich der klägerin schließe die pflege alter menschen ein. zwar liege ihr schwerpunkt in der häuslichen intensivpflege, sie erbringe aber auch leistungen der häuslichen pflegehilfe im sinne des § 36 sgb xi. dass das angebot der klägerin die pflege von menschen aller altersgruppen umfasse, ändere nichts daran, dass es die pflege alter menschen einschließe. 12die beteiligten haben sich mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt.hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte und die beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten bezug genommen. 13 | 14über die klage kann im einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung entschieden werden (§ 101 abs. 2 der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo –). 15die zulässige klage ist begründet. der bescheid des beklagten vom 22. oktober 2018 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 16rechtsgrundlage des bescheides ist § 25 des altenpflegegesetzes in der bis zum 31. dezember 2019 gültigen fassung (altpflg) in verbindung mit §§ 2, 8 der altenpflegeausbildungsausgleichsverordnung (altpflausglvo). hierbei ist maßgeblich für die überprüfung der rechtmäßigkeit eines belastenden verwaltungsaktes wie hier grundsätzlich die sach- und rechtslage im zeitpunkt der behördlichen entscheidung, 17vgl. bundesverwaltungsgericht, beschluss vom 04. juli 2006 – 5 b 90.05 –,juris rn. 6. 18nach § 2 abs. 1 satz 1 altpflausglvo nehmen am ausgleichsverfahren die in nordrhein-westfalen tätigen einrichtungen nach § 4 absatz 3 satz 1 altpflg teil, mit denen ein versorgungsvertrag gemäß § 72 des elften buches sozialgesetzbuch (sgb xi) besteht. dieses ausgleichsverfahren ist mit höherrangigem recht vereinbar, 19vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteil vom 27. juni 2014 – 12 a 1932/13 –, juris. 20die voraussetzungen des § 2 abs. 1 satz 1 altpflausglvo liegen hier jedoch nicht vor. denn die klägerin betreibt keine einrichtung nach § 4 abs. 3 satz 1 altpflg. 21nach § 4 abs. 3 satz 1 altpflg findet die praktische ausbildung in der altenpflege in einem heim im sinne des § 1 des heimgesetzes oder in einer stationären pflegeeinrichtung im sinne des § 71 abs. 2 sgb xi, wenn es sich dabei um eine einrichtung für alte menschen handelt (§ 4 abs. 3 satz 1 nr. 1 altpflg), und in einer ambulanten pflegeeinrichtung im sinne des § 71 abs. 1 sgb xi, wenn deren tätigkeitsbereich die pflege alter menschen einschließt (§ 4 abs. 3 satz 1 nr. 2 altpflg), statt. vorliegend kommt nur letztere möglichkeit in betracht. der tätigkeitsbereich der klägerin schließt aber nicht die pflege alter menschen ein. 22hierfür kann es nämlich nicht genügen, dass überhaupt pflegeleistungen gegenüber alten menschen erbracht werden. erforderlich ist vielmehr, dass pflegeleistungen angeboten werden, die typischerweise auf altersbedingte einschränkungen der möglichkeit zur eigenständigen lebensführung ausgelegt sind, was im einzelfall zu klären ist. 23vgl. ovg nrw, urteil vom 27. juni 2014 – 12 a 1932/13 –, juris. anders wohl noch vg köln, urteil vom 25. juni 2013 – 7 k 3701/12 –, juris. 24dies entspricht auch der absicht des bundesgesetzgebers zur vorschrift des § 4 abs. 3 satz 1 altpflg, auf welche der landesverordnungsgeber in § 2 abs. 1 satz 1 altpflausglvo bezug nimmt. im gesetzentwurf der bundesregierung hieß es hierzu ‑ ursprünglich in § 4 abs. 2 satz 2 – noch, die praktische ausbildung werde in vollstationären und teilstationären einrichtungen, in ambulanten diensten, in einrichtungen der offenen altenhilfe und der rehabilitation sowie in krankenhäusern, insbesondere deren geriatrischen und gerontopsychiatrischen abteilungen, vermittelt. 25vgl. bundestags-drucksache (bt-drs.) 14/1578, s. 5. 26die änderung hin zur verabschiedeten fassung beruhte darauf, dass sichergestellt werden sollte, dass die ausbildung in solchen einrichtungen erfolgt, die schwerpunktmäßig auf die professionelle altenpflege ausgerichtet sind, 27vgl. beschlussempfehlung und bericht des ausschusses für familie, senioren, frauen und jugend vom 28.06.2000 zu dem gesetzentwurf der bundesregierung, drucksache 14/1578 ‑, bt-drs. 14/3736, s. 26. 28denn im rahmen der altenpflegeausbildung soll gesichert sein, dass der auszubildende die erforderlichen fähigkeiten gerade im umgang mit alten menschen erwirbt, 29vgl. ovg nrw, beschluss vom 27. januar 2017 – 13 a 485/16 –, juris. 30lediglich begleitend soll es nach § 4 abs. 3 satz 2-3 altpflg möglich sein, teilabschnitte der ausbildung auch in anderen einrichtungen zu absolvieren, in denen alte menschen betreut werden. § 2 abs. 1 satz 1 altpflausglvo nimmt indes allein auf die in § 4 abs. 3 satz 1 altpflg genannten einrichtungen bezug. 31dieses verständnis des § 4 abs. 3 satz 1 altpflg deckt sich auch mit dem zweck der altenpflegeausbildungsumlage, für welche die vorschrift durch § 2 abs. 1 satz 1 altpflausglvo in bezug genommen wird. denn diese stellt eine sonderabgabe dar, die nur einer homogenen gruppe auferlegt werden kann, welche in einer spezifischen beziehung zu dem mit der abgabe verfolgten zweck steht. dabei darf der gesetz- bzw. verordnungsgeber allerdings auch typisieren, sodass von der sonderabgabe im einzelfall auch adressaten belastet werden können, für welche diese spezifische beziehung tatsächlich nicht besteht, 32vgl. bundesverfassungsgericht (bverfg), beschluss vom 17. juli 2003 – 2 bvl 1/99 –, juris rn. 137 ff., verwaltungsgerichtshof baden-württemberg, beschluss vom 22. september 2009 – 2 s 1117/07 –, juris rn. 80. 33die altenpflegeausbildungsumlage dient der finanzierung der ausbildung in der altenpflege. der verordnungsgeber hat den kreis der umlagepflichtigen daher danach bestimmt, wer ein besonderes interesse an ausgebildeten altenpflegekräften hat. er hat, indem er die adressaten der umlage durch bezugnahme auf § 4 abs. 3 satz 1 altpflg bestimmt hat, ausdrücklich einrichtungen in den blick genommen, die typischerweise und nicht bloß begleitend alte menschen betreuen. 34vgl. ovg nrw, beschluss vom 19. märz 2020 – 9 a 347/20 –, juris. 35intensivpflegedienste, deren leistungen sich an alle altersgruppen richten, weisen hingegen keine spezifische beziehung zu dem zweck der umlage auf, weil sie üblicherweise krankenpfleger beschäftigen und daher kein besonderes interesse an ausgebildeten altenpflegekräften haben, 36vgl. ovg nrw, beschluss vom 19. märz 2020 – 9 a 347/20 –, juris; vg düsseldorf, urteil vom 13. dezember 2019 – 7 k 7373/15 –, juris. 37dies zeigt sich auch an den über § 2 abs. 1 satz 1 altpflausglvo i.v.m. § 4 abs. 3 satz 1 nr. 1 altpflg ebenfalls mit der umlage belasteten heimen. denn § 4 abs. 3 satz 1 nr. 1 altpflg betrifft ebenfalls nicht sämtliche heime im sinne des heimgesetzes (heimg), sondern setzt ausdrücklich voraus, dass es sich dabei um eine einrichtung für alte menschen handelt. diese einschränkung findet auf sämtliche fälle des § 4 abs. 3 satz 1 nr. 1 altpflg – und nicht nur auf die variante der stationären pflegeeinrichtung im sinne des § 71 abs. 2 sgb xi – anwendung. 38vgl. ovg nrw, urteil vom 27. juni 2014 – 12 a 1932/13 –, juris rn. 49: „[…] unter welchen voraussetzungen ein heim oder eine stationäre pflegeeinrichtung eine ‚einrichtung für alte menschen‘ i. s. v. § 4 abs. 3 satz 1 nr. 1 altpflg ist“; vgl. auch vg köln, urteil vom 19. januar 2016 – 7 k 6782/14 –, juris rn. 20. 39denn während heime im sinne des heimg einrichtungen sowohl für ältere menschen als auch für pflegebedürftige oder behinderte volljährige sind, wollte der gesetzgeber mit § 4 abs. 3 satz 1 nr. 1 altpflg nur altenheime adressieren, 40vgl. bt-drs. 14/3736, s. 26, wonach die ausbildung in einrichtungen stattfinden soll, die „schwerpunktmäßig auf die professionelle altenpflege ausgerichtet sind“. 41dahinstehen kann daher, ob der verordnungsgeber auch befugt gewesen wäre, typisierend alle pflegeeinrichtungen nach §§ 71, 72 sgb xi mit der umlage zu belasten, 42vgl. bverfg, beschluss vom 17. juli 2003 – 2 bvl 1/99 –, juris rn. 140 ff., 43wie dies etwa in thüringen auf grundlage des § 25 des thüringer altenpflegegesetzes in der vom 01. januar 1998 bis zum 29. november 2007 gültigen fassung oder in bremen auf grundlage der §§ 3 abs. 1, 2 abs. 2 der bremischen altenpflegeausgleichsverordnung in der bis zum 30. juni 2016 gültigen fassung der fall war. denn der nordrhein-westfälische verordnungsgeber hat sich entschieden, zur bestimmung des kreises der umlageverpflichteten auf die bestimmung des § 4 abs. 3 satz 1 altpflg bezug zu nehmen. 44auch aus dem umstand, dass der verordnungsgeber in § 2 abs. 1 satz 3 altpflausglvo ambulante und stationäre hospize ausdrücklich von der umlage ausgenommen hat, ergibt sich insoweit nichts anderes. diese ausnahme, die auf eine anregung des ausschusses für arbeit, gesundheit, soziales und integration des landtages zurückgeht, sollte der besonderen finanzierungsstruktur von hospizen rechnung tragen, 45vgl. ausschussprotokoll des ausschusses für arbeit, gesundheit, soziales und integration des landtages nordrhein-westfalen 15/323, s. 13 f., 46nachdem der verordnungsgeber zunächst davon ausgegangen war, hospize verfügten nicht über einen versorgungsvertrag nach § 72 sgb xi, und eine regelung daher im ursprünglichen verordnungsentwurf nicht für erforderlich hielt, 47vgl. vorlage des landtages nordrhein-westfalen 15/778, s. 21. 48hospize dienen in der überwiegenden anzahl der fälle, jedoch bei weitem nicht ausschließlich der sterbebegleitung alter menschen. daraus lässt sich indes noch nicht der schluss ziehen, dass der verordnungsgeber davon ausgegangen wäre, hospize – auch soweit sie jüngere menschen versorgen – unterfielen generell § 4 abs. 3 satz 1 altpflg. näher liegt es, dass mit der regelung in § 2 abs. 1 satz 3 altpflausglvo schlicht sichergestellt werden sollte, dass hospize – auch soweit sie überwiegend ältere menschen versorgen – in jedem fall von der umlage ausgenommen werden sollten. 49die klägerin unterfällt nach diesen maßstäben nicht § 4 abs. 3 satz 1 altpflg, weil ihr tätigkeitsbereich nicht im sinne der vorschrift die pflege alter menschen einschließt. dabei kann es dahinstehen, ab welcher altersgrenze genau von alten menschen gesprochen werden kann. denn die leistungen der klägerin richten sich jedenfalls nicht auf typische angebote der altenpflege. solche leistungen bietet sie vielmehr nur begleitend zu ihrem kernangebot, der häuslichen intensivpflege, an. 50dies zeigt sich bereits an dem im handelsregister eingetragenen ziel des unternehmens, nämlich der ambulanten kranken- und intensivpflege sowie der außerklinischen 1-zu-1-versorgung intensivpflegebedürftiger und dauerbeatmungspflichtiger menschen. auch der beklagte geht ausweislich der klageerwiderung vom 29. januar 2019 davon aus, dass der schwerpunkt der klägerin auf der häuslichen intensivpflege liegt und die klägerin sich dabei an alle altersgruppen wendet. dass die klägerin ausweislich der angaben im „pflegelotsen“ des verbandes der ersatzkassen e.v. auch leistungen der grundpflege anbietet, ändert daran nichts. denn derartige pflegeleistungen fallen auch im rahmen der intensivpflege – und dabei nicht nur bei der pflege alter menschen – an. 51diese zielsetzung deckt sich auch mit dem tatsächlichen leistungsangebot der klägerin. so lässt die altersstruktur der patienten keine typische ausrichtung auf alte menschen erkennen; vielmehr ist die hälfte der patienten zum maßgeblichen zeitpunkt jünger als 60 jahre, mehr als ein drittel ist jünger als 50 jahre. gegen eine ausrichtung auf die pflege alter menschen spricht auch die geringe zahl der von der klägerin gepflegten patienten, die aus der spezialisierung auf die besonders aufwendige intensivpflege folgt. würde die klägerin schwerpunktmäßig altenpflege betreiben, so wäre demgegenüber eine deutlich höhere anzahl von patienten zu erwarten. dies deckt sich damit, dass die klägerin zu mehr als 90 % leistungen nach dem fünften buch sozialgesetzbuch abrechnet, während originäre pflegeleistungen nach dem sgb xi nur einen äußerst geringen anteil der von ihr abgerechneten leistungen ausmachen. 52darauf, dass die klägerin nach angaben des beklagten für das jahr 2020 ihre teilnahmepflicht am umlageverfahren anerkannt haben soll, kommt es ebenfalls nicht an. die bloße erfüllung der von dem beklagten behaupteten zahlungsverpflichtung begründet – unabhängig von den gründen dafür – nicht den schluss, dass die klägerin der regelung des § 2 abs. 1 satz 1 altpflausglvo unterfällt. 53der umstand, dass die klägerin einen versorgungsvertrag nach § 72 sgb xi abgeschlossen hat, ändert an dem umstand, dass sie nicht der umlage unterfällt, nichts. denn § 2 abs. 1 satz 1 altpflausglvo setzt für die heranziehung zur umlage kumulativ einen versorgungsvertrag und das vorliegen der voraussetzungen des § 4 abs. 3 satz 1 altpflg voraus. 54die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1, abs. 2 vwgo in verbindung mit § 709 satz 2 der zivilprozessordnung. 55rechtsmittelbelehrung: 56gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 571. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 582. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 593. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 604. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 615. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 62die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv), bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv, einzureichen. 63im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. 64b e s c h l u s s 65der streitwert wird auf 26.554,23 eur festgesetzt. 66g r ü n d e : 67die streitwertfestsetzung beruht auf § 52 abs. 3 des gerichtskostengesetzes und entspricht der höhe des mit dem angegriffenen bescheid geltend gemachten ausgleichsbetrags. 68rechtsmittelbelehrung: 69gegen diesen beschluss findet innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, beschwerde statt, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200 euro übersteigt. 70die beschwerde ist schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv), beim verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen einzulegen. über sie entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, falls das beschließende gericht ihr nicht abhilft. | Klaeger*in | 1 |
167,471 | 13 A 1372/14 | 2015-02-25T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. Mai 2014 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird zugelassen 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen. Sie wendet sich gegen den Widerruf der Zulassung des Fertigarzneimittels B1. forte, das sie bis zum Jahr 2001 in den Verkehr gebracht hatte. Dabei handelt es sich um einen pflanzlichen Angstlöser (Anxiolytikum) zur Anwendung bei nervösen Angst-, Spannungs- und Unruhezuständen, der als Wirkstoff den Kava-Kava-Wurzelstock-Trockenextrakt - Piperis methystici rhizoma - in Gestalt eines ethanolischen Auszugs enthält. Die beantragte Nachzulassung wurde bisher nicht erteilt. Die Anwendungsgebiete des Arzneimittels der Klägerin entsprachen den Vorgaben der Monographie der Kommission E vom 1. Juni 1990. Die Dosierungsempfehlung lautete ein- bis zweimal täglich 1 Dragee, wobei 1 Dragee 50 mg Kavapyrone enthielt. Mit Änderungsanzeige vom 6. Dezember 2001 wurden die Fach- und Gebrauchsinformation geändert. Unter den Gegenanzeigen werden aufgeführt: vorbestehende Leberschädigung, erheblicher Alkoholkonsum, depressive Erkrankungen. Zu den Nebenwirkungen enthalten sie den Hinweis auf sehr selten auftretende Leberschäden. Aufgrund dieser Nebenwirkungen seien, insbesondere bei einer länger als einen Monat dauernden Therapie, regelmäßig monatliche Laborkontrollen der Leberfunktion durchzuführen. Als Wechselwirkung sei eine Wirkungsverstärkung von zentral wirksamen Substanzen wie Alkohol, Barbituraten, Psychopharmaka möglich. Die empfohlene Anwendungsdauer betrage einen Monat. 3Im Jahr 2001 leitete das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aufgrund von Berichten über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen in Gestalt lebertoxischer Effekte bei acetonischen Kava-Kava-Auszügen insbesondere aus der Schweiz ein Stufenplanverfahren nach § 63 AMG ein. Im Jahr 2002 wurde die Verschreibungspflicht für Kava-Kava-Arzneimittel beschlossen. Nach Anhörung der betroffenen pharmazeutischen Unternehmen widerrief das BfArM mit Bescheid vom 14. Juni 2002 erstmals die Zulassungen Kava-Kava- und Kavain-haltiger Arzneimittel bis zu einer homöopathischen Verdünnung von D4. Hiergegen legten die betroffenen Unternehmen Widerspruch ein, woraufhin das BfArM an der Widerrufsentscheidung nicht festhielt, sondern stattdessen mit Bescheid vom 12. Mai 2005 ein befristetes Ruhen der betroffenen Zulassungen anordnete. 4Nachdem zwischen den beteiligten Unternehmen, ihren Verbänden und dem BfArM über die Art des vorzulegenden wissenschaftlichen Erkenntnismaterials keine Einigung erzielt werden konnte, widerrief die Behörde mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 21. Dezember 2007 die Zulassungen Kava-Kava- und Kavain-haltiger Arzneimittel und homöopathischer Zubereitungen aus Kava-Kava-Zubereitungen. Es bestehe weiterhin der Widerrufsgrund des § 30 Abs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG, da der begründete Verdacht schädlicher Wirkungen auch unter Berücksichtigung der von den betroffenen Unternehmen und ihren Verbänden vorgelegten Unterlagen fortbestehe. Das Ruhen der Zulassungen sei angeordnet worden, um den betroffenen Unternehmen Gelegenheit zu geben, Studienergebnisse vorzulegen, die die Wirksamkeit in dem beanspruchten Anwendungsgebiet in einem Maße belegten, dass die bekannten hepatotoxischen Risiken vertretbar seien. Die vorgelegten toxikologischen Untersuchungen lieferten keine hinreichende Grundlage für die Risikoabschätzung. Anhand der in-vitro-Studien könne zwar ein gewisser Toxizitätsvergleich der untersuchten Kava-Kava-Extrakte bzw. Kavalactone aufgestellt werden. Eine direkte Risikoabschätzung bzw. ein Unbedenklichkeitsnachweis für die Anwendung sämtlicher Arten von Kava-Kava-Extrakten am Menschen könne daraus aber nicht abgeleitet werden. Die in-vivo-Studien wiesen methodische Mängel auf und seien deswegen nicht bewertungsfähig. Zudem beschränke sich die Aussagekraft der Studie von DiSilvestro et al. auf einen bestimmten Kava-Kava-Extrakt und könne deswegen nicht zur Risikoabschätzung von Kava-Kava-Arzneimitteln allgemein herangezogen werden. In der Studie von L. Sorrentino et al. seien nicht genügend Parameter zum Ausschluss der Lebertoxizität erhoben worden. Zudem fehlten Daten zur Pharmakokinetik bzw. Toxikokinetik der potentiell toxischen Inhaltsstoffe. Es sei weiterhin unklar, ob die Ratte die geeignete Tierspezies sei, um vergleichbare hepatotoxische Effekte auszulösen, wie sie aufgetreten seien. Die nachgereichten Publikationen lieferten keine Erkenntnisse, die eine Hepatotoxizität der von dem Stufenplan betroffenen deutschen Kava-Kava-haltigen Arzneimittel ausschlössen oder relativierten. Deren Fehlen in den vorliegenden Untersuchungen stehe im Widerspruch zu den klinischen Befunden. Mangels weiterer Untersuchungen, die die pharmazeutischen Unternehmen zwar angekündigt, aber nicht durchgeführt hätten, seien nach wie vor weder die Mechanismen der klinisch aufgetretenen hepatotoxischen Effekte noch das klinisch relevante Toxin bekannt. 5Der Bescheid enthält eine Zusammenfassung der vorliegenden Erkenntnisse zum Risiko der Einnahme Kava-Kava-haltiger Präparate und verweist insoweit auf einen Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 2007, der eine Bewertung von 93 Fallberichten zu Leberschädigungen enthalte. Außerdem wird in dem Bescheid auf den Bericht der britischen Gesundheitsbehörde Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency (MHRA) vom 27. Juni 2006 verwiesen, in dem - nach Ländern gegliedert - die bei der MHRA eingegangenen Meldungen zu 110 Nebenwirkungsverdachtsfällen weltweit - darunter die überwiegende Anzahl aus Deutschland - aufgeführt sind. 6Den hiernach bestehenden Risiken stehe der Umstand gegenüber, dass neuere Untersuchungen zum Beleg der Wirksamkeit Kava-Kava- sowie Kavalacton-haltiger Arzneimittel nicht vorgelegt worden seien. Bei Arzneimitteln, für die es - jedenfalls bei der vorgeschlagenen Dosierung - keine ausreichenden Wirksamkeitsbelege gebe, sei ein nicht zu eliminierendes Risiko nicht hinnehmbar, wenn es um schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) gehe. Risikominimierende Maßnahmen wie die Unterstellung unter die Verschreibungspflicht, die Begrenzung der Dosierung und Leberfunktionstests rechtfertigten keine abweichende Bewertung, zumal bei der Behandlung von Angststörungen mit Benzodiazepinen, Buspiron und einigen Serotoninwiederaufnahmehemmern wie Paroxetin und Citalopram therapeutische Alternativen zur Verfügung stünden. Deren Wirksamkeit in der Behandlung von unterschiedlichen Formen von Angststörungen sei im Gegensatz zu Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln in mehreren klinischen Studien gut untersucht und belegt worden. Das bei Benzodiazepinen bestehende Abhängigkeitsrisiko rechtfertige es nicht, das mit Kava-Kava-Produkten verbundene Risiko hinzunehmen. 7In einer zusammenfassenden Bewertung führte das BfArM aus, dass bei monographiekonformer Dosierung bis 120 mg als Tagesdosis Kava-Pyrone das Risiko von Leberschädigungen zwar geringer, aber immer noch deutlich vorhanden sei. Bei Dosierungen oberhalb von 120 mg Kava-Pyrone bestehe zwar ein gewisser Anhalt für die Wirksamkeit; das Risiko für Leberschäden sei dann aber zu groß. 8Die Klägerin erhob gegen den Bescheid Widerspruch. In einer Stellungnahme des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller e.V. (BAH) zum Widerruf der Zulassungen, die sich die Klägerin zu eigen machte, führte der Verband aus, die Annahme schädlicher Wirkungen Kava-Kava- und Kavain-haltiger Arzneimittel sei unzutreffend. Das BfArM habe die neu vorgelegten toxikologischen Untersuchungen nicht bewertet bzw. keinen nachvollziehbaren Bewertungskriterien unterworfen. Die Kommission E habe in ihrer Sitzung vom 27. Februar 2002 unter dem Vorbehalt bestimmter Sicherheitsmaßnahmen ein klares Votum zur weiteren Verkehrsfähigkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel abgegeben. Auch berücksichtige der Bescheid nicht, dass § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG in seiner seit dem 6. September 2005 geltenden Fassung keinen „begründeten Verdacht schädlicher Wirkungen“, sondern ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis voraussetze. Kava-Kava erfülle die Voraussetzungen eines „well-established use“. Es werde seit Jahrzehnten in der Europäischen Union medizinisch verwendet. Wirkungen und Nebenwirkungen seien bekannt. Neue klinische Studien könnten folglich nicht verlangt werden. Zudem könne eine klinische Studie keine Erkenntnisse über seltene Nebenwirkungen liefern. Anlass zu Kritik an den eingereichten toxikologischen Studien bestehe nicht. Andere therapeutische Ansätze wie z.B. Benzodiazepine stellten aufgrund ihrer Risiken keine therapeutische Alternative dar. Andere Arzneistoffe wiesen das gleiche oder sogar ein höheres Risiko für Leberschädigungen und zudem weitere schwerwiegendere unerwünschte Effekte als Kava-Kava auf, insbesondere sei ein Anstieg der Suizidrate bekannt. Die Ergebnisse des Berichts der MHRA seien wegen der gänzlich anderen Indikation in Großbritannien (Blasenerkrankungen) nicht übertragbar. Die Bewertung der vorliegenden Fallmeldungen sei nicht sachgerecht. Ihre Inzidenzrate werde vom BfArM nach wie vor nicht berücksichtigt. 9In der Folgezeit führten Gespräche und Schriftwechsel zwischen den pharmazeutischen Unternehmen und dem BfArM zu keinem Ergebnis. Der Widerspruch der Klägerin blieb zunächst unbeschieden. 10Unter dem 31. März 2011 richtete die Klägerin eine Änderungsanzeige an das BfArM, deren Inhalt die Verdoppelung der Dosierung auf 2-4 mal täglich 1 Dragee war. 11Die Klägerin hat am 20. Dezember 2011 die vorliegende Klage zunächst als Untätigkeitsklage erhoben und zugleich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung deren aufschiebender Wirkung beantragt (VG Köln 7 L 1916/11). Diesen Antrag hat sie am 24. Mai 2012 zurückgenommen. 12Zur Begründung der Klage hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Der Widerruf der Zulassungen sei rechtswidrig. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis für Kava-Kava-haltige Arzneimittel, die auf einem ethanolischen Extrakt des Kava-Kava-Wurzelstocks basierten, sei nicht ungünstig. Die Wirksamkeit des Arzneimittels sei bei einer Dosierung von 240 mg Kava-Pyrone, berechnet nach der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie-Methode - engl. high performance liquid chromatography – (HPLC-Methode) auf sechs Kava-Pyrone, belegt. Die von der Kommission E angegebenen 120 mg Kava-Pyrone seien mittels Dünnschichtchromatographie (DC) beschränkt auf drei Kava-Pryrone berechnet worden. Deswegen entsprächen 120 mg Kava-Pyrone berechnet nach der DC-Methode 240 mg Kava-Pyrone berechnet nach der HPLC-Methode. Überdies sei Ende der achtziger Jahre eine exakte quantitative Bestimmung aller maßgeblichen sechs Kavalactone auch mit Hilfe der HPLC-Methode nicht möglich gewesen. Demzufolge entsprächen die in der Monographie ermittelten 120 mg nicht dem Gesamtgehalt an Kavalactonen. Vielmehr sei der Kavalactongehalt der Kava-Produkte, die in der Monographie Berücksichtigung gefunden hätten, nach heutigen Standards wesentlich höher anzusetzen. 13Der Einwand des BfArM, die Mittel seien nicht wirksam, beruhe darauf, dass die betroffenen Unternehmen auf entsprechende Forderung des BfArM die Dosierung halbiert hätten, um sich numerisch an die Monographie anzupassen. Das sei inzwischen mit Blick auf die unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen durch die mit der Änderungsanzeige erfolgte Anhebung auf die alte Menge von 240 mg Kava-Pyrone korrigiert worden. Bei der Bewertung der Wirksamkeit müsse deswegen nach aktuellem Stand der Zulassung für alle betroffenen Arzneimittel eine Dosierung von 240 mg Kava-Pyrone zugrunde gelegt werden. 14Die vorliegenden Fälle unerwünschter Ereignisse im Zusammenhang mit Kava-Kava seien vom BfArM unrichtig und teilweise anders als von anderen Institutionen bewertet worden. Auf der Grundlage der Auswertung durch Teschke et al. aus dem Jahr 2008 ergäben sich lediglich drei Fälle, in denen überhaupt von einer Auslösung durch Kava-Kava auszugehen sei. In zwei dieser Fälle habe es sich um acetonische Extrakte gehandelt. Der verbleibende Fall stehe im Zusammenhang mit einer Allergie. Die Häufung von UAW-Meldungen in den Jahren 2001 und 2002 sei zudem durch die aktive negative Informationspolitik des BfArM zu erklären. Im Gegensatz zum BfArM habe die schweizerische Behörde nicht auf Vorlage präklinischer Studien bestanden, sondern nur eine Anwendungsbeobachtung gefordert, die jedoch wegen des deutschen Kava-Kava-Verbots abgebrochen worden sei. In den USA würden Kava-Kava-Produkte nach wie vor als Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr gebracht. 15Die Risiken in Betracht zu ziehender Alternativpräparate - insbesondere Benzodiazepine und Antidepressiva - seien ungleich höher als die der betroffenen Kava-Kava-Produkte. Das angestrebte Ziel der Verminderung von Therapierisiken könne mit dem Widerruf nicht erreicht werden. Anstelle des geringeren Risikos von Kava-Kava-Produkten lasse das BfArM zu, Arzneimittel einzusetzen, deren Anwendung für die Patienten mit weit größeren Risiken verbunden sei. Noch bis zum Jahr 2001 habe das BfArM Neuzulassungen für Kava-Kava-haltige Arzneimittel erteilt. 16Mit Bescheid vom 15. Februar 2012 hat das BfArM den Widerspruch der Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung seiner vorherigen Ausführungen zum Risiko der Anwendung Kava-Kava-haltiger Arzneimittel als unbegründet zurückgewiesen. In Deutschland seien 48 Fälle lebertoxischer Reaktionen registriert worden, von denen 26 ausreichend gut dokumentiert seien. In sieben Fällen habe eine Lebertransplantation vorgenommen werden müssen. Zwei dieser Patienten und eine Patientin ohne Lebertransplantation seien verstorben. In zwei Fällen sei die lebertoxische Reaktion nach Absetzen des Kava-Kava-Produkts zurückgegangen und bei Reexposition erneut aufgetreten. In dreizehn Fällen sei aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs, des Fehlens lebertoxischer Faktoren und einer entsprechenden Komedikation ein Kausalzusammenhang wahrscheinlich. In einzelnen dieser Fälle sei eine synergistische Beteiligung eines anderen Arzneimittels (z.B. eines Estrogens) als möglich anzusehen, ohne dass dies die Annahme gerechtfertigt hätte, dass das Kava-Kava-Arzneimittel nicht an der hepatotoxischen Reaktion beteiligt gewesen wäre. In weiteren fünf spontan gemeldeten Fällen sei ein Kausalzusammenhang „möglich bis wahrscheinlich“ und in den restlichen Fällen „möglich“. Aus den dargestellten Fällen gehe hervor, dass Kava-Kava eindeutig das Potential zu schwerer Lebertoxizität habe. Der Effekt weise ein durchaus charakteristisches Muster auf mit einem zeitlichen Gipfel bei drei bis vier Monaten nach Medikationsbeginn und einer wahrscheinlich höheren Toxizität bei höheren Dosen. Zur toxikologischen Bewertung von Kava-Kava-Extrakten fehlten weiterhin nach heutigen Standards durchgeführte Tierstudien. Die Wirksamkeit der ethanolischen Kava-Kava-Auszüge als Anxiolytikum sei unverändert als nicht belegt anzusehen. Ein Vergleich des Nutzen-Risiko-Profils mit therapeutischen Alternativen setze diesen Wirksamkeitsnachweis aber voraus. 17Mit Auflagenbeschluss vom 30. Oktober 2012 hat das Verwaltungsgericht der Beklagten aufgegeben, eine Zusammenstellung nebst Wirksamkeitsbelegen und Nebenwirkungsprofil von Benzodiazepin-haltigen, in Deutschland verkehrsfähigen Arzneimitteln vorzulegen, deren Anwendungsgebiet ganz oder teilweise der Indikation „Nervöse Angst-, Spannungs- und Unruhezustände“ entspricht. Zugleich hat es der Klägerin aufgegeben, darzulegen, ob und unter welchen Voraussetzungen toxikologische Untersuchungen in vivo mit dem Wirkstoff ihres Arzneimittels an einer weiteren Tierart, die nicht Nagetier ist, durchgeführt werden können. 18Die Beklagte ist diesen Auflagen nachgekommen und hat hierzu erwidert, es sei reine Spekulation und durch nichts belegt, dass Patienten nach dem Verbot von Kava-Kava auf Benzodiazepine übergegangen seien. Deren Verwendung sei durch die Hinweise an die Ärzte zum bestimmungsgemäßen Gebrauch von Benzodiazepin-haltigen Präparaten limitiert. Auch weise die Fachinformation auf den überwiegenden Einsatz dieser Arzneistoffe bei schweren Angstzuständen, Schlafstörungen sowie zur Behandlung von Muskelverspannungen und Epilepsien sowie die zeitliche Begrenzung einer Behandlung hin. Zur symptomatischen Behandlung von Angstzuständen (Leitsymptomatik: Angst, innere Unruhe, Spannungszustände) stehe der Wirkstoff Buspiron zur Verfügung, ein Serotonin ohne erhöhtes Abhängigkeitspotential, aber mit verzögertem Wirkungseintritt. Daneben hat das BfArM auf unterschiedliche Psychopharmaka, ferner auf andere pflanzliche Präparate wie Baldrian, Hopfen, Melisse, Passionsblume oder Johanniskraut verwiesen. Die von Klägerseite vertretene Annahme unterschiedlicher Risiken verschiedener Kava-Kava-Kultivare sei spekulativ, da sich die Nebenwirkungsmeldungen gleichmäßig auf die verschiedenen Kultivare und Extrakte verteilten. In einem Fall sei es sogar zu einer „positiven Rechallenge“ - einem Wiederauftreten der Nebenwirkung nach erneuter Gabe - gekommen, was eine gesicherte Kausalität begründe. Zudem habe sich in mehreren vom National Toxicology Program (NTP) der USA mit einem handelsüblichen Kava-Kava-Extrakt durchgeführten Studien ergeben, dass die Leber Hauptzielorgan toxischer und kanzerogener Effekte sei. 19Die Klägerin hat sich in ihrer Gegenäußerung zum Auflagenbeschluss gegen das Erfordernis weiterer tierexperimenteller Toxizitätsstudien gewandt und dazu ausgeführt: Das bisherige Datenmaterial habe ein hepatotoxisches Potential von Kava-Kava nicht belegen können. Nebenwirkungen seien insoweit in der Vergangenheit in erster Linie bei acetonischen Kava-Kava-Extrakten und minderwertigen Sorten aufgetreten. Unter Zugrundelegung des zutreffenden Bewertungsschemas wären zahlreiche Meldungen nicht auf Kava-Kava zurückzuführen. Der einzelne Fall einer Rechallenge hätte in diesem Licht unter dem Gesichtspunkt einer Allergie bewertet werden müssen. Zur Gewinnung weiterer Erkenntnisse über das Risiko am Menschen sei eine Beobachtung von Patienten im Rahmen der laufenden Behandlung geeignet (sog. Post Authorisation Safety Study, „PASS“). Entsprechendes sei vom BfArM auch im Fall von Pelargonium („Umckaloabo“) akzeptiert worden. Die bestehende toxikologische Datenlage reiche aus. Es lägen allein in Deutschland Erfahrungswerte über einen Zeitraum von 100 Jahren vor. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang u.a. auf eine Reihe - teils neuerer - Studien, die ein hepatotoxisches Risiko des ethanolischen Extrakts, insbesondere bei einer Anwendungsdauer von bis zu vier Wochen, nicht hätten belegen können. In den USA sei Kava-Kava nach wie vor unbeanstandet als Nahrungsergänzungsmittel verkehrsfähig. Kanzerogene Effekte seien bei Mäusen festgestellt worden; dieses Spezies-spezifische Phänomen trete in dieser Form auch bei Benzodiazepinen auf und erfordere eine Langzeitgabe sehr hoher Dosen. Zudem hätten andere Studien gezeigt, dass Kava-Kava nicht mutagen sei. Die Beklagte lasse - der Zulassungspraxis des BfArM widersprechend - bei der Auswertung der Nebenwirkungsmeldungen konsequent die erforderliche Differenzierung der Arzneimittel nach Art der Droge und Extraktionsmittel vermissen. 20Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten seien Benzodiazepine bei der Nutzen-Risiko-Abwägung von Kava-Kava durchaus in den Blick zu nehmen. Die Beklagte selbst benenne Benzodiazepine als risikoärmere Alternative zu Kava-Kava. Angesichts des teilweise identischen Anwendungsgebiets von Kava-Kava und mit Blick auf die Verschreibungszahlen 1998 und 1999 lasse sich feststellen, dass bei etwa jeder 10. Verordnung die Wahl auf Kava-Kava als risikoärmere Alternative zu Benzodiazepinen gefallen sei. Das von der Beklagten aufgrund des Auflagenbeschlusses vorgelegte Material belege ein erhebliches Nebenwirkungspotential von Benzodiazepinen, die in ihrer Schwere einer Hepatotoxizität entsprächen oder über diese hinausgingen, wie etwa die Gefahr einer missbräuchlichen Überdosierung und Selbsttötungen unter Zuhilfenahme von Benzodiazepinen. Auch das von der Beklagten angeführte Buspiron weise ein größeres Abhängigkeitspotential als Kava-Kava auf und sei nebenwirkungsbehaftet. Vergleichbares gelte für Antidepressiva, auch in Bezug auf Leberschädigungen. Johanniskraut zeige Wechselwirkungen zu anderen Arzneimitteln, führe zu Lichtempfindlichkeit und müsse über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, um überhaupt eine Wirkung zu zeitigen. 21Auch bestehe eine Asymmetrie in der Risikobewertung des BfArM bei Phytopharmaka. Es stelle sich die Frage, warum bei einem freiverkäuflichen Arzneimittel wie „Umckaloabo“ mit dem Wirkstoff aus der Pelargoniumwurzel, das ebenfalls im Verdacht stehe, Leberschädigungen hervorzurufen, dieses Risiko in Kauf genommen werde, bei Kava-Kava jedoch trotz von den Unternehmen angebotener Transaminasen-Kontrollen, der Verschreibungspflicht und des hochwertigen Anwendungsgebiets die Zulassungen widerrufen würden. 22Die Klägerin hat beantragt, 23den Bescheid des BfArM vom 21. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2012 aufzuheben. 24Die Beklagte hat beantragt, 25 die Klage abzuweisen. 26Sie hat ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft und ergänzend Folgendes ausgeführt: Die von der britischen Gesundheitsbehörde in ihrem Bericht aus dem Jahr 2006 aufgeführten 110 Nebenwirkungsverdachtsfälle beschränkten sich nicht auf acetonische Extrakte, sondern hätten in der Mehrzahl der Fälle ethanolische Extrakte betroffen. Die seitens der Unternehmen vorgelegten toxikologischen Untersuchungen seien nicht geeignet, die Risikofreiheit des Wirkstoffs zu belegen. Insbesondere geeignete Tierstudien stünden aus. Eine Kurzzeitanwendung von nur vier Wochen sei angesichts des Krankheitsbildes auch wenig realistisch. Die einschlägigen Guidelines forderten eine Studiendauer bei Nicht-Nagern von neun Monaten. Auch die Wirksamkeit sei nicht hinreichend belegt. Insbesondere sei die Darstellung, die Monographie der Kommission E beruhe auf einer DC-Messung, nicht belegt. Aus den Unterlagen zur Monographieerstellung der Kommission E gehe hervor, dass die Bestimmung auch zum damaligen Zeitpunkt schon mit der HPLC-Methode erfolgt sei. Die zwischenzeitliche Erhöhung der Tagesdosis über den monographiekonformen Wert von 60 bis 120 mg Kava-Pyrone hinaus sei nicht geeignet, das negative Nutzen-Risiko-Verhältnis zu ändern. Der Klägerin sei zwar darin zuzustimmen, dass in der Phytotherapie der arzneilich wirksame Bestandteil durch das Extraktionsmittel und das Droge-Extrakt-Verhältnis (DEV) eindeutig gekennzeichnet sei und eine Änderung des Extraktionsmittels bzw. des DEV auch zu einem anderen Wirkstoff führe. Nur die Berücksichtigung ethanolischer Extrakte reduziere aber auch das zugunsten der Klägerin vorgelegte Studienmaterial immens, da dann alle Ergebnisse zu wässrigen, acetonischen oder CO2-Extrakten nicht berücksichtigungsfähig seien. Die Beklagte sieht sich durch die NTP-Studie in ihrer Risikobewertung bestätigt. Dass die US-amerikanische Behörde hieraus keinen Handlungsbedarf abgeleitet habe, sei ohne Belang. Die von der Klägerin herangezogenen neueren Studien seien nicht hinreichend aussagekräftig. Die Möglichkeit der Anordnung von Post Authorization Safety Studies sei erst durch das 2. AMG-Änderungsgesetz vom 19. Oktober 2012 geschaffen worden. 27Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des BfArM vom 21. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2012 durch Urteil vom 20. Mai 2014 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Nutzen-Risiko-Verhältnis Kava-Kava-haltiger Arzneimittel der hier streitgegenständlichen Art erweise sich nicht als ungünstig. Wenngleich die Monographie „Piperis methystici rhizoma" der Kommission E vom 1. Juni 1990, aus der die Klägerin die Wirksamkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel im Wesentlichen herleite, nicht auf einer aktuellen Erfordernissen genügenden klinischen Erprobung des Wirkstoffs beruhe, sei sie in der Folgezeit Grundlage für eine Vielzahl von Zulassungen und Nachzulassungen Kava-Kava-haltiger Präparaten gewesen, ohne dass insoweit eine sachliche Unterscheidung zwischen ethanolischen und anderen Auszügen erfolgt sei. Diese Wirksamkeitsaussage habe das BfArM im gerichtlichen Verfahren nicht substantiiert angegriffen. Auch habe sich die Kommission E noch im Jahre 2002 in Kenntnis der bekannten Risikoaspekte für die Verkehrsfähigkeit der Produkte unter dem Vorbehalt bestimmter Sicherheitsmaßnahmen ausgesprochen. Vor diesem Hintergrund könne den vom Widerruf betroffenen Arzneimitteln ungeachtet ihrer Dosierung nicht jede Wirksamkeit von vornherein abgesprochen werden. Wegen des abweichenden Prüfungsmaßstabs des § 30 Abs. 1 AMG komme es auf die Frage, ob die Wirksamkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel in einer den Anforderungen des § 22 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 AMG genügenden Weise begründbar sei, nicht an. 28Dem durch die Zulassungsbescheide belegten Nutzen der Präparate in den Anwendungsgebieten „nervöse Angst, Spannungs- und Unruhezustände" stünden Anwendungsrisiken in Gestalt hepatotoxischer Ereignisse gegenüber. Die in dem Bericht der WHO dokumentierten Fälle lebertoxischer Reaktionen seien im Rahmen einer quantitativen Gewichtung angesichts der weiten Verbreitung Kava-Kava-haltiger Arzneimittel als „selten" oder „sehr selten" auftretende Nebenwirkungen auszuweisen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin nachvollziehbar dargelegt habe, dass in die Berichte der WHO und der MHRA auch Meldungen aus Deutschland eingeflossen seien und deswegen eine doppelte Berücksichtigung ein und desselben Ereignisses nahe liege. Inhaltlich sei das zu den hepatotoxischen Nebenwirkungen vorliegende Zahlenmaterial nicht konsistent. Das aus Großbritannien ausgewertete Zahlenmaterial beziehe sich auf die Anwendung von Kava-Kava in einem anderen Anwendungsgebiet, nämlich Blasenerkrankungen. Zudem erschwere die Multikausalität von Leberschädigungen die Zuordnung zu einer bestimmten Medikamentengabe. Die Klägerin habe nachvollziehbar dargelegt, dass es auch in sog. „Rechallenge-Fällen" einer Dokumentation der Komedikation bedürfe, um eine tragfähige Wahrscheinlichkeitsaussage treffen zu können. In der vorliegenden Gestalt lasse das Zahlenmaterial nur die Aussage einer möglichen Verknüpfung von Nebenwirkungen durch Kava-Kava-Gabe zu. Dies gelte auch für ethanolische Extrakte. 29Im Rahmen der Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses hat das Verwaltungsgericht zunächst darauf hingewiesen, dass das monographierte Anwendungsgebiet „nervöse Angst, Spannungs- und Unruhezustände" sich mit dem für Benzodiazepine zugelassenen Anwendungsgebiet überschneide. Obwohl es sich bei Letzteren um zugelassene und verschreibungspflichtige Arzneimittel handele, gingen von diesen Wirkstoffen erhebliche Gefahren aus. Es bestehe schon bei therapeutischen Dosierungen ein sehr hohes Abhängigkeitspotential. Benzodiazepine würden weltweit als Medikamente mit der höchsten Missbrauchsrate gelten. Seit 2002 habe es für Benzodiazepine insgesamt 4.478 UAW-Meldungen gegeben, die sich über eine Vielzahl von unerwünschten Nebenwirkungen erstreckten und - soweit schwer - bei Suizidversuchen und Suchtmissbrauch deutliche Spitzen aufwiesen, vereinzelt aber auch Leberschädigungen zeigten. Vor diesem Hintergrund könne nicht von einer risikoärmeren Alternative zu Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln ausgegangen werden. Das gelte in abgeschwächter Form auch für das vom BfArM angeführte Buspiron und die erwähnten Antidepressiva. Zudem seien im Rahmen einer am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Übermaßverbot orientierten Nutzen-Risiko-Abwägung andere regulatorische Maßnahmen zur Risikominimierung zu berücksichtigen, die eine weitere Verkehrsfähigkeit der Produkte ohne unvertretbare Gefahren für die öffentliche Gesundheit gewährleisteten. Hierzu zählten die Verschreibungspflicht, Gegenanzeigen, Anwendungsbeschränkungen, eine ausdrückliche Beschränkung der Anwendungsdauer sowie eine begleitende regelmäßige Erhebung der Leberwerte. Hinzu trete die nunmehr gemäß § 28 Abs. 3b Satz 1 Nr. 2 AMG auch nach Erteilung der Zulassung bestehende Möglichkeit der Bundesoberbehörde, im Wege der Auflage anzuordnen, Unbedenklichkeitsprüfungen durchzuführen, wenn dies im Interesse der Arzneimittelsicherheit erforderlich sei. Angesichts des Umstandes, dass bislang die Anhaltspunkte für ein hepatotoxisches Risiko der streitbefangenen Produkte nicht mit der genügenden Sicherheit hätten verifiziert werden können, wäre eine solche nachgelagerte Erprobung bei fortbestehender Marktfähigkeit unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten naheliegend und das gegenüber dem Widerruf mildere Mittel. 30Die Beklagte hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht: Die Möglichkeit, eine Unbedenklichkeitsstudie anzuordnen, bestehe nicht. Das materielle Recht, insbesondere § 28 Abs. 3b Satz 1 Nr. 2 AMG, eröffne nicht die Möglichkeit, nach Zulassung eine Unbedenklichkeitsstudie anzuordnen. Es bestehe kein Ansatz dafür, dass die Vorschrift auf vor ihrem Inkrafttreten eingeleitete (und abgeschlossene) Risikoverfahren Anwendung finde. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass die aktuelle Bewertung der Wirksamkeit des Arzneimittels ein maßgeblicher Abwägungsbelang bei der Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses sei. Die Wirksamkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel sei bereits bei Erstellung der Monographie der Kommission E fraglich gewesen. Wegen der geringen Bedeutung von Kava-Kava sei zunächst eine Negativmonographie erstellt worden. Die von der Kommission E in Bezug auf die Wirksamkeit angenommene Plausibilität würde und könnte unter den heutigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer traditionellen Registrierung gemäß § 39c AMG führen, womit allerdings eine sehr viel kritischere Nutzen-Risiko-Bewertung einhergehe. Schon zum Zeitpunkt der Stufenplanentscheidung hätten dem BfArM keine Studien vorgelegen, die eine Wirksamkeit ausreichend belegt hätten. Das Herbal Medicinal Product Commitee (HMPC) habe in einer öffentlichen Stellungnahme „Piperis methystici rhizoma“ als einen der Wirkstoffe benannt, für die die Erstellung einer Positivmonographie nicht erfolgversprechend erscheine. Das angegriffene Urteil überspanne die Anforderungen an den Verdachtsgrad schädlicher Nebenwirkungen. Wenn - wie vorliegend - eine größere Anzahl von Verdachtsfällen zusammenkomme, ergebe sich der begründete Verdacht des Auftretens unvertretbarer schädlicher Wirkungen mit zumindest möglicher Kausalität. Da es sich hier um sehr schwerwiegende Nebenwirkungen mit ernsten Konsequenzen gehandelt habe, seien zum Schutz der Patienten einschneidende Maßnahmen gerechtfertigt gewesen. Die vom Gericht beanstandete fehlende Häufigkeit der Nebenwirkungen sei aus den Daten der Spontanerfassung bekanntermaßen nicht verlässlich ableitbar. Insoweit sei insbesondere die hohe Dunkelziffer zu berücksichtigen. Quantitative Aussagen zur Häufigkeit von Nebenwirkungen seien nur durch Studien mit systematischer Datenerfassung und ausreichender Anzahl eingeschlossener Patienten zu treffen. Entscheidend sei das Vorliegen einer Reihe von Fällen schwerwiegender Nebenwirkungen, bei denen ein kausaler Zusammenhang mit der Anwendung von Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln zumindest möglich erscheine. Dieser sei nach den dem BfArM vorliegenden - im Folgenden nochmals zusammengefassten - Erkenntnissen gegeben. Daraus gehe hervor, dass Kava-Kava eindeutig das Potential zu schwerer Lebertoxizität habe, wobei auch idiosynkratische Leberschädigungen eine denkbare Erklärungsmöglichkeit seien. Die Darstellung der Klägerin zu Inzidenzraten bleibe unklar. An der Arbeit von Teschke et al. sei auffällig, dass der Kausalzusammenhang in 13 Fällen wegen anderer nicht medikamentöser Ursachen verneint worden sei und dies in drei beispielhaft aufgeführten Fällen nicht mit den differenzialdiagnostischen Feststellungen der Ärzte, von denen diese Fallberichte stammten, in Einklang stehe. In der bisherigen Diskussion zu Noble-Kava und den zu erwartenden Qualitätsunterschieden habe die Klägerin bislang nicht belegt, welche Kava-Qualität sie in den 80er/90er Jahren verwendet habe. Es sei auch nicht dargelegt, ob die klinischen Studien, die der damaligen Zulassung zugrunde lagen, ausschließlich mit Noble-Kava durchgeführt worden seien. 31Auch wenn der für die NTP-Studie verwendete Extrakt mit überkritischem Kohlendioxyd nicht mit den ethanolischen Extrakten vergleichbar sei - was sich angesichts der 96%igen Ethanolkonzentration jedoch diskutieren ließe -, seien die dort gewonnenen Schlussfolgerungen als Hintergrundinformation bei der Bewertung mit einzubeziehen. Mit Bezug auf den Mechanismus der Hepatotoxizität seien zudem die Ergebnisse weiterer im Einzelnen aufgeführter Publikationen aus den Jahren 2011 und 2012 zu berücksichtigen. 32Die Nutzen-Risiko-Abwägung des Verwaltungsgerichts verdiene Kritik. Die dort angeführte Überschneidung der Anwendungsgebiete von Benzodiazepin- und Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln wiege die Unterschiede beider Arzneimittel nicht auf. Vielmehr sei mit Blick auf etwaige Behandlungsalternativen insbesondere die interdisziplinäre S3-Leitlinie „Behandlung von Angststörungen" in den Blick zu nehmen. Benzodiazepine zählten danach weder zu den Arzneimitteln der ersten noch der zweiten Wahl für die Angstbehandlung. Dazu zählten demgegenüber selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, Pregabalin, Buspiron, Opipramol, Hydroxyzin und damit Arzneimittel mit einem guten Nutzen-Risiko-Verhältnis. Abgesehen davon handele es sich bei der mit einer Behandlung mit Benzodiazepinen vielfach auftretenden Abhängigkeit um eine Niedrigdosisabhängigkeit, die keine Abhängigkeit im eigentlichen Sinne sei. Das Verwaltungsgericht setze sich auch in Widerspruch zu den von ihm selbst aufgestellten Kriterien, wenn es die missbräuchliche Verwendung von Benzodiazepinen in die Abwägung einfließen lasse. Darüber hinaus stünden auch aus dem Bereich der pflanzlichen Arzneimittel Behandlungsalternativen, etwa Baldrianwurzelzubereitungen oder Lavendelöl, zur Verfügung. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass dem Widerruf die Anordnung des Ruhens als milderes Mittel vorausgegangen sei. Die Widerrufsentscheidung habe darauf beruht, dass die Zulassungsinhaber nicht bereit gewesen seien, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen bzw. weiteres wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorzulegen. Auch wenn man die geänderte Rechtslage zugrundelegte, wäre die Anordnung einer Unbedenklichkeitsstudie kein gleich geeignetes, erst recht kein milderes Mittel. Denn sie lasse nicht den Versagungsgrund des ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses entfallen, sondern diene allein dem Gewinn neuer Erkenntnisse und der Erforschung der Risiken. Folglich führe eine solche Studie nicht zu einer Risikominimierung und wirke sich deswegen nicht positiv auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis aus. Das Risikoverfahren zu pelargoniumwurzelhaltigen Arzneimitteln sei mit dem vorliegenden Verfahren nicht vergleichbar und müsse differenziert bewertet werden. 33Die Beklagte beantragt, 34das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. Mai 2014 zu ändern und die Klage abzuweisen. 35Die Klägerin beantragt, 36die Berufung zurückzuweisen. 37Zur Begründung führt sie aus: Nach dem im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden materiellen Recht hätte die Beklagte die Durchführung einer PASS anordnen können. Zudem sei es eine stets geübte Praxis des BfArM gewesen, auf der Grundlage von § 30 AMG i.V.m. § 36 VwVfG entsprechende Anordnungen zu treffen. Die Ausführungen der Beklagten zur Nutzen-Risiko-Bewertung des Verwaltungsgerichts seien nicht überzeugend. Nach Erstellung der Monographie der Kommission E habe sich die Erkenntnislage eindeutig zu Gunsten von Kava-Kava verbessert. Das BfArM habe dies dadurch bestätigt, dass es gestützt auf diese Monographie und die nachfolgend publizierten klinischen Prüfungen sehr viele Zulassungen für Kava-Kava-haltige Arzneimittel erteilt habe und zwar mit einem Status nach § 22 Abs. 3 AMG. Die von der Beklagten zitierte öffentliche Stellungnahme des HMPC führe zu keiner anderen Bewertung der Wirksamkeit von Kava-Kava. Die darin enthaltenen Aussagen beträfen traditionelle pflanzliche Arzneimittel, die nicht verschreibungspflichtig seien, und könnten nicht auf die hier streitbefangenen verschreibungspflichtigen Arzneimittel erstreckt werden. In Bezug auf die in Rede stehenden Nebenwirkungen sei zwischen Kava-Kava-Präparaten aus Noble-Kava mit ethanolischem Extrakt und solchen aus Two-Day-Kava mit acetonischem Extrakt zu unterscheiden. Bei Ersteren ergebe sich aus den vorliegenden Erkenntnissen allenfalls ein schwacher Verdacht für Nebenwirkungen. Im Zusammenhang mit möglichen Behandlungsalternativen führe die Beklagte Arzneimittel an, die für andere Anwendungsgebiete zugelassen seien als Kava-Kava, und verharmlose überdies das bei einer Behandlung mit Benzodiazepinen bestehende Abhängigkeitsrisiko. Entsprechendes gelte mit Bezug auf die in der interdisziplinären S3-Leitlinie zur Behandlung von Angststörungen aufgeführten Arzneimittel. Die von der Beklagten als Behandlungsalternative benannten pflanzlichen Arzneimittel deckten nicht die gleichen Erkrankungen ab. Entgegen der Auffassung der Beklagten bestehe bei Pelargoniumwurzelpräparaten und Kava-Kava-Präparaten in fachlich-medizinischer Hinsicht eine vergleichbare Situation. Insofern sei es bemerkenswert, dass das BfArM nur bei Ersteren, nicht hingegen bei Letzteren die Möglichkeit gesehen habe, eine PASS durchzuführen. 38Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. 39Entscheidungsgründe: 40Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. 41Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Der 42Widerrufsbescheid des BfArM vom 21. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Februar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 43Die Voraussetzungen für einen Widerruf der Zulassung des Arzneimittels B. forte sind nicht erfüllt. 44Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufsbescheides ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz, hier also der Berufungsverhandlung, entscheidend. Der maßgebliche Zeitpunkt der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts richtet sich nach dem jeweiligen materiellen Recht. Für die Anfechtungsklage gilt im Allgemeinen, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle Recht regelt etwas Abweichendes. 45Vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Juli 1989 - 7 C 39.87 -, juris, Rn. 8, und vom 1. Juni 2011 - 8 C 4.10 -, juris, Rn. 19. 46Letzteres muss nicht zwingend in Gestalt einer ausdrücklichen fachgesetzlichen Regelung zum Ausdruck kommen, sondern kann sich auch aus dem Sinn und Zweck des jeweils einschlägigen Normgefüges ergeben. 47Vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage, 2014, § 113, Rn. 96. 48Dies ist hier der Fall. Einerseits erfordert der in § 1 AMG niedergelegte Gesetzeszweck der Arzneimittelsicherheit - wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend festgestellt hat - die Berücksichtigung von Änderungen der Sach- und Rechtslage nach der letzten behördlichen Entscheidung. 49Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. Januar 2014 - 13 A 2730/12 -, juris, Rn. 28 f. 50Andererseits gebietet dies die besondere Eingriffsintensität des Widerrufs in die Grundrechte der pharmazeutischen Unternehmer. Denn die Wiedererlangung der Zulassung ist nach deren bestandskräftigem Widerruf erheblich erschwert. Das folgt daraus, dass die Versagungsgründe des § 25 Abs. 2 AMG nicht deckungsgleich mit den Widerrufsgründen des § 30 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AMG sind. Insbesondere ist der Widerruf der Zulassung nicht vorgesehen, wenn der Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Nr. 2 AMG nachträglich eingetreten ist, also dann, wenn das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 AMG nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis entspricht. Angesichts dessen ist es unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten geboten, für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Bestätigt wird dies durch den in § 30 Abs. 2a AMG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken einer gegenüber dem Widerruf vorrangigen Anpassung der Zulassung nach Maßgabe der jeweils geltenden Sach- und Rechtslage. 51Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Zulassung richtet sich deswegen nach § 30 Abs. 1, 2a AMG in der Fassung vom 19. Dezember 2012. Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AMG ist die Arzneimittelzulassung zu widerrufen, wenn der Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG nachträglich eingetreten ist, das heißt, wenn sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Präparats nachträglich als ungünstig erweist. Gemäß § 30 Abs. 2a Satz 1 1. Alt. AMG ist die Zulassung zu ändern, wenn dadurch der in Absatz 1 genannte betreffende Versagungsgrund entfällt. Ein Widerruf der Zulassung ist danach nur gerechtfertigt, wenn das Nutzen-Risiko-Verhältnis eines Arzneimittels ungünstig ist und dem durch eine Änderung der Zulassung nicht abgeholfen werden kann. Die Zulassungsänderung hat damit bei Vorliegen eines Versagungsgrundes Vorrang gegenüber dem Widerruf, mit der Folge, dass dieser rechtswidrig ist, wenn die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2a AMG erfüllt sind. 52Vgl. zu § 30 AMG a.F. Krüger, in: Kügel/Müller/Hoffmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 30, Rn. 34. 53Das ist hier der Fall. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis des streitbefangenen Arzneimittels ist derzeit ungünstig (I.). Dies rechtfertigt aber nicht den Widerruf der Zulassung, weil dieser Versagungsgrund bereits durch deren Änderung ausgeräumt werden kann (II.). 54(I.) Das Nutzen-Risiko-Verhältnis umfasst nach § 4 Abs. 28 AMG eine Bewertung der positiven therapeutischen Wirkungen des Arzneimittels im Verhältnis zu dem Risiko nach Absatz 27 lit. a. Dies ist jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels für die Gesundheit der Patienten. Mit dem Begriff des Risikos wird ebenso wie bei der früheren Gesetzesfassung des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG jede Art von schädlichen Wirkungen erfasst, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Nach der bis zum 5. September 2005 geltenden Vorschrift durfte die Zulassung versagt werden, wenn bei dem Arzneimittel der begründete Verdacht bestand, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen (vgl. auch § 5 Abs. 2 AMG). Mit der Änderung des Wortlauts des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG, die der Angleichung an die Richtlinienvorgaben diente, ist keine inhaltliche Änderung verbunden. Beide Fassungen erstrecken sich auf jegliche Nebenwirkungen. Unter Nebenwirkungen sind die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Arzneimittels auftretenden schädlichen unbeabsichtigten Reaktionen zu verstehen (§ 4 Abs. 13 AMG), also nicht nur pharmakologisch-toxikologische Wirkungen, sondern jedwede unerwünschte Folge. Der erforderliche Verdacht schädlicher Wirkungen liegt vor, wenn ernstzunehmende Erkenntnisse den Schluss nahelegen, dass das Arzneimittel unvertretbare Nebenwirkungen hat. 55Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 10.09 -, NVwZ-RR 2010, 330 = juris, Rn. 32 ff., sowie Beschluss vom 12. Juni 2012 - 3 B 88.11 - , juris, Rn. 3; OVG NRW, Urteile vom 7. November 2012 - 13 A 2710/08 -, juris, Rn. 39 ff. und vom 29. Januar 2014 - 13 A 2730/12 - , juris, Rn. 34; BT-Drs. 15/5316, S. 38. 56Dafür bedarf es keines positiven Nachweises der kausalen Beziehung zwischen der Einnahme des Arzneimittels und aufgetretenen Nebenwirkungen, weil dies dem Gebot der Arzneimittelsicherheit zuwiderlaufen würde. 57Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2007 - 3 C 36.06 -, Pharma Recht 2007, 423 = NVwZ-RR 2007, 774; OVG NRW, Beschluss vom 17. September 2009 - 13 A 1428/08 -, juris, Rn. 11; OVG Berlin, Urteil vom 16. September 1999 - 5 B 34.97 -, juris, Rn. 17; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, Stand: 2012, § 25, Rn. 76, m. w. N. 58Insbesondere dann, wenn schwere Gesundheitsgefahren in Rede stehen, reicht es aus, wenn die entfernte Möglichkeit einer Risikoverwirklichung besteht. 59Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. September 2009 - 13 A 1428/08 -, juris, Rn. 13. 60Ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis folgt nicht bereits daraus, dass die bezweckte therapeutische Wirksamkeit eines Arzneimittels nicht (mehr) belegt ist. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, begründen Zweifel an der Wirksamkeit oder eine unzureichende Wirksamkeitsbegründung nicht automatisch die Annahme eines ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses und rechtfertigen daher für sich genommen nicht die Aufhebung der Zulassung, die nur auf die feststehende fehlende Wirksamkeit gestützt werden kann (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG). 61Vgl. dazu Krüger, in: Kügel/Müller/Hoffmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 30, Rn. 15. 62Nach aktuellem Erkenntnisstand bestehende Zweifel an der Wirksamkeit eines Arzneimittels sind für die im Rahmen des § 30 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2, § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG zu treffende Prognoseentscheidung gleichwohl von Bedeutung. Denn unter der Voraussetzung, dass die insoweit darlegungs- und materiell beweispflichtige Behörde sie konkret begründet hat, bilden sie einen Abwägungsbelang, der auf dritter Stufe bei der Abwägung des festgestellten Nutzens und der Risiken eines Arzneimittels zu berücksichtigen ist. 63Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. Januar 2014 - 13 A 2730/12 -, juris, Rn. 43. 64Hierbei sind Gesichtspunkte wie Indikation, Schwere des zu behandelnden Defekts, Behandlungsnotwendigkeit, Chancen eines Behandlungserfolges sowie eventuelle Behandlungsalternativen gegen solche wie Schweregrad und Häufigkeit der unerwünschten Nebenwirkung, die Rückbildungswahrscheinlichkeit (Reversibilität), mutmaßliche Gegenmaßnahmen und Suchtpotential im Sinne einer Vertretbarkeitsentscheidung gegeneinander abzuwägen. 65Vgl. zu den Abwägungskriterien: Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, Stand 2012, § 25 Rn. 77; Kügel, in: Kügel/Müller/Hoffmann, Arzneimittelgesetz, § 25, Rn. 56. 66Voraussetzung für den Widerruf ist, dass die mit dem Verdacht schädlicher Wirkungen verbundenen Risiken gegenüber dem therapeutischen Nutzen des Arzneimittels überwiegen. 67Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2007 - 3 C 36.06 -, Pharma Recht 2007, 423 = NVwZ-RR 2007, 774. 68Die materielle Beweislast für das Vorliegen sämtlicher tatbestandlichen Voraussetzungen des den Widerruf der Zulassung auslösenden Versagungsgrundes trägt die Beklagte, 69vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 1993 - 3 C 46.91 -, juris, Rn. 31; Kügel, in: Kügel/Müller/Hoffmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 25, Rn. 58, 70mit der Folge, dass insoweit verbleibende Zweifel zu ihren Lasten gehen und sie das Risiko der Unaufklärbarkeit des Sachverhalts trägt. 71Hiervon ausgehend gilt für die Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des hier streitgegenständlichen Arzneimittels Folgendes: 72(1) Kernkriterium für die Bewertung des Nutzens eines Arzneimittels ist seine therapeutische Wirksamkeit. Diese ist für das Präparat B. forte mit einer Tagesdosierung von 150 bis 200 mg Kava-Pyrone (2-4 mal täglich ein Dragee a 50 mg Kavapyrone) zu bejahen. Mit dieser Dosierung gilt B. forte, für das bislang keine Nachzulassung erteilt worden ist, als zugelassen. Für das Arzneimittel hat die Klägerin im März 2011 eine Dosierungsänderung angezeigt, die mangels bestehender Genehmigungspflicht zu einer entsprechenden Modifizierung der fiktiven Zulassung geführt hat (vgl. § 105 Abs. 3a Satz 1 AMG). Unschädlich ist insoweit, dass die Änderungsanzeige erst im laufenden Widerspruchsverfahren gestellt worden ist. Denn der sofortige Vollzug des Widerrufs berührt die Wirksamkeit der Zulassung nicht. 73Die Wirksamkeit des streitgegenständlichen Präparats wird weder durch das erstinstanzliche Vorbringen der Beklagten noch durch ihr Vorbringen im Berufungsverfahren durchgreifend in Zweifel gezogen. 74Mit ihrer Monographie „Piperis methystici rhizoma“ („Kava-Kava-Wurzelstock“) vom 1. Juni 1990 hat die Kommission E die anxiolytische, also angstlösende Wirkung des Wirkstoffs für die Anwendungsgebiete „Nervöse Angst-, Spannungs- und Unruhezustände“ unter Angabe einer Tagesdosis von Droge und Zubereitung entsprechend 60-120 mg Kava-Pyrone festgestellt. In weitgehender Übereinstimmung damit steht die Aussage der entsprechenden im Jahr 2003 veröffentlichten Monographie der European Scientific Cooperative on Phytotherapy (ESCOP), des europäischen Dachverbandes der nationalen Gesellschaften für Phytotherapie. Darin ist als Anwendungsgebiet „Anxiety, tension and restlessness arising from various causes of non psychotic origin“ mit einer Tagesdosierung von 60-120 mg Kavalactonen angegeben. 75Vgl. ESCOP Monographs, 2003, The scientific foundation for herbal medicinal products, S. 365 ff. 76Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt den von den unterschiedlichen Kommissionen aufgestellten Kriterien und Empfehlungen die Qualität antizipierter Sachverständigengutachten zu. 77Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. November 2009 - 3 C 10.09 -, juris, Rn. 25, und vom 16. Oktober 2008 - 3 C 24.07 -, juris, Rn 20. 78Sie geben den jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnisstand wieder und sind einer Neubewertung zugänglich. Stellungnahmen der Kommissionen sind anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial im Sinne des § 22 Abs. 3 AMG. Die Zulassungsbehörde ist nicht an die in der Monographie getroffene Aussage gebunden. 79Kügel, in: Kügel/Müller/Hoffmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 25, Rn. 177. 80Da sachverständige Feststellungen bei besserer Erkenntnis ersetzt werden können (und müssen), darf die Kommission von früheren Feststellungen in Aufbereitungsmonographien abweichen. 81Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 10.09 -, juris, Rn. 27. 82Handelt es sich dabei um allgemeine Aussagen, sind diese als sachverständige Äußerung zu bewerten. 83Vgl. dazu Kügel, in: Kügel/Müller/Hoffmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 25, Rn. 178. 84Die Kommission E verfügt über besondere Sach- und Fachkunde. Hieraus und nicht zuletzt deswegen, weil es sich dabei um ein neutrales Sachverständigengremium handelt, folgt die besondere Bedeutung ihrer Stellungnahmen. Die Mitglieder der Kommission E sind Sachverständige mit besonderen Kenntnissen der wissenschaftlichen und/oder praktischen Phytotherapie. Die Kommission ist interdisziplinär mit Experten für Toxikologie, experimentelle Pharmakologie, Biometrie, pharmazeutische Biologie sowie Ärzten und Heilpraktikern, die Phytopharmaka praktisch einsetzen, zusammengesetzt. Diese werden alle drei Jahre von Verbänden der Fachrichtung vorgeschlagen und vom Bundesgesundheitsministerium benannt. 85Vergleichbares gilt bezogen auf die Monographien der ESCOP. Wenngleich sie keinen gesetzlichen Standard definieren, dienen sie dazu, die beste verfügbare wissenschaftliche Evidenz auf der Basis der aktuellen Literatur zusammenzustellen. 86Vgl. Pharmazeutische Zeitung online „Monographien als Richtschnur“ 13/2014, abrufbar unter: http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=51461. 87Die Beklagte hat die Monographie der Kommission E aus 1990 im Zulassungsverfahren als Wirksamkeitsbeleg zugrunde gelegt, ohne weitere Erkenntnisse zu fordern oder beizuziehen. Angesichts dessen sieht der Senat keine Veranlassung, die Wirksamkeit des Arzneimittels bezogen auf diesen Zeitpunkt anzuzweifeln, zumal die Beklagte in dem angegriffenen Bescheid selbst konstatiert, dass das Votum der Kommission E dem Erkenntnisstand der frühen 1990er Jahre entsprochen habe. 88Demgegenüber fehlen Vortrag und Anhalt dafür, dass dieser Erkenntnisstand durch neuere Erkenntnisse, die ernsthafte Zweifel an der Wirksamkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel begründen, überholt ist. Im Gegenteil: Die Kommission E hat sich aufgrund der Einleitung des Stufenplanverfahrens und nach näherer Befassung mit der Angelegenheit veranlasst gesehen, in einer Anfang des Jahres 2002 verfassten öffentlichen Erklärung mitzuteilen, dass ihre Mitglieder nach wie vor von den vorgelegten wissenschaftlichen Daten zur Wirksamkeit von Kava-Kava überzeugt seien. Das impliziert, dass zum damaligen Zeitpunkt aus Expertensicht keine abweichenden neuen Erkenntnisse vorlagen. Nichts spricht dafür, dass die Kommission E zwischenzeitlich angesichts aktuellerer Forschungsergebnisse von diesem Standpunkt abgerückt ist. Insbesondere hat sie bis heute keine anderslautende Stellungnahme abgegeben. Entsprechendes gilt für die ESCOP. Die für „Piperis methystici rhizoma“ erstellte Monographie gehörte zu den ersten 80 Monographien, die die ESCOP im Jahr 2003 veröffentlicht hat. 89Vgl. ESCOP Monographs, 2003, The scientific foundation for herbal medicinal products, S. 365 ff. 90Obgleich die ESCOP ihre Monographien regelmäßig überarbeitet und aktualisiert, hat diejenige für „Piperis methystici rhizoma“ bislang keine Änderung erfahren. 91Hinzu kommt, dass die WHO in ihrem Bericht aus dem Jahr 2007 (Coulter et al., „Assessment of the risk of hepatotoxicity with kava products“) offensichtlich ebenfalls von der Wirksamkeit von Kava-Kava ausgeht. Dort heißt es, 16 gut kontrollierte Doppelblindstudien hätten die angstlösende Wirkung von Kava-Kava gezeigt (vgl. Tabelle 3, S. 6, 11). Diese Bewertung entspricht der mit dem Ziel der Untersuchung Kava-Kava-haltiger Arzneimittel durchgeführten Metaanalyse einer Reihe randomisierter placebokontrollierter Doppelblindstudien von Pittler und Ernst (zuletzt, „Kava extract versus placebo for treating anxiety“, 2003). Diese hat zur Wirksamkeit der Behandlung von Angststörungen, gemessen an den Kriterien der Hamilton Anxiety Scale (HAMA) die Überlegenheit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel gegenüber Placebopräparaten ergeben. Eventuelle Mängel der analysierten Einzelstudien vermögen die Indizwirkung des Ergebnisses der Metaanalyse im Zusammenhang mit dem weiteren Erkenntnismaterial nicht zu entkräften. 92Letztlich konzediert die Beklagte selbst eine - wenngleich dosisabhängige - Wirksamkeit, wenn es in dem angefochtenen Bescheid heißt, bei Dosierungen oberhalb von 120 mg Kava-Pyrone pro Tag bestehe ein gewisser Anhalt für eine Wirksamkeit in den beanspruchten Indikationen. Angesichts dessen sind Wirksamkeitszweifel auch nicht etwa deswegen angezeigt, weil die Dosierung des streitgegenständlichen Präparats - worauf noch einzugehen sein wird - über die Monographieempfehlung hinaus geht, zumal das übrige in das Verfahren eingeführte Erkenntnismaterial hierfür ebenfalls keinen Anknüpfungspunkt bietet. Hinzu kommt, dass aus dem angefochtenen Bescheid hervorgeht, dass die Wirksamkeitszweifel des BfArM nicht auf tatsächliche Anhaltspunkte gestützt sind, wenn es darin heißt, aus den Ausführungen zur Wirksamkeit ergäben sich keine neuen Erkenntnisse gegenüber dem früheren Kenntnisstand (Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2012, S. 6). 93Angesichts dieser Erkenntnissituation vermag der Umstand, dass das vorliegende Studienmaterial heute nicht in jeder Hinsicht den speziell für Angsterkrankungen entwickelten Anforderungen der Guidelines der European Medicines Agency (EMA) entspricht, keine nachhaltigen Zweifel am Nutzen des Präparats zu wecken. Das gilt bereits bei einer monographiekonformen Dosierung. Da die Kommission E eine Dosierung oberhalb von 120 mg Kava-Pyrone nicht vorgegeben hat, kommt es hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit auf die unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten hinsichtlich der jeweils zugrunde liegenden Berechnungsgrundlagen nicht entscheidungserheblich an. 94Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, aus der nicht zureichend belegten Wirksamkeit resultierten automatisch Wirksamkeitszweifel, ist dieser Rückschluss ohne das Hinzutreten tatsächlicher Anhaltspunkte für solche Zweifel nicht gerechtfertigt. Denn in der Konsequenz würde dies in einer nicht überschaubaren Anzahl von Fällen dazu führen, dass während der Geltungsdauer einer Zulassung die Wirksamkeit eines Arzneimittels fortlaufend neu zu belegen wäre. Überdies geht der Senat mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass bei der Forderung nach einer guidelinekonformen Studie die Absicht im Vordergrund steht, Daten für die weitere Nutzen-Risiko-Abwägung zu generieren. Zumindest bietet dies einen Erklärungsansatz dafür, warum das BfArM im Stufenplanbescheid auf die CPMP-Guidelinie zur klinischen Prüfung von Arzneimitteln zur Behandlung von Angststörungen in der Fassung aus den Jahren 1993/94 verwiesen hat, obgleich es - dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin zufolge - zugleich bis in das Jahr 2001 Neuzulassungen für Kava-Kava-haltige Arzneimittel erteilt hat, ohne die Vorlage entsprechender Studien verlangt zu haben. 95Die weiteren Einwände der Beklagten im Berufungsverfahren rechtfertigen keine andere Bewertung: Ihr Hinweis darauf, dass die Kommission E im Zuge der 96Ausarbeitung der Monographie angesichts der geringen Bedeutung von Kava-Kava als Droge oder Drogenzubereitung zunächst beabsichtigte, eine Negativmonographie zu erstellen, ist unerheblich. Denn abgesehen davon, dass die geringe Bedeutung eines Wirkstoffs nichts über seine Wirksamkeit aussagt, hat die Kommission E diese Einschätzung - was entscheidend ist - letztlich revidiert und eine Positivmonographie erstellt. Darin hat sie folgende Überlegungen zur Wirksamkeit von Kava-Kava angestellt: 97 „Aufgrund der Wirkungen der isolierten Inhaltsstoffe ist eine 98 schwache, zentral relaxierende Wirkung ähnlich wie bei 99Benzodiazepinen anzunehmen. Durch Kava-Kava-Extrakt zeigt sich im quantitativen EEG eine für das anxiolytische Pharmako-EEG-Profil von Benzodiazepinen typische Steigerung der ß-Aktivität bei gleichzeitiger Abnahme der alpha-Aktivität (Johnson 1989). Neuere Studien weisen eine Wirksamkeit von Kava-Kava-Extrakt bei ,Angst, Spannungs- und Unruhezuständen‘ nach (Warnecke 1989, Bhate 1989).“ 100Soweit die Beklagte sinngemäß beanstandet, dieser Monographie liege letztlich nur eine Plausibilitätsprüfung zugrunde, ist dem entgegenzuhalten, dass die Kommission E in ihrer Stellungnahme aus dem Jahr 2002 ausdrücklich erklärt hat, „von den vorgelegten wissenschaftlichen Daten zur Wirksamkeit von Kava-Kava überzeugt zu sein“. Abgesehen davon sind die Überlegungen der Beklagten zu § 39c AMG bereits deswegen nicht tragfähig, weil es sich bei Kava-Kava-Präparaten um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht unterliegen, und eine Registrierung als traditionelles pflanzliches Arzneimittel deswegen ausscheidet (§ 39c Abs. 2 Nr. 2 AMG). 101Ebenso wenig stützt die Stellungnahme des Comittee on Herbal Medicine Products (HMPC) der EMA vom 6. Mai 2014 die Position der Beklagten. Zwar prognostiziert das HMPC darin, dass u.a. für den Wirkstoff „Piperis methystici rhizoma“ angesichts des ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses voraussichtlich keine Monographie erteilt werden wird. Hierbei handelt es sich - was sprachlich durch die Formulierung „es ist nicht wahrscheinlich, auf ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis zu schließen“ zum Ausdruck gebracht wird - nicht um eine sichere Voraussage, sondern um eine Vorabeinschätzung. Da dieser - wie sich aus dem Bericht ergibt - aber gerade keine detaillierte Prüfung zugrunde liegt, kommt ihr kein entscheidendes Gewicht zu. Eine isolierte Aussage über die Wirksamkeit Kava-Kava-haltiger Arzneimittel lässt sich auf der Grundlage dieser Aussage ohnehin nicht treffen. Hinzu kommt, dass sich der Bericht auf Wirkstoffe bezieht, die als Grundlage einer späteren Registrierung (§ 39 AMG) eine Monographie als traditionelle pflanzliche Arzneimittel erhalten sollen, bei denen sich die Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses nach anderen Maßstäben richtet als bei dem verfahrensgegenständlichen verschreibungspflichtigen Präparat. 102Ist danach von der therapeutischen Wirksamkeit des streitgegenständlichen Kava-Kava-Präparats auszugehen, sprechen für seinen Nutzen weiterhin die Art und Schwere der in Rede stehenden Erkrankung sowie deren Behandlungsnotwendigkeit. Jedenfalls soweit das monographierte Anwendungsgebiet auf die Behandlung von Angststörungen abzielt, handelt es sich nicht um eine Bagatelldiagnose, sondern um eine ernsthafte, weitverbreitete psychische Erkrankung. Bei dieser stehen Symptome der Angst in Gestalt einer anhaltenden Angstreaktion, mangelnder Kontrolle der Angst, eventueller körperlicher Reaktionen einschließlich katastrophisierender Fehlinterpretationen und Beeinträchtigung in wichtigen Funktionen des Berufs-, Alltags- und Familienlebens im Vordergrund. 103Vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 263. Auflage 2012, „Angststörung“. 104Angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Ihre Verbreitung nimmt zu. Je nach Schweregrad können sie mit erheblichen psychosozialen, somatischen und ökonomischen Folgen einhergehen. Dazu zählen Arbeitsunfähigkeit, ein erhöhtes Risiko für sekundäre komorbide Erkrankungen - beispielsweise Suchterkrankungen -, eine erhöhte Suizidrate sowie eine übermäßige Inanspruchnahme medizinischer Leistungen. 105Vgl. Deutsches Ärzteblatt, „Angststörungen/Panikattacken: Angst aus heiterem Himmel“, Dezember 2005, 557. 106Bereits bei mittlerem Leidensdruck des Patienten, psychosozialen Einschränkungen sowie Komplikationen der Angsterkrankung ist eine Behandlung in Gestalt von Psycho- oder Pharmakotherapie oder einer Kombination aus beidem indiziert. 107Vgl. Deutsches Ärzteblatt, „Diagnostik und Therapieempfehlungen bei Angststörungen“, Juli 2014, 475 ff. 108Unter diesen Gesichtspunkten erschließt sich der besondere Nutzen einer wirksamen anxiolytischen Medikation. Bezogen auf Kava-Kava-haltige-Präparate ist insoweit zu berücksichtigen, dass deren Anwendung nur für leichte und mittelschwere Formen von Angststörungen indiziert ist, die damit nach Einschätzung von Experten üblicherweise innerhalb eines Monats gut therapiert werden können. Für schwere Angststörungen wird von einer Kontraindikation ausgegangen. 109Vgl. Teschke, Deutsches Ärzteblatt, „Hepatoxizität durch Kava-Kava: Risikofaktoren und Prävention“, 2002, 99. 110(2) In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass dem vorstehend beschriebenen Nutzen des verfahrensgegenständlichen Arzneimittels Anwendungsrisiken in Form hepatotoxischer Ereignisse gegenüberstehen, also ein begründeter Verdacht für derartige Nebenwirkungen besteht. Angesichts dessen ist der sinngemäße Einwand der Beklagten, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Bewertung die Anforderungen, die an die Annahme eines begründeten Nebenwirkungsverdachts zu stellen sind, überspannt, nicht nachvollziehbar. 111Die von der WHO in ihrem Bericht aus dem Jahr 2007 dokumentierten Fälle sind als Beleg für die Möglichkeit hepatotoxischer Wirkungen des hier in Rede stehenden Kava-Kava-Präparats zu werten. Entsprechendes gilt für die dem BfArM vorliegenden Fallberichte zu Leberreaktionen. Zwar wird dies durch den Bericht der MHRA aus dem Jahr 2006 („Report of the Committee on Safety of Medicines Export Working Group") gestützt. Allerdings ist der Senat übereinstimmend mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung, dass der darin enthaltenen Risikobeurteilung, die - unter Einschluss des vom BfArM übermittelten Fallmaterials aus Deutschland - nicht die Begutachtung von Kava-Kava als Anxiolytikum, sondern bei Oberbauch- und Blasenbeschwerden zum Gegenstand hatte, keine besondere Bedeutung beizumessen ist. 112Der Bericht der WHO enthält eine Auswertung von 93 Fallberichten - darunter einige der vom BfArM dokumentierten Fälle aus Deutschland - über hypothetisch mit der Einnahme von Kava-Kava-Extrakten im Zusammenhang stehende Leberschädigungen. In vierzehn Fällen erfolgte eine Lebertransplantation. Sieben Fälle endeten tödlich. Die WHO-Expertengruppe bewertete die Kausalität zwischen hepatotoxischer Schädigung und der Einnahme von Kava-Kava-Präparaten in keinem Fall als sicher, in acht Fällen als wahrscheinlich, in 54 Fällen als möglich und in 28 Fällen als nicht bewertbar. 113Die Beklagte verweist auf 41 Fälle in Deutschland aufgetretener lebertoxischer Reaktionen. Hiervon seien 20 hinreichend gut dokumentiert, um eine fundierte Kausalitätsbewertung vornehmen zu können. In sieben dieser Fälle sei eine Lebertransplantation erforderlich gewesen. Insgesamt seien drei Patienten verstorben. In zwei Fällen sei die lebertoxische Reaktion nach Absetzen des Kava-Kava-Präparats zurückgegangen und bei Reexposition erneut aufgetreten. Bei zwölf spontan gemeldeten Fällen und einem in einer Publikation dargestellten Fall sei der Kausalzusammenhang wahrscheinlich. Diese Bewertung beruhe auf dem deutlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Beginn der Kava-Kava-Medikation und dem Auftreten der Symptome bzw. pathologischen Veränderungen einerseits und dem Zurückgehen der Lebererkrankung nach Absetzen der Kava-Kava-Medikation und/oder des Fehlens lebertoxischer Faktoren wie einer entsprechenden Komedikation andererseits. In einigen dieser Fälle sei die synergistische Beteiligung eines anderen Arzneimittels jedoch möglich. 114Diese Auswertungsergebnisse reichen für die Annahme eines begründeten Verdachts leberschädigender Wirkungen aus, weil insoweit geringe Kausalitätsanforderungen gelten. Für die Nutzen-Risiko-Abwägung ist aber der Verdacht graduell und qualitativ näher zu bestimmen. 115Allerdings bietet die gegenwärtige Studienlage hierfür keine tragfähigen Anknüpfungspunkte. Bei Gesamtbetrachtung ist sie uneinheitlich und deswegen nicht ergiebig. Herkömmliche klinische Studien sind - darüber sind sich die Beteiligten einig - aufgrund der zu geringen Population nicht geeignet, tragfähige Erkenntnisse über das lebertoxische Risiko zu gewinnen. Toxizitätsstudien haben weder potentiell toxische Bestandteile von Kava-Kava noch einen lebertoxischen Mechanismus aufzeigen können. Die Ergebnisse der NTP-Studie, auf die die Beklagte verweist, mögen zwar einen Toxizitätsbeleg begründen. Das gilt aber nur für die darin einbezogenen Präparate mit einem CO²-Extrakt. Für eine Übertragbarkeit der gefundenen Ergebnisse auf die hier streitgegenständlichen Präparate mit ethanolischen Auszügen hat die Beklagte keine überzeugenden Gesichtspunkte benannt. Abgesehen davon gibt der Nachweis toxischer Effekte eines bestimmten Präparats als solcher - was auch die Beklagte anerkennt - weder Aufschluss über die potentiell toxischen Einzelstoffe noch über den Mechanismus einer lebertoxischen Wirkweise, sondern untermauert lediglich das, wovon bereits auf der Grundlage der Fallberichte auszugehen ist. Auch das restliche vorliegende Studienmaterial bietet hierzu keine belastbaren und konsistenten Erkenntnisse. Anders als die Beklagte meint, geht dieser Umstand zu ihren Lasten. Denn sie trägt das Risiko der Unerweislichkeit der Umstände, die ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis begründen. 116Demgegenüber erlauben die folgenden relativierenden Faktoren eine nähere Eingrenzung der bestehenden Verdachtsmomente für eine hepatotoxische Wirkung von Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln. Wenngleich sie den geweckten Verdacht nicht auszuräumen vermögen, schwächen sie ihn ab. 117Von Bedeutung ist insoweit zunächst, dass die Auswertungsergebnisse der WHO und des BfArM nicht für eine hohe, sondern im Gegenteil für eine schwache Inzidenzrate sprechen. Zwar lässt sich diese auf der Grundlage des vorliegenden Erkenntnismaterials nicht genau bestimmen. Andererseits gibt es aber bereits im Ausgangspunkt keine tragfähigen Belege dafür, dass hepatotoxische Ereignisse im Zusammenhang mit der Anwendung von Kava-Kava-Präparaten gehäuft auftreten, also eine hohe Inzidenzrate besteht. Umgekehrt sprechen deutschlandweit 20 und nach der Datenlage des WHO-Berichts weltweit 62 Fälle, in denen eine derartige Relation festgestellt werden konnte, bei einem Anwendungsvolumen von - dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin zufolge - 250 Millionen Tagesdosen bezogen auf einen Zehnjahreszeitraum für eine sehr geringe lnzidenzrate. Das gilt auch unter Berücksichtigung der mit dem zugrundeliegenden Spontanerfassungssystem verbundenen Abbildungsdefizite, zumal wenn man berücksichtigt, dass ein Großteil dieser Meldungen in zeitlichem Zusammenhang mit dem Stufenplanverfahren und der öffentlich geführten Debatte um die potentielle Toxizität Kava-Kava-haltiger Arzneimittel steht. Dem entspricht die Einschätzung der Expertengruppe der WHO in ihrem Bericht aus dem Jahr 2007, in dem es heißt, die genaue Inzidenzrate von Nebenwirkungen, die mit der Einnahme von Kava-Kava in Zusammenhang stünden, sei nicht bekannt, scheine aber ziemlich niedrig zu sein (vgl. WHO-Bericht, S. 60). 118Unabhängig von diesem quantitativen Gesichtspunkt ist die Aussagekraft der Fälle, in denen ein Kausalzusammenhang als wahrscheinlich oder möglich angesehen worden ist, unter qualitativen Aspekten begrenzt. 119Bezogen auf den Bericht der WHO ergibt sich dies aus Folgendem: Nach dessen Ergebnis konnte nur in knapp zwei Dritteln der untersuchten Fälle (62 von 93) überhaupt eine Relation zwischen hepatotoxischen Wirkungen und der Einnahme von Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln hergestellt werden. In keinem dieser Fälle wurde ein sicherer Kausalzusammenhang festgestellt. In 54 Fällen - darunter in allen sieben Todesfällen und in zehn Fällen mit Lebertransplantation - wurde der Kausalzusammenhang als „möglich“ und in acht Fällen als „wahrscheinlich“ eingestuft. Dass sich unter den zuletzt genannten Fällen nicht solche mit tödlichem Ausgang oder Lebertransplantation finden, beruht nicht lediglich auf der Definition der Kausalitätskriterien der WHO für einen wahrscheinlichen Kausalzusammenhang. Denn für elf der insgesamt 14 Patienten mit Lebertransplantation ist eine Begleitmedikation dokumentiert, die ebenfalls Auslöser der aufgetretenen Leberreaktionen gewesen sein könnte (vgl. WHO-Bericht, Tabelle 11a und 11 b, S. 46). Das gilt gleichermaßen für sämtliche Fälle mit tödlichem Ausgang (vgl. WHO-Bericht, Tabelle 12, S. 48). Es erscheint deswegen durchaus nicht fernliegend, die schwache lnzidenz schwerer Nebenwirkungen bei alleiniger Gabe Kava-Kava-haltiger Präparate als ein diesen Wirkstoff entlastendes lndiz zu werten. 120Hierzu passt die Einschätzung der Expertengruppe der WHO, wonach ein direkter Kausalzusammenhang zwischen der Einnahme Kava-Kava-haltiger Arzneimittel in der Mehrzahl der untersuchten Fälle schwierig nachzuweisen ist und die verfügbaren Fallberichte insoweit keinen Beweis für ein Ursache-Wirkungs-Verhältnis liefern (vgl. WHO-Bericht, S. 17). Als Ergebnis enthält der Bericht mit Blick darauf die - relativierende - Feststellung, dass Kavalactone durch die Wechselwirkungen von Kava-Kava und anderen Arzneimitteln, exzessiven Alkoholkonsum, metabolisch oder immunologisch bedingte Idiosynkrasie oder aufgrund einer vorbestehenden Lebererkrankung in jeder Art von Präparat selten hepatische Nebenwirkungen hervorrufen können (vgl. WHO-Bericht, S.63). Damit sind zugleich besondere Risikofaktoren angesprochen, die die WHO auch an anderer Stelle ihres Berichts noch gesondert aufführt (vgl. WHO-Bericht, S.61). Das impliziert, dass hepatotoxische Ereignisse, was im Übrigen wissenschaftlich anerkannt sein dürfte, 121vgl. etwa Russmann/Kullak-Ublick, Beurteilung und Meldung medikamentöser Leberschäden, swissmedic, Jubiläumsausgabe Dezember 2012, 11/26, 122multifaktorielle Ereignisse sind und sich dies erschwerend auf die Möglichkeit der Zuordnung ihrer Ursachen auswirkt. 123Zudem sind die Auswertungsergebnisse der WHO auch deswegen nur bedingt aussagekräftig, weil sie sich auf sämtliche Arten Kava-Kava-haltiger Arzneimittel beziehen. Aus dem in das Verfahren eingeführten wissenschaftlichen Erkenntnismaterial geht hervor, dass weder die potentiell toxischen Einzelstoffe noch der Mechanismus einer lebertoxischen Wirkung von Kava-Kava bekannt sind. Vermutet wird, dass neben Anwendungsdauer und Dosierung auch Extrakt und Kultivar insoweit eine Rolle spielen könnten. Hierzu hat die Klägerin plausible und von dem Experten Dr. N. T. in mehreren Stellungnahmen untermauerte Überlegungen angestellt, denen die Beklagte in der Sache nicht substantiiert entgegengetreten ist. Der Bericht der WHO enthält keine differenzierte Auswertung nach Extrakt und Kultivar. Vielmehr bezieht sich die Auswertung und dementsprechend auch die getroffene Risikoaussage auf sämtliche Arten Kava-Kava-haltiger Präparate. Demgegenüber handelt es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Präparat unbestritten um eines mit einem ethanolischen Auszug. Da aber Risikoaussagen zu einer Auszugsart nicht ohne weiteres auf eine andere übertragen werden können, 124vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. November 2010 - 13 A 2807/09 -, juris, Rn. 10, 125sind die Ergebnisse in dem Bericht der WHO für das vorliegende Verfahren nur eingeschränkt aussagekräftig. 126Auch die von der Beklagten selbst auf der Grundlage des Fallmaterials des BfArM vorgenommene Risikobeurteilung ist unter verschiedenen Gesichtspunkten zweifelhaft. Ihr Vorbringen suggeriert eine „fundierte Kausalitätsbewertung" in 20 von 41 Fällen. Hiervon seien 18 spontan gemeldet worden und in zwei Fällen handele es sich um Berichte aus der Literatur. Demgegenüber ist der Kausalzusammenhang nur für 15 Fälle nachvollziehbar dargelegt, wobei in „einigen“ - weder benannten noch bezifferten - dieser Fälle die synergistische Beteiligung eines anderen Arzneimittels möglich gewesen sein soll. Dieses Vorbringen bezieht sich offensichtlich auf die in dem Bescheid vom 12. Mai 2005 detailliert aufgeführten 26 Fallberichte und überschneidet sich damit. Bei deren Auswertung war das BfArM in 19 Fällen von einem Kausalzusammenhang im Bereich „wahrscheinlich“ - hiervon in drei Fällen als „wahrscheinlich bis gesichert“ - und in sechs Fällen von einer „möglichen“ Kausalität ausgegangen. Einen Fall hatte es für nicht auswertbar erachtet. Der Senat ist unter Berücksichtigung des wechselseitigen Vorbringens und der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse nicht zu der Überzeugung gelangt, dass diese Bewertung insgesamt zutrifft. Denn sie steht tiefgreifend in Widerspruch mit den Bewertungen anderer Institutionen, die jedenfalls nicht weniger plausibel hergeleitet und unabhängig voneinander durchgehend zu weniger besorgniserregenden Ergebnissen gelangt sind. Dies folgt aus der Übersicht in der Stellungnahme von Dr. N. T. vom 6. Februar 2012, in der dieser sich außerdem detailliert mit den einzelnen Fallberichten und deren Bewertung durch das BfArM auseinandergesetzt und diese durchgreifend in Zweifel gezogen hat (vgl. dort S. 9 ff.). Die Beklagte ist den darin enthaltenen Einwänden inhaltlich nicht substantiiert entgegen getreten. Unabhängig davon erscheint die Annahme eines „wahrscheinlichen“ Kausalzusammenhangs schon aufgrund der in der Mehrzahl der Fälle jeweils dokumentierten Begleitmedikation vielfach zweifelhaft. Entgegen der Auffassung der Beklagten rechtfertigt auch der Umstand, dass die festgestellten Leberreaktionen in zwei Fällen nach Absetzen des Kava-Kava-Präparats zurückgegangen und nach Reexposition erneut aufgetreten sind, mangels ausreichender Dokumentation der Begleitmedikation jedenfalls nicht die Bewertung eines „gesicherten“ Kausalzusammenhangs (BfArM 01003950/01003951). 127Weitere Bedenken gegen die Kausalitätsbewertung der Beklagten ergeben sich auf der Grundlage der Publikation von Teschke et al. („Kava hepatotoxicity: a clinical survey and critical analysis of 26 suspected cases“, European Journal of gastroenterology & hepatology 2008, Vol. 20, S. 1182 ff.). Nach den stimmigen und transparent hergeleiteten dortigen Ausführungen, auf die Bezug genommen wird, bestand lediglich in acht Fällen ein Kausalzusammenhang, wobei lediglich in einem dieser Fälle eine monographiekonforme Anwendung dokumentiert war. 128Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 26. Januar 2015 die in dieser Publikation getroffene Feststellung des Fehlens einer medikamentösen Ursache in 13 Fällen beanstandet, und, um dies zu wiederlegen, bezogen auf drei Fälle auf den Inhalt der hierzu gefertigten Arztberichte verwiesen hat, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Denn daraus geht jedenfalls nicht hervor, dass die beobachtete Leberschädigung durch Kava-Kava und nicht durch die jeweils dokumentierte Begleitmedikation verursacht worden ist. Unter diesen Umständen ergibt sich dies nicht bereits daraus, dass nach ärztlicher Einschätzung von einer medikamentös induzierten Leberschädigung auszugehen ist. 129Relativierend ist zuletzt der ebenfalls vom Verwaltungsgericht bereits angesprochene Aspekt in den Blick zu nehmen, dass das streitbefangene Präparat auf eine Kurzzeitbehandlung angelegt ist und eine Begrenzung von Anwendungsdauer und Dosierung vorgesehen ist. Auch hieraus folgt die nur begrenzte Aussagekraft der Auswertungen des BfArM und der WHO, in denen nicht nach diesen von der Beklagten selbst als risikobeeinflussend eingestuften Kriterien differenziert wird. Da eine lange Exposition einerseits und eine erhöhte Dosierung andererseits mit einer Risikoerhöhung assoziiert werden, liegt es auf der Hand, dass die Auswertung eines Kollektivs von Fällen, in denen diese Differenzierung nicht getroffen wird, keine einheitliche Risikoaussage erlaubt. Die Vielzahl der Fälle, in denen Leberschädigungen im Zusammenhang mit einer Überdosierung, einer überlangen Anwendungsdauer oder einer potentiell lebertoxischen Begleitmedikation aufgetreten sind, ist aber umgekehrt als Beleg dafür zu werten, dass es sich hierbei um Risikofaktoren handelt. Dies wird auch von keinem der Beteiligten in Abrede gestellt. 130Auf der Basis aller in das Verfahren eingeführter Erkenntnisse geht der Senat davon aus, dass toxische Lebererkrankungen durch Kava-Kava-Extrakte sehr selten sind, im Einzelfall aber potenziell lebensbedrohend verlaufen können und durch eine Vielzahl von Risikofaktoren wie Dosierung, Anwendungsdauer, Begleitmedikation, Alkoholkonsum und Lebervorschädigung beeinflusst werden. Hinsichtlich dieser Risikofaktoren stimmen die Beteiligten überein, wenngleich ihre Einschätzungen zu den Risiken der Verwendung unterschiedlicher Auszüge und Kultivare auseinandergehen. 131(3) Hiervon ausgehend ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis des streitgegenständlichen Arzneimittels derzeit ungünstig. Dieser Einschätzung liegt zugrunde, dass hinsichtlich Kava-Kava-haltiger Arzneimittel zwar nicht generell, aber dann von einem ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnis ausgegangen werden muss, wenn nicht alle Maßnahmen umgesetzt worden sind, um die damit einhergehenden Risiken bestmöglich einzudämmen. Letzteres ist hier der Fall. 132Der Umstand, dass die zuvor erwähnten Risikofaktoren im Zusammenhang mit der Hepatotoxizität von Kava-Kava bekannt sind, führt in der Publikation von Teschke et al. („Kava hepatotoxicity: a clinical survey and critical analysis of 26 suspected cases“, European Journal of gastroenterology & hepatology 2008, Vol. 20, S. 1182 ff.) zu der überzeugenden Schlussfolgerung, dass hepatotoxische Ereignisse im Zusammenhang mit Kava-Kava weitgehend vermeidbar sind. Dies, die nur schwache Inzidenzrate und der belegte Nutzen Kava-Kava-haltiger Arzneimittel stehen der generellen - also nicht präparatspezifischen, sondern rein wirkstoffbezogenen - Annahme eines ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses entgegen. Andererseits sind angesichts der Schwere möglicher Nebenwirkungen vermeidbare Risiken nicht hinnehmbar. 133Insoweit bilden die Empfehlungen der Kommission E in ihrer Stellungnahme aus dem Jahr 2002 nach Auffassung des Senats einen tauglichen und deshalb einzuhaltenden Maßstab zur Risikominimierung und führen bei Beachtung im Ergebnis zu einem günstigen Nutzen-Risiko-Verhältnis. Sie beruhen auf den Unterlagen, die das BfArM der Kommission E zur Verfügung gestellt hat und sind auf der Grundlage einer eingehenden Befassung mit der Kava-Kava-Thematik abgegeben worden (vgl. Ruhensbescheid des BfArM vom 12. Mai 2005, S. 52). 134Die Kommission E hat darin unter Hinweis darauf, weiterhin von einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis auszugehen und die Auffassung des BfArM bezüglich der Risiken bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht zu teilen, folgende Regularien zu deren Eindämmung empfohlen: 135136Ärztliche Verschreibungspflicht für Kava-Kava-haltige Arzneimittel 137Klare Indikationsstellung: Leichte bis mittelschwere generalisierte Angststörungen. Depression ist keine Indikation. 138Maximale Tagesdosis entsprechend 120 mg Kava-Pyrone. 139140Packungsgröße bei 120 mg Kava-Pyrone maximal 30 Einheiten 141Übliche Therapiedauer 1 Monat, maximal 2 Monate 142Bestimmung der Leberwerte (GPT und -GT vor Beginn der Behandlung und dann einmal wöchentlich) 143Optional: Bestimmung der Leberwerte am Ende der Behandlung (wichtig für evtl. spätere erneute Behandlung) 144Vermeidung einer begleitenden Medikation mit potentiell hepatotoxischen Medikamenten, insbesondere auch Betablockern, Antidepressiva und Migränemitteln. Vorsicht bei Alkohol. 145Der Senat sieht in Ansehung des Berufungsvorbringens keine Veranlassung, diese sachverständige Einschätzung in Frage zu stellen. Sie wird durch die Aussage der WHO in ihrem Bericht aus dem Jahr 2007, wonach ein Verkehrsverbot für Kava-Kava nach gegenwärtigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht zu rechtfertigen ist (vgl. WHO Bericht, S. 18), gestützt. Auch Teschke spricht sich in seiner Veröffentlichung „Hepatotoxizität durch Kava-Kava: Risikofaktoren und Prävention“ (Deutsches Ärzteblatt 2002, 99 (50)) für entsprechende Maßnahmen aus. Aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse, die die Empfehlungen der Kommission E durchgreifend in Zweifel ziehen, liegen nicht vor. 146Diese sind auch geeignet, die bestehenden hepatotoxischen Risiken - soweit sie vorhersehbar sind - weitgehend wirkungsvoll auszuschalten. 147Besondere Bedeutung kommt hierbei der Unterstellung unter die Verschreibungspflicht zu. Hierdurch wird eine ärztliche Indikationsstellung sichergestellt und einer unsachgemäßen Selbstmedikation entgegengewirkt. Der Einwand der Beklagten, eine Verschreibungspflicht sei unzureichend, weil der hepatotoxische Wirkmechanismus von Kava-Kava nicht hinreichend geklärt sei und der verordnende Arzt nicht mit genügender Sicherheit vorhersehen könne, welcher Patient gefährdet sei, greift nicht durch. Er eignet sich schon deswegen nicht als Argument gegen die Verschreibungspflicht, weil das Arzneimittelgesetz in § 48 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AMG als eine Fallgruppe verschreibungspflichtiger Arzneimittel diejenigen vorsieht, die Stoffe mit in der medizinischen Wissenschaft nicht allgemein bekannten Wirkungen oder Zubereitungen solcher Stoffe enthalten. Abgesehen davon ist es einem Arzt in Bezug auf ein Kava-Kava-haltiges Präparat anhand der bekannten Risikofaktoren auch ungeachtet des genauen Wirkmechanismus möglich, das Risikoprofil eines Patienten abzustecken. Denn in einem ersten Schritt können - nach anamnestischer Abklärung - Fälle mit relevanter Begleitmedikation, erheblichem Alkoholkonsum, Lebererkrankung oder Lebervorschädigung sowie nicht zutreffender Indikation herausgefiltert werden. Erfolgt nach Abklärung dieser Gesichtspunkte eine Verschreibung, kann den von der Krankenvorgeschichte unabhängigen Risikofaktoren wirksam durch eine Begrenzung von Anwendungsdauer und Dosierung entsprechend den Vorgaben der Fachinformationen entgegengewirkt werden. Hinzuweisen ist darin außerdem auf die Risiken bei erheblichem Alkoholkonsum und einer begleitenden Medikation mit potentiell hepatotoxischen Medikamenten, wie Betablockern, Antidepressiva und Migränemitteln. 148Dabei sind die Einhaltung der vorgesehen Dosierung von 120 mg Kava-Pyrone und die Begrenzung der Anwendungsdauer entsprechend den aktualisierten Erkenntnissen der Kommission E auf einen, maximal zwei Monate entscheidend. Eine höhere Dosierung ist einerseits deswegen nicht vertretbar, weil die Wirksamkeit für eine Dosierung von 60 mg-120 mg Kava-Pyrone belegt ist und deswegen keine Rechtfertigung dafür besteht, potentiell mit einer höheren Dosierung einhergehende Zusatzrisiken einzugehen. Abgesehen davon bestehen den genannten wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine höhere Dosierung das Risiko für leberschädigende Nebenwirkungen erhöht. Entsprechendes gilt bezogen auf eine längere Anwendungsdauer. 149Flankierend zu den bereits erwähnten Maßnahmen wirkt die von der Kommission E vorgeschlagene Begrenzung der Packungsgröße auf maximal 30 Einheiten bei 120 mg Kava-Pyronen. Durch diese Maßnahme wird der Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung vorgebeugt und auf einen bestimmungsgemäßer Gebrauch hingewirkt. Dabei ist zu sehen, dass die Missbrauchsgefahr jedenfalls bei indikationskonformer Anwendung Kava-Kava-haltiger Präparate nicht gleichermaßen hoch sein dürfte, wie bei Arzneimitteln, die - wie z.B. Benzodiazepine - Abhängigkeiten auslösen. Allerdings ist insoweit darauf hinzuweisen, dass diesem Aspekt im Rahmen der Nutzen-Risiko-Abwägung, die sich an dem bestimmungsgemäßen Gebrauch zu orientieren hat, keine eigenständige Bedeutung zukommt. Abweichungen der von der Kommission E empfohlenen Packungsgröße begründen daher ohne das Hinzutreten weiterer Abweichungen kein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis. 150Die vorgesehene Bestimmung der Leberwerte vor Beginn der Behandlung und deren fortlaufende wöchentliche Kontrolle ermöglicht eine zeitnahe Reaktion auf festgestellte Veränderungen und zielt darauf ab, irreversiblen Schädigungen vorzubeugen. 151Der Senat verkennt nicht, dass mit den genannten Maßnahmen nicht in jedem Einzelfall ein Risikoausschluss garantiert werden kann, geht aber davon aus, dass bedingt durch ihre Zielrichtung, Wirkweise und ihr Ineinandergreifen die nach derzeitigem Erkenntnisstand prognostizierbaren Risiken in Relation zum Nutzen von Kava-Kava-Präparaten auf ein vertretbares Maß reduziert werden können. 152Das wird daran deutlich, dass mit Ausnahme eines Falls in sämtlichen Fällen, auf die das BfArM seine Risikoeinschätzung stützt, zumindest einer der durch die vorgenannten Maßnahmen begrenzbaren Risikofaktoren vorlag. Entweder es war eine Begleitmedikation verordnet oder die Anwendung dauerte länger als drei Monate an oder es wurde eine Überdosierung festgestellt. Zumeist war sogar eine Kombination aus mehreren dieser Faktoren gegeben. 153Vgl. die Übersicht in Table 1 bei Teschke/Schwarzenboeck/Hennermann “Kava hepatotoxcity: a clinical survey and critical analysis of 26 cases”, European Journal of gastroenterology & hepatology 2008, Vol. 20, S. 1182 ff. 154Dieser Einschätzung steht auch nicht das vermehrte Auftreten idiosynkratischer, d.h. unvorhersehbarer Leberreaktionen im Zusammenhang mit der Einnahme von Kava-Kava-Präparaten entgegen. Die Auswertung der Fallberichte des BfArM liefert hierfür keinen Beleg. Letztlich scheint die Beklagte selbst - wenngleich sie diesen Aspekt besonders hervorgehoben hat - nicht hiervon auszugehen, wenn sie diese Fälle als „Ausreißer“ bezeichnet und andererseits meint, ein „charakteristisches Muster“ für die potentielle Lebertoxizität von Kava-Kava-Präparaten ausmachen zu können. Abgesehen davon ist die Möglichkeit einer idiosynkratischen Leberschädigung deswegen kein durchgreifendes Argument für ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis des hier in Rede stehenden Kava-Kava-Präparats, weil es sich dabei um ein generelles Problem im Hinblick auf die Lebertoxizität von Medikamenten handelt. Der Mechanismus der Idiosynkrasie, also einer angeborenen oder erworbenen Überempfindlichkeit schon beim ersten Kontakt gegen bestimmte, von außen zugeführte Stoffe, die nicht durch eine Reaktion des Immunsystems hervorgerufen wird, sondern durch Fehlfunktion/Nichtfunktion defekter oder Fehlen intakter Enzyme, 155vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Idiosynkrasie, 156beschränkt sich nicht auf Kava-Kava-haltige Arzneimittel. 157Ungefähr 1000 Arzneistoffe gelten als lebertoxisch. Hierzu gehören beispielsweise Paracetamol, Diclofenac und Penicillin. 158Vgl. Schlatter, Entgiftung zum Gift, Nebenwirkung Leberschaden, Pharmazeutische Zeitung Ausgabe 35/2009. 159Obgleich bei all diesen Arzneistoffen unvorhersehbare, also idiosynkratische, Leberreaktionen möglich sind, befindet sich eine Vielzahl von Präparaten, die diese Wirkstoffe enthalten, auf dem Markt. 160An der getroffenen Bewertung ändern auch bestehende Behandlungsalternativen nichts, insbesondere fällt die Nutzen-Risiko-Abwägung mit Blick darauf nicht generell zu Ungunsten des streitbefangenen Präparats aus. Abwägungsrelevant könnte dieser Aspekt sein, wenn deren Ersetzbarkeit durch andere Arzneimittel mit günstigerem Nebenwirkungsprofil gewährleistet wäre. Das ist aber nicht der Fall. Denn soweit die Beklagte Bezug auf den Inhalt der S3-Leitlinie zur Behandlung von Angststörungen nimmt und auf selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) und Pregabalin als Mittel der ersten Wahl sowie auf trizyklische Antidepressiva (TZA), Buspiron, Benzodiazepine, Hydroxin und Opipramol als Mittel der zweiten Wahl verweist, sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Es erscheint schon zweifelhaft, ob es sich dabei überhaupt um einen geeigneten Ersatz für Kava-Kava-Präparate handelt. Das gilt ungeachtet der fehlenden vollständigen Übereinstimmung der Anwendungsgebiete insbesondere deswegen, weil jene Arzneimittel im Gegensatz zu den auf eine Kurzzeitbehandlung mit raschem Wirkeintritt gerichteten Kava-Kava-Präparaten größtenteils eine längere Wirklatenz von bis zu sechs Wochen haben. Überdies kann für keines der von der Beklagten empfohlenen synthetischen Alternativarzneimittel ein günstigeres Nebenwirkungsprofil festgestellt werden. Das ergibt sich daraus, dass das Spektrum möglicher Nebenwirkungen weitgehend breiter gefächert ist als beim verfahrensgegenständlichen Kava-Kava-Präparat, zum Teil auch schwere Nebenwirkungen umfasst und vielfach Absetzphänomene, Abhängigkeitsrisiken und sedierende Effekte mit dem damit einhergehenden negativen Einfluss auf die geistige Leistungsfähigkeit beschrieben werden. Wegen der Einzelheiten dazu wird auf die tabellarische Übersicht bei B. Bandelow, R. Boerner, S. Kasper, M.Linden, H.-U. Wittchen und H.-J. Möller „Generalisierte Angststörung: Diagnostik und Therapie“, Deutsches Ärzteblatt 2013, S. 303, und die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen. 161Die von der Beklagten angesprochenen traditionellen Phytopharamka, namentlich Baldrianwurzelzubereitungen und Lavendelöl sind schon deswegen keine geeignete Alternative, weil ihr Anwendungsgebiet nicht deckungsgleich mit dem Kava-Kava-haltiger Arzneimittel ist, sondern sich insoweit nur gewisse Überschneidungen ergeben. 162Gemessen an den vorstehenden Überlegungen ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis des streitbefangenen Arzneimittels ungünstig. Denn unter Zugrundelegung des Inhalts der Änderungsanzeigen und der vorstehenden Ausführungen sind die bisher umgesetzten Maßnahmen zur Minimierung der bestehenden Risiken nicht ausreichend. 163Dies bezieht sich in erster Linie auf die Dosierung. Es fehlt nach der Änderungsanzeige vom März 2011 an einer der Monographie der Kommission E bzw. deren Empfehlungen aus dem Jahr 2002 entsprechenden Dosierung von 60-120 mg Kava-Pyrone (= Kavalactone) auf. Damit hat die Klägerin die Tagesdosis für B. forte von ein- bis zweimal täglich eine Kapsel (a 50 mg Kavalactone) auf zwei- bis viermal täglich eine Kapsel entsprechend 100-200 mg Kava-Pyrone erhöht. Diese Dosierung ist - wenngleich die Abweichung im vorliegenden Fall vergleichsweise geringfügig ist - nicht monographiekonform. Diese Feststellung beruht auf Folgendem: Der Senat ist aufgrund der plausiblen und durchgehend nachvollziehbaren sachverständigen Erläuterungen von Frau Dr. H. und Herrn Dr. T. , denen die Beklagte nichts Durchgreifendes entgegen gesetzt hat, zu der Überzeugung gelangt, dass sich die in der Monographie der Kommission E angegebene Dosierungsspanne von 60-120 mg Kava-Pyrone auf die DC-Methode und nicht - auch nicht teilweise - auf die HPLC-Methode bezieht. 164In der Monographie selber ist keine Aussage zu der zugrunde liegenden Messmethode getroffen worden. Das sich bei den Unterlagen zur 165Monographieerstellung befindliche Gutachten von Dr. K. M. aus dem Jahr 1986 erlaubt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht den Rückschluss, dass sich die Dosierungsangabe auf die HPLC- Methode bezieht. Denn daraus geht lediglich hervor, dass zu diesem Zeitpunkt bereits alle sechs Kava-Pyrone bekannt waren und es die HPLC-Methode gab. Zum Umfang ihres Einsatzes und dazu, ob die für die Erstellung der Positivmonographie maßgebenden Studien mit Extrakten durchgeführt worden sind, deren Kavalactongehalt mit dieser Methode gemessen worden ist, ergibt sich daraus hingegen nichts. 166Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung auch nicht in Abrede gestellt, 167dass es die HPLC-Methode zu diesem Zeitpunkt bereits gab, sondern hat vielmehr bestätigt, dass sie bereits damals im universitären Bereich Anwendung gefunden hat. Etwas anderes gelte indes für die Industrie. Dort habe man zur Zeit der Monographieerstellung nicht über die entsprechenden Reinsubstanzen verfügt, um alle sechs Kava-Pyrone quantifizieren zu können. Da die der Monographieerstellung zugrundeliegenden Studien mit Industriepräparaten durchgeführt worden seien, beziehe sich die in der Monographie angegebene Dosierung demzufolge auf die DC-Methode. Dass die Studien mit Industriepräparaten durchgeführt worden sind, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Hierzu hat Frau Dr. H. - von der Beklagten unwidersprochen - darauf hingewiesen, dass die Firma Finzelberg, bei der sie zum damaligen Zeitpunkt angestellt war, damals allein mit der DC-Methode gemessene Kava-Extrakte hergestellt und an pharmazeutische Unternehmen geliefert und insoweit einen 95 prozentigen Marktanteil gehalten habe. 168Angesichts dessen konnte die Beklagte auch lediglich auf die Extrakte der Firma T1. , die erst zu einem späteren Zeitpunkt Kundin der Firma G. geworden war, verweisen. Sie gehe davon aus, dass die Firma T1. ab dem Jahr 1990 Extrakte hergestellt habe, die nach der HPLC-Methode bemessen worden seien und davon, dass mit deren Präparaten die Studien von Warnecke, die für die Erstellung der Monographie maßgebend waren, durchgeführt worden seien. Hierbei handelt es sich indes um eine durch die von Herrn Dr. T. angestellten Ermittlungen widerlegte Vermutung. Denn daraus geht hervor, dass in der Monographie nicht auf die erst später erstellten Studien von Warnecke zu dem Präparat Laitan, sondern lediglich auf zwei der Komission E im Zeitraum von April bis September 1989 vorgelegte Studienberichte Bezug genommen wird. Das folge - so Herr Dr. T. - daraus, dass sich die Untersuchungen von Warnecke ausweislich der Monographie auf ein mit 60 mg Kava-Pyrone dosiertes Präparat und die erst nach Erstellung der Monographie veröffentlichten Studien hingegen auf das sich erst seit Dezember 1989 auf dem Markt befindliche Präparat Laitan mit einer Dosierung von 70-210 mg Kava-Pyrone bezogen hätten. Diese unterschiedlichen Dosierungen können einerseits als Hinweis darauf gedeutet werden, dass im Zeitraum zwischen den Studienberichten und der Veröffentlichung der Studien eine Umrechnung stattgefunden hat, für die aber nur dann ein Erfordernis bestand, wenn das den Studienberichten zugrundeliegende Präparat mittels DC-Methode gemessen war. Als weitere denkbare Erklärungsmöglichkeit kommt allein in Betracht, dass sich Studien und Studienberichte auf unterschiedliche Präparate bezogen haben. Aber auch daraus ergibt sich kein Anhalt dafür, dass das Präparat, zu dem sich der Studienbericht verhält, bereits nach der HPLC-Methode gemessen war. Dagegen spricht, dass es sich dabei um ein - an der damals standardisierten DC-Methode gemessen - erheblich aus dem Rahmen fallendes, weil deutlich unterhalb der angenommen Wirksamkeitsschwelle dosiertes Präparat gehandelt hätte. Hinzu kommt, dass die entgegengesetzte Annahme der Beklagten nicht auf validen Erkenntnissen beruht, sondern auf einer Mitteilung, die die Firma T1. erst zu einem viel späteren Zeitpunkt, nämlich im Zulassungsverfahren gemacht hat. Demgegenüber hat Herr Dr. T. anhand der Studienberichte die dem Präparat der Firma T1. zugrundeliegende Analytik selbst geprüft und hat dabei keinen Hinweis darauf gefunden, dass dies nach der HPLC-Methode bemessen wurde. 169Vor diesem Hintergrund ist auch die weitere Vermutung der Beklagten, dass der in der Monographie angegebene Wert von 60 mg Kava-Pyrone auf der DC-Methode beruhte und der Wert von 120 mg auf der HPLC-Methode, fernliegend und durch nichts belegt. Denn einerseits ginge damit einher, dass die für Phytopharmaka charakteristische Dosierungsspanne weitgehend entfiele. Andererseits hält der Senat es mit Frau Dr. H. für abwegig, dass in einer Dosisempfehlung, die eine Spannbreite angibt, zwei Werte genannt werden, die auf unterschiedlichen Mess- und Analysemethoden beruhen. 170Angesichts dessen ist der Klägerin darin zu folgen, dass die Deklarierung der Dosierung an die heute standardisierte HPLC-Methode angepasst werden muss. Der Senat stimmt aber darin nicht mit der Klägerin überein, dass dies im Sinne einer Verdoppelung zu erfolgen hat. Der Umstand, dass die Bestimmung nach der DC-Methode mit drei Kava-Pyronen erfolgt und die nach der HPLC-Methode mit sechs Kava-Pyronen, rechtfertigt dies nicht, weil der Lactongehalt der unterschiedlichen Pyrone variiert. Das erfordert die Bestimmung eines anderen Umrechnungsfaktors. Frau Dr. H. hat 1,61 als Korrelationsfaktor angegeben und dessen Herleitung anhand einer gut nachvollziehbaren und stimmigen Berechnungsübersicht erläutert. Die Beklagte ist dem nicht entgegen getreten. Der Senat hat auch unter Berücksichtigung der übrigen in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse keine Zweifel, dass dieser Korrelationsfaktor zutrifft. Bei seiner Anwendung ergibt sich, dass der in der Monographie genannten Dosierungsspanne von 60-120 mg Kava-Pyrone nach der DC-Methode einer Dosierungsspanne von 97-193 mg Kava-Pyrone nach der HPLC-Methode entspricht und das hier streitgegenständliche Präparat deswegen – jedenfalls bei der Dosierung von 4 mal täglich 1 Dragee (= 200 mg Kava-Pyrone) –, wenn auch geringfügig, überdosiert ist. 171Neben der Dosierung entsprechen auch die dem Senat vorliegenden Gebrauchs- und Fachinformation Stand Dezember 2001 nicht vollständig den Empfehlungen der Kommission E. Das betrifft die Angabe der Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten (der Hinweis auf die Vermeidung einer begleitenden Medikation mit potentiell hepatotoxischen Medikamenten, insbesondere auch Betablockern, Antidepressiva und Migränemitteln fehlt) und die darin vorgesehene Bestimmung der Leberwerte vor Beginn der Behandlung, sodann wöchentlich und optional nach Abschluss der Behandlung. 172(II.) Wenngleich die festgestellten Abweichungen ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis begründen, rechtfertigen sie nicht den Widerruf der Zulassung, weil eine Änderung der Zulassung auf der Grundlage von § 30 Abs. 2a Satz 1 AMG vorrangig ist. Mit dieser in der Fassung vom 19. Dezember 2012 geltenden Vorschrift, die als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu interpretieren ist, besteht eine Grundlage dafür, Änderungen auf Ebene der Zulassung vorzunehmen. 173Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 18. April 2012, BT-Drs. 17/9341, S. 54. 174Wie ausgeführt, ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis des hier streitgegenständlichen Präparats - insbesondere wegen der zu hohen Dosierung, aber auch im Hinblick auf die übrigen Abweichungen von den Empfehlungen der Kommission E in ihrer Stellungnahme aus dem Jahr 2002 als ungünstig zu bewerten, erwiese sich aber nach entsprechender Anpassung an diese Empfehlungen nicht mehr als ungünstig, mit der Folge, dass der Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG entfällt. Zur Begründung dafür wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen. 175Lassen sich die mit der Anwendung Kava-Kava-haltiger Arzneimittel in Verbindung gebrachten Nebenwirkungen danach bereits durch die von der Kommission E vorgeschlagenen regulatorischen Maßnahmen auf ein vertretbares Maß reduzieren, kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die Beklagte vorrangig unter der Voraussetzungen des § 28 Abs. 3b Satz 1 Nr. 2 AMG eine Unbedenklichkeitsstudie („PASS“) hätte anordnen können und müssen. 176Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. 177Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO. 178Die Revision ist zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegen. | die berufung der beklagten gegen das urteil des verwaltungsgerichts köln vom 20. mai 2014 wird zurückgewiesen. die beklagte trägt die kosten des berufungsverfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird zugelassen 1 | 2die klägerin ist ein pharmazeutisches unternehmen. sie wendet sich gegen den widerruf der zulassung des fertigarzneimittels b1. forte, das sie bis zum jahr 2001 in den verkehr gebracht hatte. dabei handelt es sich um einen pflanzlichen angstlöser (anxiolytikum) zur anwendung bei nervösen angst-, spannungs- und unruhezuständen, der als wirkstoff den kava-kava-wurzelstock-trockenextrakt - piperis methystici rhizoma - in gestalt eines ethanolischen auszugs enthält. die beantragte nachzulassung wurde bisher nicht erteilt. die anwendungsgebiete des arzneimittels der klägerin entsprachen den vorgaben der monographie der kommission e vom 1. juni 1990. die dosierungsempfehlung lautete ein- bis zweimal täglich 1 dragee, wobei 1 dragee 50 mg kavapyrone enthielt. mit änderungsanzeige vom 6. dezember 2001 wurden die fach- und gebrauchsinformation geändert. unter den gegenanzeigen werden aufgeführt: vorbestehende leberschädigung, erheblicher alkoholkonsum, depressive erkrankungen. zu den nebenwirkungen enthalten sie den hinweis auf sehr selten auftretende leberschäden. aufgrund dieser nebenwirkungen seien, insbesondere bei einer länger als einen monat dauernden therapie, regelmäßig monatliche laborkontrollen der leberfunktion durchzuführen. als wechselwirkung sei eine wirkungsverstärkung von zentral wirksamen substanzen wie alkohol, barbituraten, psychopharmaka möglich. die empfohlene anwendungsdauer betrage einen monat. 3im jahr 2001 leitete das bundesinstitut für arzneimittel und medizinprodukte (bfarm) aufgrund von berichten über verdachtsfälle von nebenwirkungen in gestalt lebertoxischer effekte bei acetonischen kava-kava-auszügen insbesondere aus der schweiz ein stufenplanverfahren nach § 63 amg ein. im jahr 2002 wurde die verschreibungspflicht für kava-kava-arzneimittel beschlossen. nach anhörung der betroffenen pharmazeutischen unternehmen widerrief das bfarm mit bescheid vom 14. juni 2002 erstmals die zulassungen kava-kava- und kavain-haltiger arzneimittel bis zu einer homöopathischen verdünnung von d4. hiergegen legten die betroffenen unternehmen widerspruch ein, woraufhin das bfarm an der widerrufsentscheidung nicht festhielt, sondern stattdessen mit bescheid vom 12. mai 2005 ein befristetes ruhen der betroffenen zulassungen anordnete. 4nachdem zwischen den beteiligten unternehmen, ihren verbänden und dem bfarm über die art des vorzulegenden wissenschaftlichen erkenntnismaterials keine einigung erzielt werden konnte, widerrief die behörde mit dem streitgegenständlichen bescheid vom 21. dezember 2007 die zulassungen kava-kava- und kavain-haltiger arzneimittel und homöopathischer zubereitungen aus kava-kava-zubereitungen. es bestehe weiterhin der widerrufsgrund des § 30 abs. 1 i.v.m. § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg, da der begründete verdacht schädlicher wirkungen auch unter berücksichtigung der von den betroffenen unternehmen und ihren verbänden vorgelegten unterlagen fortbestehe. das ruhen der zulassungen sei angeordnet worden, um den betroffenen unternehmen gelegenheit zu geben, studienergebnisse vorzulegen, die die wirksamkeit in dem beanspruchten anwendungsgebiet in einem maße belegten, dass die bekannten hepatotoxischen risiken vertretbar seien. die vorgelegten toxikologischen untersuchungen lieferten keine hinreichende grundlage für die risikoabschätzung. anhand der in-vitro-studien könne zwar ein gewisser toxizitätsvergleich der untersuchten kava-kava-extrakte bzw. kavalactone aufgestellt werden. eine direkte risikoabschätzung bzw. ein unbedenklichkeitsnachweis für die anwendung sämtlicher arten von kava-kava-extrakten am menschen könne daraus aber nicht abgeleitet werden. die in-vivo-studien wiesen methodische mängel auf und seien deswegen nicht bewertungsfähig. zudem beschränke sich die aussagekraft der studie von disilvestro et al. auf einen bestimmten kava-kava-extrakt und könne deswegen nicht zur risikoabschätzung von kava-kava-arzneimitteln allgemein herangezogen werden. in der studie von l. sorrentino et al. seien nicht genügend parameter zum ausschluss der lebertoxizität erhoben worden. zudem fehlten daten zur pharmakokinetik bzw. toxikokinetik der potentiell toxischen inhaltsstoffe. es sei weiterhin unklar, ob die ratte die geeignete tierspezies sei, um vergleichbare hepatotoxische effekte auszulösen, wie sie aufgetreten seien. die nachgereichten publikationen lieferten keine erkenntnisse, die eine hepatotoxizität der von dem stufenplan betroffenen deutschen kava-kava-haltigen arzneimittel ausschlössen oder relativierten. deren fehlen in den vorliegenden untersuchungen stehe im widerspruch zu den klinischen befunden. mangels weiterer untersuchungen, die die pharmazeutischen unternehmen zwar angekündigt, aber nicht durchgeführt hätten, seien nach wie vor weder die mechanismen der klinisch aufgetretenen hepatotoxischen effekte noch das klinisch relevante toxin bekannt. 5der bescheid enthält eine zusammenfassung der vorliegenden erkenntnisse zum risiko der einnahme kava-kava-haltiger präparate und verweist insoweit auf einen bericht der weltgesundheitsorganisation (who) aus dem jahr 2007, der eine bewertung von 93 fallberichten zu leberschädigungen enthalte. außerdem wird in dem bescheid auf den bericht der britischen gesundheitsbehörde medicines and healthcare products regulatory agency (mhra) vom 27. juni 2006 verwiesen, in dem - nach ländern gegliedert - die bei der mhra eingegangenen meldungen zu 110 nebenwirkungsverdachtsfällen weltweit - darunter die überwiegende anzahl aus deutschland - aufgeführt sind. 6den hiernach bestehenden risiken stehe der umstand gegenüber, dass neuere untersuchungen zum beleg der wirksamkeit kava-kava- sowie kavalacton-haltiger arzneimittel nicht vorgelegt worden seien. bei arzneimitteln, für die es - jedenfalls bei der vorgeschlagenen dosierung - keine ausreichenden wirksamkeitsbelege gebe, sei ein nicht zu eliminierendes risiko nicht hinnehmbar, wenn es um schwerwiegende unerwünschte arzneimittelwirkungen (uaw) gehe. risikominimierende maßnahmen wie die unterstellung unter die verschreibungspflicht, die begrenzung der dosierung und leberfunktionstests rechtfertigten keine abweichende bewertung, zumal bei der behandlung von angststörungen mit benzodiazepinen, buspiron und einigen serotoninwiederaufnahmehemmern wie paroxetin und citalopram therapeutische alternativen zur verfügung stünden. deren wirksamkeit in der behandlung von unterschiedlichen formen von angststörungen sei im gegensatz zu kava-kava-haltigen arzneimitteln in mehreren klinischen studien gut untersucht und belegt worden. das bei benzodiazepinen bestehende abhängigkeitsrisiko rechtfertige es nicht, das mit kava-kava-produkten verbundene risiko hinzunehmen. 7in einer zusammenfassenden bewertung führte das bfarm aus, dass bei monographiekonformer dosierung bis 120 mg als tagesdosis kava-pyrone das risiko von leberschädigungen zwar geringer, aber immer noch deutlich vorhanden sei. bei dosierungen oberhalb von 120 mg kava-pyrone bestehe zwar ein gewisser anhalt für die wirksamkeit; das risiko für leberschäden sei dann aber zu groß. 8die klägerin erhob gegen den bescheid widerspruch. in einer stellungnahme des bundesverbandes der arzneimittelhersteller e.v. (bah) zum widerruf der zulassungen, die sich die klägerin zu eigen machte, führte der verband aus, die annahme schädlicher wirkungen kava-kava- und kavain-haltiger arzneimittel sei unzutreffend. das bfarm habe die neu vorgelegten toxikologischen untersuchungen nicht bewertet bzw. keinen nachvollziehbaren bewertungskriterien unterworfen. die kommission e habe in ihrer sitzung vom 27. februar 2002 unter dem vorbehalt bestimmter sicherheitsmaßnahmen ein klares votum zur weiteren verkehrsfähigkeit kava-kava-haltiger arzneimittel abgegeben. auch berücksichtige der bescheid nicht, dass § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg in seiner seit dem 6. september 2005 geltenden fassung keinen „begründeten verdacht schädlicher wirkungen“, sondern ein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis voraussetze. kava-kava erfülle die voraussetzungen eines „well-established use“. es werde seit jahrzehnten in der europäischen union medizinisch verwendet. wirkungen und nebenwirkungen seien bekannt. neue klinische studien könnten folglich nicht verlangt werden. zudem könne eine klinische studie keine erkenntnisse über seltene nebenwirkungen liefern. anlass zu kritik an den eingereichten toxikologischen studien bestehe nicht. andere therapeutische ansätze wie z.b. benzodiazepine stellten aufgrund ihrer risiken keine therapeutische alternative dar. andere arzneistoffe wiesen das gleiche oder sogar ein höheres risiko für leberschädigungen und zudem weitere schwerwiegendere unerwünschte effekte als kava-kava auf, insbesondere sei ein anstieg der suizidrate bekannt. die ergebnisse des berichts der mhra seien wegen der gänzlich anderen indikation in großbritannien (blasenerkrankungen) nicht übertragbar. die bewertung der vorliegenden fallmeldungen sei nicht sachgerecht. ihre inzidenzrate werde vom bfarm nach wie vor nicht berücksichtigt. 9in der folgezeit führten gespräche und schriftwechsel zwischen den pharmazeutischen unternehmen und dem bfarm zu keinem ergebnis. der widerspruch der klägerin blieb zunächst unbeschieden. 10unter dem 31. märz 2011 richtete die klägerin eine änderungsanzeige an das bfarm, deren inhalt die verdoppelung der dosierung auf 2-4 mal täglich 1 dragee war. 11die klägerin hat am 20. dezember 2011 die vorliegende klage zunächst als untätigkeitsklage erhoben und zugleich im wege des einstweiligen rechtsschutzes die anordnung deren aufschiebender wirkung beantragt (vg köln 7 l 1916/11). diesen antrag hat sie am 24. mai 2012 zurückgenommen. 12zur begründung der klage hat sie im wesentlichen ausgeführt: der widerruf der zulassungen sei rechtswidrig. das nutzen-risiko-verhältnis für kava-kava-haltige arzneimittel, die auf einem ethanolischen extrakt des kava-kava-wurzelstocks basierten, sei nicht ungünstig. die wirksamkeit des arzneimittels sei bei einer dosierung von 240 mg kava-pyrone, berechnet nach der hochleistungsflüssigkeitschromatographie-methode - engl. high performance liquid chromatography – (hplc-methode) auf sechs kava-pyrone, belegt. die von der kommission e angegebenen 120 mg kava-pyrone seien mittels dünnschichtchromatographie (dc) beschränkt auf drei kava-pryrone berechnet worden. deswegen entsprächen 120 mg kava-pyrone berechnet nach der dc-methode 240 mg kava-pyrone berechnet nach der hplc-methode. überdies sei ende der achtziger jahre eine exakte quantitative bestimmung aller maßgeblichen sechs kavalactone auch mit hilfe der hplc-methode nicht möglich gewesen. demzufolge entsprächen die in der monographie ermittelten 120 mg nicht dem gesamtgehalt an kavalactonen. vielmehr sei der kavalactongehalt der kava-produkte, die in der monographie berücksichtigung gefunden hätten, nach heutigen standards wesentlich höher anzusetzen. 13der einwand des bfarm, die mittel seien nicht wirksam, beruhe darauf, dass die betroffenen unternehmen auf entsprechende forderung des bfarm die dosierung halbiert hätten, um sich numerisch an die monographie anzupassen. das sei inzwischen mit blick auf die unterschiedlichen berechnungsgrundlagen durch die mit der änderungsanzeige erfolgte anhebung auf die alte menge von 240 mg kava-pyrone korrigiert worden. bei der bewertung der wirksamkeit müsse deswegen nach aktuellem stand der zulassung für alle betroffenen arzneimittel eine dosierung von 240 mg kava-pyrone zugrunde gelegt werden. 14die vorliegenden fälle unerwünschter ereignisse im zusammenhang mit kava-kava seien vom bfarm unrichtig und teilweise anders als von anderen institutionen bewertet worden. auf der grundlage der auswertung durch teschke et al. aus dem jahr 2008 ergäben sich lediglich drei fälle, in denen überhaupt von einer auslösung durch kava-kava auszugehen sei. in zwei dieser fälle habe es sich um acetonische extrakte gehandelt. der verbleibende fall stehe im zusammenhang mit einer allergie. die häufung von uaw-meldungen in den jahren 2001 und 2002 sei zudem durch die aktive negative informationspolitik des bfarm zu erklären. im gegensatz zum bfarm habe die schweizerische behörde nicht auf vorlage präklinischer studien bestanden, sondern nur eine anwendungsbeobachtung gefordert, die jedoch wegen des deutschen kava-kava-verbots abgebrochen worden sei. in den usa würden kava-kava-produkte nach wie vor als nahrungsergänzungsmittel in den verkehr gebracht. 15die risiken in betracht zu ziehender alternativpräparate - insbesondere benzodiazepine und antidepressiva - seien ungleich höher als die der betroffenen kava-kava-produkte. das angestrebte ziel der verminderung von therapierisiken könne mit dem widerruf nicht erreicht werden. anstelle des geringeren risikos von kava-kava-produkten lasse das bfarm zu, arzneimittel einzusetzen, deren anwendung für die patienten mit weit größeren risiken verbunden sei. noch bis zum jahr 2001 habe das bfarm neuzulassungen für kava-kava-haltige arzneimittel erteilt. 16mit bescheid vom 15. februar 2012 hat das bfarm den widerspruch der klägerin unter wiederholung und vertiefung seiner vorherigen ausführungen zum risiko der anwendung kava-kava-haltiger arzneimittel als unbegründet zurückgewiesen. in deutschland seien 48 fälle lebertoxischer reaktionen registriert worden, von denen 26 ausreichend gut dokumentiert seien. in sieben fällen habe eine lebertransplantation vorgenommen werden müssen. zwei dieser patienten und eine patientin ohne lebertransplantation seien verstorben. in zwei fällen sei die lebertoxische reaktion nach absetzen des kava-kava-produkts zurückgegangen und bei reexposition erneut aufgetreten. in dreizehn fällen sei aufgrund des zeitlichen zusammenhangs, des fehlens lebertoxischer faktoren und einer entsprechenden komedikation ein kausalzusammenhang wahrscheinlich. in einzelnen dieser fälle sei eine synergistische beteiligung eines anderen arzneimittels (z.b. eines estrogens) als möglich anzusehen, ohne dass dies die annahme gerechtfertigt hätte, dass das kava-kava-arzneimittel nicht an der hepatotoxischen reaktion beteiligt gewesen wäre. in weiteren fünf spontan gemeldeten fällen sei ein kausalzusammenhang „möglich bis wahrscheinlich“ und in den restlichen fällen „möglich“. aus den dargestellten fällen gehe hervor, dass kava-kava eindeutig das potential zu schwerer lebertoxizität habe. der effekt weise ein durchaus charakteristisches muster auf mit einem zeitlichen gipfel bei drei bis vier monaten nach medikationsbeginn und einer wahrscheinlich höheren toxizität bei höheren dosen. zur toxikologischen bewertung von kava-kava-extrakten fehlten weiterhin nach heutigen standards durchgeführte tierstudien. die wirksamkeit der ethanolischen kava-kava-auszüge als anxiolytikum sei unverändert als nicht belegt anzusehen. ein vergleich des nutzen-risiko-profils mit therapeutischen alternativen setze diesen wirksamkeitsnachweis aber voraus. 17mit auflagenbeschluss vom 30. oktober 2012 hat das verwaltungsgericht der beklagten aufgegeben, eine zusammenstellung nebst wirksamkeitsbelegen und nebenwirkungsprofil von benzodiazepin-haltigen, in deutschland verkehrsfähigen arzneimitteln vorzulegen, deren anwendungsgebiet ganz oder teilweise der indikation „nervöse angst-, spannungs- und unruhezustände“ entspricht. zugleich hat es der klägerin aufgegeben, darzulegen, ob und unter welchen voraussetzungen toxikologische untersuchungen in vivo mit dem wirkstoff ihres arzneimittels an einer weiteren tierart, die nicht nagetier ist, durchgeführt werden können. 18die beklagte ist diesen auflagen nachgekommen und hat hierzu erwidert, es sei reine spekulation und durch nichts belegt, dass patienten nach dem verbot von kava-kava auf benzodiazepine übergegangen seien. deren verwendung sei durch die hinweise an die ärzte zum bestimmungsgemäßen gebrauch von benzodiazepin-haltigen präparaten limitiert. auch weise die fachinformation auf den überwiegenden einsatz dieser arzneistoffe bei schweren angstzuständen, schlafstörungen sowie zur behandlung von muskelverspannungen und epilepsien sowie die zeitliche begrenzung einer behandlung hin. zur symptomatischen behandlung von angstzuständen (leitsymptomatik: angst, innere unruhe, spannungszustände) stehe der wirkstoff buspiron zur verfügung, ein serotonin ohne erhöhtes abhängigkeitspotential, aber mit verzögertem wirkungseintritt. daneben hat das bfarm auf unterschiedliche psychopharmaka, ferner auf andere pflanzliche präparate wie baldrian, hopfen, melisse, passionsblume oder johanniskraut verwiesen. die von klägerseite vertretene annahme unterschiedlicher risiken verschiedener kava-kava-kultivare sei spekulativ, da sich die nebenwirkungsmeldungen gleichmäßig auf die verschiedenen kultivare und extrakte verteilten. in einem fall sei es sogar zu einer „positiven rechallenge“ - einem wiederauftreten der nebenwirkung nach erneuter gabe - gekommen, was eine gesicherte kausalität begründe. zudem habe sich in mehreren vom national toxicology program (ntp) der usa mit einem handelsüblichen kava-kava-extrakt durchgeführten studien ergeben, dass die leber hauptzielorgan toxischer und kanzerogener effekte sei. 19die klägerin hat sich in ihrer gegenäußerung zum auflagenbeschluss gegen das erfordernis weiterer tierexperimenteller toxizitätsstudien gewandt und dazu ausgeführt: das bisherige datenmaterial habe ein hepatotoxisches potential von kava-kava nicht belegen können. nebenwirkungen seien insoweit in der vergangenheit in erster linie bei acetonischen kava-kava-extrakten und minderwertigen sorten aufgetreten. unter zugrundelegung des zutreffenden bewertungsschemas wären zahlreiche meldungen nicht auf kava-kava zurückzuführen. der einzelne fall einer rechallenge hätte in diesem licht unter dem gesichtspunkt einer allergie bewertet werden müssen. zur gewinnung weiterer erkenntnisse über das risiko am menschen sei eine beobachtung von patienten im rahmen der laufenden behandlung geeignet (sog. post authorisation safety study, „pass“). entsprechendes sei vom bfarm auch im fall von pelargonium („umckaloabo“) akzeptiert worden. die bestehende toxikologische datenlage reiche aus. es lägen allein in deutschland erfahrungswerte über einen zeitraum von 100 jahren vor. die klägerin verweist in diesem zusammenhang u.a. auf eine reihe - teils neuerer - studien, die ein hepatotoxisches risiko des ethanolischen extrakts, insbesondere bei einer anwendungsdauer von bis zu vier wochen, nicht hätten belegen können. in den usa sei kava-kava nach wie vor unbeanstandet als nahrungsergänzungsmittel verkehrsfähig. kanzerogene effekte seien bei mäusen festgestellt worden; dieses spezies-spezifische phänomen trete in dieser form auch bei benzodiazepinen auf und erfordere eine langzeitgabe sehr hoher dosen. zudem hätten andere studien gezeigt, dass kava-kava nicht mutagen sei. die beklagte lasse - der zulassungspraxis des bfarm widersprechend - bei der auswertung der nebenwirkungsmeldungen konsequent die erforderliche differenzierung der arzneimittel nach art der droge und extraktionsmittel vermissen. 20im gegensatz zur auffassung der beklagten seien benzodiazepine bei der nutzen-risiko-abwägung von kava-kava durchaus in den blick zu nehmen. die beklagte selbst benenne benzodiazepine als risikoärmere alternative zu kava-kava. angesichts des teilweise identischen anwendungsgebiets von kava-kava und mit blick auf die verschreibungszahlen 1998 und 1999 lasse sich feststellen, dass bei etwa jeder 10. verordnung die wahl auf kava-kava als risikoärmere alternative zu benzodiazepinen gefallen sei. das von der beklagten aufgrund des auflagenbeschlusses vorgelegte material belege ein erhebliches nebenwirkungspotential von benzodiazepinen, die in ihrer schwere einer hepatotoxizität entsprächen oder über diese hinausgingen, wie etwa die gefahr einer missbräuchlichen überdosierung und selbsttötungen unter zuhilfenahme von benzodiazepinen. auch das von der beklagten angeführte buspiron weise ein größeres abhängigkeitspotential als kava-kava auf und sei nebenwirkungsbehaftet. vergleichbares gelte für antidepressiva, auch in bezug auf leberschädigungen. johanniskraut zeige wechselwirkungen zu anderen arzneimitteln, führe zu lichtempfindlichkeit und müsse über einen längeren zeitraum eingenommen werden, um überhaupt eine wirkung zu zeitigen. 21auch bestehe eine asymmetrie in der risikobewertung des bfarm bei phytopharmaka. es stelle sich die frage, warum bei einem freiverkäuflichen arzneimittel wie „umckaloabo“ mit dem wirkstoff aus der pelargoniumwurzel, das ebenfalls im verdacht stehe, leberschädigungen hervorzurufen, dieses risiko in kauf genommen werde, bei kava-kava jedoch trotz von den unternehmen angebotener transaminasen-kontrollen, der verschreibungspflicht und des hochwertigen anwendungsgebiets die zulassungen widerrufen würden. 22die klägerin hat beantragt, 23den bescheid des bfarm vom 21. dezember 2007 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 15. februar 2012 aufzuheben. 24die beklagte hat beantragt, 25 die klage abzuweisen. 26sie hat ihr vorbringen aus dem verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft und ergänzend folgendes ausgeführt: die von der britischen gesundheitsbehörde in ihrem bericht aus dem jahr 2006 aufgeführten 110 nebenwirkungsverdachtsfälle beschränkten sich nicht auf acetonische extrakte, sondern hätten in der mehrzahl der fälle ethanolische extrakte betroffen. die seitens der unternehmen vorgelegten toxikologischen untersuchungen seien nicht geeignet, die risikofreiheit des wirkstoffs zu belegen. insbesondere geeignete tierstudien stünden aus. eine kurzzeitanwendung von nur vier wochen sei angesichts des krankheitsbildes auch wenig realistisch. die einschlägigen guidelines forderten eine studiendauer bei nicht-nagern von neun monaten. auch die wirksamkeit sei nicht hinreichend belegt. insbesondere sei die darstellung, die monographie der kommission e beruhe auf einer dc-messung, nicht belegt. aus den unterlagen zur monographieerstellung der kommission e gehe hervor, dass die bestimmung auch zum damaligen zeitpunkt schon mit der hplc-methode erfolgt sei. die zwischenzeitliche erhöhung der tagesdosis über den monographiekonformen wert von 60 bis 120 mg kava-pyrone hinaus sei nicht geeignet, das negative nutzen-risiko-verhältnis zu ändern. der klägerin sei zwar darin zuzustimmen, dass in der phytotherapie der arzneilich wirksame bestandteil durch das extraktionsmittel und das droge-extrakt-verhältnis (dev) eindeutig gekennzeichnet sei und eine änderung des extraktionsmittels bzw. des dev auch zu einem anderen wirkstoff führe. nur die berücksichtigung ethanolischer extrakte reduziere aber auch das zugunsten der klägerin vorgelegte studienmaterial immens, da dann alle ergebnisse zu wässrigen, acetonischen oder co2-extrakten nicht berücksichtigungsfähig seien. die beklagte sieht sich durch die ntp-studie in ihrer risikobewertung bestätigt. dass die us-amerikanische behörde hieraus keinen handlungsbedarf abgeleitet habe, sei ohne belang. die von der klägerin herangezogenen neueren studien seien nicht hinreichend aussagekräftig. die möglichkeit der anordnung von post authorization safety studies sei erst durch das 2. amg-änderungsgesetz vom 19. oktober 2012 geschaffen worden. 27das verwaltungsgericht hat den bescheid des bfarm vom 21. dezember 2007 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 15. februar 2012 durch urteil vom 20. mai 2014 aufgehoben. zur begründung hat es ausgeführt: das nutzen-risiko-verhältnis kava-kava-haltiger arzneimittel der hier streitgegenständlichen art erweise sich nicht als ungünstig. wenngleich die monographie „piperis methystici rhizoma" der kommission e vom 1. juni 1990, aus der die klägerin die wirksamkeit kava-kava-haltiger arzneimittel im wesentlichen herleite, nicht auf einer aktuellen erfordernissen genügenden klinischen erprobung des wirkstoffs beruhe, sei sie in der folgezeit grundlage für eine vielzahl von zulassungen und nachzulassungen kava-kava-haltiger präparaten gewesen, ohne dass insoweit eine sachliche unterscheidung zwischen ethanolischen und anderen auszügen erfolgt sei. diese wirksamkeitsaussage habe das bfarm im gerichtlichen verfahren nicht substantiiert angegriffen. auch habe sich die kommission e noch im jahre 2002 in kenntnis der bekannten risikoaspekte für die verkehrsfähigkeit der produkte unter dem vorbehalt bestimmter sicherheitsmaßnahmen ausgesprochen. vor diesem hintergrund könne den vom widerruf betroffenen arzneimitteln ungeachtet ihrer dosierung nicht jede wirksamkeit von vornherein abgesprochen werden. wegen des abweichenden prüfungsmaßstabs des § 30 abs. 1 amg komme es auf die frage, ob die wirksamkeit kava-kava-haltiger arzneimittel in einer den anforderungen des § 22 abs. 2 s. 1 nr. 3, abs. 3 amg genügenden weise begründbar sei, nicht an. 28dem durch die zulassungsbescheide belegten nutzen der präparate in den anwendungsgebieten „nervöse angst, spannungs- und unruhezustände" stünden anwendungsrisiken in gestalt hepatotoxischer ereignisse gegenüber. die in dem bericht der who dokumentierten fälle lebertoxischer reaktionen seien im rahmen einer quantitativen gewichtung angesichts der weiten verbreitung kava-kava-haltiger arzneimittel als „selten" oder „sehr selten" auftretende nebenwirkungen auszuweisen. dabei sei zu berücksichtigen, dass die klägerin nachvollziehbar dargelegt habe, dass in die berichte der who und der mhra auch meldungen aus deutschland eingeflossen seien und deswegen eine doppelte berücksichtigung ein und desselben ereignisses nahe liege. inhaltlich sei das zu den hepatotoxischen nebenwirkungen vorliegende zahlenmaterial nicht konsistent. das aus großbritannien ausgewertete zahlenmaterial beziehe sich auf die anwendung von kava-kava in einem anderen anwendungsgebiet, nämlich blasenerkrankungen. zudem erschwere die multikausalität von leberschädigungen die zuordnung zu einer bestimmten medikamentengabe. die klägerin habe nachvollziehbar dargelegt, dass es auch in sog. „rechallenge-fällen" einer dokumentation der komedikation bedürfe, um eine tragfähige wahrscheinlichkeitsaussage treffen zu können. in der vorliegenden gestalt lasse das zahlenmaterial nur die aussage einer möglichen verknüpfung von nebenwirkungen durch kava-kava-gabe zu. dies gelte auch für ethanolische extrakte. 29im rahmen der bewertung des nutzen-risiko-verhältnisses hat das verwaltungsgericht zunächst darauf hingewiesen, dass das monographierte anwendungsgebiet „nervöse angst, spannungs- und unruhezustände" sich mit dem für benzodiazepine zugelassenen anwendungsgebiet überschneide. obwohl es sich bei letzteren um zugelassene und verschreibungspflichtige arzneimittel handele, gingen von diesen wirkstoffen erhebliche gefahren aus. es bestehe schon bei therapeutischen dosierungen ein sehr hohes abhängigkeitspotential. benzodiazepine würden weltweit als medikamente mit der höchsten missbrauchsrate gelten. seit 2002 habe es für benzodiazepine insgesamt 4.478 uaw-meldungen gegeben, die sich über eine vielzahl von unerwünschten nebenwirkungen erstreckten und - soweit schwer - bei suizidversuchen und suchtmissbrauch deutliche spitzen aufwiesen, vereinzelt aber auch leberschädigungen zeigten. vor diesem hintergrund könne nicht von einer risikoärmeren alternative zu kava-kava-haltigen arzneimitteln ausgegangen werden. das gelte in abgeschwächter form auch für das vom bfarm angeführte buspiron und die erwähnten antidepressiva. zudem seien im rahmen einer am verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem übermaßverbot orientierten nutzen-risiko-abwägung andere regulatorische maßnahmen zur risikominimierung zu berücksichtigen, die eine weitere verkehrsfähigkeit der produkte ohne unvertretbare gefahren für die öffentliche gesundheit gewährleisteten. hierzu zählten die verschreibungspflicht, gegenanzeigen, anwendungsbeschränkungen, eine ausdrückliche beschränkung der anwendungsdauer sowie eine begleitende regelmäßige erhebung der leberwerte. hinzu trete die nunmehr gemäß § 28 abs. 3b satz 1 nr. 2 amg auch nach erteilung der zulassung bestehende möglichkeit der bundesoberbehörde, im wege der auflage anzuordnen, unbedenklichkeitsprüfungen durchzuführen, wenn dies im interesse der arzneimittelsicherheit erforderlich sei. angesichts des umstandes, dass bislang die anhaltspunkte für ein hepatotoxisches risiko der streitbefangenen produkte nicht mit der genügenden sicherheit hätten verifiziert werden können, wäre eine solche nachgelagerte erprobung bei fortbestehender marktfähigkeit unter verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten naheliegend und das gegenüber dem widerruf mildere mittel. 30die beklagte hat die vom verwaltungsgericht zugelassene berufung eingelegt und zur begründung im wesentlichen geltend gemacht: die möglichkeit, eine unbedenklichkeitsstudie anzuordnen, bestehe nicht. das materielle recht, insbesondere § 28 abs. 3b satz 1 nr. 2 amg, eröffne nicht die möglichkeit, nach zulassung eine unbedenklichkeitsstudie anzuordnen. es bestehe kein ansatz dafür, dass die vorschrift auf vor ihrem inkrafttreten eingeleitete (und abgeschlossene) risikoverfahren anwendung finde. das verwaltungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass die aktuelle bewertung der wirksamkeit des arzneimittels ein maßgeblicher abwägungsbelang bei der bewertung des nutzen-risiko-verhältnisses sei. die wirksamkeit kava-kava-haltiger arzneimittel sei bereits bei erstellung der monographie der kommission e fraglich gewesen. wegen der geringen bedeutung von kava-kava sei zunächst eine negativmonographie erstellt worden. die von der kommission e in bezug auf die wirksamkeit angenommene plausibilität würde und könnte unter den heutigen rechtlichen rahmenbedingungen zu einer traditionellen registrierung gemäß § 39c amg führen, womit allerdings eine sehr viel kritischere nutzen-risiko-bewertung einhergehe. schon zum zeitpunkt der stufenplanentscheidung hätten dem bfarm keine studien vorgelegen, die eine wirksamkeit ausreichend belegt hätten. das herbal medicinal product commitee (hmpc) habe in einer öffentlichen stellungnahme „piperis methystici rhizoma“ als einen der wirkstoffe benannt, für die die erstellung einer positivmonographie nicht erfolgversprechend erscheine. das angegriffene urteil überspanne die anforderungen an den verdachtsgrad schädlicher nebenwirkungen. wenn - wie vorliegend - eine größere anzahl von verdachtsfällen zusammenkomme, ergebe sich der begründete verdacht des auftretens unvertretbarer schädlicher wirkungen mit zumindest möglicher kausalität. da es sich hier um sehr schwerwiegende nebenwirkungen mit ernsten konsequenzen gehandelt habe, seien zum schutz der patienten einschneidende maßnahmen gerechtfertigt gewesen. die vom gericht beanstandete fehlende häufigkeit der nebenwirkungen sei aus den daten der spontanerfassung bekanntermaßen nicht verlässlich ableitbar. insoweit sei insbesondere die hohe dunkelziffer zu berücksichtigen. quantitative aussagen zur häufigkeit von nebenwirkungen seien nur durch studien mit systematischer datenerfassung und ausreichender anzahl eingeschlossener patienten zu treffen. entscheidend sei das vorliegen einer reihe von fällen schwerwiegender nebenwirkungen, bei denen ein kausaler zusammenhang mit der anwendung von kava-kava-haltigen arzneimitteln zumindest möglich erscheine. dieser sei nach den dem bfarm vorliegenden - im folgenden nochmals zusammengefassten - erkenntnissen gegeben. daraus gehe hervor, dass kava-kava eindeutig das potential zu schwerer lebertoxizität habe, wobei auch idiosynkratische leberschädigungen eine denkbare erklärungsmöglichkeit seien. die darstellung der klägerin zu inzidenzraten bleibe unklar. an der arbeit von teschke et al. sei auffällig, dass der kausalzusammenhang in 13 fällen wegen anderer nicht medikamentöser ursachen verneint worden sei und dies in drei beispielhaft aufgeführten fällen nicht mit den differenzialdiagnostischen feststellungen der ärzte, von denen diese fallberichte stammten, in einklang stehe. in der bisherigen diskussion zu noble-kava und den zu erwartenden qualitätsunterschieden habe die klägerin bislang nicht belegt, welche kava-qualität sie in den 80er/90er jahren verwendet habe. es sei auch nicht dargelegt, ob die klinischen studien, die der damaligen zulassung zugrunde lagen, ausschließlich mit noble-kava durchgeführt worden seien. 31auch wenn der für die ntp-studie verwendete extrakt mit überkritischem kohlendioxyd nicht mit den ethanolischen extrakten vergleichbar sei - was sich angesichts der 96%igen ethanolkonzentration jedoch diskutieren ließe -, seien die dort gewonnenen schlussfolgerungen als hintergrundinformation bei der bewertung mit einzubeziehen. mit bezug auf den mechanismus der hepatotoxizität seien zudem die ergebnisse weiterer im einzelnen aufgeführter publikationen aus den jahren 2011 und 2012 zu berücksichtigen. 32die nutzen-risiko-abwägung des verwaltungsgerichts verdiene kritik. die dort angeführte überschneidung der anwendungsgebiete von benzodiazepin- und kava-kava-haltigen arzneimitteln wiege die unterschiede beider arzneimittel nicht auf. vielmehr sei mit blick auf etwaige behandlungsalternativen insbesondere die interdisziplinäre s3-leitlinie „behandlung von angststörungen" in den blick zu nehmen. benzodiazepine zählten danach weder zu den arzneimitteln der ersten noch der zweiten wahl für die angstbehandlung. dazu zählten demgegenüber selektive serotonin-wiederaufnahmehemmer, selektive serotonin-noradrenalin-wiederaufnahmehemmer, pregabalin, buspiron, opipramol, hydroxyzin und damit arzneimittel mit einem guten nutzen-risiko-verhältnis. abgesehen davon handele es sich bei der mit einer behandlung mit benzodiazepinen vielfach auftretenden abhängigkeit um eine niedrigdosisabhängigkeit, die keine abhängigkeit im eigentlichen sinne sei. das verwaltungsgericht setze sich auch in widerspruch zu den von ihm selbst aufgestellten kriterien, wenn es die missbräuchliche verwendung von benzodiazepinen in die abwägung einfließen lasse. darüber hinaus stünden auch aus dem bereich der pflanzlichen arzneimittel behandlungsalternativen, etwa baldrianwurzelzubereitungen oder lavendelöl, zur verfügung. im rahmen der verhältnismäßigkeitsprüfung habe das verwaltungsgericht zu unrecht nicht berücksichtigt, dass dem widerruf die anordnung des ruhens als milderes mittel vorausgegangen sei. die widerrufsentscheidung habe darauf beruht, dass die zulassungsinhaber nicht bereit gewesen seien, die erforderlichen maßnahmen zu ergreifen bzw. weiteres wissenschaftliches erkenntnismaterial vorzulegen. auch wenn man die geänderte rechtslage zugrundelegte, wäre die anordnung einer unbedenklichkeitsstudie kein gleich geeignetes, erst recht kein milderes mittel. denn sie lasse nicht den versagungsgrund des ungünstigen nutzen-risiko-verhältnisses entfallen, sondern diene allein dem gewinn neuer erkenntnisse und der erforschung der risiken. folglich führe eine solche studie nicht zu einer risikominimierung und wirke sich deswegen nicht positiv auf das nutzen-risiko-verhältnis aus. das risikoverfahren zu pelargoniumwurzelhaltigen arzneimitteln sei mit dem vorliegenden verfahren nicht vergleichbar und müsse differenziert bewertet werden. 33die beklagte beantragt, 34das urteil des verwaltungsgerichts köln vom 20. mai 2014 zu ändern und die klage abzuweisen. 35die klägerin beantragt, 36die berufung zurückzuweisen. 37zur begründung führt sie aus: nach dem im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung geltenden materiellen recht hätte die beklagte die durchführung einer pass anordnen können. zudem sei es eine stets geübte praxis des bfarm gewesen, auf der grundlage von § 30 amg i.v.m. § 36 vwvfg entsprechende anordnungen zu treffen. die ausführungen der beklagten zur nutzen-risiko-bewertung des verwaltungsgerichts seien nicht überzeugend. nach erstellung der monographie der kommission e habe sich die erkenntnislage eindeutig zu gunsten von kava-kava verbessert. das bfarm habe dies dadurch bestätigt, dass es gestützt auf diese monographie und die nachfolgend publizierten klinischen prüfungen sehr viele zulassungen für kava-kava-haltige arzneimittel erteilt habe und zwar mit einem status nach § 22 abs. 3 amg. die von der beklagten zitierte öffentliche stellungnahme des hmpc führe zu keiner anderen bewertung der wirksamkeit von kava-kava. die darin enthaltenen aussagen beträfen traditionelle pflanzliche arzneimittel, die nicht verschreibungspflichtig seien, und könnten nicht auf die hier streitbefangenen verschreibungspflichtigen arzneimittel erstreckt werden. in bezug auf die in rede stehenden nebenwirkungen sei zwischen kava-kava-präparaten aus noble-kava mit ethanolischem extrakt und solchen aus two-day-kava mit acetonischem extrakt zu unterscheiden. bei ersteren ergebe sich aus den vorliegenden erkenntnissen allenfalls ein schwacher verdacht für nebenwirkungen. im zusammenhang mit möglichen behandlungsalternativen führe die beklagte arzneimittel an, die für andere anwendungsgebiete zugelassen seien als kava-kava, und verharmlose überdies das bei einer behandlung mit benzodiazepinen bestehende abhängigkeitsrisiko. entsprechendes gelte mit bezug auf die in der interdisziplinären s3-leitlinie zur behandlung von angststörungen aufgeführten arzneimittel. die von der beklagten als behandlungsalternative benannten pflanzlichen arzneimittel deckten nicht die gleichen erkrankungen ab. entgegen der auffassung der beklagten bestehe bei pelargoniumwurzelpräparaten und kava-kava-präparaten in fachlich-medizinischer hinsicht eine vergleichbare situation. insofern sei es bemerkenswert, dass das bfarm nur bei ersteren, nicht hingegen bei letzteren die möglichkeit gesehen habe, eine pass durchzuführen. 38wegen der einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten. 39 | 40die berufung der beklagten hat keinen erfolg. sie ist zulässig, aber unbegründet. 41das verwaltungsgericht hat der klage im ergebnis zu recht stattgegeben. der 42widerrufsbescheid des bfarm vom 21. dezember 2007 in der gestalt des widerspruchsbescheids vom 15. februar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 43die voraussetzungen für einen widerruf der zulassung des arzneimittels b. forte sind nicht erfüllt. 44für die beurteilung der rechtmäßigkeit des widerrufsbescheides ist die sach- und rechtslage im zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung der tatsacheninstanz, hier also der berufungsverhandlung, entscheidend. der maßgebliche zeitpunkt der beurteilung der rechtmäßigkeit eines angefochtenen verwaltungsakts richtet sich nach dem jeweiligen materiellen recht. für die anfechtungsklage gilt im allgemeinen, dass die sach- und rechtslage im zeitpunkt der letzten behördenentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle recht regelt etwas abweichendes. 45vgl. bverwg, urteile vom 28. juli 1989 - 7 c 39.87 -, juris, rn. 8, und vom 1. juni 2011 - 8 c 4.10 -, juris, rn. 19. 46letzteres muss nicht zwingend in gestalt einer ausdrücklichen fachgesetzlichen regelung zum ausdruck kommen, sondern kann sich auch aus dem sinn und zweck des jeweils einschlägigen normgefüges ergeben. 47vgl. wolff, in: sodan/ziekow, vwgo, 4. auflage, 2014, § 113, rn. 96. 48dies ist hier der fall. einerseits erfordert der in § 1 amg niedergelegte gesetzeszweck der arzneimittelsicherheit - wie das verwaltungsgericht bereits zutreffend festgestellt hat - die berücksichtigung von änderungen der sach- und rechtslage nach der letzten behördlichen entscheidung. 49vgl. ovg nrw, urteil vom 29. januar 2014 - 13 a 2730/12 -, juris, rn. 28 f. 50andererseits gebietet dies die besondere eingriffsintensität des widerrufs in die grundrechte der pharmazeutischen unternehmer. denn die wiedererlangung der zulassung ist nach deren bestandskräftigem widerruf erheblich erschwert. das folgt daraus, dass die versagungsgründe des § 25 abs. 2 amg nicht deckungsgleich mit den widerrufsgründen des § 30 abs. 1 satz 1 halbsatz 2 amg sind. insbesondere ist der widerruf der zulassung nicht vorgesehen, wenn der versagungsgrund des § 25 abs. 2 nr. 2 amg nachträglich eingetreten ist, also dann, wenn das arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten stand der wissenschaftlichen erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche erkenntnismaterial nach § 22 abs. 3 amg nicht dem jeweils gesicherten stand der wissenschaftlichen erkenntnis entspricht. angesichts dessen ist es unter verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten geboten, für die beurteilung der rechtmäßigkeit des widerrufs auf den zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung abzustellen. bestätigt wird dies durch den in § 30 abs. 2a amg zum ausdruck kommenden rechtsgedanken einer gegenüber dem widerruf vorrangigen anpassung der zulassung nach maßgabe der jeweils geltenden sach- und rechtslage. 51die beurteilung der rechtmäßigkeit des widerrufs der zulassung richtet sich deswegen nach § 30 abs. 1, 2a amg in der fassung vom 19. dezember 2012. nach § 30 abs. 1 satz 1 halbsatz 2 amg ist die arzneimittelzulassung zu widerrufen, wenn der versagungsgrund des § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg nachträglich eingetreten ist, das heißt, wenn sich das nutzen-risiko-verhältnis des präparats nachträglich als ungünstig erweist. gemäß § 30 abs. 2a satz 1 1. alt. amg ist die zulassung zu ändern, wenn dadurch der in absatz 1 genannte betreffende versagungsgrund entfällt. ein widerruf der zulassung ist danach nur gerechtfertigt, wenn das nutzen-risiko-verhältnis eines arzneimittels ungünstig ist und dem durch eine änderung der zulassung nicht abgeholfen werden kann. die zulassungsänderung hat damit bei vorliegen eines versagungsgrundes vorrang gegenüber dem widerruf, mit der folge, dass dieser rechtswidrig ist, wenn die voraussetzungen des § 30 abs. 2a amg erfüllt sind. 52vgl. zu § 30 amg a.f. krüger, in: kügel/müller/hoffmann, arzneimittelgesetz, 2012, § 30, rn. 34. 53das ist hier der fall. das nutzen-risiko-verhältnis des streitbefangenen arzneimittels ist derzeit ungünstig (i.). dies rechtfertigt aber nicht den widerruf der zulassung, weil dieser versagungsgrund bereits durch deren änderung ausgeräumt werden kann (ii.). 54(i.) das nutzen-risiko-verhältnis umfasst nach § 4 abs. 28 amg eine bewertung der positiven therapeutischen wirkungen des arzneimittels im verhältnis zu dem risiko nach absatz 27 lit. a. dies ist jedes risiko im zusammenhang mit der qualität, sicherheit oder wirksamkeit des arzneimittels für die gesundheit der patienten. mit dem begriff des risikos wird ebenso wie bei der früheren gesetzesfassung des § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg jede art von schädlichen wirkungen erfasst, die über ein nach den erkenntnissen der medizinischen wissenschaft vertretbares maß hinausgehen. nach der bis zum 5. september 2005 geltenden vorschrift durfte die zulassung versagt werden, wenn bei dem arzneimittel der begründete verdacht bestand, dass es bei bestimmungsgemäßem gebrauch schädliche wirkungen hat, die über ein nach den erkenntnissen der medizinischen wissenschaft vertretbares maß hinausgehen (vgl. auch § 5 abs. 2 amg). mit der änderung des wortlauts des § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg, die der angleichung an die richtlinienvorgaben diente, ist keine inhaltliche änderung verbunden. beide fassungen erstrecken sich auf jegliche nebenwirkungen. unter nebenwirkungen sind die beim bestimmungsgemäßen gebrauch eines arzneimittels auftretenden schädlichen unbeabsichtigten reaktionen zu verstehen (§ 4 abs. 13 amg), also nicht nur pharmakologisch-toxikologische wirkungen, sondern jedwede unerwünschte folge. der erforderliche verdacht schädlicher wirkungen liegt vor, wenn ernstzunehmende erkenntnisse den schluss nahelegen, dass das arzneimittel unvertretbare nebenwirkungen hat. 55vgl. bverwg, urteil vom 19. november 2009 - 3 c 10.09 -, nvwz-rr 2010, 330 = juris, rn. 32 ff., sowie beschluss vom 12. juni 2012 - 3 b 88.11 - , juris, rn. 3; ovg nrw, urteile vom 7. november 2012 - 13 a 2710/08 -, juris, rn. 39 ff. und vom 29. januar 2014 - 13 a 2730/12 - , juris, rn. 34; bt-drs. 15/5316, s. 38. 56dafür bedarf es keines positiven nachweises der kausalen beziehung zwischen der einnahme des arzneimittels und aufgetretenen nebenwirkungen, weil dies dem gebot der arzneimittelsicherheit zuwiderlaufen würde. 57vgl. bverwg, urteil vom 26. april 2007 - 3 c 36.06 -, pharma recht 2007, 423 = nvwz-rr 2007, 774; ovg nrw, beschluss vom 17. september 2009 - 13 a 1428/08 -, juris, rn. 11; ovg berlin, urteil vom 16. september 1999 - 5 b 34.97 -, juris, rn. 17; kloesel/cyran, arzneimittelrecht, kommentar, stand: 2012, § 25, rn. 76, m. w. n. 58insbesondere dann, wenn schwere gesundheitsgefahren in rede stehen, reicht es aus, wenn die entfernte möglichkeit einer risikoverwirklichung besteht. 59vgl. ovg nrw, beschluss vom 17. september 2009 - 13 a 1428/08 -, juris, rn. 13. 60ein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis folgt nicht bereits daraus, dass die bezweckte therapeutische wirksamkeit eines arzneimittels nicht (mehr) belegt ist. wie das verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, begründen zweifel an der wirksamkeit oder eine unzureichende wirksamkeitsbegründung nicht automatisch die annahme eines ungünstigen nutzen-risiko-verhältnisses und rechtfertigen daher für sich genommen nicht die aufhebung der zulassung, die nur auf die feststehende fehlende wirksamkeit gestützt werden kann (vgl. § 30 abs. 1 satz 2 nr. 1 amg). 61vgl. dazu krüger, in: kügel/müller/hoffmann, arzneimittelgesetz, 2012, § 30, rn. 15. 62nach aktuellem erkenntnisstand bestehende zweifel an der wirksamkeit eines arzneimittels sind für die im rahmen des § 30 abs. 1 satz 1 halbsatz 2, § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg zu treffende prognoseentscheidung gleichwohl von bedeutung. denn unter der voraussetzung, dass die insoweit darlegungs- und materiell beweispflichtige behörde sie konkret begründet hat, bilden sie einen abwägungsbelang, der auf dritter stufe bei der abwägung des festgestellten nutzens und der risiken eines arzneimittels zu berücksichtigen ist. 63vgl. ovg nrw, urteil vom 29. januar 2014 - 13 a 2730/12 -, juris, rn. 43. 64hierbei sind gesichtspunkte wie indikation, schwere des zu behandelnden defekts, behandlungsnotwendigkeit, chancen eines behandlungserfolges sowie eventuelle behandlungsalternativen gegen solche wie schweregrad und häufigkeit der unerwünschten nebenwirkung, die rückbildungswahrscheinlichkeit (reversibilität), mutmaßliche gegenmaßnahmen und suchtpotential im sinne einer vertretbarkeitsentscheidung gegeneinander abzuwägen. 65vgl. zu den abwägungskriterien: kloesel/cyran, arzneimittelrecht, kommentar, stand 2012, § 25 rn. 77; kügel, in: kügel/müller/hoffmann, arzneimittelgesetz, § 25, rn. 56. 66voraussetzung für den widerruf ist, dass die mit dem verdacht schädlicher wirkungen verbundenen risiken gegenüber dem therapeutischen nutzen des arzneimittels überwiegen. 67vgl. bverwg, urteil vom 26. april 2007 - 3 c 36.06 -, pharma recht 2007, 423 = nvwz-rr 2007, 774. 68die materielle beweislast für das vorliegen sämtlicher tatbestandlichen voraussetzungen des den widerruf der zulassung auslösenden versagungsgrundes trägt die beklagte, 69vgl. bverwg, urteil vom 14. oktober 1993 - 3 c 46.91 -, juris, rn. 31; kügel, in: kügel/müller/hoffmann, arzneimittelgesetz, 2012, § 25, rn. 58, 70mit der folge, dass insoweit verbleibende zweifel zu ihren lasten gehen und sie das risiko der unaufklärbarkeit des sachverhalts trägt. 71hiervon ausgehend gilt für die bewertung des nutzen-risiko-verhältnisses des hier streitgegenständlichen arzneimittels folgendes: 72(1) kernkriterium für die bewertung des nutzens eines arzneimittels ist seine therapeutische wirksamkeit. diese ist für das präparat b. forte mit einer tagesdosierung von 150 bis 200 mg kava-pyrone (2-4 mal täglich ein dragee a 50 mg kavapyrone) zu bejahen. mit dieser dosierung gilt b. forte, für das bislang keine nachzulassung erteilt worden ist, als zugelassen. für das arzneimittel hat die klägerin im märz 2011 eine dosierungsänderung angezeigt, die mangels bestehender genehmigungspflicht zu einer entsprechenden modifizierung der fiktiven zulassung geführt hat (vgl. § 105 abs. 3a satz 1 amg). unschädlich ist insoweit, dass die änderungsanzeige erst im laufenden widerspruchsverfahren gestellt worden ist. denn der sofortige vollzug des widerrufs berührt die wirksamkeit der zulassung nicht. 73die wirksamkeit des streitgegenständlichen präparats wird weder durch das erstinstanzliche vorbringen der beklagten noch durch ihr vorbringen im berufungsverfahren durchgreifend in zweifel gezogen. 74mit ihrer monographie „piperis methystici rhizoma“ („kava-kava-wurzelstock“) vom 1. juni 1990 hat die kommission e die anxiolytische, also angstlösende wirkung des wirkstoffs für die anwendungsgebiete „nervöse angst-, spannungs- und unruhezustände“ unter angabe einer tagesdosis von droge und zubereitung entsprechend 60-120 mg kava-pyrone festgestellt. in weitgehender übereinstimmung damit steht die aussage der entsprechenden im jahr 2003 veröffentlichten monographie der european scientific cooperative on phytotherapy (escop), des europäischen dachverbandes der nationalen gesellschaften für phytotherapie. darin ist als anwendungsgebiet „anxiety, tension and restlessness arising from various causes of non psychotic origin“ mit einer tagesdosierung von 60-120 mg kavalactonen angegeben. 75vgl. escop monographs, 2003, the scientific foundation for herbal medicinal products, s. 365 ff. 76nach ständiger rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts kommt den von den unterschiedlichen kommissionen aufgestellten kriterien und empfehlungen die qualität antizipierter sachverständigengutachten zu. 77vgl. bverwg, urteile vom 19. november 2009 - 3 c 10.09 -, juris, rn. 25, und vom 16. oktober 2008 - 3 c 24.07 -, juris, rn 20. 78sie geben den jeweiligen wissenschaftlichen erkenntnisstand wieder und sind einer neubewertung zugänglich. stellungnahmen der kommissionen sind anderes wissenschaftliches erkenntnismaterial im sinne des § 22 abs. 3 amg. die zulassungsbehörde ist nicht an die in der monographie getroffene aussage gebunden. 79kügel, in: kügel/müller/hoffmann, arzneimittelgesetz, 2012, § 25, rn. 177. 80da sachverständige feststellungen bei besserer erkenntnis ersetzt werden können (und müssen), darf die kommission von früheren feststellungen in aufbereitungsmonographien abweichen. 81vgl. bverwg, urteil vom 19. november 2009 - 3 c 10.09 -, juris, rn. 27. 82handelt es sich dabei um allgemeine aussagen, sind diese als sachverständige äußerung zu bewerten. 83vgl. dazu kügel, in: kügel/müller/hoffmann, arzneimittelgesetz, 2012, § 25, rn. 178. 84die kommission e verfügt über besondere sach- und fachkunde. hieraus und nicht zuletzt deswegen, weil es sich dabei um ein neutrales sachverständigengremium handelt, folgt die besondere bedeutung ihrer stellungnahmen. die mitglieder der kommission e sind sachverständige mit besonderen kenntnissen der wissenschaftlichen und/oder praktischen phytotherapie. die kommission ist interdisziplinär mit experten für toxikologie, experimentelle pharmakologie, biometrie, pharmazeutische biologie sowie ärzten und heilpraktikern, die phytopharmaka praktisch einsetzen, zusammengesetzt. diese werden alle drei jahre von verbänden der fachrichtung vorgeschlagen und vom bundesgesundheitsministerium benannt. 85vergleichbares gilt bezogen auf die monographien der escop. wenngleich sie keinen gesetzlichen standard definieren, dienen sie dazu, die beste verfügbare wissenschaftliche evidenz auf der basis der aktuellen literatur zusammenzustellen. 86vgl. pharmazeutische zeitung online „monographien als richtschnur“ 13/2014, abrufbar unter: http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=51461. 87die beklagte hat die monographie der kommission e aus 1990 im zulassungsverfahren als wirksamkeitsbeleg zugrunde gelegt, ohne weitere erkenntnisse zu fordern oder beizuziehen. angesichts dessen sieht der senat keine veranlassung, die wirksamkeit des arzneimittels bezogen auf diesen zeitpunkt anzuzweifeln, zumal die beklagte in dem angegriffenen bescheid selbst konstatiert, dass das votum der kommission e dem erkenntnisstand der frühen 1990er jahre entsprochen habe. 88demgegenüber fehlen vortrag und anhalt dafür, dass dieser erkenntnisstand durch neuere erkenntnisse, die ernsthafte zweifel an der wirksamkeit kava-kava-haltiger arzneimittel begründen, überholt ist. im gegenteil: die kommission e hat sich aufgrund der einleitung des stufenplanverfahrens und nach näherer befassung mit der angelegenheit veranlasst gesehen, in einer anfang des jahres 2002 verfassten öffentlichen erklärung mitzuteilen, dass ihre mitglieder nach wie vor von den vorgelegten wissenschaftlichen daten zur wirksamkeit von kava-kava überzeugt seien. das impliziert, dass zum damaligen zeitpunkt aus expertensicht keine abweichenden neuen erkenntnisse vorlagen. nichts spricht dafür, dass die kommission e zwischenzeitlich angesichts aktuellerer forschungsergebnisse von diesem standpunkt abgerückt ist. insbesondere hat sie bis heute keine anderslautende stellungnahme abgegeben. entsprechendes gilt für die escop. die für „piperis methystici rhizoma“ erstellte monographie gehörte zu den ersten 80 monographien, die die escop im jahr 2003 veröffentlicht hat. 89vgl. escop monographs, 2003, the scientific foundation for herbal medicinal products, s. 365 ff. 90obgleich die escop ihre monographien regelmäßig überarbeitet und aktualisiert, hat diejenige für „piperis methystici rhizoma“ bislang keine änderung erfahren. 91hinzu kommt, dass die who in ihrem bericht aus dem jahr 2007 (coulter et al., „assessment of the risk of hepatotoxicity with kava products“) offensichtlich ebenfalls von der wirksamkeit von kava-kava ausgeht. dort heißt es, 16 gut kontrollierte doppelblindstudien hätten die angstlösende wirkung von kava-kava gezeigt (vgl. tabelle 3, s. 6, 11). diese bewertung entspricht der mit dem ziel der untersuchung kava-kava-haltiger arzneimittel durchgeführten metaanalyse einer reihe randomisierter placebokontrollierter doppelblindstudien von pittler und ernst (zuletzt, „kava extract versus placebo for treating anxiety“, 2003). diese hat zur wirksamkeit der behandlung von angststörungen, gemessen an den kriterien der hamilton anxiety scale (hama) die überlegenheit kava-kava-haltiger arzneimittel gegenüber placebopräparaten ergeben. eventuelle mängel der analysierten einzelstudien vermögen die indizwirkung des ergebnisses der metaanalyse im zusammenhang mit dem weiteren erkenntnismaterial nicht zu entkräften. 92letztlich konzediert die beklagte selbst eine - wenngleich dosisabhängige - wirksamkeit, wenn es in dem angefochtenen bescheid heißt, bei dosierungen oberhalb von 120 mg kava-pyrone pro tag bestehe ein gewisser anhalt für eine wirksamkeit in den beanspruchten indikationen. angesichts dessen sind wirksamkeitszweifel auch nicht etwa deswegen angezeigt, weil die dosierung des streitgegenständlichen präparats - worauf noch einzugehen sein wird - über die monographieempfehlung hinaus geht, zumal das übrige in das verfahren eingeführte erkenntnismaterial hierfür ebenfalls keinen anknüpfungspunkt bietet. hinzu kommt, dass aus dem angefochtenen bescheid hervorgeht, dass die wirksamkeitszweifel des bfarm nicht auf tatsächliche anhaltspunkte gestützt sind, wenn es darin heißt, aus den ausführungen zur wirksamkeit ergäben sich keine neuen erkenntnisse gegenüber dem früheren kenntnisstand (widerspruchsbescheid vom 15. februar 2012, s. 6). 93angesichts dieser erkenntnissituation vermag der umstand, dass das vorliegende studienmaterial heute nicht in jeder hinsicht den speziell für angsterkrankungen entwickelten anforderungen der guidelines der european medicines agency (ema) entspricht, keine nachhaltigen zweifel am nutzen des präparats zu wecken. das gilt bereits bei einer monographiekonformen dosierung. da die kommission e eine dosierung oberhalb von 120 mg kava-pyrone nicht vorgegeben hat, kommt es hinsichtlich der frage der wirksamkeit auf die unterschiedlichen auffassungen der beteiligten hinsichtlich der jeweils zugrunde liegenden berechnungsgrundlagen nicht entscheidungserheblich an. 94soweit die beklagte die auffassung vertritt, aus der nicht zureichend belegten wirksamkeit resultierten automatisch wirksamkeitszweifel, ist dieser rückschluss ohne das hinzutreten tatsächlicher anhaltspunkte für solche zweifel nicht gerechtfertigt. denn in der konsequenz würde dies in einer nicht überschaubaren anzahl von fällen dazu führen, dass während der geltungsdauer einer zulassung die wirksamkeit eines arzneimittels fortlaufend neu zu belegen wäre. überdies geht der senat mit dem verwaltungsgericht davon aus, dass bei der forderung nach einer guidelinekonformen studie die absicht im vordergrund steht, daten für die weitere nutzen-risiko-abwägung zu generieren. zumindest bietet dies einen erklärungsansatz dafür, warum das bfarm im stufenplanbescheid auf die cpmp-guidelinie zur klinischen prüfung von arzneimitteln zur behandlung von angststörungen in der fassung aus den jahren 1993/94 verwiesen hat, obgleich es - dem unwidersprochenen vortrag der klägerin zufolge - zugleich bis in das jahr 2001 neuzulassungen für kava-kava-haltige arzneimittel erteilt hat, ohne die vorlage entsprechender studien verlangt zu haben. 95die weiteren einwände der beklagten im berufungsverfahren rechtfertigen keine andere bewertung: ihr hinweis darauf, dass die kommission e im zuge der 96ausarbeitung der monographie angesichts der geringen bedeutung von kava-kava als droge oder drogenzubereitung zunächst beabsichtigte, eine negativmonographie zu erstellen, ist unerheblich. denn abgesehen davon, dass die geringe bedeutung eines wirkstoffs nichts über seine wirksamkeit aussagt, hat die kommission e diese einschätzung - was entscheidend ist - letztlich revidiert und eine positivmonographie erstellt. darin hat sie folgende überlegungen zur wirksamkeit von kava-kava angestellt: 97 „aufgrund der wirkungen der isolierten inhaltsstoffe ist eine 98 schwache, zentral relaxierende wirkung ähnlich wie bei 99benzodiazepinen anzunehmen. durch kava-kava-extrakt zeigt sich im quantitativen eeg eine für das anxiolytische pharmako-eeg-profil von benzodiazepinen typische steigerung der ß-aktivität bei gleichzeitiger abnahme der alpha-aktivität (johnson 1989). neuere studien weisen eine wirksamkeit von kava-kava-extrakt bei ,angst, spannungs- und unruhezuständen‘ nach (warnecke 1989, bhate 1989).“ 100soweit die beklagte sinngemäß beanstandet, dieser monographie liege letztlich nur eine plausibilitätsprüfung zugrunde, ist dem entgegenzuhalten, dass die kommission e in ihrer stellungnahme aus dem jahr 2002 ausdrücklich erklärt hat, „von den vorgelegten wissenschaftlichen daten zur wirksamkeit von kava-kava überzeugt zu sein“. abgesehen davon sind die überlegungen der beklagten zu § 39c amg bereits deswegen nicht tragfähig, weil es sich bei kava-kava-präparaten um arzneimittel handelt, die der verschreibungspflicht unterliegen, und eine registrierung als traditionelles pflanzliches arzneimittel deswegen ausscheidet (§ 39c abs. 2 nr. 2 amg). 101ebenso wenig stützt die stellungnahme des comittee on herbal medicine products (hmpc) der ema vom 6. mai 2014 die position der beklagten. zwar prognostiziert das hmpc darin, dass u.a. für den wirkstoff „piperis methystici rhizoma“ angesichts des ungünstigen nutzen-risiko-verhältnisses voraussichtlich keine monographie erteilt werden wird. hierbei handelt es sich - was sprachlich durch die formulierung „es ist nicht wahrscheinlich, auf ein positives nutzen-risiko-verhältnis zu schließen“ zum ausdruck gebracht wird - nicht um eine sichere voraussage, sondern um eine vorabeinschätzung. da dieser - wie sich aus dem bericht ergibt - aber gerade keine detaillierte prüfung zugrunde liegt, kommt ihr kein entscheidendes gewicht zu. eine isolierte aussage über die wirksamkeit kava-kava-haltiger arzneimittel lässt sich auf der grundlage dieser aussage ohnehin nicht treffen. hinzu kommt, dass sich der bericht auf wirkstoffe bezieht, die als grundlage einer späteren registrierung (§ 39 amg) eine monographie als traditionelle pflanzliche arzneimittel erhalten sollen, bei denen sich die bewertung des nutzen-risiko-verhältnisses nach anderen maßstäben richtet als bei dem verfahrensgegenständlichen verschreibungspflichtigen präparat. 102ist danach von der therapeutischen wirksamkeit des streitgegenständlichen kava-kava-präparats auszugehen, sprechen für seinen nutzen weiterhin die art und schwere der in rede stehenden erkrankung sowie deren behandlungsnotwendigkeit. jedenfalls soweit das monographierte anwendungsgebiet auf die behandlung von angststörungen abzielt, handelt es sich nicht um eine bagatelldiagnose, sondern um eine ernsthafte, weitverbreitete psychische erkrankung. bei dieser stehen symptome der angst in gestalt einer anhaltenden angstreaktion, mangelnder kontrolle der angst, eventueller körperlicher reaktionen einschließlich katastrophisierender fehlinterpretationen und beeinträchtigung in wichtigen funktionen des berufs-, alltags- und familienlebens im vordergrund. 103vgl. pschyrembel, klinisches wörterbuch, 263. auflage 2012, „angststörung“. 104angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen erkrankungen. ihre verbreitung nimmt zu. je nach schweregrad können sie mit erheblichen psychosozialen, somatischen und ökonomischen folgen einhergehen. dazu zählen arbeitsunfähigkeit, ein erhöhtes risiko für sekundäre komorbide erkrankungen - beispielsweise suchterkrankungen -, eine erhöhte suizidrate sowie eine übermäßige inanspruchnahme medizinischer leistungen. 105vgl. deutsches ärzteblatt, „angststörungen/panikattacken: angst aus heiterem himmel“, dezember 2005, 557. 106bereits bei mittlerem leidensdruck des patienten, psychosozialen einschränkungen sowie komplikationen der angsterkrankung ist eine behandlung in gestalt von psycho- oder pharmakotherapie oder einer kombination aus beidem indiziert. 107vgl. deutsches ärzteblatt, „diagnostik und therapieempfehlungen bei angststörungen“, juli 2014, 475 ff. 108unter diesen gesichtspunkten erschließt sich der besondere nutzen einer wirksamen anxiolytischen medikation. bezogen auf kava-kava-haltige-präparate ist insoweit zu berücksichtigen, dass deren anwendung nur für leichte und mittelschwere formen von angststörungen indiziert ist, die damit nach einschätzung von experten üblicherweise innerhalb eines monats gut therapiert werden können. für schwere angststörungen wird von einer kontraindikation ausgegangen. 109vgl. teschke, deutsches ärzteblatt, „hepatoxizität durch kava-kava: risikofaktoren und prävention“, 2002, 99. 110(2) in übereinstimmung mit dem verwaltungsgericht geht der senat davon aus, dass dem vorstehend beschriebenen nutzen des verfahrensgegenständlichen arzneimittels anwendungsrisiken in form hepatotoxischer ereignisse gegenüberstehen, also ein begründeter verdacht für derartige nebenwirkungen besteht. angesichts dessen ist der sinngemäße einwand der beklagten, das verwaltungsgericht habe bei seiner bewertung die anforderungen, die an die annahme eines begründeten nebenwirkungsverdachts zu stellen sind, überspannt, nicht nachvollziehbar. 111die von der who in ihrem bericht aus dem jahr 2007 dokumentierten fälle sind als beleg für die möglichkeit hepatotoxischer wirkungen des hier in rede stehenden kava-kava-präparats zu werten. entsprechendes gilt für die dem bfarm vorliegenden fallberichte zu leberreaktionen. zwar wird dies durch den bericht der mhra aus dem jahr 2006 („report of the committee on safety of medicines export working group") gestützt. allerdings ist der senat übereinstimmend mit dem verwaltungsgericht der auffassung, dass der darin enthaltenen risikobeurteilung, die - unter einschluss des vom bfarm übermittelten fallmaterials aus deutschland - nicht die begutachtung von kava-kava als anxiolytikum, sondern bei oberbauch- und blasenbeschwerden zum gegenstand hatte, keine besondere bedeutung beizumessen ist. 112der bericht der who enthält eine auswertung von 93 fallberichten - darunter einige der vom bfarm dokumentierten fälle aus deutschland - über hypothetisch mit der einnahme von kava-kava-extrakten im zusammenhang stehende leberschädigungen. in vierzehn fällen erfolgte eine lebertransplantation. sieben fälle endeten tödlich. die who-expertengruppe bewertete die kausalität zwischen hepatotoxischer schädigung und der einnahme von kava-kava-präparaten in keinem fall als sicher, in acht fällen als wahrscheinlich, in 54 fällen als möglich und in 28 fällen als nicht bewertbar. 113die beklagte verweist auf 41 fälle in deutschland aufgetretener lebertoxischer reaktionen. hiervon seien 20 hinreichend gut dokumentiert, um eine fundierte kausalitätsbewertung vornehmen zu können. in sieben dieser fälle sei eine lebertransplantation erforderlich gewesen. insgesamt seien drei patienten verstorben. in zwei fällen sei die lebertoxische reaktion nach absetzen des kava-kava-präparats zurückgegangen und bei reexposition erneut aufgetreten. bei zwölf spontan gemeldeten fällen und einem in einer publikation dargestellten fall sei der kausalzusammenhang wahrscheinlich. diese bewertung beruhe auf dem deutlichen zeitlichen zusammenhang zwischen dem beginn der kava-kava-medikation und dem auftreten der symptome bzw. pathologischen veränderungen einerseits und dem zurückgehen der lebererkrankung nach absetzen der kava-kava-medikation und/oder des fehlens lebertoxischer faktoren wie einer entsprechenden komedikation andererseits. in einigen dieser fälle sei die synergistische beteiligung eines anderen arzneimittels jedoch möglich. 114diese auswertungsergebnisse reichen für die annahme eines begründeten verdachts leberschädigender wirkungen aus, weil insoweit geringe kausalitätsanforderungen gelten. für die nutzen-risiko-abwägung ist aber der verdacht graduell und qualitativ näher zu bestimmen. 115allerdings bietet die gegenwärtige studienlage hierfür keine tragfähigen anknüpfungspunkte. bei gesamtbetrachtung ist sie uneinheitlich und deswegen nicht ergiebig. herkömmliche klinische studien sind - darüber sind sich die beteiligten einig - aufgrund der zu geringen population nicht geeignet, tragfähige erkenntnisse über das lebertoxische risiko zu gewinnen. toxizitätsstudien haben weder potentiell toxische bestandteile von kava-kava noch einen lebertoxischen mechanismus aufzeigen können. die ergebnisse der ntp-studie, auf die die beklagte verweist, mögen zwar einen toxizitätsbeleg begründen. das gilt aber nur für die darin einbezogenen präparate mit einem co²-extrakt. für eine übertragbarkeit der gefundenen ergebnisse auf die hier streitgegenständlichen präparate mit ethanolischen auszügen hat die beklagte keine überzeugenden gesichtspunkte benannt. abgesehen davon gibt der nachweis toxischer effekte eines bestimmten präparats als solcher - was auch die beklagte anerkennt - weder aufschluss über die potentiell toxischen einzelstoffe noch über den mechanismus einer lebertoxischen wirkweise, sondern untermauert lediglich das, wovon bereits auf der grundlage der fallberichte auszugehen ist. auch das restliche vorliegende studienmaterial bietet hierzu keine belastbaren und konsistenten erkenntnisse. anders als die beklagte meint, geht dieser umstand zu ihren lasten. denn sie trägt das risiko der unerweislichkeit der umstände, die ein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis begründen. 116demgegenüber erlauben die folgenden relativierenden faktoren eine nähere eingrenzung der bestehenden verdachtsmomente für eine hepatotoxische wirkung von kava-kava-haltigen arzneimitteln. wenngleich sie den geweckten verdacht nicht auszuräumen vermögen, schwächen sie ihn ab. 117von bedeutung ist insoweit zunächst, dass die auswertungsergebnisse der who und des bfarm nicht für eine hohe, sondern im gegenteil für eine schwache inzidenzrate sprechen. zwar lässt sich diese auf der grundlage des vorliegenden erkenntnismaterials nicht genau bestimmen. andererseits gibt es aber bereits im ausgangspunkt keine tragfähigen belege dafür, dass hepatotoxische ereignisse im zusammenhang mit der anwendung von kava-kava-präparaten gehäuft auftreten, also eine hohe inzidenzrate besteht. umgekehrt sprechen deutschlandweit 20 und nach der datenlage des who-berichts weltweit 62 fälle, in denen eine derartige relation festgestellt werden konnte, bei einem anwendungsvolumen von - dem unwidersprochenen vortrag der klägerin zufolge - 250 millionen tagesdosen bezogen auf einen zehnjahreszeitraum für eine sehr geringe lnzidenzrate. das gilt auch unter berücksichtigung der mit dem zugrundeliegenden spontanerfassungssystem verbundenen abbildungsdefizite, zumal wenn man berücksichtigt, dass ein großteil dieser meldungen in zeitlichem zusammenhang mit dem stufenplanverfahren und der öffentlich geführten debatte um die potentielle toxizität kava-kava-haltiger arzneimittel steht. dem entspricht die einschätzung der expertengruppe der who in ihrem bericht aus dem jahr 2007, in dem es heißt, die genaue inzidenzrate von nebenwirkungen, die mit der einnahme von kava-kava in zusammenhang stünden, sei nicht bekannt, scheine aber ziemlich niedrig zu sein (vgl. who-bericht, s. 60). 118unabhängig von diesem quantitativen gesichtspunkt ist die aussagekraft der fälle, in denen ein kausalzusammenhang als wahrscheinlich oder möglich angesehen worden ist, unter qualitativen aspekten begrenzt. 119bezogen auf den bericht der who ergibt sich dies aus folgendem: nach dessen ergebnis konnte nur in knapp zwei dritteln der untersuchten fälle (62 von 93) überhaupt eine relation zwischen hepatotoxischen wirkungen und der einnahme von kava-kava-haltigen arzneimitteln hergestellt werden. in keinem dieser fälle wurde ein sicherer kausalzusammenhang festgestellt. in 54 fällen - darunter in allen sieben todesfällen und in zehn fällen mit lebertransplantation - wurde der kausalzusammenhang als „möglich“ und in acht fällen als „wahrscheinlich“ eingestuft. dass sich unter den zuletzt genannten fällen nicht solche mit tödlichem ausgang oder lebertransplantation finden, beruht nicht lediglich auf der definition der kausalitätskriterien der who für einen wahrscheinlichen kausalzusammenhang. denn für elf der insgesamt 14 patienten mit lebertransplantation ist eine begleitmedikation dokumentiert, die ebenfalls auslöser der aufgetretenen leberreaktionen gewesen sein könnte (vgl. who-bericht, tabelle 11a und 11 b, s. 46). das gilt gleichermaßen für sämtliche fälle mit tödlichem ausgang (vgl. who-bericht, tabelle 12, s. 48). es erscheint deswegen durchaus nicht fernliegend, die schwache lnzidenz schwerer nebenwirkungen bei alleiniger gabe kava-kava-haltiger präparate als ein diesen wirkstoff entlastendes lndiz zu werten. 120hierzu passt die einschätzung der expertengruppe der who, wonach ein direkter kausalzusammenhang zwischen der einnahme kava-kava-haltiger arzneimittel in der mehrzahl der untersuchten fälle schwierig nachzuweisen ist und die verfügbaren fallberichte insoweit keinen beweis für ein ursache-wirkungs-verhältnis liefern (vgl. who-bericht, s. 17). als ergebnis enthält der bericht mit blick darauf die - relativierende - feststellung, dass kavalactone durch die wechselwirkungen von kava-kava und anderen arzneimitteln, exzessiven alkoholkonsum, metabolisch oder immunologisch bedingte idiosynkrasie oder aufgrund einer vorbestehenden lebererkrankung in jeder art von präparat selten hepatische nebenwirkungen hervorrufen können (vgl. who-bericht, s.63). damit sind zugleich besondere risikofaktoren angesprochen, die die who auch an anderer stelle ihres berichts noch gesondert aufführt (vgl. who-bericht, s.61). das impliziert, dass hepatotoxische ereignisse, was im übrigen wissenschaftlich anerkannt sein dürfte, 121vgl. etwa russmann/kullak-ublick, beurteilung und meldung medikamentöser leberschäden, swissmedic, jubiläumsausgabe dezember 2012, 11/26, 122multifaktorielle ereignisse sind und sich dies erschwerend auf die möglichkeit der zuordnung ihrer ursachen auswirkt. 123zudem sind die auswertungsergebnisse der who auch deswegen nur bedingt aussagekräftig, weil sie sich auf sämtliche arten kava-kava-haltiger arzneimittel beziehen. aus dem in das verfahren eingeführten wissenschaftlichen erkenntnismaterial geht hervor, dass weder die potentiell toxischen einzelstoffe noch der mechanismus einer lebertoxischen wirkung von kava-kava bekannt sind. vermutet wird, dass neben anwendungsdauer und dosierung auch extrakt und kultivar insoweit eine rolle spielen könnten. hierzu hat die klägerin plausible und von dem experten dr. n. t. in mehreren stellungnahmen untermauerte überlegungen angestellt, denen die beklagte in der sache nicht substantiiert entgegengetreten ist. der bericht der who enthält keine differenzierte auswertung nach extrakt und kultivar. vielmehr bezieht sich die auswertung und dementsprechend auch die getroffene risikoaussage auf sämtliche arten kava-kava-haltiger präparate. demgegenüber handelt es sich bei dem verfahrensgegenständlichen präparat unbestritten um eines mit einem ethanolischen auszug. da aber risikoaussagen zu einer auszugsart nicht ohne weiteres auf eine andere übertragen werden können, 124vgl. ovg nrw, beschluss vom 26. november 2010 - 13 a 2807/09 -, juris, rn. 10, 125sind die ergebnisse in dem bericht der who für das vorliegende verfahren nur eingeschränkt aussagekräftig. 126auch die von der beklagten selbst auf der grundlage des fallmaterials des bfarm vorgenommene risikobeurteilung ist unter verschiedenen gesichtspunkten zweifelhaft. ihr vorbringen suggeriert eine „fundierte kausalitätsbewertung" in 20 von 41 fällen. hiervon seien 18 spontan gemeldet worden und in zwei fällen handele es sich um berichte aus der literatur. demgegenüber ist der kausalzusammenhang nur für 15 fälle nachvollziehbar dargelegt, wobei in „einigen“ - weder benannten noch bezifferten - dieser fälle die synergistische beteiligung eines anderen arzneimittels möglich gewesen sein soll. dieses vorbringen bezieht sich offensichtlich auf die in dem bescheid vom 12. mai 2005 detailliert aufgeführten 26 fallberichte und überschneidet sich damit. bei deren auswertung war das bfarm in 19 fällen von einem kausalzusammenhang im bereich „wahrscheinlich“ - hiervon in drei fällen als „wahrscheinlich bis gesichert“ - und in sechs fällen von einer „möglichen“ kausalität ausgegangen. einen fall hatte es für nicht auswertbar erachtet. der senat ist unter berücksichtigung des wechselseitigen vorbringens und der in das verfahren eingeführten erkenntnisse nicht zu der überzeugung gelangt, dass diese bewertung insgesamt zutrifft. denn sie steht tiefgreifend in widerspruch mit den bewertungen anderer institutionen, die jedenfalls nicht weniger plausibel hergeleitet und unabhängig voneinander durchgehend zu weniger besorgniserregenden ergebnissen gelangt sind. dies folgt aus der übersicht in der stellungnahme von dr. n. t. vom 6. februar 2012, in der dieser sich außerdem detailliert mit den einzelnen fallberichten und deren bewertung durch das bfarm auseinandergesetzt und diese durchgreifend in zweifel gezogen hat (vgl. dort s. 9 ff.). die beklagte ist den darin enthaltenen einwänden inhaltlich nicht substantiiert entgegen getreten. unabhängig davon erscheint die annahme eines „wahrscheinlichen“ kausalzusammenhangs schon aufgrund der in der mehrzahl der fälle jeweils dokumentierten begleitmedikation vielfach zweifelhaft. entgegen der auffassung der beklagten rechtfertigt auch der umstand, dass die festgestellten leberreaktionen in zwei fällen nach absetzen des kava-kava-präparats zurückgegangen und nach reexposition erneut aufgetreten sind, mangels ausreichender dokumentation der begleitmedikation jedenfalls nicht die bewertung eines „gesicherten“ kausalzusammenhangs (bfarm 01003950/01003951). 127weitere bedenken gegen die kausalitätsbewertung der beklagten ergeben sich auf der grundlage der publikation von teschke et al. („kava hepatotoxicity: a clinical survey and critical analysis of 26 suspected cases“, european journal of gastroenterology & hepatology 2008, vol. 20, s. 1182 ff.). nach den stimmigen und transparent hergeleiteten dortigen ausführungen, auf die bezug genommen wird, bestand lediglich in acht fällen ein kausalzusammenhang, wobei lediglich in einem dieser fälle eine monographiekonforme anwendung dokumentiert war. 128soweit die beklagte mit schriftsatz vom 26. januar 2015 die in dieser publikation getroffene feststellung des fehlens einer medikamentösen ursache in 13 fällen beanstandet, und, um dies zu wiederlegen, bezogen auf drei fälle auf den inhalt der hierzu gefertigten arztberichte verwiesen hat, führt dies zu keiner anderen bewertung. denn daraus geht jedenfalls nicht hervor, dass die beobachtete leberschädigung durch kava-kava und nicht durch die jeweils dokumentierte begleitmedikation verursacht worden ist. unter diesen umständen ergibt sich dies nicht bereits daraus, dass nach ärztlicher einschätzung von einer medikamentös induzierten leberschädigung auszugehen ist. 129relativierend ist zuletzt der ebenfalls vom verwaltungsgericht bereits angesprochene aspekt in den blick zu nehmen, dass das streitbefangene präparat auf eine kurzzeitbehandlung angelegt ist und eine begrenzung von anwendungsdauer und dosierung vorgesehen ist. auch hieraus folgt die nur begrenzte aussagekraft der auswertungen des bfarm und der who, in denen nicht nach diesen von der beklagten selbst als risikobeeinflussend eingestuften kriterien differenziert wird. da eine lange exposition einerseits und eine erhöhte dosierung andererseits mit einer risikoerhöhung assoziiert werden, liegt es auf der hand, dass die auswertung eines kollektivs von fällen, in denen diese differenzierung nicht getroffen wird, keine einheitliche risikoaussage erlaubt. die vielzahl der fälle, in denen leberschädigungen im zusammenhang mit einer überdosierung, einer überlangen anwendungsdauer oder einer potentiell lebertoxischen begleitmedikation aufgetreten sind, ist aber umgekehrt als beleg dafür zu werten, dass es sich hierbei um risikofaktoren handelt. dies wird auch von keinem der beteiligten in abrede gestellt. 130auf der basis aller in das verfahren eingeführter erkenntnisse geht der senat davon aus, dass toxische lebererkrankungen durch kava-kava-extrakte sehr selten sind, im einzelfall aber potenziell lebensbedrohend verlaufen können und durch eine vielzahl von risikofaktoren wie dosierung, anwendungsdauer, begleitmedikation, alkoholkonsum und lebervorschädigung beeinflusst werden. hinsichtlich dieser risikofaktoren stimmen die beteiligten überein, wenngleich ihre einschätzungen zu den risiken der verwendung unterschiedlicher auszüge und kultivare auseinandergehen. 131(3) hiervon ausgehend ist das nutzen-risiko-verhältnis des streitgegenständlichen arzneimittels derzeit ungünstig. dieser einschätzung liegt zugrunde, dass hinsichtlich kava-kava-haltiger arzneimittel zwar nicht generell, aber dann von einem ungünstigen nutzen-risiko-verhältnis ausgegangen werden muss, wenn nicht alle maßnahmen umgesetzt worden sind, um die damit einhergehenden risiken bestmöglich einzudämmen. letzteres ist hier der fall. 132der umstand, dass die zuvor erwähnten risikofaktoren im zusammenhang mit der hepatotoxizität von kava-kava bekannt sind, führt in der publikation von teschke et al. („kava hepatotoxicity: a clinical survey and critical analysis of 26 suspected cases“, european journal of gastroenterology & hepatology 2008, vol. 20, s. 1182 ff.) zu der überzeugenden schlussfolgerung, dass hepatotoxische ereignisse im zusammenhang mit kava-kava weitgehend vermeidbar sind. dies, die nur schwache inzidenzrate und der belegte nutzen kava-kava-haltiger arzneimittel stehen der generellen - also nicht präparatspezifischen, sondern rein wirkstoffbezogenen - annahme eines ungünstigen nutzen-risiko-verhältnisses entgegen. andererseits sind angesichts der schwere möglicher nebenwirkungen vermeidbare risiken nicht hinnehmbar. 133insoweit bilden die empfehlungen der kommission e in ihrer stellungnahme aus dem jahr 2002 nach auffassung des senats einen tauglichen und deshalb einzuhaltenden maßstab zur risikominimierung und führen bei beachtung im ergebnis zu einem günstigen nutzen-risiko-verhältnis. sie beruhen auf den unterlagen, die das bfarm der kommission e zur verfügung gestellt hat und sind auf der grundlage einer eingehenden befassung mit der kava-kava-thematik abgegeben worden (vgl. ruhensbescheid des bfarm vom 12. mai 2005, s. 52). 134die kommission e hat darin unter hinweis darauf, weiterhin von einem positiven nutzen-risiko-verhältnis auszugehen und die auffassung des bfarm bezüglich der risiken bei bestimmungsgemäßem gebrauch nicht zu teilen, folgende regularien zu deren eindämmung empfohlen: 135136ärztliche verschreibungspflicht für kava-kava-haltige arzneimittel 137klare indikationsstellung: leichte bis mittelschwere generalisierte angststörungen. depression ist keine indikation. 138maximale tagesdosis entsprechend 120 mg kava-pyrone. 139140packungsgröße bei 120 mg kava-pyrone maximal 30 einheiten 141übliche therapiedauer 1 monat, maximal 2 monate 142bestimmung der leberwerte (gpt und -gt vor beginn der behandlung und dann einmal wöchentlich) 143optional: bestimmung der leberwerte am ende der behandlung (wichtig für evtl. spätere erneute behandlung) 144vermeidung einer begleitenden medikation mit potentiell hepatotoxischen medikamenten, insbesondere auch betablockern, antidepressiva und migränemitteln. vorsicht bei alkohol. 145der senat sieht in ansehung des berufungsvorbringens keine veranlassung, diese sachverständige einschätzung in frage zu stellen. sie wird durch die aussage der who in ihrem bericht aus dem jahr 2007, wonach ein verkehrsverbot für kava-kava nach gegenwärtigem wissenschaftlichen erkenntnisstand nicht zu rechtfertigen ist (vgl. who bericht, s. 18), gestützt. auch teschke spricht sich in seiner veröffentlichung „hepatotoxizität durch kava-kava: risikofaktoren und prävention“ (deutsches ärzteblatt 2002, 99 (50)) für entsprechende maßnahmen aus. aktuellere wissenschaftliche erkenntnisse, die die empfehlungen der kommission e durchgreifend in zweifel ziehen, liegen nicht vor. 146diese sind auch geeignet, die bestehenden hepatotoxischen risiken - soweit sie vorhersehbar sind - weitgehend wirkungsvoll auszuschalten. 147besondere bedeutung kommt hierbei der unterstellung unter die verschreibungspflicht zu. hierdurch wird eine ärztliche indikationsstellung sichergestellt und einer unsachgemäßen selbstmedikation entgegengewirkt. der einwand der beklagten, eine verschreibungspflicht sei unzureichend, weil der hepatotoxische wirkmechanismus von kava-kava nicht hinreichend geklärt sei und der verordnende arzt nicht mit genügender sicherheit vorhersehen könne, welcher patient gefährdet sei, greift nicht durch. er eignet sich schon deswegen nicht als argument gegen die verschreibungspflicht, weil das arzneimittelgesetz in § 48 abs. 2 satz 1 nr. 1 i.v.m. § 48 abs. 1 satz 1 nr. 3 amg als eine fallgruppe verschreibungspflichtiger arzneimittel diejenigen vorsieht, die stoffe mit in der medizinischen wissenschaft nicht allgemein bekannten wirkungen oder zubereitungen solcher stoffe enthalten. abgesehen davon ist es einem arzt in bezug auf ein kava-kava-haltiges präparat anhand der bekannten risikofaktoren auch ungeachtet des genauen wirkmechanismus möglich, das risikoprofil eines patienten abzustecken. denn in einem ersten schritt können - nach anamnestischer abklärung - fälle mit relevanter begleitmedikation, erheblichem alkoholkonsum, lebererkrankung oder lebervorschädigung sowie nicht zutreffender indikation herausgefiltert werden. erfolgt nach abklärung dieser gesichtspunkte eine verschreibung, kann den von der krankenvorgeschichte unabhängigen risikofaktoren wirksam durch eine begrenzung von anwendungsdauer und dosierung entsprechend den vorgaben der fachinformationen entgegengewirkt werden. hinzuweisen ist darin außerdem auf die risiken bei erheblichem alkoholkonsum und einer begleitenden medikation mit potentiell hepatotoxischen medikamenten, wie betablockern, antidepressiva und migränemitteln. 148dabei sind die einhaltung der vorgesehen dosierung von 120 mg kava-pyrone und die begrenzung der anwendungsdauer entsprechend den aktualisierten erkenntnissen der kommission e auf einen, maximal zwei monate entscheidend. eine höhere dosierung ist einerseits deswegen nicht vertretbar, weil die wirksamkeit für eine dosierung von 60 mg-120 mg kava-pyrone belegt ist und deswegen keine rechtfertigung dafür besteht, potentiell mit einer höheren dosierung einhergehende zusatzrisiken einzugehen. abgesehen davon bestehen den genannten wissenschaftlichen erkenntnissen zufolge konkrete anhaltspunkte dafür, dass eine höhere dosierung das risiko für leberschädigende nebenwirkungen erhöht. entsprechendes gilt bezogen auf eine längere anwendungsdauer. 149flankierend zu den bereits erwähnten maßnahmen wirkt die von der kommission e vorgeschlagene begrenzung der packungsgröße auf maximal 30 einheiten bei 120 mg kava-pyronen. durch diese maßnahme wird der gefahr einer missbräuchlichen verwendung vorgebeugt und auf einen bestimmungsgemäßer gebrauch hingewirkt. dabei ist zu sehen, dass die missbrauchsgefahr jedenfalls bei indikationskonformer anwendung kava-kava-haltiger präparate nicht gleichermaßen hoch sein dürfte, wie bei arzneimitteln, die - wie z.b. benzodiazepine - abhängigkeiten auslösen. allerdings ist insoweit darauf hinzuweisen, dass diesem aspekt im rahmen der nutzen-risiko-abwägung, die sich an dem bestimmungsgemäßen gebrauch zu orientieren hat, keine eigenständige bedeutung zukommt. abweichungen der von der kommission e empfohlenen packungsgröße begründen daher ohne das hinzutreten weiterer abweichungen kein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis. 150die vorgesehene bestimmung der leberwerte vor beginn der behandlung und deren fortlaufende wöchentliche kontrolle ermöglicht eine zeitnahe reaktion auf festgestellte veränderungen und zielt darauf ab, irreversiblen schädigungen vorzubeugen. 151der senat verkennt nicht, dass mit den genannten maßnahmen nicht in jedem einzelfall ein risikoausschluss garantiert werden kann, geht aber davon aus, dass bedingt durch ihre zielrichtung, wirkweise und ihr ineinandergreifen die nach derzeitigem erkenntnisstand prognostizierbaren risiken in relation zum nutzen von kava-kava-präparaten auf ein vertretbares maß reduziert werden können. 152das wird daran deutlich, dass mit ausnahme eines falls in sämtlichen fällen, auf die das bfarm seine risikoeinschätzung stützt, zumindest einer der durch die vorgenannten maßnahmen begrenzbaren risikofaktoren vorlag. entweder es war eine begleitmedikation verordnet oder die anwendung dauerte länger als drei monate an oder es wurde eine überdosierung festgestellt. zumeist war sogar eine kombination aus mehreren dieser faktoren gegeben. 153vgl. die übersicht in table 1 bei teschke/schwarzenboeck/hennermann “kava hepatotoxcity: a clinical survey and critical analysis of 26 cases”, european journal of gastroenterology & hepatology 2008, vol. 20, s. 1182 ff. 154dieser einschätzung steht auch nicht das vermehrte auftreten idiosynkratischer, d.h. unvorhersehbarer leberreaktionen im zusammenhang mit der einnahme von kava-kava-präparaten entgegen. die auswertung der fallberichte des bfarm liefert hierfür keinen beleg. letztlich scheint die beklagte selbst - wenngleich sie diesen aspekt besonders hervorgehoben hat - nicht hiervon auszugehen, wenn sie diese fälle als „ausreißer“ bezeichnet und andererseits meint, ein „charakteristisches muster“ für die potentielle lebertoxizität von kava-kava-präparaten ausmachen zu können. abgesehen davon ist die möglichkeit einer idiosynkratischen leberschädigung deswegen kein durchgreifendes argument für ein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis des hier in rede stehenden kava-kava-präparats, weil es sich dabei um ein generelles problem im hinblick auf die lebertoxizität von medikamenten handelt. der mechanismus der idiosynkrasie, also einer angeborenen oder erworbenen überempfindlichkeit schon beim ersten kontakt gegen bestimmte, von außen zugeführte stoffe, die nicht durch eine reaktion des immunsystems hervorgerufen wird, sondern durch fehlfunktion/nichtfunktion defekter oder fehlen intakter enzyme, 155vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/idiosynkrasie, 156beschränkt sich nicht auf kava-kava-haltige arzneimittel. 157ungefähr 1000 arzneistoffe gelten als lebertoxisch. hierzu gehören beispielsweise paracetamol, diclofenac und penicillin. 158vgl. schlatter, entgiftung zum gift, nebenwirkung leberschaden, pharmazeutische zeitung ausgabe 35/2009. 159obgleich bei all diesen arzneistoffen unvorhersehbare, also idiosynkratische, leberreaktionen möglich sind, befindet sich eine vielzahl von präparaten, die diese wirkstoffe enthalten, auf dem markt. 160an der getroffenen bewertung ändern auch bestehende behandlungsalternativen nichts, insbesondere fällt die nutzen-risiko-abwägung mit blick darauf nicht generell zu ungunsten des streitbefangenen präparats aus. abwägungsrelevant könnte dieser aspekt sein, wenn deren ersetzbarkeit durch andere arzneimittel mit günstigerem nebenwirkungsprofil gewährleistet wäre. das ist aber nicht der fall. denn soweit die beklagte bezug auf den inhalt der s3-leitlinie zur behandlung von angststörungen nimmt und auf selektive serotonin-wiederaufnahmehemmer (ssri), selektive serotonin-noradrenalin-wiederaufnahmehemmer (snri) und pregabalin als mittel der ersten wahl sowie auf trizyklische antidepressiva (tza), buspiron, benzodiazepine, hydroxin und opipramol als mittel der zweiten wahl verweist, sind diese voraussetzungen nicht erfüllt. es erscheint schon zweifelhaft, ob es sich dabei überhaupt um einen geeigneten ersatz für kava-kava-präparate handelt. das gilt ungeachtet der fehlenden vollständigen übereinstimmung der anwendungsgebiete insbesondere deswegen, weil jene arzneimittel im gegensatz zu den auf eine kurzzeitbehandlung mit raschem wirkeintritt gerichteten kava-kava-präparaten größtenteils eine längere wirklatenz von bis zu sechs wochen haben. überdies kann für keines der von der beklagten empfohlenen synthetischen alternativarzneimittel ein günstigeres nebenwirkungsprofil festgestellt werden. das ergibt sich daraus, dass das spektrum möglicher nebenwirkungen weitgehend breiter gefächert ist als beim verfahrensgegenständlichen kava-kava-präparat, zum teil auch schwere nebenwirkungen umfasst und vielfach absetzphänomene, abhängigkeitsrisiken und sedierende effekte mit dem damit einhergehenden negativen einfluss auf die geistige leistungsfähigkeit beschrieben werden. wegen der einzelheiten dazu wird auf die tabellarische übersicht bei b. bandelow, r. boerner, s. kasper, m.linden, h.-u. wittchen und h.-j. möller „generalisierte angststörung: diagnostik und therapie“, deutsches ärzteblatt 2013, s. 303, und die zutreffenden ausführungen des verwaltungsgerichts bezug genommen. 161die von der beklagten angesprochenen traditionellen phytopharamka, namentlich baldrianwurzelzubereitungen und lavendelöl sind schon deswegen keine geeignete alternative, weil ihr anwendungsgebiet nicht deckungsgleich mit dem kava-kava-haltiger arzneimittel ist, sondern sich insoweit nur gewisse überschneidungen ergeben. 162gemessen an den vorstehenden überlegungen ist das nutzen-risiko-verhältnis des streitbefangenen arzneimittels ungünstig. denn unter zugrundelegung des inhalts der änderungsanzeigen und der vorstehenden ausführungen sind die bisher umgesetzten maßnahmen zur minimierung der bestehenden risiken nicht ausreichend. 163dies bezieht sich in erster linie auf die dosierung. es fehlt nach der änderungsanzeige vom märz 2011 an einer der monographie der kommission e bzw. deren empfehlungen aus dem jahr 2002 entsprechenden dosierung von 60-120 mg kava-pyrone (= kavalactone) auf. damit hat die klägerin die tagesdosis für b. forte von ein- bis zweimal täglich eine kapsel (a 50 mg kavalactone) auf zwei- bis viermal täglich eine kapsel entsprechend 100-200 mg kava-pyrone erhöht. diese dosierung ist - wenngleich die abweichung im vorliegenden fall vergleichsweise geringfügig ist - nicht monographiekonform. diese feststellung beruht auf folgendem: der senat ist aufgrund der plausiblen und durchgehend nachvollziehbaren sachverständigen erläuterungen von frau dr. h. und herrn dr. t. , denen die beklagte nichts durchgreifendes entgegen gesetzt hat, zu der überzeugung gelangt, dass sich die in der monographie der kommission e angegebene dosierungsspanne von 60-120 mg kava-pyrone auf die dc-methode und nicht - auch nicht teilweise - auf die hplc-methode bezieht. 164in der monographie selber ist keine aussage zu der zugrunde liegenden messmethode getroffen worden. das sich bei den unterlagen zur 165monographieerstellung befindliche gutachten von dr. k. m. aus dem jahr 1986 erlaubt entgegen der auffassung der beklagten nicht den rückschluss, dass sich die dosierungsangabe auf die hplc- methode bezieht. denn daraus geht lediglich hervor, dass zu diesem zeitpunkt bereits alle sechs kava-pyrone bekannt waren und es die hplc-methode gab. zum umfang ihres einsatzes und dazu, ob die für die erstellung der positivmonographie maßgebenden studien mit extrakten durchgeführt worden sind, deren kavalactongehalt mit dieser methode gemessen worden ist, ergibt sich daraus hingegen nichts. 166die klägerin hat in der mündlichen verhandlung auch nicht in abrede gestellt, 167dass es die hplc-methode zu diesem zeitpunkt bereits gab, sondern hat vielmehr bestätigt, dass sie bereits damals im universitären bereich anwendung gefunden hat. etwas anderes gelte indes für die industrie. dort habe man zur zeit der monographieerstellung nicht über die entsprechenden reinsubstanzen verfügt, um alle sechs kava-pyrone quantifizieren zu können. da die der monographieerstellung zugrundeliegenden studien mit industriepräparaten durchgeführt worden seien, beziehe sich die in der monographie angegebene dosierung demzufolge auf die dc-methode. dass die studien mit industriepräparaten durchgeführt worden sind, ist zwischen den beteiligten unstreitig. hierzu hat frau dr. h. - von der beklagten unwidersprochen - darauf hingewiesen, dass die firma finzelberg, bei der sie zum damaligen zeitpunkt angestellt war, damals allein mit der dc-methode gemessene kava-extrakte hergestellt und an pharmazeutische unternehmen geliefert und insoweit einen 95 prozentigen marktanteil gehalten habe. 168angesichts dessen konnte die beklagte auch lediglich auf die extrakte der firma t1. , die erst zu einem späteren zeitpunkt kundin der firma g. geworden war, verweisen. sie gehe davon aus, dass die firma t1. ab dem jahr 1990 extrakte hergestellt habe, die nach der hplc-methode bemessen worden seien und davon, dass mit deren präparaten die studien von warnecke, die für die erstellung der monographie maßgebend waren, durchgeführt worden seien. hierbei handelt es sich indes um eine durch die von herrn dr. t. angestellten ermittlungen widerlegte vermutung. denn daraus geht hervor, dass in der monographie nicht auf die erst später erstellten studien von warnecke zu dem präparat laitan, sondern lediglich auf zwei der komission e im zeitraum von april bis september 1989 vorgelegte studienberichte bezug genommen wird. das folge - so herr dr. t. - daraus, dass sich die untersuchungen von warnecke ausweislich der monographie auf ein mit 60 mg kava-pyrone dosiertes präparat und die erst nach erstellung der monographie veröffentlichten studien hingegen auf das sich erst seit dezember 1989 auf dem markt befindliche präparat laitan mit einer dosierung von 70-210 mg kava-pyrone bezogen hätten. diese unterschiedlichen dosierungen können einerseits als hinweis darauf gedeutet werden, dass im zeitraum zwischen den studienberichten und der veröffentlichung der studien eine umrechnung stattgefunden hat, für die aber nur dann ein erfordernis bestand, wenn das den studienberichten zugrundeliegende präparat mittels dc-methode gemessen war. als weitere denkbare erklärungsmöglichkeit kommt allein in betracht, dass sich studien und studienberichte auf unterschiedliche präparate bezogen haben. aber auch daraus ergibt sich kein anhalt dafür, dass das präparat, zu dem sich der studienbericht verhält, bereits nach der hplc-methode gemessen war. dagegen spricht, dass es sich dabei um ein - an der damals standardisierten dc-methode gemessen - erheblich aus dem rahmen fallendes, weil deutlich unterhalb der angenommen wirksamkeitsschwelle dosiertes präparat gehandelt hätte. hinzu kommt, dass die entgegengesetzte annahme der beklagten nicht auf validen erkenntnissen beruht, sondern auf einer mitteilung, die die firma t1. erst zu einem viel späteren zeitpunkt, nämlich im zulassungsverfahren gemacht hat. demgegenüber hat herr dr. t. anhand der studienberichte die dem präparat der firma t1. zugrundeliegende analytik selbst geprüft und hat dabei keinen hinweis darauf gefunden, dass dies nach der hplc-methode bemessen wurde. 169vor diesem hintergrund ist auch die weitere vermutung der beklagten, dass der in der monographie angegebene wert von 60 mg kava-pyrone auf der dc-methode beruhte und der wert von 120 mg auf der hplc-methode, fernliegend und durch nichts belegt. denn einerseits ginge damit einher, dass die für phytopharmaka charakteristische dosierungsspanne weitgehend entfiele. andererseits hält der senat es mit frau dr. h. für abwegig, dass in einer dosisempfehlung, die eine spannbreite angibt, zwei werte genannt werden, die auf unterschiedlichen mess- und analysemethoden beruhen. 170angesichts dessen ist der klägerin darin zu folgen, dass die deklarierung der dosierung an die heute standardisierte hplc-methode angepasst werden muss. der senat stimmt aber darin nicht mit der klägerin überein, dass dies im sinne einer verdoppelung zu erfolgen hat. der umstand, dass die bestimmung nach der dc-methode mit drei kava-pyronen erfolgt und die nach der hplc-methode mit sechs kava-pyronen, rechtfertigt dies nicht, weil der lactongehalt der unterschiedlichen pyrone variiert. das erfordert die bestimmung eines anderen umrechnungsfaktors. frau dr. h. hat 1,61 als korrelationsfaktor angegeben und dessen herleitung anhand einer gut nachvollziehbaren und stimmigen berechnungsübersicht erläutert. die beklagte ist dem nicht entgegen getreten. der senat hat auch unter berücksichtigung der übrigen in das verfahren eingeführten erkenntnisse keine zweifel, dass dieser korrelationsfaktor zutrifft. bei seiner anwendung ergibt sich, dass der in der monographie genannten dosierungsspanne von 60-120 mg kava-pyrone nach der dc-methode einer dosierungsspanne von 97-193 mg kava-pyrone nach der hplc-methode entspricht und das hier streitgegenständliche präparat deswegen – jedenfalls bei der dosierung von 4 mal täglich 1 dragee (= 200 mg kava-pyrone) –, wenn auch geringfügig, überdosiert ist. 171neben der dosierung entsprechen auch die dem senat vorliegenden gebrauchs- und fachinformation stand dezember 2001 nicht vollständig den empfehlungen der kommission e. das betrifft die angabe der wechselwirkungen mit anderen medikamenten (der hinweis auf die vermeidung einer begleitenden medikation mit potentiell hepatotoxischen medikamenten, insbesondere auch betablockern, antidepressiva und migränemitteln fehlt) und die darin vorgesehene bestimmung der leberwerte vor beginn der behandlung, sodann wöchentlich und optional nach abschluss der behandlung. 172(ii.) wenngleich die festgestellten abweichungen ein ungünstiges nutzen-risiko-verhältnis begründen, rechtfertigen sie nicht den widerruf der zulassung, weil eine änderung der zulassung auf der grundlage von § 30 abs. 2a satz 1 amg vorrangig ist. mit dieser in der fassung vom 19. dezember 2012 geltenden vorschrift, die als ausprägung des verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu interpretieren ist, besteht eine grundlage dafür, änderungen auf ebene der zulassung vorzunehmen. 173vgl. gesetzentwurf der bundesregierung vom 18. april 2012, bt-drs. 17/9341, s. 54. 174wie ausgeführt, ist das nutzen-risiko-verhältnis des hier streitgegenständlichen präparats - insbesondere wegen der zu hohen dosierung, aber auch im hinblick auf die übrigen abweichungen von den empfehlungen der kommission e in ihrer stellungnahme aus dem jahr 2002 als ungünstig zu bewerten, erwiese sich aber nach entsprechender anpassung an diese empfehlungen nicht mehr als ungünstig, mit der folge, dass der versagungsgrund des § 25 abs. 2 satz 1 nr. 5 amg entfällt. zur begründung dafür wird auf die vorstehenden ausführungen bezug genommen. 175lassen sich die mit der anwendung kava-kava-haltiger arzneimittel in verbindung gebrachten nebenwirkungen danach bereits durch die von der kommission e vorgeschlagenen regulatorischen maßnahmen auf ein vertretbares maß reduzieren, kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die beklagte vorrangig unter der voraussetzungen des § 28 abs. 3b satz 1 nr. 2 amg eine unbedenklichkeitsstudie („pass“) hätte anordnen können und müssen. 176die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 2 vwgo. 177die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 und 2 vwgo i. v. m. § 708 nr. 10, § 711 satz 1 und 2, § 709 satz 2 zpo. 178die revision ist zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo vorliegen. | Klaeger*in | 1 |
127,096 | 11 C 169/15 | 2016-01-13T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Schadensersatz wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht aus dem Mietverhältnis zwischen den Parteien. 3Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in C. Der Beklagte ist ihr Vermieter. Zu der Wohnung gehört eine im rückwärtigen Grundstücksbereich gelegene Garage, die über eine ca. 30 m lange gepflasterte Zufahrt von der Straße aus erreichbar ist. 4Nach § 30 des zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrages ist die Hausordnung Bestandteil des Mietvertrages. Gemäß Punkt III. 1 der Hausordnung erfolgt die Reinigung der Hofräume einschließlich eventuell vorhandener Tordurchfahrten wechselweise durch alle Mieter nach Maßgabe einer vom Vermieter aufzustellenden Reinigungsordnung. Hinsichtlich der Einzelheiten des Mietvertrags und der Hausordnung wird auf Anlage 3 zum Schriftsatz vom 20.11.2015, Bl. 52 ff. GA verwiesen. 5Die Klägerin behauptet, sie sei am 23.06.2014 im Hofbereich unmittelbar vor ihrer Garage mit einem Fuß in eine versandete Vertiefung zwischen den Pflastersteinen der Zufahrt geraten, gestürzt, auf beide Hände und Knie gefallen und habe sich Schürfwunden und Prellungen an beiden Händen zugezogen. Durch die Prellungen der Handgelenke hätten sich beide Daumensattelgelenke entzündet, wodurch sie in ihrer Erwerbsminderung eingeschränkt gewesen sei. Es sei eine posttraumatisch aktivierte Rhizarthrose beider Daumensattelgelenke diagnostiziert worden, weshalb von einer dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigung mit schmerzhaften Bewegungseinschränkungen auszugehen sei. Ihr seien Behandlungskosten in Höhe von 408,27 EUR entstanden. 6Sie meint, der Beklagte habe eine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Der Zustand der Garageneinfahrt sei mangelhaft gewesen. Überall auf dem Grundstück seien seit Jahren Verwachsungen, Absackungen und Versandungen vorhanden. Die Gefahrenquelle sei für sie nicht erkennbar gewesen, da die Vertiefung oberflächlich mit Sand angefüllt und verdeckt worden sei. Der Beklagte habe seit dem Jahr 2010 keinen Reinigungsplan mehr aufgestellt, weshalb sie auch nicht zur Reinigung der Garagenzufahrt verpflichtet gewesen sei. 7Hinsichtlich der Einzelheiten des streitigen Vorbringens der Klägerin wird auf den Schriftsatz vom 13.08.2015, Bl. 1 ff GA und vom 20.11.2015, Bl. 46 ff. nebst Anlagen verwiesen. 8Die Klägerin beantragt, 91. den Beklagten zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.11.2014 zu zahlen; 102. den Beklagten zu verurteilen, an sie 408,27 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung sowie vorprozessuale Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 492,54 EUR zu zahlen; 113. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der aus dem Unfall vom 23.06.2014 auf dem Grundstück des Hauses C1 in C noch resultieren wird, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind. 12Der Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Er meint, aufgrund der Höhe der Klageforderung sei die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts zweifelhaft. Aus § 30 des Mietvertrages in Verbindung mit der Hausordnung ergebe sich eine Verpflichtung der Klägerin zur Reinigung der Hauseinfahrt, welche diese verletzt habe. 15Die Zufahrtspflasterung sei ordnungsgemäß. Im Übrigen stehe der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht entgegen, dass die Klägerin der Gefahrenquelle habe unproblematisch ausweichen können. Zweck der Verkehrssicherungspflicht sei es nicht, den Nutzer vor jeder denkbaren Gefahr zu schützen. Hinsichtlich des weiteren streitigen Beklagtenvorbringens wird auf den Schriftsatz vom 14.09.2015, Bl. 34 ff. GA verwiesen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Klage hat keinen Erfolg. 18Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Amtsgericht Coesfeld sachlich zuständig. Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts ergibt sich aus § 23 Nr. 2a GVG, wonach die Amtsgerichte zuständig für Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum sind, weil die Klägerin Schadensersatzansprüche aus der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht aus dem zwischen den Parteien bestehenden Wohnraummietverhältnis geltend macht. 19Die Klage ist aber unbegründet. 20Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Ersatz eines angemessenen Schmerzensgeldes gegen den Beklagten. Insbesondere hat sie keinen Anspruch wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht aus den §§ 535, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB i.V.m § 253 Abs. 2 BGB oder aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 253 Abs. 2 BGB gegen den Beklagten. 21Es kann schon dahinstehen, ob die Klägerin zur Reinigung der Zufahrt nach § 30 des Mietvertrages in Verbindung mit Ziff III. 1 der Hausordnung verpflichtet war, denn der Beklagte hat weder eine Verkehrssicherungspflicht aus dem Mietvertrag, noch eine sonstige ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. 22Grundsätzlich ist der Kläger als Eigentümer und Vermieter des Grundstücks verkehrssicherungspflichtig für die Garagenzufahrt. Der Inhalt der Verkehrssicherungspflicht bemisst sich nach den Sicherheitserwartungen der jeweiligen Verkehrsteilnehmer. Der Verkehrssicherungspflichtige hat diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, Gefahren von Dritten abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer oder nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (OLG Hamm, NJW-RR 2013, 802, 803). Dies heißt aber nicht, dass der Sicherungspflichtige für alle nicht denkbaren, auch entfernteren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorkehrungen treffen muss. Denn eine Sicherung, die jeden Unfall ausschließt, ist praktisch nicht möglich. Es müssen daher nur dann Vorsorgemaßnahmen getroffen werden, wenn eine Gefahrenquelle trotz Anwendung der von den Verkehrsteilnehmern zu erwartenden Eigensorgfalt nicht rechtzeitig erkennbar ist oder diese sich auf die Gefahreneinlage nicht einstellen können (OLG Hamm, NJW-RR 2005, 255, 256). 23Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat der Beklagte keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Denn es lag schon keine Gefahrenlage vor, auf die sich die Klägerin nicht einrichten konnte. Vielmehr hat sich in dem Sturz der Klägerin ein allgemeines Lebensrisiko realisiert, für das der Beklagte nicht einzustehen hat. Für die Beurteilung, ob eine Gefahrenlage vorliegt und welche Vorsorgemaßnahmen getroffen werden müssen, ist auf die Erwartungshaltung der jeweiligen Verkehrsteilnehmer abzustellen. Dabei ist auch der Gesamteindruck, den eine Verkehrsfläche den Verkehrsteilnehmern bietet und aus dem diese ihre Erwartungseinhaltung vernünftigerweise zu einem wesentlichen Teil herleiten, miteinzubeziehen (OLG Hamm, NJW-RR 2005, 255, 256). Die Klägerin musste sich aufgrund des Gesamteindrucks der Bodenbeschaffenheit der Garageneinfahrt darauf einstellen, dass insbesondere die versandeten und unebenen Stellen vorsichtiger Betreten werden müssen und musste den Versandungen ausweichen. Denn ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Lichtbilder, hinsichtlich derer auf Bl. 7 ff. GA, Bl. 16 ff. GA und Bl. 68 ff. GA verwiesen wird, waren die sandigen Stellen und Unebenheiten klar zu erkennen. Nach eigenem Vortrag der Klägerin wurden die sandigen Stellen und Unebenheiten von ihr auch erkannt und waren ihr darüber hinaus sogar seit Jahren bekannt. 24Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin vorgetragen hat, dass bei nicht vorhandenem Sand die Unebenheit klar erkennbar gewesen wäre. Denn nach dem Vortrag der Klägerin hat sich die Gefahr der Unebenheit erst deshalb realisiert, weil sie zunächst auf dem Sand ausgerutscht und erst infolge des Ausrutschens an einer Kante hängen geblieben ist. Aufgrund der vielen offenkundigen Unebenheiten musste sie zudem auch davon ausgehen, dass auch unter den Sandflächen Unebenheiten vorhanden waren. Auch ist anzumerken, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Zufahrtsfläche ohne Unebenheiten hat. Vielmehr hat sich der Verkehrsteilnehmer grundsätzlich den gegebenen Straßenverhältnissen anzupassen und diese so hinzunehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbieten (BGH, BeckRS 1979, 30398103). 25Aus den oben genannten Gründen sind auch der Antrag auf Zahlung der 408,27 EUR und der Feststellungsantrag unbegründet. 26Aus der Unbegründetheit der Hauptforderung folgt die Unbegründetheit der Nebenforderungen. 27Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 28Der Streitwert wird auf bis zu 6.000,00 EUR festgesetzt. 29Rechtsbehelfsbelehrung: 30Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 311. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 322. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 33Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Münster, Am Stadtgraben 10, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 34Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Münster zu begründen. 35Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Münster durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 36Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 37Unterschrift | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn der beklagte nicht vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin begehrt von dem beklagten schadensersatz wegen verletzung einer verkehrssicherungspflicht aus dem mietverhältnis zwischen den parteien. 3die klägerin ist mieterin einer wohnung in einem mehrfamilienhaus in c. der beklagte ist ihr vermieter. zu der wohnung gehört eine im rückwärtigen grundstücksbereich gelegene garage, die über eine ca. 30 m lange gepflasterte zufahrt von der straße aus erreichbar ist. 4nach § 30 des zwischen den parteien geschlossenen mietvertrages ist die hausordnung bestandteil des mietvertrages. gemäß punkt iii. 1 der hausordnung erfolgt die reinigung der hofräume einschließlich eventuell vorhandener tordurchfahrten wechselweise durch alle mieter nach maßgabe einer vom vermieter aufzustellenden reinigungsordnung. hinsichtlich der einzelheiten des mietvertrags und der hausordnung wird auf anlage 3 zum schriftsatz vom 20.11.2015, bl. 52 ff. ga verwiesen. 5die klägerin behauptet, sie sei am 23.06.2014 im hofbereich unmittelbar vor ihrer garage mit einem fuß in eine versandete vertiefung zwischen den pflastersteinen der zufahrt geraten, gestürzt, auf beide hände und knie gefallen und habe sich schürfwunden und prellungen an beiden händen zugezogen. durch die prellungen der handgelenke hätten sich beide daumensattelgelenke entzündet, wodurch sie in ihrer erwerbsminderung eingeschränkt gewesen sei. es sei eine posttraumatisch aktivierte rhizarthrose beider daumensattelgelenke diagnostiziert worden, weshalb von einer dauerhaften gesundheitlichen beeinträchtigung mit schmerzhaften bewegungseinschränkungen auszugehen sei. ihr seien behandlungskosten in höhe von 408,27 eur entstanden. 6sie meint, der beklagte habe eine verkehrssicherungspflicht verletzt. der zustand der garageneinfahrt sei mangelhaft gewesen. überall auf dem grundstück seien seit jahren verwachsungen, absackungen und versandungen vorhanden. die gefahrenquelle sei für sie nicht erkennbar gewesen, da die vertiefung oberflächlich mit sand angefüllt und verdeckt worden sei. der beklagte habe seit dem jahr 2010 keinen reinigungsplan mehr aufgestellt, weshalb sie auch nicht zur reinigung der garagenzufahrt verpflichtet gewesen sei. 7hinsichtlich der einzelheiten des streitigen vorbringens der klägerin wird auf den schriftsatz vom 13.08.2015, bl. 1 ff ga und vom 20.11.2015, bl. 46 ff. nebst anlagen verwiesen. 8die klägerin beantragt, 91. den beklagten zu verurteilen, an sie ein angemessenes schmerzensgeld nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 25.11.2014 zu zahlen; 102. den beklagten zu verurteilen, an sie 408,27 nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit klagezustellung sowie vorprozessuale rechtsverfolgungskosten in höhe von 492,54 eur zu zahlen; 113. festzustellen, dass der beklagte verpflichtet ist, der klägerin allen weiteren materiellen und immateriellen schaden zu ersetzen, der aus dem unfall vom 23.06.2014 auf dem grundstück des hauses c1 in c noch resultieren wird, soweit die ansprüche nicht auf sozialversicherungsträger oder sonstige dritte übergegangen sind. 12der beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14er meint, aufgrund der höhe der klageforderung sei die sachliche zuständigkeit des amtsgerichts zweifelhaft. aus § 30 des mietvertrages in verbindung mit der hausordnung ergebe sich eine verpflichtung der klägerin zur reinigung der hauseinfahrt, welche diese verletzt habe. 15die zufahrtspflasterung sei ordnungsgemäß. im übrigen stehe der verletzung einer verkehrssicherungspflicht entgegen, dass die klägerin der gefahrenquelle habe unproblematisch ausweichen können. zweck der verkehrssicherungspflicht sei es nicht, den nutzer vor jeder denkbaren gefahr zu schützen. hinsichtlich des weiteren streitigen beklagtenvorbringens wird auf den schriftsatz vom 14.09.2015, bl. 34 ff. ga verwiesen. 16 | 17die klage hat keinen erfolg. 18die klage ist zulässig. insbesondere ist das amtsgericht coesfeld sachlich zuständig. die sachliche zuständigkeit des amtsgerichts ergibt sich aus § 23 nr. 2a gvg, wonach die amtsgerichte zuständig für streitigkeiten über ansprüche aus einem mietverhältnis über wohnraum sind, weil die klägerin schadensersatzansprüche aus der verletzung einer verkehrssicherungspflicht aus dem zwischen den parteien bestehenden wohnraummietverhältnis geltend macht. 19die klage ist aber unbegründet. 20die klägerin hat unter keinem rechtlichen gesichtspunkt einen anspruch auf ersatz eines angemessenen schmerzensgeldes gegen den beklagten. insbesondere hat sie keinen anspruch wegen verletzung einer verkehrssicherungspflicht aus den §§ 535, 280 abs. 1, 241 abs. 2 bgb i.v.m § 253 abs. 2 bgb oder aus § 823 abs. 1 bgb i.v.m. § 253 abs. 2 bgb gegen den beklagten. 21es kann schon dahinstehen, ob die klägerin zur reinigung der zufahrt nach § 30 des mietvertrages in verbindung mit ziff iii. 1 der hausordnung verpflichtet war, denn der beklagte hat weder eine verkehrssicherungspflicht aus dem mietvertrag, noch eine sonstige ihm obliegende verkehrssicherungspflicht verletzt. 22grundsätzlich ist der kläger als eigentümer und vermieter des grundstücks verkehrssicherungspflichtig für die garagenzufahrt. der inhalt der verkehrssicherungspflicht bemisst sich nach den sicherheitserwartungen der jeweiligen verkehrsteilnehmer. der verkehrssicherungspflichtige hat diejenigen vorkehrungen zu treffen, die im rahmen des wirtschaftlich zumutbaren geeignet sind, gefahren von dritten abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer oder nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger benutzung drohen (olg hamm, njw-rr 2013, 802, 803). dies heißt aber nicht, dass der sicherungspflichtige für alle nicht denkbaren, auch entfernteren möglichkeiten eines schadenseintritts vorkehrungen treffen muss. denn eine sicherung, die jeden unfall ausschließt, ist praktisch nicht möglich. es müssen daher nur dann vorsorgemaßnahmen getroffen werden, wenn eine gefahrenquelle trotz anwendung der von den verkehrsteilnehmern zu erwartenden eigensorgfalt nicht rechtzeitig erkennbar ist oder diese sich auf die gefahreneinlage nicht einstellen können (olg hamm, njw-rr 2005, 255, 256). 23unter berücksichtigung dieser maßstäbe hat der beklagte keine verkehrssicherungspflicht verletzt. denn es lag schon keine gefahrenlage vor, auf die sich die klägerin nicht einrichten konnte. vielmehr hat sich in dem sturz der klägerin ein allgemeines lebensrisiko realisiert, für das der beklagte nicht einzustehen hat. für die beurteilung, ob eine gefahrenlage vorliegt und welche vorsorgemaßnahmen getroffen werden müssen, ist auf die erwartungshaltung der jeweiligen verkehrsteilnehmer abzustellen. dabei ist auch der gesamteindruck, den eine verkehrsfläche den verkehrsteilnehmern bietet und aus dem diese ihre erwartungseinhaltung vernünftigerweise zu einem wesentlichen teil herleiten, miteinzubeziehen (olg hamm, njw-rr 2005, 255, 256). die klägerin musste sich aufgrund des gesamteindrucks der bodenbeschaffenheit der garageneinfahrt darauf einstellen, dass insbesondere die versandeten und unebenen stellen vorsichtiger betreten werden müssen und musste den versandungen ausweichen. denn ausweislich der von der klägerin vorgelegten lichtbilder, hinsichtlich derer auf bl. 7 ff. ga, bl. 16 ff. ga und bl. 68 ff. ga verwiesen wird, waren die sandigen stellen und unebenheiten klar zu erkennen. nach eigenem vortrag der klägerin wurden die sandigen stellen und unebenheiten von ihr auch erkannt und waren ihr darüber hinaus sogar seit jahren bekannt. 24dem steht auch nicht entgegen, dass die klägerin vorgetragen hat, dass bei nicht vorhandenem sand die unebenheit klar erkennbar gewesen wäre. denn nach dem vortrag der klägerin hat sich die gefahr der unebenheit erst deshalb realisiert, weil sie zunächst auf dem sand ausgerutscht und erst infolge des ausrutschens an einer kante hängen geblieben ist. aufgrund der vielen offenkundigen unebenheiten musste sie zudem auch davon ausgehen, dass auch unter den sandflächen unebenheiten vorhanden waren. auch ist anzumerken, dass die klägerin keinen anspruch auf eine zufahrtsfläche ohne unebenheiten hat. vielmehr hat sich der verkehrsteilnehmer grundsätzlich den gegebenen straßenverhältnissen anzupassen und diese so hinzunehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbieten (bgh, beckrs 1979, 30398103). 25aus den oben genannten gründen sind auch der antrag auf zahlung der 408,27 eur und der feststellungsantrag unbegründet. 26aus der unbegründetheit der hauptforderung folgt die unbegründetheit der nebenforderungen. 27die nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 abs. 1 s. 1, 708 nr. 11, 711 zpo. 28der streitwert wird auf bis zu 6.000,00 eur festgesetzt. 29rechtsbehelfsbelehrung: 30gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 311. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 322. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 33die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht münster, am stadtgraben 10, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 34die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht münster zu begründen. 35die parteien müssen sich vor dem landgericht münster durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 36mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 37unterschrift | Verklagte*r | 0 |
126,672 | 9 K 630/15 | 2016-01-28T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Klägerin darf eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhevon 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden,wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höheleistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten GrundstücksC. , Gemarkung T. , Flur 13, Flurstücke 666 und 668 (E.----allee 71). 3Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des seit dem 31.01.1968 rechtsverbindlichen Bebauungsplans Nr. I/St 7c, der den fraglichen Bereich als allgemeines Wohngebiet ausweist. Nach den textlichen Festsetzungen sind "Grundstückseinfriedigungen nur für Ein- und Zweifamilienhausgrundstücke bis zu 70 cm Höhe gestattet, ...". Weiter werden die "Möglichkeiten" des § 23 Abs. 5 BauNVO nicht zugelassen. 4Bei einer aufgrund von Nachbarbeschwerden durchgeführten Ortsbesichtigung stellte die Beklagte am 23.06.2014 fest, dass die Klägerin begonnen hatte, auf ihrem Grundstück an der nordöstlichen Grenze zu den Nachbarflurstücken 412 und 415 (E.----allee 67 und 69) eine ca. 2,50 m hohe Einfriedung in Form eines Palisadenzaunes zu errichten. Zum Zeitpunkt der Ortsbesichtigung war der Zaun auf einer Länge von 6,00 m fertiggestellt und für weitere ca. 10,00 m ein Graben für ein Streifenfundament ausgehoben. Die Beklagte untersagte der Klägerin fernmündlich die Fortführung der Arbeiten unter Hinweis auf die Festsetzungen des Bebauungsplans. 5Mit Schreiben vom 01.08.2014 bat die Beklagte die Klägerin unter Hinweis auf die Festsetzungen des Bebauungsplans zur Vermeidung einer Beseitigungsverfügung, die Einfriedung bis zum 01.09.2014 auf die zulässige Höhe von 0,70 m zu reduzieren und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem anderenfalls beabsichtigten Erlass einer Bauordnungsverfügung. 6In der Folgezeit führte die Klägerin Gespräche mit den Eigentümern der Nachbargrundstücke, die jedoch zu keinem Ergebnis führten. Die Nachbarn verlangten von der Beklagten mehrfach ein bauaufsichtliches Einschreiten. Eine von der Klägerin vorgeschlagene Umwandlung der Einfriedung in ein grenzständiges Gartengerätehaus wurde von den Nachbarn abgelehnt. 7Nachdem die Beklagte bei einer weiteren Ortsbesichtigung am 18.12.2014 festgestellt hatte, dass die Klägerin die Einfriedung um ca. 5,00 m verlängert hatte, forderte sie sie mit Bauordnungsverfügung vom gleichen Tage unter Androhung eines Zwangsgeldes von 1.000,00 € und Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, die Bauarbeiten sofort einzustellen. Da die Klägerin die Arbeiten gleichwohl weiterführte und die Einfriedung auf ca. 14,50 m verlängerte, wurde das Zwangsgeld mit Verfügung vom 26.01.2015 festgesetzt und ein weiteres Zwangsgeld von 2.000,00 € angedroht. Die Festsetzungsverfügung wurde von der Beklagten aufgehoben, nachdem die Klägerin versichert hatte, dass die Arbeiten vor Erhalt der Stilllegungsverfügung durchgeführt worden seien. 8Mit der im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bauordnungsverfügung vom 27.01.2015 forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Zaunanlage an der nordöstlichen Seite des Grundstücks E.----allee 71 zu entfernen. Für den Fall, dass die Klägerin der Forderung nicht innerhalb von einem Monat nach Bestandskraft der Ordnungsverfügung nachkomme, drohte die Beklagte ein Zwangsgeld von 1.000,00 € an. Zur Begründung gab sie an, die Zaunanlage sei ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet und inzwischen trotz Stilllegungsverfügung auf 14,50 m verlängert worden. Eine nachträgliche Genehmigung könne nicht in Aussicht gestellt werden, weil der Zaun den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspreche. Weiter wies sie darauf hin, dass nach § 21 OBG dem Betroffenen auf einen bis zum Ablauf der Ausführungsfrist gestellten Antrag zu gestatten sei, ein anderes ebenso wirksames Mittel anzuwenden, sofern die Allgemeinheit dadurch nicht stärker beeinträchtigt werde. 9Weiter setzte die Beklagte mit Gebührenbescheid vom 27.01.2015 eine Verwaltungsgebühr von 150,00 € fest. 10Gegen die Bescheide hat die Klägerin am 27.02.2015 Klage erhoben. 11Während des Klageverfahrens bot sie der Beklagten als Austauschmittel die Umgestaltung der Zaunanlage in einen baugenehmigungsfreien Geräteraum mit einer Länge von 9,00 m und einer Höhe von 2,50 m sowie einem an der Grenzwand angebrachten, vorkragenden Dach mit 0,90 m bzw. 1,20 m Tiefe an. Dies wurde von der Beklagten abgelehnt. 12Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin aus, die vorhandene Zaunanlage sei formell und materiell baurechtswidrig, weil sie die notwendige Abstandfläche nicht einhalte und den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspreche. Das angebotene Austauschmittel sei allerdings geeignet, den Verstoß zu beseitigen. Bei der geplanten baulichen Anlage handele sich um einen Raum zu Abstellzwecken, der mit den Maßen nach § 6 Abs. 11 BauO NRW an der Grenze zulässig sei. Die Anlage erfülle die allein maßgeblichen objektiven Kriterien für ein Gebäude im Sinne des § 2 Abs. 2 BauO NRW. Sie sei selbstständig benutzbar, verfüge über eine Überdachung, könne von Menschen betreten werden und sei auch geeignet und bestimmt, dem Schutz von Sachen zu dienen. Der Verdacht eines Missbrauchs stehe der Verwirklichung eines rechtmäßigen Gebäudes nicht entgegen. Es handele sich um eine zulässige bauliche Gestaltung, die auch dem Sichtschutz diene. 13Die Klägerin beantragt, 14die Bauordnungsverfügung der Beklagten vom 27.01.2015 und denGebührenbescheid vom 27.01.2015 aufzuheben. 15Die Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Sie bezieht sich auf die Begründung der angefochtenen Bauordnungsverfügung und führt ergänzend aus, mit den geplanten geringfügigen Modifikationen an der Einfriedung solle kein "Gebäude" im Sinne des § 6 Abs. 11 BauO NRW entstehen. Es sollten lediglich die Festsetzungen des Bebauungsplans umgangen werden. 18Anlässlich eines am 30.06.2015 durchgeführten Erörterungstermins hat der Berichterstatter die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Hinsichtlich der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Terminsniederschrift verwiesen. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. 22Die Bauordnungsverfügung vom 27.01.2015 und der Gebührenbescheid vom gleichen Tage sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Die Beklagte hat die Klägerin zu Recht aufgefordert, die Zaunanlage zu entfernen. Auch die Festsetzung der Verwaltungsgebühr begegnet keinen rechtlichen Bedenken. 23Nach § 61 Abs. 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen - BauO NRW - haben die Bauaufsichtsbehörden u.a. bei der Errichtung, der Änderung, dem Abbruch, der Nutzung, der Nutzungsänderung sowie der Instandhaltung baulicher Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden, und in Wahrnehmung dieser Aufgabe nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. 24Unter Beachtung dieser Vorgaben ist die Beklagte zu Recht gegen die von der Klägerin errichtete Zaunanlage eingeschritten. Bei dem Palisadenzaun handelt es sich um eine bauliche Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW, die im Hinblick auf ihre Höhe von mehr als 2,00 m gemäß § 63 Abs. 1 i.V.m. § 65 Abs. 1 Nr. 13 BauO NRW einer Baugenehmigung bedarf. Eine solche hat die Klägerin weder beantragt noch erhalten, so dass die Errichtung des Zaunes formell illegal erfolgt ist. Die Genehmigung kann auch nicht nachträglich erteilt werden, weil der Zaun auch materiell-rechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Als eine bauliche Anlage mit gebäudeähnlicher Wirkung und einer Höhe von mehr als 2,00 m muss sie gemäß § 6 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 BauO NRW eine Abstandfläche von mindestens 3,00 m Tiefe einhalten, die auf dem eigenen Grundstück liegen muss (§ 6 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 Satz 5 BauO NRW). Die Zaunanlage wurde jedoch unmittelbar an der Grenze errichtet. 25Weiter verstößt die Zaunanlage auch gegen die als örtliche Bauvorschrift gemäß § 103 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25.06.1962 in den Bebauungsplan aufgenommene gestalterische Festsetzung über Grundstückseinfriedungen. Diese sind nur bis 70 cm Höhe gestattet. 26Der damit zu Recht ergangenen Beseitigungsaufforderung kann die Klägerin im vorliegenden Verfahren nicht entgegenhalten, sie könne den Verstoß gegen die baurechtlichen Vorschriften durch eine Umgestaltung der baulichen Anlage beheben. Das Angebot eines Austauschmittels gemäß § 21 des Ordnungsbehördengesetzes- OBG - berührt die Rechtmäßigkeit der Bauordnungsverfügung nicht, sondern kann nur im Rahmen der Vollstreckung der Verfügung Berücksichtigung finden. 27Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 07.06.2011 - 5 L 562/11 -, juris, Rn. 4. 28Unabhängig davon ist es fraglich, ob der angebotene Umbau der Zaunanlage in einen 9,00 m langen, 2,50 m hohen und 1,20 m tiefen offenen "Geräteraum" die weiteren Voraussetzungen des § 21 OBG erfüllt. Danach muss das angebotene Mittel ebenso geeignet sein, den Verstoß zu beseitigen. Dies dürfte bereits deshalb zu verneinen sein, weil der beabsichtigte Umbau in ein nach § 6 Abs. 11 BauO NRW an der Grenze zulässiges "Gebäude, das zu Abstellzwecken genutzt wird" (bzw. werden soll), angesichts der örtlichen Verhältnisse und der Vorgeschichte nur vorgeschoben sein dürfte, um die Vorschriften der Bauordnung und die Festsetzungen des Bebauungsplans zu umgehen. 29Zum sog. Etikettenschwindel vgl. OVG NRW, Urteil vom 25.08.2011 - 2 A 38/10 -, juris, Rn. 50 m.w.N. 30Unabhängig davon dürfte ein Umbau in ein Abstellgebäude auch deshalb kein geeignetes Austauschmittel sein, weil im Bebauungsplan die Errichtung von baulichen Nebenanlagen im Sinne des § 14 Abs. 1 BauNVO auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen gemäß § 23 Abs. 5 BauNVO durch textliche Festsetzung ausdrücklich ausgeschlossen wurde. 31Die in der Bauordnungsverfügung weiter enthaltene Zwangsgeldandrohung ist ebenfalls rechtmäßig. Nach den §§ 55 Abs. 1, 57, 58 und 60 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes - VwVG NRW - kann unter anderem die Vornahme einer Handlung mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wobei das jeweilige Zwangsmittel gem. § 63 VwVG NRW unter Setzung einer angemessenen Frist vorher anzudrohen ist. Ein Zwangsgeld ist in dem in § 60 Abs. 1 S. 1 VwVG NRW gesetzlich vorgegebenen Rahmen, von 10,00 € bis 100.000,00 € unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses des Betroffenen an der Nichtbefolgung des Verwaltungsaktes zu bemessen. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben bestehen im Hinblick auf den angestrebten Erfolg keine rechtlichen Bedenken gegen die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000,00 €. Auch die Länge der gesetzten Frist von einem Monat ist unter Berücksichtigung des Umfangs der durchzuführenden Arbeiten rechtlich nicht zu beanstanden. 32Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des mit der Klage ebenfalls angefochtenen Gebührenbescheides vom 27.01.2015 über 150,00 € sind Bedenken nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Die Festsetzung der Gebühr findet ihre Grundlage in § 1 Abs. 1, § 2 des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - GebG NRW - in Verbindung mit § 1 der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung- AVerwGebO NRW - einschließlich des Allgemeinen Gebührentarifs, der Bestandteil der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung ist. Die Beklagte hat die Gebühr für die Bauordnungsverfügung nach der Tarifstelle 2.8.2.1 - Anordnung der Beseitigung rechtswidriger Anlagen oder Zustände - mit einem Gebührenrahmen von 100,00 bis 1.000,00 € auf einen Betrag festgesetzt, der im Hinblick auf die Art des Bauvorhabens und den Stand der Bauarbeiten gerechtfertigt ist. 33Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. 34Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruhen auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar.die klägerin darf eine vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhevon 110 % des aufgrund des urteils beizutreibenden betrages abwenden,wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höheleistet. 1 | 2die klägerin ist eigentümerin des mit einem wohnhaus bebauten grundstücksc. , gemarkung t. , flur 13, flurstücke 666 und 668 (e.----allee 71). 3das grundstück liegt im geltungsbereich des seit dem 31.01.1968 rechtsverbindlichen bebauungsplans nr. i/st 7c, der den fraglichen bereich als allgemeines wohngebiet ausweist. nach den textlichen festsetzungen sind "grundstückseinfriedigungen nur für ein- und zweifamilienhausgrundstücke bis zu 70 cm höhe gestattet, ...". weiter werden die "möglichkeiten" des § 23 abs. 5 baunvo nicht zugelassen. 4bei einer aufgrund von nachbarbeschwerden durchgeführten ortsbesichtigung stellte die beklagte am 23.06.2014 fest, dass die klägerin begonnen hatte, auf ihrem grundstück an der nordöstlichen grenze zu den nachbarflurstücken 412 und 415 (e.----allee 67 und 69) eine ca. 2,50 m hohe einfriedung in form eines palisadenzaunes zu errichten. zum zeitpunkt der ortsbesichtigung war der zaun auf einer länge von 6,00 m fertiggestellt und für weitere ca. 10,00 m ein graben für ein streifenfundament ausgehoben. die beklagte untersagte der klägerin fernmündlich die fortführung der arbeiten unter hinweis auf die festsetzungen des bebauungsplans. 5mit schreiben vom 01.08.2014 bat die beklagte die klägerin unter hinweis auf die festsetzungen des bebauungsplans zur vermeidung einer beseitigungsverfügung, die einfriedung bis zum 01.09.2014 auf die zulässige höhe von 0,70 m zu reduzieren und gab ihr gelegenheit zur stellungnahme zu dem anderenfalls beabsichtigten erlass einer bauordnungsverfügung. 6in der folgezeit führte die klägerin gespräche mit den eigentümern der nachbargrundstücke, die jedoch zu keinem ergebnis führten. die nachbarn verlangten von der beklagten mehrfach ein bauaufsichtliches einschreiten. eine von der klägerin vorgeschlagene umwandlung der einfriedung in ein grenzständiges gartengerätehaus wurde von den nachbarn abgelehnt. 7nachdem die beklagte bei einer weiteren ortsbesichtigung am 18.12.2014 festgestellt hatte, dass die klägerin die einfriedung um ca. 5,00 m verlängert hatte, forderte sie sie mit bauordnungsverfügung vom gleichen tage unter androhung eines zwangsgeldes von 1.000,00 € und anordnung der sofortigen vollziehung auf, die bauarbeiten sofort einzustellen. da die klägerin die arbeiten gleichwohl weiterführte und die einfriedung auf ca. 14,50 m verlängerte, wurde das zwangsgeld mit verfügung vom 26.01.2015 festgesetzt und ein weiteres zwangsgeld von 2.000,00 € angedroht. die festsetzungsverfügung wurde von der beklagten aufgehoben, nachdem die klägerin versichert hatte, dass die arbeiten vor erhalt der stilllegungsverfügung durchgeführt worden seien. 8mit der im vorliegenden verfahren angefochtenen bauordnungsverfügung vom 27.01.2015 forderte die beklagte die klägerin auf, die zaunanlage an der nordöstlichen seite des grundstücks e.----allee 71 zu entfernen. für den fall, dass die klägerin der forderung nicht innerhalb von einem monat nach bestandskraft der ordnungsverfügung nachkomme, drohte die beklagte ein zwangsgeld von 1.000,00 € an. zur begründung gab sie an, die zaunanlage sei ohne die erforderliche baugenehmigung errichtet und inzwischen trotz stilllegungsverfügung auf 14,50 m verlängert worden. eine nachträgliche genehmigung könne nicht in aussicht gestellt werden, weil der zaun den festsetzungen des bebauungsplans widerspreche. weiter wies sie darauf hin, dass nach § 21 obg dem betroffenen auf einen bis zum ablauf der ausführungsfrist gestellten antrag zu gestatten sei, ein anderes ebenso wirksames mittel anzuwenden, sofern die allgemeinheit dadurch nicht stärker beeinträchtigt werde. 9weiter setzte die beklagte mit gebührenbescheid vom 27.01.2015 eine verwaltungsgebühr von 150,00 € fest. 10gegen die bescheide hat die klägerin am 27.02.2015 klage erhoben. 11während des klageverfahrens bot sie der beklagten als austauschmittel die umgestaltung der zaunanlage in einen baugenehmigungsfreien geräteraum mit einer länge von 9,00 m und einer höhe von 2,50 m sowie einem an der grenzwand angebrachten, vorkragenden dach mit 0,90 m bzw. 1,20 m tiefe an. dies wurde von der beklagten abgelehnt. 12zur begründung ihrer klage führt die klägerin aus, die vorhandene zaunanlage sei formell und materiell baurechtswidrig, weil sie die notwendige abstandfläche nicht einhalte und den festsetzungen des bebauungsplans widerspreche. das angebotene austauschmittel sei allerdings geeignet, den verstoß zu beseitigen. bei der geplanten baulichen anlage handele sich um einen raum zu abstellzwecken, der mit den maßen nach § 6 abs. 11 bauo nrw an der grenze zulässig sei. die anlage erfülle die allein maßgeblichen objektiven kriterien für ein gebäude im sinne des § 2 abs. 2 bauo nrw. sie sei selbstständig benutzbar, verfüge über eine überdachung, könne von menschen betreten werden und sei auch geeignet und bestimmt, dem schutz von sachen zu dienen. der verdacht eines missbrauchs stehe der verwirklichung eines rechtmäßigen gebäudes nicht entgegen. es handele sich um eine zulässige bauliche gestaltung, die auch dem sichtschutz diene. 13die klägerin beantragt, 14die bauordnungsverfügung der beklagten vom 27.01.2015 und dengebührenbescheid vom 27.01.2015 aufzuheben. 15die beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17sie bezieht sich auf die begründung der angefochtenen bauordnungsverfügung und führt ergänzend aus, mit den geplanten geringfügigen modifikationen an der einfriedung solle kein "gebäude" im sinne des § 6 abs. 11 bauo nrw entstehen. es sollten lediglich die festsetzungen des bebauungsplans umgangen werden. 18anlässlich eines am 30.06.2015 durchgeführten erörterungstermins hat der berichterstatter die örtlichkeit in augenschein genommen. hinsichtlich der dabei getroffenen feststellungen wird auf die terminsniederschrift verwiesen. 19wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts und des vorbringens der beteiligten im übrigen wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 20 | 21die klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. 22die bauordnungsverfügung vom 27.01.2015 und der gebührenbescheid vom gleichen tage sind rechtmäßig und verletzen die klägerin nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung - vwgo -). die beklagte hat die klägerin zu recht aufgefordert, die zaunanlage zu entfernen. auch die festsetzung der verwaltungsgebühr begegnet keinen rechtlichen bedenken. 23nach § 61 abs. 1 der bauordnung für das land nordrhein-westfalen - bauo nrw - haben die bauaufsichtsbehörden u.a. bei der errichtung, der änderung, dem abbruch, der nutzung, der nutzungsänderung sowie der instandhaltung baulicher anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen vorschriften eingehalten werden, und in wahrnehmung dieser aufgabe nach pflichtgemäßem ermessen die erforderlichen maßnahmen zu treffen. 24unter beachtung dieser vorgaben ist die beklagte zu recht gegen die von der klägerin errichtete zaunanlage eingeschritten. bei dem palisadenzaun handelt es sich um eine bauliche anlage im sinne des § 2 abs. 1 satz 1 bauo nrw, die im hinblick auf ihre höhe von mehr als 2,00 m gemäß § 63 abs. 1 i.v.m. § 65 abs. 1 nr. 13 bauo nrw einer baugenehmigung bedarf. eine solche hat die klägerin weder beantragt noch erhalten, so dass die errichtung des zaunes formell illegal erfolgt ist. die genehmigung kann auch nicht nachträglich erteilt werden, weil der zaun auch materiell-rechtlich nicht genehmigungsfähig ist. als eine bauliche anlage mit gebäudeähnlicher wirkung und einer höhe von mehr als 2,00 m muss sie gemäß § 6 abs. 10 satz 1 nr. 1 bauo nrw eine abstandfläche von mindestens 3,00 m tiefe einhalten, die auf dem eigenen grundstück liegen muss (§ 6 abs. 2 satz 1 und abs. 5 satz 5 bauo nrw). die zaunanlage wurde jedoch unmittelbar an der grenze errichtet. 25weiter verstößt die zaunanlage auch gegen die als örtliche bauvorschrift gemäß § 103 der bauordnung für das land nordrhein-westfalen vom 25.06.1962 in den bebauungsplan aufgenommene gestalterische festsetzung über grundstückseinfriedungen. diese sind nur bis 70 cm höhe gestattet. 26der damit zu recht ergangenen beseitigungsaufforderung kann die klägerin im vorliegenden verfahren nicht entgegenhalten, sie könne den verstoß gegen die baurechtlichen vorschriften durch eine umgestaltung der baulichen anlage beheben. das angebot eines austauschmittels gemäß § 21 des ordnungsbehördengesetzes- obg - berührt die rechtmäßigkeit der bauordnungsverfügung nicht, sondern kann nur im rahmen der vollstreckung der verfügung berücksichtigung finden. 27vgl. vg gelsenkirchen, beschluss vom 07.06.2011 - 5 l 562/11 -, juris, rn. 4. 28unabhängig davon ist es fraglich, ob der angebotene umbau der zaunanlage in einen 9,00 m langen, 2,50 m hohen und 1,20 m tiefen offenen "geräteraum" die weiteren voraussetzungen des § 21 obg erfüllt. danach muss das angebotene mittel ebenso geeignet sein, den verstoß zu beseitigen. dies dürfte bereits deshalb zu verneinen sein, weil der beabsichtigte umbau in ein nach § 6 abs. 11 bauo nrw an der grenze zulässiges "gebäude, das zu abstellzwecken genutzt wird" (bzw. werden soll), angesichts der örtlichen verhältnisse und der vorgeschichte nur vorgeschoben sein dürfte, um die vorschriften der bauordnung und die festsetzungen des bebauungsplans zu umgehen. 29zum sog. etikettenschwindel vgl. ovg nrw, urteil vom 25.08.2011 - 2 a 38/10 -, juris, rn. 50 m.w.n. 30unabhängig davon dürfte ein umbau in ein abstellgebäude auch deshalb kein geeignetes austauschmittel sein, weil im bebauungsplan die errichtung von baulichen nebenanlagen im sinne des § 14 abs. 1 baunvo auf den nicht überbaubaren grundstücksflächen gemäß § 23 abs. 5 baunvo durch textliche festsetzung ausdrücklich ausgeschlossen wurde. 31die in der bauordnungsverfügung weiter enthaltene zwangsgeldandrohung ist ebenfalls rechtmäßig. nach den §§ 55 abs. 1, 57, 58 und 60 des verwaltungsvollstreckungsgesetzes - vwvg nrw - kann unter anderem die vornahme einer handlung mit zwangsmitteln durchgesetzt werden, wobei das jeweilige zwangsmittel gem. § 63 vwvg nrw unter setzung einer angemessenen frist vorher anzudrohen ist. ein zwangsgeld ist in dem in § 60 abs. 1 s. 1 vwvg nrw gesetzlich vorgegebenen rahmen, von 10,00 € bis 100.000,00 € unter berücksichtigung des wirtschaftlichen interesses des betroffenen an der nichtbefolgung des verwaltungsaktes zu bemessen. unter berücksichtigung dieser vorgaben bestehen im hinblick auf den angestrebten erfolg keine rechtlichen bedenken gegen die androhung eines zwangsgeldes in höhe von 1.000,00 €. auch die länge der gesetzten frist von einem monat ist unter berücksichtigung des umfangs der durchzuführenden arbeiten rechtlich nicht zu beanstanden. 32hinsichtlich der rechtmäßigkeit des mit der klage ebenfalls angefochtenen gebührenbescheides vom 27.01.2015 über 150,00 € sind bedenken nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. die festsetzung der gebühr findet ihre grundlage in § 1 abs. 1, § 2 des gebührengesetzes für das land nordrhein-westfalen - gebg nrw - in verbindung mit § 1 der allgemeinen verwaltungsgebührenordnung- averwgebo nrw - einschließlich des allgemeinen gebührentarifs, der bestandteil der allgemeinen verwaltungsgebührenordnung ist. die beklagte hat die gebühr für die bauordnungsverfügung nach der tarifstelle 2.8.2.1 - anordnung der beseitigung rechtswidriger anlagen oder zustände - mit einem gebührenrahmen von 100,00 bis 1.000,00 € auf einen betrag festgesetzt, der im hinblick auf die art des bauvorhabens und den stand der bauarbeiten gerechtfertigt ist. 33die klage ist daher mit der kostenfolge aus § 154 abs. 1 vwgo abzuweisen. 34die entscheidungen über die vorläufige vollstreckbarkeit und die abwendungsbefugnis beruhen auf § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11 und § 711 zpo. | Verklagte*r | 0 |
345,811 | 10 A 4789/19 | 2022-06-10T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 von Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 von Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird nicht zuglassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist seit 2009 Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks A. 3 in L.-I. (Gemarkung S., Flur 15, Flurstück 973) (im Folgenden: Grundstück). 3Im Dezember 1997 trug die Beklagte das Wohnhaus (im Folgenden: vorderes Wohnhaus) nebst Garage, Vorgarten und Garten als Baudenkmal in die Denkmalliste ein. In dem der Eintragung als Anlage beigefügten Gutachten heißt es zu den wesentlichen charakteristischen Merkmalen des Denkmals unter anderem: 4Das vordere Wohnhaus sei 1958-60 gebaut worden. Der Architekt sei H. I1., der Bauherr L1. L2. gewesen. Es handele sich um ein eingeschossiges, freistehendes Einfamilienhaus über winkelförmigem Grundriss mit geschlemmter, ursprünglich backsteinsichtiger Fassade, das teilweise unterkellert sei. Durch zwei Pultdächer unterschiedlicher Tiefe sei die Kubatur in der Tiefe und in der Höhe gestaffelt. Die erneuerten Metallfenster mit originalen Gittern lägen in der Mauerflucht. Die westliche Straßenfront habe vier hochrechteckige Fenster. Südlich schließe sich an das Gebäude eine geschlemmte Backsteinmauer an. Nördlich grenze die Stirnseite der weit zurückliegenden, mit dem Gebäude verbundenen, geschlemmten Backsteingarage an. Ein Metallzaun liege in etwa in der Gebäudeflucht. Die Garage, der Vorgarten und Garten (überwiegend Rasen, Rabatten, unregelmäßige Bepflanzung und Teich mit Bruchsteineinfassung) seien Bestandteile des Denkmals. Der 1949 neugegründete I. sei der jüngste Ort der Gemeinde S1., wobei dort erst nach dem 2. Weltkrieg eine umfangreiche Bebauung nach einheitlichen Bauauflagen erfolgt sei. Charakteristisch seien unter anderem die Grundstücksgrößen von mindestens 2.000 qm, die Raum für ausgedehnte Gartenanlagen böten. Das vordere Wohnhaus sei integraler Bestandteil des baulichen und wegen seiner einheitlichen Bauauflagen auch städtebaulichen Ensembles „Villenvorort I.“. Seine variationsreiche Kubatur, deren Plastizität durch ihr Spiel von Höhe und Tiefe, Schräge und Gerade sowie der individuelle Grundriss wiesen es als einen typischen Vertreter der 1950er-Jahre-Architektur aus, deren Wurzeln im Neuen Bauen lägen. Es sei ein wichtiges Werk im Oeuvre H. I2., der zu den bekannten L3. Architekten gehöre und unter anderem auch in der N. gebaut habe (P. 194, erbaut 1946-50). 5Etwa 2012 wurde auf einem Teil der rückwärtigen Gartenfläche des Grundstücks ein zweites Wohnhaus mit der Bezeichnung A. 3a errichtet (im Folgenden: hinteres Wohnhaus). Die Zufahrt zu diesem Wohnhaus von der Straße aus führt an der nördlichen Grundstücksgrenze entlang. 6Der Kläger bewohnte das vordere Wohnhaus bis Mitte 2021. In Abstimmung mit der Beklagten ließ er 2016 und 2017 die zum vorderen Wohnhaus gehörende Garage umbauen und um mehrere Wohnräume erweitern. Die frühere Garage wird nun nicht mehr als solche genutzt. Die ehemalige Haustür und die daneben ursprünglich vorhandene Wand aus Glasbausteinen ließ der Kläger entfernen und vor die Öffnung einen geschlossenen, ganz überwiegend aus Glas gefertigten Windfang setzen, in den die jetzige Haustür integriert ist und der den Zugang von den Wohnräumen im Altgebäude zu der früheren Garage und zu den daran angebauten Wohnräumen bildet. 7Anfang Februar 2017 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger den Vorgarten des vorderen Wohnhauses sowohl zur Straße hin (im Folgenden: straßenseitiger Zaun) als auch entlang der Zufahrt zu dem hinteren Wohnhaus (im Folgenden: seitlicher Zaun) mit einem etwa 2,10 m hohen Stahlgitterzaun mit eingezogenen Streifen aus blickdichtem Kunststoff hatte einfrieden und in den straßenseitigen Zaun ein etwa 1,80 m hohes, elektrisch betriebenes geschlossenes Tor aus Aluminium hatte einbauen lassen. 8Unter dem 16. November 2017 hörte die Beklagte den Kläger zum Erlass einer von ihr beabsichtigten Ordnungsverfügung an, mit dem ihm die Beseitigung des seitlichen und des straßenseitigen Zauns sowie des Tores aufgegeben werden sollte. Der Kläger wies darauf hin, dass das Grundstück vor der Errichtung der Zäune von einer ursprünglich deutlich über 2,10 m hohen Hecke umgeben gewesen sei. Entlang des straßenseitigen Zauns solle eine neue Hecke angelegt werden und eine Höhe von 2,10 m erreichen, sodass der Zaun optisch nicht mehr auffallen werde. Im Übrigen orientiere sich der straßenseitige Zaun an den straßenseitigen Einfriedungen der Grundstücke A. 2 und 4. Die Zäune seien zum Schutz vor Einbrüchen und Überfällen sowie als Sichtschutz zur Wahrung seiner Privatsphäre erforderlich. Zweimal hätten Unbekannte versucht, in sein Haus einzudringen. Ohne die Zäune könne insbesondere der gläserne Windfang von der Straße aus ungehindert eingesehen werden, was die Vorbereitung von Einbrüchen erleichtere. Sowohl die Polizei als auch seine Hausratversicherung hätten ihm geraten, für einen Sichtschutz zu sorgen. 9Die Beklagte erließ unter dem 7. Dezember 2017 eine Ordnungsverfügung, mit der sie dem Kläger aufgab, den straßenseitigen Zaun einschließlich des Tores sowie den seitlichen Zaun zu beseitigen. 10Gegen die Ordnungsverfügung erhob der Kläger am 13. Dezember 2017 Klage bei dem Verwaltungsgericht (4 K 15732/17) und beantragte bei der Beklagten unter dem 2. Juli 2018 die Erteilung einer Baugenehmigung für die besagten Zäune und das Tor. 11Anlässlich eines von dem Verwaltungsgericht anberaumten Erörterungstermins hob die Beklagte die Ordnungsverfügung vom 7. Dezember 2017 hinsichtlich des seitlichen Zauns auf und erklärte, sie werde hinsichtlich des straßenseitigen Zauns und des Tores aus der Ordnungsverfügung nicht vollstrecken, bevor nicht der Bauantrag vom 2. Juli 2018 bestandskräftig erledigt sei. Die Beteiligten erklärten das Verfahren übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt. 12Mit Ordnungsverfügung vom 10. Januar 2019 gab die Beklagte dem Kläger unter Ziffer I auf, den seitlichen Zaun von der Straßenkante bis zur Vorderkante der früheren Garage innerhalb von zwei Monaten nach bestandskräftiger Erledigung des Bauantrags vom 2. Juli 2018 zu beseitigen. Unter Ziffer II drohte sie ihm für den Fall, dass er der Beseitigungsanordnung nicht nachkommen sollte, die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000 Euro an. 13Den Bauantrag des Klägers vom 2. Juli 2018 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5. Februar 2019 ab, weil dem Bauvorhaben Vorschriften des Bauplanungsrechts und des Denkmalrechts entgegenstünden. 14Der Kläger hat am 21. Januar 2019 Klage gegen die Ordnungsverfügung vom 10. Januar 2019 und am 20. Februar 2019 Klage auf Erteilung der Baugenehmigung (8 K 1014/19) erhoben. 15Zur Begründung seiner Klage gegen die Ordnungsverfügung vom 10. Januar 2019 hat er im Wesentlichen sein früheres Vorbringen wiederholt. Mit seinen privaten Belangen habe sich die Beklagte nicht ausreichend auseinandergesetzt. 16In der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts hob die Vertreterin der Beklagten die in der Ordnungsverfügung vom 10. Januar 2019 ausgesprochene Zwangsgeldandrohung auf. Die Beteiligten erklärten das Verfahren insoweit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt. 17Der Kläger hat daraufhin beantragt, 18den Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2019 in der Gestalt, die er durch die Erklärung der Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erfahren hat, aufzuheben. 19Die Beklagte hat beantragt, 20die Klage abzuweisen. 21Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. 22Im Klageverfahren 4 K 15732/17 hatte er wie folgt Stellung genommen: Das Baudenkmal sei eine freistehende, repräsentative Villa. Sie sei in einer großzügigen, parkartigen Gartenanlage errichtet worden, die zur Straße hin einen recht großen, mit einzelnen Büschen oder hochwachsenden Bäumen locker bepflanzten Vorgarten ausbilde. Diese Struktur entspreche der städtebaulichen Anlage des Villengebiets I., in dem großzügige Grundstücke von mindestens 2.000 qm und damit großräumige Gartenanlagen mit Vorgärten zur repräsentativen Darstellung der Villen vorgesehen gewesen seien. Zur Straße hin sei das Verhältnis von bebauter und unbebauter Fläche, von Hochbau und Freifläche mitbestimmend. Grünflächen wechselten sich mit Bebauung ab. Der Vorgarten und der Garten seien hier im Eintragungstext auch ausdrücklich als Bestandteil des Denkmals genannt. Ein übermannshoher Zaun aus Metallgittern und blickdichten Streifen aus Kunststoff verhindere jegliche Einsicht in den Vorgarten und auf die Straßenfassade der Villa. Dies störe nicht nur das Erscheinungsbild der Villa selbst, sondern auch die städtebauliche Anlage des Villengebiets I. bezogen auf die Straße A1. Die Abschottung durch eine derartige Einfriedung, die wie eine bauliche Anlage wirke, störe das bewusst bestimmte Verhältnis von bebauten Flächen und Freiflächen. Sie lasse sich auch nicht mit der Villenarchitektur der Nachkriegsmoderne vereinbaren, die sich mit ihrer zurückhaltenden Eleganz und Offenheit an der amerikanischen Moderne orientiere. Dazu zählten auch offene Vorgärten, die nicht oder nur mit niedrigen Anlagen eingefriedet seien und deren Rasenflächen ineinander übergingen und nur punktuell durch höher wachsende Pflanzen akzentuiert seien. Die meisten Grundstücke im Villengebiet I. seien lediglich durch hoch gewachsene Pflanzen zur Straße hin abgetrennt, was durch einen entsprechenden Rückschnitt leicht behoben werden könne. 23Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. 24Der seitliche Zaun verändere das Denkmal selbst und sei nicht bloß im Hinblick auf den Umgebungsschutz zu beurteilen. Er greife substanziell in die Gestaltung des Vorgartens und optisch in das äußere Erscheinungsbild des Denkmals ein. Die erforderliche denkmalrechtliche Erlaubnis für diese Eingriffe habe der Kläger weder beantragt noch erhalten. Dem Verbleib des seitlichen Zauns stünden Gründe des Denkmalschutzes entgegen. Er beeinträchtige denkmalwertbegründende Merkmale des vorderen Wohnhauses und des zugehörigen Vorgartens derart erheblich, dass ein sachverständiger Betrachter diese denkmalwertbegründenden Merkmale nicht mehr abzulesen vermöge. Ein Erleben des Denkmals für sich betrachtet und als Bestandteil des städtebaulichen Ensembles Villengebiet I. sei nicht mehr möglich. Dem stünden keine hinreichend gewichtigen privaten Interessen des Klägers an der Beibehaltung des seitlichen Zauns gegenüber. Die Beklagte habe die Grenzen des ihr zustehenden Ermessens nicht überschritten. Sachfremde Erwägungen seien nicht zu erkennen. Die dem Kläger aufgegebene Beseitigung des seitlichen Zauns sei auch verhältnismäßig. Insbesondere sei kein milderes Mittel ersichtlich, das die Beeinträchtigung des Denkmals in gleicher Weise rückgängig machen würde. Der Einwand, die Beklagte habe ihr Ermessen gleichheitswidrig ausgeübt, sei unberechtigt. 25Am 23. September 2021 fand betreffend das Grundstück A. 4 ein Orts- und Erörterungstermin des Verwaltungsgerichts im Verfahren 4 L 1535/21 statt. Gegenstand dieses Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war die Festsetzung eines Zwangsgeldes zur Durchsetzung einer Ordnungsverfügung, mit der dem Antragsteller in jenem Verfahren die Beseitigung eines straßenseitigen Zauns auf seinem Grundstück aufgegeben worden war. Nach dem Protokoll des Orts- und Erörterungstermins gingen die Beteiligten offenbar davon aus, dass für eine straßenseitige Einfriedung des Grundstücks A. 4 die Erteilung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis grundsätzlich in Betracht komme. Der Antragsteller in jenem Verfahren erwäge insoweit zwei Varianten eines Antrags auf Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis: Die Einfriedung könnte einschließlich der in diese integrierten Tore insgesamt blickdurchlässig gestaltet werden. Dazu würden aus dem Stabgitterzaun die Lamellen entfernt. Die Plattenkonstruktion mit Briefkasten, Klingel und Lichtsteuerung bliebe erhalten. Oder die Türanlage könnte, wie vor Jahren erlaubt, aber nicht ausgeführt, bündig mit der Garage im Rahmen einer nicht blickdurchlässigen Stahlkonstruktion errichtet werden. Daran würde sich entlang der Zuwegung zum Haus auf der Gartenseite sowie auf der anderen Seite entlang der Garagenzufahrt zum dortigen Gartenteil jeweils ein circa zwei Meter hoher blickdurchlässiger Zaun bis an die Straße und entlang der Straße anschließen. In beiden Varianten würde hinter dem Zaun eine blickdichte Bepflanzung angelegt. Zusätzlich könne die beseitigte bauzeitliche blickdichte Türkonstruktion hinter dem blickdurchlässigen Zaun wiederhergestellt werden. Die Antragsgegnerin erklärte, dass sie von der weiteren Vollstreckung der Ordnungsverfügung bis zum 15. Dezember 2021 absehen werde. Sollte bis zu diesem Tag kein entsprechend den vorstehenden Überlegungen erarbeiteter Erlaubnisantrag bei ihr eingegangen sein, werde die Zwangsvollstreckung fortgesetzt. Sie werde die Vollstreckung auch dann fortsetzen, wenn ein Erlaubnisantrag abgelehnt werde. Der Antragsteller in jenem Verfahren nahm sodann seinen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und die zugehörige Klage im Verfahren 4 K 4488/21 zurück. 26Mit der von dem Senat zugelassenen Berufung trägt der Kläger vertiefend vor, dass der seitliche Zaun keiner denkmalrechtlichen Erlaubnis bedürfe, da er das Denkmal nicht beeinträchtige. Jedenfalls stünden denkmalrechtliche Belange dem Verbleib des Zauns nicht entgegen, weil die durch den Zaun bedingten Beeinträchtigungen des Denkmals, wenn man solche unterstelle, allenfalls gering seien, während eine erzwungene Beseitigung des Zauns seine eigenen privaten Belange in eklatanter Weise missachte. Die Ordnungsverfügung sei überdies sowohl ermessensfehlerhaft als auch gleichheitswidrig. Wie aus der Begründung der Eintragung in die Denkmalliste deutlich hervorgehe, habe der Vorgarten selbst keinerlei Denkmalwert. Die unbebaute Fläche des Grundstücks sei ausschließlich zur Bewahrung einer gewissen Großzügigkeit unter Denkmalschutz gestellt worden, sodass sich der Schutzzweck der Eintragung allein auf das Gebäude beziehe. Damit wirke sich der seitliche Zaun allenfalls auf die nähere Umgebung des allein geschützten vorderen Wohnhauses aus. Die bloße Verhinderung der Wahrnehmbarkeit eines Baudenkmals von der Straße her sei grundsätzlich nicht als Beeinträchtigung dieses Baudenkmals zu bewerten, da die Denkmalwürdigkeit eines Baudenkmals im Regelfall nicht durch eine solche Sichtbeziehung bestimmt werde. Jedenfalls wäre eine mögliche Beeinträchtigung des geschützten vorderen Wohnhauses durch den seitlichen Zaun nur geringfügig, denn dieser könne das Erscheinungsbild des Denkmals überhaupt nur bei einem bestimmten Blickwinkel des Betrachters beeinflussen. Zudem ergebe sich der Denkmalwert des vorderen Wohnhauses nicht daraus, dass es von der Straße aus wahrnehmbar sei, sondern aus seiner besonderen Architektur, deren Aussage durch die nur aus einer Blickrichtung unterbundene Wahrnehmbarkeit nicht nachhaltig berührt werde. Soweit das Verwaltungsgericht vornehmlich auf die Einordnung des vorderen Wohnhauses in das „Villenviertel I." abgestellt habe, sei dessen zwischenzeitliche Entwicklung unberücksichtigt geblieben. Viele der in diesem Villenviertel gelegenen Grundstücke seien heute mit vergleichbar hohen oder sogar noch höheren und massiveren Einfriedungen umgeben. Insoweit komme es nicht darauf an, ob jedes einzelne der dort aufstehenden Gebäude unter Denkmalschutz stehe. Die Begründung der Eintragung in die Denkmalliste mache die Denkmalwürdigkeit des vorderen Wohnhauses gerade an seiner integrierten Lage in dem Villenviertel fest, ohne diese Lage auf die unter Denkmalschutz gestellten Gebäude innerhalb des Villenviertels zu reduzieren. In dem Villenviertel sei eine bauliche Struktur, die sich etwa durch niedrige oder gar keine straßenseitigen Einfriedungen der Grundstücke auszeichne, weitgehend nicht gegeben, obgleich der maßgebliche Bebauungsplan vom 30. Juli 2001 (im Folgenden: Bebauungsplan) straßenseitige Einfriedungen nur bis zu einer Höhe von 1,0 m zulasse. Gegen die zahlreichen höheren Einfriedungen in der Umgebung schreite die Beklagte trotz mehrfacher entsprechender Hinweise, die er, der Kläger, gegeben habe, nicht ein und dulde damit diese Entwicklung. Früher habe auf seinem Grundstück eine dem seitlichen Zaun vergleichbar hohe Hecke gestanden, die die Wahrnehmbarkeit des vorderen Wohnhauses von der Straße aus ebenfalls eingeschränkt habe. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, eine solche Hecke ließe den Charakter einer „offenen von Grünflächen umgebenen Villa" unberührt, sei in sich widersprüchlich. Den vermeintlichen Beeinträchtigungen des Denkmals durch den seitlichen Zaun stünden seine eigenen persönlichen Belange gegenüber, die erheblich seien. Vor der Errichtung der Zäune habe es mehrere Einbruchsversuche gegeben und es sei einige Male versucht worden, sein Grundstück auszuspähen. Diese Vorkommnisse stünden im Kontext mit der Fokussierung professioneller Einbrecherbanden auf das Villenviertel I., die die Ortsgemeinschaft veranlasst habe, einen privaten Wachdienst mit dem Schutz der dortigen Grundstücke und Häuser zu beauftragen. Die Schutzfunktion des seitlichen Zauns könne nicht verneint werden, weil er, der Kläger, sich etwa bestandskräftig zur Beseitigung des straßenseitigen Zauns verpflichtet habe. Diese Verpflichtung gelte nämlich nur für den Fall, dass die von ihm beantragte Baugenehmigung für den straßenseitigen Zaun bestandskräftig versagt werden sollte. Das Verwaltungsgericht habe über seine Klage gegen die Versagung der Baugenehmigung durch die Beklagte noch nicht entschieden. Der mit den Zäunen beabsichtigte Schutz vor Einbrechern lasse sich weder durch einen an den Fenstern des vorderen Wohnhauses angebrachten Sichtschutz noch durch sonstige Schutzmaßnahmen erreichen. Der Zaun solle nämlich die Ausspähung des Grundstücks verhindern oder zumindest wesentlich erschweren und in Verbindung mit dem elektrisch betriebenen Tor ermöglichen, dass ein Fahrzeug, mit dem man auf das Grundstück fahre, dort sicher verlassen werden könne, ohne dass die Insassen befürchten müssten, beim Aussteigen überfallen zu werden. Schließlich verstoße die Beklagte mit ihrer Ordnungsverfügung gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da sie nicht gegen vergleichbare Einfriedungen von Grundstücken im Villenviertel I., etwa auf dem Grundstück A. 4, vorgehe. Vor dem Hintergrund der in dem Verfahren 4 L 1535/21 zwischen dem dortigen Antragsteller und der Beklagten getroffenen Einigung könne er unter dem Aspekt der Gleichbehandlung eine entsprechende denkmalrechtliche Erlaubnis für die von ihm errichteten Zäune und das Tor verlangen. 27Der Kläger beantragt, 28unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Köln vom 30. Oktober 2019 (4 K 377/19) die Wiederherstellungsanordnung der Beklagten vom 10. Januar 2019 (Az.: 48/2 Kr) aufzuheben. 29Die Beklagte beantragt, 30die Berufung zurückzuweisen. 31Sie hält die Denkmäler auf dem Grundstück des Klägers und auf dem Grundstück A. 4 jedenfalls im Hinblick auf die denkmalbezogenen Auswirkungen von Einfriedungen für nicht vergleichbar und ist nicht bereit, dem Kläger für die auf seinem Grundstück errichteten Zäune und das Tor eine denkmalrechtliche Erlaubnis entsprechend der für das Grundstück A. 4 angedachten Erlaubnis zu erteilen. 32Der Beigeladene stellt keinen Antrag. 33Der Vorsitzende des Senats hat die Örtlichkeit am 24. Juni 2021 in Augenschein genommen und die Sache vor Ort mit den Beteiligten erörtert. Hinsichtlich der dabei getroffenen Feststellungen wird auf das Protokoll des Ortstermins vom selben Tage verwiesen. 34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts in den Verfahren 4 K 2173/11, 4 K 1532/17, 4 L 1535/21 und 4 K 4488/21 sowie den der vorgelegten Verwaltungsvorgänge (Beiakten Hefte 1 bis 13) Bezug genommen. 35Entscheidungsgründe: 36Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung. 37Die zulässige Berufung ist unbegründet. 38Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 10. Januar 2019 ist, soweit sie nicht aufgehoben worden ist, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 39Nach § 27 Abs. 1 DSchG NRW a.F. (§ 25 Abs. 1 DSchG NRW n.F.) kann die Denkmalbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen von demjenigen, der eine nach dem Denkmalschutzgesetz erlaubnispflichtige Handlung ohne Erlaubnis durchführt, grundsätzlich die Wiederherstellung des bisherigen Zustands des Baudenkmals verlangen. 40Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift liegen im Hinblick auf die von dem Kläger verlangte Beseitigung des seitlichen Zauns im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung vor. 41Das vordere Wohnhaus auf dem Grundstück A. 3 ist einschließlich des zughörigen Gartens als Baudenkmal in die Denkmalliste der Stadt L. eingetragen und damit nach der Konstruktion des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzes ein Baudenkmal. Der Kläger hat, indem er den zu dem Baudenkmal gehörenden Vorgarten durch den besagten Zaun teilweise hat einfrieden lassen, das Baudenkmal verändert, ohne im Besitz einer dafür nach § 9 DSchG NRW a.F. erforderlichen Erlaubnis zu sein. Er hat für diese Baumaßnahme weder eine denkmalrechtliche Erlaubnis nach § 9 Abs. 1 DSchG NRW a.F. noch eine Baugenehmigung erhalten, bei deren Erteilung die Belange des Denkmalschutzes angemessen zu berücksichtigen gewesen wären (§ 9 Abs. 3 DSchG NRW a.F.). 42Allerdings hängt die Rechtmäßigkeit des Wiederherstellungsverlangens nach § 27 Abs. 1 DSchG NRW a.F. beziehungsweise § 25 Abs. 1 DSchG NRW n.F. regelmäßig davon ab, dass die formell illegale Handlung, deren Folgen durch die Wiederherstellung des bisherigen Zustands rückgängig gemacht werden sollen, nicht materiell-rechtlich erlaubnisfähig ist. 43Vgl. OVG NRW, Urteile vom 3. September 1996 – 10 A 1453/92 –, BRS 58 Nr. 32, und vom 26. September 2000 – 8 A 769/97 –, BRS 77 Nr. 166. 44Wäre die beanstandete Handlung nämlich nach den denkmalrechtlichen Vorschriften erlaubnisfähig, könnte dem Eigentümer die Veränderung des Baudenkmals oder die denkmalrechtlich relevante Veränderung seiner engeren Umgebung, die er formell illegal bereits vorgenommen hat, auf seinen entsprechenden Antrag hin nicht verwehrt werden. 45Die Errichtung des seitlichen Zauns ist nicht erlaubnisfähig. 46Nach § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW n.F. muss die Erlaubnis für die Veränderung eines Baudenkmals oder für die denkmalrechtlich relevante Veränderung seiner engeren Umgebung im Sinne des § 9 Abs. 2 DSchG NRW n.F. erteilt werden, wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder wenn – was hier nicht in Betracht kommt – ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt. 47Das Ergebnis der nicht in das Ermessen der Denkmalbehörde gestellten Entscheidung über die Erlaubnis zur Veränderung eines Baudenkmals oder zur denkmalrechtlich relevanten Veränderung seiner engeren Umgebung hängt von einer Abwägung aller für und gegen die Veränderung sprechenden Belange ab, die gerichtlich vollständig überprüfbar ist. Dabei lassen sich die Gründe des Denkmalschutzes, die die Erteilung der Erlaubnis hindern können, nicht abstrakt bestimmen, sondern müssen stets aus den Besonderheiten des zur Entscheidung stehenden konkreten Falles abgeleitet werden. Es ist bezogen auf das jeweilige Baudenkmal zu prüfen, ob und inwieweit die Schutzzwecke des Denkmalschutzgesetzes durch die beabsichtigte Veränderung gestört oder vereitelt werden könnten. 48Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. September 1996 – 10 A 1453/92 –, BRS 58 Nr. 32. 49Bei dieser Prüfung kommt den Gründen für die Unterschutzstellung besonderes Gewicht zu, da sie die mit der Unterschutzstellung verbundene Einschränkung der Eigentümerbefugnisse rechtfertigen. Die für Abwägungsentscheidung im Rahmen des § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW n.F. relevanten Gründe des Denkmalschutzes ergeben sich daher in erster Linie aus der Eintragung in die Denkmalliste und aus dem über die Unterschutzstellung erteilten Bescheid, weil darin, für den Eigentümer des Baudenkmals erkennbar, die Grundlage für die ihm auferlegte Belastung formuliert ist. 50Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Juli 2000 – 8 A 4631/97 –, juris, Rn. 35. 51Dass eine Erlaubnis nach § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW n.F. nur verweigert werden darf, wenn Gründe des Denkmalschutzes der Veränderung des Baudenkmals oder der denkmalrechtlich relevanten Veränderung seiner engeren Umgebung „entgegenstehen“, bedeutet, dass diese Gründe ein stärkeres Gewicht haben müssen als die für die geplante Veränderung streitenden Interessen. Nicht jede Beeinträchtigung denkmalrechtlicher Belange kann deshalb unter dem Etikett entgegenstehender Gründe des Denkmalschutzes die Verweigerung einer beantragten Erlaubnis für die Veränderung oder die Feststellung der materiellen Illegalität einer formell illegal durchgeführten Veränderung rechtfertigen. Anders als bei der Entscheidung über die Unterschutzstellung einer Sache, die unabhängig von privaten Interessen allein von dem Denkmalwert der Sache bestimmt wird, sollen die Erlaubnisse nach § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW n.F. gegebenenfalls dabei helfen, den Eigentümern von Baudenkmälern eine flexible, profitable und zeitgerechte Nutzung ihres Eigentums zu ermöglichen, soweit dies denkmalrechtlich vertretbar ist. 52Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. September 1996 – 10 A 1453/92 –, BRS 58 Nr. 32, m.w.N. 53Die Vorschrift soll wesentlich dazu beitragen, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 3 DSchG NRW n.F. genannte Aufgabe des Denkmalschutzes, auf eine sinnvolle Nutzung der Baudenkmäler hinzuwirken, erfüllt werden kann, um letztlich das Ziel der möglichst weitgehenden Erhaltung denkmalwerter Substanz auf Dauer zu gewährleisten (§ 8 Abs. 1 Satz 2 DSchG n.F. NRW). 54Es kann offen bleiben, ob die bestandskräftige Unterschutzstellung des Vorgartens durch die einschlägigen Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes gedeckt ist und die möglicherweise dafür zu benennenden denkmalrechtlichen Gründe der Erteilung der begehrten Erlaubnis für die Veränderung des Vorgartens durch den seitlichen Zaun entgegenstehen könnten. Jedenfalls beeinträchtigt der seitliche Zaun das Erscheinungsbild des unter Schutz gestellten vorderen Wohnhauses und der angebauten ehemaligen Garage im Sinne des § 9 Abs. 2 DSchG NRW n.F. 55Das denkmalrechtliche Erscheinungsbild im Verständnis dieser Vorschrift ist als der von außen sichtbare Teil eines Baudenkmals zu verstehen, an dem jedenfalls der sachkundige Betrachter den Denkmalwert, der dem Baudenkmal innewohnt, abzulesen vermag. Da das Erscheinungsbild des Baudenkmals mit Blick auf Maßnahmen in seiner engeren Umgebung geschützt wird, muss die Beziehung des Baudenkmals zu seiner engeren Umgebung außerdem für den Denkmalwert von Bedeutung sein. 56Vgl. OVG NRW, Urteil vom 8. März 2012 – 10 A 2037/11 –, juris, Rn. 68. 57Nach nordrhein-westfälischem Recht hängt die Denkmaleigenschaft einer Sache davon ab, ob es ein öffentliches Interesse an deren Erhaltung und Nutzung gibt. Ein solches Interesse ist zu bejahen, wenn die Sache bedeutend für die Erdgeschichte, für die Geschichte des Menschen, für die Kunst- und Kulturgeschichte, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse ist und an ihrer Erhaltung und Nutzung wegen künstlerischer, wissenschaftlicher, volkskundlicher oder städtebaulicher Bedeutung ein Interesse der Allgemeinheit besteht. Je nachdem, welche dieser Bedeutungs- und Erhaltungskategorien für die Unterschutzstellung ausschlaggebend waren und für welche Teile der Sache sie bejaht worden sind, kommt einem Baudenkmal ein individueller Aussagewert zu, der mit dem ihm innewohnenden Denkmalwert identisch ist und auch sein denkmalrechtliches Erscheinungsbild – wie es in § 9 Abs. 2 DSchG NRW n.F. geschützt ist – maßgeblich prägt. Zur Ermittlung des individuellen Aussagewertes eines Baudenkmals ist in erster Linie auf die Eintragung in der Denkmalliste und auf die ihr beigefügte Begründung abzustellen, denn nach nordrhein-westfälischem Recht ist die Eintragung für die Denkmaleigenschaft von Baudenkmälern, Gartendenkmälern und beweglichen Denkmälern konstitutiv (§ 5 Abs. 1 DSchG NRW n.F.). 58Vgl. OVG NRW, Urteil vom 8. März 2012 – 10 A 2037/11 –, juris, Rn. 69. 59Eine Beeinträchtigung des denkmalrechtlich geschützten Erscheinungsbildes eines Baudenkmals im Sinne des § 9 Abs. 2 DSchG NRW n.F. liegt vor, wenn der mit dem Erscheinungsbild angesprochene Denkmalwert durch eine Veränderung seiner Umgebung herabgesetzt wird. 60So ist es hier. Das vordere Wohnhaus und die daran angebaute ehemalige Garage erfüllen die Eintragungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 und 2 DSchG NRW n.F. jedenfalls insoweit, als deren Unterschutzstellung ihre architekturgeschichtliche Bedeutung hervorhebt und darin auch die Gründe für ihre Erhaltung und Nutzung sieht. In der Anlage zur Eintragung in die Denkmalliste heißt es dazu, dass die variationsreiche Kubatur, die Plastizität durch ihr Spiel von Höhe und Tiefe, Schräge und Gerade sowie die individuelle Grundrissgestaltung das Gebäude als einen typischen Vertreter der 50er-Jahre-Architektur auswiesen, deren Wurzeln im Neuen Bauen lägen. Ferner sei das Wohnhaus ein wichtiges Werk im Oeuvre H. I2., der zu den bekannten L3. Architekten gehöre und unter anderem auch in der N. gebaut habe. Im gerichtlichen Verfahren hat der Beigeladene ergänzend ausgeführt, dass das Baudenkmal zur Straße hin durch das Verhältnis von bebauter und unbebauter Fläche, von Hochbau und Freifläche mitbestimmt sei. Die Abschottung hinter einer dichten Einfriedung, die wie eine bauliche Anlage wirke, störe dieses bewusst bestimmte Verhältnis von bebauten Flächen und Freiflächen. Sie ließe sich auch nicht mit der Villenarchitektur der Nachkriegsmoderne vereinbaren, die sich mit ihrer zurückhaltenden Eleganz und Offenheit an der amerikanischen Moderne orientiere. Dazu zählten auch offene, nur niedrig oder gar nicht umfriedete Vorgärten, deren Rasenflächen ineinander übergingen und nur punktuell durch höher wachsende Pflanzen akzentuiert würden. Diese in zulässiger Weise konkretisierte Beschreibung des Denkmalwertes des vorderen Wohnhauses und der ehemaligen Garage durch den in besonderem Maße sach- und fachkundigen Beigeladenen macht sich der Senat zu eigen. Sie entspricht im Hinblick auf ihre tatsächlichen Grundlagen den Eindrücken, die der Vorsitzende des Senats bei einer Ortsbesichtigung gewonnen hat. Diese Eindrücke hat der Vorsitzende dem Senat anhand der bei der Ortsbesichtigung gefertigten Fotos vermittelt. 61Der geschlossene seitliche Zaun, der mit mehr als 2,0 m Höhe den Vorgarten in seiner gesamten Tiefe wie eine Wand durchschneidet, steht in krassem Gegensatz zu der oben beschriebenen Offenheit, auf die die architektonische Gestaltung des vorderen Wohnhauses angewiesen ist, um in der beabsichtigten Weise wirken zu können, und die nach dem Vorstehenden seinen Denkmalwert mitbestimmt. 62In dem Wunsch des Klägers nach einer Ausweitung seiner Privatsphäre, die auch den Vorgartenbereich und die auf seinem Grundstück liegende Zuwegung zu dem vorderen Wohnhaus erfassen soll, sieht der Senat keinen Belang, der mit den vorstehend beschriebenen denkmalrechtlichen Belangen zumindest gleichgewichtig wäre. Dies gilt ebenfalls, soweit er dafür ein mit der gehobenen Wohnlage begründetes besonderes Sicherheitsbedürfnis geltend macht. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass entlang der an die Straße grenzenden Seite des Grundstücks kein entsprechender Zaun errichtet werden darf. Nach den gestalterischen Festsetzungen des Bebauungsplans sind zu den angrenzenden Straßenverkehrsflächen Einfriedungen nur bis zu einer Gesamthöhe von 1,0 m zulässig. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass der Bebauungsplan oder jedenfalls die besagte Festsetzung etwa wegen Funktionslosigkeit unwirksam sein könnte, sind nicht ersichtlich. 63Bebauungspläne oder einzelne ihrer Festsetzungen sind nur in äußerst seltenen Fällen funktionslos. Eine Festsetzung tritt nur dann außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Entscheidend ist, ob die Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. 64Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1998 – 4 CN 3.97 –, juris, Rn. 22. 65Allein der Umstand, dass es Grundstücke im Geltungsbereich des Bebauungsplans gibt, die diesen Vorgaben nicht entsprechen, reicht also für eine Funktionslosigkeit nicht aus. 66Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von der gestalterischen Festsetzung haben könnte. Vielmehr spricht Überwiegendes dafür, dass eine solche Befreiung ausscheidet, weil sie die Grundzüge der Planung berühren würde. 67Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der Umplanung möglich ist. Die Befreiung kann nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseitezuschieben. Sie darf – jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind – nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen. 68Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 1999 – 4 B 5.99 –, juris, Rn. 6. 69Letzteres ist hier der Fall, denn der Kläger macht für die Erforderlichkeit des Zauns ein Sicherheitsbedürfnis geltend, das nach seinem Vortrag für alle Grundstücke im Villenviertel I. gleichermaßen vorliegt. Die mit der fraglichen Festsetzung bezweckte einheitliche Gestaltung des Straßenbildes als wesentlicher Aspekt der insoweit verfolgten Planungskonzeption würde verfehlt, wenn für eine unbestimmte Zahl von Grundstücken oder gar für alle Grundstücke im Plangebiet straßenseitige Einfriedungen von mehr als 1,0 m Höhe durch die Erteilung von Befreiungen gestattet würden. 70Kann der Kläger eine Baugenehmigung für den ohne eine solche Genehmigung errichteten, mehr als 2,0 m hohen straßenseitigen Zaun und das darin integrierte Tor nicht erhalten, wäre hier der zu seinen Gunsten sprechende Belang der Privatsphäre und des Sicherheitsbedürfnisses ohnehin insgesamt hinfällig. 71Überdies ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger, der das Grundstück mit dem vorderen Wohnhaus in Kenntnis seiner Denkmaleigenschaft und der damit verbundenen Einschränkungen im Hinblick auf bauliche Veränderungen erworben hat, sein Sicherheitsbedürfnis und seinen Wunsch nach mehr Privatsphäre auch auf eine Weise befriedigen könnte, die das Erscheinungsbild des vorderen Wohnhauses weniger beeinträchtigen würde, als die besagten Zäune und das Tor. 72Der Einwand des Klägers, die Beklagte verstoße mit ihrer Ordnungsverfügung gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da sie nicht gegen vergleichbare Einfriedungen von Grundstücken im Villenviertel I., etwa auf dem Grundstück A. 4, vorgehe, ist unberechtigt. 73Es ist anerkannt, dass eine ordnungsrechtliche Beseitigungsanordnung von dem Adressaten nicht allein mit dem Argument abgewehrt werden kann, die Behörde schreite gegen Rechtsverstöße in vergleichbaren anderen Fällen nicht ein. Art. 3 Abs. 1 GG gewährt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Dieser Grundsatz entbindet die Behörde allerdings nicht von der Verpflichtung, ihre ordnungsrechtliche Tätigkeit maßgeblich auch am Gleichheitssatz auszurichten. Ermächtigt das Gesetz dazu, unter bestimmten Voraussetzungen etwa die Beseitigung von baulichen Anlagen anzuordnen, so lässt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG die Forderung ableiten, das eingeräumte Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in allen vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Das bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen jedoch nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Entschließt sie sich zu einem Einschreiten, so ist es ihr unbenommen, die Verhältnisse nach und nach zu bereinigen. Ihr ist es indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Beschränkt sie sich darauf, einen Einzelfall herauszugreifen, so handelt sie dem Gleichbehandlungsgebot zuwider, es sei denn, dass sie hierfür sachliche Gründe anzuführen vermag. 74Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. April 1995 – 4 B 55.95 –, juris, Rn. 4 f.; OVG NRW, Urteil vom 7. April 2014 – 10 A 1814/12 –, juris, Rn. 47. 75Da es hier um eine denkmalrechtliche Ordnungsverfügung auf der Grundlage einer denkmalrechtlichen Ermächtigung geht, ist die Betrachtung auf solche Grundstücke zu beschränken, auf denen ein Baudenkmal steht, welches nach seiner Unterschutzstellung ohne die erforderliche Erlaubnis oder Genehmigung verändert oder dessen Erscheinungsbild durch bauliche Maßnahmen in seiner engeren Umgebung beeinträchtigt worden ist. Gegen den Eigentümer des Grundstücks A. 4 hat die Beklagte im Hinblick auf die formell illegal errichtete Einfriedung dieses Grundstücks eine denkmalrechtliche Beseitigungsanordnung mit dem Ziel der Wiederherstellung des bisherigen Zustands erlassen. Der Eigentümer hat die gegen ihn eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen zur Durchsetzung der Beseitigungsanordnung mit einer Klage bei dem Verwaltungsgericht angegriffen. Die Klage hat er zurückgenommen, nachdem die Beklagte in einem im Rahmen des Klageverfahrens durchgeführten Ortstermin zugesagt hat, über die Erteilung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis für eine veränderte Einfriedung nach einem entsprechenden Antrag des Eigentümers neu zu entscheiden. Dass damit auch eine Aussage über die baurechtliche Zulässigkeit einer künftigen Einfriedung getroffen werden sollte, lässt sich dem Protokoll des Verwaltungsgerichts nicht entnehmen. Soweit der Kläger – quasi ins Blaue hinein – pauschal eine Ungleichbehandlung gegenüber dem Eigentümer des Grundstücks A. 4 und gegenüber weiteren Denkmaleigentümern beklagt, legt er nicht ansatzweise dar, inwieweit die Fälle, die er meint, mit seinem eigenen überhaupt vergleichbar sind und die behauptete ungleiche Behandlung willkürlich ist. So ist die unter Denkmalschutz stehende Bebauung auf dem Grundstück A. 4 in vielerlei Hinsicht anders gestaltet als die Bebauung auf dem Grundstück des Klägers und sind die Gründe für ihre Unterschutzstellung jeweils andere. Der Denkmalwert des Gebäudes auf dem Grundstück A. 4, das mehr oder weniger zentral auf dem teils modellierten Gelände errichtet ist, sodass sich ein Vorgarten wie auf dem Grundstück des Klägers nicht klar abgrenzen lässt, wird vornehmlich daraus abgeleitet, dass es ein besonderes Beispiel für das organische Bauen sei. Der Umstand, dass die Beklagte gleichwohl die Einfriedung des Grundstücks ursprünglich als mit den Gründen des Denkmalschutzes nicht vereinbar angesehen hat und nicht nachvollziehbar sein mag, aus welchen Gründen sie von dieser rechtlichen Einschätzung möglicherweise abgerückt ist, lässt nicht auf eine willkürliche Ungleichbehandlung der beiden in Rede stehenden Fälle schließen. Soweit die Beklagte erwägen sollte, dem Eigentümer des Grundstück A. 4 neben einer denkmalrechtlichen Erlaubnis für die Einfriedung seines Grundstücks hinsichtlich der Höhe dieser Einfriedung eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu erteilen, wäre diese Befreiung nach dem Vorstehenden vermutlich rechtswidrig. Auf eine solche Befreiung könnte sich der Kläger allerdings nicht berufen, denn er kann nicht verlangen, dass zu seinen Gunsten aus Gründen der Gleichbehandlung ein begünstigender Verwaltungsakt erlassen wird, für den die rechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Die Beklagte mag in einem solchen Fall überlegen, ob sich die jeweilige Behandlung der sich quasi gegenüberliegenden Grundstücke mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung vereinbaren lässt. 76Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. 77Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 78Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. | die berufung wird zurückgewiesen. der kläger trägt die kosten des berufungsverfahrens mit ausnahme der außergerichtlichen kosten des beigeladenen, die dieser selbst trägt. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 von hundert des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 von hundert des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird nicht zuglassen. 1 | 2der kläger ist seit 2009 eigentümer des mit einem wohnhaus bebauten grundstücks a. 3 in l.-i. (gemarkung s., flur 15, flurstück 973) (im folgenden: grundstück). 3im dezember 1997 trug die beklagte das wohnhaus (im folgenden: vorderes wohnhaus) nebst garage, vorgarten und garten als baudenkmal in die denkmalliste ein. in dem der eintragung als anlage beigefügten gutachten heißt es zu den wesentlichen charakteristischen merkmalen des denkmals unter anderem: 4das vordere wohnhaus sei 1958-60 gebaut worden. der architekt sei h. i1., der bauherr l1. l2. gewesen. es handele sich um ein eingeschossiges, freistehendes einfamilienhaus über winkelförmigem grundriss mit geschlemmter, ursprünglich backsteinsichtiger fassade, das teilweise unterkellert sei. durch zwei pultdächer unterschiedlicher tiefe sei die kubatur in der tiefe und in der höhe gestaffelt. die erneuerten metallfenster mit originalen gittern lägen in der mauerflucht. die westliche straßenfront habe vier hochrechteckige fenster. südlich schließe sich an das gebäude eine geschlemmte backsteinmauer an. nördlich grenze die stirnseite der weit zurückliegenden, mit dem gebäude verbundenen, geschlemmten backsteingarage an. ein metallzaun liege in etwa in der gebäudeflucht. die garage, der vorgarten und garten (überwiegend rasen, rabatten, unregelmäßige bepflanzung und teich mit bruchsteineinfassung) seien bestandteile des denkmals. der 1949 neugegründete i. sei der jüngste ort der gemeinde s1., wobei dort erst nach dem 2. weltkrieg eine umfangreiche bebauung nach einheitlichen bauauflagen erfolgt sei. charakteristisch seien unter anderem die grundstücksgrößen von mindestens 2.000 qm, die raum für ausgedehnte gartenanlagen böten. das vordere wohnhaus sei integraler bestandteil des baulichen und wegen seiner einheitlichen bauauflagen auch städtebaulichen ensembles „villenvorort i.“. seine variationsreiche kubatur, deren plastizität durch ihr spiel von höhe und tiefe, schräge und gerade sowie der individuelle grundriss wiesen es als einen typischen vertreter der 1950er-jahre-architektur aus, deren wurzeln im neuen bauen lägen. es sei ein wichtiges werk im oeuvre h. i2., der zu den bekannten l3. architekten gehöre und unter anderem auch in der n. gebaut habe (p. 194, erbaut 1946-50). 5etwa 2012 wurde auf einem teil der rückwärtigen gartenfläche des grundstücks ein zweites wohnhaus mit der bezeichnung a. 3a errichtet (im folgenden: hinteres wohnhaus). die zufahrt zu diesem wohnhaus von der straße aus führt an der nördlichen grundstücksgrenze entlang. 6der kläger bewohnte das vordere wohnhaus bis mitte 2021. in abstimmung mit der beklagten ließ er 2016 und 2017 die zum vorderen wohnhaus gehörende garage umbauen und um mehrere wohnräume erweitern. die frühere garage wird nun nicht mehr als solche genutzt. die ehemalige haustür und die daneben ursprünglich vorhandene wand aus glasbausteinen ließ der kläger entfernen und vor die öffnung einen geschlossenen, ganz überwiegend aus glas gefertigten windfang setzen, in den die jetzige haustür integriert ist und der den zugang von den wohnräumen im altgebäude zu der früheren garage und zu den daran angebauten wohnräumen bildet. 7anfang februar 2017 stellte die beklagte fest, dass der kläger den vorgarten des vorderen wohnhauses sowohl zur straße hin (im folgenden: straßenseitiger zaun) als auch entlang der zufahrt zu dem hinteren wohnhaus (im folgenden: seitlicher zaun) mit einem etwa 2,10 m hohen stahlgitterzaun mit eingezogenen streifen aus blickdichtem kunststoff hatte einfrieden und in den straßenseitigen zaun ein etwa 1,80 m hohes, elektrisch betriebenes geschlossenes tor aus aluminium hatte einbauen lassen. 8unter dem 16. november 2017 hörte die beklagte den kläger zum erlass einer von ihr beabsichtigten ordnungsverfügung an, mit dem ihm die beseitigung des seitlichen und des straßenseitigen zauns sowie des tores aufgegeben werden sollte. der kläger wies darauf hin, dass das grundstück vor der errichtung der zäune von einer ursprünglich deutlich über 2,10 m hohen hecke umgeben gewesen sei. entlang des straßenseitigen zauns solle eine neue hecke angelegt werden und eine höhe von 2,10 m erreichen, sodass der zaun optisch nicht mehr auffallen werde. im übrigen orientiere sich der straßenseitige zaun an den straßenseitigen einfriedungen der grundstücke a. 2 und 4. die zäune seien zum schutz vor einbrüchen und überfällen sowie als sichtschutz zur wahrung seiner privatsphäre erforderlich. zweimal hätten unbekannte versucht, in sein haus einzudringen. ohne die zäune könne insbesondere der gläserne windfang von der straße aus ungehindert eingesehen werden, was die vorbereitung von einbrüchen erleichtere. sowohl die polizei als auch seine hausratversicherung hätten ihm geraten, für einen sichtschutz zu sorgen. 9die beklagte erließ unter dem 7. dezember 2017 eine ordnungsverfügung, mit der sie dem kläger aufgab, den straßenseitigen zaun einschließlich des tores sowie den seitlichen zaun zu beseitigen. 10gegen die ordnungsverfügung erhob der kläger am 13. dezember 2017 klage bei dem verwaltungsgericht (4 k 15732/17) und beantragte bei der beklagten unter dem 2. juli 2018 die erteilung einer baugenehmigung für die besagten zäune und das tor. 11anlässlich eines von dem verwaltungsgericht anberaumten erörterungstermins hob die beklagte die ordnungsverfügung vom 7. dezember 2017 hinsichtlich des seitlichen zauns auf und erklärte, sie werde hinsichtlich des straßenseitigen zauns und des tores aus der ordnungsverfügung nicht vollstrecken, bevor nicht der bauantrag vom 2. juli 2018 bestandskräftig erledigt sei. die beteiligten erklärten das verfahren übereinstimmend für in der hauptsache erledigt. 12mit ordnungsverfügung vom 10. januar 2019 gab die beklagte dem kläger unter ziffer i auf, den seitlichen zaun von der straßenkante bis zur vorderkante der früheren garage innerhalb von zwei monaten nach bestandskräftiger erledigung des bauantrags vom 2. juli 2018 zu beseitigen. unter ziffer ii drohte sie ihm für den fall, dass er der beseitigungsanordnung nicht nachkommen sollte, die festsetzung eines zwangsgeldes in höhe von 1.000 euro an. 13den bauantrag des klägers vom 2. juli 2018 lehnte die beklagte mit bescheid vom 5. februar 2019 ab, weil dem bauvorhaben vorschriften des bauplanungsrechts und des denkmalrechts entgegenstünden. 14der kläger hat am 21. januar 2019 klage gegen die ordnungsverfügung vom 10. januar 2019 und am 20. februar 2019 klage auf erteilung der baugenehmigung (8 k 1014/19) erhoben. 15zur begründung seiner klage gegen die ordnungsverfügung vom 10. januar 2019 hat er im wesentlichen sein früheres vorbringen wiederholt. mit seinen privaten belangen habe sich die beklagte nicht ausreichend auseinandergesetzt. 16in der mündlichen verhandlung des verwaltungsgerichts hob die vertreterin der beklagten die in der ordnungsverfügung vom 10. januar 2019 ausgesprochene zwangsgeldandrohung auf. die beteiligten erklärten das verfahren insoweit übereinstimmend für in der hauptsache erledigt. 17der kläger hat daraufhin beantragt, 18den bescheid der beklagten vom 10. januar 2019 in der gestalt, die er durch die erklärung der vertreterin der beklagten in der mündlichen verhandlung erfahren hat, aufzuheben. 19die beklagte hat beantragt, 20die klage abzuweisen. 21der beigeladene hat keinen antrag gestellt. 22im klageverfahren 4 k 15732/17 hatte er wie folgt stellung genommen: das baudenkmal sei eine freistehende, repräsentative villa. sie sei in einer großzügigen, parkartigen gartenanlage errichtet worden, die zur straße hin einen recht großen, mit einzelnen büschen oder hochwachsenden bäumen locker bepflanzten vorgarten ausbilde. diese struktur entspreche der städtebaulichen anlage des villengebiets i., in dem großzügige grundstücke von mindestens 2.000 qm und damit großräumige gartenanlagen mit vorgärten zur repräsentativen darstellung der villen vorgesehen gewesen seien. zur straße hin sei das verhältnis von bebauter und unbebauter fläche, von hochbau und freifläche mitbestimmend. grünflächen wechselten sich mit bebauung ab. der vorgarten und der garten seien hier im eintragungstext auch ausdrücklich als bestandteil des denkmals genannt. ein übermannshoher zaun aus metallgittern und blickdichten streifen aus kunststoff verhindere jegliche einsicht in den vorgarten und auf die straßenfassade der villa. dies störe nicht nur das erscheinungsbild der villa selbst, sondern auch die städtebauliche anlage des villengebiets i. bezogen auf die straße a1. die abschottung durch eine derartige einfriedung, die wie eine bauliche anlage wirke, störe das bewusst bestimmte verhältnis von bebauten flächen und freiflächen. sie lasse sich auch nicht mit der villenarchitektur der nachkriegsmoderne vereinbaren, die sich mit ihrer zurückhaltenden eleganz und offenheit an der amerikanischen moderne orientiere. dazu zählten auch offene vorgärten, die nicht oder nur mit niedrigen anlagen eingefriedet seien und deren rasenflächen ineinander übergingen und nur punktuell durch höher wachsende pflanzen akzentuiert seien. die meisten grundstücke im villengebiet i. seien lediglich durch hoch gewachsene pflanzen zur straße hin abgetrennt, was durch einen entsprechenden rückschnitt leicht behoben werden könne. 23das verwaltungsgericht hat die klage abgewiesen. 24der seitliche zaun verändere das denkmal selbst und sei nicht bloß im hinblick auf den umgebungsschutz zu beurteilen. er greife substanziell in die gestaltung des vorgartens und optisch in das äußere erscheinungsbild des denkmals ein. die erforderliche denkmalrechtliche erlaubnis für diese eingriffe habe der kläger weder beantragt noch erhalten. dem verbleib des seitlichen zauns stünden gründe des denkmalschutzes entgegen. er beeinträchtige denkmalwertbegründende merkmale des vorderen wohnhauses und des zugehörigen vorgartens derart erheblich, dass ein sachverständiger betrachter diese denkmalwertbegründenden merkmale nicht mehr abzulesen vermöge. ein erleben des denkmals für sich betrachtet und als bestandteil des städtebaulichen ensembles villengebiet i. sei nicht mehr möglich. dem stünden keine hinreichend gewichtigen privaten interessen des klägers an der beibehaltung des seitlichen zauns gegenüber. die beklagte habe die grenzen des ihr zustehenden ermessens nicht überschritten. sachfremde erwägungen seien nicht zu erkennen. die dem kläger aufgegebene beseitigung des seitlichen zauns sei auch verhältnismäßig. insbesondere sei kein milderes mittel ersichtlich, das die beeinträchtigung des denkmals in gleicher weise rückgängig machen würde. der einwand, die beklagte habe ihr ermessen gleichheitswidrig ausgeübt, sei unberechtigt. 25am 23. september 2021 fand betreffend das grundstück a. 4 ein orts- und erörterungstermin des verwaltungsgerichts im verfahren 4 l 1535/21 statt. gegenstand dieses verfahrens auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes war die festsetzung eines zwangsgeldes zur durchsetzung einer ordnungsverfügung, mit der dem antragsteller in jenem verfahren die beseitigung eines straßenseitigen zauns auf seinem grundstück aufgegeben worden war. nach dem protokoll des orts- und erörterungstermins gingen die beteiligten offenbar davon aus, dass für eine straßenseitige einfriedung des grundstücks a. 4 die erteilung einer denkmalrechtlichen erlaubnis grundsätzlich in betracht komme. der antragsteller in jenem verfahren erwäge insoweit zwei varianten eines antrags auf erteilung einer entsprechenden erlaubnis: die einfriedung könnte einschließlich der in diese integrierten tore insgesamt blickdurchlässig gestaltet werden. dazu würden aus dem stabgitterzaun die lamellen entfernt. die plattenkonstruktion mit briefkasten, klingel und lichtsteuerung bliebe erhalten. oder die türanlage könnte, wie vor jahren erlaubt, aber nicht ausgeführt, bündig mit der garage im rahmen einer nicht blickdurchlässigen stahlkonstruktion errichtet werden. daran würde sich entlang der zuwegung zum haus auf der gartenseite sowie auf der anderen seite entlang der garagenzufahrt zum dortigen gartenteil jeweils ein circa zwei meter hoher blickdurchlässiger zaun bis an die straße und entlang der straße anschließen. in beiden varianten würde hinter dem zaun eine blickdichte bepflanzung angelegt. zusätzlich könne die beseitigte bauzeitliche blickdichte türkonstruktion hinter dem blickdurchlässigen zaun wiederhergestellt werden. die antragsgegnerin erklärte, dass sie von der weiteren vollstreckung der ordnungsverfügung bis zum 15. dezember 2021 absehen werde. sollte bis zu diesem tag kein entsprechend den vorstehenden überlegungen erarbeiteter erlaubnisantrag bei ihr eingegangen sein, werde die zwangsvollstreckung fortgesetzt. sie werde die vollstreckung auch dann fortsetzen, wenn ein erlaubnisantrag abgelehnt werde. der antragsteller in jenem verfahren nahm sodann seinen antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes und die zugehörige klage im verfahren 4 k 4488/21 zurück. 26mit der von dem senat zugelassenen berufung trägt der kläger vertiefend vor, dass der seitliche zaun keiner denkmalrechtlichen erlaubnis bedürfe, da er das denkmal nicht beeinträchtige. jedenfalls stünden denkmalrechtliche belange dem verbleib des zauns nicht entgegen, weil die durch den zaun bedingten beeinträchtigungen des denkmals, wenn man solche unterstelle, allenfalls gering seien, während eine erzwungene beseitigung des zauns seine eigenen privaten belange in eklatanter weise missachte. die ordnungsverfügung sei überdies sowohl ermessensfehlerhaft als auch gleichheitswidrig. wie aus der begründung der eintragung in die denkmalliste deutlich hervorgehe, habe der vorgarten selbst keinerlei denkmalwert. die unbebaute fläche des grundstücks sei ausschließlich zur bewahrung einer gewissen großzügigkeit unter denkmalschutz gestellt worden, sodass sich der schutzzweck der eintragung allein auf das gebäude beziehe. damit wirke sich der seitliche zaun allenfalls auf die nähere umgebung des allein geschützten vorderen wohnhauses aus. die bloße verhinderung der wahrnehmbarkeit eines baudenkmals von der straße her sei grundsätzlich nicht als beeinträchtigung dieses baudenkmals zu bewerten, da die denkmalwürdigkeit eines baudenkmals im regelfall nicht durch eine solche sichtbeziehung bestimmt werde. jedenfalls wäre eine mögliche beeinträchtigung des geschützten vorderen wohnhauses durch den seitlichen zaun nur geringfügig, denn dieser könne das erscheinungsbild des denkmals überhaupt nur bei einem bestimmten blickwinkel des betrachters beeinflussen. zudem ergebe sich der denkmalwert des vorderen wohnhauses nicht daraus, dass es von der straße aus wahrnehmbar sei, sondern aus seiner besonderen architektur, deren aussage durch die nur aus einer blickrichtung unterbundene wahrnehmbarkeit nicht nachhaltig berührt werde. soweit das verwaltungsgericht vornehmlich auf die einordnung des vorderen wohnhauses in das „villenviertel i." abgestellt habe, sei dessen zwischenzeitliche entwicklung unberücksichtigt geblieben. viele der in diesem villenviertel gelegenen grundstücke seien heute mit vergleichbar hohen oder sogar noch höheren und massiveren einfriedungen umgeben. insoweit komme es nicht darauf an, ob jedes einzelne der dort aufstehenden gebäude unter denkmalschutz stehe. die begründung der eintragung in die denkmalliste mache die denkmalwürdigkeit des vorderen wohnhauses gerade an seiner integrierten lage in dem villenviertel fest, ohne diese lage auf die unter denkmalschutz gestellten gebäude innerhalb des villenviertels zu reduzieren. in dem villenviertel sei eine bauliche struktur, die sich etwa durch niedrige oder gar keine straßenseitigen einfriedungen der grundstücke auszeichne, weitgehend nicht gegeben, obgleich der maßgebliche bebauungsplan vom 30. juli 2001 (im folgenden: bebauungsplan) straßenseitige einfriedungen nur bis zu einer höhe von 1,0 m zulasse. gegen die zahlreichen höheren einfriedungen in der umgebung schreite die beklagte trotz mehrfacher entsprechender hinweise, die er, der kläger, gegeben habe, nicht ein und dulde damit diese entwicklung. früher habe auf seinem grundstück eine dem seitlichen zaun vergleichbar hohe hecke gestanden, die die wahrnehmbarkeit des vorderen wohnhauses von der straße aus ebenfalls eingeschränkt habe. die annahme des verwaltungsgerichts, eine solche hecke ließe den charakter einer „offenen von grünflächen umgebenen villa" unberührt, sei in sich widersprüchlich. den vermeintlichen beeinträchtigungen des denkmals durch den seitlichen zaun stünden seine eigenen persönlichen belange gegenüber, die erheblich seien. vor der errichtung der zäune habe es mehrere einbruchsversuche gegeben und es sei einige male versucht worden, sein grundstück auszuspähen. diese vorkommnisse stünden im kontext mit der fokussierung professioneller einbrecherbanden auf das villenviertel i., die die ortsgemeinschaft veranlasst habe, einen privaten wachdienst mit dem schutz der dortigen grundstücke und häuser zu beauftragen. die schutzfunktion des seitlichen zauns könne nicht verneint werden, weil er, der kläger, sich etwa bestandskräftig zur beseitigung des straßenseitigen zauns verpflichtet habe. diese verpflichtung gelte nämlich nur für den fall, dass die von ihm beantragte baugenehmigung für den straßenseitigen zaun bestandskräftig versagt werden sollte. das verwaltungsgericht habe über seine klage gegen die versagung der baugenehmigung durch die beklagte noch nicht entschieden. der mit den zäunen beabsichtigte schutz vor einbrechern lasse sich weder durch einen an den fenstern des vorderen wohnhauses angebrachten sichtschutz noch durch sonstige schutzmaßnahmen erreichen. der zaun solle nämlich die ausspähung des grundstücks verhindern oder zumindest wesentlich erschweren und in verbindung mit dem elektrisch betriebenen tor ermöglichen, dass ein fahrzeug, mit dem man auf das grundstück fahre, dort sicher verlassen werden könne, ohne dass die insassen befürchten müssten, beim aussteigen überfallen zu werden. schließlich verstoße die beklagte mit ihrer ordnungsverfügung gegen den grundsatz der gleichbehandlung, da sie nicht gegen vergleichbare einfriedungen von grundstücken im villenviertel i., etwa auf dem grundstück a. 4, vorgehe. vor dem hintergrund der in dem verfahren 4 l 1535/21 zwischen dem dortigen antragsteller und der beklagten getroffenen einigung könne er unter dem aspekt der gleichbehandlung eine entsprechende denkmalrechtliche erlaubnis für die von ihm errichteten zäune und das tor verlangen. 27der kläger beantragt, 28unter abänderung des urteils des verwaltungsgerichts köln vom 30. oktober 2019 (4 k 377/19) die wiederherstellungsanordnung der beklagten vom 10. januar 2019 (az.: 48/2 kr) aufzuheben. 29die beklagte beantragt, 30die berufung zurückzuweisen. 31sie hält die denkmäler auf dem grundstück des klägers und auf dem grundstück a. 4 jedenfalls im hinblick auf die denkmalbezogenen auswirkungen von einfriedungen für nicht vergleichbar und ist nicht bereit, dem kläger für die auf seinem grundstück errichteten zäune und das tor eine denkmalrechtliche erlaubnis entsprechend der für das grundstück a. 4 angedachten erlaubnis zu erteilen. 32der beigeladene stellt keinen antrag. 33der vorsitzende des senats hat die örtlichkeit am 24. juni 2021 in augenschein genommen und die sache vor ort mit den beteiligten erörtert. hinsichtlich der dabei getroffenen feststellungen wird auf das protokoll des ortstermins vom selben tage verwiesen. 34wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der gerichtsakten des verwaltungsgerichts in den verfahren 4 k 2173/11, 4 k 1532/17, 4 l 1535/21 und 4 k 4488/21 sowie den der vorgelegten verwaltungsvorgänge (beiakten hefte 1 bis 13) bezug genommen. 35 | 36der senat entscheidet im einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung. 37die zulässige berufung ist unbegründet. 38die klage ist zulässig, aber nicht begründet. die ordnungsverfügung der beklagten vom 10. januar 2019 ist, soweit sie nicht aufgehoben worden ist, rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 39nach § 27 abs. 1 dschg nrw a.f. (§ 25 abs. 1 dschg nrw n.f.) kann die denkmalbehörde nach pflichtgemäßem ermessen von demjenigen, der eine nach dem denkmalschutzgesetz erlaubnispflichtige handlung ohne erlaubnis durchführt, grundsätzlich die wiederherstellung des bisherigen zustands des baudenkmals verlangen. 40die tatbestandsvoraussetzungen dieser vorschrift liegen im hinblick auf die von dem kläger verlangte beseitigung des seitlichen zauns im zeitpunkt des erlasses der ordnungsverfügung vor. 41das vordere wohnhaus auf dem grundstück a. 3 ist einschließlich des zughörigen gartens als baudenkmal in die denkmalliste der stadt l. eingetragen und damit nach der konstruktion des nordrhein-westfälischen denkmalschutzes ein baudenkmal. der kläger hat, indem er den zu dem baudenkmal gehörenden vorgarten durch den besagten zaun teilweise hat einfrieden lassen, das baudenkmal verändert, ohne im besitz einer dafür nach § 9 dschg nrw a.f. erforderlichen erlaubnis zu sein. er hat für diese baumaßnahme weder eine denkmalrechtliche erlaubnis nach § 9 abs. 1 dschg nrw a.f. noch eine baugenehmigung erhalten, bei deren erteilung die belange des denkmalschutzes angemessen zu berücksichtigen gewesen wären (§ 9 abs. 3 dschg nrw a.f.). 42allerdings hängt die rechtmäßigkeit des wiederherstellungsverlangens nach § 27 abs. 1 dschg nrw a.f. beziehungsweise § 25 abs. 1 dschg nrw n.f. regelmäßig davon ab, dass die formell illegale handlung, deren folgen durch die wiederherstellung des bisherigen zustands rückgängig gemacht werden sollen, nicht materiell-rechtlich erlaubnisfähig ist. 43vgl. ovg nrw, urteile vom 3. september 1996 – 10 a 1453/92 –, brs 58 nr. 32, und vom 26. september 2000 – 8 a 769/97 –, brs 77 nr. 166. 44wäre die beanstandete handlung nämlich nach den denkmalrechtlichen vorschriften erlaubnisfähig, könnte dem eigentümer die veränderung des baudenkmals oder die denkmalrechtlich relevante veränderung seiner engeren umgebung, die er formell illegal bereits vorgenommen hat, auf seinen entsprechenden antrag hin nicht verwehrt werden. 45die errichtung des seitlichen zauns ist nicht erlaubnisfähig. 46nach § 9 abs. 3 satz 1 dschg nrw n.f. muss die erlaubnis für die veränderung eines baudenkmals oder für die denkmalrechtlich relevante veränderung seiner engeren umgebung im sinne des § 9 abs. 2 dschg nrw n.f. erteilt werden, wenn gründe des denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder wenn – was hier nicht in betracht kommt – ein überwiegendes öffentliches interesse die maßnahme verlangt. 47das ergebnis der nicht in das ermessen der denkmalbehörde gestellten entscheidung über die erlaubnis zur veränderung eines baudenkmals oder zur denkmalrechtlich relevanten veränderung seiner engeren umgebung hängt von einer abwägung aller für und gegen die veränderung sprechenden belange ab, die gerichtlich vollständig überprüfbar ist. dabei lassen sich die gründe des denkmalschutzes, die die erteilung der erlaubnis hindern können, nicht abstrakt bestimmen, sondern müssen stets aus den besonderheiten des zur entscheidung stehenden konkreten falles abgeleitet werden. es ist bezogen auf das jeweilige baudenkmal zu prüfen, ob und inwieweit die schutzzwecke des denkmalschutzgesetzes durch die beabsichtigte veränderung gestört oder vereitelt werden könnten. 48vgl. ovg nrw, urteil vom 3. september 1996 – 10 a 1453/92 –, brs 58 nr. 32. 49bei dieser prüfung kommt den gründen für die unterschutzstellung besonderes gewicht zu, da sie die mit der unterschutzstellung verbundene einschränkung der eigentümerbefugnisse rechtfertigen. die für abwägungsentscheidung im rahmen des § 9 abs. 3 satz 1 dschg nrw n.f. relevanten gründe des denkmalschutzes ergeben sich daher in erster linie aus der eintragung in die denkmalliste und aus dem über die unterschutzstellung erteilten bescheid, weil darin, für den eigentümer des baudenkmals erkennbar, die grundlage für die ihm auferlegte belastung formuliert ist. 50vgl. ovg nrw, urteil vom 27. juli 2000 – 8 a 4631/97 –, juris, rn. 35. 51dass eine erlaubnis nach § 9 abs. 3 satz 1 dschg nrw n.f. nur verweigert werden darf, wenn gründe des denkmalschutzes der veränderung des baudenkmals oder der denkmalrechtlich relevanten veränderung seiner engeren umgebung „entgegenstehen“, bedeutet, dass diese gründe ein stärkeres gewicht haben müssen als die für die geplante veränderung streitenden interessen. nicht jede beeinträchtigung denkmalrechtlicher belange kann deshalb unter dem etikett entgegenstehender gründe des denkmalschutzes die verweigerung einer beantragten erlaubnis für die veränderung oder die feststellung der materiellen illegalität einer formell illegal durchgeführten veränderung rechtfertigen. anders als bei der entscheidung über die unterschutzstellung einer sache, die unabhängig von privaten interessen allein von dem denkmalwert der sache bestimmt wird, sollen die erlaubnisse nach § 9 abs. 3 satz 1 dschg nrw n.f. gegebenenfalls dabei helfen, den eigentümern von baudenkmälern eine flexible, profitable und zeitgerechte nutzung ihres eigentums zu ermöglichen, soweit dies denkmalrechtlich vertretbar ist. 52vgl. ovg nrw, urteil vom 3. september 1996 – 10 a 1453/92 –, brs 58 nr. 32, m.w.n. 53die vorschrift soll wesentlich dazu beitragen, dass die in § 1 abs. 1 satz 3 dschg nrw n.f. genannte aufgabe des denkmalschutzes, auf eine sinnvolle nutzung der baudenkmäler hinzuwirken, erfüllt werden kann, um letztlich das ziel der möglichst weitgehenden erhaltung denkmalwerter substanz auf dauer zu gewährleisten (§ 8 abs. 1 satz 2 dschg n.f. nrw). 54es kann offen bleiben, ob die bestandskräftige unterschutzstellung des vorgartens durch die einschlägigen vorschriften des denkmalschutzgesetzes gedeckt ist und die möglicherweise dafür zu benennenden denkmalrechtlichen gründe der erteilung der begehrten erlaubnis für die veränderung des vorgartens durch den seitlichen zaun entgegenstehen könnten. jedenfalls beeinträchtigt der seitliche zaun das erscheinungsbild des unter schutz gestellten vorderen wohnhauses und der angebauten ehemaligen garage im sinne des § 9 abs. 2 dschg nrw n.f. 55das denkmalrechtliche erscheinungsbild im verständnis dieser vorschrift ist als der von außen sichtbare teil eines baudenkmals zu verstehen, an dem jedenfalls der sachkundige betrachter den denkmalwert, der dem baudenkmal innewohnt, abzulesen vermag. da das erscheinungsbild des baudenkmals mit blick auf maßnahmen in seiner engeren umgebung geschützt wird, muss die beziehung des baudenkmals zu seiner engeren umgebung außerdem für den denkmalwert von bedeutung sein. 56vgl. ovg nrw, urteil vom 8. märz 2012 – 10 a 2037/11 –, juris, rn. 68. 57nach nordrhein-westfälischem recht hängt die denkmaleigenschaft einer sache davon ab, ob es ein öffentliches interesse an deren erhaltung und nutzung gibt. ein solches interesse ist zu bejahen, wenn die sache bedeutend für die erdgeschichte, für die geschichte des menschen, für die kunst- und kulturgeschichte, für städte und siedlungen oder für die entwicklung der arbeits- und produktionsverhältnisse ist und an ihrer erhaltung und nutzung wegen künstlerischer, wissenschaftlicher, volkskundlicher oder städtebaulicher bedeutung ein interesse der allgemeinheit besteht. je nachdem, welche dieser bedeutungs- und erhaltungskategorien für die unterschutzstellung ausschlaggebend waren und für welche teile der sache sie bejaht worden sind, kommt einem baudenkmal ein individueller aussagewert zu, der mit dem ihm innewohnenden denkmalwert identisch ist und auch sein denkmalrechtliches erscheinungsbild – wie es in § 9 abs. 2 dschg nrw n.f. geschützt ist – maßgeblich prägt. zur ermittlung des individuellen aussagewertes eines baudenkmals ist in erster linie auf die eintragung in der denkmalliste und auf die ihr beigefügte begründung abzustellen, denn nach nordrhein-westfälischem recht ist die eintragung für die denkmaleigenschaft von baudenkmälern, gartendenkmälern und beweglichen denkmälern konstitutiv (§ 5 abs. 1 dschg nrw n.f.). 58vgl. ovg nrw, urteil vom 8. märz 2012 – 10 a 2037/11 –, juris, rn. 69. 59eine beeinträchtigung des denkmalrechtlich geschützten erscheinungsbildes eines baudenkmals im sinne des § 9 abs. 2 dschg nrw n.f. liegt vor, wenn der mit dem erscheinungsbild angesprochene denkmalwert durch eine veränderung seiner umgebung herabgesetzt wird. 60so ist es hier. das vordere wohnhaus und die daran angebaute ehemalige garage erfüllen die eintragungsvoraussetzungen des § 2 abs. 1 und 2 dschg nrw n.f. jedenfalls insoweit, als deren unterschutzstellung ihre architekturgeschichtliche bedeutung hervorhebt und darin auch die gründe für ihre erhaltung und nutzung sieht. in der anlage zur eintragung in die denkmalliste heißt es dazu, dass die variationsreiche kubatur, die plastizität durch ihr spiel von höhe und tiefe, schräge und gerade sowie die individuelle grundrissgestaltung das gebäude als einen typischen vertreter der 50er-jahre-architektur auswiesen, deren wurzeln im neuen bauen lägen. ferner sei das wohnhaus ein wichtiges werk im oeuvre h. i2., der zu den bekannten l3. architekten gehöre und unter anderem auch in der n. gebaut habe. im gerichtlichen verfahren hat der beigeladene ergänzend ausgeführt, dass das baudenkmal zur straße hin durch das verhältnis von bebauter und unbebauter fläche, von hochbau und freifläche mitbestimmt sei. die abschottung hinter einer dichten einfriedung, die wie eine bauliche anlage wirke, störe dieses bewusst bestimmte verhältnis von bebauten flächen und freiflächen. sie ließe sich auch nicht mit der villenarchitektur der nachkriegsmoderne vereinbaren, die sich mit ihrer zurückhaltenden eleganz und offenheit an der amerikanischen moderne orientiere. dazu zählten auch offene, nur niedrig oder gar nicht umfriedete vorgärten, deren rasenflächen ineinander übergingen und nur punktuell durch höher wachsende pflanzen akzentuiert würden. diese in zulässiger weise konkretisierte beschreibung des denkmalwertes des vorderen wohnhauses und der ehemaligen garage durch den in besonderem maße sach- und fachkundigen beigeladenen macht sich der senat zu eigen. sie entspricht im hinblick auf ihre tatsächlichen grundlagen den eindrücken, die der vorsitzende des senats bei einer ortsbesichtigung gewonnen hat. diese eindrücke hat der vorsitzende dem senat anhand der bei der ortsbesichtigung gefertigten fotos vermittelt. 61der geschlossene seitliche zaun, der mit mehr als 2,0 m höhe den vorgarten in seiner gesamten tiefe wie eine wand durchschneidet, steht in krassem gegensatz zu der oben beschriebenen offenheit, auf die die architektonische gestaltung des vorderen wohnhauses angewiesen ist, um in der beabsichtigten weise wirken zu können, und die nach dem vorstehenden seinen denkmalwert mitbestimmt. 62in dem wunsch des klägers nach einer ausweitung seiner privatsphäre, die auch den vorgartenbereich und die auf seinem grundstück liegende zuwegung zu dem vorderen wohnhaus erfassen soll, sieht der senat keinen belang, der mit den vorstehend beschriebenen denkmalrechtlichen belangen zumindest gleichgewichtig wäre. dies gilt ebenfalls, soweit er dafür ein mit der gehobenen wohnlage begründetes besonderes sicherheitsbedürfnis geltend macht. in diesem zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass entlang der an die straße grenzenden seite des grundstücks kein entsprechender zaun errichtet werden darf. nach den gestalterischen festsetzungen des bebauungsplans sind zu den angrenzenden straßenverkehrsflächen einfriedungen nur bis zu einer gesamthöhe von 1,0 m zulässig. belastbare anhaltspunkte dafür, dass der bebauungsplan oder jedenfalls die besagte festsetzung etwa wegen funktionslosigkeit unwirksam sein könnte, sind nicht ersichtlich. 63bebauungspläne oder einzelne ihrer festsetzungen sind nur in äußerst seltenen fällen funktionslos. eine festsetzung tritt nur dann außer kraft, wenn und soweit die verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen entwicklung einen zustand erreicht haben, der eine verwirklichung der festsetzung auf unabsehbare zeit ausschließt und wenn diese tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre fortgeltung gesetztes vertrauen keinen schutz verdient. entscheidend ist, ob die festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen ordnung im sinne des § 1 abs. 3 baugb im geltungsbereich des bebauungsplans einen sinnvollen beitrag zu leisten. die planungskonzeption, die einer festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im plangebiet umgesetzt werden kann. 64vgl. bverwg, urteil vom 3. dezember 1998 – 4 cn 3.97 –, juris, rn. 22. 65allein der umstand, dass es grundstücke im geltungsbereich des bebauungsplans gibt, die diesen vorgaben nicht entsprechen, reicht also für eine funktionslosigkeit nicht aus. 66es ist auch nicht ersichtlich, dass der kläger einen anspruch auf erteilung einer befreiung von der gestalterischen festsetzung haben könnte. vielmehr spricht überwiegendes dafür, dass eine solche befreiung ausscheidet, weil sie die grundzüge der planung berühren würde. 67ob die grundzüge der planung berührt werden, hängt von der jeweiligen planungssituation ab. entscheidend ist, ob die abweichung dem planerischen grundkonzept zuwiderläuft. je tiefer die befreiung in das interessengeflecht der planung eingreift, desto eher liegt der schluss auf eine änderung der planungskonzeption nahe, die nur im wege der umplanung möglich ist. die befreiung kann nicht als vehikel dafür herhalten, die von der gemeinde getroffene planerische regelung beiseitezuschieben. sie darf – jedenfalls von festsetzungen, die für die planung tragend sind – nicht aus gründen erteilt werden, die sich in einer vielzahl gleichgelagerter fälle oder gar für alle von einer bestimmten festsetzung betroffenen grundstücke anführen ließen. 68vgl. bverwg, beschluss vom 5. märz 1999 – 4 b 5.99 –, juris, rn. 6. 69letzteres ist hier der fall, denn der kläger macht für die erforderlichkeit des zauns ein sicherheitsbedürfnis geltend, das nach seinem vortrag für alle grundstücke im villenviertel i. gleichermaßen vorliegt. die mit der fraglichen festsetzung bezweckte einheitliche gestaltung des straßenbildes als wesentlicher aspekt der insoweit verfolgten planungskonzeption würde verfehlt, wenn für eine unbestimmte zahl von grundstücken oder gar für alle grundstücke im plangebiet straßenseitige einfriedungen von mehr als 1,0 m höhe durch die erteilung von befreiungen gestattet würden. 70kann der kläger eine baugenehmigung für den ohne eine solche genehmigung errichteten, mehr als 2,0 m hohen straßenseitigen zaun und das darin integrierte tor nicht erhalten, wäre hier der zu seinen gunsten sprechende belang der privatsphäre und des sicherheitsbedürfnisses ohnehin insgesamt hinfällig. 71überdies ist der senat davon überzeugt, dass der kläger, der das grundstück mit dem vorderen wohnhaus in kenntnis seiner denkmaleigenschaft und der damit verbundenen einschränkungen im hinblick auf bauliche veränderungen erworben hat, sein sicherheitsbedürfnis und seinen wunsch nach mehr privatsphäre auch auf eine weise befriedigen könnte, die das erscheinungsbild des vorderen wohnhauses weniger beeinträchtigen würde, als die besagten zäune und das tor. 72der einwand des klägers, die beklagte verstoße mit ihrer ordnungsverfügung gegen den grundsatz der gleichbehandlung, da sie nicht gegen vergleichbare einfriedungen von grundstücken im villenviertel i., etwa auf dem grundstück a. 4, vorgehe, ist unberechtigt. 73es ist anerkannt, dass eine ordnungsrechtliche beseitigungsanordnung von dem adressaten nicht allein mit dem argument abgewehrt werden kann, die behörde schreite gegen rechtsverstöße in vergleichbaren anderen fällen nicht ein. art. 3 abs. 1 gg gewährt keinen anspruch auf gleichbehandlung im unrecht. dieser grundsatz entbindet die behörde allerdings nicht von der verpflichtung, ihre ordnungsrechtliche tätigkeit maßgeblich auch am gleichheitssatz auszurichten. ermächtigt das gesetz dazu, unter bestimmten voraussetzungen etwa die beseitigung von baulichen anlagen anzuordnen, so lässt sich aus art. 3 abs. 1 gg die forderung ableiten, das eingeräumte ermessen in gleichgelagerten fällen gleichmäßig auszuüben. ergreift oder unterlässt die behörde maßnahmen zur bekämpfung rechtswidriger zustände, so hat sie in allen vergleichbaren fällen in der gleichen art und weise zu verfahren. das bedeutet bei einer vielzahl von verstößen jedoch nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. entschließt sie sich zu einem einschreiten, so ist es ihr unbenommen, die verhältnisse nach und nach zu bereinigen. ihr ist es indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. beschränkt sie sich darauf, einen einzelfall herauszugreifen, so handelt sie dem gleichbehandlungsgebot zuwider, es sei denn, dass sie hierfür sachliche gründe anzuführen vermag. 74vgl. bverwg, beschluss vom 22. april 1995 – 4 b 55.95 –, juris, rn. 4 f.; ovg nrw, urteil vom 7. april 2014 – 10 a 1814/12 –, juris, rn. 47. 75da es hier um eine denkmalrechtliche ordnungsverfügung auf der grundlage einer denkmalrechtlichen ermächtigung geht, ist die betrachtung auf solche grundstücke zu beschränken, auf denen ein baudenkmal steht, welches nach seiner unterschutzstellung ohne die erforderliche erlaubnis oder genehmigung verändert oder dessen erscheinungsbild durch bauliche maßnahmen in seiner engeren umgebung beeinträchtigt worden ist. gegen den eigentümer des grundstücks a. 4 hat die beklagte im hinblick auf die formell illegal errichtete einfriedung dieses grundstücks eine denkmalrechtliche beseitigungsanordnung mit dem ziel der wiederherstellung des bisherigen zustands erlassen. der eigentümer hat die gegen ihn eingeleiteten vollstreckungsmaßnahmen zur durchsetzung der beseitigungsanordnung mit einer klage bei dem verwaltungsgericht angegriffen. die klage hat er zurückgenommen, nachdem die beklagte in einem im rahmen des klageverfahrens durchgeführten ortstermin zugesagt hat, über die erteilung einer denkmalrechtlichen erlaubnis für eine veränderte einfriedung nach einem entsprechenden antrag des eigentümers neu zu entscheiden. dass damit auch eine aussage über die baurechtliche zulässigkeit einer künftigen einfriedung getroffen werden sollte, lässt sich dem protokoll des verwaltungsgerichts nicht entnehmen. soweit der kläger – quasi ins blaue hinein – pauschal eine ungleichbehandlung gegenüber dem eigentümer des grundstücks a. 4 und gegenüber weiteren denkmaleigentümern beklagt, legt er nicht ansatzweise dar, inwieweit die fälle, die er meint, mit seinem eigenen überhaupt vergleichbar sind und die behauptete ungleiche behandlung willkürlich ist. so ist die unter denkmalschutz stehende bebauung auf dem grundstück a. 4 in vielerlei hinsicht anders gestaltet als die bebauung auf dem grundstück des klägers und sind die gründe für ihre unterschutzstellung jeweils andere. der denkmalwert des gebäudes auf dem grundstück a. 4, das mehr oder weniger zentral auf dem teils modellierten gelände errichtet ist, sodass sich ein vorgarten wie auf dem grundstück des klägers nicht klar abgrenzen lässt, wird vornehmlich daraus abgeleitet, dass es ein besonderes beispiel für das organische bauen sei. der umstand, dass die beklagte gleichwohl die einfriedung des grundstücks ursprünglich als mit den gründen des denkmalschutzes nicht vereinbar angesehen hat und nicht nachvollziehbar sein mag, aus welchen gründen sie von dieser rechtlichen einschätzung möglicherweise abgerückt ist, lässt nicht auf eine willkürliche ungleichbehandlung der beiden in rede stehenden fälle schließen. soweit die beklagte erwägen sollte, dem eigentümer des grundstück a. 4 neben einer denkmalrechtlichen erlaubnis für die einfriedung seines grundstücks hinsichtlich der höhe dieser einfriedung eine befreiung von den festsetzungen des bebauungsplans zu erteilen, wäre diese befreiung nach dem vorstehenden vermutlich rechtswidrig. auf eine solche befreiung könnte sich der kläger allerdings nicht berufen, denn er kann nicht verlangen, dass zu seinen gunsten aus gründen der gleichbehandlung ein begünstigender verwaltungsakt erlassen wird, für den die rechtlichen voraussetzungen nicht gegeben sind. die beklagte mag in einem solchen fall überlegen, ob sich die jeweilige behandlung der sich quasi gegenüberliegenden grundstücke mit dem grundsatz der gesetzmäßigkeit der verwaltung vereinbaren lässt. 76die kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 abs. 2, 162 abs. 3 vwgo. 77die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo in verbindung mit den §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 78die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen. | Verklagte*r | 0 |
331,258 | 15 K 141/18 | 2020-08-07T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist ausweislich ihres Gesellschaftsvertrages vom 8. November 2011 eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie firmiert unter "Hochschule für H. X. H1. mbH". Zweck der Gesellschaft, der nach § 3 des Gesellschaftsvertrages im Sinne der Abgabenordnung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützig verfolgt wird, ist die Förderung von Bildung und Erziehung, insbesondere durch die Errichtung und Betreibung einer Hochschule (§ 2 Gesellschaftsvertrag). Die Stammeinlage der Gesellschaft übernimmt der Verein "J. -A. für m. M1. e.V." (§ 4 Gesellschaftsvertrag). 3Unter Vorlage des von ihr seinerzeit erstellten "Konzept(s) der Hochschule für H. X. " (I. ) hatte die Klägerin sich zwecks Anerkennung als staatliche Hochschule erstmals im September 2012 an das seinerzeitige Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung und heutige Ministerium für Kultur und Wissenschaft (Ministerium) mit der Bitte um Überprüfung gewandt. Das Ministerium teilte der Klägerin daraufhin unter dem 14. November 2012 schriftlich mit, das Konzept zur Errichtung einer Hochschule als Fern-Hochschule mit den Bachelorstudiengängen "Psychologie und Psychotherapie", "Gesundheitsberatung" sowie "Naturheilkunde" könne positiv bewertet und deshalb die Akkreditierungsphase eingeleitet werden. Zugleich bat es darum, das Antragsverfahren so rechtzeitig einzuleiten, dass hinreichend Zeit für die Bearbeitung bleibe. 4Unter dem 21. August 2015 wandte die Klägerin sich erneut mit dem Ziel der Anerkennung der I. als staatliche Hochschule an das Ministerium, verwies auf das Schreiben vom 14. November 2012 und bat um Prüfung, ob der der dortigen Entscheidung zugrunde gelegte "Leitfaden zur Gründung privater Universitäten und Fachhochschulen" für die nunmehr beabsichtigte Paketakkreditierung der drei Studiengänge nach wie vor gelte. Per Mail vom 28. August 2015 bejahte das Ministerium dies und wies die Klägerin zugleich darauf hin, dass die Anerkennung einer privaten Bildungseinrichtung als staatliche Hochschule zwischenzeitlich ein beim Wissenschaftsrat erfolgreich abgeschlossenes Verfahren zur Prüfung des Gründungskonzepts nach Maßgabe des beigefügten "Leitfaden(s) der Konzeptprüfung nichtstaatlicher Hochschulen in Gründung" (Leitfaden) in der Fassung vom 30. Januar 2015 (Drs. 4396-15) voraussetze. Die Klägerin ersuchte daraufhin das Ministerium am 3. September 2015 unter Verweis auf die mit Schreiben vom 14. November 2012 befürwortete Einleitung der Akkreditierungsphase, wegen des mit einer Konzeptprüfung durch den Wissenschaftsrat verbundenen personellen und finanziellen Aufwandes zu prüfen, ob nicht im Hinblick auf das im Jahr 2012 durchlaufene Verfahren im Sinne einer Bestandsgarantie und mit Blick darauf, dass das Hochschulgesetz eine Konzeptprüfung durch den Wissenschaftsrat nicht zwingend vorschreibe, auf das Konzeptprüfungsverfahren bei dem Wissenschaftsrat verzichtet werden könne. Unter dem 15. September 2015 teilte das Ministerium der Klägerin per Mail mit, die Konzeptprüfung durch den Wissenschaftsrat müsse aus Gründen der Gleichbehandlung mit anderen Antragstellern und auch deshalb erfolgen, weil die seinerzeit hauseigene Prüfung nunmehr bereits drei Jahre zurückliege. 5Im April 2016 übersandte die Klägerin dem Ministerium den unter Hinweis auf den Leitfaden verfassten "Selbstbericht" der I. ebenso wie Entwürfe von Studien‑ und Prüfungsordnungen für die Studiengänge "Bachelor of Science" in "Praktische Psychologie" und "Gesundheitsberatung" und fügte Entwürfe einer Grundordnung sowie einer Berufungsordnung bei. 6Nach einem Informationsgespräch bei dem Wissenschaftsrat am 9. Mai 2016, an dem neben der Klägerin das Ministerium teilgenommen hatte, reichte das Ministerium der Klägerin die von ihr eingereichten Unterlagen am 13. Mai 2016 zurück und wies darauf hin, dass es die Unterlagen im Rahmen einer Vorprüfung des Konzepts mit kritischen Anmerkungen versehen habe. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis des Informationsgesprächs werde empfohlen, die Durchführung der Konzeptprüfung auf der Basis des vorgelegten Konzepts auch angesichts der Zweifel des Wissenschaftsrats an der Wissenschaftlichkeit des Studienangebots zu überdenken, zumal ein Konzeptprüfungsverfahren mit Kosten in Höhe von 15.000,00 Euro bis 20.000,00 Euro verbunden sei. Unter dem 19. Mai 2016 teilte die Klägerin dem Ministerium mit, sie habe dessen kritische Anmerkungen fast ausnahmslos aufgegriffen und ihre Antragsunterlagen überarbeitet. Auf das Konzeptprüfungsverfahren verzichte sie nicht. 7Nachdem das Ministerium die ihr von der Klägerin übermittelten Antragsunterlagen am 17. August 2016 und am 5. September 2016 jeweils erneut mit kritischen Bemerkungen zurückgereicht und von der Klägerin überarbeitet zurückerhalten hatte, sah es ausweislich eines Aktenvermerks die formalen Voraussetzungen für die Einleitung des Verfahrens auf Konzeptprüfung beim Wissenschaftsrat als gegeben an und entschied, die Konzeptprüfung trotz bestehender Zweifel an der durchgängigen Wissenschaftlichkeit des geplanten Studienangebots zu beantragen, da die Beurteilung der Wissenschaftlichkeit auch Gegenstand der Überprüfung des Konzepts durch den Wissenschaftsrat sei. 8Mit Schreiben vom 12. September 2016 wandte sich das Ministerium an den Wissenschaftsrat und beantragte, das Verfahren zur Überprüfung des Hochschulkonzepts der Klägerin einzuleiten. Erläuternd führte das Ministerium aus, im Jahr 2012 habe es nach Maßgabe des seinerzeit gültigen hausinternen Leitfadens zur Gründung privater Universitäten und Fachhochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen das Hochschulgründungskonzept der durch das Finanzamt als gemeinnützig anerkannten Klägerin positiv bewertet. Diese habe im Hinblick auf das nunmehr vorgesehene Konzeptprüfungsverfahren die zunächst geplante Akkreditierung der Studiengänge zurückgestellt. Die I. verstehe sich als Hochschule für angewandte Wissenschaften und wolle Bachelorstudiengänge als gebührenpflichtige Fernstudiengänge zunächst in "Praktische(r) Psychologie" und "Gesundheitsberatung", später auch in "Seniorenberatung /n Seniorenbetreuung" anbieten. Um Masterstudiengänge solle das Studienangebot frühestens drei Jahre nach der Aufnahme des Hochschulbetriebes erweitert werden. Die I. wolle berufstätigen Studierenden die Befähigung zu wissenschaftlichem, systemorientiertem und fachübergreifendem Denken und Handeln sowie soziale Kompetenzen und Kompetenzen in Management und Führung vermitteln. Der Schwerpunkt der Hochschultätigkeit liege im präventiven Gesundheitsbereich und den zugehörigen Möglichkeiten, Heilkunde ohne ärztliche Approbation auszuüben, und damit auf Berufsfeldern im Gesundheitsbereich, die staatlich wenig reguliert seien und bei denen eine an wissenschaftlichen Standards orientierte Denk‑ und Arbeitsweise geboten erscheine. 9Unter Bezugnahme auf den Antrag des Ministeriums übersandte die Klägerin dem Wissenschaftsrat den Gesellschaftsvertrag, den Selbstbericht, eine Beschreibung ihres Leitbildes, die Lebensläufe der Gründer der Hochschule, die Studien-und Prüfungsordnungen für die Bachelorstudiengänge "Praktische Psychologie" und "Gesundheitsberatung", die Grundordnung, die Berufungsordnung, einen Musterarbeitsvertrag für Professoren, Formulare für die Immatrikulation sowie Übersichten über die Basisdaten der I. und deren Organisationsstruktur, zur Finanzplanung, zur Personalausstattung, über Studienangebote und Studierende sowie die gemäß dem Leitfaden abzugebende Erklärung, dass die Personal- und Sachkosten (zzgl. 20 % Overhead-Pauschale auf der Basis der Personalkosten), die im Zusammenhang mit dem vom Land Nordrhein-Westfalen erteilten Auftrag an den Wissenschaftsrat zur Konzeptprüfung der Geschäftsstelle des Wissenschaftsrates gemäß Kapitel A.VI des Leitfadens entstehen, durch sie übernommen werden. 10Am 7. März 2017 übermittelte der Wissenschaftsrat der Klägerin und dem Ministerium als Entwurf den Bericht seines Akkreditierungsausschusses ("Ausgangslage zum Konzeptprüfungsantrag der Hochschule für H. X. i. Gr.") vom 20. Januar 2017, der mit der Feststellung des Akkreditierungsausschusses schließt, das Konzept bilde keine geeignete Grundlage für die Gründung einer Hochschule, an der Leistungen in Lehre und Forschung erbracht würden, die anerkannten wissenschaftlichen Maßstäben entsprächen. Unter dem 13. März 2017 wandte sich die Klägerin an den Wissenschaftsrat, erläuterte Teile der Angaben in den Antragsunterlagen und bat, die mit dem Ministerium abgestimmten Änderungen des Selbstberichts (Seiten 8, 19 und 20) in die Antragsunterlagen zu übernehmen. 11Nachdem die vom Akkreditierungsausschuss eingesetzte Arbeitsgruppe am 30. März 2017 die Klägerin und das Ministerium angehört hatte, schloss der Akkreditierungsausschuss in seiner Sitzung vom 13. September 2017 das Konzeptprüfungsverfahren. Sein "Prüfbericht zum Konzeptprüfungsantrag der Hochschule für H. X. i. Gr." (Prüfbericht) vom 14. September 2017, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, schließt mit der dem Berichtsentwurf vom 20. Januar 2017 entsprechenden Feststellung. 12Mit bei dem Ministerium am 16. Oktober 2017 eingegangenem Schreiben nahm die Klägerin zu dem Prüfbericht Stellung und machte geltend, soweit der Akkreditierungsausschuss das Konzept zur Gründung der Hochschule in den Bereichen Institutioneller Anspruch, Profil und Entwicklungsziele, Berufungsverfahren, Forschung, bibliothekarische Ausstattung sowie Finanzierung beanstande, überschreite er nicht nur teilweise den sich aus dem Leitfaden ergebenden Prüfungsauftrag, sondern habe es auch versäumt, zur Behebung der aus seiner Sicht gegebenen konzeptionellen Defizite Empfehlungen oder Auflagen zu formulieren. Im Übrigen sei es Aufgabe eines Hochschulkonzepts, nur einen organisatorischen Rahmen für die Hochschule zu schaffen und Rahmenbedingungen festzulegen, unter denen Forschung und Lehre bei besonderer Würdigung ihrer Freiheit und unter Berücksichtigung der übrigen rechtlichen Vorgaben stattfinden können. Die konkrete Ausgestaltung des für das wissenschaftliche Profil vorgegebenen Rahmens bleibe dabei dem wissenschaftlichen Personal vorbehalten. 13Sofern der Akkreditierungsausschuss nicht evidenzbasierte Kursangebote des Gesellschafters der Hochschule bemängele, stünden solche Ausbildungsangebote einer Verknüpfung mit wissenschaftlichem Denken nicht entgegen, da Psychotherapie nach den Regelungen des Heilpraktikergesetzes gelehrt werde. 14Zurückzuweisen sei ferner die Kritik an der fehlenden Hinzuziehung wissenschaftlicher Expertise bei der Planung der Hochschulgründung, auf der auch der Vorhalt des Akkreditierungsausschusses fuße, der Gründungsinitiative fehle das Wissenschaftsverständnis und damit der Hochschule das wissenschaftliche Profil. 15Spekulativ und damit ebenfalls nicht tragfähig sei die Annahme des Akkreditierungsausschusses, es müsse bezweifelt werden, ob das Studium an der geplanten Hochschule deren Absolventinnen und Absolventen für einen breiteren Arbeitsmarkt und weitere Aufgabenfelder qualifiziere. 16Sofern der Akkreditierungsausschuss moniere, dass nach der Berufungsordnung die Berufung der ersten Professorinnen bzw. Professoren durch die Gründungsinitiatoren der Hochschule und damit ohne einschlägige wissenschaftliche Beteiligung erfolgen solle, könne dem durch eine Auflage zur Anerkennungsentscheidung Rechnung getragen werden. 17Dies gelte auch im Hinblick auf die Kritik an der bibliothekarischen Ausstattung der Hochschule, die überwiegend an den Bedürfnissen der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgerichtet werde, da zu erwarten sei, dass Fernstudierende vorwiegend das Angebot zur Onlinerecherche und von regionalen Bibliotheken nutzen würden. 18Entgegen der Auffassung des Akkreditierungsausschusses werde auch der Bereich der Forschung über eine genügende Finanzausstattung verfügen, da der Überschuss an Einnahmen, die bei dem prognostizierten starken Aufwuchs der Studierendenzahlen zu erwarten seien, wegen der Gemeinnützigkeit des Hochschulträgers ausschließlich in die personelle und die räumlich-sächliche Ausstattung und ‑ damit zusammenhängend ‑ auch in die Forschung fließen werde. 19In einem vom 15. November 2017 datierenden Aktenvermerk hielt das Ministerium fest, unter Berücksichtigung des Prüfberichts sei festzustellen, dass das Konzept zur Gründung der I. nicht überzeuge, weil es keine Grundlage für die Gründung einer Hochschule bilde, die anerkannten wissenschaftlichen Maßstäben entspreche. Zwar gebe es vom Akkreditierungsausschuss benannte Kritikpunkte, deren Beseitigung der Klägerin durch Auflagen vorgegeben werden könnten. Einige der vom Akkreditierungsrat aufgezeigten ‑ und im Weiteren in dem Aktenvermerk näher bezeichneten – Beanstandungen an dem Gründungskonzept seien allerdings so wesentlich, dass ein Übergang in die Phase der Programmakkreditierung und in die anschließende Anerkennungsphase auf der Basis des vorgelegten Konzepts nicht in Betracht komme. 20Mit Bescheid vom 1. Dezember 2017 lehnte das Ministerium den Antrag der Klägerin auf staatliche Anerkennung der I. ab und setzte für diese Entscheidung eine Gebühr in Höhe von 5.175,00 Euro fest. Zur Begründung der Sachentscheidung führte das Ministerium aus, die für eine Anerkennung erforderliche erfolgreiche Konzeptprüfung liege nach dem Prüfbericht des Akkreditierungsausschusses vom 26. September 2017 nicht vor. Der Prüfbericht sei im Ergebnis nachvollziehbar. Wenn sich auch einzelnen Kritikpunkten durch Auflagen Rechnung tragen ließe, verdeutliche der Prüfbericht nach Anzahl und Schwere der dort aufgezeigten Bedenken, dass das vorgelegte Konzept in der dem Wissenschaftsrat vorgelegten Form ungeeignet sei, die Grundlage für die Gründung einer Hochschule zu bilden, die anerkannten wissenschaftlichen Maßstäben entspreche. 21Die Klägerin hat am 5. Januar 2018 gegen die nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Versagungsentscheidung vom 1. Dezember 2017 Klage erhoben, die Klage mit Schriftsatz vom 1. Juni 2018 auf die in dem angegriffenen Bescheid enthaltene Gebührenentscheidung erstreckt sowie mit bei Gericht am 18. Juni 2018 eingegangenem Schriftsatz vom 14. Juni 2018 die Rückerstattung eines Teils der von ihr an den Wissenschaftsrat für die Konzeptprüfung in Höhe von 21.785,10 Euro geleisteten Zahlungen gefordert. 22Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Versagungsentscheidung sei rechtswidrig. 23Die Ablehnung des Anerkennungsantrages sei schon verfahrensfehlerhaft. 24Entgegen der Vorgabe im nordrhein-westfälischen Hochschulrecht, das weder zur Durchführung eines Konzeptprüfungsverfahrens zwinge noch vorschreibe, dass mit dessen Durchführung der Wissenschaftsrat zu betrauen sei, habe das Ministerium das ihm diesbezüglich jeweils zustehende Ermessen nicht ausgeübt. 25Ebenso wenig habe das Ministerium selbst über den Anerkennungsantrag entschieden, sondern dies entsprechend der Begründung der Landesregierung zum Entwurf der insoweit maßgeblichen Bestimmungen dem Wissenschaftsrat überlassen. Den Prüfbericht habe indes nicht der Wissenschaftsrat beschlossen, sondern der Akkreditierungsausschuss, was auch dem Leitfaden "Institutionelle Akkreditierung" des Wissenschaftsrates widerspreche. 26Auch sei das Protokoll der Sitzung des Akkreditierungsausschusses vom 13. September 2017 nicht aktenkundig. 27Inwieweit die Mitglieder der von dem Akkreditierungsausschuss gebildeten Arbeitsgruppe die erforderliche Kompetenz zur Beurteilung der in Rede stehenden Sachfragen besäßen, sei nicht erkennbar. 28Auch in der Sache sei die Ablehnung des Anerkennungsantrages nach dem Inhalt des Prüfberichts rechtswidrig. 29Der dortige Vorhalt, die vorgesehenen Strukturen und Prozesse seien ungeeignet, die für den eigenen Anspruch notwendigen wissenschaftlichen Standards sicherzustellen, sei unsubstantiiert (Nr. 1 der Klagebegründung). Soweit diesbezüglich beanstandet werde, dass nicht die Gründungsinitiatoren die ersten beiden Hochschullehrer bestimmen dürften, wäre dies recht einfach zu gewährleisten (Nr. 9). Zudem hätte ein schlichter Hinweis oder eine Auflage genügt, um dem ‑ allerdings berechtigten ‑ Vorhalt, Publikationen von Forschungsergebnissen dürften keinem Genehmigungsvorbehalt unterworfen werden, Rechnung zu tragen (Nr. 13). 30Dass sie sich für die geplante Hochschulgründung keiner externen wissenschaftlichen Expertise bedient und bislang keine erkennbaren Kontakte zu einschlägigen Institutionen oder Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geknüpft habe, könne ihr mangels einer gesetzlichen Vorgabe nicht entgegengehalten werden, ohne darzutun, in welchem Zusammenhang sich dieses vorgebliche Defizit sachlich niedergeschlagen habe (Nr. 2 und Nr. 14). Das gleiche gelte für den Vorhalt, keine externe ökonomische Expertise in Anspruch genommen zu haben, was zudem ebenso wenig normativ vorgeschrieben sei (Nr. 18) wie die Implementierung eines wissenschaftlichen Beratungsgremiums (Nr. 7). Ein solches Gremium lasse sich aber einrichten. 31Unkonkret sei auch die Behauptung, es fehle an einem hinreichend klaren Wissenschaftsverständnis (Nr. 3). Dass ihre Alleingesellschafterin als Fernlehrschule Kursangebote zu "Astrologie", "Blütentherapie nach Bach" und "Spiritualität und alternatives Denken" unterhalte, besage hierüber nichts. 32Nicht nachvollziehbar sei auch, weswegen das Fehlen spezieller ‑ und normativ nicht vorgesehener Konzepte ‑ zur Förderung der Studierfähigkeit bemängelt werde (Nr. 4). Studieninteressierte ohne allgemeine Hochschulreife als Zielgruppe der Hochschule unterschieden sich in ihrer Studierfähigkeit nicht per se von Fachabiturienten. 33Unklar bleibe, welches die "Defizite" und "unüblichen Vorgaben" für die Wahl und die Zusammensetzung des Senats seien. Ihnen könne aber durch eine Auflage begegnet werden (Nr. 5). Sofern moniert werde, dass es keinen designierten Gründungsrektor gebe, sei sie in der Lage, einen solchen benennen (Nr. 6). 34Der Vorhalt, in den ersten Jahren der Gründungsphase sei ein schnellerer professoraler Personalaufwuchs notwendig (Nr. 8), sei nicht schlüssig, weil die Personalausstattung zugleich als "formal den Mindestanforderungen" genügend angesehen werde und der Maßstab der "behaupteten besonderen Zeitintensivität" unklar sei. Zudem lasse sich auch diese Beanstandung durch eine geeignete Auflage ausräumen. 35Nicht nachvollziehbar sei ferner die Forderung nach einem höheren Anteil an praktischer Ausbildung und persönlichem Kontakt zu Patienten und Patientinnen (Nr. 10). Nicht ersichtlich sei, inwieweit sich der Akkreditierungsausschuss mit den speziellen Anforderungen an Patientenkontakte und praktische Ausbildungsanteile in den in Rede stehenden Studiengängen beschäftigt habe. Im Übrigen könnten etwa angezeigte Änderungen am Curriculum auch noch im Verfahren zur Programmakkreditierung vorgenommen werden. 36Angesichts der in den vorgelegten Studienordnungen bezeichneten Ausbildungs‑ und Qualifizierungszielen fehle der aufgeworfenen ‑ und ohnehin erst im Verfahren zur Programmakkreditierung zu beantwortenden ‑ Frage nach den Qualifizierungszielen die Grundlage (Nr. 11). 37Unbelegt geblieben seien ferner die Vorhalte, die Umsetzung des Forschungsanspruchs habe nicht überzeugend vermittelt werden können und es gebe eine große Diskrepanz zwischen dem selbst formulierten Anspruch der Hochschule und den zur Verfügung stehenden Mitteln, da die Beantwortung weitreichender Forschungsfragen angesichts des institutionellen Anspruchs der Hochschule und ihrer Ausstattung nicht realisiert werden könne (Nr. 12). Worauf diese Einschätzung gestützt werde, lasse der Prüfbericht offen. 38Sofern bezweifelt werde, dass sich ausreichend Ressourcen und Personal für die Verwaltung und die Bereitstellung von Dienstleistungen über die Lernplattformen zur Verfügung stellen ließen, schließe der Prüfbericht nicht aus, dass das Notwendige vorhanden sei (Nr. 15). Dies gelte erst recht vor dem Hintergrund, dass es die Lernplattformen implementiert und erprobt bereits gebe und das Fernstudienangebot mit diesen erfolgreich arbeite. 39Zu der Kritik, dass eine angemessene Literaturversorgung aller Hochschulangehörigen insbesondere mit elektronischen Medien durch die geplante Bibliothek bis zum Ende der Gründungsphase nicht gewährleistet werden könne, sei anzumerken, dass an die Überprüfung angesichts des Fernstudienangebots mit geringem Präsenzanteil nicht die Maßstäbe eines Präsenzstudiums angelegt werden dürften (Nr. 16). 40Der Vorhalt, es sei nicht schlüssig dargelegt, wie mit den zu erwartenden Einnahmen die Personalausstattung und Betreuungsleistungen im notwendigen Umfang sichergestellt werden sollen, sei "sicherlich ein neuralgischer" Punkt. Allerdings lasse sich hierauf die Ablehnungsentscheidung nicht stützen, weil das Ministerium im Zusammenhang mit einer Anerkennungsentscheidung die Vorlage und Hinterlegung einer hinreichenden Sicherung verlangen könne (Nr. 17). 41Auch die Gebührenentscheidung sei rechtswidrig. Die dem Wissenschaftsrat übertragene Konzeptprüfung sei keine Amtshandlung des Ministeriums. 42Zudem macht die Klägerin geltend, sie habe für die Durchführung des Konzeptprüfungsverfahrens an den Wissenschaftsrat nach Maßgabe der Schlussrechnung vom 19. April 2018 unter Berücksichtigung der zuvor geleisteten Abschlagszahlungen (5.000,00 Euro und 7.500,00 Euro) und der Schlusszahlung von 9.285,10 Euro insgesamt 21.785,10 Euro ohne Rechtsgrund geleistet, von denen sie zunächst nur die Rückzahlung eines Teilbetrages fordere. Der geltend gemachte Anspruch basiere auf dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Für die von ihr geleisteten Zahlungen biete der Leitfaden als internes Papier des Wissenschaftsrates keine rechtlich taugliche Grundlage. Auch habe sie selbst dem Wissenschaftsrat keinen Auftrag erteilt. Ebenso wenig ergebe sich die Forderung aus dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag. Das Ministerium habe mit dem Auftrag an den Wissenschaftsrat kein fremdes, sondern ein eigenes Geschäft besorgt. Da das beklagte Land einer der Träger des Wissenschaftsrates sei, hafte es für die Rückforderung als Gesellschafter des Wissenschaftsrates, der rechtlich als nicht eingetragener Verein oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu qualifizieren sei. 43Die Klägerin beantragt, 441.45das beklagte Land unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft vom 1. Dezember 2017 zu verpflichten, über ihren Antrag, die Hochschule für H. X. als Hochschule staatlich anzuerkennen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, 2.46die Gebührenfestsetzung in dem Bescheid des Ministeriums vom 1. Dezember 2017 aufzuheben 3.47das beklagte Land zu verurteilen, an sie 5.100,00 Euro zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18. Juni 2018 zu zahlen. 48Das beklagte Land beantragt, 49die Klage abzuweisen. 50Das Ministerium ist der Ansicht, der angegriffene Bescheid vom 1. Dezember 2017 sei rechtmäßig. 51Der Versagungsentscheidung hafte kein Verfahrensfehler an. 52Das nordrhein-westfälische Hochschulrecht sehe in der ersten Phase des Anerkennungsverfahrens eine erfolgreiche Konzeptprüfung vor. 53Bereits im Jahr 2000 habe der Wissenschaftsrat angesichts der seinerzeit stetig steigenden Zahl an Anträgen auf staatliche Anerkennung von Unternehmen aus dem Bereich des privaten Hochschulsektors unter Beteiligung von Vertretern des Bundes und der Länder seine Empfehlungen zur Akkreditierung privater Hochschulen (Drs. 44419/00 vom 21. Januar 2000) verfasst und sich bereit erklärt, die institutionelle Akkreditierung als Verfahren der länderübergreifenden, externen Qualitätssicherung nichtstaatlicher Hochschulen durchzuführen. Dem im Januar 2001 durch den Wissenschaftsrat eingesetzten Akkreditierungsausschuss, der den seinerzeitigen "Leitfaden der Institutionellen Akkreditierung" erarbeitet habe, gehörten neben Vertreterinnen und Vertretern der Länder und des Bundes Professorinnen und Professoren unterschiedlicher Fachrichtungen und Hochschultypen an. Seit dem Jahr 2011 gebe es anstelle der bis dahin üblich gewesenen Konzeptakkreditierungen Konzeptprüfungen auf der Grundlage des im Jahr 2010 verabschiedeten Leitfadens, der nach der im Mai 2012 vom Wissenschaftsrat verabschiedeten Stellungnahme "Private und kirchliche Hochschulen aus Sicht der Institutionellen Akkreditierung" habe grundlegend überarbeitet werden müssen und zuletzt im Jahr 2015 geändert worden sei. Der Leitfaden, der unter Beteiligung der in die Verwaltungskommission des Wissenschaftsrates entsandten Vertreter des Bundes und der Länder verfasst und geändert worden sei und über Auftrag, Ziele, Rahmenbedingungen und den Ablauf des Verfahrens informiere, enthalte die Wesenselemente der Hochschulförmigkeit, die eine Anpassung der Prüfkriterien in sämtlichen Prüfbereichen (1. Institutioneller Anspruch, Profil und Entwicklungsziele, 2. Leitungsstruktur, Organisation und Qualitätsmanagement, 3. Personal, 4. Studium und Lehre, 5. Forschung und Kunstausübung, 6. Räumliche und sächliche Ausstattung, 7. Finanzierung) erforderlich gemacht habe. Entsprechend den Empfehlungen der Konferenz der Kultusminister in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland bediene sich das Ministerium des Sachverstandes des Wissenschaftsrates und unterziehe mit dem Ziel der staatlichen Anerkennung geründete private Hochschulen der Prüfung im Anerkennungsverfahren. 54In dem Prüfverfahren sei die zentrale Frage zu beantworten, ob das von der Hochschule in Gründung vorgelegte Konzept eine geeignete Grundlage für eine Hochschule bilde, an der nach anerkannten wissenschaftlichen Maßstäben Leistungen in Lehre und Forschung bzw. Kunstausübung erbracht werden könnten. Am Ende des Konzeptprüfungsverfahrens entscheide der Akkreditierungsausschuss, ob ein Gründungskonzept geeignet sei, die Merkmale der Hochschulförmigkeit perspektivisch zu erfüllen. 55Dabei sei es gängige Praxis, nach einem Informationsgespräch mit der Hochschule in Gründung ein Konzeptprüfungsverfahren bei dem Wissenschaftsrat durchzuführen. Dessen Expertise bedürfe es, weil das Ministerium nicht in allen wissenschaftlichen Disziplinen und zu allen Punkten der Konzeptprüfung über eigene Sachkunde verfüge. Das Konzeptprüfungsverfahren werde ministeriell durch die Vorprüfung der für die Konzeptprüfung vorgesehenen Unterlagen, die Teilnahme des Ministeriums an dem Informationsgespräch der Hochschule in Gründung bei der Geschäftsstelle des Wissenschaftsrates sowie die Antragstellung bei dem Wissenschaftsrat begleitet. Ziel sei es, Gründer vor unnötigen Kosten zu bewahren und wenig aussichtsreichen oder unseriösen Gründungsinitiativen im Sinne eines proaktiven Verbraucherschutzes frühzeitig Einhalt zu gebieten. Dementsprechend sei auch die Klägerin bereits vor Antragstellung bei dem Wissenschaftsrat auf grundlegende Zweifel unter anderem an der wissenschaftlichen Tragfähigkeit ihres Gründungskonzepts hingewiesen worden. Da diese nicht ausgeräumt worden seien, habe die Antragsprüfung zu der ablehnenden Entscheidung geführt, wenngleich andere Kritikpunkte gegebenenfalls durch Auflagen hätten beseitigt werden können. 56Entgegen dem Vorhalt der Klägerin (zu Nr. 1 der Klagebegründung) enthalte der Prüfbericht auf Seite 9 die Vorbehalte zum Prüfbereich "1. Institutioneller Anspruch, Profil und Entwicklungsziele". 57Anders, als dies die Klägerin darstelle (zu Nr. 2), werde ihr in dem Prüfbericht auf Seite 9 kein Verfahrensfehler durch die fehlende Hinzuziehung von wissenschaftlicher Expertise vorgehalten. Der Grund für die in diesem Zusammenhang geäußerte Kritik ergebe sich vielmehr aus dem vorherigen Absatz und dem Folgesatz. 58Auch bezeichne der Prüfbericht auf Seite 9 im 3. Absatz und in den vorhergehenden Absätzen, warum es dem Hochschulgründungskonzept an einem hinreichend klaren Wissenschaftsverständnis fehle (zu Nr. 3). 59Entgegen der Darstellung der Klägerin (zu Nr. 4) stelle der Prüfbericht auch nicht Fernstudierende als legitime Hauptzielgruppe der I. infrage. Das Thema "Studierfähigkeit" sei Teil der aktuellen Diskussion, betreffe alle Studierenden und Studieninteressierte und werde sowohl im Kontext der Schulen als auch der Hochschulen erörtert. 60Auch könne die Klägerin den Ausführungen auf Seite 13 des Prüfbericht entnehmen, an welchen Defiziten und unüblichen Vorgaben die Bestimmungen über die Wahl und die Zusammensetzung des Senates litten (zu Nr. 5). 61Entgegen der Meinung der Klägerin (zu Nr. 6 und Nr. 7) werde in dem Prüfbericht nicht nur das Fehlen eines designierten Gründungsrektors und der Implementierung eines wissenschaftlichen Beratungsgremiums gerügt, sondern anhand der Prüfkriterien zum Prüfbereich "2. Leitungsstruktur, Organisation und Qualitätsmanagement" belegt, dass und aus welchen Gründen die Abwesenheit von wissenschaftlicher Expertise und Beratung auch in der Hochschulstruktur negativ auffalle. 62Zudem begründe der Prüfbericht entgegen der Darstellung der Klägerin (zu Nr. 8), warum in den ersten Jahren der Gründungsphase ein schnellerer professoraler Personalaufwuchs notwendig sei. 63In Bezug auf den Prüfbereich "3. Personal" beschränke der Prüfbericht entgegen dem Verständnis der Klägerin (zu Nr. 9) die Kritik nicht auf die vorgesehene Bestimmung der ersten beiden Hochschullehrer durch die Gründungsinitiatoren der Hochschule, sondern setze sich auf den Seiten 17 und 18 detailliert mit verschiedenen, diesbezüglich relevanten in den Antragsunterlagen enthaltenen Aspekten auseinander. 64Warum ein höherer Anteil an praktischer Ausbildung und persönlichem Kontakt für erforderlich gehalten werde, sei ‑ anders als die Klägerin meine (zu Nr. 10) ‑ dem Prüfbericht zu "4. Studium und Lehre" (Seite 19 bis 22) ebenso zu entnehmen wie die Kritik an der fehlenden Erkennbarkeit der Qualifikationsziele des Studienangebots (zu Nr. 11). Wie schon in dem Leitfaden auf Seite 13 ausgeführt, beinhalte die Konzeptprüfung ‑ abweichend von der Programmakkreditierung von Studiengängen ‑ dabei in Bezug auf die Studienangebote als Kernbestandteil des Gründungskonzepts lediglich eine Plausibilitätsprüfung. 65Entgegen dem Vortrag der Klägerin (zu Nr. 12) enthalte der Prüfbericht auf den Seiten 23 bis 25 zudem detaillierte Ausführungen in Bezug auf die den Prüfbereich "3. Forschung" betreffenden Beanstandungen, aus denen sich ergebe, warum die Umsetzung des Forschungsanspruchs nicht überzeugend habe vermittelt werden können, es eine große Diskrepanz zwischen dem selbst formulierten Anspruch und den zur Verfügung gestellten Mitteln gebe und weshalb es zweifelhaft sei, dass sich weitreichende Forschungsfragen an einer Hochschule mit dem institutionellen Anspruch und der Ausstattung der I. beantworten ließen. 66Der von der Klägerin als zutreffend eingeräumte (zu Nr. 13) Vorhalt, dass nach den Antragsunterlagen die Publikation von Forschungsergebnissen vorab zu genehmigen sei, belege ausweislich des Prüfberichts ebenso wie die von der Klägerin monierte (zu Nr. 14) Feststellung, dass die Gründungsinitiative bisher keine erkennbaren Kontakte zu einschlägigen Institutionen oder Wissenschaftlerinnen bzw. Wissenschaftlern geknüpft habe, das der Klägerin eigene und nicht den Anerkennungsbestimmungen entsprechende Wissenschaftsverständnis. 67Die in dem Prüfbericht geäußerten Zweifel daran, ob genügend Ressourcen und Personal für die Verwaltung und die Bereitstellung von Dienstleistungen über die Lernplattformen gewährleistet werden könnten (zu Nr. 15), die auf den Seiten 27 bis 29 des Prüfberichts begründet seien, habe die Klägerin nicht substantiiert in Zweifel gezogen. 68Sofern die Klägerin (zu Nr. 16) sich gegen die Einschätzung wende, eine angemessene Literaturversorgung aller Hochschulangehörigen könne durch die geplante Bibliothek bis zum Ende der Gründungsphase nicht gewährleistet werden, seien die entsprechenden Ausführungen in dem Prüfbericht zum Prüfbereich "4. Ausstattung" entgegen ihrer Behauptung nicht am Maßstab eines Präsenzstudiums orientiert, sondern, wie sich aus den Ausführungen auf Seite 26 im 4. Absatz ergebe, auf die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen und die mit ihr geführten Gespräche bezogen. 69Schließlich habe die Klägerin der in dem Prüfbericht unter "7. Finanzierung" formulierten Kritik an dem Gründungskonzept mit ihrem Vortrag (zu Nr. 17 und zu Nr. 18) in der Sache nichts entgegengesetzt. 70Auch die Gebührenentscheidung sei rechtmäßig. Die Höhe der festgesetzten Gebühr liege in dem Rahmen, den das Gebührenrecht für eine derartige Entscheidung mit 3.500,00 Euro bis 6.900,00 Euro vorsehe. Bei der Bemessung der Gebührenhöhe sei insbesondere berücksichtigt, dass die Sachentscheidung mit erheblichem zeitlichem und sachlichem Aufwand verbunden gewesen sei. Die Ablehnung des Anerkennungsantrages sei dabei eine eigene ministerielle Amtshandlung, weil ihr ‑ neben den zuvor das Verfahren begleitenden Arbeiten ‑ auch die Auswertung des Prüfberichts zugrunde liege. 71Schließlich stehe der Klägerin auch kein Anspruch auf Erstattung der an den Wissenschaftsrat geleisteten Zahlungen zu. Der Zahlung, die dem Ausgleich der durch das Prüfungsverfahren beim Wissenschaftsrat angefallenen Auslagen diene, liege die regelmäßig vor Beginn des Konzeptprüfungsverfahrens von Antragstellerseite zu unterzeichnende Kostenübernahmeerklärung zu Grunde, die aus Gründen der Zweckmäßigkeit der Wissenschaftsrat als Beliehener im Einverständnis mit dem beklagten Land geltend mache. Auf fehlende Kenntnis hiervon könne die Klägerin sich nicht berufen, weil sie auf die anfallenden Kosten nicht nur in dem Leitfaden, sondern auch vorab durch das Ministerium hingewiesen worden sei. 72Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Ministeriums. 73Entscheidungsgründe: 74Die Klage hat keinen Erfolg. 75Das Klagebegehren ist zwar hinsichtlich des Klageantrags zu 1. als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) verbunden mit einer Anfechtungsklage (Klageantrag zu 2.) gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO und ‑ in Bezug auf den Klageantrag zu 3. ‑ als allgemeine Leistungsklage jeweils statthaft, aber insgesamt unbegründet. Während der Klägerin der mit dem Klageantrag zu 1. verfolgte Anspruch nicht zusteht (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO), verletzt sie die angefochtene Gebührenentscheidung als rechtmäßig nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO); zudem steht ihr der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch nicht zu. 76Das Ministerium hat das Anerkennungsbegehren der Klägerin mit dem angegriffenen Bescheid vom 1. Dezember 2017 zu Recht abgelehnt; der geltend gemachte Anspruch auf erneute Entscheidung über ihren Antrag, die I. als Hochschule staatlich anzuerkennen, steht der Klägerin nicht zu. 77Gemäß § 72 Abs. 1 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz ‑ HG) vom 16. September 2014 (GV. NRW. S. 547) in der zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Juli 2019 (GV. NRW. S. 425 ber. 593) geänderten Fassung, das in der Änderungsfassung als dem im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über das Verpflichtungsbegehren geltende Recht anzuwenden ist, können unter den in § 72 Abs. 2 HG genannten Voraussetzungen Bildungseinrichtungen, die nicht in der Trägerschaft des Landes stehen, vom Ministerium als Hochschulen staatlich anerkannt werden. Gemessen daran ist die zu Lasten der Klägerin getroffene Versagungsentscheidung des Ministeriums frei von Rechtsfehlern. 78Verfassungsrechtlich begegnen die Anerkennungsvorschriften des nordrhein-westfälischen Hochschulgesetzes keinen rechtlich durchgreifenden Bedenken. 79Nicht erst das Erfordernis, Studiengänge akkreditieren zu lassen, 80vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2016, 1 BvL 8/10, juris, 81sondern schon der in § 72 Abs. 1 HG normierte Anerkennungsvorbehalt greift in das durch Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG gewährleistete Recht der Wissenschaftsfreiheit ein. Dieser Eingriff ist aber zu Gunsten der Qualitätssicherung des Lehrangebots an anerkannten staatlichen Hochschulen verfassungsrechtlich gerechtfertigt und durch den nordrhein-westfälischen Gesetzgeber in Bezug auf das Verfahren und die Anerkennungsvoraussetzungen entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben normativ genügend ausgestaltet. 82Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG schützt Hochschullehrende, Fakultäten, Fachbereiche und Hochschulen, also Universitäten und Fachhochschulen ebenso wie die privatrechtlich organisierte Wissenschaft. Daher können sich Privathochschulen, 83vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2016, 1 BvL 8/10, juris Rdnr. 48, 84ebenso wie andere Privatrechtssubjekte im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Betätigung auf Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG berufen, der nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht eine bestimmte Auffassung von Wissenschaft oder eine bestimmte Wissenschaftstheorie schützen will, sondern jedwede wissenschaftliche Tätigkeit umfasst und sich damit auf alles erstreckt, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. 85BVerfG, Urteil vom 29. Mai 1973, 1 BvR 424/71, 1 BvR 325/72 (Hochschulurteil), juris Rdnr. 92. 86Die forschungsbasierte Lehre ist dabei als Prozess der Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse vom Schutz des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfasst. Das Grundrecht garantiert einen Freiraum, der wissenschaftlich Tätige vor jeder staatlichen Einwirkung auf Prozesse der Gewinnung und der Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse schützt. Geschützt ist insbesondere die Selbstbestimmung über Inhalt, Ablauf und methodischen Ansatz der Lehrveranstaltung sowie das Recht auf die Äußerung von wissenschaftlichen Lehrmeinungen. 87BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2016, 1 BvL 8/10, juris Rdnr. 49. 88In die danach grundgesetzlich gewährleistete Wissenschaftsfreiheit greift das Anerkennungserfordernis des § 72 Abs. 1 HG mittelbar und rechtserheblich ein. 89Zwar ist es Bildungseinrichtungen, die nicht in der Trägerschaft des Landes stehen, durch das nordrhein-westfälische Hochschulrecht nicht untersagt, sich ohne Anerkennung als staatliche Hochschule wissenschaftlich zu betätigen. Will eine private Bildungseinrichtung aber etwa als Hochschule firmieren (§ 73a Abs. 1 S. 1 HG) oder Hochschulprüfungen abnehmen, Hochschulgrade verleihen und Zeugnisse erteilen, die die gleichen Berechtigungen verleihen wie Hochschulprüfungen, Zeugnisse und Hochschulgrade vergleichbarer Studiengänge an Hochschulen in staatlicher Trägerschaft und staatlichen Kunsthochschulen (§ 73a Abs. 1 S. 2 und S. 3 HG), das Promotionsrecht oder das Habilitationsrecht erhalten (§ 73a Abs. 3 S. 1 HG) oder hauptberuflich Lehrenden für die Dauer der Tätigkeit an der Hochschule das Recht verleihen, die Bezeichnung „Professorin“ oder „Professor“ oder „Universitätsprofessorin“ oder „Universitätsprofessor“ zu führen bzw. nach Beendigung ihrer Lehrtätigkeit fortzuführen (§ 73a Abs. 4 S. 1, Abs. 4a S. 1 HG) oder in die zentrale Vergabe von Studienplätzen einbezogen werden (§ 73a Abs. 7 S. 1 HG), bedarf sie hierfür nach Maßgabe der zitierten Vorschriften jeweils notwendig ‑ wenn auch nicht stets allein hinreichend ‑ der staatlichen Anerkennung als Hochschule. Dabei ist solchen Bildungseinrichtungen die staatliche Anerkennung mit Blick auf die Akzeptanz der von ihnen angebotenen Ausbildungen auf dem Arbeitsmarkt auch und gerade im (wirtschaftlichen) Wettbewerb mit anderen Hochschulen etwa um die Gewinnung von Studierenden sowie den Erhalt von Fördergeldern zumindest mittelbar nützlich. 90Vgl. zum Ganzen in Bezug auf die Notwendigkeit der Akkreditierung von Studiengängen: BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2016, 1 BvL 8/10, juris Rdnr. 51. 91Dieser jedenfalls faktische Zwang zur Anerkennung als staatliche Hochschule beschränkt auch die Freiheit der Bildungseinrichtung, über Inhalt, Ablauf und methodischen Ansatz ihres Ausbildungsangebots sowie die hierfür erforderlichen Organisationsstrukturen ausschließlich selbst zu bestimmen. 92Vgl. in Bezug auf die Notwendigkeit der Akkreditierung von Studiengängen: BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2016, 1 BvL 8/10, juris Rdnr. 52, 93Denn für eine staatliche Anerkennung nach § 72 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 1 HG muss tatbestandlich gewährleistet sein, dass 9495in der Hochschule die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre sichergestellt ist (§ 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 HG), 96die Hochschule die Aufgaben nach § 3 Abs. 1 oder Abs. 2 HG wahrnimmt (§ 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 HG), 97das Studium an dem in § 58 Abs. 1 HG genannten Ziel ausgerichtet ist (§ 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 HG), 98mindestens drei nebeneinander bestehende oder aufeinanderfolgende und erfolgreich akkreditierte Studiengänge im Sinne des § 60 Abs. 1 HG an der Hochschule vorhanden oder im Rahmen einer Ausbauplanung vorgesehen sind (§ 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 HG), 99das Studium und die Abschlüsse aufgrund der Prüfungsordnungen, des tatsächlichen Lehrangebotes und einer kontinuierlichen internen und externen Qualitätssicherung den wissenschaftlichen Maßstäben und anerkannten Qualitätsstandards an Hochschulen in der Trägerschaft des Landes entsprechen (§ 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 Hs. 1 HG), 100die Studienbewerberinnen und Studienbewerber die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine entsprechende Hochschule in der Trägerschaft des Landes erfüllen (§ 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 HG), 101die Lehraufgaben überwiegend von hauptberuflich Lehrenden der Hochschule, die die Einstellungsvoraussetzungen einer Professorin oder eines Professors nach § 36 HG im Fall einer Universität oder Fachhochschule (...) erfüllen, wahrgenommen werden und alle Lehrenden die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten an Hochschulen in der Trägerschaft des Landes (...) gefordert werden (§ 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 HG), 102die Mitglieder und Angehörigen der Hochschule an der Gestaltung des Studiums in sinngemäßer Anwendung der für Hochschulen in staatlicher Trägerschaft geltenden Grundsätze mitwirken werden (§ 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 8 HG), 103akademische Belange in Forschung und Lehre hinreichend deutlich von den unternehmerischen Interessen abgegrenzt werden (§ 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 9 HG), 104die den Träger und die Hochschule maßgeblich prägenden natürlichen Personen die freiheitliche demokratische Grundordnung achten und die für den Betrieb einer Hochschule erforderliche Sachkunde und Zuverlässigkeit aufweisen (§ 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 10 HG), 105der Bestand der Hochschule und des Studienbetriebs sowie die Stellung des Hochschulpersonals wirtschaftlich und rechtlich dauerhaft gesichert sind und die Hochschule der alleinige Geschäftsbetrieb ihres Trägers ist (§ 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 11 HG), 106die Prüfungsordnungen den Ordnungen der Hochschulen in der Trägerschaft des Landes gleichwertig sind; §§ 63 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5, 63a, 64 Abs. 2, 65 HG (§ 72 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 HG). 107Mit diesen Anerkennungsvoraussetzungen trifft der Gesetzgeber nicht nur Bestimmungen über die formale Organisation der Lehre. Sie zielen zumindest auch unmittelbar auf die allgemeine (etwa § 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 1. Nr. 7, Nr. 9 HG) und auf die Lehre (etwa § 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 bis Nr. 6, Nr. 8, Abs. 2 S. 2 Hs. 1 HG) bezogene Selbstorganisation der Bildungseinrichtung und deren Haushalt (etwa § 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 11 HG). 108Vgl. hierzu in Bezug auf die Notwendigkeit der Akkreditierung von Studiengängen: BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2016, 1 BvL 8/10, juris Rdnr. 55. 109Der mit dem Anerkennungsvorbehalt (§ 72 Abs. 1 HG) einhergehende Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. 110Eingriffe in die vorbehaltlos gewährleistete Wissenschaftsfreiheit können zur Verfolgung eines Zieles mit Verfassungsrang gerechtfertigt sein Die Qualitätssicherung in der Lehre ist ein solches Ziel. Wissenschaft ist zwar ein grundsätzlich von Fremdbestimmung freier Bereich autonomer Verantwortung, da eine von gesellschaftlichen Nützlichkeits- und politischen Zweckmäßigkeitsvorstellungen freie Wissenschaft die ihr zukommenden Aufgaben am besten erfüllen kann. Das Hochschulstudium steht jedoch auch in engem Zusammenhang mit dem Recht der freien Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG, da die Ausbildung in der Regel die Vorstufe einer Berufsaufnahme ist. In der wissenschaftlichen Lehre ist daher der Aufgabe der Berufsausbildung und den damit verbundenen Grundrechtspositionen der Studierenden Rechnung zu tragen. Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit steht insofern Vorgaben, die einen ordnungsgemäßen Lehrbetrieb mit einem transparenten Prüfungssystem sicherstellen, nicht entgegen. Maßnahmen zur Qualitätssicherung der wissenschaftlichen Lehre, die wissenschaftlichen Standards genügen, dienen dazu, dass die Hochschulen ihren Aufgaben gerecht werden. Damit kommen sie im Übrigen auch der durch Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG gewährleisteten Freiheit von Forschung und Lehre zugute. 111BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2016, 1 BvL 8/10, juris Rdnr. 58, m. w. N. aus der Rechtsprechung des Gerichts. 112Die mit der Qualitätssicherung verbundenen Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit bedürfen nach Art. 5 Abs. 3 S. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage. Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichten den Gesetzgeber dazu, die insoweit für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen selbst zu treffen. Was wesentlich ist, ergibt sich aus den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere aus den dort verbürgten Grundrechten. Wie weit der Gesetzgeber die für den jeweils geschützten Lebensbereich wesentlichen Leitlinien selbst bestimmen muss, lässt sich dabei nur mit Blick auf den Sachbereich und die Eigenart des Regelungsgegenstandes beurteilen. 113BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2016, 1 BvL 8/10, juris Rdnr. 59, m. w. N. aus der Rechtsprechung des Gerichts. 114Der Gesetzgeber kann zur Qualitätssicherung der Lehre nicht selbst detaillierte Vorgaben zu Lehrinhalten machen, denn das würde die grundrechtlich geschützte Eigenrationalität der Wissenschaft missachten. Kriterien der Bewertung wissenschaftlicher Qualität, an die der Gesetzgeber Folgen knüpft, müssen vielmehr Raum für wissenschaftseigene Orientierungen lassen. Daher ist die Wissenschaftsfreiheit durch den Gesetzgeber in Systemen der Qualitätskontrolle jedenfalls prozedural und organisatorisch zu sichern; neben dem Abwehrrecht gegen punktuelle und personenbezogene Eingriffe steht auch hier eine Garantie hinreichender Teilhabe der Wissenschaft selbst, die vor wissenschaftsinadäquaten Entscheidungen sowohl innerhalb der Hochschulen wie auch durch dritte, im Wissenschaftssystem mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattete Akteure schützt. Der Gesetzgeber muss daher bei wertenden grundrechtsrelevanten Entscheidungen regeln, wer diese zu treffen hat und wie das Verfahren ausgestaltet ist. Er muss insofern auch für die Qualitätssicherung ein Gesamtgefüge schaffen, in dem Entscheidungsbefugnisse und Mitwirkungsrechte, Einflussnahme, Information und Kontrolle so ausgestaltet sind, dass Gefahren für die Freiheit der Lehre vermieden werden. Zur Vermeidung wissenschaftsinadäquater Steuerungspotentiale ist eine angemessene Beteiligung der Wissenschaft insbesondere an der Festlegung der Bewertungskriterien unabdingbar. Das gilt erst recht, wenn Bewertungskriterien hochschulextern festgesetzt werden, da damit ein erhöhtes Risiko der Vernachlässigung wissenschaftsadäquater Belange einhergeht, und wenn die Hochschulangehörigen auf die externe Bewertung angewiesen sind. 115BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2016, 1 BvL 8/10, juris Rdnr. 60, m. w. N. aus der Rechtsprechung des Gerichts. 116Diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben genügen die Anerkennungsregelungen des nordrhein-westfälischen Hochschulrechts. 117Die Anerkennungsentscheidung, die gemäß § 73 Abs. 1 S. 1 HG das Ministerium ausspricht, obliegt staatlicher Verantwortung. Da § 73 Abs. 1 S. 2 HG vorsieht, dass das Ministerium vor der Entscheidung über ein Anerkennungsbegehren von der Bildungseinrichtung verlangen kann, dass sie zuvor eine erfolgreiche Konzeptprüfung durch den Wissenschaftsrat oder eine vergleichbare, vom Ministerium benannte Einrichtung durchlaufen hat, ist zur Vermeidung wissenschaftsinadäquater Steuerungspotentiale eine angemessene Beteiligung der Wissenschaft an der Entscheidung im Anerkennungsverfahren zur Klärung der Frage gewährleistet, ob das Gründungsvorhaben den durch den Gesetzgeber in § 72 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 1 HG vorgegebenen Anerkennungskriterien genügt. Mit den dort genannten Anerkennungsvoraussetzungen hat der Gesetzgeber zudem die aus seiner Sicht grundlegenden Bedingungen selbst ausgestaltet, unter denen eine Hochschule staatlich anerkannt werden kann, ohne detaillierte Vorgaben zu Lehrinhalten zu machen. Dass die Regelungen des § 72 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 1 HG gemessen an den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, hier insbesondere den in Art. 5 Abs. 3 S. 1, 12 Abs. 1 und 14 GG verbürgten Grundrechten, nicht das Wesentliche regeln, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. 118Die danach dem geltend gemachten Anspruch zu Grunde zu legenden §§ 72, 73 HG tragen das Klagebegehren nicht. 119Die Versagungsentscheidung ist nicht mit Blick darauf rechtswidrig, dass das Ministerium der Klägerin nach Prüfung des im September 2012 vorgelegten Konzepts zur Gründung der I. unter dem 14. November 2012 mitgeteilt hat, das Konzept zur Errichtung einer Hochschule könne positiv bewertet und die Akkreditierungsphase eingeleitet werden. 120Die Mitteilung über das seinerzeitige Prüfergebnis beinhaltet weder eine staatliche Anerkennung der I. durch das Ministerium nach Maßgabe der seinerzeit geltenden Bestimmung des § 72 Abs. 1 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen 2004 (Hochschulgesetz 2004 – HG 2004) vom 14. März 2000 (GV. NRW. S. 190) in der zuletzt durch Artikel 17 des Gesetzes vom 16. September 2014 (GV. NRW. S. 547) geänderten Fassung des Gesetzes vom 21. März 2006 (GV. NRW. S. 119), nach der unter den in den Nr. 1 bis Nr. 9 der Vorschrift genannten Voraussetzungen nicht in der Trägerschaft des Landes stehende Bildungseinrichtungen als Universitäten oder Fachhochschulen staatlich anerkannt werden konnten. Auch kommt dem damaligen Prüfergebnis keine rechtlich bindende Wirkung für die Entscheidung über den dem Klagebegehren zu Grunde liegenden Anerkennungsantrag zu. 121Ungeachtet der Tatsache, dass die Klägerin auf der Grundlage des durch das Ministerium im November 2012 befürworteten Hochschulgründungskonzepts ihre Akkreditierung ebenso wenig schriftlich beantragt hat (§ 72 Abs. 2 S. 1 i. V. m. Abs. 1 HG 2004) wie eine Akkreditierung der damals vorgesehenen Studiengänge, ist ihrem Vortrag schon nicht zu entnehmen, dass das im Jahr 2012 von ihr erarbeitete Konzept zur Gründung der I. demjenigen entspricht, das der hier angegriffenen Versagungsentscheidung zugrunde liegt. Für eine Identität beider Konzepte spricht auch sonst nichts. Dies gilt, weil nach den im Jahr 2012 angestellten Gründungsüberlegungen der Klägerin die Aufnahme des Hochschulbetriebes mit den Bachelorstudiengängen "Naturheilkunde" sowie "Psychologie und Psychotherapie" vorgesehen und ein Studienangebot in punkto "Gesundheitsberatung" als zu schaffendem dritten Bachelorstudiengangs lediglich "angedacht" war. Demgegenüber geht das dem Wissenschaftsrat vorgelegte Hochschulgründungskonzept von einem Beginn der Ausbildung an der I. in den Bachelorstudiengängen "Praktische Psychologie" und "Gesundheitsberatung" aus. Damit stellt das im Streit befindliche Hochschulgründungskonzept im Vergleich zu demjenigen aus dem Jahr 2012 ein aliud dar. Für die Beurteilung der Anerkennungsfähigkeit einer Bildungseinrichtung als staatliche Hochschule ist nämlich unter anderem deren Bildungsangebot essenziell (vgl. § 72 Abs. 2 Nr. 3, Nr. 4 und Nr. 5 HG). 122Ein Anspruch auf Neubescheidung des Anerkennungsbegehrens folgt nicht aus den von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensfehlern. Solche haften der Versagungsentscheidung nicht an. 123Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die an sie gemäß § 73 Abs. 1 S. 2 HG gerichtete Forderung des Ministeriums nach einer Konzeptprüfung ebenso wenig ermessensfehlerhaft gewesen wie die ministerielle Entscheidung, diese solle durch den Wissenschaftsrat erfolgen. 124Nach dem Gesetzentwurf der Landesregierung zu der im Jahr 2014 in Kraft getretenen Neufassung des nordrhein-westfälischen Hochschulgesetzes bezweckt das nach der Neuregelung des § 73 Abs. 1 S. 2 HG einer Anerkennungsentscheidung vorschaltbare Konzeptprüfungsverfahren unter anderem, wenig aussichtsreichen Gründungsinitiativen frühzeitig Einhalt bieten zu können, und entspricht mit der Abkehr von der bisherigen Verwaltungspraxis der umfassenden ministeriellen Eigenprüfung anerkannten internationalen Standards, sich zur Feststellung von wissenschaftlicher Qualität oder Forschungsqualität externen Sachverstands zu bedienen. 125Landtag Nordrhein-Westfalen, LT-Drs. 16/5410, S. 380. 126Offenbleiben kann, ob ‑ und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ‑ angesichts der ‑ wie oben dargelegt ‑ verfassungsrechtlich sogar gebotenen Einbindung der Wissenschaft in die Entscheidung über die staatliche Anerkennung einer Hochschule das Ministerium nach § 73 Abs. 1 S. 2 HG überhaupt ermessensfehlerfrei von einer Konzeptprüfung durch den Wissenschaftsrat oder durch eine vergleichbare, vom Ministerium benannte Einrichtung absehen kann. 127Dass das seitens der Klägerin für die I. erarbeitete Hochschulgründungskonzept keiner derartigen Vorprüfung bedurft hat, ist weder von ihr substantiiert geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Insbesondere stand aus den oben dargelegten Gründen dessen Tragfähigkeit nicht schon aufgrund der vom Ministerium im Jahr 2012 vorgenommenen Überprüfung der seinerzeit von der Klägerin vorgelegten Gründungsüberlegungen fest. 128Auch im Übrigen ist die Einbindung des Wissenschaftsrates in das Anerkennungsverfahren nicht ermessensfehlerhaft. Das Ministerium hat in seine Entscheidung das von der Klägerin unter dem 3. September 2015 geltend gemachte Interesse daran einbezogen, den für sie mit einem solchen Verfahren verbundenen personellen und finanziellen Aufwand zu vermeiden. Dies folgt aus der Mitteilung des Ministeriums an die Klägerin vom 15. September 2015, nach der es die Konzeptprüfung aus Gründen der Gleichbehandlung mit anderen Antragstellern und mit Blick darauf für erforderlich gehalten hat, dass die hauseigene Prüfung des von der Klägerin im Jahr 2012 eingereichten Gründungskonzepts bereits drei Jahre zurückliegt. Namentlich mit Blick auf den zuletzt genannten Gesichtspunkt ist es insbesondere im Hinblick auf die nach dem Jahr 2012 an dem Konzeptprüfungsverfahren vorgenommenen inhaltlichen Veränderungen rechtlich unbedenklich, dass das Ministerium von der Forderung nach einer Durchführung des Konzeptprüfungsverfahrens nicht im Interesse der Klägerin abgesehen hat. 129Ermessensfehlerfrei ist es zudem, dass das Ministerium, die Überprüfung des Hochschulgründungskonzepts der Klägerin dem Wissenschaftsrat und nicht einem Dritten überantwortet hat. Diese Verfahrensweise entspricht nach der ebenfalls unwidersprochen gebliebenen Darstellung des Ministeriums dessen ständiger Verwaltungspraxis. An ihr durfte das Ministerium auch im Fall der Klägerin festhalten, da die Klägerin diese vor der Beauftragung des Wissenschaftsrates weder beanstandet, noch eine im Sinne des § 73 Abs. 1 S. 2 HG vergleichbare Einrichtung benannt hat, die durch das Ministerium als verantwortlich für die Durchführung der Prüfung ihres Hochschulgründungskonzepts hätte in Betracht gezogen werden können oder sollen. 130Die Entscheidung, der I. die staatliche Anerkennung als Hochschule zu versagen, ist ferner in Übereinstimmung mit den Vorgaben der §§ 72 Abs. 1, 73 Abs. 1 S. 2 HG eine solche des Ministeriums und nicht des Wissenschaftsrates. 131Nach § 72 Abs. 1 HG hat das Ministerium über den gestellten Antrag auf Anerkennung im Wege der Ermessensausübung zu entscheiden, ohne dabei rechtlich zwingend an den Ausgang eines durchgeführten Konzeptprüfungsverfahrens gebunden zu sein. Schon nach dem Wortlaut der in § 73 Abs. 1 S. 2 HG getroffenen Regelung setzt die Anerkennung als staatliche Hochschule nicht notwendig voraus, dass die Bildungseinrichtung ein Konzeptprüfungsverfahren erfolgreich durchlaufen hat. Vielmehr kann das Ministerium danach den positiven Abschluss eines solchen Prüfungsverfahrens verlangen, bevor es dem Anerkennungsantrag entspricht. Hieraus folgt nicht nur die dem Ministerium normativ eingeräumte Befugnis, trotz eines erfolgreich abgeschlossenen Konzeptprüfungsverfahrens dem Anerkennungsbegehren den Erfolg zu versagen, sondern auch sein Recht, die Anerkennung trotz eines erfolglos durchlaufenen Verfahrens zur Konzeptprüfung gleichwohl auszusprechen. 132Offenbleiben kann damit, ob ‑ worauf die Klägerin zur Rechtfertigung ihres gegenteiligen Rechtsstandpunktes verweist ‑ der Begründung der Landesregierung zur Neufassung des § 73 HG überhaupt die Vorstellung einer vom Wissenschaftsrat rechtlich zu verantwortenden Entscheidung über ein Anerkennungsbegehren zu Grunde liegt, wenn in der Gesetzesbegründung ausgeführt ist, dass die "... Konzeptprüfung (...) zu einer wesentlichen Entlastung des Ministeriums im Verfahren der staatlichen Anerkennung von Hochschulen in Gründung beitragen ..." soll und "... das Ministerium(...) selbst keine umfassende, detaillierte inhaltliche Prüfung mehr vornehmen, sondern primär die Vollständigkeit der relevanten Unterlagen bei der Antragstellung (...) " sicherstellen ..." werde. 133Landtag Nordrhein-Westfalen, LT-Drs. 16/5410, S. 380. 134Ebenso wenig ist hier der Frage nachzugehen, unter welchen Voraussetzungen das Ministerium angesichts der dargelegten Gründe für die verfassungsrechtlich gebotene Beteiligung der Wissenschaft an dem Anerkennungsverfahren von den Feststellungen des Wissenschaftsrates bzw. anderer Einrichtungen im Sinne des § 73 Abs. 1 S. 2 HG abweichen kann. Ausweislich der in dem Bescheid vom 1. Dezember 2017 enthaltenen Begründung, die durch die Bezugnahme auf den Inhalt des der Klägerin vorab übermittelten Prüfberichts auch den Vorgaben des § 39 Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW genügt, hat das Ministerium dem Anerkennungsbegehren der Klägerin nämlich selbst ohne Abweichung von den Feststellungen in dem Prüfbericht den Erfolg versagt. 135Die Versagungsentscheidung basiert danach nicht nur auf der Einschätzung des Ministeriums, dass das Ergebnis des Prüfberichts nachvollziehbar ist, sondern zudem auf seiner Auffassung, dass die Feststellungen in dem Prüfbericht belegen, dass das zur Prüfung vorgelegte Hochschulgründungskonzept auch unter Berücksichtigung der Einwände, die die Klägerin gegen den Prüfbericht in ihrem undatierten, bei dem Ministerium am 16. Oktober 2017 eingegangenen Schreiben formulierte hatte, gemessen an den in § 72 Abs. 2 S. 1 und S. 2 Hs. 1 HG genannten Voraussetzungen keine hinreichende Grundlage für die Gründung einer staatlich anzuerkennenden Hochschule bildet. Dem ist zu entnehmen, dass das Ministerium über das Anerkennungsbegehren auf der Grundlage und in Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Prüfberichts zu Lasten der Klägerin entschieden und die ihm obliegende Entscheidung nicht dem Wissenschaftsrat überlassen hat. 136Der Rückgriff auf den Prüfbericht zur Rechtfertigung der Versagungsentscheidung begegnet auch sonst verfahrensrechtlich keinen durchgreifenden Bedenken. 137Dass der nach Art. 4 Abs. 1 S. 1 des Verwaltungsabkommens zwischen Bund und Ländern über die Errichtung eines Wissenschaftsrates (Abkommen) vom 5. September 1957 in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung aus 54 Mitgliedern bestehende Wissenschaftsrat, der sich nach Art. 5 Abs. 1 des Abkommens aus zwei Kommissionen zusammensetzt ‑ nämlich der Wissenschaftlichen Kommission und der Verwaltungskommission (vgl. Art. 5 Abs. 2 des Abkommens) ‑ und als Vollversammlung zusammentritt, nicht als Ganzes in einer solchen Versammlung den das Gründungsvorhaben der Klägerin betreffenden Prüfbericht beschlossen hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Prüfbericht bleibt ein solcher des Wissenschaftsrates, auch wenn ihn der Akkreditierungsausschuss verabschiedet hat. Gemäß Art. 7 Abs. 3 des Abkommens i. V. m. § 7 Abs. 1 Hs. 1 der Geschäftsordnung des Wissenschaftsrates (GeschäftsO) in der vom Wissenschaftsrat am 20. Januar 2017 verabschiedeten Fassung können die Vollversammlung und die Kommissionen für bestimmte Aufgaben Ausschüsse einsetzen. Einer dieser Ausschüsse, in die als Mitglieder auch dem Wissenschaftsrat nicht angehörende Sachverständige berufen werden können (§ 7 Abs. 1 Hs. 2 der GeschäftsO), ist der Akkreditierungsausschuss. 138Soweit die Klägerin ferner meint, das Verfahren, in dem ihr Prüfbericht erstellt und beschlossen worden ist, widerspreche dem "Leitfaden Institutionelle Akkreditierung" des Wissenschaftsrates, mag dies zutreffen. Der Einwand ist indes schon deshalb rechtlich unerheblich, weil der Wissenschaftsrat die hier maßgebliche Verfahrensweise in seinem vorzitierten "Leitfaden der Konzeptprüfung nichtstaatlicher Hochschulen in Gründung" niedergelegt hat. Den dortigen Vorgaben genügt das Verfahren zur Prüfung des von der Klägerin vorgelegten Hochschulgründungskonzepts. Insbesondere sind sowohl die Antragstellerseite wie auch das Ministerium zu dem Ergebnis des von der Arbeitsgruppe zunächst verfassten Sachstandsberichts am 30. März 2017 angehört worden. 139Vgl. zum Verfahrensgang auch: Leitfaden, Seite 18, 19. 140Die Versagungsentscheidung ist auch in der Sache nicht rechtsfehlerhaft. 141Die nach § 72 Abs. 1 HG in das Ermessen des Ministeriums gestellte Anerkennung einer nicht in der Trägerschaft des Landes stehenden Bildungseinrichtung als staatliche Hochschule erfordert tatbestandlich nach Absatz 2 Satz 1 des § 72 HG, dass das Vorliegen der dort unter den Nr. 1 bis 11 genannten Voraussetzungen gewährleistet ist, und zudem gemäß § 72 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 HG, dass die Prüfungsordnungen den Ordnungen der Hochschulen in der Trägerschaft des Landes gleichwertig sind. 142Gemessen daran ist gegen die Versagungsentscheidung materiell-rechtlich nichts zu erinnern. Die I. erfüllt jedenfalls nicht alle der in § 72 Abs. 2 S. 1, S. 2 Hs. 1 HG bestimmten und kumulativ erforderlichen Anerkennungsvoraussetzungen. Dies folgt aus dem Prüfbericht, den das Ministerium zur Begründung seiner Entscheidung heranziehen durfte, weil er von fachlicher Expertise getragen und auch unter Berücksichtigung der Klagebegründung in sich schlüssig und nachvollziehbar ist. 143Anhaltspunkte tatsächlicher Art, die in Zweifel ziehen könnten, dass die Mitglieder des Akkreditierungsausschusses und / der Arbeitsgruppe, die den zum Gründungskonzept der Klägerin erstellten Entwurf des Prüfberichts verabschiedet hat, 144vgl. zum Verfahrensgang auch: Leitfaden, Seite 18, 19, 145nicht das ‑ auch verfassungsrechtlich gebotene ‑ Fachwissen zur Beurteilung der hier in Rede stehenden Sachfragen besitzen, hat weder die Klägerin substantiiert dargetan, noch sind solche sonst ersichtlich. 146Dem Akkreditierungsausschuss gehören, wie das Ministerium ohne Widerspruch der Klägerin vorgetragen hat, neben Vertreterinnen und Vertretern der Länder und des Bundes Professorinnen und Professoren ‑ auch nichtstaatlicher Hochschulen ‑ unterschiedlicher Fachrichtungen und Hochschultypen an, darunter Mitglieder der wissenschaftlichen Kommission des Wissenschaftsrates, sowie weitere mit dem deutschen Hochschulwesen vertraute Sachverständige. 147Leitfaden, Seite 9; vgl. zur Zusammensetzung des Wissenschaftsrates auch Artikel 4 des Verwaltungsabkommens zwischen Bund und Ländern über die Errichtung des Wissenschaftsrates vom 5. September 1957 in der ab dem 1 Januar 2008 geltenden Fassung. 148Damit trägt seine Zusammensetzung der grundrechtlich geschützten Eigenrationalität der Wissenschaft Rechnung und bietet im Anerkennungsverfahren eine hinreichende Gewähr für eine hinreichende Teilhabe der Wissenschaft selbst, die vor wissenschaftsinadäquaten Entscheidungen sowohl innerhalb der Hochschulen wie auch durch dritte, im Wissenschaftssystem mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattete Akteure schützt. 149Vgl. zu den genannten Anforderungen im Zusammenhang mit der Notwendigkeit der Akkreditierung von Studiengängen: BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2016, 1 BvL 8/10, juris Rdnr. 60, m. w. N. aus der Rechtsprechung des Gerichts. 150Weshalb die vier Mitglieder des Akkeditierungsausschusses vor diesem Hintergrund nicht hinreichend kompetent gewesen sein sollen, das Konzept der Klägerin zu beurteilen, ist mit deren Einwand, eine Einschätzung von vier Personen tauge nicht für eine Antragsablehnung, nicht einmal ansatzweise dargetan. 151Damit bietet auch die Einlassung der Klägerin, für sie sei mit Blick auf die der Arbeitsgruppe angehörenden Professorinnen und Professoren "... nicht erkennbar, inwieweit diese Personen ausgewiesene Kompetenzen für die Bewertung der einzelnen Prüfungsbereiche besitzen ..." keinen rechtserheblichen Anlass für eine weitere Aufklärung des Sachverhalts. Gleiches gilt mit Blick auf die Anregung der Klägerin, das Ministerium zur Vorlage des Protokolls der Sitzung des Akkreditierungsausschlusses vom 13. September 2017 aufzufordern. 152Aus dem Prüfbericht zum Konzept der Klägerin für die I. ergibt sich nachvollziehbar, dass die I. ‑ und zwar ohne dass das Ministerium diesen Defiziten anders als durch die Ablehnung des Anerkennungsbegehrens hätte Rechnung tragen können – die in § 72 Abs. 2 S. 1 und S. 2 Hs. 1 HG normierten tatbestandlichen Voraussetzungen für ihre staatliche Anerkennung nicht sämtlich erfüllt. 153Die Anerkennungsvoraussetzungen greift der Wissenschaftsrat auf durch die Beurteilung vorgelegter Hochschulgründungskonzepte in Bezug auf die Bereiche 1541: Institutioneller Anspruch, Profil und Entwicklungsziele, 1552: Leitungsstruktur, Organisation und Qualitätsmanagement, 1563: Personal, 1574: Studium und Lehre, 1585: Forschung, 1596: Räumliche und sächliche Ausstattung sowie 1607: Finanzierung. 161Leitfaden Seite 21 ff. 162Entsprechend dem ‑ wie oben dargelegt ‑ verfassungsrechtlich zu billigenden und einen Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit rechtfertigenden Ziel der Qualitätssicherung der Lehre dient aus Sicht des Wissenschaftsrates die Konzeptprüfung angesichts "... einer Vielfalt ländergesetzlicher Vorgaben und Regelungen (...) als Verfahren der länderübergreifenden Qualitätssicherung nichtstaatlicher Hochschulen in deren Eigenschaft als staatlich beliehene Einrichtungen des tertiären Bildungssektors ...". Sie erfüllt damit "... eine qualitätssichernde Funktion bei der Aufnahme nichtstaatlicher Hochschulen in das deutsche Hochschulsystem ...", um "... zum einen die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit einer Hochschuleinrichtung ..." zu sichern und "... zum anderen dem Schutz der Studierenden sowie privater und öffentlicher Institutionen als künftige Arbeitgeber der Absolventinnen und Absolventen ..." zu dienen. 163Leitfaden, Seite 8. 164Leistungen in Lehre und Forschung, die anerkannten wissenschaftlichen Maßstäben entsprechen, setzen dabei nach Auffassung des Wissenschaftsrates als konstitutive Elemente der Hochschulförmigkeit voraus, dass die geplante Hochschule unter Berücksichtigung ihres institutionellen Anspruchs für Hochschulen, die nicht Kunsthochschulen sind, folgende Kriterien erfüllt: 165vgl. dazu und dem Folgenden: Leitfaden, Seite 10 f., 166167Lehre und Forschung finden unter den Bedingungen der grundgesetzlich garantierten Freiheit der Wissenschaft statt. 168Die Hochschule ist mitgliedschaftlich organisiert und ihr akademischer Betrieb liegt in der Verantwortung der Hochschulorgane. 169Die Hochschule nimmt das Recht auf Selbstergänzung des Lehrkörpers wahr und führt zu diesem Zweck Berufungsverfahren durch, die wissenschaftsadäquaten Standards genügen. 170Die Hochschule verfügt über einen "akademischen Kern" hauptberuflich beschäftigter Professorinnen und Professoren, der in qualitativer und quantitativer Hinsicht ihrem institutionellen Anspruch genügt und eine hinlängliche Kontinuität aufweist. 171Der akademische Kern trägt dazu bei, ein qualitätsgesichertes Studienangebot dauerhaft vorzuhalten, das mindestens zwei Studiengänge umfasst, um die Lehre in den Kernfächern des Studienangebots sicherzustellen sowie notwendige curriculare Reformen umzusetzen. 172Die Studier‑ und Lernfreiheit der Studierenden ist gewährleistet. 173Mittels forschungsbasierter Lehre werden den Studierenden wissenschaftliche Kompetenzen vermittelt. 174Die Forschung ist an der Hochschule fest und systematisch verankert. Strukturelle Rahmenbedingungen und Forschungsleistungen sind je nach institutionellem Anspruch und Fächerkultur unterschiedlich ausgeprägt. 175Die Hochschulangehörigen prägen eine Hochschulkultur, die auch für Außenstehende wahrnehmbar ist. Dazu muss ein intellektueller und wissenschaftlicher Austausch innerhalb des Lehrkörpers, aber auch zwischen Lehrenden und Lernenden sowie mit externen Partnern erkennbar sein. 176Die Hochschule ist durch Kooperationsbeziehungen in ein wissenschaftliches und gesellschaftliches Umfeld eingebettet. 177In allen Leistungsbereichen der Hochschule manifestiert sich ein umfassendes Verständnis für Qualitätssicherung und Entwicklung, die entsprechend implementiert werden. 178Substantiierte Vorbehalte gegen die Eignung dieser Kriterien, die der Wissenschaftsrat zur Beurteilung der Hochschulförmigkeit einer zur staatlichen Anerkennung gestellten Bildungseinrichtung entwickelt hat, hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Solche sind auch gemessen an den in § 72 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Hs. 1 HG normierten Anerkennungsvoraussetzungen nicht ersichtlich. Vielmehr lassen sich diesen die Beurteilungskriterien des Wissenschaftsrates sämtlich ohne weiteres zuordnen. 179Ausgehend hiervon sind die Einwendungen der Klägerin gegen die Versagungsentscheidung ungeeignet, deren Rechtswidrigkeit zu begründen. 180Zu Unrecht beanstandet die Klägerin, dass das Ministerium der Bescheidung des Anerkennungsbegehrens ‑ ebenso wie der Akkreditierungsausschuss seiner Prüfung ‑ das Gründungskonzept der Klägerin in der Fassung zu Grunde gelegt hat, die sie dem Wissenschaftsrat vorgelegt hat. Ihr Einwand zu verschiedenen, sich aus dem Prüfbericht ergebenden Beanstandungen an ihrem Konzept, diesen könne sie ohne weiteres selbst Rechnung tragen oder aber das Ministerium, indem es einer Anerkennungsentscheidung entsprechende Auflagen beifüge, ist rechtlich unerheblich. 181Das Vorbringen verkennt, dass es nicht Aufgabe des Konzeptprüfungsverfahrens ist, durch das Ministerium und / oder den Wissenschaftsrat bzw. mit deren Hilfe ein tragfähiges Gründungskonzept für eine staatlich anzuerkennende Hochschule zu entwickeln, sondern der Zweck des Verfahrens in der Überprüfung besteht, ob die Gründungsinitiative ausweislich des von ihr eigenverantwortlich entwickelten Konzepts die gebotene Gewähr dafür bietet, eine staatlich anerkannte Hochschule in dem mit der Anerkennung rechtlich vorgegebenen Rahmen betreiben zu wollen und zu können. Fehlt es ‑ wie hier ‑ an dieser grundlegenden Bedingung, ist rechtlich kein Raum, eine Anerkennungsentscheidung mit Auflagen zu versehen, die gemäß § 73 Abs. 1 S. 3 HG lediglich der Erfüllung der Voraussetzung des § 72 HG dienen, nicht aber bezwecken, ein für eine Anerkennung taugliches Konzept zu erstellen. 182Abgesehen davon hat das Ministerium im Vorfeld der Übermittlung des Antrags auf Konzeptprüfung an den Wissenschaftsrat nicht nur die ihr von der Klägerin vorgelegten Konzeptentwürfe mehrfach durchgesehen und der Klägerin mit Anregungen zur Korrektur zurückgereicht. Vielmehr hat es der Klägerin im Nachgang zu dem Informationsgespräch bei dem Wissenschaftsrat am 9. Mai 2016 ‑ auch unter Hinweis auf das Kostenrisiko ‑ empfohlen, die Durchführung der Konzeptprüfung auf der Basis des vorgelegten Konzepts angesichts der Bedenken des Wissenschaftsrats im Hinblick auf die Wissenschaftlichkeit des Studienangebots zu überdenken, und damit weit mehr an Beratung der Klägerin geleistet, als dies gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 VwVfG NRW geboten ist. Danach soll die Behörde die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind, und erörtert, soweit erforderlich, bereits vor Stellung eines Antrags mit dem zukünftigen Antragsteller, welche Nachweise und Unterlagen von ihm zu erbringen sind. 183Das Ministerium hat die Anerkennungsfähigkeit der I. unter Rückgriff auf den Prüfbericht rechtsfehlerfrei verneint. Der Vortrag der insoweit darlegungs‑ und beweispflichtigen, 184vgl. hierzu: Görsch in Leuze / Epping, Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen, Kommentar, (Leuze / Epping) Rdnr. 21 zu § 72 HG 2004, dessen Regelungen in Absatz 1, soweit hier von Interesse, mit denen in § 72 Abs. 2 S. 1 HG inhaltlich übereinstimmen, 185Klägerin lässt nicht erkennen, dass ihr Konzept zur Gründung der I. entgegen dem Prüfbericht in allen unabdingbar notwendigen Punkten den Ansprüchen genügt, die die Hochschulförmigkeit an den Betrieb einer anerkannten staatlichen Hochschule stellt. 186Das Gründungskonzept der Klägerin für die I. erfüllt schon nicht die Anforderungen des § 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 Hs. 1 HG, soweit danach zu gewährleisten ist, dass das Studium und die Abschlüsse aufgrund der Prüfungsordnungen und des tatsächlichen Lehrangebots den wissenschaftlichen Maßstäben an Hochschulen in der Trägerschaft des Landes entsprechen. Mangels einer dementsprechenden Gewähr genügt das Konzept der Klägerin ebenfalls nicht der Vorgabe, die sich aus § 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 HG i. V. m. § 58 Abs. 1 S. 1 HG ergibt. Danach muss ‑ soweit hier von Interesse ‑ gewährleistet sein, dass Lehre und Studium den Studierenden unter Berücksichtigung der Anforderungen und Veränderungen in der Berufswelt und der fachübergreifenden Bezüge die erforderlichen fachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden dem jeweiligen Studiengang entsprechend so vermitteln, dass sie zu wissenschaftlicher Arbeit, zur Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in der beruflichen Praxis befähigt werden. Demgegenüber belegt das vorgelegte Hochschulgründungskonzept nicht, dass das Studienangebot der I. den Anforderungen der Hochschulförmigkeit entsprechend an dem Gebot der Wissenschaftlichkeit ausgerichtet ist. Damit fehlt es zugleich an der Grundlage für die berechtigte Erwartung, dass Absolventen der I. mit ihren dort erworbenen Studienabschlüssen nachweisen können, dass sie in der beruflichen Praxis befähigt sind, die die Wissenschaftlichkeit bestimmenden Grundsätze zu nutzen und im Rahmen ihrer Arbeit auf die für die Ausübung des Berufs erforderlichen Erkenntnisse und Methoden anzuwenden. 187Offenbleiben kann hier, ob der unbestimmte Rechtsbegriff der Wissenschaftlichkeit im Sinne der Regelungen in § 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 und Nr. 3 HG einen durch das Ministerium im Rahmen der Anerkennungsentscheidung auszufüllenden Beurteilungsspielraum enthält, 188die Annahme eines Beurteilungsspielraums bei der Prüfung der in § 72 HG tatbestandlich normierten Anerkennungsvoraussetzungen jedenfalls in Erwägung ziehend: Görisch in Leuze / Epping, a. a. O., zu § 72 Rdnr. 21 Anm. 21.1; verneinend: Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 3. Auflage 2004, zu § 70 HRG Rdnr. 167, 189weil der Verwaltung bei der Prüfung dieser Anerkennungsvoraussetzung nach der gesetzlichen Regelung eine Einschätzungsprärogative zukommt. 190Vgl. zu den Voraussetzungen für die Anerkennung eines Beurteilungsspielraumes etwa: BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990, 1 C10/88, juris Rdnr. 20. 191Ausweislich des Prüfberichts bietet das Gründungskonzept jedenfalls die nach § 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 Hs. 1 HG erforderliche Gewähr nicht. Die in dem Prüfbericht geäußerten Zweifel daran, dass dem Gründungskonzept für die I. ein Wissenschaftsverständnis zugrunde liegt, das dem an staatlichen Hochschulen vergleichbar ist, sind nachvollziehbar begründet, ohne dass die Klägerin deren Berechtigung substantiiert angegriffen hat. 192Der Prüfbericht (Prüfbereich IV. "Studium und Lehre", IV.2 "Bewertung", Seite 22) führt diesbezüglich aus, der Zuschnitt des Studienangebots sei nicht nur unspezifisch und lasse deshalb nicht erkennen, zu welchen Qualifizierungszielen es führen solle. Vielmehr trage es auch dem für die I. formulierten Profil insoweit nicht Rechnung, als die Curricula zu den als Alleinstellungsmerkmal des Studienangebots bezeichneten betriebswirtschaftlichen Inhalten keine Module explizit vorsähen. Zudem seien zu wenig Module zum wissenschaftlichen Arbeiten und zu Forschungsmethoden geplant, wobei insbesondere im Wahlpflichtbereich aufgrund des sehr weit gefassten Gesundheitsbegriffs die nötige Wissenschaftlichkeit und Evidenzbasierung der Studieninhalte nicht überall gegeben zu sein scheine. 193Dass die damit an dem Konzept zur Gründung der I. geübte Kritik an der nicht durchweg gegebenen Kongruenz zwischen Studienzielen bzw. Studieninhalten und den Qualifizierungszielen einerseits sowie an der wissenschaftlichen Fundierung der Studienangebote andererseits nicht an Grundsätzen ausgerichtet ist, die an Hochschulen, die in der Trägerschaft des Landes stehen, allgemein für die Beurteilung der Wissenschaftlichkeit eines Studienangebot herangezogen werden, ist nicht ersichtlich. Sofern die Klägerin sich zur Klagebegründung überhaupt inhaltlich mit diesen Vorhalten an der Hochschulförmigkeit ihres Vorhabens auseinandersetzt, ist ihr Vorbringen unsubstantiiert. 194Während die Kritik an einem dem Hochschulprofil nicht genügenden Angebot betriebswirtschaftlicher Studieninhalte ebenso gänzlich unerwidert geblieben ist wie diejenige an den Qualifizierungszielen, rügt die Klägerin mit ihrem Vortrag (Nr. 1), "... nicht viel anfangen ..." könne sie mit dem Vorwurf, dass die für die I. vorgesehenen Strukturen und Prozesse ungeeignet seien, die für den Anspruch, alternative Gesundheitsberufe zu akademisieren, notwendigen wissenschaftlichen Standards sicherzustellen, zu Unrecht, der diesbezügliche Vorhalt (Prüfbericht Seite 9, Prüfbereich "I. Institutioneller Anspruch, Profil und Entwicklungsziele", I.2 "Bewertung") sei nicht hinreichend erklärt. Die Kritik nimmt (unter anderem) Bezug auf die Feststellung, dass der institutionelle Anspruch der I. der einer Hochschule für angewandte Wissenschaften sei und die I. nach ihrem Leitbild keinen Beitrag zur Akademisierung von Ausbildungsberufen im Gesundheitsbereich leisten, sondern vor allem wissenschaftliche Standards in alternativen Gesundheitsberufen etablieren wolle (Prüfbericht Seite 7 f. Prüfbereich "I. Institutioneller Anspruch, Profil und Entwicklungsziele", I.1 "Ausgangslage"). Diesbezüglich fehle es der Klägerin aber, weil sie ihre Wurzeln in den im Kursprogramm der bestehenden Fernlehrschule des Betreibers angebotenen, nicht evidenzbasierten Heilmethoden habe, an einem ausreichend klaren Wissenschaftsverständnis, das namentlich für die Akademisierung staatlich wenig regulierter Heil‑ und Gesundheitsberufe eine unabdingbare Voraussetzung darstelle (Prüfbericht Seite 9, Prüfbereich "I. Institutioneller Anspruch, Profil und Entwicklungsziele", I.2 "Bewertung"). 195Dass demgegenüber nach dem Gründungskonzept für die I. die mit der geplanten Akademisierung beabsichtigte Verwissenschaftlichung alternativer Gesundheitsberufe und Heilmethoden durchweg evidenzbasiert, das heißt auf der Basis empirisch zusammengetragener und bewerteter wissenschaftlicher Erkenntnisse von diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen erfolgen soll, hat die Klägerin weder zur Begründung der Klage ausgeführt, noch in ihrer im Oktober 2017 an das Ministerium gerichteten Stellungnahme zu dem Prüfbericht substantiiert dargetan. Die geforderte Evidenzbasierung des geplanten Lehrangebots ergibt sich insbesondere nicht aus ihrem vorprozessualem Vorbringen, wenn die Klägerin in Bezug auf die nach dem Prüfbericht aus ihrer Sicht für erforderlich gehaltene "… 'Besondere Anstrengung' zur Verwissenschaftlichung (…) auf dem Feld der wenig regulierten Gesundheitsberufe ..." geltend macht, gerade "… wissenschaftlichem Denken sollte eine solche Verknüpfung (…) entgegen stehen …". Mangels einer auch im Übrigen inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem vorbezeichneten Kritikpunkt hat die Klägerin nicht dargetan, aus welchen Elementen des Gründungskonzepts sich ihrer Meinung nach ein hinreichend evidenzbasiertes Studienangebot an der I. ergibt. Im Gegenteil spricht nach ihrer Einlassung Vieles dafür, dass die I. nach dem Verständnis der Klägerin gerade kein Studienangebot offerieren soll, das durchweg evidenzbasiert ist und damit den wissenschaftlichen Standards entspricht, die an den Hochschulen in der Trägerschaft des Landes gelten. 196Trotz der durch den Wissenschaftsrat bereits im Rahmen des Informationsgesprächs am 9. Mai 2016 geäußerten Zweifel an der Tragfähigkeit des vorgelegten Hochschulgründungskonzepts und entgegen der anschließenden Empfehlung des Ministeriums hat die Klägerin davon abgesehen, ihr Konzept entsprechend der geäußerten Kritik grundlegend zu überarbeiten. Zudem hält sie zur Begründung der Klage (Nr. 2, 18) dem in dem Prüfbericht (Seite 9, Prüfbereich "I. Institutioneller Anspruch, Profil und Entwicklungsziele", I.2 "Bewertung") geäußerten Unverständnis darüber, dass sie bei der Planung des Hochschulgründungskonzepts keine wissenschaftliche Expertise hinzugezogen hat, lediglich entgegen, dies sei, weil nicht vorgeschrieben, für sich genommen unschädlich. Dabei meint die Hinzuziehung wissenschaftlicher Expertise eine institutionelle Einbindung wissenschaftlichen Sachverstandes in die Planung der Hochschule. Hierfür genügen die von der Klägerin zuletzt behaupteten diversen Kontakte mit Wissenschaftlern und die Teilnahme an einschlägigen Weiterbildungs‑ und Kongressveranstaltungen unter anderem beim Verband der privaten Hochschulen nicht. Zwar fehlt es tatsächlich an der expliziten Normierung eines Gebotes zur Einbindung wissenschaftlichen Sachverstandes. Mit ihrem Einwand nimmt die Klägerin aber zu dem Kern der vorbezeichneten Aussage des Prüfberichts nicht Stellung, demzufolge die den alternativen Gesundheitsberufen und Heilmethoden fehlende Evidenzbasierung für die Entwicklung auf sie bezogener Studienangebote, die gleichwohl den an staatlichen Hochschulen anerkannten wissenschaftlichen Standards entsprechen sollen, eine nicht zu vernachlässigende und deshalb die Hinzuziehung wissenschaftlicher Expertise nahelegende Schwierigkeit bedeutet. Insbesondere ist den Einlassungen der Klägerin nicht zu entnehmen, dass und auf welchem Wege die I. nach dem Gründungskonzept ohne Rückgriff auf externen Sachverstand Studienangebote entwickeln können soll, die den wissenschaftlichen Standards entsprechen, die an den in der Trägerschaft des Landes stehenden Hochschulen gelten. Vielmehr deuten auch weitere Elemente der Klagebegründung darauf hin, dass die Klägerin Grund und Tragweite der vorbezeichneten Beanstandung verkennt. Dies gilt etwa für ihren Vortrag zur Begründung der Klage, sofern moniert werde, dass es keinen designierten Gründungsrektor gebe, könne sie einen solchen benennen (Nr. 6), sowie den Vorhalt, die Implementierung eines wissenschaftlichen Beratungsgremiums sei normativ zwar nicht geboten (Nr. 7), ein solches Gremium lasse sich aber einrichten. 197Abgesehen davon, dass derartige in Aussicht gestellte oder sonst mögliche inhaltliche Änderungen an dem vorgelegten Konzept nach Maßgabe der obigen Erwägungen in die ministerielle Entscheidung über den Anerkennungsantrag nicht einzustellen waren und deshalb auch für die Entscheidung des Rechtsstreits rechtlich unerheblich sind, sind nach dem Prüfbericht die Bezeichnung einer Gründungsrektorin bzw. eines Gründungsrektors in dem Hochschulgründungskonzept ebenso wenig Selbstzweck wie die konzeptionelle Einbindung eines wissenschaftlichen Beratungsgremiums in die Gremienstruktur einer Hochschule. Deren Fehlen begründet für den Akkreditierungsausschluss vielmehr Zweifel auch daran, dass sich die I. in der Gründungsphase an den wissenschaftlichen Standards ausrichten wird, die an staatlichen Hochschulen gelten. Denn nach dem Prüfbericht (Seiten 13 und 14, Prüfbereich "II. Leitungsstruktur, Organisation und Qualitätsmanagement", II.2 "Bewertung") ist das Fehlen wissenschaftlicher Expertise und Beratung in der Hochschulstruktur gravierend negativ, weil mangels eines designierten Gründungsrektors bzw. einer designierten Gründungsrektorin und angesichts der vorgesehenen Besetzung der Stelle des Kanzlers mit einer Person aus der Gründungsinitiative nicht sichergestellt sei, dass dem Rektorat in den ersten beiden Jahren der Gründungsphase eine Professorin oder ein Professor und auch eine Person mit der notwendigen Hochschulerfahrung angehören werde, und zudem die Grundordnung noch nicht einmal für die Gründungsphase der I. ein wissenschaftliches Beratungsgremium vorsehe. Diesen Bedenken ist die Klägerin in der Sache ebenfalls nicht entgegengetreten. 198Aus den vorstehenden Erwägungen folgt zugleich, dass das Gründungskonzept der Klägerin für die I. jedenfalls auch nicht den Vorgaben des § 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 HG i. V. m. § 58 Abs. 1 S. 1 HG entspricht. 199Abgesehen davon scheidet ein Erfolg des Anerkennungsbegehrens auch aus, weil das vorgelegte Gründungskonzept für die I. entgegen § 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 11 HG keine tragfähige Finanzierungsgrundlage für die Hochschule erkennen lässt, die ebenfalls zu den konstitutiven Elementen der Hochschulförmigkeit einer staatlichen Hochschule zählt. 200Nach § 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 11 HG ist erforderlich, dass das Gründungskonzept die Gewähr dafür bietet, dass der Bestand der Hochschule und des Studienbetriebs wirtschaftlich und rechtlich dauerhaft gesichert ist. Dies ist der Fall, wenn die vorgesehene Finanzierung die fachlich begründete Erwartung trägt, der Hochschulbetrieb werde zumindest über den Zeitraum der Regelstudienzeit der vorgesehenen bzw. angebotenen Studiengänge aufrecht erhalten werden können. 201Im Ergebnis ebenso: Görisch in Leuze / Epping, a. a. O., zu § 72 Rdnr. 35. 202Da sich die nach § 72 Abs. 2 S. 1 Nr. 11 HG zu bietende Sicherheit (unter anderem) auf den Studienbetrieb bezieht und die Norm zudem mit Blick auf die Studierenden einen besseren Schutz vor den wirtschaftlichen Risiken eines privaten Hochschulbetriebes bezweckt, 203vgl. zu der insoweit gleichgefassten Regelung in § 113 Nr. 9 des Hochschulgesetzes in der Fassung vom 14. März 2000 (GV NRW, S. 190) die Begründung der Landesregierung zum seinerzeitigen Gesetzentwurf: Landtag Nordrhein-Westfalen, LT-Drs. 12/4243 S. 208, 204gilt es, die Verlässlichkeit des Finanzierungskonzept zeitlich an der mit der Aufnahme eines Studiums regelmäßig verbundenen Erwartung der Studierenden auszurichten, ihr Studium jedenfalls im Rahmen der durch Studien‑ und / oder Prüfungsordnungen vorgegebenen Regelstudiendauer an der Hochschule auch abschließen zu können. Eben diese Gewähr bietet die Finanzierungsplanung der Klägerin für die I. nicht. 205Ausweislich des Prüfberichts (Prüfbereich VII. "Finanzierung", VII.2 "Bewertung", Seite 28) ist mit den Angaben der Klägerin zur Finanzierung der I. angesichts der vorgesehenen Höhe der Studiengebühren, die deutlich unter denen von anderen privaten Hochschulen mit einem vergleichbaren Profil und Fächerangebot liegen, nicht schlüssig dargelegt, wie sie mit den zu erwartenden Einnahmen die Personalausstattung und die Betreuungsleistung finanzieren wolle, die erforderlich sei, um dem ambitionierten avisierten Aufwuchs der Studierendenzahlen zu entsprechen. Zudem fehle unter anderem auch eine separate Rechnungslegung oder ein separater Wirtschaftsplan für die Hochschule, weshalb die dauerhafte Tragfähigkeit der notwendigen Zuwendungen seitens des Alleingesellschafters an die I. ebenfalls nicht plausibel gemacht und die Kostenstruktur der Einrichtung intransparent sei. 206Diesem argumentativ nachvollziehbaren Einwand hat die Klägerin nichts Substantiiertes entgegengesetzt, wenn sie zur Begründung der Klage ausführt, die "... Sache der hinreichenden finanziellen Ausstattung (... [sc.: sei]) sicherlich ein neuralgischer Punkt ...". Damit stuft die Klägerin ‑ wie ausweislich des Prüfberichts wohl auch schon aus Anlass der Anhörung durch den Akkreditierungsausschuss am 30. März 2017 ‑ vielmehr selbst die Tragfähigkeit ihres Finanzierungskonzepts als zweifelhaft ein. Da den Anlagen zu dem Konzeptprüfungsantrag der Klägerin nicht zu entnehmen ist, dass die für sie handelnden Personen oder an der Ausarbeitung des Konzepts beteiligt gewesenen Dritten selbst über den wirtschaftlichen Sachverstand verfügen, der erforderlich ist, um eine Hochschule zu gründen und dauerhaft zu betreiben, bemängelt der Prüfbericht (a. a. O.) denn auch des Weiteren zu Recht, die Klägerin habe keine externe ökonomische Expertise konsultiert, um die Unsicherheiten in der Finanzplanung zu beheben. Der seitens der Klägerin hiergegen erhobene Einwand, die Beiziehung wirtschaftlicher Expertise sei gesetzlich nicht vorgeschrieben (Nr. 18), belegt dabei ihre Fehlvorstellungen über die Anforderungen, die das nordrhein-westfälische Hochschulrecht an die Gründung und den Betrieb einer staatlich anzuerkennenden Hochschule stellt, und ein fehlerhaftes Verständnis von den ihr dabei obliegenden Verantwortlichkeiten. 207Nichts anderes gilt, soweit die Klägerin darüber hinaus geltend macht (Nr. 17), die Kritik an dem Finanzierungskonzept trage die Versagungsentscheidung nicht, weil das Ministerium ‑ wie in Anerkennungsverfahren üblich ‑ von ihr die Vorlage und Hinterlegung einer hinreichenden Sicherung verlangen werde. Dieser Einwand verkennt den Sinn und Zweck einer Sicherheitsleistung. Sie dient dazu, den Folgen entgegenzuwirken, die eintreten, wenn sich die wirtschaftlichen Risiken, die wegen des Prognosecharakters typischerweise auch einem tragfähigen Finanzierungskonzept anhaften, wider den berechtigten Erwartungen verwirklichen sollten. Die Hinterlegung von Sicherheiten ersetzt indes die Entwicklung und Umsetzung eines grundsätzlich tragfähigen Finanzierungskonzepts für den Hochschulbetrieb nicht. 208Auch die Gebührenentscheidung des Ministeriums ist rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 73 Abs. 5 S. 1, 82 Abs. 3 S. 2 HG i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 1 der Gebührenordnung für Amtshandlungen des für Wissenschaft zuständigen Ministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen (GebO-WissM NRW) vom 16. Dezember 2015 (GV NRW 2016, S. 14) und dem zugehörigen Gebührentarif, der nach § 1 Abs. 1 S. 2 GebO-WissM NRW Bestandteil der Verordnung ist. Nr. 1.1 des Gebührentarifs sieht für die staatliche Anerkennung von Bildungseinrichtungen, die nicht in der Trägerschaft des Landes stehen, als Hochschule die Festsetzung einer Gebühr vor, die zwischen 3.650,00 Euro (Geringer Aufwand) und 7.350,00 Euro (Höherer Aufwand) liegt. Die der Klägerin gegenüber für die Versagungsentscheidung auf 5.175,00 Euro festgesetzte Gebühr liegt damit unterhalb der Gebühr, die bei einem durchschnittlichen Aufwand für die Amtshandlung in Höhe von 5.500,00 € gerechtfertigt ist. Angesichts dessen ist gegen deren Höhe mangels substantiierter Einwendungen im Hinblick darauf rechtlich nichts zu erinnern, dass das Ministerium die Antragsunterlagen der Klägerin im Vorfeld der Antragstellung bei dem Wissenschaftsrat mehrfach durchgesehen und versehen mit Anregungen zur Korrektur an die Klägerin zurückgereicht hat, in dem Prüfverfahren von dem Wissenschaftsrat angehört worden ist und zwecks Entscheidungsfindung den nebst Vorbemerkung 27 Seiten umfassenden Prüfbericht des Wissenschaftsrates zur Kenntnis genommen und ausgewertet hat. 209Schließlich steht der Klägerin auch kein Anspruch auf (Teil‑)Erstattung der für die Tätigkeit des Wissenschaftsrates nach dessen Schlussrechnung vom 19. April 2018 insgesamt gezahlten 21.785,10 Euro zu. 210Offenbleiben kann, ob die Klägerin die gemäß dem Leitfaden vorgesehene Erklärung, dass sie die Personal- und Sachkosten des Konzeptprüfungsverfahrens übernimmt, dem Wissenschaftsrat gegenüber in rechtlich verbindlicher Form abgegeben hat. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, hat sie auf die Forderung des Wissenschaftsrates nicht ohne rechtlichen Grund geleistet. Die Forderung findet ihre Rechtsgrundlage in § 73 Abs. 5 S. 2 HG. Danach sind ‑ soweit hier von Interesse ‑ die Kosten der internen und externen Qualitätssicherung, darunter die Kosten der Konzeptprüfung durch den Wissenschaftsrat, vom Träger der Hochschule oder der Hochschule selbst zu tragen. Rechtliche Bedenken gegen diese Regelung bestehen nicht. Sie entspricht dem Grundgedanken des § 10 GebührenG NRW, wonach der eine Amtshandlung Beantragende auch die Auslagen der Behörde zu tragen hat, welche nicht bereits in die Gebühr einbezogen sind. Dass die kostenverursachende Befassung des Wissenschaftsrates durch das Ministerium angemessen bzw. erforderlich war, ergibt sich aus den obigen Erwägungen. 211Keiner weiteren Prüfung und Entscheidung bedarf hier, ob und gegebenenfalls aufgrund welcher Befugnis der Wissenschaftsrat, der nach dem Verwaltungsabkommen über seine Errichtung eine selbstständige Beratungseinrichtung des Bundes und der Länder ist, die Schlussrechnung an die Klägerin adressiert und diese aufgefordert hat, die Kostenforderung durch Zahlung auf ein in der Rechnung benanntes Konto zu begleichen. Dass die Kostenforderung, deren Höhe die Klägerin nicht angegriffen hat und die auch von Amts wegen keinen Anlass zu Beanstandungen gibt, mit der von der Klägerin geleisteten Zahlung gedeckt ist, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. 212Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 VwGO, 709 ZPO. 213Rechtsmittelbelehrung: 214Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 215Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 216Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 217Die Berufung ist nur zuzulassen, 2181. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 2192. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 2203. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2214. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 2225. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 223Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 224Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 225Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 226Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 227Beschluss: 228Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 189.608,00 Euro festgesetzt 229Gründe: 230Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 und Abs. 3 GKG erfolgt. Sie lehnt sich dabei an die im Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 231Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2004, 1327 ff., 232unter Ziffer II. 54.1 enthaltene Bestimmung an, nach der bei Streitigkeiten um eine Gewerbeerlaubnis die Höhe des erwarteten Gewinns maßgeblich ist. Ausgehend hiervon ist es angemessen, die wirtschaftliche Bedeutung des Anerkennungsrechtsstreits für die Klägerin (§ 52 Abs. 1 GKG) mit dem Mittelwert der Gewinnerwartung für die ersten drei Betriebsjahre zu bemessen. Bei den kalkulierten Gewinnen von 7.000,00 Euro für das erste, 154.000,00 Euro für das zweite und 377.000,00 Euro für das dritte Betriebsjahr ergibt sich damit ein Streitwertbetrag von ([7.000,00 Euro + 154.000,00 Euro + 377.000,00 Euro] / 3 =) 179.333,00 Euro. 233Vgl. zu diesem Berechnungsansatz den Streitwertbeschluss der Kammer zu ihrem Urteil vom 29. Juni 2012, 15 K 4374/10 www.nrwe.de und juris (insoweit allerdings unveröffentlicht); bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 5. September 2012, 15 A 1803/12, n. v. 234Zu dem in dieser Höhe für den Streit um die Akkreditierung anzusetzenden Wert hinzuzurechnen waren in Bezug auf den Streit um die Gebührenforderung der Gebührenbetrag (§ 52 Abs. 3 GKG) in Höhe von 5.175,00 Euro sowie die Höhe des mit 5.100,00 Euro geltend gemachten Rückzahlungsbetrages (§ 52 Abs. 3 GKG). 235Rechtsmittelbelehrung: 236Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 237Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 238Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 239Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 240Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 241War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar.die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht das beklagte land vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2die klägerin ist ausweislich ihres gesellschaftsvertrages vom 8. november 2011 eine gesellschaft mit beschränkter haftung. sie firmiert unter "hochschule für h. x. h1. mbh". zweck der gesellschaft, der nach § 3 des gesellschaftsvertrages im sinne der abgabenordnung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützig verfolgt wird, ist die förderung von bildung und erziehung, insbesondere durch die errichtung und betreibung einer hochschule (§ 2 gesellschaftsvertrag). die stammeinlage der gesellschaft übernimmt der verein "j. -a. für m. m1. e.v." (§ 4 gesellschaftsvertrag). 3unter vorlage des von ihr seinerzeit erstellten "konzept(s) der hochschule für h. x. " (i. ) hatte die klägerin sich zwecks anerkennung als staatliche hochschule erstmals im september 2012 an das seinerzeitige ministerium für innovation, wissenschaft und forschung und heutige ministerium für kultur und wissenschaft (ministerium) mit der bitte um überprüfung gewandt. das ministerium teilte der klägerin daraufhin unter dem 14. november 2012 schriftlich mit, das konzept zur errichtung einer hochschule als fern-hochschule mit den bachelorstudiengängen "psychologie und psychotherapie", "gesundheitsberatung" sowie "naturheilkunde" könne positiv bewertet und deshalb die akkreditierungsphase eingeleitet werden. zugleich bat es darum, das antragsverfahren so rechtzeitig einzuleiten, dass hinreichend zeit für die bearbeitung bleibe. 4unter dem 21. august 2015 wandte die klägerin sich erneut mit dem ziel der anerkennung der i. als staatliche hochschule an das ministerium, verwies auf das schreiben vom 14. november 2012 und bat um prüfung, ob der der dortigen entscheidung zugrunde gelegte "leitfaden zur gründung privater universitäten und fachhochschulen" für die nunmehr beabsichtigte paketakkreditierung der drei studiengänge nach wie vor gelte. per mail vom 28. august 2015 bejahte das ministerium dies und wies die klägerin zugleich darauf hin, dass die anerkennung einer privaten bildungseinrichtung als staatliche hochschule zwischenzeitlich ein beim wissenschaftsrat erfolgreich abgeschlossenes verfahren zur prüfung des gründungskonzepts nach maßgabe des beigefügten "leitfaden(s) der konzeptprüfung nichtstaatlicher hochschulen in gründung" (leitfaden) in der fassung vom 30. januar 2015 (drs. 4396-15) voraussetze. die klägerin ersuchte daraufhin das ministerium am 3. september 2015 unter verweis auf die mit schreiben vom 14. november 2012 befürwortete einleitung der akkreditierungsphase, wegen des mit einer konzeptprüfung durch den wissenschaftsrat verbundenen personellen und finanziellen aufwandes zu prüfen, ob nicht im hinblick auf das im jahr 2012 durchlaufene verfahren im sinne einer bestandsgarantie und mit blick darauf, dass das hochschulgesetz eine konzeptprüfung durch den wissenschaftsrat nicht zwingend vorschreibe, auf das konzeptprüfungsverfahren bei dem wissenschaftsrat verzichtet werden könne. unter dem 15. september 2015 teilte das ministerium der klägerin per mail mit, die konzeptprüfung durch den wissenschaftsrat müsse aus gründen der gleichbehandlung mit anderen antragstellern und auch deshalb erfolgen, weil die seinerzeit hauseigene prüfung nunmehr bereits drei jahre zurückliege. 5im april 2016 übersandte die klägerin dem ministerium den unter hinweis auf den leitfaden verfassten "selbstbericht" der i. ebenso wie entwürfe von studien‑ und prüfungsordnungen für die studiengänge "bachelor of science" in "praktische psychologie" und "gesundheitsberatung" und fügte entwürfe einer grundordnung sowie einer berufungsordnung bei. 6nach einem informationsgespräch bei dem wissenschaftsrat am 9. mai 2016, an dem neben der klägerin das ministerium teilgenommen hatte, reichte das ministerium der klägerin die von ihr eingereichten unterlagen am 13. mai 2016 zurück und wies darauf hin, dass es die unterlagen im rahmen einer vorprüfung des konzepts mit kritischen anmerkungen versehen habe. unter bezugnahme auf das ergebnis des informationsgesprächs werde empfohlen, die durchführung der konzeptprüfung auf der basis des vorgelegten konzepts auch angesichts der zweifel des wissenschaftsrats an der wissenschaftlichkeit des studienangebots zu überdenken, zumal ein konzeptprüfungsverfahren mit kosten in höhe von 15.000,00 euro bis 20.000,00 euro verbunden sei. unter dem 19. mai 2016 teilte die klägerin dem ministerium mit, sie habe dessen kritische anmerkungen fast ausnahmslos aufgegriffen und ihre antragsunterlagen überarbeitet. auf das konzeptprüfungsverfahren verzichte sie nicht. 7nachdem das ministerium die ihr von der klägerin übermittelten antragsunterlagen am 17. august 2016 und am 5. september 2016 jeweils erneut mit kritischen bemerkungen zurückgereicht und von der klägerin überarbeitet zurückerhalten hatte, sah es ausweislich eines aktenvermerks die formalen voraussetzungen für die einleitung des verfahrens auf konzeptprüfung beim wissenschaftsrat als gegeben an und entschied, die konzeptprüfung trotz bestehender zweifel an der durchgängigen wissenschaftlichkeit des geplanten studienangebots zu beantragen, da die beurteilung der wissenschaftlichkeit auch gegenstand der überprüfung des konzepts durch den wissenschaftsrat sei. 8mit schreiben vom 12. september 2016 wandte sich das ministerium an den wissenschaftsrat und beantragte, das verfahren zur überprüfung des hochschulkonzepts der klägerin einzuleiten. erläuternd führte das ministerium aus, im jahr 2012 habe es nach maßgabe des seinerzeit gültigen hausinternen leitfadens zur gründung privater universitäten und fachhochschulen des landes nordrhein-westfalen das hochschulgründungskonzept der durch das finanzamt als gemeinnützig anerkannten klägerin positiv bewertet. diese habe im hinblick auf das nunmehr vorgesehene konzeptprüfungsverfahren die zunächst geplante akkreditierung der studiengänge zurückgestellt. die i. verstehe sich als hochschule für angewandte wissenschaften und wolle bachelorstudiengänge als gebührenpflichtige fernstudiengänge zunächst in "praktische(r) psychologie" und "gesundheitsberatung", später auch in "seniorenberatung /n seniorenbetreuung" anbieten. um masterstudiengänge solle das studienangebot frühestens drei jahre nach der aufnahme des hochschulbetriebes erweitert werden. die i. wolle berufstätigen studierenden die befähigung zu wissenschaftlichem, systemorientiertem und fachübergreifendem denken und handeln sowie soziale kompetenzen und kompetenzen in management und führung vermitteln. der schwerpunkt der hochschultätigkeit liege im präventiven gesundheitsbereich und den zugehörigen möglichkeiten, heilkunde ohne ärztliche approbation auszuüben, und damit auf berufsfeldern im gesundheitsbereich, die staatlich wenig reguliert seien und bei denen eine an wissenschaftlichen standards orientierte denk‑ und arbeitsweise geboten erscheine. 9unter bezugnahme auf den antrag des ministeriums übersandte die klägerin dem wissenschaftsrat den gesellschaftsvertrag, den selbstbericht, eine beschreibung ihres leitbildes, die lebensläufe der gründer der hochschule, die studien-und prüfungsordnungen für die bachelorstudiengänge "praktische psychologie" und "gesundheitsberatung", die grundordnung, die berufungsordnung, einen musterarbeitsvertrag für professoren, formulare für die immatrikulation sowie übersichten über die basisdaten der i. und deren organisationsstruktur, zur finanzplanung, zur personalausstattung, über studienangebote und studierende sowie die gemäß dem leitfaden abzugebende erklärung, dass die personal- und sachkosten (zzgl. 20 % overhead-pauschale auf der basis der personalkosten), die im zusammenhang mit dem vom land nordrhein-westfalen erteilten auftrag an den wissenschaftsrat zur konzeptprüfung der geschäftsstelle des wissenschaftsrates gemäß kapitel a.vi des leitfadens entstehen, durch sie übernommen werden. 10am 7. märz 2017 übermittelte der wissenschaftsrat der klägerin und dem ministerium als entwurf den bericht seines akkreditierungsausschusses ("ausgangslage zum konzeptprüfungsantrag der hochschule für h. x. i. gr.") vom 20. januar 2017, der mit der feststellung des akkreditierungsausschusses schließt, das konzept bilde keine geeignete grundlage für die gründung einer hochschule, an der leistungen in lehre und forschung erbracht würden, die anerkannten wissenschaftlichen maßstäben entsprächen. unter dem 13. märz 2017 wandte sich die klägerin an den wissenschaftsrat, erläuterte teile der angaben in den antragsunterlagen und bat, die mit dem ministerium abgestimmten änderungen des selbstberichts (seiten 8, 19 und 20) in die antragsunterlagen zu übernehmen. 11nachdem die vom akkreditierungsausschuss eingesetzte arbeitsgruppe am 30. märz 2017 die klägerin und das ministerium angehört hatte, schloss der akkreditierungsausschuss in seiner sitzung vom 13. september 2017 das konzeptprüfungsverfahren. sein "prüfbericht zum konzeptprüfungsantrag der hochschule für h. x. i. gr." (prüfbericht) vom 14. september 2017, auf den wegen der einzelheiten bezug genommen wird, schließt mit der dem berichtsentwurf vom 20. januar 2017 entsprechenden feststellung. 12mit bei dem ministerium am 16. oktober 2017 eingegangenem schreiben nahm die klägerin zu dem prüfbericht stellung und machte geltend, soweit der akkreditierungsausschuss das konzept zur gründung der hochschule in den bereichen institutioneller anspruch, profil und entwicklungsziele, berufungsverfahren, forschung, bibliothekarische ausstattung sowie finanzierung beanstande, überschreite er nicht nur teilweise den sich aus dem leitfaden ergebenden prüfungsauftrag, sondern habe es auch versäumt, zur behebung der aus seiner sicht gegebenen konzeptionellen defizite empfehlungen oder auflagen zu formulieren. im übrigen sei es aufgabe eines hochschulkonzepts, nur einen organisatorischen rahmen für die hochschule zu schaffen und rahmenbedingungen festzulegen, unter denen forschung und lehre bei besonderer würdigung ihrer freiheit und unter berücksichtigung der übrigen rechtlichen vorgaben stattfinden können. die konkrete ausgestaltung des für das wissenschaftliche profil vorgegebenen rahmens bleibe dabei dem wissenschaftlichen personal vorbehalten. 13sofern der akkreditierungsausschuss nicht evidenzbasierte kursangebote des gesellschafters der hochschule bemängele, stünden solche ausbildungsangebote einer verknüpfung mit wissenschaftlichem denken nicht entgegen, da psychotherapie nach den regelungen des heilpraktikergesetzes gelehrt werde. 14zurückzuweisen sei ferner die kritik an der fehlenden hinzuziehung wissenschaftlicher expertise bei der planung der hochschulgründung, auf der auch der vorhalt des akkreditierungsausschusses fuße, der gründungsinitiative fehle das wissenschaftsverständnis und damit der hochschule das wissenschaftliche profil. 15spekulativ und damit ebenfalls nicht tragfähig sei die annahme des akkreditierungsausschusses, es müsse bezweifelt werden, ob das studium an der geplanten hochschule deren absolventinnen und absolventen für einen breiteren arbeitsmarkt und weitere aufgabenfelder qualifiziere. 16sofern der akkreditierungsausschuss moniere, dass nach der berufungsordnung die berufung der ersten professorinnen bzw. professoren durch die gründungsinitiatoren der hochschule und damit ohne einschlägige wissenschaftliche beteiligung erfolgen solle, könne dem durch eine auflage zur anerkennungsentscheidung rechnung getragen werden. 17dies gelte auch im hinblick auf die kritik an der bibliothekarischen ausstattung der hochschule, die überwiegend an den bedürfnissen der wissenschaftlichen mitarbeiterinnen und mitarbeiter ausgerichtet werde, da zu erwarten sei, dass fernstudierende vorwiegend das angebot zur onlinerecherche und von regionalen bibliotheken nutzen würden. 18entgegen der auffassung des akkreditierungsausschusses werde auch der bereich der forschung über eine genügende finanzausstattung verfügen, da der überschuss an einnahmen, die bei dem prognostizierten starken aufwuchs der studierendenzahlen zu erwarten seien, wegen der gemeinnützigkeit des hochschulträgers ausschließlich in die personelle und die räumlich-sächliche ausstattung und ‑ damit zusammenhängend ‑ auch in die forschung fließen werde. 19in einem vom 15. november 2017 datierenden aktenvermerk hielt das ministerium fest, unter berücksichtigung des prüfberichts sei festzustellen, dass das konzept zur gründung der i. nicht überzeuge, weil es keine grundlage für die gründung einer hochschule bilde, die anerkannten wissenschaftlichen maßstäben entspreche. zwar gebe es vom akkreditierungsausschuss benannte kritikpunkte, deren beseitigung der klägerin durch auflagen vorgegeben werden könnten. einige der vom akkreditierungsrat aufgezeigten ‑ und im weiteren in dem aktenvermerk näher bezeichneten – beanstandungen an dem gründungskonzept seien allerdings so wesentlich, dass ein übergang in die phase der programmakkreditierung und in die anschließende anerkennungsphase auf der basis des vorgelegten konzepts nicht in betracht komme. 20mit bescheid vom 1. dezember 2017 lehnte das ministerium den antrag der klägerin auf staatliche anerkennung der i. ab und setzte für diese entscheidung eine gebühr in höhe von 5.175,00 euro fest. zur begründung der sachentscheidung führte das ministerium aus, die für eine anerkennung erforderliche erfolgreiche konzeptprüfung liege nach dem prüfbericht des akkreditierungsausschusses vom 26. september 2017 nicht vor. der prüfbericht sei im ergebnis nachvollziehbar. wenn sich auch einzelnen kritikpunkten durch auflagen rechnung tragen ließe, verdeutliche der prüfbericht nach anzahl und schwere der dort aufgezeigten bedenken, dass das vorgelegte konzept in der dem wissenschaftsrat vorgelegten form ungeeignet sei, die grundlage für die gründung einer hochschule zu bilden, die anerkannten wissenschaftlichen maßstäben entspreche. 21die klägerin hat am 5. januar 2018 gegen die nicht mit einer rechtsmittelbelehrung versehene versagungsentscheidung vom 1. dezember 2017 klage erhoben, die klage mit schriftsatz vom 1. juni 2018 auf die in dem angegriffenen bescheid enthaltene gebührenentscheidung erstreckt sowie mit bei gericht am 18. juni 2018 eingegangenem schriftsatz vom 14. juni 2018 die rückerstattung eines teils der von ihr an den wissenschaftsrat für die konzeptprüfung in höhe von 21.785,10 euro geleisteten zahlungen gefordert. 22die klägerin ist der auffassung, die angegriffene versagungsentscheidung sei rechtswidrig. 23die ablehnung des anerkennungsantrages sei schon verfahrensfehlerhaft. 24entgegen der vorgabe im nordrhein-westfälischen hochschulrecht, das weder zur durchführung eines konzeptprüfungsverfahrens zwinge noch vorschreibe, dass mit dessen durchführung der wissenschaftsrat zu betrauen sei, habe das ministerium das ihm diesbezüglich jeweils zustehende ermessen nicht ausgeübt. 25ebenso wenig habe das ministerium selbst über den anerkennungsantrag entschieden, sondern dies entsprechend der begründung der landesregierung zum entwurf der insoweit maßgeblichen bestimmungen dem wissenschaftsrat überlassen. den prüfbericht habe indes nicht der wissenschaftsrat beschlossen, sondern der akkreditierungsausschuss, was auch dem leitfaden "institutionelle akkreditierung" des wissenschaftsrates widerspreche. 26auch sei das protokoll der sitzung des akkreditierungsausschusses vom 13. september 2017 nicht aktenkundig. 27inwieweit die mitglieder der von dem akkreditierungsausschuss gebildeten arbeitsgruppe die erforderliche kompetenz zur beurteilung der in rede stehenden sachfragen besäßen, sei nicht erkennbar. 28auch in der sache sei die ablehnung des anerkennungsantrages nach dem inhalt des prüfberichts rechtswidrig. 29der dortige vorhalt, die vorgesehenen strukturen und prozesse seien ungeeignet, die für den eigenen anspruch notwendigen wissenschaftlichen standards sicherzustellen, sei unsubstantiiert (nr. 1 der klagebegründung). soweit diesbezüglich beanstandet werde, dass nicht die gründungsinitiatoren die ersten beiden hochschullehrer bestimmen dürften, wäre dies recht einfach zu gewährleisten (nr. 9). zudem hätte ein schlichter hinweis oder eine auflage genügt, um dem ‑ allerdings berechtigten ‑ vorhalt, publikationen von forschungsergebnissen dürften keinem genehmigungsvorbehalt unterworfen werden, rechnung zu tragen (nr. 13). 30dass sie sich für die geplante hochschulgründung keiner externen wissenschaftlichen expertise bedient und bislang keine erkennbaren kontakte zu einschlägigen institutionen oder wissenschaftlerinnen und wissenschaftlern geknüpft habe, könne ihr mangels einer gesetzlichen vorgabe nicht entgegengehalten werden, ohne darzutun, in welchem zusammenhang sich dieses vorgebliche defizit sachlich niedergeschlagen habe (nr. 2 und nr. 14). das gleiche gelte für den vorhalt, keine externe ökonomische expertise in anspruch genommen zu haben, was zudem ebenso wenig normativ vorgeschrieben sei (nr. 18) wie die implementierung eines wissenschaftlichen beratungsgremiums (nr. 7). ein solches gremium lasse sich aber einrichten. 31unkonkret sei auch die behauptung, es fehle an einem hinreichend klaren wissenschaftsverständnis (nr. 3). dass ihre alleingesellschafterin als fernlehrschule kursangebote zu "astrologie", "blütentherapie nach bach" und "spiritualität und alternatives denken" unterhalte, besage hierüber nichts. 32nicht nachvollziehbar sei auch, weswegen das fehlen spezieller ‑ und normativ nicht vorgesehener konzepte ‑ zur förderung der studierfähigkeit bemängelt werde (nr. 4). studieninteressierte ohne allgemeine hochschulreife als zielgruppe der hochschule unterschieden sich in ihrer studierfähigkeit nicht per se von fachabiturienten. 33unklar bleibe, welches die "defizite" und "unüblichen vorgaben" für die wahl und die zusammensetzung des senats seien. ihnen könne aber durch eine auflage begegnet werden (nr. 5). sofern moniert werde, dass es keinen designierten gründungsrektor gebe, sei sie in der lage, einen solchen benennen (nr. 6). 34der vorhalt, in den ersten jahren der gründungsphase sei ein schnellerer professoraler personalaufwuchs notwendig (nr. 8), sei nicht schlüssig, weil die personalausstattung zugleich als "formal den mindestanforderungen" genügend angesehen werde und der maßstab der "behaupteten besonderen zeitintensivität" unklar sei. zudem lasse sich auch diese beanstandung durch eine geeignete auflage ausräumen. 35nicht nachvollziehbar sei ferner die forderung nach einem höheren anteil an praktischer ausbildung und persönlichem kontakt zu patienten und patientinnen (nr. 10). nicht ersichtlich sei, inwieweit sich der akkreditierungsausschuss mit den speziellen anforderungen an patientenkontakte und praktische ausbildungsanteile in den in rede stehenden studiengängen beschäftigt habe. im übrigen könnten etwa angezeigte änderungen am curriculum auch noch im verfahren zur programmakkreditierung vorgenommen werden. 36angesichts der in den vorgelegten studienordnungen bezeichneten ausbildungs‑ und qualifizierungszielen fehle der aufgeworfenen ‑ und ohnehin erst im verfahren zur programmakkreditierung zu beantwortenden ‑ frage nach den qualifizierungszielen die grundlage (nr. 11). 37unbelegt geblieben seien ferner die vorhalte, die umsetzung des forschungsanspruchs habe nicht überzeugend vermittelt werden können und es gebe eine große diskrepanz zwischen dem selbst formulierten anspruch der hochschule und den zur verfügung stehenden mitteln, da die beantwortung weitreichender forschungsfragen angesichts des institutionellen anspruchs der hochschule und ihrer ausstattung nicht realisiert werden könne (nr. 12). worauf diese einschätzung gestützt werde, lasse der prüfbericht offen. 38sofern bezweifelt werde, dass sich ausreichend ressourcen und personal für die verwaltung und die bereitstellung von dienstleistungen über die lernplattformen zur verfügung stellen ließen, schließe der prüfbericht nicht aus, dass das notwendige vorhanden sei (nr. 15). dies gelte erst recht vor dem hintergrund, dass es die lernplattformen implementiert und erprobt bereits gebe und das fernstudienangebot mit diesen erfolgreich arbeite. 39zu der kritik, dass eine angemessene literaturversorgung aller hochschulangehörigen insbesondere mit elektronischen medien durch die geplante bibliothek bis zum ende der gründungsphase nicht gewährleistet werden könne, sei anzumerken, dass an die überprüfung angesichts des fernstudienangebots mit geringem präsenzanteil nicht die maßstäbe eines präsenzstudiums angelegt werden dürften (nr. 16). 40der vorhalt, es sei nicht schlüssig dargelegt, wie mit den zu erwartenden einnahmen die personalausstattung und betreuungsleistungen im notwendigen umfang sichergestellt werden sollen, sei "sicherlich ein neuralgischer" punkt. allerdings lasse sich hierauf die ablehnungsentscheidung nicht stützen, weil das ministerium im zusammenhang mit einer anerkennungsentscheidung die vorlage und hinterlegung einer hinreichenden sicherung verlangen könne (nr. 17). 41auch die gebührenentscheidung sei rechtswidrig. die dem wissenschaftsrat übertragene konzeptprüfung sei keine amtshandlung des ministeriums. 42zudem macht die klägerin geltend, sie habe für die durchführung des konzeptprüfungsverfahrens an den wissenschaftsrat nach maßgabe der schlussrechnung vom 19. april 2018 unter berücksichtigung der zuvor geleisteten abschlagszahlungen (5.000,00 euro und 7.500,00 euro) und der schlusszahlung von 9.285,10 euro insgesamt 21.785,10 euro ohne rechtsgrund geleistet, von denen sie zunächst nur die rückzahlung eines teilbetrages fordere. der geltend gemachte anspruch basiere auf dem öffentlich-rechtlichen erstattungsanspruch. für die von ihr geleisteten zahlungen biete der leitfaden als internes papier des wissenschaftsrates keine rechtlich taugliche grundlage. auch habe sie selbst dem wissenschaftsrat keinen auftrag erteilt. ebenso wenig ergebe sich die forderung aus dem recht der geschäftsführung ohne auftrag. das ministerium habe mit dem auftrag an den wissenschaftsrat kein fremdes, sondern ein eigenes geschäft besorgt. da das beklagte land einer der träger des wissenschaftsrates sei, hafte es für die rückforderung als gesellschafter des wissenschaftsrates, der rechtlich als nicht eingetragener verein oder gesellschaft bürgerlichen rechts zu qualifizieren sei. 43die klägerin beantragt, 441.45das beklagte land unter aufhebung des angefochtenen bescheides des ministeriums für kultur und wissenschaft vom 1. dezember 2017 zu verpflichten, über ihren antrag, die hochschule für h. x. als hochschule staatlich anzuerkennen, unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu entscheiden, 2.46die gebührenfestsetzung in dem bescheid des ministeriums vom 1. dezember 2017 aufzuheben 3.47das beklagte land zu verurteilen, an sie 5.100,00 euro zzgl. 5 % zinsen über dem basiszinssatz seit dem 18. juni 2018 zu zahlen. 48das beklagte land beantragt, 49die klage abzuweisen. 50das ministerium ist der ansicht, der angegriffene bescheid vom 1. dezember 2017 sei rechtmäßig. 51der versagungsentscheidung hafte kein verfahrensfehler an. 52das nordrhein-westfälische hochschulrecht sehe in der ersten phase des anerkennungsverfahrens eine erfolgreiche konzeptprüfung vor. 53bereits im jahr 2000 habe der wissenschaftsrat angesichts der seinerzeit stetig steigenden zahl an anträgen auf staatliche anerkennung von unternehmen aus dem bereich des privaten hochschulsektors unter beteiligung von vertretern des bundes und der länder seine empfehlungen zur akkreditierung privater hochschulen (drs. 44419/00 vom 21. januar 2000) verfasst und sich bereit erklärt, die institutionelle akkreditierung als verfahren der länderübergreifenden, externen qualitätssicherung nichtstaatlicher hochschulen durchzuführen. dem im januar 2001 durch den wissenschaftsrat eingesetzten akkreditierungsausschuss, der den seinerzeitigen "leitfaden der institutionellen akkreditierung" erarbeitet habe, gehörten neben vertreterinnen und vertretern der länder und des bundes professorinnen und professoren unterschiedlicher fachrichtungen und hochschultypen an. seit dem jahr 2011 gebe es anstelle der bis dahin üblich gewesenen konzeptakkreditierungen konzeptprüfungen auf der grundlage des im jahr 2010 verabschiedeten leitfadens, der nach der im mai 2012 vom wissenschaftsrat verabschiedeten stellungnahme "private und kirchliche hochschulen aus sicht der institutionellen akkreditierung" habe grundlegend überarbeitet werden müssen und zuletzt im jahr 2015 geändert worden sei. der leitfaden, der unter beteiligung der in die verwaltungskommission des wissenschaftsrates entsandten vertreter des bundes und der länder verfasst und geändert worden sei und über auftrag, ziele, rahmenbedingungen und den ablauf des verfahrens informiere, enthalte die wesenselemente der hochschulförmigkeit, die eine anpassung der prüfkriterien in sämtlichen prüfbereichen (1. institutioneller anspruch, profil und entwicklungsziele, 2. leitungsstruktur, organisation und qualitätsmanagement, 3. personal, 4. studium und lehre, 5. forschung und kunstausübung, 6. räumliche und sächliche ausstattung, 7. finanzierung) erforderlich gemacht habe. entsprechend den empfehlungen der konferenz der kultusminister in den ländern der bundesrepublik deutschland bediene sich das ministerium des sachverstandes des wissenschaftsrates und unterziehe mit dem ziel der staatlichen anerkennung geründete private hochschulen der prüfung im anerkennungsverfahren. 54in dem prüfverfahren sei die zentrale frage zu beantworten, ob das von der hochschule in gründung vorgelegte konzept eine geeignete grundlage für eine hochschule bilde, an der nach anerkannten wissenschaftlichen maßstäben leistungen in lehre und forschung bzw. kunstausübung erbracht werden könnten. am ende des konzeptprüfungsverfahrens entscheide der akkreditierungsausschuss, ob ein gründungskonzept geeignet sei, die merkmale der hochschulförmigkeit perspektivisch zu erfüllen. 55dabei sei es gängige praxis, nach einem informationsgespräch mit der hochschule in gründung ein konzeptprüfungsverfahren bei dem wissenschaftsrat durchzuführen. dessen expertise bedürfe es, weil das ministerium nicht in allen wissenschaftlichen disziplinen und zu allen punkten der konzeptprüfung über eigene sachkunde verfüge. das konzeptprüfungsverfahren werde ministeriell durch die vorprüfung der für die konzeptprüfung vorgesehenen unterlagen, die teilnahme des ministeriums an dem informationsgespräch der hochschule in gründung bei der geschäftsstelle des wissenschaftsrates sowie die antragstellung bei dem wissenschaftsrat begleitet. ziel sei es, gründer vor unnötigen kosten zu bewahren und wenig aussichtsreichen oder unseriösen gründungsinitiativen im sinne eines proaktiven verbraucherschutzes frühzeitig einhalt zu gebieten. dementsprechend sei auch die klägerin bereits vor antragstellung bei dem wissenschaftsrat auf grundlegende zweifel unter anderem an der wissenschaftlichen tragfähigkeit ihres gründungskonzepts hingewiesen worden. da diese nicht ausgeräumt worden seien, habe die antragsprüfung zu der ablehnenden entscheidung geführt, wenngleich andere kritikpunkte gegebenenfalls durch auflagen hätten beseitigt werden können. 56entgegen dem vorhalt der klägerin (zu nr. 1 der klagebegründung) enthalte der prüfbericht auf seite 9 die vorbehalte zum prüfbereich "1. institutioneller anspruch, profil und entwicklungsziele". 57anders, als dies die klägerin darstelle (zu nr. 2), werde ihr in dem prüfbericht auf seite 9 kein verfahrensfehler durch die fehlende hinzuziehung von wissenschaftlicher expertise vorgehalten. der grund für die in diesem zusammenhang geäußerte kritik ergebe sich vielmehr aus dem vorherigen absatz und dem folgesatz. 58auch bezeichne der prüfbericht auf seite 9 im 3. absatz und in den vorhergehenden absätzen, warum es dem hochschulgründungskonzept an einem hinreichend klaren wissenschaftsverständnis fehle (zu nr. 3). 59entgegen der darstellung der klägerin (zu nr. 4) stelle der prüfbericht auch nicht fernstudierende als legitime hauptzielgruppe der i. infrage. das thema "studierfähigkeit" sei teil der aktuellen diskussion, betreffe alle studierenden und studieninteressierte und werde sowohl im kontext der schulen als auch der hochschulen erörtert. 60auch könne die klägerin den ausführungen auf seite 13 des prüfbericht entnehmen, an welchen defiziten und unüblichen vorgaben die bestimmungen über die wahl und die zusammensetzung des senates litten (zu nr. 5). 61entgegen der meinung der klägerin (zu nr. 6 und nr. 7) werde in dem prüfbericht nicht nur das fehlen eines designierten gründungsrektors und der implementierung eines wissenschaftlichen beratungsgremiums gerügt, sondern anhand der prüfkriterien zum prüfbereich "2. leitungsstruktur, organisation und qualitätsmanagement" belegt, dass und aus welchen gründen die abwesenheit von wissenschaftlicher expertise und beratung auch in der hochschulstruktur negativ auffalle. 62zudem begründe der prüfbericht entgegen der darstellung der klägerin (zu nr. 8), warum in den ersten jahren der gründungsphase ein schnellerer professoraler personalaufwuchs notwendig sei. 63in bezug auf den prüfbereich "3. personal" beschränke der prüfbericht entgegen dem verständnis der klägerin (zu nr. 9) die kritik nicht auf die vorgesehene bestimmung der ersten beiden hochschullehrer durch die gründungsinitiatoren der hochschule, sondern setze sich auf den seiten 17 und 18 detailliert mit verschiedenen, diesbezüglich relevanten in den antragsunterlagen enthaltenen aspekten auseinander. 64warum ein höherer anteil an praktischer ausbildung und persönlichem kontakt für erforderlich gehalten werde, sei ‑ anders als die klägerin meine (zu nr. 10) ‑ dem prüfbericht zu "4. studium und lehre" (seite 19 bis 22) ebenso zu entnehmen wie die kritik an der fehlenden erkennbarkeit der qualifikationsziele des studienangebots (zu nr. 11). wie schon in dem leitfaden auf seite 13 ausgeführt, beinhalte die konzeptprüfung ‑ abweichend von der programmakkreditierung von studiengängen ‑ dabei in bezug auf die studienangebote als kernbestandteil des gründungskonzepts lediglich eine plausibilitätsprüfung. 65entgegen dem vortrag der klägerin (zu nr. 12) enthalte der prüfbericht auf den seiten 23 bis 25 zudem detaillierte ausführungen in bezug auf die den prüfbereich "3. forschung" betreffenden beanstandungen, aus denen sich ergebe, warum die umsetzung des forschungsanspruchs nicht überzeugend habe vermittelt werden können, es eine große diskrepanz zwischen dem selbst formulierten anspruch und den zur verfügung gestellten mitteln gebe und weshalb es zweifelhaft sei, dass sich weitreichende forschungsfragen an einer hochschule mit dem institutionellen anspruch und der ausstattung der i. beantworten ließen. 66der von der klägerin als zutreffend eingeräumte (zu nr. 13) vorhalt, dass nach den antragsunterlagen die publikation von forschungsergebnissen vorab zu genehmigen sei, belege ausweislich des prüfberichts ebenso wie die von der klägerin monierte (zu nr. 14) feststellung, dass die gründungsinitiative bisher keine erkennbaren kontakte zu einschlägigen institutionen oder wissenschaftlerinnen bzw. wissenschaftlern geknüpft habe, das der klägerin eigene und nicht den anerkennungsbestimmungen entsprechende wissenschaftsverständnis. 67die in dem prüfbericht geäußerten zweifel daran, ob genügend ressourcen und personal für die verwaltung und die bereitstellung von dienstleistungen über die lernplattformen gewährleistet werden könnten (zu nr. 15), die auf den seiten 27 bis 29 des prüfberichts begründet seien, habe die klägerin nicht substantiiert in zweifel gezogen. 68sofern die klägerin (zu nr. 16) sich gegen die einschätzung wende, eine angemessene literaturversorgung aller hochschulangehörigen könne durch die geplante bibliothek bis zum ende der gründungsphase nicht gewährleistet werden, seien die entsprechenden ausführungen in dem prüfbericht zum prüfbereich "4. ausstattung" entgegen ihrer behauptung nicht am maßstab eines präsenzstudiums orientiert, sondern, wie sich aus den ausführungen auf seite 26 im 4. absatz ergebe, auf die von der klägerin vorgelegten unterlagen und die mit ihr geführten gespräche bezogen. 69schließlich habe die klägerin der in dem prüfbericht unter "7. finanzierung" formulierten kritik an dem gründungskonzept mit ihrem vortrag (zu nr. 17 und zu nr. 18) in der sache nichts entgegengesetzt. 70auch die gebührenentscheidung sei rechtmäßig. die höhe der festgesetzten gebühr liege in dem rahmen, den das gebührenrecht für eine derartige entscheidung mit 3.500,00 euro bis 6.900,00 euro vorsehe. bei der bemessung der gebührenhöhe sei insbesondere berücksichtigt, dass die sachentscheidung mit erheblichem zeitlichem und sachlichem aufwand verbunden gewesen sei. die ablehnung des anerkennungsantrages sei dabei eine eigene ministerielle amtshandlung, weil ihr ‑ neben den zuvor das verfahren begleitenden arbeiten ‑ auch die auswertung des prüfberichts zugrunde liege. 71schließlich stehe der klägerin auch kein anspruch auf erstattung der an den wissenschaftsrat geleisteten zahlungen zu. der zahlung, die dem ausgleich der durch das prüfungsverfahren beim wissenschaftsrat angefallenen auslagen diene, liege die regelmäßig vor beginn des konzeptprüfungsverfahrens von antragstellerseite zu unterzeichnende kostenübernahmeerklärung zu grunde, die aus gründen der zweckmäßigkeit der wissenschaftsrat als beliehener im einverständnis mit dem beklagten land geltend mache. auf fehlende kenntnis hiervon könne die klägerin sich nicht berufen, weil sie auf die anfallenden kosten nicht nur in dem leitfaden, sondern auch vorab durch das ministerium hingewiesen worden sei. 72wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakten und der beigezogenen verwaltungsvorgänge des ministeriums. 73 | 74die klage hat keinen erfolg. 75das klagebegehren ist zwar hinsichtlich des klageantrags zu 1. als verpflichtungsklage (§ 42 abs. 1 alt. 2 vwgo) verbunden mit einer anfechtungsklage (klageantrag zu 2.) gemäß § 42 abs. 1 alt. 1 vwgo und ‑ in bezug auf den klageantrag zu 3. ‑ als allgemeine leistungsklage jeweils statthaft, aber insgesamt unbegründet. während der klägerin der mit dem klageantrag zu 1. verfolgte anspruch nicht zusteht (§ 113 abs. 5 s. 2 vwgo), verletzt sie die angefochtene gebührenentscheidung als rechtmäßig nicht in eigenen rechten (§ 113 abs. 1 s. 1 vwgo); zudem steht ihr der geltend gemachte rückzahlungsanspruch nicht zu. 76das ministerium hat das anerkennungsbegehren der klägerin mit dem angegriffenen bescheid vom 1. dezember 2017 zu recht abgelehnt; der geltend gemachte anspruch auf erneute entscheidung über ihren antrag, die i. als hochschule staatlich anzuerkennen, steht der klägerin nicht zu. 77gemäß § 72 abs. 1 des gesetzes über die hochschulen des landes nordrhein-westfalen (hochschulgesetz ‑ hg) vom 16. september 2014 (gv. nrw. s. 547) in der zuletzt durch artikel 1 des gesetzes vom 12. juli 2019 (gv. nrw. s. 425 ber. 593) geänderten fassung, das in der änderungsfassung als dem im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung über das verpflichtungsbegehren geltende recht anzuwenden ist, können unter den in § 72 abs. 2 hg genannten voraussetzungen bildungseinrichtungen, die nicht in der trägerschaft des landes stehen, vom ministerium als hochschulen staatlich anerkannt werden. gemessen daran ist die zu lasten der klägerin getroffene versagungsentscheidung des ministeriums frei von rechtsfehlern. 78verfassungsrechtlich begegnen die anerkennungsvorschriften des nordrhein-westfälischen hochschulgesetzes keinen rechtlich durchgreifenden bedenken. 79nicht erst das erfordernis, studiengänge akkreditieren zu lassen, 80vgl. dazu bverfg, beschluss vom 17. februar 2016, 1 bvl 8/10, juris, 81sondern schon der in § 72 abs. 1 hg normierte anerkennungsvorbehalt greift in das durch art. 5 abs. 3 s. 1 gg gewährleistete recht der wissenschaftsfreiheit ein. dieser eingriff ist aber zu gunsten der qualitätssicherung des lehrangebots an anerkannten staatlichen hochschulen verfassungsrechtlich gerechtfertigt und durch den nordrhein-westfälischen gesetzgeber in bezug auf das verfahren und die anerkennungsvoraussetzungen entsprechend den verfassungsrechtlichen vorgaben normativ genügend ausgestaltet. 82art. 5 abs. 3 s. 1 gg schützt hochschullehrende, fakultäten, fachbereiche und hochschulen, also universitäten und fachhochschulen ebenso wie die privatrechtlich organisierte wissenschaft. daher können sich privathochschulen, 83vgl. bverfg, beschluss vom 17. februar 2016, 1 bvl 8/10, juris rdnr. 48, 84ebenso wie andere privatrechtssubjekte im rahmen ihrer wissenschaftlichen betätigung auf art. 5 abs. 3 s. 1 gg berufen, der nach der verfassungsgerichtlichen rechtsprechung nicht eine bestimmte auffassung von wissenschaft oder eine bestimmte wissenschaftstheorie schützen will, sondern jedwede wissenschaftliche tätigkeit umfasst und sich damit auf alles erstreckt, was nach inhalt und form als ernsthafter planmäßiger versuch zur ermittlung der wahrheit anzusehen ist. 85bverfg, urteil vom 29. mai 1973, 1 bvr 424/71, 1 bvr 325/72 (hochschulurteil), juris rdnr. 92. 86die forschungsbasierte lehre ist dabei als prozess der vermittlung wissenschaftlicher erkenntnisse vom schutz des art. 5 abs. 3 s. 1 gg umfasst. das grundrecht garantiert einen freiraum, der wissenschaftlich tätige vor jeder staatlichen einwirkung auf prozesse der gewinnung und der vermittlung wissenschaftlicher erkenntnisse schützt. geschützt ist insbesondere die selbstbestimmung über inhalt, ablauf und methodischen ansatz der lehrveranstaltung sowie das recht auf die äußerung von wissenschaftlichen lehrmeinungen. 87bverfg, beschluss vom 17. februar 2016, 1 bvl 8/10, juris rdnr. 49. 88in die danach grundgesetzlich gewährleistete wissenschaftsfreiheit greift das anerkennungserfordernis des § 72 abs. 1 hg mittelbar und rechtserheblich ein. 89zwar ist es bildungseinrichtungen, die nicht in der trägerschaft des landes stehen, durch das nordrhein-westfälische hochschulrecht nicht untersagt, sich ohne anerkennung als staatliche hochschule wissenschaftlich zu betätigen. will eine private bildungseinrichtung aber etwa als hochschule firmieren (§ 73a abs. 1 s. 1 hg) oder hochschulprüfungen abnehmen, hochschulgrade verleihen und zeugnisse erteilen, die die gleichen berechtigungen verleihen wie hochschulprüfungen, zeugnisse und hochschulgrade vergleichbarer studiengänge an hochschulen in staatlicher trägerschaft und staatlichen kunsthochschulen (§ 73a abs. 1 s. 2 und s. 3 hg), das promotionsrecht oder das habilitationsrecht erhalten (§ 73a abs. 3 s. 1 hg) oder hauptberuflich lehrenden für die dauer der tätigkeit an der hochschule das recht verleihen, die bezeichnung „professorin“ oder „professor“ oder „universitätsprofessorin“ oder „universitätsprofessor“ zu führen bzw. nach beendigung ihrer lehrtätigkeit fortzuführen (§ 73a abs. 4 s. 1, abs. 4a s. 1 hg) oder in die zentrale vergabe von studienplätzen einbezogen werden (§ 73a abs. 7 s. 1 hg), bedarf sie hierfür nach maßgabe der zitierten vorschriften jeweils notwendig ‑ wenn auch nicht stets allein hinreichend ‑ der staatlichen anerkennung als hochschule. dabei ist solchen bildungseinrichtungen die staatliche anerkennung mit blick auf die akzeptanz der von ihnen angebotenen ausbildungen auf dem arbeitsmarkt auch und gerade im (wirtschaftlichen) wettbewerb mit anderen hochschulen etwa um die gewinnung von studierenden sowie den erhalt von fördergeldern zumindest mittelbar nützlich. 90vgl. zum ganzen in bezug auf die notwendigkeit der akkreditierung von studiengängen: bverfg, beschluss vom 17. februar 2016, 1 bvl 8/10, juris rdnr. 51. 91dieser jedenfalls faktische zwang zur anerkennung als staatliche hochschule beschränkt auch die freiheit der bildungseinrichtung, über inhalt, ablauf und methodischen ansatz ihres ausbildungsangebots sowie die hierfür erforderlichen organisationsstrukturen ausschließlich selbst zu bestimmen. 92vgl. in bezug auf die notwendigkeit der akkreditierung von studiengängen: bverfg, beschluss vom 17. februar 2016, 1 bvl 8/10, juris rdnr. 52, 93denn für eine staatliche anerkennung nach § 72 abs. 2 s. 1, s. 2 hs. 1 hg muss tatbestandlich gewährleistet sein, dass 9495in der hochschule die freiheit von wissenschaft, forschung und lehre sichergestellt ist (§ 72 abs. 2 s. 1 nr. 1 hg), 96die hochschule die aufgaben nach § 3 abs. 1 oder abs. 2 hg wahrnimmt (§ 72 abs. 2 s. 1 nr. 2 hg), 97das studium an dem in § 58 abs. 1 hg genannten ziel ausgerichtet ist (§ 72 abs. 2 s. 1 nr. 3 hg), 98mindestens drei nebeneinander bestehende oder aufeinanderfolgende und erfolgreich akkreditierte studiengänge im sinne des § 60 abs. 1 hg an der hochschule vorhanden oder im rahmen einer ausbauplanung vorgesehen sind (§ 72 abs. 2 s. 1 nr. 4 hg), 99das studium und die abschlüsse aufgrund der prüfungsordnungen, des tatsächlichen lehrangebotes und einer kontinuierlichen internen und externen qualitätssicherung den wissenschaftlichen maßstäben und anerkannten qualitätsstandards an hochschulen in der trägerschaft des landes entsprechen (§ 72 abs. 2 s. 1 nr. 5 hs. 1 hg), 100die studienbewerberinnen und studienbewerber die voraussetzungen für die aufnahme in eine entsprechende hochschule in der trägerschaft des landes erfüllen (§ 72 abs. 2 s. 1 nr. 6 hg), 101die lehraufgaben überwiegend von hauptberuflich lehrenden der hochschule, die die einstellungsvoraussetzungen einer professorin oder eines professors nach § 36 hg im fall einer universität oder fachhochschule (...) erfüllen, wahrgenommen werden und alle lehrenden die einstellungsvoraussetzungen erfüllen, die für entsprechende tätigkeiten an hochschulen in der trägerschaft des landes (...) gefordert werden (§ 72 abs. 2 s. 1 nr. 7 hg), 102die mitglieder und angehörigen der hochschule an der gestaltung des studiums in sinngemäßer anwendung der für hochschulen in staatlicher trägerschaft geltenden grundsätze mitwirken werden (§ 72 abs. 2 s. 1 nr. 8 hg), 103akademische belange in forschung und lehre hinreichend deutlich von den unternehmerischen interessen abgegrenzt werden (§ 72 abs. 2 s. 1 nr. 9 hg), 104die den träger und die hochschule maßgeblich prägenden natürlichen personen die freiheitliche demokratische grundordnung achten und die für den betrieb einer hochschule erforderliche sachkunde und zuverlässigkeit aufweisen (§ 72 abs. 2 s. 1 nr. 10 hg), 105der bestand der hochschule und des studienbetriebs sowie die stellung des hochschulpersonals wirtschaftlich und rechtlich dauerhaft gesichert sind und die hochschule der alleinige geschäftsbetrieb ihres trägers ist (§ 72 abs. 2 s. 1 nr. 11 hg), 106die prüfungsordnungen den ordnungen der hochschulen in der trägerschaft des landes gleichwertig sind; §§ 63 abs. 1, abs. 2 und abs. 5, 63a, 64 abs. 2, 65 hg (§ 72 abs. 2 s. 2 hs. 1 hg). 107mit diesen anerkennungsvoraussetzungen trifft der gesetzgeber nicht nur bestimmungen über die formale organisation der lehre. sie zielen zumindest auch unmittelbar auf die allgemeine (etwa § 72 abs. 2 s. 1 nr. 1. nr. 7, nr. 9 hg) und auf die lehre (etwa § 72 abs. 2 s. 1 nr. 2 bis nr. 6, nr. 8, abs. 2 s. 2 hs. 1 hg) bezogene selbstorganisation der bildungseinrichtung und deren haushalt (etwa § 72 abs. 2 s. 1 nr. 11 hg). 108vgl. hierzu in bezug auf die notwendigkeit der akkreditierung von studiengängen: bverfg, beschluss vom 17. februar 2016, 1 bvl 8/10, juris rdnr. 55. 109der mit dem anerkennungsvorbehalt (§ 72 abs. 1 hg) einhergehende eingriff in die wissenschaftsfreiheit ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. 110eingriffe in die vorbehaltlos gewährleistete wissenschaftsfreiheit können zur verfolgung eines zieles mit verfassungsrang gerechtfertigt sein die qualitätssicherung in der lehre ist ein solches ziel. wissenschaft ist zwar ein grundsätzlich von fremdbestimmung freier bereich autonomer verantwortung, da eine von gesellschaftlichen nützlichkeits- und politischen zweckmäßigkeitsvorstellungen freie wissenschaft die ihr zukommenden aufgaben am besten erfüllen kann. das hochschulstudium steht jedoch auch in engem zusammenhang mit dem recht der freien berufswahl aus art. 12 abs. 1 gg, da die ausbildung in der regel die vorstufe einer berufsaufnahme ist. in der wissenschaftlichen lehre ist daher der aufgabe der berufsausbildung und den damit verbundenen grundrechtspositionen der studierenden rechnung zu tragen. das grundrecht der wissenschaftsfreiheit steht insofern vorgaben, die einen ordnungsgemäßen lehrbetrieb mit einem transparenten prüfungssystem sicherstellen, nicht entgegen. maßnahmen zur qualitätssicherung der wissenschaftlichen lehre, die wissenschaftlichen standards genügen, dienen dazu, dass die hochschulen ihren aufgaben gerecht werden. damit kommen sie im übrigen auch der durch art. 5 abs. 3 s. 1 gg gewährleisteten freiheit von forschung und lehre zugute. 111bverfg, beschluss vom 17. februar 2016, 1 bvl 8/10, juris rdnr. 58, m. w. n. aus der rechtsprechung des gerichts. 112die mit der qualitätssicherung verbundenen eingriffe in die wissenschaftsfreiheit bedürfen nach art. 5 abs. 3 s. 1 in verbindung mit art. 20 abs. 3 gg einer hinreichenden gesetzlichen grundlage. rechtsstaatsprinzip und demokratiegebot verpflichten den gesetzgeber dazu, die insoweit für die grundrechtsverwirklichung maßgeblichen regelungen selbst zu treffen. was wesentlich ist, ergibt sich aus den tragenden prinzipien des grundgesetzes, insbesondere aus den dort verbürgten grundrechten. wie weit der gesetzgeber die für den jeweils geschützten lebensbereich wesentlichen leitlinien selbst bestimmen muss, lässt sich dabei nur mit blick auf den sachbereich und die eigenart des regelungsgegenstandes beurteilen. 113bverfg, beschluss vom 17. februar 2016, 1 bvl 8/10, juris rdnr. 59, m. w. n. aus der rechtsprechung des gerichts. 114der gesetzgeber kann zur qualitätssicherung der lehre nicht selbst detaillierte vorgaben zu lehrinhalten machen, denn das würde die grundrechtlich geschützte eigenrationalität der wissenschaft missachten. kriterien der bewertung wissenschaftlicher qualität, an die der gesetzgeber folgen knüpft, müssen vielmehr raum für wissenschaftseigene orientierungen lassen. daher ist die wissenschaftsfreiheit durch den gesetzgeber in systemen der qualitätskontrolle jedenfalls prozedural und organisatorisch zu sichern; neben dem abwehrrecht gegen punktuelle und personenbezogene eingriffe steht auch hier eine garantie hinreichender teilhabe der wissenschaft selbst, die vor wissenschaftsinadäquaten entscheidungen sowohl innerhalb der hochschulen wie auch durch dritte, im wissenschaftssystem mit entscheidungsbefugnissen ausgestattete akteure schützt. der gesetzgeber muss daher bei wertenden grundrechtsrelevanten entscheidungen regeln, wer diese zu treffen hat und wie das verfahren ausgestaltet ist. er muss insofern auch für die qualitätssicherung ein gesamtgefüge schaffen, in dem entscheidungsbefugnisse und mitwirkungsrechte, einflussnahme, information und kontrolle so ausgestaltet sind, dass gefahren für die freiheit der lehre vermieden werden. zur vermeidung wissenschaftsinadäquater steuerungspotentiale ist eine angemessene beteiligung der wissenschaft insbesondere an der festlegung der bewertungskriterien unabdingbar. das gilt erst recht, wenn bewertungskriterien hochschulextern festgesetzt werden, da damit ein erhöhtes risiko der vernachlässigung wissenschaftsadäquater belange einhergeht, und wenn die hochschulangehörigen auf die externe bewertung angewiesen sind. 115bverfg, beschluss vom 17. februar 2016, 1 bvl 8/10, juris rdnr. 60, m. w. n. aus der rechtsprechung des gerichts. 116diesen verfassungsrechtlichen vorgaben genügen die anerkennungsregelungen des nordrhein-westfälischen hochschulrechts. 117die anerkennungsentscheidung, die gemäß § 73 abs. 1 s. 1 hg das ministerium ausspricht, obliegt staatlicher verantwortung. da § 73 abs. 1 s. 2 hg vorsieht, dass das ministerium vor der entscheidung über ein anerkennungsbegehren von der bildungseinrichtung verlangen kann, dass sie zuvor eine erfolgreiche konzeptprüfung durch den wissenschaftsrat oder eine vergleichbare, vom ministerium benannte einrichtung durchlaufen hat, ist zur vermeidung wissenschaftsinadäquater steuerungspotentiale eine angemessene beteiligung der wissenschaft an der entscheidung im anerkennungsverfahren zur klärung der frage gewährleistet, ob das gründungsvorhaben den durch den gesetzgeber in § 72 abs. 2 s. 1, s. 2 hs. 1 hg vorgegebenen anerkennungskriterien genügt. mit den dort genannten anerkennungsvoraussetzungen hat der gesetzgeber zudem die aus seiner sicht grundlegenden bedingungen selbst ausgestaltet, unter denen eine hochschule staatlich anerkannt werden kann, ohne detaillierte vorgaben zu lehrinhalten zu machen. dass die regelungen des § 72 abs. 2 s. 1, s. 2 hs. 1 hg gemessen an den tragenden prinzipien des grundgesetzes, hier insbesondere den in art. 5 abs. 3 s. 1, 12 abs. 1 und 14 gg verbürgten grundrechten, nicht das wesentliche regeln, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. 118die danach dem geltend gemachten anspruch zu grunde zu legenden §§ 72, 73 hg tragen das klagebegehren nicht. 119die versagungsentscheidung ist nicht mit blick darauf rechtswidrig, dass das ministerium der klägerin nach prüfung des im september 2012 vorgelegten konzepts zur gründung der i. unter dem 14. november 2012 mitgeteilt hat, das konzept zur errichtung einer hochschule könne positiv bewertet und die akkreditierungsphase eingeleitet werden. 120die mitteilung über das seinerzeitige prüfergebnis beinhaltet weder eine staatliche anerkennung der i. durch das ministerium nach maßgabe der seinerzeit geltenden bestimmung des § 72 abs. 1 des gesetzes über die hochschulen des landes nordrhein-westfalen 2004 (hochschulgesetz 2004 – hg 2004) vom 14. märz 2000 (gv. nrw. s. 190) in der zuletzt durch artikel 17 des gesetzes vom 16. september 2014 (gv. nrw. s. 547) geänderten fassung des gesetzes vom 21. märz 2006 (gv. nrw. s. 119), nach der unter den in den nr. 1 bis nr. 9 der vorschrift genannten voraussetzungen nicht in der trägerschaft des landes stehende bildungseinrichtungen als universitäten oder fachhochschulen staatlich anerkannt werden konnten. auch kommt dem damaligen prüfergebnis keine rechtlich bindende wirkung für die entscheidung über den dem klagebegehren zu grunde liegenden anerkennungsantrag zu. 121ungeachtet der tatsache, dass die klägerin auf der grundlage des durch das ministerium im november 2012 befürworteten hochschulgründungskonzepts ihre akkreditierung ebenso wenig schriftlich beantragt hat (§ 72 abs. 2 s. 1 i. v. m. abs. 1 hg 2004) wie eine akkreditierung der damals vorgesehenen studiengänge, ist ihrem vortrag schon nicht zu entnehmen, dass das im jahr 2012 von ihr erarbeitete konzept zur gründung der i. demjenigen entspricht, das der hier angegriffenen versagungsentscheidung zugrunde liegt. für eine identität beider konzepte spricht auch sonst nichts. dies gilt, weil nach den im jahr 2012 angestellten gründungsüberlegungen der klägerin die aufnahme des hochschulbetriebes mit den bachelorstudiengängen "naturheilkunde" sowie "psychologie und psychotherapie" vorgesehen und ein studienangebot in punkto "gesundheitsberatung" als zu schaffendem dritten bachelorstudiengangs lediglich "angedacht" war. demgegenüber geht das dem wissenschaftsrat vorgelegte hochschulgründungskonzept von einem beginn der ausbildung an der i. in den bachelorstudiengängen "praktische psychologie" und "gesundheitsberatung" aus. damit stellt das im streit befindliche hochschulgründungskonzept im vergleich zu demjenigen aus dem jahr 2012 ein aliud dar. für die beurteilung der anerkennungsfähigkeit einer bildungseinrichtung als staatliche hochschule ist nämlich unter anderem deren bildungsangebot essenziell (vgl. § 72 abs. 2 nr. 3, nr. 4 und nr. 5 hg). 122ein anspruch auf neubescheidung des anerkennungsbegehrens folgt nicht aus den von der klägerin geltend gemachten verfahrensfehlern. solche haften der versagungsentscheidung nicht an. 123entgegen der auffassung der klägerin ist die an sie gemäß § 73 abs. 1 s. 2 hg gerichtete forderung des ministeriums nach einer konzeptprüfung ebenso wenig ermessensfehlerhaft gewesen wie die ministerielle entscheidung, diese solle durch den wissenschaftsrat erfolgen. 124nach dem gesetzentwurf der landesregierung zu der im jahr 2014 in kraft getretenen neufassung des nordrhein-westfälischen hochschulgesetzes bezweckt das nach der neuregelung des § 73 abs. 1 s. 2 hg einer anerkennungsentscheidung vorschaltbare konzeptprüfungsverfahren unter anderem, wenig aussichtsreichen gründungsinitiativen frühzeitig einhalt bieten zu können, und entspricht mit der abkehr von der bisherigen verwaltungspraxis der umfassenden ministeriellen eigenprüfung anerkannten internationalen standards, sich zur feststellung von wissenschaftlicher qualität oder forschungsqualität externen sachverstands zu bedienen. 125landtag nordrhein-westfalen, lt-drs. 16/5410, s. 380. 126offenbleiben kann, ob ‑ und gegebenenfalls unter welchen voraussetzungen ‑ angesichts der ‑ wie oben dargelegt ‑ verfassungsrechtlich sogar gebotenen einbindung der wissenschaft in die entscheidung über die staatliche anerkennung einer hochschule das ministerium nach § 73 abs. 1 s. 2 hg überhaupt ermessensfehlerfrei von einer konzeptprüfung durch den wissenschaftsrat oder durch eine vergleichbare, vom ministerium benannte einrichtung absehen kann. 127dass das seitens der klägerin für die i. erarbeitete hochschulgründungskonzept keiner derartigen vorprüfung bedurft hat, ist weder von ihr substantiiert geltend gemacht noch sonst ersichtlich. insbesondere stand aus den oben dargelegten gründen dessen tragfähigkeit nicht schon aufgrund der vom ministerium im jahr 2012 vorgenommenen überprüfung der seinerzeit von der klägerin vorgelegten gründungsüberlegungen fest. 128auch im übrigen ist die einbindung des wissenschaftsrates in das anerkennungsverfahren nicht ermessensfehlerhaft. das ministerium hat in seine entscheidung das von der klägerin unter dem 3. september 2015 geltend gemachte interesse daran einbezogen, den für sie mit einem solchen verfahren verbundenen personellen und finanziellen aufwand zu vermeiden. dies folgt aus der mitteilung des ministeriums an die klägerin vom 15. september 2015, nach der es die konzeptprüfung aus gründen der gleichbehandlung mit anderen antragstellern und mit blick darauf für erforderlich gehalten hat, dass die hauseigene prüfung des von der klägerin im jahr 2012 eingereichten gründungskonzepts bereits drei jahre zurückliegt. namentlich mit blick auf den zuletzt genannten gesichtspunkt ist es insbesondere im hinblick auf die nach dem jahr 2012 an dem konzeptprüfungsverfahren vorgenommenen inhaltlichen veränderungen rechtlich unbedenklich, dass das ministerium von der forderung nach einer durchführung des konzeptprüfungsverfahrens nicht im interesse der klägerin abgesehen hat. 129ermessensfehlerfrei ist es zudem, dass das ministerium, die überprüfung des hochschulgründungskonzepts der klägerin dem wissenschaftsrat und nicht einem dritten überantwortet hat. diese verfahrensweise entspricht nach der ebenfalls unwidersprochen gebliebenen darstellung des ministeriums dessen ständiger verwaltungspraxis. an ihr durfte das ministerium auch im fall der klägerin festhalten, da die klägerin diese vor der beauftragung des wissenschaftsrates weder beanstandet, noch eine im sinne des § 73 abs. 1 s. 2 hg vergleichbare einrichtung benannt hat, die durch das ministerium als verantwortlich für die durchführung der prüfung ihres hochschulgründungskonzepts hätte in betracht gezogen werden können oder sollen. 130die entscheidung, der i. die staatliche anerkennung als hochschule zu versagen, ist ferner in übereinstimmung mit den vorgaben der §§ 72 abs. 1, 73 abs. 1 s. 2 hg eine solche des ministeriums und nicht des wissenschaftsrates. 131nach § 72 abs. 1 hg hat das ministerium über den gestellten antrag auf anerkennung im wege der ermessensausübung zu entscheiden, ohne dabei rechtlich zwingend an den ausgang eines durchgeführten konzeptprüfungsverfahrens gebunden zu sein. schon nach dem wortlaut der in § 73 abs. 1 s. 2 hg getroffenen regelung setzt die anerkennung als staatliche hochschule nicht notwendig voraus, dass die bildungseinrichtung ein konzeptprüfungsverfahren erfolgreich durchlaufen hat. vielmehr kann das ministerium danach den positiven abschluss eines solchen prüfungsverfahrens verlangen, bevor es dem anerkennungsantrag entspricht. hieraus folgt nicht nur die dem ministerium normativ eingeräumte befugnis, trotz eines erfolgreich abgeschlossenen konzeptprüfungsverfahrens dem anerkennungsbegehren den erfolg zu versagen, sondern auch sein recht, die anerkennung trotz eines erfolglos durchlaufenen verfahrens zur konzeptprüfung gleichwohl auszusprechen. 132offenbleiben kann damit, ob ‑ worauf die klägerin zur rechtfertigung ihres gegenteiligen rechtsstandpunktes verweist ‑ der begründung der landesregierung zur neufassung des § 73 hg überhaupt die vorstellung einer vom wissenschaftsrat rechtlich zu verantwortenden entscheidung über ein anerkennungsbegehren zu grunde liegt, wenn in der gesetzesbegründung ausgeführt ist, dass die "... konzeptprüfung (...) zu einer wesentlichen entlastung des ministeriums im verfahren der staatlichen anerkennung von hochschulen in gründung beitragen ..." soll und "... das ministerium(...) selbst keine umfassende, detaillierte inhaltliche prüfung mehr vornehmen, sondern primär die vollständigkeit der relevanten unterlagen bei der antragstellung (...) " sicherstellen ..." werde. 133landtag nordrhein-westfalen, lt-drs. 16/5410, s. 380. 134ebenso wenig ist hier der frage nachzugehen, unter welchen voraussetzungen das ministerium angesichts der dargelegten gründe für die verfassungsrechtlich gebotene beteiligung der wissenschaft an dem anerkennungsverfahren von den feststellungen des wissenschaftsrates bzw. anderer einrichtungen im sinne des § 73 abs. 1 s. 2 hg abweichen kann. ausweislich der in dem bescheid vom 1. dezember 2017 enthaltenen begründung, die durch die bezugnahme auf den inhalt des der klägerin vorab übermittelten prüfberichts auch den vorgaben des § 39 abs. 1 s. 1 vwvfg nrw genügt, hat das ministerium dem anerkennungsbegehren der klägerin nämlich selbst ohne abweichung von den feststellungen in dem prüfbericht den erfolg versagt. 135die versagungsentscheidung basiert danach nicht nur auf der einschätzung des ministeriums, dass das ergebnis des prüfberichts nachvollziehbar ist, sondern zudem auf seiner auffassung, dass die feststellungen in dem prüfbericht belegen, dass das zur prüfung vorgelegte hochschulgründungskonzept auch unter berücksichtigung der einwände, die die klägerin gegen den prüfbericht in ihrem undatierten, bei dem ministerium am 16. oktober 2017 eingegangenen schreiben formulierte hatte, gemessen an den in § 72 abs. 2 s. 1 und s. 2 hs. 1 hg genannten voraussetzungen keine hinreichende grundlage für die gründung einer staatlich anzuerkennenden hochschule bildet. dem ist zu entnehmen, dass das ministerium über das anerkennungsbegehren auf der grundlage und in auseinandersetzung mit dem inhalt des prüfberichts zu lasten der klägerin entschieden und die ihm obliegende entscheidung nicht dem wissenschaftsrat überlassen hat. 136der rückgriff auf den prüfbericht zur rechtfertigung der versagungsentscheidung begegnet auch sonst verfahrensrechtlich keinen durchgreifenden bedenken. 137dass der nach art. 4 abs. 1 s. 1 des verwaltungsabkommens zwischen bund und ländern über die errichtung eines wissenschaftsrates (abkommen) vom 5. september 1957 in der ab 1. januar 2008 geltenden fassung aus 54 mitgliedern bestehende wissenschaftsrat, der sich nach art. 5 abs. 1 des abkommens aus zwei kommissionen zusammensetzt ‑ nämlich der wissenschaftlichen kommission und der verwaltungskommission (vgl. art. 5 abs. 2 des abkommens) ‑ und als vollversammlung zusammentritt, nicht als ganzes in einer solchen versammlung den das gründungsvorhaben der klägerin betreffenden prüfbericht beschlossen hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. der prüfbericht bleibt ein solcher des wissenschaftsrates, auch wenn ihn der akkreditierungsausschuss verabschiedet hat. gemäß art. 7 abs. 3 des abkommens i. v. m. § 7 abs. 1 hs. 1 der geschäftsordnung des wissenschaftsrates (geschäftso) in der vom wissenschaftsrat am 20. januar 2017 verabschiedeten fassung können die vollversammlung und die kommissionen für bestimmte aufgaben ausschüsse einsetzen. einer dieser ausschüsse, in die als mitglieder auch dem wissenschaftsrat nicht angehörende sachverständige berufen werden können (§ 7 abs. 1 hs. 2 der geschäftso), ist der akkreditierungsausschuss. 138soweit die klägerin ferner meint, das verfahren, in dem ihr prüfbericht erstellt und beschlossen worden ist, widerspreche dem "leitfaden institutionelle akkreditierung" des wissenschaftsrates, mag dies zutreffen. der einwand ist indes schon deshalb rechtlich unerheblich, weil der wissenschaftsrat die hier maßgebliche verfahrensweise in seinem vorzitierten "leitfaden der konzeptprüfung nichtstaatlicher hochschulen in gründung" niedergelegt hat. den dortigen vorgaben genügt das verfahren zur prüfung des von der klägerin vorgelegten hochschulgründungskonzepts. insbesondere sind sowohl die antragstellerseite wie auch das ministerium zu dem ergebnis des von der arbeitsgruppe zunächst verfassten sachstandsberichts am 30. märz 2017 angehört worden. 139vgl. zum verfahrensgang auch: leitfaden, seite 18, 19. 140die versagungsentscheidung ist auch in der sache nicht rechtsfehlerhaft. 141die nach § 72 abs. 1 hg in das ermessen des ministeriums gestellte anerkennung einer nicht in der trägerschaft des landes stehenden bildungseinrichtung als staatliche hochschule erfordert tatbestandlich nach absatz 2 satz 1 des § 72 hg, dass das vorliegen der dort unter den nr. 1 bis 11 genannten voraussetzungen gewährleistet ist, und zudem gemäß § 72 abs. 2 s. 2 hs. 1 hg, dass die prüfungsordnungen den ordnungen der hochschulen in der trägerschaft des landes gleichwertig sind. 142gemessen daran ist gegen die versagungsentscheidung materiell-rechtlich nichts zu erinnern. die i. erfüllt jedenfalls nicht alle der in § 72 abs. 2 s. 1, s. 2 hs. 1 hg bestimmten und kumulativ erforderlichen anerkennungsvoraussetzungen. dies folgt aus dem prüfbericht, den das ministerium zur begründung seiner entscheidung heranziehen durfte, weil er von fachlicher expertise getragen und auch unter berücksichtigung der klagebegründung in sich schlüssig und nachvollziehbar ist. 143anhaltspunkte tatsächlicher art, die in zweifel ziehen könnten, dass die mitglieder des akkreditierungsausschusses und / der arbeitsgruppe, die den zum gründungskonzept der klägerin erstellten entwurf des prüfberichts verabschiedet hat, 144vgl. zum verfahrensgang auch: leitfaden, seite 18, 19, 145nicht das ‑ auch verfassungsrechtlich gebotene ‑ fachwissen zur beurteilung der hier in rede stehenden sachfragen besitzen, hat weder die klägerin substantiiert dargetan, noch sind solche sonst ersichtlich. 146dem akkreditierungsausschuss gehören, wie das ministerium ohne widerspruch der klägerin vorgetragen hat, neben vertreterinnen und vertretern der länder und des bundes professorinnen und professoren ‑ auch nichtstaatlicher hochschulen ‑ unterschiedlicher fachrichtungen und hochschultypen an, darunter mitglieder der wissenschaftlichen kommission des wissenschaftsrates, sowie weitere mit dem deutschen hochschulwesen vertraute sachverständige. 147leitfaden, seite 9; vgl. zur zusammensetzung des wissenschaftsrates auch artikel 4 des verwaltungsabkommens zwischen bund und ländern über die errichtung des wissenschaftsrates vom 5. september 1957 in der ab dem 1 januar 2008 geltenden fassung. 148damit trägt seine zusammensetzung der grundrechtlich geschützten eigenrationalität der wissenschaft rechnung und bietet im anerkennungsverfahren eine hinreichende gewähr für eine hinreichende teilhabe der wissenschaft selbst, die vor wissenschaftsinadäquaten entscheidungen sowohl innerhalb der hochschulen wie auch durch dritte, im wissenschaftssystem mit entscheidungsbefugnissen ausgestattete akteure schützt. 149vgl. zu den genannten anforderungen im zusammenhang mit der notwendigkeit der akkreditierung von studiengängen: bverfg, beschluss vom 17. februar 2016, 1 bvl 8/10, juris rdnr. 60, m. w. n. aus der rechtsprechung des gerichts. 150weshalb die vier mitglieder des akkeditierungsausschusses vor diesem hintergrund nicht hinreichend kompetent gewesen sein sollen, das konzept der klägerin zu beurteilen, ist mit deren einwand, eine einschätzung von vier personen tauge nicht für eine antragsablehnung, nicht einmal ansatzweise dargetan. 151damit bietet auch die einlassung der klägerin, für sie sei mit blick auf die der arbeitsgruppe angehörenden professorinnen und professoren "... nicht erkennbar, inwieweit diese personen ausgewiesene kompetenzen für die bewertung der einzelnen prüfungsbereiche besitzen ..." keinen rechtserheblichen anlass für eine weitere aufklärung des sachverhalts. gleiches gilt mit blick auf die anregung der klägerin, das ministerium zur vorlage des protokolls der sitzung des akkreditierungsausschlusses vom 13. september 2017 aufzufordern. 152aus dem prüfbericht zum konzept der klägerin für die i. ergibt sich nachvollziehbar, dass die i. ‑ und zwar ohne dass das ministerium diesen defiziten anders als durch die ablehnung des anerkennungsbegehrens hätte rechnung tragen können – die in § 72 abs. 2 s. 1 und s. 2 hs. 1 hg normierten tatbestandlichen voraussetzungen für ihre staatliche anerkennung nicht sämtlich erfüllt. 153die anerkennungsvoraussetzungen greift der wissenschaftsrat auf durch die beurteilung vorgelegter hochschulgründungskonzepte in bezug auf die bereiche 1541: institutioneller anspruch, profil und entwicklungsziele, 1552: leitungsstruktur, organisation und qualitätsmanagement, 1563: personal, 1574: studium und lehre, 1585: forschung, 1596: räumliche und sächliche ausstattung sowie 1607: finanzierung. 161leitfaden seite 21 ff. 162entsprechend dem ‑ wie oben dargelegt ‑ verfassungsrechtlich zu billigenden und einen eingriff in die wissenschaftsfreiheit rechtfertigenden ziel der qualitätssicherung der lehre dient aus sicht des wissenschaftsrates die konzeptprüfung angesichts "... einer vielfalt ländergesetzlicher vorgaben und regelungen (...) als verfahren der länderübergreifenden qualitätssicherung nichtstaatlicher hochschulen in deren eigenschaft als staatlich beliehene einrichtungen des tertiären bildungssektors ...". sie erfüllt damit "... eine qualitätssichernde funktion bei der aufnahme nichtstaatlicher hochschulen in das deutsche hochschulsystem ...", um "... zum einen die wissenschaftliche leistungsfähigkeit einer hochschuleinrichtung ..." zu sichern und "... zum anderen dem schutz der studierenden sowie privater und öffentlicher institutionen als künftige arbeitgeber der absolventinnen und absolventen ..." zu dienen. 163leitfaden, seite 8. 164leistungen in lehre und forschung, die anerkannten wissenschaftlichen maßstäben entsprechen, setzen dabei nach auffassung des wissenschaftsrates als konstitutive elemente der hochschulförmigkeit voraus, dass die geplante hochschule unter berücksichtigung ihres institutionellen anspruchs für hochschulen, die nicht kunsthochschulen sind, folgende kriterien erfüllt: 165vgl. dazu und dem folgenden: leitfaden, seite 10 f., 166167lehre und forschung finden unter den bedingungen der grundgesetzlich garantierten freiheit der wissenschaft statt. 168die hochschule ist mitgliedschaftlich organisiert und ihr akademischer betrieb liegt in der verantwortung der hochschulorgane. 169die hochschule nimmt das recht auf selbstergänzung des lehrkörpers wahr und führt zu diesem zweck berufungsverfahren durch, die wissenschaftsadäquaten standards genügen. 170die hochschule verfügt über einen "akademischen kern" hauptberuflich beschäftigter professorinnen und professoren, der in qualitativer und quantitativer hinsicht ihrem institutionellen anspruch genügt und eine hinlängliche kontinuität aufweist. 171der akademische kern trägt dazu bei, ein qualitätsgesichertes studienangebot dauerhaft vorzuhalten, das mindestens zwei studiengänge umfasst, um die lehre in den kernfächern des studienangebots sicherzustellen sowie notwendige curriculare reformen umzusetzen. 172die studier‑ und lernfreiheit der studierenden ist gewährleistet. 173mittels forschungsbasierter lehre werden den studierenden wissenschaftliche kompetenzen vermittelt. 174die forschung ist an der hochschule fest und systematisch verankert. strukturelle rahmenbedingungen und forschungsleistungen sind je nach institutionellem anspruch und fächerkultur unterschiedlich ausgeprägt. 175die hochschulangehörigen prägen eine hochschulkultur, die auch für außenstehende wahrnehmbar ist. dazu muss ein intellektueller und wissenschaftlicher austausch innerhalb des lehrkörpers, aber auch zwischen lehrenden und lernenden sowie mit externen partnern erkennbar sein. 176die hochschule ist durch kooperationsbeziehungen in ein wissenschaftliches und gesellschaftliches umfeld eingebettet. 177in allen leistungsbereichen der hochschule manifestiert sich ein umfassendes verständnis für qualitätssicherung und entwicklung, die entsprechend implementiert werden. 178substantiierte vorbehalte gegen die eignung dieser kriterien, die der wissenschaftsrat zur beurteilung der hochschulförmigkeit einer zur staatlichen anerkennung gestellten bildungseinrichtung entwickelt hat, hat die klägerin nicht geltend gemacht. solche sind auch gemessen an den in § 72 abs. 1 s. 1 und s. 2 hs. 1 hg normierten anerkennungsvoraussetzungen nicht ersichtlich. vielmehr lassen sich diesen die beurteilungskriterien des wissenschaftsrates sämtlich ohne weiteres zuordnen. 179ausgehend hiervon sind die einwendungen der klägerin gegen die versagungsentscheidung ungeeignet, deren rechtswidrigkeit zu begründen. 180zu unrecht beanstandet die klägerin, dass das ministerium der bescheidung des anerkennungsbegehrens ‑ ebenso wie der akkreditierungsausschuss seiner prüfung ‑ das gründungskonzept der klägerin in der fassung zu grunde gelegt hat, die sie dem wissenschaftsrat vorgelegt hat. ihr einwand zu verschiedenen, sich aus dem prüfbericht ergebenden beanstandungen an ihrem konzept, diesen könne sie ohne weiteres selbst rechnung tragen oder aber das ministerium, indem es einer anerkennungsentscheidung entsprechende auflagen beifüge, ist rechtlich unerheblich. 181das vorbringen verkennt, dass es nicht aufgabe des konzeptprüfungsverfahrens ist, durch das ministerium und / oder den wissenschaftsrat bzw. mit deren hilfe ein tragfähiges gründungskonzept für eine staatlich anzuerkennende hochschule zu entwickeln, sondern der zweck des verfahrens in der überprüfung besteht, ob die gründungsinitiative ausweislich des von ihr eigenverantwortlich entwickelten konzepts die gebotene gewähr dafür bietet, eine staatlich anerkannte hochschule in dem mit der anerkennung rechtlich vorgegebenen rahmen betreiben zu wollen und zu können. fehlt es ‑ wie hier ‑ an dieser grundlegenden bedingung, ist rechtlich kein raum, eine anerkennungsentscheidung mit auflagen zu versehen, die gemäß § 73 abs. 1 s. 3 hg lediglich der erfüllung der voraussetzung des § 72 hg dienen, nicht aber bezwecken, ein für eine anerkennung taugliches konzept zu erstellen. 182abgesehen davon hat das ministerium im vorfeld der übermittlung des antrags auf konzeptprüfung an den wissenschaftsrat nicht nur die ihr von der klägerin vorgelegten konzeptentwürfe mehrfach durchgesehen und der klägerin mit anregungen zur korrektur zurückgereicht. vielmehr hat es der klägerin im nachgang zu dem informationsgespräch bei dem wissenschaftsrat am 9. mai 2016 ‑ auch unter hinweis auf das kostenrisiko ‑ empfohlen, die durchführung der konzeptprüfung auf der basis des vorgelegten konzepts angesichts der bedenken des wissenschaftsrats im hinblick auf die wissenschaftlichkeit des studienangebots zu überdenken, und damit weit mehr an beratung der klägerin geleistet, als dies gemäß § 25 abs. 1 s. 1 und abs. 2 s. 1 vwvfg nrw geboten ist. danach soll die behörde die abgabe von erklärungen, die stellung von anträgen oder die berichtigung von erklärungen oder anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind, und erörtert, soweit erforderlich, bereits vor stellung eines antrags mit dem zukünftigen antragsteller, welche nachweise und unterlagen von ihm zu erbringen sind. 183das ministerium hat die anerkennungsfähigkeit der i. unter rückgriff auf den prüfbericht rechtsfehlerfrei verneint. der vortrag der insoweit darlegungs‑ und beweispflichtigen, 184vgl. hierzu: görsch in leuze / epping, gesetz über die hochschulen des landes nordrhein-westfalen, kommentar, (leuze / epping) rdnr. 21 zu § 72 hg 2004, dessen regelungen in absatz 1, soweit hier von interesse, mit denen in § 72 abs. 2 s. 1 hg inhaltlich übereinstimmen, 185klägerin lässt nicht erkennen, dass ihr konzept zur gründung der i. entgegen dem prüfbericht in allen unabdingbar notwendigen punkten den ansprüchen genügt, die die hochschulförmigkeit an den betrieb einer anerkannten staatlichen hochschule stellt. 186das gründungskonzept der klägerin für die i. erfüllt schon nicht die anforderungen des § 72 abs. 2 s. 1 nr. 5 hs. 1 hg, soweit danach zu gewährleisten ist, dass das studium und die abschlüsse aufgrund der prüfungsordnungen und des tatsächlichen lehrangebots den wissenschaftlichen maßstäben an hochschulen in der trägerschaft des landes entsprechen. mangels einer dementsprechenden gewähr genügt das konzept der klägerin ebenfalls nicht der vorgabe, die sich aus § 72 abs. 2 s. 1 nr. 3 hg i. v. m. § 58 abs. 1 s. 1 hg ergibt. danach muss ‑ soweit hier von interesse ‑ gewährleistet sein, dass lehre und studium den studierenden unter berücksichtigung der anforderungen und veränderungen in der berufswelt und der fachübergreifenden bezüge die erforderlichen fachlichen kenntnisse, fähigkeiten und methoden dem jeweiligen studiengang entsprechend so vermitteln, dass sie zu wissenschaftlicher arbeit, zur anwendung wissenschaftlicher erkenntnisse und methoden in der beruflichen praxis befähigt werden. demgegenüber belegt das vorgelegte hochschulgründungskonzept nicht, dass das studienangebot der i. den anforderungen der hochschulförmigkeit entsprechend an dem gebot der wissenschaftlichkeit ausgerichtet ist. damit fehlt es zugleich an der grundlage für die berechtigte erwartung, dass absolventen der i. mit ihren dort erworbenen studienabschlüssen nachweisen können, dass sie in der beruflichen praxis befähigt sind, die die wissenschaftlichkeit bestimmenden grundsätze zu nutzen und im rahmen ihrer arbeit auf die für die ausübung des berufs erforderlichen erkenntnisse und methoden anzuwenden. 187offenbleiben kann hier, ob der unbestimmte rechtsbegriff der wissenschaftlichkeit im sinne der regelungen in § 72 abs. 2 s. 1 nr. 5 und nr. 3 hg einen durch das ministerium im rahmen der anerkennungsentscheidung auszufüllenden beurteilungsspielraum enthält, 188die annahme eines beurteilungsspielraums bei der prüfung der in § 72 hg tatbestandlich normierten anerkennungsvoraussetzungen jedenfalls in erwägung ziehend: görisch in leuze / epping, a. a. o., zu § 72 rdnr. 21 anm. 21.1; verneinend: thieme, deutsches hochschulrecht, 3. auflage 2004, zu § 70 hrg rdnr. 167, 189weil der verwaltung bei der prüfung dieser anerkennungsvoraussetzung nach der gesetzlichen regelung eine einschätzungsprärogative zukommt. 190vgl. zu den voraussetzungen für die anerkennung eines beurteilungsspielraumes etwa: bverwg, urteil vom 26. juni 1990, 1 c10/88, juris rdnr. 20. 191ausweislich des prüfberichts bietet das gründungskonzept jedenfalls die nach § 72 abs. 2 s. 1 nr. 5 hs. 1 hg erforderliche gewähr nicht. die in dem prüfbericht geäußerten zweifel daran, dass dem gründungskonzept für die i. ein wissenschaftsverständnis zugrunde liegt, das dem an staatlichen hochschulen vergleichbar ist, sind nachvollziehbar begründet, ohne dass die klägerin deren berechtigung substantiiert angegriffen hat. 192der prüfbericht (prüfbereich iv. "studium und lehre", iv.2 "bewertung", seite 22) führt diesbezüglich aus, der zuschnitt des studienangebots sei nicht nur unspezifisch und lasse deshalb nicht erkennen, zu welchen qualifizierungszielen es führen solle. vielmehr trage es auch dem für die i. formulierten profil insoweit nicht rechnung, als die curricula zu den als alleinstellungsmerkmal des studienangebots bezeichneten betriebswirtschaftlichen inhalten keine module explizit vorsähen. zudem seien zu wenig module zum wissenschaftlichen arbeiten und zu forschungsmethoden geplant, wobei insbesondere im wahlpflichtbereich aufgrund des sehr weit gefassten gesundheitsbegriffs die nötige wissenschaftlichkeit und evidenzbasierung der studieninhalte nicht überall gegeben zu sein scheine. 193dass die damit an dem konzept zur gründung der i. geübte kritik an der nicht durchweg gegebenen kongruenz zwischen studienzielen bzw. studieninhalten und den qualifizierungszielen einerseits sowie an der wissenschaftlichen fundierung der studienangebote andererseits nicht an grundsätzen ausgerichtet ist, die an hochschulen, die in der trägerschaft des landes stehen, allgemein für die beurteilung der wissenschaftlichkeit eines studienangebot herangezogen werden, ist nicht ersichtlich. sofern die klägerin sich zur klagebegründung überhaupt inhaltlich mit diesen vorhalten an der hochschulförmigkeit ihres vorhabens auseinandersetzt, ist ihr vorbringen unsubstantiiert. 194während die kritik an einem dem hochschulprofil nicht genügenden angebot betriebswirtschaftlicher studieninhalte ebenso gänzlich unerwidert geblieben ist wie diejenige an den qualifizierungszielen, rügt die klägerin mit ihrem vortrag (nr. 1), "... nicht viel anfangen ..." könne sie mit dem vorwurf, dass die für die i. vorgesehenen strukturen und prozesse ungeeignet seien, die für den anspruch, alternative gesundheitsberufe zu akademisieren, notwendigen wissenschaftlichen standards sicherzustellen, zu unrecht, der diesbezügliche vorhalt (prüfbericht seite 9, prüfbereich "i. institutioneller anspruch, profil und entwicklungsziele", i.2 "bewertung") sei nicht hinreichend erklärt. die kritik nimmt (unter anderem) bezug auf die feststellung, dass der institutionelle anspruch der i. der einer hochschule für angewandte wissenschaften sei und die i. nach ihrem leitbild keinen beitrag zur akademisierung von ausbildungsberufen im gesundheitsbereich leisten, sondern vor allem wissenschaftliche standards in alternativen gesundheitsberufen etablieren wolle (prüfbericht seite 7 f. prüfbereich "i. institutioneller anspruch, profil und entwicklungsziele", i.1 "ausgangslage"). diesbezüglich fehle es der klägerin aber, weil sie ihre wurzeln in den im kursprogramm der bestehenden fernlehrschule des betreibers angebotenen, nicht evidenzbasierten heilmethoden habe, an einem ausreichend klaren wissenschaftsverständnis, das namentlich für die akademisierung staatlich wenig regulierter heil‑ und gesundheitsberufe eine unabdingbare voraussetzung darstelle (prüfbericht seite 9, prüfbereich "i. institutioneller anspruch, profil und entwicklungsziele", i.2 "bewertung"). 195dass demgegenüber nach dem gründungskonzept für die i. die mit der geplanten akademisierung beabsichtigte verwissenschaftlichung alternativer gesundheitsberufe und heilmethoden durchweg evidenzbasiert, das heißt auf der basis empirisch zusammengetragener und bewerteter wissenschaftlicher erkenntnisse von diagnostischen oder therapeutischen maßnahmen erfolgen soll, hat die klägerin weder zur begründung der klage ausgeführt, noch in ihrer im oktober 2017 an das ministerium gerichteten stellungnahme zu dem prüfbericht substantiiert dargetan. die geforderte evidenzbasierung des geplanten lehrangebots ergibt sich insbesondere nicht aus ihrem vorprozessualem vorbringen, wenn die klägerin in bezug auf die nach dem prüfbericht aus ihrer sicht für erforderlich gehaltene "… 'besondere anstrengung' zur verwissenschaftlichung (…) auf dem feld der wenig regulierten gesundheitsberufe ..." geltend macht, gerade "… wissenschaftlichem denken sollte eine solche verknüpfung (…) entgegen stehen …". mangels einer auch im übrigen inhaltlichen auseinandersetzung mit dem vorbezeichneten kritikpunkt hat die klägerin nicht dargetan, aus welchen elementen des gründungskonzepts sich ihrer meinung nach ein hinreichend evidenzbasiertes studienangebot an der i. ergibt. im gegenteil spricht nach ihrer einlassung vieles dafür, dass die i. nach dem verständnis der klägerin gerade kein studienangebot offerieren soll, das durchweg evidenzbasiert ist und damit den wissenschaftlichen standards entspricht, die an den hochschulen in der trägerschaft des landes gelten. 196trotz der durch den wissenschaftsrat bereits im rahmen des informationsgesprächs am 9. mai 2016 geäußerten zweifel an der tragfähigkeit des vorgelegten hochschulgründungskonzepts und entgegen der anschließenden empfehlung des ministeriums hat die klägerin davon abgesehen, ihr konzept entsprechend der geäußerten kritik grundlegend zu überarbeiten. zudem hält sie zur begründung der klage (nr. 2, 18) dem in dem prüfbericht (seite 9, prüfbereich "i. institutioneller anspruch, profil und entwicklungsziele", i.2 "bewertung") geäußerten unverständnis darüber, dass sie bei der planung des hochschulgründungskonzepts keine wissenschaftliche expertise hinzugezogen hat, lediglich entgegen, dies sei, weil nicht vorgeschrieben, für sich genommen unschädlich. dabei meint die hinzuziehung wissenschaftlicher expertise eine institutionelle einbindung wissenschaftlichen sachverstandes in die planung der hochschule. hierfür genügen die von der klägerin zuletzt behaupteten diversen kontakte mit wissenschaftlern und die teilnahme an einschlägigen weiterbildungs‑ und kongressveranstaltungen unter anderem beim verband der privaten hochschulen nicht. zwar fehlt es tatsächlich an der expliziten normierung eines gebotes zur einbindung wissenschaftlichen sachverstandes. mit ihrem einwand nimmt die klägerin aber zu dem kern der vorbezeichneten aussage des prüfberichts nicht stellung, demzufolge die den alternativen gesundheitsberufen und heilmethoden fehlende evidenzbasierung für die entwicklung auf sie bezogener studienangebote, die gleichwohl den an staatlichen hochschulen anerkannten wissenschaftlichen standards entsprechen sollen, eine nicht zu vernachlässigende und deshalb die hinzuziehung wissenschaftlicher expertise nahelegende schwierigkeit bedeutet. insbesondere ist den einlassungen der klägerin nicht zu entnehmen, dass und auf welchem wege die i. nach dem gründungskonzept ohne rückgriff auf externen sachverstand studienangebote entwickeln können soll, die den wissenschaftlichen standards entsprechen, die an den in der trägerschaft des landes stehenden hochschulen gelten. vielmehr deuten auch weitere elemente der klagebegründung darauf hin, dass die klägerin grund und tragweite der vorbezeichneten beanstandung verkennt. dies gilt etwa für ihren vortrag zur begründung der klage, sofern moniert werde, dass es keinen designierten gründungsrektor gebe, könne sie einen solchen benennen (nr. 6), sowie den vorhalt, die implementierung eines wissenschaftlichen beratungsgremiums sei normativ zwar nicht geboten (nr. 7), ein solches gremium lasse sich aber einrichten. 197abgesehen davon, dass derartige in aussicht gestellte oder sonst mögliche inhaltliche änderungen an dem vorgelegten konzept nach maßgabe der obigen erwägungen in die ministerielle entscheidung über den anerkennungsantrag nicht einzustellen waren und deshalb auch für die entscheidung des rechtsstreits rechtlich unerheblich sind, sind nach dem prüfbericht die bezeichnung einer gründungsrektorin bzw. eines gründungsrektors in dem hochschulgründungskonzept ebenso wenig selbstzweck wie die konzeptionelle einbindung eines wissenschaftlichen beratungsgremiums in die gremienstruktur einer hochschule. deren fehlen begründet für den akkreditierungsausschluss vielmehr zweifel auch daran, dass sich die i. in der gründungsphase an den wissenschaftlichen standards ausrichten wird, die an staatlichen hochschulen gelten. denn nach dem prüfbericht (seiten 13 und 14, prüfbereich "ii. leitungsstruktur, organisation und qualitätsmanagement", ii.2 "bewertung") ist das fehlen wissenschaftlicher expertise und beratung in der hochschulstruktur gravierend negativ, weil mangels eines designierten gründungsrektors bzw. einer designierten gründungsrektorin und angesichts der vorgesehenen besetzung der stelle des kanzlers mit einer person aus der gründungsinitiative nicht sichergestellt sei, dass dem rektorat in den ersten beiden jahren der gründungsphase eine professorin oder ein professor und auch eine person mit der notwendigen hochschulerfahrung angehören werde, und zudem die grundordnung noch nicht einmal für die gründungsphase der i. ein wissenschaftliches beratungsgremium vorsehe. diesen bedenken ist die klägerin in der sache ebenfalls nicht entgegengetreten. 198aus den vorstehenden erwägungen folgt zugleich, dass das gründungskonzept der klägerin für die i. jedenfalls auch nicht den vorgaben des § 72 abs. 2 s. 1 nr. 3 hg i. v. m. § 58 abs. 1 s. 1 hg entspricht. 199abgesehen davon scheidet ein erfolg des anerkennungsbegehrens auch aus, weil das vorgelegte gründungskonzept für die i. entgegen § 72 abs. 2 s. 1 nr. 11 hg keine tragfähige finanzierungsgrundlage für die hochschule erkennen lässt, die ebenfalls zu den konstitutiven elementen der hochschulförmigkeit einer staatlichen hochschule zählt. 200nach § 72 abs. 2 s. 1 nr. 11 hg ist erforderlich, dass das gründungskonzept die gewähr dafür bietet, dass der bestand der hochschule und des studienbetriebs wirtschaftlich und rechtlich dauerhaft gesichert ist. dies ist der fall, wenn die vorgesehene finanzierung die fachlich begründete erwartung trägt, der hochschulbetrieb werde zumindest über den zeitraum der regelstudienzeit der vorgesehenen bzw. angebotenen studiengänge aufrecht erhalten werden können. 201im ergebnis ebenso: görisch in leuze / epping, a. a. o., zu § 72 rdnr. 35. 202da sich die nach § 72 abs. 2 s. 1 nr. 11 hg zu bietende sicherheit (unter anderem) auf den studienbetrieb bezieht und die norm zudem mit blick auf die studierenden einen besseren schutz vor den wirtschaftlichen risiken eines privaten hochschulbetriebes bezweckt, 203vgl. zu der insoweit gleichgefassten regelung in § 113 nr. 9 des hochschulgesetzes in der fassung vom 14. märz 2000 (gv nrw, s. 190) die begründung der landesregierung zum seinerzeitigen gesetzentwurf: landtag nordrhein-westfalen, lt-drs. 12/4243 s. 208, 204gilt es, die verlässlichkeit des finanzierungskonzept zeitlich an der mit der aufnahme eines studiums regelmäßig verbundenen erwartung der studierenden auszurichten, ihr studium jedenfalls im rahmen der durch studien‑ und / oder prüfungsordnungen vorgegebenen regelstudiendauer an der hochschule auch abschließen zu können. eben diese gewähr bietet die finanzierungsplanung der klägerin für die i. nicht. 205ausweislich des prüfberichts (prüfbereich vii. "finanzierung", vii.2 "bewertung", seite 28) ist mit den angaben der klägerin zur finanzierung der i. angesichts der vorgesehenen höhe der studiengebühren, die deutlich unter denen von anderen privaten hochschulen mit einem vergleichbaren profil und fächerangebot liegen, nicht schlüssig dargelegt, wie sie mit den zu erwartenden einnahmen die personalausstattung und die betreuungsleistung finanzieren wolle, die erforderlich sei, um dem ambitionierten avisierten aufwuchs der studierendenzahlen zu entsprechen. zudem fehle unter anderem auch eine separate rechnungslegung oder ein separater wirtschaftsplan für die hochschule, weshalb die dauerhafte tragfähigkeit der notwendigen zuwendungen seitens des alleingesellschafters an die i. ebenfalls nicht plausibel gemacht und die kostenstruktur der einrichtung intransparent sei. 206diesem argumentativ nachvollziehbaren einwand hat die klägerin nichts substantiiertes entgegengesetzt, wenn sie zur begründung der klage ausführt, die "... sache der hinreichenden finanziellen ausstattung (... [sc.: sei]) sicherlich ein neuralgischer punkt ...". damit stuft die klägerin ‑ wie ausweislich des prüfberichts wohl auch schon aus anlass der anhörung durch den akkreditierungsausschuss am 30. märz 2017 ‑ vielmehr selbst die tragfähigkeit ihres finanzierungskonzepts als zweifelhaft ein. da den anlagen zu dem konzeptprüfungsantrag der klägerin nicht zu entnehmen ist, dass die für sie handelnden personen oder an der ausarbeitung des konzepts beteiligt gewesenen dritten selbst über den wirtschaftlichen sachverstand verfügen, der erforderlich ist, um eine hochschule zu gründen und dauerhaft zu betreiben, bemängelt der prüfbericht (a. a. o.) denn auch des weiteren zu recht, die klägerin habe keine externe ökonomische expertise konsultiert, um die unsicherheiten in der finanzplanung zu beheben. der seitens der klägerin hiergegen erhobene einwand, die beiziehung wirtschaftlicher expertise sei gesetzlich nicht vorgeschrieben (nr. 18), belegt dabei ihre fehlvorstellungen über die anforderungen, die das nordrhein-westfälische hochschulrecht an die gründung und den betrieb einer staatlich anzuerkennenden hochschule stellt, und ein fehlerhaftes verständnis von den ihr dabei obliegenden verantwortlichkeiten. 207nichts anderes gilt, soweit die klägerin darüber hinaus geltend macht (nr. 17), die kritik an dem finanzierungskonzept trage die versagungsentscheidung nicht, weil das ministerium ‑ wie in anerkennungsverfahren üblich ‑ von ihr die vorlage und hinterlegung einer hinreichenden sicherung verlangen werde. dieser einwand verkennt den sinn und zweck einer sicherheitsleistung. sie dient dazu, den folgen entgegenzuwirken, die eintreten, wenn sich die wirtschaftlichen risiken, die wegen des prognosecharakters typischerweise auch einem tragfähigen finanzierungskonzept anhaften, wider den berechtigten erwartungen verwirklichen sollten. die hinterlegung von sicherheiten ersetzt indes die entwicklung und umsetzung eines grundsätzlich tragfähigen finanzierungskonzepts für den hochschulbetrieb nicht. 208auch die gebührenentscheidung des ministeriums ist rechtmäßig. sie findet ihre rechtsgrundlage in den §§ 73 abs. 5 s. 1, 82 abs. 3 s. 2 hg i. v. m. § 1 abs. 1 s. 1 der gebührenordnung für amtshandlungen des für wissenschaft zuständigen ministeriums des landes nordrhein-westfalen (gebo-wissm nrw) vom 16. dezember 2015 (gv nrw 2016, s. 14) und dem zugehörigen gebührentarif, der nach § 1 abs. 1 s. 2 gebo-wissm nrw bestandteil der verordnung ist. nr. 1.1 des gebührentarifs sieht für die staatliche anerkennung von bildungseinrichtungen, die nicht in der trägerschaft des landes stehen, als hochschule die festsetzung einer gebühr vor, die zwischen 3.650,00 euro (geringer aufwand) und 7.350,00 euro (höherer aufwand) liegt. die der klägerin gegenüber für die versagungsentscheidung auf 5.175,00 euro festgesetzte gebühr liegt damit unterhalb der gebühr, die bei einem durchschnittlichen aufwand für die amtshandlung in höhe von 5.500,00 € gerechtfertigt ist. angesichts dessen ist gegen deren höhe mangels substantiierter einwendungen im hinblick darauf rechtlich nichts zu erinnern, dass das ministerium die antragsunterlagen der klägerin im vorfeld der antragstellung bei dem wissenschaftsrat mehrfach durchgesehen und versehen mit anregungen zur korrektur an die klägerin zurückgereicht hat, in dem prüfverfahren von dem wissenschaftsrat angehört worden ist und zwecks entscheidungsfindung den nebst vorbemerkung 27 seiten umfassenden prüfbericht des wissenschaftsrates zur kenntnis genommen und ausgewertet hat. 209schließlich steht der klägerin auch kein anspruch auf (teil‑)erstattung der für die tätigkeit des wissenschaftsrates nach dessen schlussrechnung vom 19. april 2018 insgesamt gezahlten 21.785,10 euro zu. 210offenbleiben kann, ob die klägerin die gemäß dem leitfaden vorgesehene erklärung, dass sie die personal- und sachkosten des konzeptprüfungsverfahrens übernimmt, dem wissenschaftsrat gegenüber in rechtlich verbindlicher form abgegeben hat. selbst wenn dies nicht der fall gewesen sein sollte, hat sie auf die forderung des wissenschaftsrates nicht ohne rechtlichen grund geleistet. die forderung findet ihre rechtsgrundlage in § 73 abs. 5 s. 2 hg. danach sind ‑ soweit hier von interesse ‑ die kosten der internen und externen qualitätssicherung, darunter die kosten der konzeptprüfung durch den wissenschaftsrat, vom träger der hochschule oder der hochschule selbst zu tragen. rechtliche bedenken gegen diese regelung bestehen nicht. sie entspricht dem grundgedanken des § 10 gebühreng nrw, wonach der eine amtshandlung beantragende auch die auslagen der behörde zu tragen hat, welche nicht bereits in die gebühr einbezogen sind. dass die kostenverursachende befassung des wissenschaftsrates durch das ministerium angemessen bzw. erforderlich war, ergibt sich aus den obigen erwägungen. 211keiner weiteren prüfung und entscheidung bedarf hier, ob und gegebenenfalls aufgrund welcher befugnis der wissenschaftsrat, der nach dem verwaltungsabkommen über seine errichtung eine selbstständige beratungseinrichtung des bundes und der länder ist, die schlussrechnung an die klägerin adressiert und diese aufgefordert hat, die kostenforderung durch zahlung auf ein in der rechnung benanntes konto zu begleichen. dass die kostenforderung, deren höhe die klägerin nicht angegriffen hat und die auch von amts wegen keinen anlass zu beanstandungen gibt, mit der von der klägerin geleisteten zahlung gedeckt ist, ist zwischen den beteiligten unstreitig. 212die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 abs. 2 i. v. m. abs. 1 vwgo, 709 zpo. 213rechtsmittelbelehrung: 214gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 215der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 216innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 217die berufung ist nur zuzulassen, 2181. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 2192. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 2203. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 2214. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 2225. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 223die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 224über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 225im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 226die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 227beschluss: 228der wert des streitgegenstandes wird auf 189.608,00 euro festgesetzt 229gründe: 230die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 und abs. 3 gkg erfolgt. sie lehnt sich dabei an die im streitwertkatalog für die verwaltungsgerichtsbarkeit, 231neue zeitschrift für verwaltungsrecht (nvwz) 2004, 1327 ff., 232unter ziffer ii. 54.1 enthaltene bestimmung an, nach der bei streitigkeiten um eine gewerbeerlaubnis die höhe des erwarteten gewinns maßgeblich ist. ausgehend hiervon ist es angemessen, die wirtschaftliche bedeutung des anerkennungsrechtsstreits für die klägerin (§ 52 abs. 1 gkg) mit dem mittelwert der gewinnerwartung für die ersten drei betriebsjahre zu bemessen. bei den kalkulierten gewinnen von 7.000,00 euro für das erste, 154.000,00 euro für das zweite und 377.000,00 euro für das dritte betriebsjahr ergibt sich damit ein streitwertbetrag von ([7.000,00 euro + 154.000,00 euro + 377.000,00 euro] / 3 =) 179.333,00 euro. 233vgl. zu diesem berechnungsansatz den streitwertbeschluss der kammer zu ihrem urteil vom 29. juni 2012, 15 k 4374/10 www.nrwe.de und juris (insoweit allerdings unveröffentlicht); bestätigt durch ovg nrw, beschluss vom 5. september 2012, 15 a 1803/12, n. v. 234zu dem in dieser höhe für den streit um die akkreditierung anzusetzenden wert hinzuzurechnen waren in bezug auf den streit um die gebührenforderung der gebührenbetrag (§ 52 abs. 3 gkg) in höhe von 5.175,00 euro sowie die höhe des mit 5.100,00 euro geltend gemachten rückzahlungsbetrages (§ 52 abs. 3 gkg). 235rechtsmittelbelehrung: 236gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 237die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 238die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 239die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 240die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 241war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | Verklagte*r | 0 |
323,410 | 8 K 2081/18 Kg | 2019-09-26T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Bescheide vom 21.01.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 25.03.2019 werden dahingehend geändert, dass ein Restbetrag von 8.616 EUR für das Kind I. und ein Restbetrag von 1.206 EUR für das Kind Q. auszuzahlen ist. Die Bescheide vom 02.05.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 15.06.2018 werden insoweit aufgehoben, als sie die Nachzahlung des festgesetzten Kindergelds regeln. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt. Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten darüber, ob der Auszahlung des Kindergelds § 66 Abs. 3 Einkommensteuer (EStG) entgegensteht. 3Die Klägerin ist Mutter von I. (geboren 1995) und Q. (geboren 1997). 4Mit am 23.04.2018 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben beantragte die Klägerin Kindergeld und legte für das erste Kind Studienbescheinigungen ab dem Wintersemester 2014 und für das zweite Kind ab dem Sommersemester 2017 vor. 5Die Beklagte setzte Kindergeld für das erste Kind mit Bescheid vom 02.05.2018 ab Oktober 2014 fest. Unter der Überschrift „Nachzahlung“ hieß es im Bescheid, dass aufgrund der Änderung des § 66 Abs. 3 EStG Anträge, die nach dem 31.12.2017 eingehen, nur zu einer Nachzahlung für die letzten sechs Monate vor Antragseingang führen könnten. Dementsprechend sei nur das ab Oktober 2017 festgesetzte Kindergeld auszuzahlen. Entsprechend wurde mit Bescheid vom gleichen Tag Kindergeld für das zweite Kind ab April 2017 festgesetzt, die Auszahlung aber ebenfalls auf das Kindergeld für den Zeitraum ab Oktober 2017 begrenzt. 6Mit den am 18.05.2018 erhobenen, gegen die „Nachzahlung“ gerichteten Einsprüchen trug die Klägerin vor: Die rückwirkende Änderung sei verfassungswidrig; jedenfalls aber sei die Vorschrift vorliegend nicht einschlägig. Sie habe in schutzwürdiger Weise auf die Verjährungsfrist von vier Jahren vertraut; diese Frist sei in einem von der Beklagten übersandten Merkblatt mit dem Stand „Januar 2015“ ausgewiesen. Im Übrigen sei sie 2014 vom Hochwasser betroffen gewesen; die Renovierungen hätten bis Ende 2015 gedauert. Bis Mai 2016 habe sie sich um ihre chronisch kranke Mutter gekümmert. Sie sei von Juni 2016 bis April 2017 selbst erkrankt und sei bis September 2017 in einer Reha-Maßnahme gewesen. Sie kümmere sich auch um ihre pflegebedürftige Tante. 7Die Familienkassen hätten die möglicherweise Berechtigten über die Gesetzesänderung informieren müssen; die Familienkassen des öffentlichen Dienstes hätten dies auch getan. 8Den Anträgen sei mithin aus Billigkeitsgründen stattzugeben. 9Mit Einspruchsentscheidungen vom 15.06.2018 wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen. § 66 Abs. 3 EStG sei verfassungsgemäß; davon sei auch der Bundesfinanzhof (BFH) in der früheren Fassung des § 66 Abs. 3 EStG ausgegangen. Es handele sich nicht um eine echte Rückwirkung. 10Es bestehe kein Vertrauensschutz der Klägerin, weil die Beklagte nicht zur Beratung und zur Anregung des Stellens von Anträgen verpflichtet sei. 11Schließlich komme eine Korrektur aus Billigkeitsgründen nicht in Betracht. Eine solche Korrektur sei nur in im Streitfall nicht vorliegenden Ausnahmekonstellationen geboten. 12Gegen diese Einspruchsentscheidungen richtet sich die am 06.07.2018 eingegangene Klage. 13Nach einem Hinweis des Berichterstatters, wonach bei Streit über die Auszahlung des festgesetzten Kindergeldanspruchs durch Abrechnungsbescheid zu entscheiden sei, beantragte die Klägerin den Erlass zweier Abrechnungsbescheide. Gegen die Abrechnungsbescheide vom 21.01.2019 legte die Klägerin am 28.01.2019 Einsprüche ein, die am 25.03.2019 als unbegründet zurückgewiesen wurden. Die Begründung entsprach im Wesentlichen der Begründung der Einspruchsentscheidungen vom 15.06.2018. Die am 28.03.2019 erhobene Klage (Aktenzeichen 8 K 947/19 Kg) hat das Gericht mit Beschluss vom 28.05.2019 mit dem hiesigen Verfahren verbunden. 14Die Klägerin beantragt (sinngemäß), 15die Bescheide vom 21.01.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 25.03.2019 dahingehend zu ändern, dass ein Restbetrag von 8.616 EUR für das Kind I. und ein Restbetrag von 1.206 EUR für das Kind Q. auszuzahlen ist, und die Bescheide vom 02.05.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 15.06.2018 insoweit aufzuheben, als sie die Nachzahlung der festgesetzten Beträge regeln; 16die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären. 17Die Beklagte beantragt, 18die Klage abzuweisen. 19Die Beklagte stützt sich auf ihre Ausführungen im Einspruchsverfahren. 20Die Beklagte hat mit Schreiben vom 11.07.2018 und die Klägerin hat mit Schreiben vom 01.08.2019 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. 21Entscheidungsgründe: 22Die zulässige Klage, über die das Gericht gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. 23Die Abrechnungsbescheide vom 21.01.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 25.03.2019 setzen zu Unrecht einen nicht auszahlbaren Restbetrag in Höhe von 8.616 EUR für das Kind I. und in Höhe von 1.206 EUR für das Kind Q. an. 24§ 66 Abs. 3 EStG ist keine Rechtsgrundlage für die erfolgte Auszahlungsbegrenzung. 25Nach § 66 Abs. 3 EStG wird das Kindergeld rückwirkend nur für sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt wird, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist. 26Die Vorschrift ist im Streitfall anwendbar. Gemäß § 52 Abs. 49a Satz 7 EStG gilt die Vorschrift für Anträge, die – wie im Streitfall – nach dem 31. Dezember 2017 eingehen. Die Regelung findet im Streitfall noch Anwendung. Art. 9 des Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch vom 11.07.2019 (Bundesgesetzblatt I 2019, S. 1066), mit dem § 66 Abs. 3 EStG aufgehoben und durch die Sätze 2 und 3 zu § 70 Abs. 1 EStG ersetzt wurde, findet erst auf Anträge Anwendung, die nach dem 18.07.2019 eingehen. 27Die Vorschrift ist jedoch nicht im Auszahlungsverfahren (oder synonym: im Erhebungsverfahren), sondern im Festsetzungsverfahren anzuwenden. Dies folgt aus der Auslegung der Norm: 28Der Wortlaut der Vorschrift („gezahlt“) gebietet keine Zuordnung zum Auszahlungsverfahren. Der Ausdruck „gezahlt“ wird ebenfalls in anderen Vorschriften der §§ 62 ff. EStG benutzt, die eindeutig das Festsetzungsverfahren regeln (etwa §§ 64 Abs. 1, 65 Abs. 1, 66 Abs. 2 EStG; vgl. Finanzgericht [FG] Niedersachsen, Urteil vom 25.10.2018 – 10 K 141/18 –, juris; Urteil vom 25.09.2018 – 8 K 95/18 –, juris; FG Nürnberg, Urteil vom 08.05.2019 – 3 K 193/19 –, juris; FG München, Urteil vom 12.03.2019 – 5 K 2912/18 –, juris). Im Auszahlungsverfahren ist zumeist nicht von „zahlen“, sondern von „auszahlen“ die Rede (§§ 70 Abs. 1, 74 Abs. 1 EStG; vgl. aber die die amtliche Überschrift des § 70: „Festsetzung und Zahlung“). In diesem Zusammenhang ist überdies von Bedeutung, dass § 66 Abs. 3 EStG in Stellung und Wortlaut identisch mit der bis Ende 1997 geltenden Fassung des § 66 Abs. 3 EStG ist. Mit Blick auf die bis Ende 1997 geltende Fassung hat der BFH mehrfach entschieden, dass diese materiell-rechtliche Wirkung entfaltet (vgl. FG Niedersachsen, Urteil vom 25.10.2018, a.a.O., m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass die erneut erlassene Vorschrift ebenfalls dem Festsetzungsverfahren zuzuordnen ist (ebenso FG München, Urteil vom 12.03.2019, a.a.O.). 29Der Wille des Gesetzgebers beim Erlass der streitgegenständlichen Fassung ist nicht eindeutig (FG Niedersachsen, Urteil vom 25.10.2018, a.a.O.; Urteil vom 25.09.2018, a.a.O.; FG Nürnberg, Urteil vom 08.05.2019, a.a.O.). In der Gesetzesbegründung heißt es (Bundestagsdrucksache 18/12127, Seite 62): 30„Die Regelung soll verhindern, dass für einen mehrjährigen Zeitraum in der Vergangenheit rückwirkend Kindergeld ausgezahlt werden kann. Abweichend von der regulären Festsetzungsfrist von vier Jahren gemäß § 169 der Abgabenordnung sieht die Regelung vor, dass Kindergeld nur noch sechs Monate rückwirkend ausgezahlt werden kann. Das Kindergeld soll von seiner Zwecksetzung her im laufenden Kalenderjahr die steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Kindes sicherstellen. Hierfür ist eine mehrjährige Rückwirkung aber nicht erforderlich, da Anträge auf Kindergeld regelmäßig zeitnah gestellt werden. In Fällen, in denen das Kindergeld vollständig der Familienförderung im Sinne des § 31 Satz 2 EStG dient, ist ein Gleichklang mit der steuerlichen Festsetzungsfrist ebenfalls nicht erforderlich. 31Die Regelung bewirkt, dass das Kindergeld über die zurückliegenden sechs Monate hinaus nicht mehr zur Auszahlung gelangen kann. Der materiell-rechtliche Anspruch wird hierdurch nicht berührt, was insbesondere für an das Kindergeld anknüpfende Annexleistungen im außersteuerlichen Bereich von Bedeutung ist.“ 32Aus Sicht des Senats spricht mehr dafür, dass der Gesetzgeber von einer Geltung der Regelung im Festsetzungsverfahren ausging. Dafür sprechen vor allem die Bezugnahme auf die Festsetzungsverjährungsfristen und der Hinweis im letzten Absatz der Begründung, dass „der materiell-rechtliche Anspruch“ – und nicht etwa: „die Festsetzung“ – unberührt bleibe. Auch die Entscheidung, die Vorschrift wortlautgleich zur ehemaligen Fassung zu erlassen, deutet vor dem Hintergrund der dazu ergangenen Rechtsprechung auf einen solchen Willen hin. Die Aussage, dass die „Regelung bewirkt, dass das Kindergeld über die zurückliegenden Monate hinaus nicht mehr zur Auszahlung gelangen kann“, ist kein eindeutiger Hinweis auf eine Zuordnung zum Erhebungsverfahren. Denn der Begriff der „Auszahlung“ ist zwar ein Begriff des Erhebungsverfahrens (§ 70 Abs. 1 EStG). Schon die amtliche Überschrift des § 70 EStG verwendet aber den Begriff „Zahlung“, der – wie oben dargestellt – als Gesetzesbegriff auch im Festsetzungsverfahren Verwendung findet. Angesichts dieser nicht trennscharfen Begriffsverwendungen seitens des Gesetzgebers ist keineswegs ausgeschlossen, dass mit der Beschränkung der „Auszahlung“ lediglich das Ziel formuliert werden sollte, dass ein Antragssteller unabhängig von der verfahrenstechnischen Einordnung letztlich kein Kindergeld für mehr als sechs Monate zurückliegende Zeiträume erhalten soll. Zudem hat der Gesetzgeber im Text des § 66 Abs. 3 EStG nicht den Begriff der Auszahlung, sondern der Zahlung gewählt. 33Die Stellung der Vorschrift spricht ebenfalls für eine Zuordnung zum Festsetzungsverfahren. Das Gericht schließt sich insoweit den Ausführungen des FG Niedersachsen in den Entscheidungen vom 25.09.2018 und 25.10.2018 (a.a.O.) an. 34Diese Auslegung steht auch nicht im Widerspruch zum Sinn und Zweck der Vorschrift. § 66 Abs. 3 EStG soll vor allem verhindern, dass „für einen mehrjährigen Zeitraum in der Vergangenheit rückwirkend Kindergeld ausgezahlt werden kann“. Dieses Regelungsziel wird aber sowohl durch eine Festsetzungsbeschränkung als auch durch eine Auszahlungsbeschränkung erreicht. 35Die Nachzahlungsverfügungen, die als eigenständige Verwaltungsakte mit den Festsetzungen in einem Bescheid verbunden waren, waren aufzuheben, weil sie nach dem oben Ausgeführten einer Rechtsgrundlage entbehren. Das Gericht geht nicht davon aus, dass die Regelung zur Nachzahlung in den Bescheiden zur Festsetzung von Kindergeld als Abrechnungsbescheide – mit der Folge, dass sie nicht aufzuheben, sondern zu ändern wären – anzusehen sind (a.A. FG Niedersachen, Urteil vom 25.10.2018, a.a.O.). Denn nach § 218 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) entscheidet die Finanzbehörde bei Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche im Sinne des § 218 Abs. 1 AO Absatzes 1 durch Abrechnungsbescheid. Der Nachzahlungsverfügung ging aber keine solche Streitigkeit voraus. Nach Auffassung des Gerichts kann diese Frage nicht offenbleiben (so aber FG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 10. April 2019 – 10 K 3589/18 Kg –, juris), weil in der Nachzahlungsverfügung nur über die Frage der Auszahlungssperre des § 66 Abs. 3 EStG entschieden wurde, in einem Abrechnungsbescheid aber über die Feststellung von Zahlungsverpflichtungen am Stichtag insgesamt entschieden wird. 36Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 66 Abs. 3 EStG und die geltend gemachten Billigkeitsgründe sind im Streitfall nicht entscheidungserheblich. 37Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 1, 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. 38Die Revision war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO) zuzulassen, weil in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen zu der Frage vertreten werden, ob über die Auszahlungsbeschränkung durch Abrechnungsbescheid entschieden werden muss (so FG Niedersachsen, Urteil vom 25.10.2018, a.a.O.; a.A. FG Niedersachsen, Urteil vom 25.09.2018, a.a.O.; FG München, Urteil vom 12.03.2019, a.a.O..; FG Nürnberg, Urteil vom 08.05.2019, a.a.O.) und ob in der mit dem Festsetzungsbescheid verbundenen Nachzahlungsverfügung ein Abrechnungsbescheid gesehen werden kann (so FG Niedersachsen, Urteil vom 25.10.2018, a.a.O.). | die bescheide vom 21.01.2019 in gestalt der einspruchsentscheidungen vom 25.03.2019 werden dahingehend geändert, dass ein restbetrag von 8.616 eur für das kind i. und ein restbetrag von 1.206 eur für das kind q. auszuzahlen ist. die bescheide vom 02.05.2018 in gestalt der einspruchsentscheidungen vom 15.06.2018 werden insoweit aufgehoben, als sie die nachzahlung des festgesetzten kindergelds regeln. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. die zuziehung eines bevollmächtigten für das vorverfahren wird für notwendig erklärt. das urteil ist wegen der kosten ohne sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. die beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages abwenden, soweit nicht die klägerin zuvor sicherheit in höhe des vollstreckbaren betrages leistet. die revision wird zugelassen. 1 | 2die beteiligten streiten darüber, ob der auszahlung des kindergelds § 66 abs. 3 einkommensteuer (estg) entgegensteht. 3die klägerin ist mutter von i. (geboren 1995) und q. (geboren 1997). 4mit am 23.04.2018 bei der beklagten eingegangenem schreiben beantragte die klägerin kindergeld und legte für das erste kind studienbescheinigungen ab dem wintersemester 2014 und für das zweite kind ab dem sommersemester 2017 vor. 5die beklagte setzte kindergeld für das erste kind mit bescheid vom 02.05.2018 ab oktober 2014 fest. unter der überschrift „nachzahlung“ hieß es im bescheid, dass aufgrund der änderung des § 66 abs. 3 estg anträge, die nach dem 31.12.2017 eingehen, nur zu einer nachzahlung für die letzten sechs monate vor antragseingang führen könnten. dementsprechend sei nur das ab oktober 2017 festgesetzte kindergeld auszuzahlen. entsprechend wurde mit bescheid vom gleichen tag kindergeld für das zweite kind ab april 2017 festgesetzt, die auszahlung aber ebenfalls auf das kindergeld für den zeitraum ab oktober 2017 begrenzt. 6mit den am 18.05.2018 erhobenen, gegen die „nachzahlung“ gerichteten einsprüchen trug die klägerin vor: die rückwirkende änderung sei verfassungswidrig; jedenfalls aber sei die vorschrift vorliegend nicht einschlägig. sie habe in schutzwürdiger weise auf die verjährungsfrist von vier jahren vertraut; diese frist sei in einem von der beklagten übersandten merkblatt mit dem stand „januar 2015“ ausgewiesen. im übrigen sei sie 2014 vom hochwasser betroffen gewesen; die renovierungen hätten bis ende 2015 gedauert. bis mai 2016 habe sie sich um ihre chronisch kranke mutter gekümmert. sie sei von juni 2016 bis april 2017 selbst erkrankt und sei bis september 2017 in einer reha-maßnahme gewesen. sie kümmere sich auch um ihre pflegebedürftige tante. 7die familienkassen hätten die möglicherweise berechtigten über die gesetzesänderung informieren müssen; die familienkassen des öffentlichen dienstes hätten dies auch getan. 8den anträgen sei mithin aus billigkeitsgründen stattzugeben. 9mit einspruchsentscheidungen vom 15.06.2018 wurden die einsprüche als unbegründet zurückgewiesen. § 66 abs. 3 estg sei verfassungsgemäß; davon sei auch der bundesfinanzhof (bfh) in der früheren fassung des § 66 abs. 3 estg ausgegangen. es handele sich nicht um eine echte rückwirkung. 10es bestehe kein vertrauensschutz der klägerin, weil die beklagte nicht zur beratung und zur anregung des stellens von anträgen verpflichtet sei. 11schließlich komme eine korrektur aus billigkeitsgründen nicht in betracht. eine solche korrektur sei nur in im streitfall nicht vorliegenden ausnahmekonstellationen geboten. 12gegen diese einspruchsentscheidungen richtet sich die am 06.07.2018 eingegangene klage. 13nach einem hinweis des berichterstatters, wonach bei streit über die auszahlung des festgesetzten kindergeldanspruchs durch abrechnungsbescheid zu entscheiden sei, beantragte die klägerin den erlass zweier abrechnungsbescheide. gegen die abrechnungsbescheide vom 21.01.2019 legte die klägerin am 28.01.2019 einsprüche ein, die am 25.03.2019 als unbegründet zurückgewiesen wurden. die begründung entsprach im wesentlichen der begründung der einspruchsentscheidungen vom 15.06.2018. die am 28.03.2019 erhobene klage (aktenzeichen 8 k 947/19 kg) hat das gericht mit beschluss vom 28.05.2019 mit dem hiesigen verfahren verbunden. 14die klägerin beantragt (sinngemäß), 15die bescheide vom 21.01.2019 in gestalt der einspruchsentscheidungen vom 25.03.2019 dahingehend zu ändern, dass ein restbetrag von 8.616 eur für das kind i. und ein restbetrag von 1.206 eur für das kind q. auszuzahlen ist, und die bescheide vom 02.05.2018 in gestalt der einspruchsentscheidungen vom 15.06.2018 insoweit aufzuheben, als sie die nachzahlung der festgesetzten beträge regeln; 16die zuziehung eines bevollmächtigten für das vorverfahren für notwendig zu erklären. 17die beklagte beantragt, 18die klage abzuweisen. 19die beklagte stützt sich auf ihre ausführungen im einspruchsverfahren. 20die beklagte hat mit schreiben vom 11.07.2018 und die klägerin hat mit schreiben vom 01.08.2019 auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet. 21 | 22die zulässige klage, über die das gericht gemäß § 90 abs. 2 der finanzgerichtsordnung ohne mündliche verhandlung entscheidet, ist begründet. die angefochtenen bescheide sind rechtswidrig und verletzen die klägerin in ihren rechten, § 100 abs. 1 satz 1 fgo. 23die abrechnungsbescheide vom 21.01.2019 in gestalt der einspruchsentscheidungen vom 25.03.2019 setzen zu unrecht einen nicht auszahlbaren restbetrag in höhe von 8.616 eur für das kind i. und in höhe von 1.206 eur für das kind q. an. 24§ 66 abs. 3 estg ist keine rechtsgrundlage für die erfolgte auszahlungsbegrenzung. 25nach § 66 abs. 3 estg wird das kindergeld rückwirkend nur für sechs monate vor beginn des monats gezahlt wird, in dem der antrag auf kindergeld eingegangen ist. 26die vorschrift ist im streitfall anwendbar. gemäß § 52 abs. 49a satz 7 estg gilt die vorschrift für anträge, die – wie im streitfall – nach dem 31. dezember 2017 eingehen. die regelung findet im streitfall noch anwendung. art. 9 des gesetzes gegen illegale beschäftigung und sozialleistungsmissbrauch vom 11.07.2019 (bundesgesetzblatt i 2019, s. 1066), mit dem § 66 abs. 3 estg aufgehoben und durch die sätze 2 und 3 zu § 70 abs. 1 estg ersetzt wurde, findet erst auf anträge anwendung, die nach dem 18.07.2019 eingehen. 27die vorschrift ist jedoch nicht im auszahlungsverfahren (oder synonym: im erhebungsverfahren), sondern im festsetzungsverfahren anzuwenden. dies folgt aus der auslegung der norm: 28der wortlaut der vorschrift („gezahlt“) gebietet keine zuordnung zum auszahlungsverfahren. der ausdruck „gezahlt“ wird ebenfalls in anderen vorschriften der §§ 62 ff. estg benutzt, die eindeutig das festsetzungsverfahren regeln (etwa §§ 64 abs. 1, 65 abs. 1, 66 abs. 2 estg; vgl. finanzgericht [fg] niedersachsen, urteil vom 25.10.2018 – 10 k 141/18 –, juris; urteil vom 25.09.2018 – 8 k 95/18 –, juris; fg nürnberg, urteil vom 08.05.2019 – 3 k 193/19 –, juris; fg münchen, urteil vom 12.03.2019 – 5 k 2912/18 –, juris). im auszahlungsverfahren ist zumeist nicht von „zahlen“, sondern von „auszahlen“ die rede (§§ 70 abs. 1, 74 abs. 1 estg; vgl. aber die die amtliche überschrift des § 70: „festsetzung und zahlung“). in diesem zusammenhang ist überdies von bedeutung, dass § 66 abs. 3 estg in stellung und wortlaut identisch mit der bis ende 1997 geltenden fassung des § 66 abs. 3 estg ist. mit blick auf die bis ende 1997 geltende fassung hat der bfh mehrfach entschieden, dass diese materiell-rechtliche wirkung entfaltet (vgl. fg niedersachsen, urteil vom 25.10.2018, a.a.o., m.w.n. aus der rechtsprechung des bfh). vor diesem hintergrund liegt es nahe, dass die erneut erlassene vorschrift ebenfalls dem festsetzungsverfahren zuzuordnen ist (ebenso fg münchen, urteil vom 12.03.2019, a.a.o.). 29der wille des gesetzgebers beim erlass der streitgegenständlichen fassung ist nicht eindeutig (fg niedersachsen, urteil vom 25.10.2018, a.a.o.; urteil vom 25.09.2018, a.a.o.; fg nürnberg, urteil vom 08.05.2019, a.a.o.). in der gesetzesbegründung heißt es (bundestagsdrucksache 18/12127, seite 62): 30„die regelung soll verhindern, dass für einen mehrjährigen zeitraum in der vergangenheit rückwirkend kindergeld ausgezahlt werden kann. abweichend von der regulären festsetzungsfrist von vier jahren gemäß § 169 der abgabenordnung sieht die regelung vor, dass kindergeld nur noch sechs monate rückwirkend ausgezahlt werden kann. das kindergeld soll von seiner zwecksetzung her im laufenden kalenderjahr die steuerliche freistellung des existenzminimums eines kindes sicherstellen. hierfür ist eine mehrjährige rückwirkung aber nicht erforderlich, da anträge auf kindergeld regelmäßig zeitnah gestellt werden. in fällen, in denen das kindergeld vollständig der familienförderung im sinne des § 31 satz 2 estg dient, ist ein gleichklang mit der steuerlichen festsetzungsfrist ebenfalls nicht erforderlich. 31die regelung bewirkt, dass das kindergeld über die zurückliegenden sechs monate hinaus nicht mehr zur auszahlung gelangen kann. der materiell-rechtliche anspruch wird hierdurch nicht berührt, was insbesondere für an das kindergeld anknüpfende annexleistungen im außersteuerlichen bereich von bedeutung ist.“ 32aus sicht des senats spricht mehr dafür, dass der gesetzgeber von einer geltung der regelung im festsetzungsverfahren ausging. dafür sprechen vor allem die bezugnahme auf die festsetzungsverjährungsfristen und der hinweis im letzten absatz der begründung, dass „der materiell-rechtliche anspruch“ – und nicht etwa: „die festsetzung“ – unberührt bleibe. auch die entscheidung, die vorschrift wortlautgleich zur ehemaligen fassung zu erlassen, deutet vor dem hintergrund der dazu ergangenen rechtsprechung auf einen solchen willen hin. die aussage, dass die „regelung bewirkt, dass das kindergeld über die zurückliegenden monate hinaus nicht mehr zur auszahlung gelangen kann“, ist kein eindeutiger hinweis auf eine zuordnung zum erhebungsverfahren. denn der begriff der „auszahlung“ ist zwar ein begriff des erhebungsverfahrens (§ 70 abs. 1 estg). schon die amtliche überschrift des § 70 estg verwendet aber den begriff „zahlung“, der – wie oben dargestellt – als gesetzesbegriff auch im festsetzungsverfahren verwendung findet. angesichts dieser nicht trennscharfen begriffsverwendungen seitens des gesetzgebers ist keineswegs ausgeschlossen, dass mit der beschränkung der „auszahlung“ lediglich das ziel formuliert werden sollte, dass ein antragssteller unabhängig von der verfahrenstechnischen einordnung letztlich kein kindergeld für mehr als sechs monate zurückliegende zeiträume erhalten soll. zudem hat der gesetzgeber im text des § 66 abs. 3 estg nicht den begriff der auszahlung, sondern der zahlung gewählt. 33die stellung der vorschrift spricht ebenfalls für eine zuordnung zum festsetzungsverfahren. das gericht schließt sich insoweit den ausführungen des fg niedersachsen in den entscheidungen vom 25.09.2018 und 25.10.2018 (a.a.o.) an. 34diese auslegung steht auch nicht im widerspruch zum sinn und zweck der vorschrift. § 66 abs. 3 estg soll vor allem verhindern, dass „für einen mehrjährigen zeitraum in der vergangenheit rückwirkend kindergeld ausgezahlt werden kann“. dieses regelungsziel wird aber sowohl durch eine festsetzungsbeschränkung als auch durch eine auszahlungsbeschränkung erreicht. 35die nachzahlungsverfügungen, die als eigenständige verwaltungsakte mit den festsetzungen in einem bescheid verbunden waren, waren aufzuheben, weil sie nach dem oben ausgeführten einer rechtsgrundlage entbehren. das gericht geht nicht davon aus, dass die regelung zur nachzahlung in den bescheiden zur festsetzung von kindergeld als abrechnungsbescheide – mit der folge, dass sie nicht aufzuheben, sondern zu ändern wären – anzusehen sind (a.a. fg niedersachen, urteil vom 25.10.2018, a.a.o.). denn nach § 218 abs. 2 satz 1 der abgabenordnung (ao) entscheidet die finanzbehörde bei streitigkeiten, die die verwirklichung der ansprüche im sinne des § 218 abs. 1 ao absatzes 1 durch abrechnungsbescheid. der nachzahlungsverfügung ging aber keine solche streitigkeit voraus. nach auffassung des gerichts kann diese frage nicht offenbleiben (so aber fg düsseldorf, gerichtsbescheid vom 10. april 2019 – 10 k 3589/18 kg –, juris), weil in der nachzahlungsverfügung nur über die frage der auszahlungssperre des § 66 abs. 3 estg entschieden wurde, in einem abrechnungsbescheid aber über die feststellung von zahlungsverpflichtungen am stichtag insgesamt entschieden wird. 36die frage der verfassungsmäßigkeit der regelung des § 66 abs. 3 estg und die geltend gemachten billigkeitsgründe sind im streitfall nicht entscheidungserheblich. 37die kostenentscheidung beruht auf § 135 abs. 1 fgo, die entscheidung über die notwendigkeit der zuziehung eines bevollmächtigten für das vorverfahren auf § 139 abs. 3 satz 3 fgo und die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit auf § 151 abs. 1, 3 fgo i.v.m. §§ 708 nr. 10, 711 der zivilprozessordnung. 38die revision war zur sicherung einer einheitlichen rechtsprechung (§ 115 abs. 2 nr. 2 alt. 2 fgo) zuzulassen, weil in der finanzgerichtlichen rechtsprechung unterschiedliche auffassungen zu der frage vertreten werden, ob über die auszahlungsbeschränkung durch abrechnungsbescheid entschieden werden muss (so fg niedersachsen, urteil vom 25.10.2018, a.a.o.; a.a. fg niedersachsen, urteil vom 25.09.2018, a.a.o.; fg münchen, urteil vom 12.03.2019, a.a.o..; fg nürnberg, urteil vom 08.05.2019, a.a.o.) und ob in der mit dem festsetzungsbescheid verbundenen nachzahlungsverfügung ein abrechnungsbescheid gesehen werden kann (so fg niedersachsen, urteil vom 25.10.2018, a.a.o.). | Klaeger*in | 1 |
126,681 | 21 K 7126/15.A | 2016-01-27T00:00:00 | Urteil | Tenor Soweit die Klage zurückgenommen ist, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1 2Tatbestand: 3Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes gemäß § 11 Abs. 1 und Abs. 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). 4Der am 00.00.1987 geborene Kläger ist albanischer Staatsbürger und beantragte am 18. Juni 2015 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) die Anerkennung als Asylberechtigter. Albanien habe er im Jahr 2014 verlassen und sei zunächst nach Schweden gereist, wo er am 27. Dezember 2014 angekommen sei. In Schweden lebe sein Bruder. Dort habe er sich aufgehalten, bis er am 4. Juni 2015 mit einem Bus in das Bundesgebiet eingereist sei. Seine persönliche Anhörung beim Bundesamt fand am 22. Juni 2015 statt. Zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, sein Leben sei bedroht, da er sich mit mehreren Personen in Blutrache befinde. 5Mit Schreiben vom 5. Oktober 2015 hörte das Bundesamt den Kläger zu möglichen Tatsachen an, die bei einer Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes als schutzwürdige Belange zu berücksichtigen seien. Daraufhin wiederholte der Kläger noch einmal schriftlich seinen Vortrag, er sei in Albanien von Blutrache bedroht und übermittelte dem Bundesamt mehrere Dokumente mit Informationen über einen von ihm in Albanien verursachten Verkehrsunfall mit Personenschaden, welcher u.a. der Auslöser für die Blutrache gewesen sein soll sowie einige allgemeine Dokumente über Blutrachefehden in Albanien. 6Mit Bescheid vom 13. Oktober 2015 lehnte das Bundesamt sowohl den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1 des Bescheides) als auch den Antrag auf Asylanerkennung (Ziffer 2 des Bescheides) und den Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes (Ziffer 3 des Bescheides) als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4 des Bescheides). Der Bescheid enthielt weiterhin die Aufforderung an den Kläger, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche zu verlassen. Für den Fall, der Missachtung der Ausreiseverpflichtung wurde die Abschiebung nach Albanien angedroht (Ziffer 5 des Bescheides). Schließlich wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6 des Bescheides). 7Hiergegen hat der Kläger am 23. Oktober 2015 Klage erhoben und – erfolglos – um gerichtlichen Eilrechtsschutz nachgesucht. Die Einzelrichterin hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15. Dezember 2015 abgewiesen. Auf den Antrag des Klägers vom 4. Januar 2016 wurde die mündliche Verhandlung am 27. Januar 2016 durchgeführt. 8Die Prozessbevollmächtigte des Klägers gab in der mündlichen Verhandlung an, dass der Kläger zwischenzeitlich nach Albanien abgeschoben worden sei. Weiterhin hat sie das Klagebegehren auf die Befristungsentscheidung gemäß Ziffer 6 des Bescheides des Bundesamtes vom 13. Oktober 2015 beschränkt und im Übrigen die Klage zurückgenommen. Zur Begründung des verbleibenden Klagebegehrens wird vorgetragen, das Einreise- und Aufenthaltsverbot werde im Schengener Informationssystem eingetragen. Es stelle daher faktisch ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für das gesamte Gebiet der Schengen-Staaten dar. Bei der Befristungsentscheidung sei nicht beachtet worden, dass der Bruder des Klägers in Schweden lebe. Bei einer strafrechtlichen Verurteilung sei ein Einreise- und Aufenthaltsverbot von fünf Jahren vorgesehen. Im Vergleich dazu sei die vorgenommene Befristung auf 30 Monate als Sanktion für das Stellen eines unbegründeten Asylantrags unangemessen hoch. Die Beklagte habe nicht die im Hinblick auf die Befristung erforderliche Einzelfallentscheidung getroffen. Dies sei mit Art. 11 Abs. 2 der Rückführungsrichtlinie nicht vereinbar. Zudem habe die Beklagte ihr Ermessen nicht ausgeübt. Ihre Ausführungen, es gebe keine Anhaltspunkte für eine kürzere Bemessung der Einreise- und Aufenthaltsbefristung stellten keine ordnungsgemäße Ermessensbetätigung dar. 9Der Kläger beantragt, 10die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 6 des Bescheides des Bundesamtes vom 13. Oktober 2015 zu verpflichten, die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbotes gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf drei Monate zu befristen. 11hilfsweise, 12die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 6 des Bescheides des Bundesamtes vom 13. Oktober 2015 zu verpflichten, die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbotes gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf weniger als 30 Monate, bestenfalls auf null, zu befristen. 13Die Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs und der Gerichtsakte zum Verfahren 21 L 3504/15.A. 16Entscheidungsgründe: 17Hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage war das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen. Im Übrigen ist sie zulässig aber unbegründet. 18Die Klage ist zulässig. 19Insbesondere ist das erkennende Gericht örtlich zuständig und befugt, in der Sache zu entscheiden. Die Sache war nicht an das für den Sitz des Bundesamtes zuständige Verwaltungsgericht zu verweisen. 20Gemäß § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO ist in Streitigkeiten nach dem Asylgesetz (AsylG) das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat. Bei der vom Kläger begehrten Entscheidung über eine Verringerung der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot handelt es sich um eine Streitigkeit in diesem Sinne, da gemäß § 83c AsylG die Bestimmungen des 9. Abschnitts des AsylG sowie § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO auch auf Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen des Bundesamtes nach § 75 Nr. 12 AufenthG – Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes – anzuwenden sind. Der Anwendbarkeit des § 83c AsylG steht nicht entgegen, dass dieser erst am 24. Oktober 2015 und damit nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides in Kraft getreten ist. Gemäß § 77 Abs. 1 AsylG stellt das Gericht für seine Entscheidung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab. 21Unabhängig davon war die Entscheidung über die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auch bereits vor der mit § 83c AsylG vorgenommenen gesetzlichen Klarstellung, 22vgl. die Gesetzesbegründung zur Einführung des § 83c, wonach es sich ausdrücklich nur um eine Klarstellung handelt, BT-Drs. 18/6185, S. 36, 23spätestens seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung am 1. August 2015 als Streitigkeit nach dem Asylgesetz zu verstehen. Der untrennbare Zusammenhang zwischen der Befristungsentscheidung und der ausdrücklich im Asylgesetz geregelten Entscheidung über die Abschiebungsandrohung rechtfertigte es bereits vor Inkrafttreten des § 83c AsylG, über beide Entscheidungen in einem gemeinsamen verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu verhandeln und zu entscheiden. Eine Aufspaltung des Verfahrens in einen asylrechtlichen Teil und einen ausländerrechtlichen Teil hätte dem mit der Neuregelung des § 11 AufenthG u.a. verfolgten Ziel der Verfahrensbeschleunigung diametral entgegen gestanden, 24vgl. hierzu die überzeugenden Ausführungen des VG Oldenburg, Beschluss vom 2. Oktober 2015 ‑ 5 B 3636/15 ‑ sowie die Ausführungen des BVerwG, Beschluss vom 6. März 1996 ‑ 9 B 714/95 ‑, juris Rn. 5 zu dem wortgleichen Tatbestandsmerkmal in § 78 AsylG; a.A. VG Regensburg, Beschluss vom 10. September 2015 ‑ RO 9 K 15/1357 ‑; juris. 25Der Kläger wurde mit Zuweisungsbescheid vom 24. Juni 2015 der Stadt E. zugewiesen, so dass das Verwaltungsgericht Düsseldorf gemäß § 17 Nr. 3 des Gesetzes über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen (JustG NRW) örtlich zuständig ist. 26Die Klage ist jedoch unbegründet. Ziffer 6 des Bescheides des Bundesamtes vom 13. Oktober 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Er hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf die Dauer von drei Monaten (Hauptantrag) noch einen Anspruch auf Neubescheidung mit der Maßgabe, das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf weniger als 30 Monaten, bestenfalls auf null Monate (Hilfsantrag), zu befristen. 27Gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen. Er darf sich weder darin aufhalten noch darf ihm selbst im Falle eines Anspruchs nach dem AufenthG ein Aufenthaltstitel erteilt werden (Einreise- und Aufenthaltsverbot). Dieses Verbot ist gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zu befristen. Über die Länge der Frist ist gemäß § 11 Abs. 3 AufenthG nach Ermessen zu entschieden. Sie darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. 28Gemessen an diesen Voraussetzungen hat der Kläger mit seinem Hauptantrag, die Beklagte zu verpflichten, das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 3 Monate zu befristen (Verpflichtungsbegehren), keinen Erfolg. Die Entscheidung über die Länge der Befristung steht gemäß § 11 Abs. 3 AufenthG im Ermessen der Behörde. Behördliche Ermessensentscheidungen sind durch das Gericht gemäß § 114 Satz 1 VwGO nur dahingehend überprüfbar, ob die Behörde ihre Erwägungen am Zweck der Ermessensermächtigung ausgerichtet und die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens nicht überschritten hat. Es ist dem Gericht grundsätzlich verwehrt, anstelle der Behörde eine andere, nach Auffassung des Gerichts bessere Entscheidung zu treffen. Wird festgestellt, dass die Ermessensentscheidung den Anforderungen des § 114 VwGO nicht genügt, ist der fehlerhafte Bescheid gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO aufzuheben und die Behörde zu einer Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten, 29W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 21. Aufl. 2015, § 114 Rn. 1a, 4 f. 30Eine Ausnahme hiervon kommt nur in Betracht, wenn angesichts der besonderen Umstände des zu entscheidenden konkreten Falles überhaupt nur eine einzige Ermessensentscheidung ermessensfehlerfrei sein kann und der Ermessensspielraum insofern „auf null“ reduziert ist, 31W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 21. Aufl. 2015, § 114 Rn. 6. 32Dafür ist hier indessen nichts ersichtlich. Dem Kläger steht folglich ein Anspruch auf eine konkrete von der Behörde noch zu treffende Entscheidung nicht zu, sondern allenfalls ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung. 33Auch das hilfsweise geltend gemachte Bescheidungsbegehren bleibt erfolglos. Gemessen an den Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 bis Abs. 3 AufenthG lässt die Entscheidung der Beklagten, das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate zu befristen, keine Ermessensfehler erkennen. 34Die Beklagte hat von ihrem Ermessen weder in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht noch die Grenzen des Ermessens überschritten. 35Die Bemessung der Frist nach § 11 Abs. 2 und Abs. 3 AufenthG erfolgt grundsätzlich in zwei Schritten. Im ersten Schritt ist prognostisch zu ermitteln, wann der Zweck der zu Grunde liegenden Maßnahme voraussichtlich erreicht sein wird. Sodann ist das so ermittelte Ergebnis an höherrangigem Recht, insbesondere Art. 2 und Art. 6 Grundgesetz (GG) und Art. 8 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) zu messen und die zur Zweckerreichung ermittelte Frist zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ggf. zu relativieren, 36vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2013 ‑ 1 C 14/12 ‑, juris, Rn. 14; Hailbronner, Kommentar für Ausländerrecht, 93. EL, November 2015, § 11 AufenthG, Rn. 80; Hofmann/Hoffmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 11 AufenthG, Rn. 42. 37Mit dem gesetzlich angeordneten Einreise- und Aufenthaltsverbot in § 11 Abs. 1 AufenthG verfolgt der Gesetzgeber im Fall der Abschiebung grundsätzlich den spezialpräventiven Zweck, den abgeschobenen Ausländer zur Beachtung des deutschen Aufenthaltsrechts im Allgemeinen und die Ausreisepflicht im Besonderen anzuhalten. Hierdurch soll (erneuter) Zwangsvollstreckungsbedarf verhindert werden. Das gesamte System effektiver Ein- und Ausreisekontrolle ist angesichts der beträchtlichen Zahl ein- und ausreisender Ausländer in hohem Maße auf freiwillige Beachtung angelegt, weil Abschiebungen angesichts des personellen, zeitlichen und finanziellen Aufwandes nicht in unbegrenztem Umfang geleistet werden können. Um dieses System nicht zu gefährden, kommt der freiwilligen Beachtung einer Ausreisepflicht erhebliche Bedeutung zu. Deshalb ist die Nichtbeachtung der Ausreisepflicht nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich zwingend mit der Fernhaltung vom Bundesgebiet zu sanktionieren, 38Hailbronner, Kommentar für Ausländerrecht, 93. EL, November 2015, § 11 AufenthG, Rn. 97. 39Darüber hinaus verfolgt die Abschiebesperrwirkung die generalpräventive Zielrichtung, auch andere ausreisepflichtige Ausländer von der Missachtung, Umgehung und Verzögerung der Ausreisepflicht abzuhalten und dadurch Zwangsmittel zu vermeiden, 40vgl. Hofmann/Hoffmann, Ausländerrecht, 2008, § 11 AufenthG, Rn. 13; Marx, Aufenthalts-, Asyl und Flüchtlingsrecht, 4. Aufl. 2011, § 11 Rn. 798 f. 41Es kann nicht festgestellt werden, dass die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 30 Monate mit diesem Zweck der Ermächtigung nicht vereinbar ist. Anhaltspunkte dafür, dass eine Frist von 30 Monaten ungeeignet ist, den Ausländer (künftig) zur Beachtung des Aufenthaltsrechts bzw. einer Ausreisepflicht anzuhalten, sind ebenso wenig erkennbar, wie Anhaltspunkte dafür, dass dieses Ziel bereits mit einer kürzeren Frist zu erreichen wäre. Dies gilt hier insbesondere, weil der Beklagten allein die Missachtung der Ausreisepflicht als entscheidungserhebliches Kriterium zur Verfügung stand und weitergehende Informationen für die Erstellung der Prognose nicht bekannt waren. Weder der Vortrag des Klägers noch sein bisheriges Verhalten – dieses bildet häufig die Tatsachengrundlage für die anzustellende Prognose – lieferten insoweit weitergehende Anhaltspunkte, auf welche die Beklagte ihre Prognose hätte stützen können. Angesichts dessen begegnet es keinen Bedenken, dass sich die Beklagte mangels berücksichtigungsfähiger Belange und ohne weitere Begründung an der Mitte des von § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG für den Regelfall aufgezeigten Rahmens von bis zu 5 Jahren orientiert hat, 42so auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 26. Januar 2016 ‑ 20 L 4078/15.A ‑, juris, Rn. 35; VG Bremen, Beschluss vom 5. Januar 2016 ‑ 5 V 2543/15 ‑, juris, Rn. 28; VG Oldenburg, Urteil vom 19. November 2015 ‑ 5 A 3452/15 ‑, juris. Rn. 35; im Ergebnis ebenso VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 30. November 2015 ‑ 13a L 2327/15.A ‑ und VG Saarland, Beschluss vom 13. Oktober 2015 ‑ 3 L 1431/15 ‑, a.A. VG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Dezember 2015 – 22 L 3629/15.A ‑, juris, Rn. 50. 43Nicht zu beanstanden ist weiterhin, dass die Beklagte im zweiten Schritt ihrer Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt ist, eine weitergehende Relativierung der Frist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sei nicht angezeigt. Anhaltspunkte für eine kürzere Befristung auf Grund schutzwürdiger Belange wurden weder vorgetragen noch waren diese für die Beklagte sonst ersichtlich. 44Ein solcher schutzwürdiger, entscheidungserheblicher Umstand kann insbesondere nicht darin gesehen werden, dass ein Bruder des Klägers nach seinen Angaben in Schweden lebt. Familiäre Bindungen eines Ausländers zu einer in einem anderen Land der Europäischen Union lebenden Person stellen für sich genommen und ohne Hinzutreten weiterer Umstände keinen ermessenserheblichen Belang dar. Ein solches Verständnis ist auch nicht vor dem Hintergrund geboten, dass die Familie sowohl verfassungsrechtlich (Art. 6 Abs. 1 GG) als auch europarechtlich (Art. 8 Abs. 1 EMRK) besonderen Schutz genießt. Familie in diesem Sinne ist nicht jede familiäre Bindung zwischen Personen sondern in erster Linie die tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zwischen Kindern und Eltern, die für diese Verantwortung tragen. Die Beziehungen zwischen anderen, erwachsenen Familienmitgliedern gebieten nur ausnahmsweise bei vorliegen besonderer Umstände eine abweichende Beurteilung. So kann die familiäre Bindung unter Geschwistern insbesondere dann zu berücksichtigen sein, wenn die Verwandtschaftsbeziehung durch die Übernahme von Verantwortung – ähnlich wie die zwischen Eltern und Kindern – ergänzt wird, z.B. wenn diese unter ihnen durch die Führung eines gemeinsamen Haushalts im gegenseitigen Beistand tatsächlich gelebt wird, 45so VG Hamburg, Beschluss vom 8. September 2006 ‑ 17 E 2495/06 ‑, juris Rn. 8. 46Dementsprechend sehen auch die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte für die Verhältnismäßigkeitsprüfung einer Ausweisungsmaßnahme entwickelten sogenannten Boultif/Üner Kriterien, die sich hier entsprechend heranziehen lassen, lediglich die Berücksichtigung von familiären Belangen zwischen Eltern und Kindern vor, 47vgl. zu den Boultif/Üner-Kriterien, Funke-Kaiser, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, 81. EL, Oktober 2015, § 11 AufenthG, Rn. 121. 48Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger zu seinem Bruder eine solche, von gegenseitiger Verantwortung füreinander geprägte Verwandtschaftsbeziehung hat. Vielmehr sprechen überwiegende Gründe dagegen. Der Bruder des Klägers lebte nach den Angaben des Klägers bereits im Jahr 2008 in Schweden. Folglich besteht seit längerem eine räumliche Trennung zwischen den Geschwistern. Weiterhin hat der Kläger seinen Asylantrag in Deutschland und nicht in Schweden gestellt. Wollte er mit seinem Bruder eine Verwandtschaftsbeziehung der vorgenannten Art begründen, hätte es nahe gelegen, in Schweden einen Asylantrag zu stellen, denn selbst ein in Deutschland positiv beschiedener Asylantrag hätte nicht die Möglichkeit geboten, eine familiäre Beziehung im vorgenannten Sinne zu begründen. Der Kläger und sein Bruder führen erkennbar jeweils ein eigenständiges Leben, so dass zum Kläger allenfalls das Verhältnis einer Begegnungsgemeinschaft besteht. Es ist nicht ersichtlich, dass die Begegnungsgemeinschaft zwischen dem Kläger und seinem Bruder nicht ohne weiteres durch entsprechende Besuche des Bruders im Herkunftsland des Klägers aufrechterhalten werden kann, 49so auch VG Koblenz, Urteil vom 11. November 2013 ‑ 3 K 1030/12.KO ‑, juris Rn. 67. 50Schließlich sind auch sonst keine besonderen Umstände vorgetragen oder ersichtlich, welche im Rahmen der Bemessung der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot zu berücksichtigen gewesen wären. 51Art. 11 der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) steht dem vorstehenden Ergebnis nicht entgegen. Dieser enthält mit Ausnahme der Überschreitung der grundsätzlich geltenden Fünfjahresfrist keine inhaltlichen Vorgaben bezüglich der Festsetzung der Dauer der Frist. Er schreibt lediglich die Berücksichtigung der jeweiligen Umstände im Einzelfall vor, 52Hailbronner, Kommentar für Ausländerrecht, 93. EL, November 2015, § 11 AufenthG, Rn. 76. 53Die von der Beklagten vorgenommene Befristung überschreitet die Fünfjahresfrist nicht. Zudem liegt kein Verstoß gegen die Pflicht zur Berücksichtigung der jeweiligen Umstände im Einzelfall vor. Insoweit ist ausreichend, dass die Beklagte fehlerfrei festgestellt hat, dass keine zu berücksichtigenden Einzelfallumstände vorgetragen wurden oder sonst ersichtlich sind. 54Schließlich hat die Beklage in dem angegriffenen Bescheid die Gründe für ihre Ermessensentscheidung gemäß § 39 Abs. 1 Satz 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) hinreichend erkennen lassen. Die in § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG normierte Begründungspflicht setzt voraus, dass die Gründe, die für die Entscheidung maßgeblich waren, zwar nicht in allen Einzelheiten, aber doch jedenfalls in den Grundzügen benannt werden. In jedem Fall muss aus der Begründung ersichtlich sein, dass die Behörde Ermessen ausgeübt und dabei die Interessen des Betroffenen berücksichtigt und abgewogen hat, von welchen Tatsachen sie ausgegangen ist und welchen rechtlichen Beurteilungsmaßstab sie angewandt hat, 55vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 26. Januar 2016 ‑ 20 L 4078/15.A ‑, juris, Rn. 24 mit Verweis auf Kopp/Ramsauer, VwVfG-Kommentar, 16. Aufl. 2015, § 39 Rn. 25 f. 56Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen im angefochtenen Bescheid der Beklagten. Das Bundesamt hat im Begründungsteil des Bescheides unter 6. ausdrücklich die Ermessensvorschrift des § 11 Abs. 3 AufenthG angeführt, dargelegt, dass die Befristung auf 30 Monate angemessen ist und festgestellt, dass weitere berücksichtigungsfähige Belange nicht vorgetragen wurden. Darüber hinausgehende Erwägungen waren schon deswegen nicht zu verlangen, weil der Antragsteller keine berücksichtigungsfähigen Tatsachen benannt hat, die im Rahmen einer Interessenabwägung hätten Berücksichtigung und sich in der Begründung hätten wiederfinden müssen. 57Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des zurückgenommenen Teils auf § 155 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 83b, 83c AsylG und im Übrigen auf § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 83b, 83c AsylG. 58Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG, § 83c AsylG. 59Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 84 Abs. 1 Satz 3, 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. | soweit die klage zurückgenommen ist, wird das verfahren eingestellt. im übrigen wird die klage abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte zuvor sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 2 | 3die beteiligten streiten über die rechtmäßigkeit der von der beklagten vorgenommenen befristung des einreise- und aufenthaltsverbotes gemäß § 11 abs. 1 und abs. 3 aufenthaltsgesetz (aufenthg). 4der am 00.00.1987 geborene kläger ist albanischer staatsbürger und beantragte am 18. juni 2015 beim bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) die anerkennung als asylberechtigter. albanien habe er im jahr 2014 verlassen und sei zunächst nach schweden gereist, wo er am 27. dezember 2014 angekommen sei. in schweden lebe sein bruder. dort habe er sich aufgehalten, bis er am 4. juni 2015 mit einem bus in das bundesgebiet eingereist sei. seine persönliche anhörung beim bundesamt fand am 22. juni 2015 statt. zu seinen fluchtgründen gab er im wesentlichen an, sein leben sei bedroht, da er sich mit mehreren personen in blutrache befinde. 5mit schreiben vom 5. oktober 2015 hörte das bundesamt den kläger zu möglichen tatsachen an, die bei einer befristung des einreise- und aufenthaltsverbotes als schutzwürdige belange zu berücksichtigen seien. daraufhin wiederholte der kläger noch einmal schriftlich seinen vortrag, er sei in albanien von blutrache bedroht und übermittelte dem bundesamt mehrere dokumente mit informationen über einen von ihm in albanien verursachten verkehrsunfall mit personenschaden, welcher u.a. der auslöser für die blutrache gewesen sein soll sowie einige allgemeine dokumente über blutrachefehden in albanien. 6mit bescheid vom 13. oktober 2015 lehnte das bundesamt sowohl den antrag auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft (ziffer 1 des bescheides) als auch den antrag auf asylanerkennung (ziffer 2 des bescheides) und den antrag auf gewährung subsidiären schutzes (ziffer 3 des bescheides) als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 aufenthg nicht vorliegen (ziffer 4 des bescheides). der bescheid enthielt weiterhin die aufforderung an den kläger, die bundesrepublik deutschland innerhalb einer woche zu verlassen. für den fall, der missachtung der ausreiseverpflichtung wurde die abschiebung nach albanien angedroht (ziffer 5 des bescheides). schließlich wurde das einreise- und aufenthaltsverbot gemäß § 11 abs. 1 aufenthg auf 30 monate ab dem tag der abschiebung befristet (ziffer 6 des bescheides). 7hiergegen hat der kläger am 23. oktober 2015 klage erhoben und – erfolglos – um gerichtlichen eilrechtsschutz nachgesucht. die einzelrichterin hat die klage mit gerichtsbescheid vom 15. dezember 2015 abgewiesen. auf den antrag des klägers vom 4. januar 2016 wurde die mündliche verhandlung am 27. januar 2016 durchgeführt. 8die prozessbevollmächtigte des klägers gab in der mündlichen verhandlung an, dass der kläger zwischenzeitlich nach albanien abgeschoben worden sei. weiterhin hat sie das klagebegehren auf die befristungsentscheidung gemäß ziffer 6 des bescheides des bundesamtes vom 13. oktober 2015 beschränkt und im übrigen die klage zurückgenommen. zur begründung des verbleibenden klagebegehrens wird vorgetragen, das einreise- und aufenthaltsverbot werde im schengener informationssystem eingetragen. es stelle daher faktisch ein einreise- und aufenthaltsverbot für das gesamte gebiet der schengen-staaten dar. bei der befristungsentscheidung sei nicht beachtet worden, dass der bruder des klägers in schweden lebe. bei einer strafrechtlichen verurteilung sei ein einreise- und aufenthaltsverbot von fünf jahren vorgesehen. im vergleich dazu sei die vorgenommene befristung auf 30 monate als sanktion für das stellen eines unbegründeten asylantrags unangemessen hoch. die beklagte habe nicht die im hinblick auf die befristung erforderliche einzelfallentscheidung getroffen. dies sei mit art. 11 abs. 2 der rückführungsrichtlinie nicht vereinbar. zudem habe die beklagte ihr ermessen nicht ausgeübt. ihre ausführungen, es gebe keine anhaltspunkte für eine kürzere bemessung der einreise- und aufenthaltsbefristung stellten keine ordnungsgemäße ermessensbetätigung dar. 9der kläger beantragt, 10die beklagte unter aufhebung von ziffer 6 des bescheides des bundesamtes vom 13. oktober 2015 zu verpflichten, die dauer des einreise- und aufenthaltsverbotes gemäß § 11 abs. 1 aufenthg auf drei monate zu befristen. 11hilfsweise, 12die beklagte unter aufhebung von ziffer 6 des bescheides des bundesamtes vom 13. oktober 2015 zu verpflichten, die dauer des einreise- und aufenthaltsverbotes gemäß § 11 abs. 1 aufenthg auf weniger als 30 monate, bestenfalls auf null, zu befristen. 13die beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen. 15wegen der weiteren einzelheiten zum sach- und streitstand wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs und der gerichtsakte zum verfahren 21 l 3504/15.a. 16 | 17hinsichtlich des zurückgenommenen teils der klage war das verfahren nach § 92 abs. 3 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) einzustellen. im übrigen ist sie zulässig aber unbegründet. 18die klage ist zulässig. 19insbesondere ist das erkennende gericht örtlich zuständig und befugt, in der sache zu entscheiden. die sache war nicht an das für den sitz des bundesamtes zuständige verwaltungsgericht zu verweisen. 20gemäß § 52 nr. 2 satz 3 vwgo ist in streitigkeiten nach dem asylgesetz (asylg) das verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen bezirk der ausländer nach dem asylgesetz seinen aufenthalt zu nehmen hat. bei der vom kläger begehrten entscheidung über eine verringerung der frist für das einreise- und aufenthaltsverbot handelt es sich um eine streitigkeit in diesem sinne, da gemäß § 83c asylg die bestimmungen des 9. abschnitts des asylg sowie § 52 nr. 2 satz 3 vwgo auch auf rechtsbehelfe gegen entscheidungen des bundesamtes nach § 75 nr. 12 aufenthg – befristung des einreise- und aufenthaltsverbotes – anzuwenden sind. der anwendbarkeit des § 83c asylg steht nicht entgegen, dass dieser erst am 24. oktober 2015 und damit nach erlass des streitgegenständlichen bescheides in kraft getreten ist. gemäß § 77 abs. 1 asylg stellt das gericht für seine entscheidung auf die sach- und rechtslage im zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung ab. 21unabhängig davon war die entscheidung über die befristung des einreise- und aufenthaltsverbots auch bereits vor der mit § 83c asylg vorgenommenen gesetzlichen klarstellung, 22vgl. die gesetzesbegründung zur einführung des § 83c, wonach es sich ausdrücklich nur um eine klarstellung handelt, bt-drs. 18/6185, s. 36, 23spätestens seit inkrafttreten des gesetzes zur neubestimmung des bleiberechts und der aufenthaltsbeendigung am 1. august 2015 als streitigkeit nach dem asylgesetz zu verstehen. der untrennbare zusammenhang zwischen der befristungsentscheidung und der ausdrücklich im asylgesetz geregelten entscheidung über die abschiebungsandrohung rechtfertigte es bereits vor inkrafttreten des § 83c asylg, über beide entscheidungen in einem gemeinsamen verwaltungsgerichtlichen verfahren zu verhandeln und zu entscheiden. eine aufspaltung des verfahrens in einen asylrechtlichen teil und einen ausländerrechtlichen teil hätte dem mit der neuregelung des § 11 aufenthg u.a. verfolgten ziel der verfahrensbeschleunigung diametral entgegen gestanden, 24vgl. hierzu die überzeugenden ausführungen des vg oldenburg, beschluss vom 2. oktober 2015 ‑ 5 b 3636/15 ‑ sowie die ausführungen des bverwg, beschluss vom 6. märz 1996 ‑ 9 b 714/95 ‑, juris rn. 5 zu dem wortgleichen tatbestandsmerkmal in § 78 asylg; a.a. vg regensburg, beschluss vom 10. september 2015 ‑ ro 9 k 15/1357 ‑; juris. 25der kläger wurde mit zuweisungsbescheid vom 24. juni 2015 der stadt e. zugewiesen, so dass das verwaltungsgericht düsseldorf gemäß § 17 nr. 3 des gesetzes über die justiz im land nordrhein-westfalen (justg nrw) örtlich zuständig ist. 26die klage ist jedoch unbegründet. ziffer 6 des bescheides des bundesamtes vom 13. oktober 2015 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 5 vwgo). er hat gegen die beklagte weder einen anspruch auf befristung des einreise- und aufenthaltsverbotes nach § 11 abs. 1 aufenthg auf die dauer von drei monaten (hauptantrag) noch einen anspruch auf neubescheidung mit der maßgabe, das einreise- und aufenthaltsverbot auf weniger als 30 monaten, bestenfalls auf null monate (hilfsantrag), zu befristen. 27gemäß § 11 abs. 1 aufenthg darf ein ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, nicht erneut in das bundesgebiet einreisen. er darf sich weder darin aufhalten noch darf ihm selbst im falle eines anspruchs nach dem aufenthg ein aufenthaltstitel erteilt werden (einreise- und aufenthaltsverbot). dieses verbot ist gemäß § 11 abs. 2 aufenthg zu befristen. über die länge der frist ist gemäß § 11 abs. 3 aufenthg nach ermessen zu entschieden. sie darf fünf jahre nur überschreiten, wenn der ausländer auf grund einer strafrechtlichen verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende gefahr für die öffentliche sicherheit und ordnung ausgeht. 28gemessen an diesen voraussetzungen hat der kläger mit seinem hauptantrag, die beklagte zu verpflichten, das einreise- und aufenthaltsverbot auf 3 monate zu befristen (verpflichtungsbegehren), keinen erfolg. die entscheidung über die länge der befristung steht gemäß § 11 abs. 3 aufenthg im ermessen der behörde. behördliche ermessensentscheidungen sind durch das gericht gemäß § 114 satz 1 vwgo nur dahingehend überprüfbar, ob die behörde ihre erwägungen am zweck der ermessensermächtigung ausgerichtet und die gesetzlichen grenzen ihres ermessens nicht überschritten hat. es ist dem gericht grundsätzlich verwehrt, anstelle der behörde eine andere, nach auffassung des gerichts bessere entscheidung zu treffen. wird festgestellt, dass die ermessensentscheidung den anforderungen des § 114 vwgo nicht genügt, ist der fehlerhafte bescheid gemäß § 113 abs. 5 satz 2 vwgo aufzuheben und die behörde zu einer neubescheidung unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts zu verpflichten, 29w.-r. schenke, in: kopp/schenke, vwgo-kommentar, 21. aufl. 2015, § 114 rn. 1a, 4 f. 30eine ausnahme hiervon kommt nur in betracht, wenn angesichts der besonderen umstände des zu entscheidenden konkreten falles überhaupt nur eine einzige ermessensentscheidung ermessensfehlerfrei sein kann und der ermessensspielraum insofern „auf null“ reduziert ist, 31w.-r. schenke, in: kopp/schenke, vwgo-kommentar, 21. aufl. 2015, § 114 rn. 6. 32dafür ist hier indessen nichts ersichtlich. dem kläger steht folglich ein anspruch auf eine konkrete von der behörde noch zu treffende entscheidung nicht zu, sondern allenfalls ein anspruch auf ermessensfehlerfreie bescheidung. 33auch das hilfsweise geltend gemachte bescheidungsbegehren bleibt erfolglos. gemessen an den voraussetzungen des § 11 abs. 1 bis abs. 3 aufenthg lässt die entscheidung der beklagten, das einreise- und aufenthaltsverbot auf 30 monate zu befristen, keine ermessensfehler erkennen. 34die beklagte hat von ihrem ermessen weder in einer dem zweck der ermächtigung nicht entsprechenden weise gebrauch gemacht noch die grenzen des ermessens überschritten. 35die bemessung der frist nach § 11 abs. 2 und abs. 3 aufenthg erfolgt grundsätzlich in zwei schritten. im ersten schritt ist prognostisch zu ermitteln, wann der zweck der zu grunde liegenden maßnahme voraussichtlich erreicht sein wird. sodann ist das so ermittelte ergebnis an höherrangigem recht, insbesondere art. 2 und art. 6 grundgesetz (gg) und art. 8 der konvention zum schutz der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk) zu messen und die zur zweckerreichung ermittelte frist zur wahrung der verhältnismäßigkeit der maßnahme ggf. zu relativieren, 36vgl. bverwg, urteil vom 13. dezember 2013 ‑ 1 c 14/12 ‑, juris, rn. 14; hailbronner, kommentar für ausländerrecht, 93. el, november 2015, § 11 aufenthg, rn. 80; hofmann/hoffmann, ausländerrecht, 2. aufl. 2016, § 11 aufenthg, rn. 42. 37mit dem gesetzlich angeordneten einreise- und aufenthaltsverbot in § 11 abs. 1 aufenthg verfolgt der gesetzgeber im fall der abschiebung grundsätzlich den spezialpräventiven zweck, den abgeschobenen ausländer zur beachtung des deutschen aufenthaltsrechts im allgemeinen und die ausreisepflicht im besonderen anzuhalten. hierdurch soll (erneuter) zwangsvollstreckungsbedarf verhindert werden. das gesamte system effektiver ein- und ausreisekontrolle ist angesichts der beträchtlichen zahl ein- und ausreisender ausländer in hohem maße auf freiwillige beachtung angelegt, weil abschiebungen angesichts des personellen, zeitlichen und finanziellen aufwandes nicht in unbegrenztem umfang geleistet werden können. um dieses system nicht zu gefährden, kommt der freiwilligen beachtung einer ausreisepflicht erhebliche bedeutung zu. deshalb ist die nichtbeachtung der ausreisepflicht nach dem willen des gesetzgebers grundsätzlich zwingend mit der fernhaltung vom bundesgebiet zu sanktionieren, 38hailbronner, kommentar für ausländerrecht, 93. el, november 2015, § 11 aufenthg, rn. 97. 39darüber hinaus verfolgt die abschiebesperrwirkung die generalpräventive zielrichtung, auch andere ausreisepflichtige ausländer von der missachtung, umgehung und verzögerung der ausreisepflicht abzuhalten und dadurch zwangsmittel zu vermeiden, 40vgl. hofmann/hoffmann, ausländerrecht, 2008, § 11 aufenthg, rn. 13; marx, aufenthalts-, asyl und flüchtlingsrecht, 4. aufl. 2011, § 11 rn. 798 f. 41es kann nicht festgestellt werden, dass die befristung des einreise- und aufenthaltsverbots auf 30 monate mit diesem zweck der ermächtigung nicht vereinbar ist. anhaltspunkte dafür, dass eine frist von 30 monaten ungeeignet ist, den ausländer (künftig) zur beachtung des aufenthaltsrechts bzw. einer ausreisepflicht anzuhalten, sind ebenso wenig erkennbar, wie anhaltspunkte dafür, dass dieses ziel bereits mit einer kürzeren frist zu erreichen wäre. dies gilt hier insbesondere, weil der beklagten allein die missachtung der ausreisepflicht als entscheidungserhebliches kriterium zur verfügung stand und weitergehende informationen für die erstellung der prognose nicht bekannt waren. weder der vortrag des klägers noch sein bisheriges verhalten – dieses bildet häufig die tatsachengrundlage für die anzustellende prognose – lieferten insoweit weitergehende anhaltspunkte, auf welche die beklagte ihre prognose hätte stützen können. angesichts dessen begegnet es keinen bedenken, dass sich die beklagte mangels berücksichtigungsfähiger belange und ohne weitere begründung an der mitte des von § 11 abs. 3 satz 2 aufenthg für den regelfall aufgezeigten rahmens von bis zu 5 jahren orientiert hat, 42so auch vg düsseldorf, beschluss vom 26. januar 2016 ‑ 20 l 4078/15.a ‑, juris, rn. 35; vg bremen, beschluss vom 5. januar 2016 ‑ 5 v 2543/15 ‑, juris, rn. 28; vg oldenburg, urteil vom 19. november 2015 ‑ 5 a 3452/15 ‑, juris. rn. 35; im ergebnis ebenso vg gelsenkirchen, beschluss vom 30. november 2015 ‑ 13a l 2327/15.a ‑ und vg saarland, beschluss vom 13. oktober 2015 ‑ 3 l 1431/15 ‑, a.a. vg düsseldorf, beschluss vom 14. dezember 2015 – 22 l 3629/15.a ‑, juris, rn. 50. 43nicht zu beanstanden ist weiterhin, dass die beklagte im zweiten schritt ihrer entscheidung zu dem ergebnis gelangt ist, eine weitergehende relativierung der frist aus gründen der verhältnismäßigkeit sei nicht angezeigt. anhaltspunkte für eine kürzere befristung auf grund schutzwürdiger belange wurden weder vorgetragen noch waren diese für die beklagte sonst ersichtlich. 44ein solcher schutzwürdiger, entscheidungserheblicher umstand kann insbesondere nicht darin gesehen werden, dass ein bruder des klägers nach seinen angaben in schweden lebt. familiäre bindungen eines ausländers zu einer in einem anderen land der europäischen union lebenden person stellen für sich genommen und ohne hinzutreten weiterer umstände keinen ermessenserheblichen belang dar. ein solches verständnis ist auch nicht vor dem hintergrund geboten, dass die familie sowohl verfassungsrechtlich (art. 6 abs. 1 gg) als auch europarechtlich (art. 8 abs. 1 emrk) besonderen schutz genießt. familie in diesem sinne ist nicht jede familiäre bindung zwischen personen sondern in erster linie die tatsächliche lebens- und erziehungsgemeinschaft zwischen kindern und eltern, die für diese verantwortung tragen. die beziehungen zwischen anderen, erwachsenen familienmitgliedern gebieten nur ausnahmsweise bei vorliegen besonderer umstände eine abweichende beurteilung. so kann die familiäre bindung unter geschwistern insbesondere dann zu berücksichtigen sein, wenn die verwandtschaftsbeziehung durch die übernahme von verantwortung – ähnlich wie die zwischen eltern und kindern – ergänzt wird, z.b. wenn diese unter ihnen durch die führung eines gemeinsamen haushalts im gegenseitigen beistand tatsächlich gelebt wird, 45so vg hamburg, beschluss vom 8. september 2006 ‑ 17 e 2495/06 ‑, juris rn. 8. 46dementsprechend sehen auch die vom europäischen gerichtshof für menschenrechte für die verhältnismäßigkeitsprüfung einer ausweisungsmaßnahme entwickelten sogenannten boultif/üner kriterien, die sich hier entsprechend heranziehen lassen, lediglich die berücksichtigung von familiären belangen zwischen eltern und kindern vor, 47vgl. zu den boultif/üner-kriterien, funke-kaiser, in: gemeinschaftskommentar zum aufenthaltsgesetz, 81. el, oktober 2015, § 11 aufenthg, rn. 121. 48es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der kläger zu seinem bruder eine solche, von gegenseitiger verantwortung füreinander geprägte verwandtschaftsbeziehung hat. vielmehr sprechen überwiegende gründe dagegen. der bruder des klägers lebte nach den angaben des klägers bereits im jahr 2008 in schweden. folglich besteht seit längerem eine räumliche trennung zwischen den geschwistern. weiterhin hat der kläger seinen asylantrag in deutschland und nicht in schweden gestellt. wollte er mit seinem bruder eine verwandtschaftsbeziehung der vorgenannten art begründen, hätte es nahe gelegen, in schweden einen asylantrag zu stellen, denn selbst ein in deutschland positiv beschiedener asylantrag hätte nicht die möglichkeit geboten, eine familiäre beziehung im vorgenannten sinne zu begründen. der kläger und sein bruder führen erkennbar jeweils ein eigenständiges leben, so dass zum kläger allenfalls das verhältnis einer begegnungsgemeinschaft besteht. es ist nicht ersichtlich, dass die begegnungsgemeinschaft zwischen dem kläger und seinem bruder nicht ohne weiteres durch entsprechende besuche des bruders im herkunftsland des klägers aufrechterhalten werden kann, 49so auch vg koblenz, urteil vom 11. november 2013 ‑ 3 k 1030/12.ko ‑, juris rn. 67. 50schließlich sind auch sonst keine besonderen umstände vorgetragen oder ersichtlich, welche im rahmen der bemessung der frist für das einreise- und aufenthaltsverbot zu berücksichtigen gewesen wären. 51art. 11 der richtlinie 2008/115/eg (rückführungsrichtlinie) steht dem vorstehenden ergebnis nicht entgegen. dieser enthält mit ausnahme der überschreitung der grundsätzlich geltenden fünfjahresfrist keine inhaltlichen vorgaben bezüglich der festsetzung der dauer der frist. er schreibt lediglich die berücksichtigung der jeweiligen umstände im einzelfall vor, 52hailbronner, kommentar für ausländerrecht, 93. el, november 2015, § 11 aufenthg, rn. 76. 53die von der beklagten vorgenommene befristung überschreitet die fünfjahresfrist nicht. zudem liegt kein verstoß gegen die pflicht zur berücksichtigung der jeweiligen umstände im einzelfall vor. insoweit ist ausreichend, dass die beklagte fehlerfrei festgestellt hat, dass keine zu berücksichtigenden einzelfallumstände vorgetragen wurden oder sonst ersichtlich sind. 54schließlich hat die beklage in dem angegriffenen bescheid die gründe für ihre ermessensentscheidung gemäß § 39 abs. 1 satz 3 verwaltungsverfahrensgesetz (vwvfg) hinreichend erkennen lassen. die in § 39 abs. 1 satz 3 vwvfg normierte begründungspflicht setzt voraus, dass die gründe, die für die entscheidung maßgeblich waren, zwar nicht in allen einzelheiten, aber doch jedenfalls in den grundzügen benannt werden. in jedem fall muss aus der begründung ersichtlich sein, dass die behörde ermessen ausgeübt und dabei die interessen des betroffenen berücksichtigt und abgewogen hat, von welchen tatsachen sie ausgegangen ist und welchen rechtlichen beurteilungsmaßstab sie angewandt hat, 55vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 26. januar 2016 ‑ 20 l 4078/15.a ‑, juris, rn. 24 mit verweis auf kopp/ramsauer, vwvfg-kommentar, 16. aufl. 2015, § 39 rn. 25 f. 56diesen anforderungen genügen die ausführungen im angefochtenen bescheid der beklagten. das bundesamt hat im begründungsteil des bescheides unter 6. ausdrücklich die ermessensvorschrift des § 11 abs. 3 aufenthg angeführt, dargelegt, dass die befristung auf 30 monate angemessen ist und festgestellt, dass weitere berücksichtigungsfähige belange nicht vorgetragen wurden. darüber hinausgehende erwägungen waren schon deswegen nicht zu verlangen, weil der antragsteller keine berücksichtigungsfähigen tatsachen benannt hat, die im rahmen einer interessenabwägung hätten berücksichtigung und sich in der begründung hätten wiederfinden müssen. 57die kostenentscheidung beruht hinsichtlich des zurückgenommenen teils auf § 155 abs. 2 vwgo i.v.m. §§ 83b, 83c asylg und im übrigen auf § 154 abs. 1 vwgo i.v.m. §§ 83b, 83c asylg. 58der gegenstandswert ergibt sich aus § 30 abs. 1 rvg, § 83c asylg. 59die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 84 abs. 1 satz 3, 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. | Verklagte*r | 0 |
172,001 | 14 K 2379/14 | 2014-08-14T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich gegen eine Fahrtenbuchauflage. 3Der Kläger ist Halter des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen E. -F. 0000. Mit diesem Fahrzeug wurde am 28.09.2013 um 05:55 Uhr außerhalb geschlossener Ortschaften in W. , L. Straße, L 116, in Fahrtrichtung W. die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 52 km/h (nach Toleranzabzug) überschritten. 4Unter dem 02.10.2013 übersandte der Kreis W. dem Kläger einen Anhörungsbogen nebst Radarfoto mit der Aufforderung, Angaben zur Person des verantwortlichen Fahrzeugführers zu machen. Der Kläger sandte den Anhörungsbogen unter dem 17.10.2013 an den Kreis W. zurück und gab an, nicht der verantwortliche Fahrzeugführer zu sein. Darüber hinausgehende Angaben, wer das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt geführt hat, wurden nicht gemacht. Daraufhin ersuchte der Kreis W. die Beklagte mit Schreiben vom 22.10.2013 und 06.11.2013 um Übersendung eines Personalausweis- bzw. Passfotos des Klägers zum Zwecke der Durchführung eines Lichtbildabgleichs. Die Beklagte übersandte das angeforderte Lichtbild des Klägers unter dem 13.11.2013. Nachdem eine Übereinstimmung mit dem Radarfoto nicht festgestellt werden konnte, ersuchte der Kreis W. die Beklagte mit Schreiben vom 19.11.2013 und 12.12.2013 um eine persönliche Anhörung des Klägers zu dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß. Die Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 09.12.2013 mit, dass der Kläger persönlich angehört worden sei. Er habe mitgeteilt, dass sein Fahrzeug von vielen Personen genutzt werde und er die Person auf dem Radarfoto nicht erkennen könne. Das gegen den Kläger eingeleitete Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde seitens des Kreises W. unter dem 18.12.2013 eingestellt, weil der Fahrzeugführer nicht ermittelt werden konnte. 5Mit Schreiben vom 27.01.2014 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Auferlegung eines Fahrtenbuches an. Daraufhin bestellten sich die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 31.01.2014 und beantragten unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht die Gewährung von Akteneinsicht. Nach gewährter Akteneinsicht wurde mit Schriftsatz vom 11.02.2014 mitgeteilt, der Kläger habe den Anhörungsbogen erst am 17.10.2013 erhalten, sich jedoch drei Wochen nach dem Verstoß nicht mehr daran erinnern können, wem er sein Fahrzeug im Tatzeitpunkt überlassen habe. Auch anhand des Lichtbildes könne er den Fahrer nicht identifizieren, was er bereits bei seiner persönlichen Anhörung im Dezember 2013 mitgeteilt habe. 6Mit Ordnungsverfügung vom 05.03.2014, mittels Postzustellungsurkunde zugestellt am 07.03.2014, verpflichtete die Beklagte den Kläger für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen E. -F. 0000 für die Dauer von 12 Monaten ab Bestandskraft der Ordnungsverfügung ein Fahrtenbuch zu führen. Für den Erlass der Ordnungsverfügung setzte sie eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 110,75 Euro fest und machte zugleich Auslagenersatz in Höhe von 2,51 Euro geltend. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, mit dem Fahrzeug des Klägers sei ein erheblicher Verkehrsverstoß begangen worden. Der begangene Geschwindigkeitsverstoß wäre bei rechtzeitiger Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers mit vier Punkten im Verkehrszentralregister und einem einmonatigen Fahrverbot geahndet worden. Angesichts der begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung von 52 km/h sei die Fahrtenbuchauflage rechtmäßig und genüge insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. 7Der Kläger hat am 07.04.2014 Klage erhoben. 8Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, die Ordnungsverfügung sei rechtswidrig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31a StVZO seien nicht erfüllt. Die Feststellung des Fahrzeugführers sei nicht unmöglich gewesen, weil er seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen und ein Ermittlungsdefizit der Ordnungswidrigkeitenbehörde gegeben sei. Er habe den Anhörungsbogen vom 02.10.2013 erst am 17.10.2013, mithin drei Wochen nach dem Verkehrsverstoß erhalten und unverzüglich angegeben, dass er nicht der Fahrer gewesen sei. Sofern er innerhalb von zwei Wochen nach dem Verkehrsverstoß angehört worden wäre, hätte er sicherlich noch die Möglichkeit gehabt sich zu erinnern, wem er das Fahrzeug am Tattag überlassen habe. Nach knapp drei Wochen sei ihm dies aber nicht mehr möglich. Anlässlich seiner persönlichen Anhörung Anfang Dezember 2013 habe er zudem mitgeteilt, dass sein Fahrzeug von vielen Personen genutzt werde und er die auf dem Radarfoto abgebildete Person nicht erkennen könne. Bei der Anhörung sei er auch nicht aufgefordert worden, die zur Nutzung seines Fahrzeuges berechtigten Personen näher zu spezifizieren. Der Außendienstmitarbeiter habe sich mit seiner Antwort zufriedengegeben. Folglich habe er nicht davon ausgehen müssen, von sich aus zu einer weiteren Auskunftserteilung verpflichtet zu sein. Er habe überdies zu keinem Zeitpunkt angedeutet, dass er nicht bereit sei, den in Betracht kommenden Personenkreis namentlich zu benennen. 9Der Kläger beantragt sinngemäß, 10die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 05.03.2014 aufzuheben. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung wiederholt und vertieft sie die Ausführungen in der streitbefangenen Ordnungsverfügung. Ergänzend führt sie aus, die unaufgeklärt gebliebene Ordnungswidrigkeit rechtfertige die Auferlegung eines Fahrtenbuches. Eine Feststellung des Fahrzeugführers innerhalb der Verjährungsfrist sei durch das Aussageverhalten des Klägers unmöglich gewesen. Den Halter eines Kraftfahrzeugs treffe die Obliegenheit, sachdienliche Angaben zur Ermittlung des Fahrzeugführers zu machen. Hierzu bedürfe es der vollständigen Offenlegung des Kreises der Personen, die für den Tatzeitpunkt als Führer des Fahrzeuges in Betracht kämen. Einer ausdrücklichen Nachfrage der zuständigen Behörde nach dem in Betracht kommenden Personenkreis bedürfe es nicht. Die Mitwirkungspflicht bestehe unabhängig davon, ob ein Foto vorliege oder nicht. Soweit der Fahrzeughalter den konkreten Fahrzeugführer nicht mit Sicherheit benennen könne, habe er zur Eingrenzung des möglichen Täterkreises jedenfalls mitzuteilen, ob das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt zu geschäftlichen oder zu privaten Zwecken benutzt worden sei und welche Personen als Fahrer in Betracht kommen. Dieser Obliegenheit sei der Kläger nicht nachgekommen. Er habe auf dem Anhörungsbogen lediglich angegeben, nicht der Fahrer zu sein. Bei der persönlichen Anhörung habe er den Kreis der zur Nutzung seines Fahrzeuges berechtigten Personen ebenfalls nicht namentlich benannt. Dies wäre ihm jedoch unabhängig von der Qualität des Radarfotos und des seit dem Verkehrsverstoß verstrichenen Zeitraumes möglich und zumutbar gewesen. Es habe keiner ausdrücklichen Frage des Außendienstmitarbeiters nach dem in Betracht kommenden Personenkreis bedurft. Infolgedessen habe der Kreis W. davon ausgehen dürfen, dass der Kläger nicht zu einer Mitwirkung an der Aufklärung der mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit bereit ist. Auch die mit dem Erlass der Ordnungsverfügung verbundene Gebührenfestsetzung sei rechtmäßig. 14Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 04.07.2014 mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Klage, über die der Berichterstatter als Einzelrichter und mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, bleibt ohne Erfolg. 18Die zulässige Klage ist unbegründet. 19Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 05.03.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 20Die Fahrtenbuchauflage findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 31a Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Hiernach kann die zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. 21Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt. 22Ein Verkehrsverstoß im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist gegeben. 23Der Kläger ist Halter des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen E. -F. 0000. Mit diesem Fahrzeug wurde am 28.09.2013 um 05:55 Uhr außerhalb geschlossener Ortschaften in W. , L. Straße, L 116, in Fahrtrichtung W. die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 52 km/h (nach Toleranzabzug) überschritten und damit ein Verkehrsverstoß im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO begangen. Bei diesem Geschwindigkeitsverstoß handelt es sich um eine Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß § 24 Straßenverkehrsgesetz (StVG), § 41 Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) i.V.m. Zeichen 274 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO, § 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, die gemäß lfd. Nr. 11.3.8 der Tabelle 1 lit. c) des Anhangs zu Ziffer 11 der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) im Regelfall mit einem Bußgeld von 240,00 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot bedroht ist. Die mit dem Fahrzeug des Klägers begangene Verkehrszuwiderhandlung wäre demnach bei rechtzeitiger Ermittlung des Fahrzeugführers innerhalb der dreimonatigen Verjährungsfrist (vgl. § 26 Abs. 3 StVG i.V.m. §§ 31 ff. OWiG) gemäß § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG i.V.m. Ziffer 4.3 der Anlage 13 zu § 40 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) in den hier maßgeblichen, bis zum 30.04.2014 geltenden Fassungen mit vier Punkten in das Verkehrszentralregister einzutragen gewesen. 24Die Beklagte ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Feststellung des Fahrzeugführers nach der vorgenannten Verkehrszuwiderhandlung gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht möglich war. 25Von einer Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist auszugehen, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Zu den angemessenen Maßnahmen gehört grundsätzlich auch, dass der Halter möglichst umgehend – im Regelfall innerhalb von zwei Wochen – von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann. Eine verspätete Anhörung schließt eine Fahrtenbuchauflage allerdings dann nicht aus, wenn feststeht, dass die Verzögerung für die unterbliebene Ermittlung des Täters nicht ursächlich gewesen ist. 26Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.10.1978 – VII C 77.74 –, Rn. 15 ff., juris; BVerwG, Beschluss vom 25.06.1987 – 7 B 139.87 –, Rn. 2 f., juris; BVerwG, Beschluss vom 23.12.1996 – 11 B 84.96 –, Rn. 3, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.11.2013 – 8 A 632/13 –, Rn. 5 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.06.2011 – 8 B 520/11 –, Rn. 3 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.03.2007 – 8 B 2746/06 –, Rn. 9, juris. 27Dies gilt namentlich für die Fälle, in denen nach den gegebenen Umständen erkennbar ist, dass auch eine frühere Ermittlung nicht zu einem Ermittlungserfolg geführt hätte, weil der Kraftfahrzeughalter ohnehin nicht bereit war, an der erforderlichen Aufklärung mitzuwirken. Insoweit ist es grundsätzlich Sache des Halters, Angaben zu der Person zu machen, die im fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug geführt hat. Dabei obliegt es dem Halter insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten Radarfoto erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert. Lehnt der Halter die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben. 28Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.1982 – 7 C 3.80 –, Rn. 7, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.06.2011 – 8 B 520/11 –, Rn. 6 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.03.2007 – 8 B 2746/06 –, Rn. 11, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.11.2005 – 8 A 280/05 –, Rn. 25 ff., juris. 29Die Bußgeldbehörde kann demgemäß ihre weitere Ermittlungstätigkeit an den Erklärungen des Fahrzeughalters ausrichten und darf insbesondere dann, wenn der Halter keine (weiterführenden) Angaben macht und der Behörde auch sonst keine konkreten Ermittlungsansätze vorliegen, auf zeitraubende und kaum Erfolg versprechende weitere Aufklärungsmaßnahmen verzichten. 30Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2014 – 8 B 591/14 – m.w.N. 31An einer hinreichenden Mitwirkung fehlt es bereits dann, wenn der Fahrzeughalter den Anhörungsbogen bzw. Zeugenfragebogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet bzw. weitere Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer nicht macht. 32Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.08.2013 – 8 B 837/13 –; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.11.2004 – 12 ME 413/04 –, Rn. 5, juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 04.12.2003 – 12 LA 442/03 –, Rn. 4, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2006 – 8 A 3429/04 –, Rn. 11 f., juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 04.03.2013 – 14 K 2369/12 –, Rn. 37 ff., juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.05.2012 – 6 K 8411/10 –, Rn. 39, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 25.03.2013 – 14 L 356/13 –, Rn. 12 f., juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 03.12.2013 – 14 K 4334/13 –, Rn. 25, juris. 33Dies gilt unabhängig davon, ob der zu Grunde liegende Verkehrsverstoß fotografisch dokumentiert ist oder nicht. 34Vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.11.2004 – 12 ME 413/04 –, Rn. 6, juris. 35Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze war die Feststellung des Fahrzeugführers im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich. Ein für das negative Ermittlungsergebnis ursächliches Ermittlungsdefizit liegt nicht vor. 36Der Kläger ist durch den Anhörungsbogen des Kreises W. vom 02.10.2013 über den mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Verkehrsverstoß umfassend in Kenntnis gesetzt worden. Nach Zugang des Anhörungsbogens am 17.10.2013 hat er diesen zwar an die Ordnungswidrigkeitenbehörde des Kreises W. zurückgesandt, jedoch nur angegeben nicht der Fahrer zu sein. Namentliche Angaben zur Person des Fahrzeugführers bzw. zum Kreis derjenigen Personen, die im Tatzeitpunkt berechtigt waren das Fahrzeug zu nutzen wurden jedoch nicht gemacht. Selbst wenn der Kläger den Fahrzeugführer wegen der Qualität des Radarfotos tatsächlich nicht erkannt haben sollte, wäre er jedenfalls gehalten gewesen, den möglichen Täterkreis durch namentliche Benennung der Personen, die befugt waren sein Fahrzeug im Tatzeitpunkt zu benutzen, einzugrenzen und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten zu fördern. Diese Angaben hat er aber offensichtlich unterlassen und ist damit seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. 37Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 03.12.2013 – 14 K 4334/13 –, Rn. 30, juris. 38Ohne das es darauf noch entscheidungserheblich ankommt ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger auch gegenüber dem Außendienstmitarbeiter der Beklagten, der ihn Anfang Dezember 2013 zum Zwecke der Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers aufgesucht hat, keine weiterführenden Angaben zum Kreis der nutzungsberechtigten Personen gemacht hat. Denn er hat dem Mitarbeiter der Beklagten nicht die Namen derjenigen Personen genannt, die berechtigt waren, sein Fahrzeug im Zeitpunkt der Begehung des Verkehrsverstoßes zu benutzen. Er hat sich vielmehr darauf beschränkt anzugeben, dass sein Fahrzeug von vielen Personen genutzt werde und dass er die auf dem Radarfoto abgebildete Person nicht erkennen könne. 39Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 03.12.2013 – 14 K 4334/13 –, Rn. 35 ff., juris. 40Angesichts der vorbeschriebenen, den Fahrzeughalter treffenden umfassenden Mitwirkungsobliegenheiten, bedurfte es insoweit auch keiner weiteren ausdrücklichen Nachfrage des Außendienstmitarbeiters. 41Nach alledem hat der Kläger bereits mit den unterlassenen Angaben zum verantwortlichen Fahrzeugführer auf dem Anhörungsbogen des Kreises W. hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er bei der Aufklärung des Verkehrsverstoßes nicht mitwirken will, obwohl es ihm möglich und zumutbar war. Die zuständige Ordnungswidrigkeitenbehörde des Kreises W. durfte demgemäß bereits aus den unterlassenen Angaben zum potentiellen Fahrzeugführer bzw. zum berechtigten Nutzerkreis des Fahrzeugs zulässigerweise auf seine fehlende Mitwirkungsbereitschaft schließen. 42Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.08.2013 – 8 B 837/13 –; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.11.2004 – 12 ME 413/04 –, Rn. 5, juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 04.12.2003 – 12 LA 442/03 –, Rn. 4, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss 09.05.2006 – 8 A 3429/04 –, Rn. 11 f., juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 04.03.2013 – 14 K 2369/12 –, Rn. 37 ff., juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.05.2012 – 6 K 8411/10 –, Rn. 39, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 25.03.2013 – 14 L 356/13 –, Rn. 12 f., juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 25.06.2013 – 14 L 996/13 –; VG Düsseldorf, Urteil vom 03.12.2013 – 14 K 4334/13 –, Rn. 38, juris. 43Aus welchen Gründen der Halter keine Angaben zur Sache macht, ist dabei unerheblich. Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO setzt vor allem nicht voraus, dass der Halter seine Mitwirkungsobliegenheiten schuldhaft nicht erfüllt hat oder die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers sonst zu vertreten hat. 44Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.10.2013 – 8 A 562/13 –, Rn. 12 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.11.2013 – 8 B 1129/13 –, Rn. 12 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.11.2013 – 8 A 1668/13 –, Rn. 14 ff., juris 45Gleichfalls nicht entscheidend ist, dass der Kläger eine Mitwirkung nicht ausdrücklich verweigert hat. Entscheidend ist allein, dass er auch nach Kenntnisnahme vom Verkehrsverstoß bis zum Eintritt der Verfolgungsverjährung nicht zureichend an der Aufklärung mitgewirkt hat. 46Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2014 – 8 B 591/14 –. 47Das die Ordnungswidrigkeitenbehörde des Kreises W. gleichwohl noch „überobligatorische“ Ermittlungsmaßnahmen in Form eines an die Beklagte gerichteten Fahrerermittlungsersuchens und der Anforderung eines Personalausweisfotos des Klägers ergriffen hat, obwohl sie hierzu angesichts der durch die unzureichenden Angaben auf dem Anhörungsbogen dokumentierte Mitwirkungsverweigerung nicht mehr verpflichtet war, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn ob die Behörde etwaige „überobligatorische“ Ermittlungsmaßnahmen, zu denen sie nicht verpflichtet wäre, ergriffen hat, ist für eine Anfechtungsklage gegen eine Fahrtenbuchauflage regelmäßig nicht entscheidungserheblich. 48Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.11.2013 – 8 A 1668/13 –, Rn. 29, juris. 49Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Anhörungsbogen des Kreises W. vom 02.10.2013 dem Kläger nach seinen Angaben erst am 17.10.2013 zugegangen ist und er damit wenige Tage nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist von dem Verkehrsverstoß in Kenntnis gesetzt worden ist. Abgesehen davon, dass die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Zwei-Wochen-Frist für die Benachrichtigung des Fahrzeughalters nur regelmäßig gilt und kein formales Tatbestandsmerkmal des § 31a StVZO darstellt, 50vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.10.2013 – 8 A 562/13 –, Rn. 8, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.03.1995 – 25 A 2798/93 –, Rn. 16, juris, 51ist die um wenige Tage verspätete Anhörung des Klägers im vorliegenden Fall für die unterbliebene Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers nicht ursächlich gewesen. Denn der Kläger war – wie vorstehend ausgeführt – nicht bereit, an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes mitzuwirken. Die Fristversäumnis ist somit nicht kausal für die Unaufklärbarkeit geworden, weil der Kläger sich im Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht auf ein wegen Zeitablauf mangelndes Erinnerungsvermögen berufen hat. Dass er ein mangelndes Erinnerungsvermögen nunmehr im – den Erlass der Fahrtenbuchauflage betreffenden – Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren geltend macht, führt zu keinem anderen Ergebnis, da es insoweit allein auf das Aussageverhalten im Ordnungswidrigkeitenverfahren ankommt. 52Die Beklagte hat zudem in fehlerfreier Weise von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht. Es ist nicht ersichtlich, dass die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde, § 114 Satz 1 VwGO. Die Straßenverkehrsbehörde handelt regelmäßig ermessensfehlerfrei, wenn sie – wie vorliegend – für die Frage der Verhältnismäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage auf die Einstufung der Schwere des zugrunde liegenden Verkehrsverstoßes durch das im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung jeweils geltende Punktesystem in der Anlage 13 zu § 40 FeV zurückgreift. Dabei ist die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage schon bei erstmaliger Begehung eines mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoßes gerechtfertigt, ohne dass es auf besondere Umstände des Einzelfalles, namentlich die Gefährlichkeit des Verkehrsverstoßes, ankommt. 53Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.04.1999 – 8 A 699/97 –, Rn. 21 ff., juris, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 09.09.1999 – 3 B 94.99 –, Rn. 2, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.08.2013 – 8 B 836/13 –; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2014 -8 B 591/14-. 54Demgemäß liegt die für die Fahrtenbuchauflage gewählte Dauer von 12 Monaten bei einem Verkehrsverstoß, der gemäß Ziffer 4.3 der Anlage 13 zu § 40 FeV in der bis zum 30.04.2014 geltenden Fassung mit 4 Punkten im Verkehrszentralregister einzutragen gewesen wäre, ohne Weiteres innerhalb der ermessensfehlerfrei wählbaren zeitlichen Länge und begegnet im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit keinen rechtlichen Bedenken. 55Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.03.2007 – 8 B 2746/06 –, Rn. 22, juris: Fahrtenbuchauflage für die Dauer von 12 Monaten bei mit drei Punkten bewertetem Verkehrsverstoß verhältnismäßig. 56Auch die in der Ordnungsverfügung vom 05.03.2014 enthaltenen sonstigen Entscheidungen begegnen keinen rechtlichen Bedenken. 57Die Verpflichtung zur jederzeitigen Vorlage des Fahrtenbuches folgt aus § 31a Abs. 3 StVZO. 58Die Gebührenfestsetzung in Höhe von 110,75 Euro beruht auf § 6a Abs. 1 Nr. 1 lit. a), Abs. 2 StVG, § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 1 Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) und Nr. 252 der Anlage zu § 1 GebOSt. Die Verpflichtung zum Ersatz der Auslagen für die Zustellung in Höhe von 2,51 Euro ergibt sich aus § 6a Abs. 1 Nr. 1 lit. a), Abs. 2 StVG, § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt. 59Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 60Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO). | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der kläger. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils beizutreibenden betrages abwenden, soweit nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der kläger wendet sich gegen eine fahrtenbuchauflage. 3der kläger ist halter des kraftfahrzeuges mit dem amtlichen kennzeichen e. -f. 0000. mit diesem fahrzeug wurde am 28.09.2013 um 05:55 uhr außerhalb geschlossener ortschaften in w. , l. straße, l 116, in fahrtrichtung w. die zulässige höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 52 km/h (nach toleranzabzug) überschritten. 4unter dem 02.10.2013 übersandte der kreis w. dem kläger einen anhörungsbogen nebst radarfoto mit der aufforderung, angaben zur person des verantwortlichen fahrzeugführers zu machen. der kläger sandte den anhörungsbogen unter dem 17.10.2013 an den kreis w. zurück und gab an, nicht der verantwortliche fahrzeugführer zu sein. darüber hinausgehende angaben, wer das fahrzeug zum tatzeitpunkt geführt hat, wurden nicht gemacht. daraufhin ersuchte der kreis w. die beklagte mit schreiben vom 22.10.2013 und 06.11.2013 um übersendung eines personalausweis- bzw. passfotos des klägers zum zwecke der durchführung eines lichtbildabgleichs. die beklagte übersandte das angeforderte lichtbild des klägers unter dem 13.11.2013. nachdem eine übereinstimmung mit dem radarfoto nicht festgestellt werden konnte, ersuchte der kreis w. die beklagte mit schreiben vom 19.11.2013 und 12.12.2013 um eine persönliche anhörung des klägers zu dem mit seinem fahrzeug begangenen verkehrsverstoß. die beklagte teilte daraufhin mit schreiben vom 09.12.2013 mit, dass der kläger persönlich angehört worden sei. er habe mitgeteilt, dass sein fahrzeug von vielen personen genutzt werde und er die person auf dem radarfoto nicht erkennen könne. das gegen den kläger eingeleitete ordnungswidrigkeitenverfahren wurde seitens des kreises w. unter dem 18.12.2013 eingestellt, weil der fahrzeugführer nicht ermittelt werden konnte. 5mit schreiben vom 27.01.2014 hörte die beklagte den kläger zur beabsichtigten auferlegung eines fahrtenbuches an. daraufhin bestellten sich die prozessbevollmächtigten des klägers mit schriftsatz vom 31.01.2014 und beantragten unter vorlage einer schriftlichen vollmacht die gewährung von akteneinsicht. nach gewährter akteneinsicht wurde mit schriftsatz vom 11.02.2014 mitgeteilt, der kläger habe den anhörungsbogen erst am 17.10.2013 erhalten, sich jedoch drei wochen nach dem verstoß nicht mehr daran erinnern können, wem er sein fahrzeug im tatzeitpunkt überlassen habe. auch anhand des lichtbildes könne er den fahrer nicht identifizieren, was er bereits bei seiner persönlichen anhörung im dezember 2013 mitgeteilt habe. 6mit ordnungsverfügung vom 05.03.2014, mittels postzustellungsurkunde zugestellt am 07.03.2014, verpflichtete die beklagte den kläger für das fahrzeug mit dem amtlichen kennzeichen e. -f. 0000 für die dauer von 12 monaten ab bestandskraft der ordnungsverfügung ein fahrtenbuch zu führen. für den erlass der ordnungsverfügung setzte sie eine verwaltungsgebühr in höhe von 110,75 euro fest und machte zugleich auslagenersatz in höhe von 2,51 euro geltend. zur begründung führte sie im wesentlichen aus, mit dem fahrzeug des klägers sei ein erheblicher verkehrsverstoß begangen worden. der begangene geschwindigkeitsverstoß wäre bei rechtzeitiger ermittlung des verantwortlichen fahrzeugführers mit vier punkten im verkehrszentralregister und einem einmonatigen fahrverbot geahndet worden. angesichts der begangenen geschwindigkeitsüberschreitung von 52 km/h sei die fahrtenbuchauflage rechtmäßig und genüge insbesondere dem verhältnismäßigkeitsgrundsatz. 7der kläger hat am 07.04.2014 klage erhoben. 8zur begründung führt er im wesentlichen aus, die ordnungsverfügung sei rechtswidrig. die tatbestandlichen voraussetzungen des § 31a stvzo seien nicht erfüllt. die feststellung des fahrzeugführers sei nicht unmöglich gewesen, weil er seinen mitwirkungspflichten nachgekommen und ein ermittlungsdefizit der ordnungswidrigkeitenbehörde gegeben sei. er habe den anhörungsbogen vom 02.10.2013 erst am 17.10.2013, mithin drei wochen nach dem verkehrsverstoß erhalten und unverzüglich angegeben, dass er nicht der fahrer gewesen sei. sofern er innerhalb von zwei wochen nach dem verkehrsverstoß angehört worden wäre, hätte er sicherlich noch die möglichkeit gehabt sich zu erinnern, wem er das fahrzeug am tattag überlassen habe. nach knapp drei wochen sei ihm dies aber nicht mehr möglich. anlässlich seiner persönlichen anhörung anfang dezember 2013 habe er zudem mitgeteilt, dass sein fahrzeug von vielen personen genutzt werde und er die auf dem radarfoto abgebildete person nicht erkennen könne. bei der anhörung sei er auch nicht aufgefordert worden, die zur nutzung seines fahrzeuges berechtigten personen näher zu spezifizieren. der außendienstmitarbeiter habe sich mit seiner antwort zufriedengegeben. folglich habe er nicht davon ausgehen müssen, von sich aus zu einer weiteren auskunftserteilung verpflichtet zu sein. er habe überdies zu keinem zeitpunkt angedeutet, dass er nicht bereit sei, den in betracht kommenden personenkreis namentlich zu benennen. 9der kläger beantragt sinngemäß, 10die ordnungsverfügung der beklagten vom 05.03.2014 aufzuheben. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung wiederholt und vertieft sie die ausführungen in der streitbefangenen ordnungsverfügung. ergänzend führt sie aus, die unaufgeklärt gebliebene ordnungswidrigkeit rechtfertige die auferlegung eines fahrtenbuches. eine feststellung des fahrzeugführers innerhalb der verjährungsfrist sei durch das aussageverhalten des klägers unmöglich gewesen. den halter eines kraftfahrzeugs treffe die obliegenheit, sachdienliche angaben zur ermittlung des fahrzeugführers zu machen. hierzu bedürfe es der vollständigen offenlegung des kreises der personen, die für den tatzeitpunkt als führer des fahrzeuges in betracht kämen. einer ausdrücklichen nachfrage der zuständigen behörde nach dem in betracht kommenden personenkreis bedürfe es nicht. die mitwirkungspflicht bestehe unabhängig davon, ob ein foto vorliege oder nicht. soweit der fahrzeughalter den konkreten fahrzeugführer nicht mit sicherheit benennen könne, habe er zur eingrenzung des möglichen täterkreises jedenfalls mitzuteilen, ob das fahrzeug zum tatzeitpunkt zu geschäftlichen oder zu privaten zwecken benutzt worden sei und welche personen als fahrer in betracht kommen. dieser obliegenheit sei der kläger nicht nachgekommen. er habe auf dem anhörungsbogen lediglich angegeben, nicht der fahrer zu sein. bei der persönlichen anhörung habe er den kreis der zur nutzung seines fahrzeuges berechtigten personen ebenfalls nicht namentlich benannt. dies wäre ihm jedoch unabhängig von der qualität des radarfotos und des seit dem verkehrsverstoß verstrichenen zeitraumes möglich und zumutbar gewesen. es habe keiner ausdrücklichen frage des außendienstmitarbeiters nach dem in betracht kommenden personenkreis bedurft. infolgedessen habe der kreis w. davon ausgehen dürfen, dass der kläger nicht zu einer mitwirkung an der aufklärung der mit seinem fahrzeug begangenen verkehrsordnungswidrigkeit bereit ist. auch die mit dem erlass der ordnungsverfügung verbundene gebührenfestsetzung sei rechtmäßig. 14die beteiligten haben sich mit schriftsätzen vom 04.07.2014 mit einer entscheidung des gerichts ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 16 | 17die klage, über die der berichterstatter als einzelrichter und mit einverständnis der beteiligten gemäß § 101 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung entscheiden kann, bleibt ohne erfolg. 18die zulässige klage ist unbegründet. 19die ordnungsverfügung der beklagten vom 05.03.2014 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 20die fahrtenbuchauflage findet ihre ermächtigungsgrundlage in § 31a abs. 1 satz 1 straßenverkehrs-zulassungs-ordnung (stvzo). hiernach kann die zuständige behörde gegenüber einem fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende fahrzeuge die führung eines fahrtenbuchs anordnen, wenn die feststellung eines fahrzeugführers nach einer zuwiderhandlung gegen verkehrsvorschriften nicht möglich war. 21die tatbestandlichen voraussetzungen der ermächtigungsgrundlage sind erfüllt. 22ein verkehrsverstoß im sinne von § 31a abs. 1 satz 1 stvzo ist gegeben. 23der kläger ist halter des kraftfahrzeuges mit dem amtlichen kennzeichen e. -f. 0000. mit diesem fahrzeug wurde am 28.09.2013 um 05:55 uhr außerhalb geschlossener ortschaften in w. , l. straße, l 116, in fahrtrichtung w. die zulässige höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 52 km/h (nach toleranzabzug) überschritten und damit ein verkehrsverstoß im sinne von § 31a abs. 1 satz 1 stvzo begangen. bei diesem geschwindigkeitsverstoß handelt es sich um eine verkehrsordnungswidrigkeit gemäß § 24 straßenverkehrsgesetz (stvg), § 41 abs. 1 straßenverkehrs-ordnung (stvo) i.v.m. zeichen 274 der anlage 2 zu § 41 abs. 1 stvo, § 49 abs. 3 nr. 4 stvo, die gemäß lfd. nr. 11.3.8 der tabelle 1 lit. c) des anhangs zu ziffer 11 der anlage zu § 1 abs. 1 der bußgeldkatalog-verordnung (bkatv) im regelfall mit einem bußgeld von 240,00 euro und einem einmonatigen fahrverbot bedroht ist. die mit dem fahrzeug des klägers begangene verkehrszuwiderhandlung wäre demnach bei rechtzeitiger ermittlung des fahrzeugführers innerhalb der dreimonatigen verjährungsfrist (vgl. § 26 abs. 3 stvg i.v.m. §§ 31 ff. owig) gemäß § 28 abs. 3 nr. 3 stvg i.v.m. ziffer 4.3 der anlage 13 zu § 40 fahrerlaubnis-verordnung (fev) in den hier maßgeblichen, bis zum 30.04.2014 geltenden fassungen mit vier punkten in das verkehrszentralregister einzutragen gewesen. 24die beklagte ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die feststellung des fahrzeugführers nach der vorgenannten verkehrszuwiderhandlung gemäß § 31a abs. 1 satz 1 stvzo nicht möglich war. 25von einer unmöglichkeit der feststellung des fahrzeugführers im sinne von § 31a abs. 1 satz 1 stvzo ist auszugehen, wenn die behörde nach den umständen des einzelfalles nicht in der lage war, den täter einer zuwiderhandlung gegen verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren maßnahmen getroffen hat. zu den angemessenen maßnahmen gehört grundsätzlich auch, dass der halter möglichst umgehend – im regelfall innerhalb von zwei wochen – von dem mit seinem fahrzeug begangenen verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die frage, wer zur tatzeit sein fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der täter entlastungsgründe vorbringen kann. eine verspätete anhörung schließt eine fahrtenbuchauflage allerdings dann nicht aus, wenn feststeht, dass die verzögerung für die unterbliebene ermittlung des täters nicht ursächlich gewesen ist. 26vgl. bverwg, urteil vom 13.10.1978 – vii c 77.74 –, rn. 15 ff., juris; bverwg, beschluss vom 25.06.1987 – 7 b 139.87 –, rn. 2 f., juris; bverwg, beschluss vom 23.12.1996 – 11 b 84.96 –, rn. 3, juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 13.11.2013 – 8 a 632/13 –, rn. 5 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 09.06.2011 – 8 b 520/11 –, rn. 3 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 15.03.2007 – 8 b 2746/06 –, rn. 9, juris. 27dies gilt namentlich für die fälle, in denen nach den gegebenen umständen erkennbar ist, dass auch eine frühere ermittlung nicht zu einem ermittlungserfolg geführt hätte, weil der kraftfahrzeughalter ohnehin nicht bereit war, an der erforderlichen aufklärung mitzuwirken. insoweit ist es grundsätzlich sache des halters, angaben zu der person zu machen, die im fraglichen zeitpunkt sein fahrzeug geführt hat. dabei obliegt es dem halter insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten radarfoto erkannten fahrer benennt oder zumindest den möglichen täterkreis eingrenzt und die täterfeststellung durch nachfragen im kreis der nutzungsberechtigten fördert. lehnt der halter die mitwirkung an der aufklärung des verkehrsverstoßes ab, ist es der behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum aussicht auf erfolg bietende ermittlungen zu betreiben. 28vgl. bverwg, urteil vom 17.12.1982 – 7 c 3.80 –, rn. 7, juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 09.06.2011 – 8 b 520/11 –, rn. 6 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 15.03.2007 – 8 b 2746/06 –, rn. 11, juris; ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 30.11.2005 – 8 a 280/05 –, rn. 25 ff., juris. 29die bußgeldbehörde kann demgemäß ihre weitere ermittlungstätigkeit an den erklärungen des fahrzeughalters ausrichten und darf insbesondere dann, wenn der halter keine (weiterführenden) angaben macht und der behörde auch sonst keine konkreten ermittlungsansätze vorliegen, auf zeitraubende und kaum erfolg versprechende weitere aufklärungsmaßnahmen verzichten. 30vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 09.07.2014 – 8 b 591/14 – m.w.n. 31an einer hinreichenden mitwirkung fehlt es bereits dann, wenn der fahrzeughalter den anhörungsbogen bzw. zeugenfragebogen der ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet bzw. weitere angaben zum personenkreis der fahrzeugbenutzer nicht macht. 32vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 23.08.2013 – 8 b 837/13 –; ovg niedersachsen, beschluss vom 02.11.2004 – 12 me 413/04 –, rn. 5, juris; ovg niedersachsen, beschluss vom 04.12.2003 – 12 la 442/03 –, rn. 4, juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 09.05.2006 – 8 a 3429/04 –, rn. 11 f., juris; vg gelsenkirchen, urteil vom 04.03.2013 – 14 k 2369/12 –, rn. 37 ff., juris; vg düsseldorf, urteil vom 24.05.2012 – 6 k 8411/10 –, rn. 39, juris; vg düsseldorf, beschluss vom 25.03.2013 – 14 l 356/13 –, rn. 12 f., juris; vg düsseldorf, urteil vom 03.12.2013 – 14 k 4334/13 –, rn. 25, juris. 33dies gilt unabhängig davon, ob der zu grunde liegende verkehrsverstoß fotografisch dokumentiert ist oder nicht. 34vgl. ovg niedersachsen, beschluss vom 02.11.2004 – 12 me 413/04 –, rn. 6, juris. 35nach maßgabe der vorgenannten grundsätze war die feststellung des fahrzeugführers im sinne von § 31a abs. 1 satz 1 stvzo unmöglich. ein für das negative ermittlungsergebnis ursächliches ermittlungsdefizit liegt nicht vor. 36der kläger ist durch den anhörungsbogen des kreises w. vom 02.10.2013 über den mit seinem kraftfahrzeug begangenen verkehrsverstoß umfassend in kenntnis gesetzt worden. nach zugang des anhörungsbogens am 17.10.2013 hat er diesen zwar an die ordnungswidrigkeitenbehörde des kreises w. zurückgesandt, jedoch nur angegeben nicht der fahrer zu sein. namentliche angaben zur person des fahrzeugführers bzw. zum kreis derjenigen personen, die im tatzeitpunkt berechtigt waren das fahrzeug zu nutzen wurden jedoch nicht gemacht. selbst wenn der kläger den fahrzeugführer wegen der qualität des radarfotos tatsächlich nicht erkannt haben sollte, wäre er jedenfalls gehalten gewesen, den möglichen täterkreis durch namentliche benennung der personen, die befugt waren sein fahrzeug im tatzeitpunkt zu benutzen, einzugrenzen und die täterfeststellung durch nachfragen im kreis der nutzungsberechtigten zu fördern. diese angaben hat er aber offensichtlich unterlassen und ist damit seinen mitwirkungsobliegenheiten nicht in ausreichendem maße nachgekommen. 37vgl. vg düsseldorf, urteil vom 03.12.2013 – 14 k 4334/13 –, rn. 30, juris. 38ohne das es darauf noch entscheidungserheblich ankommt ist darauf hinzuweisen, dass der kläger auch gegenüber dem außendienstmitarbeiter der beklagten, der ihn anfang dezember 2013 zum zwecke der feststellung des verantwortlichen fahrzeugführers aufgesucht hat, keine weiterführenden angaben zum kreis der nutzungsberechtigten personen gemacht hat. denn er hat dem mitarbeiter der beklagten nicht die namen derjenigen personen genannt, die berechtigt waren, sein fahrzeug im zeitpunkt der begehung des verkehrsverstoßes zu benutzen. er hat sich vielmehr darauf beschränkt anzugeben, dass sein fahrzeug von vielen personen genutzt werde und dass er die auf dem radarfoto abgebildete person nicht erkennen könne. 39vgl. vg düsseldorf, urteil vom 03.12.2013 – 14 k 4334/13 –, rn. 35 ff., juris. 40angesichts der vorbeschriebenen, den fahrzeughalter treffenden umfassenden mitwirkungsobliegenheiten, bedurfte es insoweit auch keiner weiteren ausdrücklichen nachfrage des außendienstmitarbeiters. 41nach alledem hat der kläger bereits mit den unterlassenen angaben zum verantwortlichen fahrzeugführer auf dem anhörungsbogen des kreises w. hinreichend deutlich zum ausdruck gebracht, dass er bei der aufklärung des verkehrsverstoßes nicht mitwirken will, obwohl es ihm möglich und zumutbar war. die zuständige ordnungswidrigkeitenbehörde des kreises w. durfte demgemäß bereits aus den unterlassenen angaben zum potentiellen fahrzeugführer bzw. zum berechtigten nutzerkreis des fahrzeugs zulässigerweise auf seine fehlende mitwirkungsbereitschaft schließen. 42vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 23.08.2013 – 8 b 837/13 –; ovg niedersachsen, beschluss vom 02.11.2004 – 12 me 413/04 –, rn. 5, juris; ovg niedersachsen, beschluss vom 04.12.2003 – 12 la 442/03 –, rn. 4, juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss 09.05.2006 – 8 a 3429/04 –, rn. 11 f., juris; vg gelsenkirchen, urteil vom 04.03.2013 – 14 k 2369/12 –, rn. 37 ff., juris; vg düsseldorf, urteil vom 24.05.2012 – 6 k 8411/10 –, rn. 39, juris; vg düsseldorf, beschluss vom 25.03.2013 – 14 l 356/13 –, rn. 12 f., juris; vg düsseldorf, beschluss vom 25.06.2013 – 14 l 996/13 –; vg düsseldorf, urteil vom 03.12.2013 – 14 k 4334/13 –, rn. 38, juris. 43aus welchen gründen der halter keine angaben zur sache macht, ist dabei unerheblich. die anordnung einer fahrtenbuchauflage nach § 31a abs. 1 satz 1 stvzo setzt vor allem nicht voraus, dass der halter seine mitwirkungsobliegenheiten schuldhaft nicht erfüllt hat oder die unmöglichkeit der feststellung des fahrzeugführers sonst zu vertreten hat. 44vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 28.10.2013 – 8 a 562/13 –, rn. 12 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 11.11.2013 – 8 b 1129/13 –, rn. 12 ff., juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 14.11.2013 – 8 a 1668/13 –, rn. 14 ff., juris 45gleichfalls nicht entscheidend ist, dass der kläger eine mitwirkung nicht ausdrücklich verweigert hat. entscheidend ist allein, dass er auch nach kenntnisnahme vom verkehrsverstoß bis zum eintritt der verfolgungsverjährung nicht zureichend an der aufklärung mitgewirkt hat. 46vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 09.07.2014 – 8 b 591/14 –. 47das die ordnungswidrigkeitenbehörde des kreises w. gleichwohl noch „überobligatorische“ ermittlungsmaßnahmen in form eines an die beklagte gerichteten fahrerermittlungsersuchens und der anforderung eines personalausweisfotos des klägers ergriffen hat, obwohl sie hierzu angesichts der durch die unzureichenden angaben auf dem anhörungsbogen dokumentierte mitwirkungsverweigerung nicht mehr verpflichtet war, führt zu keinem anderen ergebnis. denn ob die behörde etwaige „überobligatorische“ ermittlungsmaßnahmen, zu denen sie nicht verpflichtet wäre, ergriffen hat, ist für eine anfechtungsklage gegen eine fahrtenbuchauflage regelmäßig nicht entscheidungserheblich. 48vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 14.11.2013 – 8 a 1668/13 –, rn. 29, juris. 49unbeachtlich ist in diesem zusammenhang auch, dass der anhörungsbogen des kreises w. vom 02.10.2013 dem kläger nach seinen angaben erst am 17.10.2013 zugegangen ist und er damit wenige tage nach ablauf der zwei-wochen-frist von dem verkehrsverstoß in kenntnis gesetzt worden ist. abgesehen davon, dass die vom bundesverwaltungsgericht entwickelte zwei-wochen-frist für die benachrichtigung des fahrzeughalters nur regelmäßig gilt und kein formales tatbestandsmerkmal des § 31a stvzo darstellt, 50vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 28.10.2013 – 8 a 562/13 –, rn. 8, juris; ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 31.03.1995 – 25 a 2798/93 –, rn. 16, juris, 51ist die um wenige tage verspätete anhörung des klägers im vorliegenden fall für die unterbliebene feststellung des verantwortlichen fahrzeugführers nicht ursächlich gewesen. denn der kläger war – wie vorstehend ausgeführt – nicht bereit, an der aufklärung des verkehrsverstoßes mitzuwirken. die fristversäumnis ist somit nicht kausal für die unaufklärbarkeit geworden, weil der kläger sich im ordnungswidrigkeitenverfahren nicht auf ein wegen zeitablauf mangelndes erinnerungsvermögen berufen hat. dass er ein mangelndes erinnerungsvermögen nunmehr im – den erlass der fahrtenbuchauflage betreffenden – verwaltungsverfahren und im gerichtlichen verfahren geltend macht, führt zu keinem anderen ergebnis, da es insoweit allein auf das aussageverhalten im ordnungswidrigkeitenverfahren ankommt. 52die beklagte hat zudem in fehlerfreier weise von ihrem ermessen gebrauch gemacht. es ist nicht ersichtlich, dass die gesetzlichen grenzen des ermessens überschritten wurden oder von dem ermessen in einer dem zweck der ermächtigung nicht entsprechenden weise gebrauch gemacht wurde, § 114 satz 1 vwgo. die straßenverkehrsbehörde handelt regelmäßig ermessensfehlerfrei, wenn sie – wie vorliegend – für die frage der verhältnismäßigkeit einer fahrtenbuchauflage auf die einstufung der schwere des zugrunde liegenden verkehrsverstoßes durch das im zeitpunkt des erlasses der ordnungsverfügung jeweils geltende punktesystem in der anlage 13 zu § 40 fev zurückgreift. dabei ist die anordnung einer fahrtenbuchauflage schon bei erstmaliger begehung eines mit einem punkt bewerteten verkehrsverstoßes gerechtfertigt, ohne dass es auf besondere umstände des einzelfalles, namentlich die gefährlichkeit des verkehrsverstoßes, ankommt. 53vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 29.04.1999 – 8 a 699/97 –, rn. 21 ff., juris, bestätigt durch bverwg, beschluss vom 09.09.1999 – 3 b 94.99 –, rn. 2, juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 21.08.2013 – 8 b 836/13 –; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 09.07.2014 -8 b 591/14-. 54demgemäß liegt die für die fahrtenbuchauflage gewählte dauer von 12 monaten bei einem verkehrsverstoß, der gemäß ziffer 4.3 der anlage 13 zu § 40 fev in der bis zum 30.04.2014 geltenden fassung mit 4 punkten im verkehrszentralregister einzutragen gewesen wäre, ohne weiteres innerhalb der ermessensfehlerfrei wählbaren zeitlichen länge und begegnet im hinblick auf die verhältnismäßigkeit keinen rechtlichen bedenken. 55vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 15.03.2007 – 8 b 2746/06 –, rn. 22, juris: fahrtenbuchauflage für die dauer von 12 monaten bei mit drei punkten bewertetem verkehrsverstoß verhältnismäßig. 56auch die in der ordnungsverfügung vom 05.03.2014 enthaltenen sonstigen entscheidungen begegnen keinen rechtlichen bedenken. 57die verpflichtung zur jederzeitigen vorlage des fahrtenbuches folgt aus § 31a abs. 3 stvzo. 58die gebührenfestsetzung in höhe von 110,75 euro beruht auf § 6a abs. 1 nr. 1 lit. a), abs. 2 stvg, § 1 abs. 1, § 4 abs. 1 nr. 1 gebührenordnung für maßnahmen im straßenverkehr (gebost) und nr. 252 der anlage zu § 1 gebost. die verpflichtung zum ersatz der auslagen für die zustellung in höhe von 2,51 euro ergibt sich aus § 6a abs. 1 nr. 1 lit. a), abs. 2 stvg, § 2 abs. 1 nr. 1 gebost. 59die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 60die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, § 711 zivilprozessordnung (zpo). | Verklagte*r | 0 |
124,149 | 33 O 22/16 | 2016-06-28T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 23.02.2016 – Az: 33 O 22/16 – wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Antragsgegnerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Parteien sind Anbieter von Türdichtungen und Fingerschutzprodukten für Türen. Letztere verhindern Verletzungen, indem sie die Gefahr des unbeabsichtigten Einklemmens der Finger zwischen Türblatt und Zarge an den Schließkanten abwenden. 3Die Antragstellerin bietet ihre Fingerschutzprodukte unter der Bezeichnung „B Fingerschutz“ bereits seit etwa 30 Jahren an. Der Verkauf erfolgt überwiegend über den Großhandel, der die Produkte sodann an Schreiner usw. weiterverkauft. Bis Ende 2015 war sie in Deutschland ein fast monopolartiger Anbieter derartiger Produkte, was dazu führte, dass bspw. der überwiegende Anteil der Kindergärten in Deutschland mit Fingerschutzprodukten der Antragstellerin ausgestattet ist. Die Fingerschutzprofile der Antragstellerin orientieren sich - was Maße und Form betrifft - an marktüblichen Standard-Türbändern wie bspw. dem Türband „ Variant Y“ des Türbandherstellers U GmbH bzw. dem Türband „Y“ des Herstellers C und T GmbH & Co. KG (vgl. Katalog der Antragstellerin gem. Bl. 50 d.A.). 4Am 15.01.2016 erlangte die Antragstellerin anlässlich der Messe „SWISS BAU“, welche vom 13.01.2016 bis zum 16.01.2016 in Zürich stattfand, erstmals Kenntnis davon, dass auch die Antragsgegnerin ähnliche Produkte im Angebot führt. Ende Januar erhielt die Antragstellerin nach eigenen Angaben erstmals Kenntnis davon, dass die Produkte der Antragsgegnerin auch gegenüber deutschen Kunden angeboten wurden. 5Ein wesentlicher Unterschied der Produkte der Parteien liegt u.a. darin, dass es bei bspw. den Schutzrollos der Antragsgegnerin durch eine spezielle Konstruktion möglich ist, diese unkompliziert zu demontieren für den Fall der Wartung der Türen. Die vergleichbaren Produkte der Antragstellerin wurden - jedenfalls bis zum Zeitpunkt des Markteintritts der Antragsgegnerin - fest montiert und können nicht ohne Zerstörung der Klemmleiste demontiert werden. Dies wurde der Kammer in der Sitzung vom 31.05.2016 von den Parteien bzw. ihren Prozessvertretern anschaulich demonstriert. 6Mit Schreiben vom 09.02.2016 ließ die Antragstellerin die Antragsgegnerin abmahnen, weil sie bezüglich der von der Antragsgegnerin angebotenen Fingerschutz -Profile und Fingerschutz-Rollos von unlauteren Nachahmungen ausgeht und auch in Bezug auf den Produktkatalog der Antragsgegnerin urheberrechtliche Vorschriften verletzt sieht. Angegriffen wurden diverse verschiedene Produkte sowie auch eine Vielzahl unterschiedlicher Urheberrechtsverstöße. Der Antragsgegnerin wurde eine Frist von 3 Tagen zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung eingeräumt (vgl. Anlage AST 5, Bl. 98-103). 7Die daraufhin erfolgte Bitte der Antragsgegnerin vom 11.02.2016, die Stellungnahmefrist aufgrund der Vielzahl der Verstöße und der damit erforderlichen umfangreichen Prüfung zu verlängern, wurde abgelehnt. 8Am 15.02.2016 reichte die Antragstellerin den Verfügungsantrag vom 11.02.2016 beim Landgericht Köln ein. Sie begründete hierin die besondere Eilbedürftigkeit damit, dass bereits ein Angebot der Produkte in Deutschland erfolge, was ihr seit Ende Januar bekannt sei. Auch stehe die Messe „Frontale“ in Nürnberg bevor, welche vom 16.03.2016 bis zum 19.03.2016 stattfinde. Dass der Verfügungsantrag erst am 09.02.2016 gestellt worden sei, liege daran, dass aufgrund des Umfangs der Verstöße die Prüfung relativ lange gedauert habe (vgl. Bl. 19 d.A.). 9Unter dem 17.02.2016 erteilte die Kammer zunächst umfangreiche Hinweise. Unter anderem gab sie darin der Antragstellerin auf, näher darzulegen und gegebenenfalls glaubhaft zu machen, „dass Maße und Formen der Profile abänderbar sind, obgleich beides durch den Einsatz an den zumeist standardisierten Türen und den dort vorgegebenen Maßen (etwa Höhe und Öffnungswinkel) vorgegeben zu sein scheint.“ (vgl. Bl. 113 d.A.). 10Hierauf teilte die Antragstellerin mit, dass Maße und Formen der Profile abänderbar seien und nicht durch den Einsatz standardisierter Türen und den dort vorgegebenen Maßen wie Türhöhe und Öffnungswinkel der Tür vorgegeben seien (vgl. Bl. 120 d.A.). Die Antragstellerin legte zudem eine eidesstattliche Versicherung ihres Produktbereichsleiters vor, wonach die Profile von Maß und Form her nicht zwingend technisch erforderlich seien. Die Maße seien durchaus veränderbar und auch die äußere Form sei nicht zwingend vorgegeben. Die Rundung der Profile könnten auch durch eckige Lösungen ersetzt werden (vgl. Bl. 165 d.A.). 11Nachdem die Antragstellerin den Antrag in der Folge teilweise zurückgenommen hatte, erließ die Kammer daraufhin unter dem 23.02.2016 im Beschlusswege nachstehend wiedergegebene einstweilige Verfügung: 12 hier bitte Bl. 219-242 einfügen - 13Diese Beschlussverfügung wurde dem Prozessvertreter der Antragstellerin am 25.02.2016 zugestellt. 14Mit Schreiben vom gleichen Tage zeigte der Prozessvertreter der Antragsgegnerin dem Prozessvertreter der Antragstellerin an, dass er die Antragsgegnerin berate und vertrete und man zu der Abmahnung der Antragstellerin betreffend ihrem Fingerschutz-Programm demnächst Stellung nehmen werde. Beigefügt war u. a. eine umfassende Vollmacht zur außergerichtlichen sowie gerichtlichen Vertretung im Bezug auf die Abmahnung wegen des Fingerschutzprogramms der Antragstellerin (vgl. Bl. 261 – 264 d.A.). 15Mit Schreiben vom 26.02.2016 an das Landgericht Köln bat die Antragstellerin darum, der Antragsgegnerin keine Kostennote zu senden, bevor der Verfügungsbeschluss zugestellt sei. Die Zustellung solle am 16.03.2016 auf der Messe in Nürnberg erfolgen. Es bestehe die Gefahr, dass die Antragsgegnerin bei Kenntnis von Erlass der einstweiligen Verfügung diese geplante Zustellung vereiteln würde (vgl. Bl. 249 d.A.). 16Auf eigene Initiative des Antragsgegnervertreters erhielt dieser auf sein Schreiben vom 10.03.2016 hin Akteneinsicht (Bl. 250). 17Am 14.03.2016 veranlasste der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin die Zustellung der einstweiligen Verfügung von Anwalt zu Anwalt (vgl. Anlage AG 53). 18Nachdem die Antragsgegnerin gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt hat, beantragt die Antragstellerin, 19die einstweilige Verfügung der Kammer vom 23.02 2016 – Az.: 33 O 22/16 - zu bestätigen. 20Die Antragsgegnerin beantragt, 21die einstweilige Verfügung der Kammer vom 23.02.2016 - Az.: 33 O 22/16 - aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen. 22Die Antragsgegnerin beruft sich u. a. darauf, dass das Vorgehen der Antragstellerin rechtsmissbräuchlich sei. Diese habe der Kammer wesentliche Informationen vor Erlass der einstweiligen Verfügung vorenthalten und die Zustellung der einstweiligen Verfügung an den Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin lediglich aus dem Grunde so zögerlich betrieben (Zustellung erst 18 Tage nach Erhalt der einstweiligen Verfügung), um den Messeauftritt der Antragsgegnerin auf der Messe in Nürnberg zu verhindern, um dort ungehindert mit technischen Innovationen (gem. der Anlage AG 54) zu werben, welche die Antragsgegnerin entwickelt habe. 23Die Antragsstellerin hat hierzu lediglich erklärt, die Zustellung der einstweiligen Verfügung von Anwalt zu Anwalt erst am 14.03.2016 habe ihren Grund darin, dass der Prozessvertreter der Antragsgegnerin keine vollumfängliche Bevollmächtigung angezeigt habe. Er habe lediglich mitgeteilt, dass er die Antragsgegnerin berate und vertrete. Diesem Schreiben sei nicht mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen gewesen, dass er sich auch als Verfahrensbevollmächtigter gemeldet habe. Daher habe man die Verfügung zumindest auch auf der Messe vom 16. bis 19.03.2016 zustellen wollen. Man habe immer noch auf eine außergerichtliche Einigung gehofft, da die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 25.02.2016 habe mitteilen lassen, dass sie demnächst Stellung nehmen würde. Da eine Stellungnahme nicht erfolgt sei, habe die Antragstellerin den Beschluss schließlich an den jetzigen Verfahrensbevollmächtigten und an die Partei selbst zustellen lassen, so dass die Dringlichkeitsvermutung nicht widerlegt worden sei. 24Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen Bezug genommen. 25Entscheidungsgründe: 26I. 27Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 23.02.2016 war aufzuheben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag war zurückzuweisen. 28Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unzulässig. Es mangelt der Antragstellerin an der erforderlichen Prozessführungsbefugnis, da - soweit im summarischen Verfahren der einstweiligen Verfügung derzeit feststellbar ist - Grund zu der Annahme besteht, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im vorliegenden Fall rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 S. 1 UWG ist. Bei missbräuchlicher gerichtlicher Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs ist nach ganz herrschender Meinung vom Fehlen der Prozessführungsbefugnis auszugehen, so dass ein Verfügungsantrag als unzulässig abzuweisen ist (Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl. 2016, § 8, Rn. 4.3 m.w.N.). 29Gemäß § 8 Abs. 4 S. 1 UWG ist die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs gemäß § 8 Abs. 1 UWG unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. 30Missbrauch liegt vor, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen. Ein Fehlen oder vollständiges Zurücktreten legitimer wettbewerbsrechtlicher Ziel ist indessen nicht erforderlich. Ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele überwiegen (Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl. 2016, § 8, Rn. 4.10 m.w.N.). 31Als typische Beispielsfälle eines sachfremden Motivs nennt das Gesetz das Gebührenerzielungsinteresse. Der Wortlaut der Vorschrift („insbesondere“) zeigt jedoch, dass hierdurch andere Missbrauchsformen nicht ausgeschlossen sind (so im Ergebnis auch LG Bonn, Urteil vom 18.03.2015, Az. 1 O 46 / 15 m.w.N.). 32Das Vorliegen eines Missbrauchs ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der gesamten Umstände zu beurteilen. Maßgebend sind die Motive und Zwecke der Geltendmachung des Anspruchs, die sich in der Regel nur aus äußeren Umständen erschließen lassen (Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl. 2016, § 8, Rn. 4.11 m.w.N.). 33Im vorliegenden Fall sprechen die gesamten äußeren Umstände und das Verhalten der Antragstellerin insgesamt für ein missbräuchliches Vorgehen im Verfügungsverfahren. Die Kammer ist nach sorgfältiger Prüfung und Abwägung der gesamten Umstände der Überzeugung, dass die Antragstellerin aus sachfremden Erwägungen gehandelt hat. Eine Gesamtschau sämtlicher Umstände spricht überwiegend dafür, dass es der Antragstellerin darum ging, den Messeauftritt der Antragsgegnerin zu stören bzw. zu vereiteln, um anschließend ungestört auf der Messe u.a. Innovationen als eigene zu bewerben, die ursprünglich von der Antragsgegnerin entwickelt worden sind. Dies ergibt sich aus folgendem: 34Die Antragstellerin hatte bereits seit dem 15.01.2016 Kenntnis von den streitgegenständlichen Produkten sowie dem angegriffenen Produktkatalog der Antragsgegnerin und spätestens Ende Januar 2016 Kenntnis davon, dass die in Rede stehenden Produkte auch in Deutschland angeboten wurden. 35Eine Abmahnung erfolgte jedoch erst mit Schreiben vom 09.02.2016. Diese enthielt zahlreiche Beanstandungen. Für die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung wurde jedoch nur eine unangemessen kurze Frist zur Stellungnahme von drei Tagen gewährt, obgleich die Antragstellerin in ihrem Verfügungsantrag vom 11.02.2016 selbst einräumt, dass die Prüfung der zahlreichen Verstöße bei ihr selbst relativ viel Zeit in Anspruch genommen habe (vgl. Bl. 19 d.A.). Die Bitte der Antragsgegnerin um Fristverlängerung vom 11.02.2016 lehnte die Antragstellerin ab. Die besondere Dringlichkeit wurde im Verfügungsantrag damit begründet, dass bereits Produkte der Antragsgegnerin in Deutschland angeboten würden und auch die Messe in Nürnberg bevorstehe, auf der zugestellt werden solle (vgl. Bl. 21 d.A.). 36Auf den ausführlichen Hinweis der Kammer, mit dem diese u.a. deutliche Zweifel daran zu erkennen gab, ob nicht die die Maße und Formen der Profile möglicherweise durch Standardmaße vorgegeben sein könnten, ließ die Antragstellerin zumindest bewusst lückenhaft vortragen und glaubhaft machen. 37So wurde Kammer trotz des Hinweises nicht darüber informiert, dass sich die Antragstellerin sowie auch die Antragsgegnerin - was die Form der Profile betrifft und was zwischen den Parteien im Wesentlichen unstreitig ist - jeweils an marktüblichen Standard-Türbändern wie bspw. dem Türband „ Variant Y“ des Türbandherstellers U GmbH bzw. dem Türband „Y“ des Herstellers C und T GmbH & Co. KG orientieren und dies auch in den jeweiligen Katalogen zum Ausdruck kommt, was allerdings für die Kammermitglieder als Laien auf dem Gebiet der Fingerschutzprofile allein aus den Darstellungen in den überreichten Katalogen nicht erkennbar war (vgl. Bl. 50, 73 d.A.). 38Diese Informationen wurden der Kammer von der Antragstellerin vorenthalten, obgleich ersichtlich sein musste, dass diese Informationen für die Kammer bei ihrer Entscheidung von Bedeutung waren und möglicherweise den Erlass einer einstweiligen Verfügung zumindest verzögert wenn nicht sogar in Teilen von vorneherein verhindert hätten. 39Hinzu kommt, dass die einstweilige Verfügung dem Prozessvertreter der Antragstellerin bereits am 25.02.2016 zugestellt worden ist, dieser eine Zustellung von Anwalt zu Anwalt jedoch erst am 14.03.2016, also mithin 18 Tage später, veranlasste, was der Antragsgegnerin die Möglichkeit nahm, noch rechtzeitig vor der Messe vom 16.-19.03.2016 gegen die einstweilige Verfügung vorzugehen. Dieses Verhalten erscheint, auch wenn die Zustellung noch innerhalb der Vollziehungsfrist erfolgte, deshalb auffällig, da der Antragsgegnervertreter bereits am Tage der Zustellung der einstweiligen Verfügung an den Antragstellervertreter diesem gegenüber seine Bevollmächtigung durch Vorlage einer umfassenden Vollmacht angezeigt hatte. 40Anstatt also, was üblich gewesen wäre, die einstweilige Verfügung sodann dem Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin von Anwalt zu Anwalt zustellen zu lassen, um das bereits seit zumindest Ende Januar 2016 stattfindende Anbieten der Produkte der Antragsgegnerin in Deutschland zu stoppen, wandte sich der Antragstellervertreter noch mit Schriftsatz vom 26.02.2016 an das Gericht und bat, der Antragsgegnerin keine Kostennote zu übersenden, um die geplante Zustellung auf der Messe nicht zu gefährden. 41Hierin zeigt sich, dass die Antragstellerin um jeden Preis an einer Zustellung auf der Messe festhalten wollte. Soweit die Antragstellerin vorbringt, man sei nicht sicher gewesen, ob der Rechtsanwalt der Antragsgegnerin verfahrensbevollmächtigt gewesen sei, so erscheint dies als reine Schutzbehauptung und nicht nachvollziehbar, zumal dem Schreiben des Antragsgegnervertreters eine umfassende Vollmacht beigefügt war. Im Übrigen ist dieses Vorbringen äußerst widersprüchlich, da schließlich der Antragstellervertreter am 14.03.2016 - anscheinend unter Zurückstellung dieser angeblichen Bedenken - eine Zustellung von Anwalt zu Anwalt vorgenommen hat. Damit hatte die Antragsgegnerin keine Möglichkeit, sich rechtzeitig vor der Messe gegen die einstweilige Verfügung zur Wehr zu setzen. Besonders verwerflich erscheint, dass die Antragstellerin diesen Plan vor allem deshalb verfolgte, um auf eben dieser Messe unstreitig mit technischen Innovationen der Antragsgegnerin für die eigenen Produkte zu werben. So wurde dort u.a. das im Sachverhalt dargestellte besondere Montagesystem, welches eine leichte Demontage ermöglicht, als eigene neue Entwicklung dargestellt (Anlage AG 54, S. 8). 42Ob daneben die Antragstellerin in Anbetracht der oben aufgezeigten besonderen Umstände auch die Vermutung der Dringlichkeit selbst widerlegt hat, insbesondere indem sie – ohne erkennbaren billigenswerten Grund - die einstweilige Verfügung trotz Vorlage der Vollmacht des Antragsgegnervertreters am 25.02.2016 erst am 14.03.2016 von Anwalt zu Anwalt zustellen ließ, braucht folglich nicht entschieden zu werden. 43II. 44Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO. 45Streitwert: bis zur Teilantragsrücknahme: 195.000,00 EUR 46danach: 145.000,00 EUR | 1. die einstweilige verfügung der kammer vom 23.02.2016 – az: 33 o 22/16 – wird aufgehoben und der auf ihren erlass gerichtete antrag der antragstellerin zurückgewiesen. 2. die kosten des verfahrens trägt die antragstellerin. 3. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. die antragstellerin kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des nach dem urteil vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht zuvor die antragsgegnerin sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2die parteien sind anbieter von türdichtungen und fingerschutzprodukten für türen. letztere verhindern verletzungen, indem sie die gefahr des unbeabsichtigten einklemmens der finger zwischen türblatt und zarge an den schließkanten abwenden. 3die antragstellerin bietet ihre fingerschutzprodukte unter der bezeichnung „b fingerschutz“ bereits seit etwa 30 jahren an. der verkauf erfolgt überwiegend über den großhandel, der die produkte sodann an schreiner usw. weiterverkauft. bis ende 2015 war sie in deutschland ein fast monopolartiger anbieter derartiger produkte, was dazu führte, dass bspw. der überwiegende anteil der kindergärten in deutschland mit fingerschutzprodukten der antragstellerin ausgestattet ist. die fingerschutzprofile der antragstellerin orientieren sich - was maße und form betrifft - an marktüblichen standard-türbändern wie bspw. dem türband „ variant y“ des türbandherstellers u gmbh bzw. dem türband „y“ des herstellers c und t gmbh & co. kg (vgl. katalog der antragstellerin gem. bl. 50 d.a.). 4am 15.01.2016 erlangte die antragstellerin anlässlich der messe „swiss bau“, welche vom 13.01.2016 bis zum 16.01.2016 in zürich stattfand, erstmals kenntnis davon, dass auch die antragsgegnerin ähnliche produkte im angebot führt. ende januar erhielt die antragstellerin nach eigenen angaben erstmals kenntnis davon, dass die produkte der antragsgegnerin auch gegenüber deutschen kunden angeboten wurden. 5ein wesentlicher unterschied der produkte der parteien liegt u.a. darin, dass es bei bspw. den schutzrollos der antragsgegnerin durch eine spezielle konstruktion möglich ist, diese unkompliziert zu demontieren für den fall der wartung der türen. die vergleichbaren produkte der antragstellerin wurden - jedenfalls bis zum zeitpunkt des markteintritts der antragsgegnerin - fest montiert und können nicht ohne zerstörung der klemmleiste demontiert werden. dies wurde der kammer in der sitzung vom 31.05.2016 von den parteien bzw. ihren prozessvertretern anschaulich demonstriert. 6mit schreiben vom 09.02.2016 ließ die antragstellerin die antragsgegnerin abmahnen, weil sie bezüglich der von der antragsgegnerin angebotenen fingerschutz -profile und fingerschutz-rollos von unlauteren nachahmungen ausgeht und auch in bezug auf den produktkatalog der antragsgegnerin urheberrechtliche vorschriften verletzt sieht. angegriffen wurden diverse verschiedene produkte sowie auch eine vielzahl unterschiedlicher urheberrechtsverstöße. der antragsgegnerin wurde eine frist von 3 tagen zur abgabe einer strafbewehrten unterlassungsverpflichtungserklärung eingeräumt (vgl. anlage ast 5, bl. 98-103). 7die daraufhin erfolgte bitte der antragsgegnerin vom 11.02.2016, die stellungnahmefrist aufgrund der vielzahl der verstöße und der damit erforderlichen umfangreichen prüfung zu verlängern, wurde abgelehnt. 8am 15.02.2016 reichte die antragstellerin den verfügungsantrag vom 11.02.2016 beim landgericht köln ein. sie begründete hierin die besondere eilbedürftigkeit damit, dass bereits ein angebot der produkte in deutschland erfolge, was ihr seit ende januar bekannt sei. auch stehe die messe „frontale“ in nürnberg bevor, welche vom 16.03.2016 bis zum 19.03.2016 stattfinde. dass der verfügungsantrag erst am 09.02.2016 gestellt worden sei, liege daran, dass aufgrund des umfangs der verstöße die prüfung relativ lange gedauert habe (vgl. bl. 19 d.a.). 9unter dem 17.02.2016 erteilte die kammer zunächst umfangreiche hinweise. unter anderem gab sie darin der antragstellerin auf, näher darzulegen und gegebenenfalls glaubhaft zu machen, „dass maße und formen der profile abänderbar sind, obgleich beides durch den einsatz an den zumeist standardisierten türen und den dort vorgegebenen maßen (etwa höhe und öffnungswinkel) vorgegeben zu sein scheint.“ (vgl. bl. 113 d.a.). 10hierauf teilte die antragstellerin mit, dass maße und formen der profile abänderbar seien und nicht durch den einsatz standardisierter türen und den dort vorgegebenen maßen wie türhöhe und öffnungswinkel der tür vorgegeben seien (vgl. bl. 120 d.a.). die antragstellerin legte zudem eine eidesstattliche versicherung ihres produktbereichsleiters vor, wonach die profile von maß und form her nicht zwingend technisch erforderlich seien. die maße seien durchaus veränderbar und auch die äußere form sei nicht zwingend vorgegeben. die rundung der profile könnten auch durch eckige lösungen ersetzt werden (vgl. bl. 165 d.a.). 11nachdem die antragstellerin den antrag in der folge teilweise zurückgenommen hatte, erließ die kammer daraufhin unter dem 23.02.2016 im beschlusswege nachstehend wiedergegebene einstweilige verfügung: 12 hier bitte bl. 219-242 einfügen - 13diese beschlussverfügung wurde dem prozessvertreter der antragstellerin am 25.02.2016 zugestellt. 14mit schreiben vom gleichen tage zeigte der prozessvertreter der antragsgegnerin dem prozessvertreter der antragstellerin an, dass er die antragsgegnerin berate und vertrete und man zu der abmahnung der antragstellerin betreffend ihrem fingerschutz-programm demnächst stellung nehmen werde. beigefügt war u. a. eine umfassende vollmacht zur außergerichtlichen sowie gerichtlichen vertretung im bezug auf die abmahnung wegen des fingerschutzprogramms der antragstellerin (vgl. bl. 261 – 264 d.a.). 15mit schreiben vom 26.02.2016 an das landgericht köln bat die antragstellerin darum, der antragsgegnerin keine kostennote zu senden, bevor der verfügungsbeschluss zugestellt sei. die zustellung solle am 16.03.2016 auf der messe in nürnberg erfolgen. es bestehe die gefahr, dass die antragsgegnerin bei kenntnis von erlass der einstweiligen verfügung diese geplante zustellung vereiteln würde (vgl. bl. 249 d.a.). 16auf eigene initiative des antragsgegnervertreters erhielt dieser auf sein schreiben vom 10.03.2016 hin akteneinsicht (bl. 250). 17am 14.03.2016 veranlasste der prozessbevollmächtigte der antragstellerin die zustellung der einstweiligen verfügung von anwalt zu anwalt (vgl. anlage ag 53). 18nachdem die antragsgegnerin gegen die einstweilige verfügung widerspruch eingelegt hat, beantragt die antragstellerin, 19die einstweilige verfügung der kammer vom 23.02 2016 – az.: 33 o 22/16 - zu bestätigen. 20die antragsgegnerin beantragt, 21die einstweilige verfügung der kammer vom 23.02.2016 - az.: 33 o 22/16 - aufzuheben und den auf ihren erlass gerichteten antrag der antragstellerin zurückzuweisen. 22die antragsgegnerin beruft sich u. a. darauf, dass das vorgehen der antragstellerin rechtsmissbräuchlich sei. diese habe der kammer wesentliche informationen vor erlass der einstweiligen verfügung vorenthalten und die zustellung der einstweiligen verfügung an den prozessbevollmächtigten der antragsgegnerin lediglich aus dem grunde so zögerlich betrieben (zustellung erst 18 tage nach erhalt der einstweiligen verfügung), um den messeauftritt der antragsgegnerin auf der messe in nürnberg zu verhindern, um dort ungehindert mit technischen innovationen (gem. der anlage ag 54) zu werben, welche die antragsgegnerin entwickelt habe. 23die antragsstellerin hat hierzu lediglich erklärt, die zustellung der einstweiligen verfügung von anwalt zu anwalt erst am 14.03.2016 habe ihren grund darin, dass der prozessvertreter der antragsgegnerin keine vollumfängliche bevollmächtigung angezeigt habe. er habe lediglich mitgeteilt, dass er die antragsgegnerin berate und vertrete. diesem schreiben sei nicht mit hinreichender sicherheit zu entnehmen gewesen, dass er sich auch als verfahrensbevollmächtigter gemeldet habe. daher habe man die verfügung zumindest auch auf der messe vom 16. bis 19.03.2016 zustellen wollen. man habe immer noch auf eine außergerichtliche einigung gehofft, da die antragsgegnerin mit schreiben vom 25.02.2016 habe mitteilen lassen, dass sie demnächst stellung nehmen würde. da eine stellungnahme nicht erfolgt sei, habe die antragstellerin den beschluss schließlich an den jetzigen verfahrensbevollmächtigten und an die partei selbst zustellen lassen, so dass die dringlichkeitsvermutung nicht widerlegt worden sei. 24bezüglich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätzen nebst anlagen bezug genommen. 25 | 26i. 27die einstweilige verfügung der kammer vom 23.02.2016 war aufzuheben und der auf ihren erlass gerichtete antrag war zurückzuweisen. 28der antrag auf erlass einer einstweiligen verfügung ist unzulässig. es mangelt der antragstellerin an der erforderlichen prozessführungsbefugnis, da - soweit im summarischen verfahren der einstweiligen verfügung derzeit feststellbar ist - grund zu der annahme besteht, dass der antrag auf erlass einer einstweiligen verfügung im vorliegenden fall rechtsmissbräuchlich im sinne des § 8 abs. 4 s. 1 uwg ist. bei missbräuchlicher gerichtlicher geltendmachung des unterlassungsanspruchs ist nach ganz herrschender meinung vom fehlen der prozessführungsbefugnis auszugehen, so dass ein verfügungsantrag als unzulässig abzuweisen ist (köhler/feddersen in köhler/bornkamm, uwg, 34. aufl. 2016, § 8, rn. 4.3 m.w.n.). 29gemäß § 8 abs. 4 s. 1 uwg ist die geltendmachung eines unterlassungsanspruchs gemäß § 8 abs. 1 uwg unzulässig, wenn sie unter berücksichtigung der gesamten umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den zuwiderhandelnden einen anspruch auf ersatz von aufwendungen oder kosten der rechtsverfolgung entstehen zu lassen. 30missbrauch liegt vor, wenn der anspruchsberechtigte mit der geltendmachung des anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige interessen und ziele verfolgt und diese als die eigentliche triebfeder und das beherrschende motiv der verfahrenseinleitung erscheinen. ein fehlen oder vollständiges zurücktreten legitimer wettbewerbsrechtlicher ziel ist indessen nicht erforderlich. ausreichend ist, dass die sachfremden ziele überwiegen (köhler/feddersen in köhler/bornkamm, uwg, 34. aufl. 2016, § 8, rn. 4.10 m.w.n.). 31als typische beispielsfälle eines sachfremden motivs nennt das gesetz das gebührenerzielungsinteresse. der wortlaut der vorschrift („insbesondere“) zeigt jedoch, dass hierdurch andere missbrauchsformen nicht ausgeschlossen sind (so im ergebnis auch lg bonn, urteil vom 18.03.2015, az. 1 o 46 / 15 m.w.n.). 32das vorliegen eines missbrauchs ist jeweils im einzelfall unter berücksichtigung der gesamten umstände zu beurteilen. maßgebend sind die motive und zwecke der geltendmachung des anspruchs, die sich in der regel nur aus äußeren umständen erschließen lassen (köhler/feddersen in köhler/bornkamm, uwg, 34. aufl. 2016, § 8, rn. 4.11 m.w.n.). 33im vorliegenden fall sprechen die gesamten äußeren umstände und das verhalten der antragstellerin insgesamt für ein missbräuchliches vorgehen im verfügungsverfahren. die kammer ist nach sorgfältiger prüfung und abwägung der gesamten umstände der überzeugung, dass die antragstellerin aus sachfremden erwägungen gehandelt hat. eine gesamtschau sämtlicher umstände spricht überwiegend dafür, dass es der antragstellerin darum ging, den messeauftritt der antragsgegnerin zu stören bzw. zu vereiteln, um anschließend ungestört auf der messe u.a. innovationen als eigene zu bewerben, die ursprünglich von der antragsgegnerin entwickelt worden sind. dies ergibt sich aus folgendem: 34die antragstellerin hatte bereits seit dem 15.01.2016 kenntnis von den streitgegenständlichen produkten sowie dem angegriffenen produktkatalog der antragsgegnerin und spätestens ende januar 2016 kenntnis davon, dass die in rede stehenden produkte auch in deutschland angeboten wurden. 35eine abmahnung erfolgte jedoch erst mit schreiben vom 09.02.2016. diese enthielt zahlreiche beanstandungen. für die abgabe einer strafbewehrten unterlassungsverpflichtungserklärung wurde jedoch nur eine unangemessen kurze frist zur stellungnahme von drei tagen gewährt, obgleich die antragstellerin in ihrem verfügungsantrag vom 11.02.2016 selbst einräumt, dass die prüfung der zahlreichen verstöße bei ihr selbst relativ viel zeit in anspruch genommen habe (vgl. bl. 19 d.a.). die bitte der antragsgegnerin um fristverlängerung vom 11.02.2016 lehnte die antragstellerin ab. die besondere dringlichkeit wurde im verfügungsantrag damit begründet, dass bereits produkte der antragsgegnerin in deutschland angeboten würden und auch die messe in nürnberg bevorstehe, auf der zugestellt werden solle (vgl. bl. 21 d.a.). 36auf den ausführlichen hinweis der kammer, mit dem diese u.a. deutliche zweifel daran zu erkennen gab, ob nicht die die maße und formen der profile möglicherweise durch standardmaße vorgegeben sein könnten, ließ die antragstellerin zumindest bewusst lückenhaft vortragen und glaubhaft machen. 37so wurde kammer trotz des hinweises nicht darüber informiert, dass sich die antragstellerin sowie auch die antragsgegnerin - was die form der profile betrifft und was zwischen den parteien im wesentlichen unstreitig ist - jeweils an marktüblichen standard-türbändern wie bspw. dem türband „ variant y“ des türbandherstellers u gmbh bzw. dem türband „y“ des herstellers c und t gmbh & co. kg orientieren und dies auch in den jeweiligen katalogen zum ausdruck kommt, was allerdings für die kammermitglieder als laien auf dem gebiet der fingerschutzprofile allein aus den darstellungen in den überreichten katalogen nicht erkennbar war (vgl. bl. 50, 73 d.a.). 38diese informationen wurden der kammer von der antragstellerin vorenthalten, obgleich ersichtlich sein musste, dass diese informationen für die kammer bei ihrer entscheidung von bedeutung waren und möglicherweise den erlass einer einstweiligen verfügung zumindest verzögert wenn nicht sogar in teilen von vorneherein verhindert hätten. 39hinzu kommt, dass die einstweilige verfügung dem prozessvertreter der antragstellerin bereits am 25.02.2016 zugestellt worden ist, dieser eine zustellung von anwalt zu anwalt jedoch erst am 14.03.2016, also mithin 18 tage später, veranlasste, was der antragsgegnerin die möglichkeit nahm, noch rechtzeitig vor der messe vom 16.-19.03.2016 gegen die einstweilige verfügung vorzugehen. dieses verhalten erscheint, auch wenn die zustellung noch innerhalb der vollziehungsfrist erfolgte, deshalb auffällig, da der antragsgegnervertreter bereits am tage der zustellung der einstweiligen verfügung an den antragstellervertreter diesem gegenüber seine bevollmächtigung durch vorlage einer umfassenden vollmacht angezeigt hatte. 40anstatt also, was üblich gewesen wäre, die einstweilige verfügung sodann dem prozessbevollmächtigten der antragsgegnerin von anwalt zu anwalt zustellen zu lassen, um das bereits seit zumindest ende januar 2016 stattfindende anbieten der produkte der antragsgegnerin in deutschland zu stoppen, wandte sich der antragstellervertreter noch mit schriftsatz vom 26.02.2016 an das gericht und bat, der antragsgegnerin keine kostennote zu übersenden, um die geplante zustellung auf der messe nicht zu gefährden. 41hierin zeigt sich, dass die antragstellerin um jeden preis an einer zustellung auf der messe festhalten wollte. soweit die antragstellerin vorbringt, man sei nicht sicher gewesen, ob der rechtsanwalt der antragsgegnerin verfahrensbevollmächtigt gewesen sei, so erscheint dies als reine schutzbehauptung und nicht nachvollziehbar, zumal dem schreiben des antragsgegnervertreters eine umfassende vollmacht beigefügt war. im übrigen ist dieses vorbringen äußerst widersprüchlich, da schließlich der antragstellervertreter am 14.03.2016 - anscheinend unter zurückstellung dieser angeblichen bedenken - eine zustellung von anwalt zu anwalt vorgenommen hat. damit hatte die antragsgegnerin keine möglichkeit, sich rechtzeitig vor der messe gegen die einstweilige verfügung zur wehr zu setzen. besonders verwerflich erscheint, dass die antragstellerin diesen plan vor allem deshalb verfolgte, um auf eben dieser messe unstreitig mit technischen innovationen der antragsgegnerin für die eigenen produkte zu werben. so wurde dort u.a. das im sachverhalt dargestellte besondere montagesystem, welches eine leichte demontage ermöglicht, als eigene neue entwicklung dargestellt (anlage ag 54, s. 8). 42ob daneben die antragstellerin in anbetracht der oben aufgezeigten besonderen umstände auch die vermutung der dringlichkeit selbst widerlegt hat, insbesondere indem sie – ohne erkennbaren billigenswerten grund - die einstweilige verfügung trotz vorlage der vollmacht des antragsgegnervertreters am 25.02.2016 erst am 14.03.2016 von anwalt zu anwalt zustellen ließ, braucht folglich nicht entschieden zu werden. 43ii. 44die kostenentscheidung folgt aus § 81 zpo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 nr. 6, 711 zpo. 45streitwert: bis zur teilantragsrücknahme: 195.000,00 eur 46danach: 145.000,00 eur | Verklagte*r | 0 |
144,044 | 18 K 8408/14 | 2015-10-21T00:00:00 | Urteil | Tenor Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Mit Verfügung vom 31. Juli 2012 stellte das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen fest, dass die Vereinigung „L. B. M. “ (L1. ) sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte und nach Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider laufe (Ziffer 1). Zu Ziffer 2 wurde die Vereinigung „L. B. M. “ verboten und aufgelöst. Unter Ziffer 3 wurde die Verwendung von Kennzeichen der Vereinigung „L. B. M. “ verboten. Die Vereinsbetätigung wurde untersagt, die Gründung von Ersatzorganisationen verboten (Ziffer 4). Das Vermögen der Vereinigung „L. B. M. “ wurde beschlagnahmt und zu Gunsten des beklagten Landes eingezogen. Sachen Dritter wurden beschlagnahmt und eingezogen, soweit der Berechtigte durch Überlassung der Sachen an die Vereinigung „L. B. M. “ deren verfassungsfeindliche Zwecke und Tätigkeiten vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Zwecke und Tätigkeiten bestimmt waren (Ziffer 5). Unter Ziffer 6 wurde die sofortige Vollziehung der Verfügung mit Ausnahme der in Nr. 5 genannten Einziehungen angeordnet. Der Bescheid umfasst 66 Seiten und ist an die Vereinigung „L. B. M. “ (L1. ), zu Händen der auf Bl. 1- 6 der Verfügung namentlich genannten 46 Personen, darunter auch der Kläger, gerichtet. In der Begründung werden der Kläger und weitere 45 Personen namentlich aufgeführt, die das Ministerium nach seinem damaligen Kenntnisstand als Mitglieder der Vereinigung ansah. Die Verbotsverfügung wurde dem Kläger bei der am 23. August 2012 stattgefundenen Hausdurchsuchung zugestellt. 3Der Kläger hat am 24. September 2012, einem Montag, Klage beim Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) erhoben mit dem Antrag, die Verfügung des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes NRW vom 31. Juli 2012 aufzuheben, soweit sich diese gegen ihn richte.Hilfsweise hat er zwei Feststellungsanträge gestellt unter Hinweis darauf, dass er kein Mitglied der in der Verbotsverfügung bezeichneten Organisation sei und gewesen sei. Bei der im Zusammenhang mit der Vollziehung der Verbotsverfügung bei ihm durchgeführten Hausdurchsuchung seien ausweislich des Sicherstellungsprotokolls keine der in der Verbotsverfügung bezeichneten Visitenkarten, Bekleidungsgegenstände, Poster usw. der Organisation aufgefunden worden. Er habe sich nie als Mitglied der der Verbotsverfügung unterliegenden Organisation bezeichnet und habe auch keine Kenntnis davon, dass eine andere Person über ihn behauptet habe, dass er Mitglied in der dem Verbot unterliegenden Vereinigung sei. Der Beklagte führe in seiner Verbotsverfügung selber aus, dass weder eine Mitgliederliste der L. noch eine offizielle Satzung vorläge. 4Mit Beschluss vom 20. Dezember 2012 hat sich das OVG NRW für sachlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das zuständige Verwaltungsgericht Aachen verwiesen. Wenn ein Einzelner die Verbotsverfügung wie der im Streit stehenden Vereinigung mit der Behauptung angreife, nicht Mitglied des Vereins zu sein, gehe es nicht um die Rechtsverhältnisse vieler Einzelpersonen. Betroffen sei insoweit allenfalls eine inhaltliche Richtigstellung der Verfügung mit Blick auf den in Anspruch genommenen „guten Ruf“ der Klägerseite. 5Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, dass das Verfahren auf die hilfsweise angekündigten Feststellungsanträge beschränkt werde, hat sich das VG Aachen mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das erkennende Gericht verwiesen. 6Der Kläger führt hierzu aus: Er habe ein berechtigtes Interesse daran, sowohl von den stigmatisierenden Wirkungen eines Verbots als auch von den in der Verbotsverfügung unter Ziffer 4 erwähnten, sich in die Zukunft richtenden Geboten und Konsequenzen verschont zu bleiben. Als Adressat der Verbotsverfügung habe er auch ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung. Er habe unter dem Aspekt der über Art. 9 GG geschützten negativen Vereinigungsfreiheit sowohl ein Rehabilitierungsinteresse als auch ein Interesse an der Vermeidung persönlicher und wirtschaftlicher Nachteile, die sich aus den Feststellungs- sowie insbesondere den Rechtsfolgenwirkungen der Verbotsverfügung für ihn ergeben könnten und tatsächlich auch ergeben hätten. Damit habe er ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Die Außenwirkung der Verbotsverfügung ergäbe sich aus den Rechtsfolgenwirkungen, die die Verbotsverfügung auszulösen geeignet sei. Diese ergäben sich u.a. aus § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG oder verhaltensunabhängig aus § 5 Abs. 1 Nr. 2a WaffG oder § 17 Abs. 1 S. 2 BJagdG oder den einschlägigen Vorschriften des Beamtenstatusgesetzes, Luftsicherheitsgesetzes usw. Er könne nicht darauf verwiesen werden, sich im Sinne der vorgenannten Normen zu betätigen, um im Rahmen der sich sodann anschließenden Verfahren seine (Nicht-) Mitgliedschaft klären zu lassen. Die Zuschreibung der Mitgliedschaft zu einer nach Art. 9 Abs. 2 GG in Verbindung mit § 3 VereinsG verbotenen Vereinigung und die Zustellung der entsprechenden Verbotsverfügung an ihn verstießen zudem gegen sein allgemeines Persönlichkeitsrecht, in dem sie ‑ unterhalb der Schwelle des § 185 StGB ‑ in den Kernbereich der Ehre eindringen. Die Verbotsverfügung als solche habe in Bezug auf ihn den Erklärungswert, dass die die Entscheidung treffende staatliche Behörde ihn als eine Person ansehe und bezeichne, die verfassungsfeindlichen Bestrebungen im Sinne des §§ 3,4 BVerfSchG nachgehe, mithin als „Verfassungsfeind“ anzusehen sei, weshalb sie ihn auch positiv als Adressaten der Verbotsverfügung anspräche. Es sei daher unerheblich, ob die Verbotsverfügung im Verhältnis zu Dritten stigmatisierende Wirkung entfalte.Zudem reichten die vorliegenden Erkenntnisse nicht aus, um ihm eine Mitgliedschaft in der im Streit stehenden Vereinigung nachzuweisen. Er sei politisch interessiert und habe sich bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung vor allem im sog. „rechten“ politischen Spektrum betätigt. Dies habe sich jedoch in keiner Mitgliedschaft in einer Vereinigung, insbesondere nicht in der verbotenen Vereinigung niedergeschlagen. Er kenne zwar im örtlichen Bereich viele Personen, die politisch ähnlich wie er denken würden. Zu diesen Personen habe er auch Kontakte und Freundschaften unterhalten. Dies habe sich jedoch nicht zu einer Mitgliedschaft verfestigt. Ähnlich wie in einem Fußballclub, bei dem auch nicht jeder „Fan“ gleich Mitglied des Vereins sei, habe er lediglich Kontakt und Umgang zu ihm gleichgesinnten Personen gepflegt. Bei ihm seien keine Visitenkarten der verbotenen Vereinigung mit seinem Namen, kein Mitgliedsausweis und auch keine Schriftunterlagen gefunden worden, aus denen sich ergebe, dass er Mitglied der verbotenen Vereinigung gewesen sei. Dies wäre jedoch zu erwarten gewesen, wenn er tatsächlich Mitglied der Vereinigung gewesen wäre. Bei ihm seien bei der Hausdurchsuchung keine Gegenstände gefunden worden, auf denen sich die Symbolik der verbotenen Vereinigung befunden habe. Es habe sich auch keine Vereinszeitschrift o.ähnl. in seinem Besitz befunden. In dem von ihm angefertigten Personagramm befinde sich die Angabe des Beklagten, dass er den Autonomen Nationalen im Umfeld der L1. zugerechnet werde. Eine Mitgliedschaft werde hiermit nicht beschrieben. Die hinsichtlich seiner Person getroffenen polizeilichen Feststellungen beschränkten sich darauf, dass er an Demonstrationen teilgenommen habe, womit ein „Fan“-Verhalten wie bei einem Fußballclub beschrieben werde. Er habe auch keine öffentlichen Verlautbarungen für die verbotene Vereinigung abgegeben, die unter seinem Namen erschienen seien und habe keine Flugblätter oder Plakate als Verantwortlicher im Sinne des Pressegesetzes für die verbotene Vereinigung gezeichnet. Schließlich habe er auch keine Versammlungen für diese und/oder Ausflüge und Fahrten für diese zu anderen Örtlichkeiten angemeldet. Belastbare Tatsachen, die seine Mitgliedschaft in der verbotenen Vereinigung begründen könnten, lägen nicht vor. Der Beklagte habe die Beweislast für das von ihm als vermeintlich vorhanden behauptete Rechtsverhältnis. Dessen Wertung, dass er Mitglied sei, sei nicht mit tragfähigem Tatsachenmaterial unterlegt. 7Der Kläger beantragt, 8festzustellen, 9a) dass er nicht Mitglied der mit Verbotsverfügung vom 31.07.2012 verbotenen Vereinigung „L. B. M. (L1. )“ ist bzw. war, 10b) dass sich die aus der Verbotsverfügung nach Ziffer 4 ergebenden Rechtsfolgen nicht auf ihn erstrecken. 11Der Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Er führt aus: Es fehle bereits an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis. Aus dem Vorbringen des Klägers lasse sich nicht mit Sicherheit ermitteln, aus der Anwendung welcher Rechtsnorm er welche Rechtsfolgen aus der von ihm bestrittenen Mitgliedschaft ableite. Gemäß § 8 Abs. 1 VereinsG dürfe niemand ‑ Mitglieder wie Nichtmitglieder der verbotenen „L. B. M. “ ‑ Ersatzorganisationen bilden oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortführen. Dass die ausschließlich und ausdrücklich an die „L. B. M. “ gerichtete Verfügung zu Händen der Mitglieder zugestellt worden sei, betreffe nicht die individuelle Rechtsstellung dieser Mitglieder. Die Zustellung an die Mitglieder erfolge lediglich als Vertreter der nicht rechts‑ und handlungsfähigen Organisation. Im Übrigen lägen ihm Erkenntnisse vor, die eine Mitgliedschaft des Klägers in der verbotenen Vereinigung belegten. Der Kläger sei mehrfach gemeinsam mit weiteren Mitgliedern der „L. B. M. “ in Erscheinung getreten, so beim Volkstrauertag am 00.00. 2010 in W. -I. , der Demonstration in E. am 00.0. 2011 oder dem Geschehen am 0.0. 2012 in der Nähe des Autonomen Zentrums in B1. . 14Die Vereinigung „L. B. M. “ hat vertreten durch ihren Vorstandsvorsitzenden („Kameradschaftsführer“) S. M1. am 24. September 2012 Klage gegen die Verbotsverfügung vom 31. Juli 2012 beim OVG NRW erhoben (5 D 96/12). Dieses hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 8. Januar 2015, rechtskräftig seit 14. Februar 2015, als unzulässig abgewiesen. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach‑ und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Soweit der Kläger sein ursprüngliches Klagebegehren auf die Feststellungsanträge beschränkt und damit teilweise zurückgenommen hat, ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. 18Im Übrigen ist die Klage unzulässig. 19Soweit der Kläger in seinem Klageantrag zu a) die Feststellung begehrt, dass er zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht Mitglied der mit Verbotsverfügung vom 31. Juli 2012 verbotenen „L. B. M. (L1. )“ ist, fehlt es bereits an einem streitigen Rechtsverhältnis. Der Beklagte behauptet nicht, dass der Kläger zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch Mitglied der verbotenen Vereinigung ist. Im Gegenteil hat der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass er keine Aktivitäten der verbotenen Vereinigung nach der im Jahr 2012 erlassenen Verbotsverfügung mehr festgestellt habe und er davon ausgehe, dass die „L. B. M. “ nicht mehr existent sei. In einer nicht existierenden Vereinigung kann niemand mehr Mitglied sein. Auch nach dem Vortrag des Klägers hat der Beklagte lediglich in der Verbotsverfügung vom 31. Juli 2012, mithin vor mehr als drei Jahren, behauptet, dass der Kläger nach seinen Feststellungen Mitglied der „L. B. M. “ sei und hat dem Kläger diese Verbotsverfügung zugestellt. Der Kläger bestreitet, Mitglied der „L. B. M. “ gewesen zu sein. Daher liegt nur insoweit, als der Kläger in seinem Klageantrag zu a) die Feststellung begehrt, dass er nicht Mitglied der mit Verbotsverfügung vom 31. Juli 2012 verbotenen Vereinigung „L. B. M. “ war, ein streitiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO vor.Dem Kläger fehlt es jedoch an dem weiterhin für sein Feststellungsbegehren gemäß § 43 Abs. 1 VwGO notwendigen berechtigtem Interesse an der baldigen Feststellung. Ein solches Interesse schließt jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art ein und kann sich insbesondere aus zu erwartenden Sanktionen, aus dem Interesse an einer Rehabilitierung, aus einer Wiederholungsgefahr oder zur Vermeidung wirtschaftlicher oder persönlicher Nachteile ergeben, 20vgl. nur Kopp, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 43 RN 23 m.w.Nachw. 21Ein derartiges schutzwürdiges Interesse ist dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen und ist auch ansonsten nicht ersichtlich. Der Kläger hat keine konkreten ihn betreffenden Tatsachen vorgetragen, aus denen geschlossen werden kann, dass er durch die Bezeichnung in der Verbotsverfügung als Mitglied der „L. B. M. “ und der Benennung in dieser Verfügung als Zustelladressaten nachteilige Folgen erlitten hat oder in der Zukunft erleiden könnte, aus denen sich zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt ein berechtigtes Feststellungsinteresse ergibt. Insbesondere liegt das geltend gemachte Interesse an einer Rehabilitierung nicht vor. Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus einer Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern, 22vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris RN 25 m.w.Nachw. 23Soweit der Kläger in der Verbotsverfügung als Zustellungsadressat benannt worden und ihm die Verbotsverfügung zugestellt worden ist, ist eine daraus resultierende eigenständige Stigmatisierung des Klägers, die ein schutzwürdiges Rehabilitierungsinteresse begründet, nicht ersichtlich. Denn der Kläger bestreitet weder, sich im Umfeld der „L. B. M. “ und der von dieser veranstalteten Aktionen aufgehalten zu haben, noch distanziert er sich von der politischen Richtung, die diese Vereinigung vertreten hat. Da es sich bei der verbotenen „L. “ ihrem Wesen nach um einen freien, bewusst ohne vereinsrechtliche Strukturen organisierten Zusammenschluss handelte, bei dem es nahe liegt, dass Aktivisten in keinem Parteibuch oder Mitgliederverzeichnis namentlich festgehalten sind, ist der Beklagte bei einem Verbot einer solchen Vereinigung gezwungen, die Verbotsverfügung all denjenigen zuzustellen, die nach seinen Feststellungen ein derartiges Näheverhältnis zu dieser Vereinigung haben, dass sie als Vertreter der nicht rechts- und handlungsfähigen Organisation von dem Verbot der Vereinigung in Kenntnis zu setzen sind. Aus der Zustellung der Verbotsverfügung allein resultiert nicht notwendig, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Zustellung Mitglied der verbotenen Vereinigung war, sondern nur, dass der Kläger aufgrund seines besonderen Näheverhältnisses zu dieser Vereinigung Mitglied dieser Vereinigung hätte sein können.Demgegenüber ist der Kläger in der Verbotsverfügung selbst vom Beklagten ausdrücklich als Mitglied der verbotenen Vereinigung benannt worden. Insoweit fehlt es allerdings an einer Außenwirkung, die Voraussetzung für ein schutzwürdiges Rehabilitierungsinteresse ist. Die Verbotsverfügung, aus der sich auch ergibt, an wen diese zugestellt worden ist, ist nur solchen Personen bekannt gegeben worden, die vom Beklagten auf Grund der Ermittlungen der Polizei als Mitglieder der Vereinigung angesehen worden sind. Eine Veröffentlichung der vollständigen Verfügung unter Benennung der Namen der vom Beklagten als Mitglieder angesehenen Personen ist bisher nicht erfolgt und vereinsrechtlich auch nicht vorgesehen. Nach § 3 Abs. 4 S. 2 VereinsG wird nur der verfügende Teil des Bescheides veröffentlicht, in dem der Name des Klägers nicht erwähnt ist. Zudem ist davon auszugehen, dass die übrigen in der Verfügung als Zustellungsadressaten benannten Personen, die vom Beklagten in der Verfügung ebenfalls als Mitglieder der „L. B. M. “ aufgeführt worden sind, auf Grund ihrer Nähe zu der verbotenen Vereinigung davon Kenntnis haben, in welchem Verhältnis sich der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses und der Zustellung der Verbotsverfügung vor mehr als drei Jahren zur Vereinigung befunden hat. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich auch nicht, dass er selbst oder Personen aus seinem Umfeld es als stigmatisierend empfinden, dass der Kläger aus seiner Sicht unzutreffender Weise vom Beklagten in der am 31. Juli 2012 erlassenen Verbotsverfügung als Mitglied der „L. B. M. “ bezeichnet worden ist.Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ergibt sich auch nicht aus der Klärung vorgreiflicher Rechtsfragen. Weder hat der Kläger ihn betreffende konkrete Sachverhalte aufgezeigt, für die seine vom Beklagten angenommene damalige Mitgliedschaft in der mittlerweile rechtskräftig verbotenen Vereinigung für ihn in der Vergangenheit Nachteile hatte, noch ist von ihm dargelegt, dass diese Nachteile nach mehr als dreieinhalb Jahren künftig noch drohen könnten. Zudem wäre weder ein Strafrichter noch eine Verwaltungsbehörde an den vom Kläger begehrten Feststellungsausspruch des erkennenden Gerichts gebunden. Es ist daher nicht ersichtlich, inwieweit die vom Kläger begehrte Feststellung hinsichtlich eines mehrere Jahre zurückliegenden Sachverhalts zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt dessen Rechtsstellung verbessern würde, sodass es ihrer nicht bedarf. 24Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens zu b) ist ebenfalls ein berechtigtes Feststellungsinteresse des Klägers zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht erkennbar. Der Ausspruch zu Ziffer 4 der Verbotsverfügung resultiert aus dem Verbot der Vereinigung, das seit dem 14. Februar 2015 rechtkräftig ist; er entspricht den jedermann betreffenden Regelungen des § 8 VereinsG. 25Die Klage des Klägers wäre aber auch unbegründet. 26Der Kläger hätte keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Feststellung zu a). Der Beklagte hat den Kläger zu Recht in der Verbotsverfügung als Mitglied der „L. B. M. “ bezeichnet, ihn in der Verbotsverfügung als Zustellungsadressaten aufgeführt und ihm die Verbotsverfügung zugestellt. Aus den polizeilichen Ermittlungen ergeben sich hinreichende Hinweise darauf, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Zustellung der Verbotsverfügung vom 31. Juli 2012 als Mitglied der „L. B. M. “ anzusehen ist. Der Kläger hat nach den unwidersprochenen Angaben des Beklagten in den Jahren 2010 bis 2012 an mehreren Aktionen gemeinsam mit einer Reihe von Mitgliedern der „L. B. M. “ teilgenommen, die damit jedenfalls auch der verbotenen Vereinigung zuzurechnen sind. Wenn der Kläger die Teilnahme an Demonstrationen, die den Zielen und Wertvorstellungen der „L. B. M. “ entsprechen, mit dem Fanverhalten bei einem Fußballclub vergleicht, ist zu berücksichtigten, dass es sich bei einem Fußballclub um eine Vereinigung mit festen vereinsrechtlichen Strukturen handelt, in dem nachweislich und nach außen deutlich erkennbar zwischen Mitgliedern und „Anhängern“ ohne Mitgliedschaft unterschieden wird. Im Gegensatz dazu ist dies bei der „L. B. M. “ nicht der Fall. Zur ungestörten Verfolgung der gemeinsamen politischen Ziele wurde als Organisationsform bewusst ein nach außen intransparenter loser Zusammenschluss ohne vereinsrechtliche Strukturen gewählt, um den staatlichen Behörden sowohl die Strafverfolgung der im Namen einer solchen Vereinigung begangenen Straftaten als auch das Verbot einer solchen Vereinigung zu erschweren. Der Kläger stand über einen mehrjährigen Zeitraum in einem derart intensiven Näheverhältnis zu der verbotenen Vereinigung, deren Ziele und Wertvorstellungen er offensichtlich teilte, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Zustellung der Verbotsverfügung zu Recht davon ausgehen durfte, dass der Kläger Mitglied der Vereinigung war, zumal anderweitige objektive und belastbare Erkenntnisquellen nicht vorliegen. 27Der Kläger hätte auch hinsichtlich seines Klageantrages zu b) keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Feststellung. Denn die in Ziffer 4 der Verbotsverfügung vom 31. Juli 2012 getroffenen Regelung, dass der Vereinigung „L. B. M. “ jede Tätigkeit untersagt ist und es verboten ist, Ersatzorganisationen zu bilden oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzuführen, richtet sich zum einen an die verbotene Vereinigung selbst und nicht an den Kläger und ist hinsichtlich des Verbots der Bildung von Ersatzorganisationen unabhängig davon, ob der Kläger Mitglied der verbotenen Vereinigung war oder nicht. Diese Rechtsfolgen ergeben sich gemäß § 8 VereinsG aus dem Verbot der Vereinigung selbst, das seit dem 14. Februar 2015 rechtskräftig ist. 28Soweit der Kläger seinen Klageantrag durch die Beschränkung des Klagebegehrens zurückgenommen hat, folgt die Kostenentscheidung aus § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen ergibt sie sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. 29Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 30Gründe für die Zulassung der Berufung nach §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen nicht vor. | soweit der kläger die klage zurückgenommen hat, wird das verfahren eingestellt. im übrigen wird die klage abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung gegen sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des jeweils beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2mit verfügung vom 31. juli 2012 stellte das ministerium für inneres und kommunales des landes nordrhein-westfalen fest, dass die vereinigung „l. b. m. “ (l1. ) sich gegen die verfassungsmäßige ordnung und gegen den gedanken der völkerverständigung richte und nach zweck und tätigkeit den strafgesetzen zuwider laufe (ziffer 1). zu ziffer 2 wurde die vereinigung „l. b. m. “ verboten und aufgelöst. unter ziffer 3 wurde die verwendung von kennzeichen der vereinigung „l. b. m. “ verboten. die vereinsbetätigung wurde untersagt, die gründung von ersatzorganisationen verboten (ziffer 4). das vermögen der vereinigung „l. b. m. “ wurde beschlagnahmt und zu gunsten des beklagten landes eingezogen. sachen dritter wurden beschlagnahmt und eingezogen, soweit der berechtigte durch überlassung der sachen an die vereinigung „l. b. m. “ deren verfassungsfeindliche zwecke und tätigkeiten vorsätzlich gefördert hat oder die sachen zur förderung dieser zwecke und tätigkeiten bestimmt waren (ziffer 5). unter ziffer 6 wurde die sofortige vollziehung der verfügung mit ausnahme der in nr. 5 genannten einziehungen angeordnet. der bescheid umfasst 66 seiten und ist an die vereinigung „l. b. m. “ (l1. ), zu händen der auf bl. 1- 6 der verfügung namentlich genannten 46 personen, darunter auch der kläger, gerichtet. in der begründung werden der kläger und weitere 45 personen namentlich aufgeführt, die das ministerium nach seinem damaligen kenntnisstand als mitglieder der vereinigung ansah. die verbotsverfügung wurde dem kläger bei der am 23. august 2012 stattgefundenen hausdurchsuchung zugestellt. 3der kläger hat am 24. september 2012, einem montag, klage beim oberverwaltungsgericht nordrhein-westfalen (ovg nrw) erhoben mit dem antrag, die verfügung des ministeriums für inneres und kommunales des landes nrw vom 31. juli 2012 aufzuheben, soweit sich diese gegen ihn richte.hilfsweise hat er zwei feststellungsanträge gestellt unter hinweis darauf, dass er kein mitglied der in der verbotsverfügung bezeichneten organisation sei und gewesen sei. bei der im zusammenhang mit der vollziehung der verbotsverfügung bei ihm durchgeführten hausdurchsuchung seien ausweislich des sicherstellungsprotokolls keine der in der verbotsverfügung bezeichneten visitenkarten, bekleidungsgegenstände, poster usw. der organisation aufgefunden worden. er habe sich nie als mitglied der der verbotsverfügung unterliegenden organisation bezeichnet und habe auch keine kenntnis davon, dass eine andere person über ihn behauptet habe, dass er mitglied in der dem verbot unterliegenden vereinigung sei. der beklagte führe in seiner verbotsverfügung selber aus, dass weder eine mitgliederliste der l. noch eine offizielle satzung vorläge. 4mit beschluss vom 20. dezember 2012 hat sich das ovg nrw für sachlich unzuständig erklärt und das verfahren an das zuständige verwaltungsgericht aachen verwiesen. wenn ein einzelner die verbotsverfügung wie der im streit stehenden vereinigung mit der behauptung angreife, nicht mitglied des vereins zu sein, gehe es nicht um die rechtsverhältnisse vieler einzelpersonen. betroffen sei insoweit allenfalls eine inhaltliche richtigstellung der verfügung mit blick auf den in anspruch genommenen „guten ruf“ der klägerseite. 5nachdem der kläger mitgeteilt hatte, dass das verfahren auf die hilfsweise angekündigten feststellungsanträge beschränkt werde, hat sich das vg aachen mit beschluss vom 8. dezember 2014 für unzuständig erklärt und den rechtsstreit an das erkennende gericht verwiesen. 6der kläger führt hierzu aus: er habe ein berechtigtes interesse daran, sowohl von den stigmatisierenden wirkungen eines verbots als auch von den in der verbotsverfügung unter ziffer 4 erwähnten, sich in die zukunft richtenden geboten und konsequenzen verschont zu bleiben. als adressat der verbotsverfügung habe er auch ein berechtigtes interesse an der alsbaldigen feststellung. er habe unter dem aspekt der über art. 9 gg geschützten negativen vereinigungsfreiheit sowohl ein rehabilitierungsinteresse als auch ein interesse an der vermeidung persönlicher und wirtschaftlicher nachteile, die sich aus den feststellungs- sowie insbesondere den rechtsfolgenwirkungen der verbotsverfügung für ihn ergeben könnten und tatsächlich auch ergeben hätten. damit habe er ein berechtigtes interesse im sinne von § 43 abs. 1 vwgo. die außenwirkung der verbotsverfügung ergäbe sich aus den rechtsfolgenwirkungen, die die verbotsverfügung auszulösen geeignet sei. diese ergäben sich u.a. aus § 20 abs. 1 nr. 4 vereinsg oder verhaltensunabhängig aus § 5 abs. 1 nr. 2a waffg oder § 17 abs. 1 s. 2 bjagdg oder den einschlägigen vorschriften des beamtenstatusgesetzes, luftsicherheitsgesetzes usw. er könne nicht darauf verwiesen werden, sich im sinne der vorgenannten normen zu betätigen, um im rahmen der sich sodann anschließenden verfahren seine (nicht-) mitgliedschaft klären zu lassen. die zuschreibung der mitgliedschaft zu einer nach art. 9 abs. 2 gg in verbindung mit § 3 vereinsg verbotenen vereinigung und die zustellung der entsprechenden verbotsverfügung an ihn verstießen zudem gegen sein allgemeines persönlichkeitsrecht, in dem sie ‑ unterhalb der schwelle des § 185 stgb ‑ in den kernbereich der ehre eindringen. die verbotsverfügung als solche habe in bezug auf ihn den erklärungswert, dass die die entscheidung treffende staatliche behörde ihn als eine person ansehe und bezeichne, die verfassungsfeindlichen bestrebungen im sinne des §§ 3,4 bverfschg nachgehe, mithin als „verfassungsfeind“ anzusehen sei, weshalb sie ihn auch positiv als adressaten der verbotsverfügung anspräche. es sei daher unerheblich, ob die verbotsverfügung im verhältnis zu dritten stigmatisierende wirkung entfalte.zudem reichten die vorliegenden erkenntnisse nicht aus, um ihm eine mitgliedschaft in der im streit stehenden vereinigung nachzuweisen. er sei politisch interessiert und habe sich bis zum zeitpunkt der klageerhebung vor allem im sog. „rechten“ politischen spektrum betätigt. dies habe sich jedoch in keiner mitgliedschaft in einer vereinigung, insbesondere nicht in der verbotenen vereinigung niedergeschlagen. er kenne zwar im örtlichen bereich viele personen, die politisch ähnlich wie er denken würden. zu diesen personen habe er auch kontakte und freundschaften unterhalten. dies habe sich jedoch nicht zu einer mitgliedschaft verfestigt. ähnlich wie in einem fußballclub, bei dem auch nicht jeder „fan“ gleich mitglied des vereins sei, habe er lediglich kontakt und umgang zu ihm gleichgesinnten personen gepflegt. bei ihm seien keine visitenkarten der verbotenen vereinigung mit seinem namen, kein mitgliedsausweis und auch keine schriftunterlagen gefunden worden, aus denen sich ergebe, dass er mitglied der verbotenen vereinigung gewesen sei. dies wäre jedoch zu erwarten gewesen, wenn er tatsächlich mitglied der vereinigung gewesen wäre. bei ihm seien bei der hausdurchsuchung keine gegenstände gefunden worden, auf denen sich die symbolik der verbotenen vereinigung befunden habe. es habe sich auch keine vereinszeitschrift o.ähnl. in seinem besitz befunden. in dem von ihm angefertigten personagramm befinde sich die angabe des beklagten, dass er den autonomen nationalen im umfeld der l1. zugerechnet werde. eine mitgliedschaft werde hiermit nicht beschrieben. die hinsichtlich seiner person getroffenen polizeilichen feststellungen beschränkten sich darauf, dass er an demonstrationen teilgenommen habe, womit ein „fan“-verhalten wie bei einem fußballclub beschrieben werde. er habe auch keine öffentlichen verlautbarungen für die verbotene vereinigung abgegeben, die unter seinem namen erschienen seien und habe keine flugblätter oder plakate als verantwortlicher im sinne des pressegesetzes für die verbotene vereinigung gezeichnet. schließlich habe er auch keine versammlungen für diese und/oder ausflüge und fahrten für diese zu anderen örtlichkeiten angemeldet. belastbare tatsachen, die seine mitgliedschaft in der verbotenen vereinigung begründen könnten, lägen nicht vor. der beklagte habe die beweislast für das von ihm als vermeintlich vorhanden behauptete rechtsverhältnis. dessen wertung, dass er mitglied sei, sei nicht mit tragfähigem tatsachenmaterial unterlegt. 7der kläger beantragt, 8festzustellen, 9a) dass er nicht mitglied der mit verbotsverfügung vom 31.07.2012 verbotenen vereinigung „l. b. m. (l1. )“ ist bzw. war, 10b) dass sich die aus der verbotsverfügung nach ziffer 4 ergebenden rechtsfolgen nicht auf ihn erstrecken. 11der beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13er führt aus: es fehle bereits an einem feststellungsfähigen rechtsverhältnis. aus dem vorbringen des klägers lasse sich nicht mit sicherheit ermitteln, aus der anwendung welcher rechtsnorm er welche rechtsfolgen aus der von ihm bestrittenen mitgliedschaft ableite. gemäß § 8 abs. 1 vereinsg dürfe niemand ‑ mitglieder wie nichtmitglieder der verbotenen „l. b. m. “ ‑ ersatzorganisationen bilden oder bestehende organisationen als ersatzorganisationen fortführen. dass die ausschließlich und ausdrücklich an die „l. b. m. “ gerichtete verfügung zu händen der mitglieder zugestellt worden sei, betreffe nicht die individuelle rechtsstellung dieser mitglieder. die zustellung an die mitglieder erfolge lediglich als vertreter der nicht rechts‑ und handlungsfähigen organisation. im übrigen lägen ihm erkenntnisse vor, die eine mitgliedschaft des klägers in der verbotenen vereinigung belegten. der kläger sei mehrfach gemeinsam mit weiteren mitgliedern der „l. b. m. “ in erscheinung getreten, so beim volkstrauertag am 00.00. 2010 in w. -i. , der demonstration in e. am 00.0. 2011 oder dem geschehen am 0.0. 2012 in der nähe des autonomen zentrums in b1. . 14die vereinigung „l. b. m. “ hat vertreten durch ihren vorstandsvorsitzenden („kameradschaftsführer“) s. m1. am 24. september 2012 klage gegen die verbotsverfügung vom 31. juli 2012 beim ovg nrw erhoben (5 d 96/12). dieses hat die klage mit gerichtsbescheid vom 8. januar 2015, rechtskräftig seit 14. februar 2015, als unzulässig abgewiesen. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach‑ und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakten und der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten bezug genommen. 16 | 17soweit der kläger sein ursprüngliches klagebegehren auf die feststellungsanträge beschränkt und damit teilweise zurückgenommen hat, ist das verfahren gemäß § 92 abs. 3 vwgo einzustellen. 18im übrigen ist die klage unzulässig. 19soweit der kläger in seinem klageantrag zu a) die feststellung begehrt, dass er zum entscheidungserheblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung nicht mitglied der mit verbotsverfügung vom 31. juli 2012 verbotenen „l. b. m. (l1. )“ ist, fehlt es bereits an einem streitigen rechtsverhältnis. der beklagte behauptet nicht, dass der kläger zum gegenwärtigen zeitpunkt noch mitglied der verbotenen vereinigung ist. im gegenteil hat der vertreter des beklagten in der mündlichen verhandlung ausgeführt, dass er keine aktivitäten der verbotenen vereinigung nach der im jahr 2012 erlassenen verbotsverfügung mehr festgestellt habe und er davon ausgehe, dass die „l. b. m. “ nicht mehr existent sei. in einer nicht existierenden vereinigung kann niemand mehr mitglied sein. auch nach dem vortrag des klägers hat der beklagte lediglich in der verbotsverfügung vom 31. juli 2012, mithin vor mehr als drei jahren, behauptet, dass der kläger nach seinen feststellungen mitglied der „l. b. m. “ sei und hat dem kläger diese verbotsverfügung zugestellt. der kläger bestreitet, mitglied der „l. b. m. “ gewesen zu sein. daher liegt nur insoweit, als der kläger in seinem klageantrag zu a) die feststellung begehrt, dass er nicht mitglied der mit verbotsverfügung vom 31. juli 2012 verbotenen vereinigung „l. b. m. “ war, ein streitiges rechtsverhältnis im sinne des § 43 abs. 1 vwgo vor.dem kläger fehlt es jedoch an dem weiterhin für sein feststellungsbegehren gemäß § 43 abs. 1 vwgo notwendigen berechtigtem interesse an der baldigen feststellung. ein solches interesse schließt jedes als schutzwürdig anzuerkennende interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller art ein und kann sich insbesondere aus zu erwartenden sanktionen, aus dem interesse an einer rehabilitierung, aus einer wiederholungsgefahr oder zur vermeidung wirtschaftlicher oder persönlicher nachteile ergeben, 20vgl. nur kopp, vwgo, 20. aufl. 2014, § 43 rn 23 m.w.nachw. 21ein derartiges schutzwürdiges interesse ist dem vortrag des klägers nicht zu entnehmen und ist auch ansonsten nicht ersichtlich. der kläger hat keine konkreten ihn betreffenden tatsachen vorgetragen, aus denen geschlossen werden kann, dass er durch die bezeichnung in der verbotsverfügung als mitglied der „l. b. m. “ und der benennung in dieser verfügung als zustelladressaten nachteilige folgen erlitten hat oder in der zukunft erleiden könnte, aus denen sich zum entscheidungserheblichen zeitpunkt ein berechtigtes feststellungsinteresse ergibt. insbesondere liegt das geltend gemachte interesse an einer rehabilitierung nicht vor. ein berechtigtes ideelles interesse an einer rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus einer maßnahme eine stigmatisierung des betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein ansehen in der öffentlichkeit oder im sozialen umfeld herabzusetzen. diese stigmatisierung muss außenwirkung erlangt haben und noch in der gegenwart andauern, 22vgl. bundesverwaltungsgericht, urteil vom 16. mai 2013 - 8 c 14.12 -, juris rn 25 m.w.nachw. 23soweit der kläger in der verbotsverfügung als zustellungsadressat benannt worden und ihm die verbotsverfügung zugestellt worden ist, ist eine daraus resultierende eigenständige stigmatisierung des klägers, die ein schutzwürdiges rehabilitierungsinteresse begründet, nicht ersichtlich. denn der kläger bestreitet weder, sich im umfeld der „l. b. m. “ und der von dieser veranstalteten aktionen aufgehalten zu haben, noch distanziert er sich von der politischen richtung, die diese vereinigung vertreten hat. da es sich bei der verbotenen „l. “ ihrem wesen nach um einen freien, bewusst ohne vereinsrechtliche strukturen organisierten zusammenschluss handelte, bei dem es nahe liegt, dass aktivisten in keinem parteibuch oder mitgliederverzeichnis namentlich festgehalten sind, ist der beklagte bei einem verbot einer solchen vereinigung gezwungen, die verbotsverfügung all denjenigen zuzustellen, die nach seinen feststellungen ein derartiges näheverhältnis zu dieser vereinigung haben, dass sie als vertreter der nicht rechts- und handlungsfähigen organisation von dem verbot der vereinigung in kenntnis zu setzen sind. aus der zustellung der verbotsverfügung allein resultiert nicht notwendig, dass der kläger zum zeitpunkt der zustellung mitglied der verbotenen vereinigung war, sondern nur, dass der kläger aufgrund seines besonderen näheverhältnisses zu dieser vereinigung mitglied dieser vereinigung hätte sein können.demgegenüber ist der kläger in der verbotsverfügung selbst vom beklagten ausdrücklich als mitglied der verbotenen vereinigung benannt worden. insoweit fehlt es allerdings an einer außenwirkung, die voraussetzung für ein schutzwürdiges rehabilitierungsinteresse ist. die verbotsverfügung, aus der sich auch ergibt, an wen diese zugestellt worden ist, ist nur solchen personen bekannt gegeben worden, die vom beklagten auf grund der ermittlungen der polizei als mitglieder der vereinigung angesehen worden sind. eine veröffentlichung der vollständigen verfügung unter benennung der namen der vom beklagten als mitglieder angesehenen personen ist bisher nicht erfolgt und vereinsrechtlich auch nicht vorgesehen. nach § 3 abs. 4 s. 2 vereinsg wird nur der verfügende teil des bescheides veröffentlicht, in dem der name des klägers nicht erwähnt ist. zudem ist davon auszugehen, dass die übrigen in der verfügung als zustellungsadressaten benannten personen, die vom beklagten in der verfügung ebenfalls als mitglieder der „l. b. m. “ aufgeführt worden sind, auf grund ihrer nähe zu der verbotenen vereinigung davon kenntnis haben, in welchem verhältnis sich der kläger zum zeitpunkt des erlasses und der zustellung der verbotsverfügung vor mehr als drei jahren zur vereinigung befunden hat. aus dem vortrag des klägers ergibt sich auch nicht, dass er selbst oder personen aus seinem umfeld es als stigmatisierend empfinden, dass der kläger aus seiner sicht unzutreffender weise vom beklagten in der am 31. juli 2012 erlassenen verbotsverfügung als mitglied der „l. b. m. “ bezeichnet worden ist.ein berechtigtes feststellungsinteresse ergibt sich auch nicht aus der klärung vorgreiflicher rechtsfragen. weder hat der kläger ihn betreffende konkrete sachverhalte aufgezeigt, für die seine vom beklagten angenommene damalige mitgliedschaft in der mittlerweile rechtskräftig verbotenen vereinigung für ihn in der vergangenheit nachteile hatte, noch ist von ihm dargelegt, dass diese nachteile nach mehr als dreieinhalb jahren künftig noch drohen könnten. zudem wäre weder ein strafrichter noch eine verwaltungsbehörde an den vom kläger begehrten feststellungsausspruch des erkennenden gerichts gebunden. es ist daher nicht ersichtlich, inwieweit die vom kläger begehrte feststellung hinsichtlich eines mehrere jahre zurückliegenden sachverhalts zum entscheidungserheblichen zeitpunkt dessen rechtsstellung verbessern würde, sodass es ihrer nicht bedarf. 24hinsichtlich des feststellungsbegehrens zu b) ist ebenfalls ein berechtigtes feststellungsinteresse des klägers zum entscheidungserheblichen zeitpunkt nicht erkennbar. der ausspruch zu ziffer 4 der verbotsverfügung resultiert aus dem verbot der vereinigung, das seit dem 14. februar 2015 rechtkräftig ist; er entspricht den jedermann betreffenden regelungen des § 8 vereinsg. 25die klage des klägers wäre aber auch unbegründet. 26der kläger hätte keinen anspruch auf die von ihm begehrte feststellung zu a). der beklagte hat den kläger zu recht in der verbotsverfügung als mitglied der „l. b. m. “ bezeichnet, ihn in der verbotsverfügung als zustellungsadressaten aufgeführt und ihm die verbotsverfügung zugestellt. aus den polizeilichen ermittlungen ergeben sich hinreichende hinweise darauf, dass der kläger zum zeitpunkt der zustellung der verbotsverfügung vom 31. juli 2012 als mitglied der „l. b. m. “ anzusehen ist. der kläger hat nach den unwidersprochenen angaben des beklagten in den jahren 2010 bis 2012 an mehreren aktionen gemeinsam mit einer reihe von mitgliedern der „l. b. m. “ teilgenommen, die damit jedenfalls auch der verbotenen vereinigung zuzurechnen sind. wenn der kläger die teilnahme an demonstrationen, die den zielen und wertvorstellungen der „l. b. m. “ entsprechen, mit dem fanverhalten bei einem fußballclub vergleicht, ist zu berücksichtigten, dass es sich bei einem fußballclub um eine vereinigung mit festen vereinsrechtlichen strukturen handelt, in dem nachweislich und nach außen deutlich erkennbar zwischen mitgliedern und „anhängern“ ohne mitgliedschaft unterschieden wird. im gegensatz dazu ist dies bei der „l. b. m. “ nicht der fall. zur ungestörten verfolgung der gemeinsamen politischen ziele wurde als organisationsform bewusst ein nach außen intransparenter loser zusammenschluss ohne vereinsrechtliche strukturen gewählt, um den staatlichen behörden sowohl die strafverfolgung der im namen einer solchen vereinigung begangenen straftaten als auch das verbot einer solchen vereinigung zu erschweren. der kläger stand über einen mehrjährigen zeitraum in einem derart intensiven näheverhältnis zu der verbotenen vereinigung, deren ziele und wertvorstellungen er offensichtlich teilte, dass der beklagte zum zeitpunkt der zustellung der verbotsverfügung zu recht davon ausgehen durfte, dass der kläger mitglied der vereinigung war, zumal anderweitige objektive und belastbare erkenntnisquellen nicht vorliegen. 27der kläger hätte auch hinsichtlich seines klageantrages zu b) keinen anspruch auf die von ihm begehrte feststellung. denn die in ziffer 4 der verbotsverfügung vom 31. juli 2012 getroffenen regelung, dass der vereinigung „l. b. m. “ jede tätigkeit untersagt ist und es verboten ist, ersatzorganisationen zu bilden oder bestehende organisationen als ersatzorganisationen fortzuführen, richtet sich zum einen an die verbotene vereinigung selbst und nicht an den kläger und ist hinsichtlich des verbots der bildung von ersatzorganisationen unabhängig davon, ob der kläger mitglied der verbotenen vereinigung war oder nicht. diese rechtsfolgen ergeben sich gemäß § 8 vereinsg aus dem verbot der vereinigung selbst, das seit dem 14. februar 2015 rechtskräftig ist. 28soweit der kläger seinen klageantrag durch die beschränkung des klagebegehrens zurückgenommen hat, folgt die kostenentscheidung aus § 155 abs. 2 vwgo, im übrigen ergibt sie sich aus § 154 abs. 1 vwgo. 29der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 vwgo, 708 nr. 11, 711 zpo. 30gründe für die zulassung der berufung nach §§ 124a abs. 1, 124 abs. 2 nr. 3 oder 4 vwgo liegen nicht vor. | Verklagte*r | 0 |
168,835 | 4 K 1112/14 | 2015-01-09T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Bescheide der G. für W. vom 26. März 2014 - dieser in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2014 - und vom 7. April 2014 werden aufgehoben. Das beklagte Land wird verpflichtet, die Klägerin zur Wiederholung der Prüfungsarbeit im Modul HS 1.1 - "Delinquenz im öffentlichen Raum und im sozialen Nahraum" zum nächstmöglichen Zeitpunkt zuzulassen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die geborene Klägerin nahm im Rahmen ihrer Ausbildung zur L. an der G. für öffentliche W. am 26. Februar 2014, einem Mittwoch, an der Wiederholungprüfung für Modulklausur HS 1.1 (Delinquenz im öffentlichen Raum und im sozialen Nahraum) teil. In der Vorwoche war sie wegen eines Magen-Darm-Infektes krankgeschrieben gewesen. Nach dem Wochenende fühlte sie sich nach ihren Angaben wieder besser und nahm ab Montag wieder am Lehrbetrieb teil, obwohl ihr Hausarzt sie angeblich gewarnt und ihr geraten hatte, die Folgen der Erkrankung nicht zu unterschätzen. 3Am Morgen des Prüfungstages war sie nach ihren Angaben noch geschwächt, fühlte sich aber "leidlich gut". Sie habe keinen Zweifel daran gehabt, die Prüfung durchstehen zu können. Nach Prüfungsbeginn hätten sich aber gravierende Symptome gezeigt, sie habe ein Zittern verspürt, später seien starker Schwindel und Kopfschmerz hinzugekommen. Nach am selben Tag stellte sie sich um 16 Uhr beim ärztlichen Notfalldienst vor und wurde bis (voraussichtlich) zum 28. Februar 2014 erneut krankgeschrieben. 4In einem ärztlichen Attest des behandelnden Arztes, Dr. I. in C. , vom 31. März 2014 heißt es zu der Behandlung am 26. Februar 2014: "Die damalige körperliche Untersuchung zeigt eine geschwächte, leicht desorientierte Patientin in reduziertem Allgemeinzustand mit blass-grauem Hautkolorit. Diagnosen: Gastroenteritis, Dehydrierung, Schwindel, Kreislaufdysregulation. … Aus medizinischer Sicht war bei der Patientin an dem Untersuchungstag keine Prüfungsfähigkeit gegeben." 5Mit Schreiben vom Folgetag (27. Februar 2014) wandte sich die Klägerin an das Prüfungsamt und schilderte ihre Lage. Sie sei die Klausur "völlig zittrig und unterzuckert aus falschen Ehrgeiz" angegangen und habe gedacht, ein frühzeitiger Abbruch werde automatisch zu einer Bewertung mit "ungenügend" führen. Deshalb habe sie "die Zähne zusammengebissen" und versucht, die Klausur zu einem Ende zu bringen. Es sei ihr durchaus bewusst, dass es noch gar keine Klausurergebnisse gebe, es sei ihr aber wichtig, dass das Prüfungsamt von ihrem Fall Kenntnis erlange. 6Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 24. März 2014 erklärte die Klägerin, ihren Antrag auf Genehmigung des Rücktritts vom Prüfungsversuch erneuern zu wollen. Den Rücktritt vom Prüfungsversuch habe sie bereits mit ihrem Anschreiben vom 27. Februar 2014 erklärt. Eine telefonische Rückfrage habe aber ergeben, dass sich das Schreiben nicht bei den Prüfungsakten befinde. Ihr Rücktritt sei wirksam, denn er sei ohne schuldhaftes Zögern erklärt worden. Es sei ihr nicht zumutbar gewesen, bereits im Verlauf der Prüfung zurückzutreten. Eine solche Erklärung bedürfe der Überlegung, für die während des Laufs einer Prüfung wegen des bestehenden Zeitdrucks keine ausreichende Gelegenheit bestehe. 7In einem Schreiben vom 24. März 2014 forderte die G. die Klägerin auf, zu ihrem Antrag auf Anerkennung des Rücktritts von der Prüfung die in einer E-Mail vom 21. März 2014 in Aussicht gestellten Dokumente (Ärztl. Attest, Gutachten etc.) bis zum 4. April 2014 zu übersenden. 8Mit Bescheid vom 26. März 2014 teilte die G. der Klägerin die Bewertung der Wiederholerklausur vom 26. Februar 2014 mit "5,0 nicht ausreichend" und damit das endgültige Nichtbestehen der Bachelorprüfung mit. Offenbar war der Klägerin das Ergebnis der Klausur vorab schon formlos mitgeteilt worden. Ebenfalls mit Bescheid vom 26. März 2014 entließ das Q. C. die Klägerin aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf. 9Unter dem 3. April 2014 übersandte die Klägerin das oben erwähnte Attest des Dr. I. vom 31. März und erhob Widerspruch gegen den Bescheid vom 26. März 2014, mit dem ihr das Prüfungsergebnis mitgeteilt worden war. 10Unter dem 7. April 2014 erhob die Klägerin auch Widerspruch gegen die Entlassungsverfügung vom 26. März 2014. 11Mit Widerspruchsbescheid vom 7. April 2014 wies die G. den Widerspruch gegen die Prüfungsbewertung zurück. Bewertungsfehler oder sonstige inhaltlich-fachliche Fehler seien nicht geltend gemacht worden. 12Mit weiterem Bescheid vom 7. April 2014 lehnte die G. den Antrag der Klägerin auf Anerkennung ihres Rücktritts von der Prüfung ab. Ein triftiger Grund für den Rücktritt von der Prüfung liege nicht vor. Für den Rücktritt geltend gemachte Gründe müssten dem Prüfungsamt unverzüglich schriftlich angezeigt und glaubhaft gemacht werden. Die Klägerin habe in Kenntnis des Umstandes, dass sie an einer Magen-Darm-Entzündung erkrankt war, und in Kenntnis ihrer hierauf beruhenden gesundheitlichen Beschwerden und der erheblichen Einschränkung ihrer Leistungsfähigkeit sowie entgegen dem ausdrücklichen Rat ihres Arztes an der Prüfung teilgenommen. Ihr sei demnach bereits vor und zu Beginn der Prüfung bewusst gewesen, dass ihre Prüfungsfähigkeit in erheblicher Weise beeinträchtigt war, und sie habe mithin das Risiko eines Misslingens der Prüfung willentlich in Kauf genommen. 13Am 11. April 2014 stellte die Klägerin einen Eilantrag (4 L 296/14), mit dem sie begehrte, zur Wiederholung der Prüfungsarbeit am 16. April 2014 zugelassen zu werden. Die Kammer lehnte den Antrag mit Beschluss vom 15. April 2014 ab. Das OVG lehnte die gegen den Beschluss gerichtete Beschwerde mit Beschluss noch vom selben Tage ab (6 B 428/14). Die Klägerin habe auch mit der Beschwerdebegründung nicht hinreichend dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass es ihr krankheitsbedingt unmöglich oder unzumutbar gewesen sei, dem Prüfungsamt die Gründe für ihren Prüfungsrücktritt unverzüglich anzuzeigen. Das angeführte Attest habe nur eine Prüfungsunfähigkeit der Klägerin festgestellt, nicht aber, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, dies unverzüglich geltend zu machen. 14Am 5. Mai 2014 hat die Klägerin Klage erhoben und unter dem 10. November 2014 sowohl einen "Nachtrag zum Ärztlichen Attest" des Dr. I. vom 21. Juli 2014 als auch eine Stellungnahme des LRMD Dr. L1. vom Q. C. vom 25. Juli 2014 vorgelegt. In dem "Nachtrag" heißt es: " Das Gesamtbild der von der Patientin geschilderten und mit meinen objektiven Befunden im Einklang stehenden Beschwerden gibt mir Anlass, aus medizinischer Sicht die körperliche und geistige Konstitution der Patientin unmittelbar vor und während der Prüfung als erheblich eingeschränkt zu bewerten. Sie war nicht in der Lage, zu einer sachgerechten Entscheidung zu gelangen, ob sie die Klausur absolvieren oder den Prüfungsversuch abbrechen sollte." Dr. L1. führt aus, dass nach seiner Erinnerung die Klägerin - vor der Klausur am 26. Februar 2014 - mit schweren Zeichen eines Infektes bei ihm in Behandlung war. Das ärztliche Attest des Dr. I. belege, dass die Klägerin am 26. Februar 2014 schwer erkrankt gewesen sei. Ihre körperliche und damit auch geistige Konstitution und Belastbarkeit sei im Verlaufe des Vormittags zunehmend so eingeschränkt gewesen, dass ihr selbst eine sachgerechte Einschätzung ihres Zustandes und eine sich daraus ergebende Entscheidung für einen Rücktritt von der Prüfung nicht möglich gewesen sei. Aus der von Dr. I. gestellten Diagnose "Gastroenteritis und Dehydrierung sowie Schwindel und Kreislaufdysregulation" ergebe sich medizinisch fachlich durchaus die Möglichkeit, dass ein davon betroffener Patient kurzfristig völlig desorientiert sein könne. Bei der Klägerin werde dies noch unterstützt durch den niedrigen Blutdruck, der deutlich im pathologischen Unterbereich gelegen habe. Aus polizeiamtsärztlicher Sicht teile er die Einschätzung, dass die Fehleinschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit bei der Klägerin krankheitsbedingt, zumindest hochgradig mit bedingt, gewesen sei. 15Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 161. den Bescheid der G. vom 26. März 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2014 über das Nichtbestehen der Bachelorprüfung und 172. den Bescheid der G. vom 7. April 2014 über die Ablehnung des Antrags auf Anerkennung des Rücktritts von der Prüfung aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, die Klägerin zur Wiederholung der Prüfungsarbeit im Modul HS 1.1 - "Delinquenz im öffentlichen Raum und im sozialen Nahraum" zum nächstmöglichen Zeitpunkt zuzulassen. 18Das beklagte Land beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 19die Klage abzuweisen. 20Zur Begründung wird ausgeführt, dass es der Klägerin zumutbar gewesen sei, zumindest noch während der Klausur Kontakt zur Aufsicht aufzunehmen oder unmittelbar nach der Klausur die W. oder das Prüfungsamt aufzusuchen. 21Sowohl Klägerin als auch Beklagter haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. 22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte 4 L 296/14 und des vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. 23Entscheidungsgründe: 24Mit dem Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht nach § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - ohne mündliche Verhandlung entscheiden. 25Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide der G. für öffentliche W. vom 26. März 2014 - dieser in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2014 - und vom 7. April 2014 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat ferner einen Anspruch darauf, zum nächstmöglichen Zeitpunkt zur Wiederholung der Prüfungsarbeit im Modul HS 1.1 - "Delinquenz im öffentlichen Raum und im sozialen Nahraum" zugelassen zu werden. 26Die Klägerin ist wirksam vom Prüfungsteil "Modul(wiederholungs)klausur HS 1.1 - Delinquenz im öffentlichen Raum und im sozialen Nahraum" zurückgetreten. Triftige Gründe für den Rücktritt lagen vor. Diese sind dem Prüfungsamt auch unverzüglich schriftlich angezeigt und glaubhaft gemacht worden (vgl. zu beidem Teil A § 19 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Studienordnung der Bachelorstudiengänge an der G. für öffentliche W. NRW - StudO BA -). Damit ist ihr Wiederholungskontingent nach Teil A § 13 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Sätzen 3 und 4 StudO BA noch nicht ausgeschöpft. Vielmehr gilt die Prüfung nach Teil A § 19 Abs. 2 Satz 1 StudOBA als versäumt und ist bei der nächsten angebotenen Wiederholungsmöglichkeit nachzuholen. 27Das Gericht hält an der im Eilbeschluss vom 15. April 2014 vertretenen Rechtsauffassung nach Vorlage des ärztlichen (Ergänzungs)Attestes vom 21. Juli 2014 und der polizeiamtsärztlichen Stellungnahme vom 25. Juli 2014 nicht mehr fest. Es ist nunmehr zu der Überzeugung gelangt, dass auch bei Anlegung eines strengen Maßstabes an die Unverzüglichkeit eines Rücktritts hier wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles ausnahmsweise die Voraussetzungen für die Anerkennung des Rücktritts zu bejahen sind. Die Klägerin hat, wie durch die erwähnten Atteste/Stellungnahmen belegt ist, die Rücktrittserklärung zu dem frühestmöglichen Zeitpunkt abgegeben, zu der sie von ihr zumutbarerweise hätte erwartet werden können. 28Vgl. zu diesen Anforderungen BVerwG, Urteil vom 7. Oktober 1988 29- 7 C 8.88 -, juris. 30Wie im Eilbeschluss vom 15. April 2014 bereits ausgeführt, gilt: Im Falle einer Erkrankung ist es Sache des Prüflings, sich darüber Klarheit zu verschaffen, ob seine Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit durch die Krankheit erheblich beeinträchtigt ist und bejahendenfalls daraus unverzüglich die in der jeweiligen Prüfungsordnung vorgesehenen Konsequenzen zu ziehen, und zwar grundsätzlich vor Beginn, spätestens aber während der Prüfung. Wer sich in Kenntnis der eigenen Erkrankung ‑ und gegebenenfalls gegen einen ausdrücklichen ärztlichen Rat - einer Prüfung unterzieht, trifft eine bewusste Risikoentscheidung; das schließt das Risiko ein, dass die Leistungsfähigkeit infolge der Erkrankung während der Prüfung abnimmt. Er kann dann nicht mehr mit Erfolg geltend machen, dass er aufgrund einer später eingetretenen Verschlimmerung der Krankheit keine freie Entscheidung über die weitere Teilnahme an der Prüfung habe treffen können. 31Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 18. September 2013 - 14 B 982/13 -, juris, Rdn. 6, und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. August 2002 ‑ 9 S 1573/02 -, juris, Rdn. 2 und 4. 32Das Gericht geht aufgrund des - vom Polizeiarzt als plausibel erachteten und bestätigten - sog. Nachtrags vom 21. Juli 2014, nach dem „die körperliche und geistige Konstitution der Patientin unmittelbar vor und während der Prüfung als erheblich eingeschränkt zu bewerten ist“, davon aus, dass die Klägerin aufgrund der anhaltenden oder nachwirkenden Erkrankung bereits morgens nicht in der Lage war, eine sachgerechte Entscheidung dazu zu treffen, ob sie überhaupt an der Klausur teilnehmen konnte. Insofern hat sie keine „bewusste Risikoentscheidung“ im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung getroffen, die ihr nunmehr entgegengehalten werden könnte. 33Angesichts der Schwere ihrer Erkrankung, wegen derer nach den Worten des Polizeiarztes auch eine „kurzfristige völlige Desorientierung“ nicht ausgeschlossen werden kann, war es auch nicht fehlerhaft, im Anschluss an die Klausur nicht die W. oder das Prüfungsamt, sondern unmittelbar den ärztlichen Notdienst aufzusuchen. Gleich am nächsten Tag, vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, und damit frei vom Verdacht eines Missbrauchs des Rücktrittsrechts, hat die Klägerin sinngemäß ihren Rücktritt von der Prüfung erklärt. Sie hat damit dem Prüfungsamt ihre Rücktrittsgründe im Sinne der Ausbildungsordnung „unverzüglich schriftlich angezeigt“ und auch hinreichend glaubhaft gemacht. 34Vor diesem Hintergrund ist der Bescheid der G. vom 7. April 2014 über die Nichtanerkennung des Rücktritts aufzuheben und die Klägerin zu einer weiteren Wiederholungsklausur zuzulassen. Da die Klägerin somit wirksam von diesem Prüfungsteil zurückgetreten ist, kann auch die Bewertung der Klausur mit „nicht ausreichend“ keinen Bestand haben. Sowohl der Bescheid vom 26. März 2014 als auch der Widerspruchsbescheid vom 7. April 2014 sind deshalb aufzuheben. 35Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über deren vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. | die bescheide der g. für w. vom 26. märz 2014 - dieser in gestalt des widerspruchsbescheides vom 7. april 2014 - und vom 7. april 2014 werden aufgehoben. das beklagte land wird verpflichtet, die klägerin zur wiederholung der prüfungsarbeit im modul hs 1.1 - "delinquenz im öffentlichen raum und im sozialen nahraum" zum nächstmöglichen zeitpunkt zuzulassen. der beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2die geborene klägerin nahm im rahmen ihrer ausbildung zur l. an der g. für öffentliche w. am 26. februar 2014, einem mittwoch, an der wiederholungprüfung für modulklausur hs 1.1 (delinquenz im öffentlichen raum und im sozialen nahraum) teil. in der vorwoche war sie wegen eines magen-darm-infektes krankgeschrieben gewesen. nach dem wochenende fühlte sie sich nach ihren angaben wieder besser und nahm ab montag wieder am lehrbetrieb teil, obwohl ihr hausarzt sie angeblich gewarnt und ihr geraten hatte, die folgen der erkrankung nicht zu unterschätzen. 3am morgen des prüfungstages war sie nach ihren angaben noch geschwächt, fühlte sich aber "leidlich gut". sie habe keinen zweifel daran gehabt, die prüfung durchstehen zu können. nach prüfungsbeginn hätten sich aber gravierende symptome gezeigt, sie habe ein zittern verspürt, später seien starker schwindel und kopfschmerz hinzugekommen. nach am selben tag stellte sie sich um 16 uhr beim ärztlichen notfalldienst vor und wurde bis (voraussichtlich) zum 28. februar 2014 erneut krankgeschrieben. 4in einem ärztlichen attest des behandelnden arztes, dr. i. in c. , vom 31. märz 2014 heißt es zu der behandlung am 26. februar 2014: "die damalige körperliche untersuchung zeigt eine geschwächte, leicht desorientierte patientin in reduziertem allgemeinzustand mit blass-grauem hautkolorit. diagnosen: gastroenteritis, dehydrierung, schwindel, kreislaufdysregulation. … aus medizinischer sicht war bei der patientin an dem untersuchungstag keine prüfungsfähigkeit gegeben." 5mit schreiben vom folgetag (27. februar 2014) wandte sich die klägerin an das prüfungsamt und schilderte ihre lage. sie sei die klausur "völlig zittrig und unterzuckert aus falschen ehrgeiz" angegangen und habe gedacht, ein frühzeitiger abbruch werde automatisch zu einer bewertung mit "ungenügend" führen. deshalb habe sie "die zähne zusammengebissen" und versucht, die klausur zu einem ende zu bringen. es sei ihr durchaus bewusst, dass es noch gar keine klausurergebnisse gebe, es sei ihr aber wichtig, dass das prüfungsamt von ihrem fall kenntnis erlange. 6mit schreiben ihrer bevollmächtigten vom 24. märz 2014 erklärte die klägerin, ihren antrag auf genehmigung des rücktritts vom prüfungsversuch erneuern zu wollen. den rücktritt vom prüfungsversuch habe sie bereits mit ihrem anschreiben vom 27. februar 2014 erklärt. eine telefonische rückfrage habe aber ergeben, dass sich das schreiben nicht bei den prüfungsakten befinde. ihr rücktritt sei wirksam, denn er sei ohne schuldhaftes zögern erklärt worden. es sei ihr nicht zumutbar gewesen, bereits im verlauf der prüfung zurückzutreten. eine solche erklärung bedürfe der überlegung, für die während des laufs einer prüfung wegen des bestehenden zeitdrucks keine ausreichende gelegenheit bestehe. 7in einem schreiben vom 24. märz 2014 forderte die g. die klägerin auf, zu ihrem antrag auf anerkennung des rücktritts von der prüfung die in einer e-mail vom 21. märz 2014 in aussicht gestellten dokumente (ärztl. attest, gutachten etc.) bis zum 4. april 2014 zu übersenden. 8mit bescheid vom 26. märz 2014 teilte die g. der klägerin die bewertung der wiederholerklausur vom 26. februar 2014 mit "5,0 nicht ausreichend" und damit das endgültige nichtbestehen der bachelorprüfung mit. offenbar war der klägerin das ergebnis der klausur vorab schon formlos mitgeteilt worden. ebenfalls mit bescheid vom 26. märz 2014 entließ das q. c. die klägerin aus dem beamtenverhältnis auf widerruf. 9unter dem 3. april 2014 übersandte die klägerin das oben erwähnte attest des dr. i. vom 31. märz und erhob widerspruch gegen den bescheid vom 26. märz 2014, mit dem ihr das prüfungsergebnis mitgeteilt worden war. 10unter dem 7. april 2014 erhob die klägerin auch widerspruch gegen die entlassungsverfügung vom 26. märz 2014. 11mit widerspruchsbescheid vom 7. april 2014 wies die g. den widerspruch gegen die prüfungsbewertung zurück. bewertungsfehler oder sonstige inhaltlich-fachliche fehler seien nicht geltend gemacht worden. 12mit weiterem bescheid vom 7. april 2014 lehnte die g. den antrag der klägerin auf anerkennung ihres rücktritts von der prüfung ab. ein triftiger grund für den rücktritt von der prüfung liege nicht vor. für den rücktritt geltend gemachte gründe müssten dem prüfungsamt unverzüglich schriftlich angezeigt und glaubhaft gemacht werden. die klägerin habe in kenntnis des umstandes, dass sie an einer magen-darm-entzündung erkrankt war, und in kenntnis ihrer hierauf beruhenden gesundheitlichen beschwerden und der erheblichen einschränkung ihrer leistungsfähigkeit sowie entgegen dem ausdrücklichen rat ihres arztes an der prüfung teilgenommen. ihr sei demnach bereits vor und zu beginn der prüfung bewusst gewesen, dass ihre prüfungsfähigkeit in erheblicher weise beeinträchtigt war, und sie habe mithin das risiko eines misslingens der prüfung willentlich in kauf genommen. 13am 11. april 2014 stellte die klägerin einen eilantrag (4 l 296/14), mit dem sie begehrte, zur wiederholung der prüfungsarbeit am 16. april 2014 zugelassen zu werden. die kammer lehnte den antrag mit beschluss vom 15. april 2014 ab. das ovg lehnte die gegen den beschluss gerichtete beschwerde mit beschluss noch vom selben tage ab (6 b 428/14). die klägerin habe auch mit der beschwerdebegründung nicht hinreichend dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass es ihr krankheitsbedingt unmöglich oder unzumutbar gewesen sei, dem prüfungsamt die gründe für ihren prüfungsrücktritt unverzüglich anzuzeigen. das angeführte attest habe nur eine prüfungsunfähigkeit der klägerin festgestellt, nicht aber, dass sie nicht in der lage gewesen sei, dies unverzüglich geltend zu machen. 14am 5. mai 2014 hat die klägerin klage erhoben und unter dem 10. november 2014 sowohl einen "nachtrag zum ärztlichen attest" des dr. i. vom 21. juli 2014 als auch eine stellungnahme des lrmd dr. l1. vom q. c. vom 25. juli 2014 vorgelegt. in dem "nachtrag" heißt es: " das gesamtbild der von der patientin geschilderten und mit meinen objektiven befunden im einklang stehenden beschwerden gibt mir anlass, aus medizinischer sicht die körperliche und geistige konstitution der patientin unmittelbar vor und während der prüfung als erheblich eingeschränkt zu bewerten. sie war nicht in der lage, zu einer sachgerechten entscheidung zu gelangen, ob sie die klausur absolvieren oder den prüfungsversuch abbrechen sollte." dr. l1. führt aus, dass nach seiner erinnerung die klägerin - vor der klausur am 26. februar 2014 - mit schweren zeichen eines infektes bei ihm in behandlung war. das ärztliche attest des dr. i. belege, dass die klägerin am 26. februar 2014 schwer erkrankt gewesen sei. ihre körperliche und damit auch geistige konstitution und belastbarkeit sei im verlaufe des vormittags zunehmend so eingeschränkt gewesen, dass ihr selbst eine sachgerechte einschätzung ihres zustandes und eine sich daraus ergebende entscheidung für einen rücktritt von der prüfung nicht möglich gewesen sei. aus der von dr. i. gestellten diagnose "gastroenteritis und dehydrierung sowie schwindel und kreislaufdysregulation" ergebe sich medizinisch fachlich durchaus die möglichkeit, dass ein davon betroffener patient kurzfristig völlig desorientiert sein könne. bei der klägerin werde dies noch unterstützt durch den niedrigen blutdruck, der deutlich im pathologischen unterbereich gelegen habe. aus polizeiamtsärztlicher sicht teile er die einschätzung, dass die fehleinschätzung der eigenen leistungsfähigkeit bei der klägerin krankheitsbedingt, zumindest hochgradig mit bedingt, gewesen sei. 15die klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 161. den bescheid der g. vom 26. märz 2014 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 7. april 2014 über das nichtbestehen der bachelorprüfung und 172. den bescheid der g. vom 7. april 2014 über die ablehnung des antrags auf anerkennung des rücktritts von der prüfung aufzuheben und das beklagte land zu verpflichten, die klägerin zur wiederholung der prüfungsarbeit im modul hs 1.1 - "delinquenz im öffentlichen raum und im sozialen nahraum" zum nächstmöglichen zeitpunkt zuzulassen. 18das beklagte land beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 19die klage abzuweisen. 20zur begründung wird ausgeführt, dass es der klägerin zumutbar gewesen sei, zumindest noch während der klausur kontakt zur aufsicht aufzunehmen oder unmittelbar nach der klausur die w. oder das prüfungsamt aufzusuchen. 21sowohl klägerin als auch beklagter haben ihr einverständnis mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung erklärt. 22wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte, der akte 4 l 296/14 und des vorgelegten verwaltungsvorgangs bezug genommen. 23 | 24mit dem einverständnis der beteiligten kann das gericht nach § 101 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung - vwgo - ohne mündliche verhandlung entscheiden. 25die klage ist zulässig und begründet. die angefochtenen bescheide der g. für öffentliche w. vom 26. märz 2014 - dieser in gestalt des widerspruchsbescheides vom 7. april 2014 - und vom 7. april 2014 sind rechtswidrig und verletzen die klägerin in ihren rechten (vgl. § 113 abs. 1 satz 1 vwgo). die klägerin hat ferner einen anspruch darauf, zum nächstmöglichen zeitpunkt zur wiederholung der prüfungsarbeit im modul hs 1.1 - "delinquenz im öffentlichen raum und im sozialen nahraum" zugelassen zu werden. 26die klägerin ist wirksam vom prüfungsteil "modul(wiederholungs)klausur hs 1.1 - delinquenz im öffentlichen raum und im sozialen nahraum" zurückgetreten. triftige gründe für den rücktritt lagen vor. diese sind dem prüfungsamt auch unverzüglich schriftlich angezeigt und glaubhaft gemacht worden (vgl. zu beidem teil a § 19 abs. 1 satz 1 und abs. 2 satz 1 der studienordnung der bachelorstudiengänge an der g. für öffentliche w. nrw - studo ba -). damit ist ihr wiederholungskontingent nach teil a § 13 abs. 2 satz 1 i.v.m. sätzen 3 und 4 studo ba noch nicht ausgeschöpft. vielmehr gilt die prüfung nach teil a § 19 abs. 2 satz 1 studoba als versäumt und ist bei der nächsten angebotenen wiederholungsmöglichkeit nachzuholen. 27das gericht hält an der im eilbeschluss vom 15. april 2014 vertretenen rechtsauffassung nach vorlage des ärztlichen (ergänzungs)attestes vom 21. juli 2014 und der polizeiamtsärztlichen stellungnahme vom 25. juli 2014 nicht mehr fest. es ist nunmehr zu der überzeugung gelangt, dass auch bei anlegung eines strengen maßstabes an die unverzüglichkeit eines rücktritts hier wegen der besonderen umstände des einzelfalles ausnahmsweise die voraussetzungen für die anerkennung des rücktritts zu bejahen sind. die klägerin hat, wie durch die erwähnten atteste/stellungnahmen belegt ist, die rücktrittserklärung zu dem frühestmöglichen zeitpunkt abgegeben, zu der sie von ihr zumutbarerweise hätte erwartet werden können. 28vgl. zu diesen anforderungen bverwg, urteil vom 7. oktober 1988 29- 7 c 8.88 -, juris. 30wie im eilbeschluss vom 15. april 2014 bereits ausgeführt, gilt: im falle einer erkrankung ist es sache des prüflings, sich darüber klarheit zu verschaffen, ob seine leistungs- und konzentrationsfähigkeit durch die krankheit erheblich beeinträchtigt ist und bejahendenfalls daraus unverzüglich die in der jeweiligen prüfungsordnung vorgesehenen konsequenzen zu ziehen, und zwar grundsätzlich vor beginn, spätestens aber während der prüfung. wer sich in kenntnis der eigenen erkrankung ‑ und gegebenenfalls gegen einen ausdrücklichen ärztlichen rat - einer prüfung unterzieht, trifft eine bewusste risikoentscheidung; das schließt das risiko ein, dass die leistungsfähigkeit infolge der erkrankung während der prüfung abnimmt. er kann dann nicht mehr mit erfolg geltend machen, dass er aufgrund einer später eingetretenen verschlimmerung der krankheit keine freie entscheidung über die weitere teilnahme an der prüfung habe treffen können. 31vgl. dazu ovg nrw, beschluss vom 18. september 2013 - 14 b 982/13 -, juris, rdn. 6, und vgh baden-württemberg, beschluss vom 9. august 2002 ‑ 9 s 1573/02 -, juris, rdn. 2 und 4. 32das gericht geht aufgrund des - vom polizeiarzt als plausibel erachteten und bestätigten - sog. nachtrags vom 21. juli 2014, nach dem „die körperliche und geistige konstitution der patientin unmittelbar vor und während der prüfung als erheblich eingeschränkt zu bewerten ist“, davon aus, dass die klägerin aufgrund der anhaltenden oder nachwirkenden erkrankung bereits morgens nicht in der lage war, eine sachgerechte entscheidung dazu zu treffen, ob sie überhaupt an der klausur teilnehmen konnte. insofern hat sie keine „bewusste risikoentscheidung“ im sinne der oben zitierten rechtsprechung getroffen, die ihr nunmehr entgegengehalten werden könnte. 33angesichts der schwere ihrer erkrankung, wegen derer nach den worten des polizeiarztes auch eine „kurzfristige völlige desorientierung“ nicht ausgeschlossen werden kann, war es auch nicht fehlerhaft, im anschluss an die klausur nicht die w. oder das prüfungsamt, sondern unmittelbar den ärztlichen notdienst aufzusuchen. gleich am nächsten tag, vor bekanntgabe des prüfungsergebnisses, und damit frei vom verdacht eines missbrauchs des rücktrittsrechts, hat die klägerin sinngemäß ihren rücktritt von der prüfung erklärt. sie hat damit dem prüfungsamt ihre rücktrittsgründe im sinne der ausbildungsordnung „unverzüglich schriftlich angezeigt“ und auch hinreichend glaubhaft gemacht. 34vor diesem hintergrund ist der bescheid der g. vom 7. april 2014 über die nichtanerkennung des rücktritts aufzuheben und die klägerin zu einer weiteren wiederholungsklausur zuzulassen. da die klägerin somit wirksam von diesem prüfungsteil zurückgetreten ist, kann auch die bewertung der klausur mit „nicht ausreichend“ keinen bestand haben. sowohl der bescheid vom 26. märz 2014 als auch der widerspruchsbescheid vom 7. april 2014 sind deshalb aufzuheben. 35die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo, die entscheidung über deren vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 vwgo, 708 nr. 11, 711 zpo. | Klaeger*in | 1 |
168,175 | 6z K 4139/14 | 2015-02-03T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 22. August 1995 in Wipperfürth geborene Kläger erwarb am 27. Juni 2014 in Nordrhein-Westfalen die Hochschulzugangsberechtigung mit der Gesamtnote 1,8. 3Mit Zulassungsantrag vom 4. Juli 2014 bewarb sich der Kläger bei der Beklagten um einen Studienplatz im Studiengang Humanmedizin. Er beantragte die Teilnahme am Auswahlverfahren in allen Auswahlhauptquoten. Zudem stellte er die Sonderanträge E und F („Antrag auf Nachteilsausgleich – Verbesserung der Durchschnittsnote“ und „Antrag auf Nachteilsausgleich – Verbesserung der Wartezeit“) unter Hinweis auf „besondere familiäre Umstände“. Dem Antrag legt er ein Schreiben der AOK und eine kurze ärztliche Bescheinigung bei, aus denen die chronische Erkrankung und Pflegebedürftigkeit seiner Großmutter hervorgeht. Des Weiteren fügte er Schreiben bei, in denen seine Großmutter und seine Eltern seinen Einsatz bei der Betreuung der Großmutter lobend hervorheben. Ein Schulgutachten legte er hingegen nicht vor. 4Mit Bescheid vom 14. August 2014 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger habe – ohne Wartezeit und mit der Durchschnittsnote 1,8 – die für ihn maßgeblichen Auswahlgrenzen nicht erreicht. Die Wartezeit des letzten ausgewählten Bewerbers habe zwölf Halbjahre, die Durchschnittsnote des letzten ausgewählten Bewerbers aus Nordrhein-Westfalen habe 1,0 betragen. Der geltend gemachte Nachteilsausgleich sei mangels entsprechender Nachweise abzulehnen. Auch im Auswahlverfahren der Hochschulen erhielt der Kläger einen Ablehnungsbescheid. 5Der Kläger hat am 12. September 2014 Klage erhoben, zu deren Begründung er vorträgt: Der Ablehnungsbescheid der Beklagten sei rechtswidrig. Das Vergabesystem sei nämlich – wie die erkennende Kammer bereits festgestellt habe – verfassungswidrig und daraus ergebe sich ein unmittelbarer Anspruch auf Zulassung zum Studium. Die Annahme eines solchen Zulassungsanspruchs sei bei grundrechtseffektiver Auslegung des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG geboten. 6Der Kläger beantragt, 7die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. August 2014 zu verpflichten, ihm einen Studienplatz an einer der im Bewerbungsverfahren durch ihn in der Abiturquote, hilfsweise in der Wartezeitquote, hilfsweise im Auswahlverfahren der Hochschulen benannten Hochschulen, hilfsweise an einer im Zentralen Auswahlverfahren beteiligten bundesdeutschen Hochschule im Studienfach Humanmedizin im ersten Fachsemester im Wintersemester 2014/15 zuzuweisen,hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. August 2014 zu verpflichten, ihm einen Teilstudienplatz bis zum Bestehen der Ärztlichen Vorprüfung an einer der im Bewerbungsverfahren durch ihn in der Abiturquote, hilfsweise in der Wartezeitquote, hilfsweise im Auswahlverfahren der Hochschulen benannten Hochschulen, hilfsweise an einer im Zentralen Auswahlverfahren beteiligten bundesdeutschen Hochschule im Studienfach Humanmedizin im ersten Fachsemester im Wintersemester 2014/15 zuzuweisen. 8Die Beklagte beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Sie macht geltend, die Verfassungswidrigkeit des Vergabesystems sei bislang nicht festgestellt worden. Zudem würde sich auch aus einer Verfassungswidrigkeit kein unmittelbarer Zulassungsanspruch ergeben; der Gesetzgeber wäre dann vielmehr gefordert, das Vergabesystem zu ändern. 11Die Kammer hat einen Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 16. Oktober 2014 (6z L 1477/14) abgelehnt. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des in Kopie vorgelegten Verwaltungsvorgangs der Beklagten. 13Entscheidungsgründe: 14Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 15Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuteilung des begehrten Studienplatzes nach den für das Wintersemester 2014/15 maßgeblichen Regeln und tatsächlichen Verhältnissen (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). 16Studienplätze im Studiengang Humanmedizin werden gemäß § 1 Satz 2 der Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen – VergabeVO – in Verbindung mit ihrer Anlage 1 in einem zentralen Vergabeverfahren nach Maßgabe der §§ 6 ff. VergabeVO vergeben. Der Kläger erfüllt ohne Wartezeit und mit der Abiturnote 1,8 nicht die zum Wintersemester 2014/2015 maßgeblichen Auswahlgrenzen. Für eine Auswahl in der Abiturbestenquote (§ 11 VergabeVO) war bei Bewerbern mit Hochschulzugangsberechtigung aus Nordrhein-Westfalen die Note 1,0 erforderlich; für eine Auswahl in der Wartezeitquote (§ 14 VergabeVO) waren mindestens zwölf Halbjahre erforderlich. 17Den Anträgen des Klägers auf Gewährung von Nachteilsausgleich nach § 11 Abs. 5 und § 14 Abs. 3 VergabeVO ist die Beklagte zu Recht nicht gefolgt. Warum und in welchem Umfang der Kläger ohne sein Engagement bei der Betreuung seiner Großmutter zu einem früheren Zeitpunkt oder mit einem besseren Ergebnis das Abitur gemacht hätte, ist weder von dem Kläger ausgeführt noch hinreichend belegt worden. Zum Beleg wäre für beide Formen des Nachteilsausgleichs zwingend die Vorlage eines Schulgutachtens erforderlich gewesen, worauf die Beklagte in ihrem Bewerbungsportal (www.hochschulstart.de) ausdrücklich hinweist. 18Die Auffassung des Klägers, dass das geltende System der zentralen Studienplatzvergabe zu Lasten langjährig Wartender gegen Verfassungsrecht verstößt, teilt auch die erkennende Kammer. Sie hat diese Auffassung in ihren Vorlagebeschlüssen vom 19. März 2013 und vom 18. März 2014 ausführlich begründet. 19VG Gelsenkirchen, Vorlagebeschlüsse vom 19. März 2013 - 6 K 4171/12 - und vom 18. März 2014 - 6z K 4229/13, 6z K 4324/13 und 6z K 4455/13 -, juris und www.nrwe.de. 20Das Bundesverfassungsgericht hat über die Vorlagen bislang nicht entschieden. 21Aus der Verfassungswidrigkeit der betreffenden Vorschriften resultiert vorliegend jedoch weder ein Zulassungsanspruch des Klägers noch die Notwendigkeit einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht. Zur weiteren Begründung nimmt die Kammer auf folgende Passagen ihres Urteils vom 26. April 2012 - 6z K 3684/11 - Bezug: 22„Die Kammer schließt sich […] nach nochmaliger Überprüfung und nicht zuletzt zur Wahrung der Rechtseinheitlichkeit nunmehr der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen an, welches einen unmittelbaren Zulassungsanspruch auch bei (teilweiser) Verfassungswidrigkeit des Vergabesystems verneint und erklärt hat, dass aus einem entsprechenden Verfassungsverstoß lediglich eine Pflicht des Gesetzgebers resultiere, das Auswahlsystem zu ändern. 23OVG NRW, Beschlüsse vom 8. November 2011 - 13 B 1212/11 u.a. -, NJW 2012, 1096, und vom 1. Februar 2012 - 13 A 2214/11 -, juris; ebenso BayVGH, Beschluss vom 21. September 2011 - 7 CE 11.10660 -, juris, der allerdings die Fragen des Hochschulausbaus und der Auswahl innerhalb der Kapazität nicht sauber trennt, und VG Sigmaringen, Beschluss vom 4. Februar 2011 - 6 K 2737/10 -, juris, sowie Mengden, Entscheidungsanmerkung [zu OVG NRW, Beschluss vom 6. Oktober 2011], ZJS 2011, 566 (570 f.). 24Allerdings lassen sich für einen solchen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Zulassung durchaus Gründe anführen. Dass etwa der vom Bundesverfassungsgericht angenommene grundrechtliche Anspruch auf erschöpfende Kapazitätsnutzung im Falle freigebliebener Kapazitäten zu einem Anspruch auf Zulassung zum Studium erstarkt, ist unbestritten. Eben dieser grundrechtliche Anspruch ist die materiell-rechtliche Grundlage des sog. Kapazitätsrechtsstreits, in welchem – mangels einfachgesetzlicher Rechtsgrundlage – unmittelbar aus dem verfassungskräftigen Teilhaberecht um die Zulassung zum Studium gestritten wird. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht im Übrigen mehrfach betont, dass zu den wesentlichen Bestandteilen eines verfassungsmäßigen Rechts gerade seine Durchsetzbarkeit gehört, was ebenfalls für einen Zulassungsanspruch sprechen könnte. 25Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 9. April 1975 - 1 BvR 344/74 ‑, BVerfGE 39, 276 ff., und vom 21. Oktober 1981 ‑ 1 BvR 802/78 -, BVerfGE 59, 172 (215); s. auch VG München, Beschluss vom 19. Dezember 2005 - M 3 E L 05.20578 -, juris. 26Dennoch sprechen in dem vorliegenden Kontext gewichtige Gründe gegen einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Zulassung zum Hochschulstudium. Während nämlich bei dem Anspruch auf erschöpfende Kapazitätsausnutzung der freiheitsrechtliche Charakter des Grundrechts im Vordergrund steht und sich ein Verstoß ohne Beeinträchtigung anderer zur Zulassung anstehender Bewerber verwirklichen lässt, geht es im vorliegenden Zusammenhang um die Frage einer sachgerechten Auswahl unter den Bewerbern innerhalb der Kapazität. Hier steht – wie in den Vorlagebeschlüssen der Kammer dargelegt – die gleichheitsrechtliche Seite des Grundrechts stark im Vordergrund, und jede Entscheidung zu Gunsten eines Bewerbers wirkt sich zu Lasten eines anderen Bewerbers aus. Aus diesen Gründen richtet sich die verfassungskräftige Pflicht, ein Auswahlsystem zu verwenden, das jedem hochschulreifen und damit grundsätzlich gleichberechtigt zu berücksichtigenden Bewerber die realistische Chance auf eine Zulassung verschafft, naturgemäß zunächst an den Gesetz- und den Verordnungsgeber. Diesen bleibt trotz der verschärften Anforderungen, die sich vorliegend aus dem Zusammenhang mit dem Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG ergeben, ein erheblicher Gestaltungsspielraum, in dessen Rahmen sie ein insgesamt sachgerechtes und hinreichend chancenoffenes Auswahlsystem zu entwickeln haben. Insofern dürfte die Verfassungswidrigkeit des derzeitigen Systems wohl in der Tat (nur) zu einer Verpflichtung des Gesetzgebers führen, entsprechende Korrekturen am Auswahlsystem vorzunehmen. 27Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juni 2011 - 13 C 45/11 u. a. -, juris (dort unter Rdnr. 20), und vom 8. November 2011 - 13 B 1212/11 u.a. -, NJW 2012, 1096. 28Auch das Bundesverfassungsgericht hat im Übrigen im vorliegenden Zusammenhang mehrfach die Pflicht des Gesetzgebers betont, ein verfassungsmäßiges Auswahlsystem zu schaffen und zu erhalten, indem er die tatsächliche Entwicklung des Vergabeverfahrens beobachtet und das Verteilungsverfahren gegebenenfalls nachbessert. 29Vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977 - 1 BvF 1/76 u.a. -, BVerfGE 43, 291 (321); dazu auch Möller, Rahmenbedingungen der Hochschulzulassung, 2001, S. 88 f. 30Auch wenn der Gesetzgeber dieser Pflicht in der Vergangenheit nicht (hinreichend) nachgekommen ist, wie von der Kammer jedenfalls für den Studiengang Humanmedizin angenommen, ist es dem Gericht verwehrt, durch die Annahme eines unmittelbaren Zulassungsanspruchs eine Verschiebung zwischen den Bewerbergruppen herbeizuführen. 31Die Kammer sieht sich im vorliegenden Verfahren auch nicht gehalten, gemäß Art. 100 GG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Denn die Klägerin selbst wird durch eine mögliche Verfassungswidrigkeit der betreffenden Vorschriften (noch) nicht in ihrem Grundrecht auf Zugang zum Hochschulstudium verletzt. Die Kammer hält das derzeitige Auswahlsystem einschließlich der einzelnen Auswahlquoten nämlich, wie in den Vorlagebeschlüssen vom 26. April 2012 (6 K 3656/11 u.a.) näher ausgeführt, nicht per se für verfassungswidrig und hat deshalb in der Vergangenheit auch keinen durchgreifenden Grund zur Beanstandung gesehen. Zur Verfassungswidrigkeit führt vielmehr erst der Umstand, dass die dem derzeitigen System immanente massive Zuspitzung auf das Auswahlkriterium Durchschnittsnote eines die Chancenoffenheit insgesamt wahrenden Korrektivs bedarf und dass die insoweit allein in Betracht kommende Wartezeitquote die Funktion eines solchen Korrektivs nicht mehr erfüllt, wenn die erforderliche Wartezeit die Dauer eines normalen Studiums übersteigt. 32Ob das zuletzt genannte Problem auch die Klägerin treffen wird, lässt sich jedoch nicht hinreichend sicher prognostizieren. Denn in den kritischen Bereich einer Wartezeit von zwölf oder mehr Wartehalbjahren wird die Klägerin erst in fünf bis sechs Jahren gelangen. Nimmt man die Entwicklung der Studienplatz- und Studienbewerberzahlen sowie der Auswahlgrenzen der vergangenen Jahre in den Blick und bezieht auch die vorliegenden Prognosen über die zukünftige Entwicklung der Studienbewerberzahlen in die Betrachtung mit ein, 33etwa die „Vorausberechnung der Studienanfängerzahlen 2012-2025 - Fortschreibung - (Stand 24.01.2012)“, abrufbar auf der Homepage des Sekretariats der Kultusministerkonferenz: www.kmk.org), 34spricht zwar alles dafür, dass die Auswahlgrenzen auf absehbare Zeit noch weiter ansteigen werden. Andererseits lässt sich aber nicht ausschließen, dass durch eine Änderung des Bewerberverhaltens und/oder die Schaffung zusätzlicher Studienplätze, vor allem aber durch gesetzgeberische Korrekturen am Auswahlverfahren eine Entwicklung zugunsten der Klägerin eintreten könnte. Eine Prognose, die fünf bis sechs Jahre in die Zukunft reicht, erscheint insoweit nicht unproblematisch; eine Grundrechtsverletzung gerade der Klägerin lässt sich nicht mit der für eine Vorlage nach Art. 100 GG erforderlichen Sicherheit feststellen. 35Unabhängig von den vorstehenden, entscheidungstragenden Überlegungen würde sich auch die Frage stellen, ob die für eine Vorlage nach Art. 100 GG, § 80 BVerfGG erforderliche Entscheidungserheblichkeit anzunehmen wäre. Die Kammer hat sich in ihren Vorlagebeschlüssen vom 26. April 2012 (6 K 3656/11 u.a.) auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere zu Art. 3 GG bezogen und dargelegt, dass die Entscheidungserheblichkeit in entsprechenden Fällen auch darin liegen kann, dass eine Vorlage dem Kläger die Möglichkeit verschafft, von einer gesetzlichen Neuregelung zu profitieren. Das Bundesverfassungsgericht hält in diesem Zusammenhang allerdings eine konkrete Betrachtung für angezeigt und fordert die Darlegung, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens unter Umständen von einer Neuregelung begünstigt würde. 36Vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 17. April 2008 - 2 BvL 4/05 -, BVerfGE 121, 108 (115 f.); Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, Rdnr. 843 ff. 37Es hat in diesem Zusammenhang auch ausgeführt, damit die konkrete Normenkontrolle sich nicht einer abstrakten Normenkontrolle annähere, bestünden „besonders hohe Anforderungen an die Darlegung der subjektiven Rechtsverletzung“. 38Vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2011 - 2 BvL 15/08 -, juris. 39Insoweit wäre also konkret darzulegen, dass die Klägerin bei zumindest einer der denkbaren Varianten, unter denen der Gesetzgeber bei einer Korrektur des Hochschulzulassungsrechts wählen könnte, zwingend besser stünde als bei dem gegenwärtigen Vergabesystem und dass diese Variante (auch vor dem Hintergrund der Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte) ein einigermaßen realistisches Szenario darstellt. Dies wird durch die oben bereits angedeutete Unschärfe der Prognose und durch den zeitlichen Abstand der Klägerin zu dem Bereich einer unzumutbar langen Wartezeit zumindest erschwert.“ 40Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat die von der Kammer unter Hinweis auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache zugelassene Berufung gegen das vorstehend (auszugsweise) wiedergegebene Urteil mit Beschluss vom 11. Dezember 2012 (13 A 1591/12) zurückgewiesen. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist durch das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. Oktober 2013 (6 B 13.13) ebenfalls zurückgewiesen worden. Die Kammer sieht sich damit in ihrer Auffassung bestätigt, dass ein unmittelbar aus dem Grundgesetz abzuleitender Zulassungsanspruch im vorliegenden Kontext nicht besteht und dass bei Klägern, die selbst noch keine oder nur eine auf wenige Halbjahre beschränkte Wartezeit vorzuweisen haben, auch keine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht geboten ist. Dies gilt auch im Falle des Klägers. 41Mit dem Hilfsantrag hat die Klage ebenfalls keinen Erfolg. Warum der Kläger Anspruch auf Zuteilung eines Teilstudienplatzes haben sollte, ist nicht ersichtlich. Die für zwei Hochschulen festgesetzten Teilstudienplätze sind durch die Beklagte nach Maßgabe des § 22 VergabeVO verlost worden. Die Vertreter der Beklagten haben dies in der mündlichen Verhandlung noch einmal konkret erläutert. 42Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 43Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der kläger. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der am 22. august 1995 in wipperfürth geborene kläger erwarb am 27. juni 2014 in nordrhein-westfalen die hochschulzugangsberechtigung mit der gesamtnote 1,8. 3mit zulassungsantrag vom 4. juli 2014 bewarb sich der kläger bei der beklagten um einen studienplatz im studiengang humanmedizin. er beantragte die teilnahme am auswahlverfahren in allen auswahlhauptquoten. zudem stellte er die sonderanträge e und f („antrag auf nachteilsausgleich – verbesserung der durchschnittsnote“ und „antrag auf nachteilsausgleich – verbesserung der wartezeit“) unter hinweis auf „besondere familiäre umstände“. dem antrag legt er ein schreiben der aok und eine kurze ärztliche bescheinigung bei, aus denen die chronische erkrankung und pflegebedürftigkeit seiner großmutter hervorgeht. des weiteren fügte er schreiben bei, in denen seine großmutter und seine eltern seinen einsatz bei der betreuung der großmutter lobend hervorheben. ein schulgutachten legte er hingegen nicht vor. 4mit bescheid vom 14. august 2014 lehnte die beklagte den antrag mit der begründung ab, der kläger habe – ohne wartezeit und mit der durchschnittsnote 1,8 – die für ihn maßgeblichen auswahlgrenzen nicht erreicht. die wartezeit des letzten ausgewählten bewerbers habe zwölf halbjahre, die durchschnittsnote des letzten ausgewählten bewerbers aus nordrhein-westfalen habe 1,0 betragen. der geltend gemachte nachteilsausgleich sei mangels entsprechender nachweise abzulehnen. auch im auswahlverfahren der hochschulen erhielt der kläger einen ablehnungsbescheid. 5der kläger hat am 12. september 2014 klage erhoben, zu deren begründung er vorträgt: der ablehnungsbescheid der beklagten sei rechtswidrig. das vergabesystem sei nämlich – wie die erkennende kammer bereits festgestellt habe – verfassungswidrig und daraus ergebe sich ein unmittelbarer anspruch auf zulassung zum studium. die annahme eines solchen zulassungsanspruchs sei bei grundrechtseffektiver auslegung des teilhaberechts aus art. 12 abs. 1 i.v.m. art. 3 abs. 1 gg geboten. 6der kläger beantragt, 7die beklagte unter aufhebung ihres bescheides vom 14. august 2014 zu verpflichten, ihm einen studienplatz an einer der im bewerbungsverfahren durch ihn in der abiturquote, hilfsweise in der wartezeitquote, hilfsweise im auswahlverfahren der hochschulen benannten hochschulen, hilfsweise an einer im zentralen auswahlverfahren beteiligten bundesdeutschen hochschule im studienfach humanmedizin im ersten fachsemester im wintersemester 2014/15 zuzuweisen,hilfsweise die beklagte unter aufhebung ihres bescheides vom 14. august 2014 zu verpflichten, ihm einen teilstudienplatz bis zum bestehen der ärztlichen vorprüfung an einer der im bewerbungsverfahren durch ihn in der abiturquote, hilfsweise in der wartezeitquote, hilfsweise im auswahlverfahren der hochschulen benannten hochschulen, hilfsweise an einer im zentralen auswahlverfahren beteiligten bundesdeutschen hochschule im studienfach humanmedizin im ersten fachsemester im wintersemester 2014/15 zuzuweisen. 8die beklagte beantragt, 9die klage abzuweisen. 10sie macht geltend, die verfassungswidrigkeit des vergabesystems sei bislang nicht festgestellt worden. zudem würde sich auch aus einer verfassungswidrigkeit kein unmittelbarer zulassungsanspruch ergeben; der gesetzgeber wäre dann vielmehr gefordert, das vergabesystem zu ändern. 11die kammer hat einen antrag des klägers auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes mit beschluss vom 16. oktober 2014 (6z l 1477/14) abgelehnt. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte sowie des in kopie vorgelegten verwaltungsvorgangs der beklagten. 13 | 14die klage ist zulässig, aber unbegründet. 15der kläger hat keinen anspruch auf zuteilung des begehrten studienplatzes nach den für das wintersemester 2014/15 maßgeblichen regeln und tatsächlichen verhältnissen (§ 113 abs. 5 s. 1 vwgo). 16studienplätze im studiengang humanmedizin werden gemäß § 1 satz 2 der verordnung über die zentrale vergabe von studienplätzen – vergabevo – in verbindung mit ihrer anlage 1 in einem zentralen vergabeverfahren nach maßgabe der §§ 6 ff. vergabevo vergeben. der kläger erfüllt ohne wartezeit und mit der abiturnote 1,8 nicht die zum wintersemester 2014/2015 maßgeblichen auswahlgrenzen. für eine auswahl in der abiturbestenquote (§ 11 vergabevo) war bei bewerbern mit hochschulzugangsberechtigung aus nordrhein-westfalen die note 1,0 erforderlich; für eine auswahl in der wartezeitquote (§ 14 vergabevo) waren mindestens zwölf halbjahre erforderlich. 17den anträgen des klägers auf gewährung von nachteilsausgleich nach § 11 abs. 5 und § 14 abs. 3 vergabevo ist die beklagte zu recht nicht gefolgt. warum und in welchem umfang der kläger ohne sein engagement bei der betreuung seiner großmutter zu einem früheren zeitpunkt oder mit einem besseren ergebnis das abitur gemacht hätte, ist weder von dem kläger ausgeführt noch hinreichend belegt worden. zum beleg wäre für beide formen des nachteilsausgleichs zwingend die vorlage eines schulgutachtens erforderlich gewesen, worauf die beklagte in ihrem bewerbungsportal (www.hochschulstart.de) ausdrücklich hinweist. 18die auffassung des klägers, dass das geltende system der zentralen studienplatzvergabe zu lasten langjährig wartender gegen verfassungsrecht verstößt, teilt auch die erkennende kammer. sie hat diese auffassung in ihren vorlagebeschlüssen vom 19. märz 2013 und vom 18. märz 2014 ausführlich begründet. 19vg gelsenkirchen, vorlagebeschlüsse vom 19. märz 2013 - 6 k 4171/12 - und vom 18. märz 2014 - 6z k 4229/13, 6z k 4324/13 und 6z k 4455/13 -, juris und www.nrwe.de. 20das bundesverfassungsgericht hat über die vorlagen bislang nicht entschieden. 21aus der verfassungswidrigkeit der betreffenden vorschriften resultiert vorliegend jedoch weder ein zulassungsanspruch des klägers noch die notwendigkeit einer vorlage an das bundesverfassungsgericht. zur weiteren begründung nimmt die kammer auf folgende passagen ihres urteils vom 26. april 2012 - 6z k 3684/11 - bezug: 22„die kammer schließt sich […] nach nochmaliger überprüfung und nicht zuletzt zur wahrung der rechtseinheitlichkeit nunmehr der auffassung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen an, welches einen unmittelbaren zulassungsanspruch auch bei (teilweiser) verfassungswidrigkeit des vergabesystems verneint und erklärt hat, dass aus einem entsprechenden verfassungsverstoß lediglich eine pflicht des gesetzgebers resultiere, das auswahlsystem zu ändern. 23ovg nrw, beschlüsse vom 8. november 2011 - 13 b 1212/11 u.a. -, njw 2012, 1096, und vom 1. februar 2012 - 13 a 2214/11 -, juris; ebenso bayvgh, beschluss vom 21. september 2011 - 7 ce 11.10660 -, juris, der allerdings die fragen des hochschulausbaus und der auswahl innerhalb der kapazität nicht sauber trennt, und vg sigmaringen, beschluss vom 4. februar 2011 - 6 k 2737/10 -, juris, sowie mengden, entscheidungsanmerkung [zu ovg nrw, beschluss vom 6. oktober 2011], zjs 2011, 566 (570 f.). 24allerdings lassen sich für einen solchen verfassungsunmittelbaren anspruch auf zulassung durchaus gründe anführen. dass etwa der vom bundesverfassungsgericht angenommene grundrechtliche anspruch auf erschöpfende kapazitätsnutzung im falle freigebliebener kapazitäten zu einem anspruch auf zulassung zum studium erstarkt, ist unbestritten. eben dieser grundrechtliche anspruch ist die materiell-rechtliche grundlage des sog. kapazitätsrechtsstreits, in welchem – mangels einfachgesetzlicher rechtsgrundlage – unmittelbar aus dem verfassungskräftigen teilhaberecht um die zulassung zum studium gestritten wird. in diesem zusammenhang hat das bundesverfassungsgericht im übrigen mehrfach betont, dass zu den wesentlichen bestandteilen eines verfassungsmäßigen rechts gerade seine durchsetzbarkeit gehört, was ebenfalls für einen zulassungsanspruch sprechen könnte. 25vgl. bverfg, beschlüsse vom 9. april 1975 - 1 bvr 344/74 ‑, bverfge 39, 276 ff., und vom 21. oktober 1981 ‑ 1 bvr 802/78 -, bverfge 59, 172 (215); s. auch vg münchen, beschluss vom 19. dezember 2005 - m 3 e l 05.20578 -, juris. 26dennoch sprechen in dem vorliegenden kontext gewichtige gründe gegen einen verfassungsunmittelbaren anspruch auf zulassung zum hochschulstudium. während nämlich bei dem anspruch auf erschöpfende kapazitätsausnutzung der freiheitsrechtliche charakter des grundrechts im vordergrund steht und sich ein verstoß ohne beeinträchtigung anderer zur zulassung anstehender bewerber verwirklichen lässt, geht es im vorliegenden zusammenhang um die frage einer sachgerechten auswahl unter den bewerbern innerhalb der kapazität. hier steht – wie in den vorlagebeschlüssen der kammer dargelegt – die gleichheitsrechtliche seite des grundrechts stark im vordergrund, und jede entscheidung zu gunsten eines bewerbers wirkt sich zu lasten eines anderen bewerbers aus. aus diesen gründen richtet sich die verfassungskräftige pflicht, ein auswahlsystem zu verwenden, das jedem hochschulreifen und damit grundsätzlich gleichberechtigt zu berücksichtigenden bewerber die realistische chance auf eine zulassung verschafft, naturgemäß zunächst an den gesetz- und den verordnungsgeber. diesen bleibt trotz der verschärften anforderungen, die sich vorliegend aus dem zusammenhang mit dem freiheitsrecht des art. 12 abs. 1 gg ergeben, ein erheblicher gestaltungsspielraum, in dessen rahmen sie ein insgesamt sachgerechtes und hinreichend chancenoffenes auswahlsystem zu entwickeln haben. insofern dürfte die verfassungswidrigkeit des derzeitigen systems wohl in der tat (nur) zu einer verpflichtung des gesetzgebers führen, entsprechende korrekturen am auswahlsystem vorzunehmen. 27vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 16. juni 2011 - 13 c 45/11 u. a. -, juris (dort unter rdnr. 20), und vom 8. november 2011 - 13 b 1212/11 u.a. -, njw 2012, 1096. 28auch das bundesverfassungsgericht hat im übrigen im vorliegenden zusammenhang mehrfach die pflicht des gesetzgebers betont, ein verfassungsmäßiges auswahlsystem zu schaffen und zu erhalten, indem er die tatsächliche entwicklung des vergabeverfahrens beobachtet und das verteilungsverfahren gegebenenfalls nachbessert. 29vgl. etwa bverfg, urteil vom 8. februar 1977 - 1 bvf 1/76 u.a. -, bverfge 43, 291 (321); dazu auch möller, rahmenbedingungen der hochschulzulassung, 2001, s. 88 f. 30auch wenn der gesetzgeber dieser pflicht in der vergangenheit nicht (hinreichend) nachgekommen ist, wie von der kammer jedenfalls für den studiengang humanmedizin angenommen, ist es dem gericht verwehrt, durch die annahme eines unmittelbaren zulassungsanspruchs eine verschiebung zwischen den bewerbergruppen herbeizuführen. 31die kammer sieht sich im vorliegenden verfahren auch nicht gehalten, gemäß art. 100 gg die entscheidung des bundesverfassungsgerichts einzuholen. denn die klägerin selbst wird durch eine mögliche verfassungswidrigkeit der betreffenden vorschriften (noch) nicht in ihrem grundrecht auf zugang zum hochschulstudium verletzt. die kammer hält das derzeitige auswahlsystem einschließlich der einzelnen auswahlquoten nämlich, wie in den vorlagebeschlüssen vom 26. april 2012 (6 k 3656/11 u.a.) näher ausgeführt, nicht per se für verfassungswidrig und hat deshalb in der vergangenheit auch keinen durchgreifenden grund zur beanstandung gesehen. zur verfassungswidrigkeit führt vielmehr erst der umstand, dass die dem derzeitigen system immanente massive zuspitzung auf das auswahlkriterium durchschnittsnote eines die chancenoffenheit insgesamt wahrenden korrektivs bedarf und dass die insoweit allein in betracht kommende wartezeitquote die funktion eines solchen korrektivs nicht mehr erfüllt, wenn die erforderliche wartezeit die dauer eines normalen studiums übersteigt. 32ob das zuletzt genannte problem auch die klägerin treffen wird, lässt sich jedoch nicht hinreichend sicher prognostizieren. denn in den kritischen bereich einer wartezeit von zwölf oder mehr wartehalbjahren wird die klägerin erst in fünf bis sechs jahren gelangen. nimmt man die entwicklung der studienplatz- und studienbewerberzahlen sowie der auswahlgrenzen der vergangenen jahre in den blick und bezieht auch die vorliegenden prognosen über die zukünftige entwicklung der studienbewerberzahlen in die betrachtung mit ein, 33etwa die „vorausberechnung der studienanfängerzahlen 2012-2025 - fortschreibung - (stand 24.01.2012)“, abrufbar auf der homepage des sekretariats der kultusministerkonferenz: www.kmk.org), 34spricht zwar alles dafür, dass die auswahlgrenzen auf absehbare zeit noch weiter ansteigen werden. andererseits lässt sich aber nicht ausschließen, dass durch eine änderung des bewerberverhaltens und/oder die schaffung zusätzlicher studienplätze, vor allem aber durch gesetzgeberische korrekturen am auswahlverfahren eine entwicklung zugunsten der klägerin eintreten könnte. eine prognose, die fünf bis sechs jahre in die zukunft reicht, erscheint insoweit nicht unproblematisch; eine grundrechtsverletzung gerade der klägerin lässt sich nicht mit der für eine vorlage nach art. 100 gg erforderlichen sicherheit feststellen. 35unabhängig von den vorstehenden, entscheidungstragenden überlegungen würde sich auch die frage stellen, ob die für eine vorlage nach art. 100 gg, § 80 bverfgg erforderliche entscheidungserheblichkeit anzunehmen wäre. die kammer hat sich in ihren vorlagebeschlüssen vom 26. april 2012 (6 k 3656/11 u.a.) auf die rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts insbesondere zu art. 3 gg bezogen und dargelegt, dass die entscheidungserheblichkeit in entsprechenden fällen auch darin liegen kann, dass eine vorlage dem kläger die möglichkeit verschafft, von einer gesetzlichen neuregelung zu profitieren. das bundesverfassungsgericht hält in diesem zusammenhang allerdings eine konkrete betrachtung für angezeigt und fordert die darlegung, dass der kläger des ausgangsverfahrens unter umständen von einer neuregelung begünstigt würde. 36vgl. nur bverfg, beschluss vom 17. april 2008 - 2 bvl 4/05 -, bverfge 121, 108 (115 f.); benda/klein, verfassungsprozessrecht, 3. aufl. 2012, rdnr. 843 ff. 37es hat in diesem zusammenhang auch ausgeführt, damit die konkrete normenkontrolle sich nicht einer abstrakten normenkontrolle annähere, bestünden „besonders hohe anforderungen an die darlegung der subjektiven rechtsverletzung“. 38vgl. nur bverfg, beschluss vom 21. juni 2011 - 2 bvl 15/08 -, juris. 39insoweit wäre also konkret darzulegen, dass die klägerin bei zumindest einer der denkbaren varianten, unter denen der gesetzgeber bei einer korrektur des hochschulzulassungsrechts wählen könnte, zwingend besser stünde als bei dem gegenwärtigen vergabesystem und dass diese variante (auch vor dem hintergrund der entwicklung der vergangenen jahrzehnte) ein einigermaßen realistisches szenario darstellt. dies wird durch die oben bereits angedeutete unschärfe der prognose und durch den zeitlichen abstand der klägerin zu dem bereich einer unzumutbar langen wartezeit zumindest erschwert.“ 40das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen hat die von der kammer unter hinweis auf die grundsätzliche bedeutung der sache zugelassene berufung gegen das vorstehend (auszugsweise) wiedergegebene urteil mit beschluss vom 11. dezember 2012 (13 a 1591/12) zurückgewiesen. die beschwerde gegen die nichtzulassung der revision in diesem urteil des oberverwaltungsgerichts ist durch das bundesverwaltungsgericht mit beschluss vom 4. oktober 2013 (6 b 13.13) ebenfalls zurückgewiesen worden. die kammer sieht sich damit in ihrer auffassung bestätigt, dass ein unmittelbar aus dem grundgesetz abzuleitender zulassungsanspruch im vorliegenden kontext nicht besteht und dass bei klägern, die selbst noch keine oder nur eine auf wenige halbjahre beschränkte wartezeit vorzuweisen haben, auch keine vorlage an das bundesverfassungsgericht geboten ist. dies gilt auch im falle des klägers. 41mit dem hilfsantrag hat die klage ebenfalls keinen erfolg. warum der kläger anspruch auf zuteilung eines teilstudienplatzes haben sollte, ist nicht ersichtlich. die für zwei hochschulen festgesetzten teilstudienplätze sind durch die beklagte nach maßgabe des § 22 vergabevo verlost worden. die vertreter der beklagten haben dies in der mündlichen verhandlung noch einmal konkret erläutert. 42die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 43die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit § 708 nr. 11, § 711 zivilprozessordnung. | Verklagte*r | 0 |
332,404 | 3 A 1058/15 | 2020-09-30T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Verfahrenskosten zweiter und dritter Instanz. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger steht als Finanzbeamter in Diensten des Beklagten. Im Streitjahr 2009 wurde er nach der Besoldungsgruppe A 13 gD besoldet. Er ist Vater dreier Kinder, geboren am x. Juli 1995, am x. März 1998 und am x. Januar 2000, für die er im Jahre 2009 kindergeldberechtigt war. 3Mit Schreiben vom 10. November 2009, ergänzt mit Schreiben vom 3. Dezember 2010, stellte der Kläger beim Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) den Antrag, ihm für die Jahre ab 2009 einen höheren kinderbezogenen Anteil im Familienzuschlag zu zahlen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe entschieden, dass Beamten mit drei oder mehr Kindern pro Kind monatlich (mindestens) ein Betrag i. H. v. 115 % des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs zur Verfügung stehen müsse. Durch den ihm im Jahre 2009 gewährten Familienzuschlag werde dies nicht erreicht. Ursachen dafür seien die steuerliche Belastung und die existenziell notwendige Basiskranken- und -pflegeversicherung. In seine Berechnungen des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs stellte der Kläger auch einen Zuschuss von 100,00 € jährlich für Schulbedarf ein. Er ermittelte einen nachzuzahlenden Nettobetrag für das Jahr 2009 i. H. v. 365,18 €. 4Mit Bescheid vom 19. Februar 2013 lehnte das LBV den Antrag ab. Die Familienzuschläge für dritte und weitere Kinder seien unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG ab dem 1. Januar 2007 pauschal um 50,00 € pro Monat angehoben und fortlaufend angepasst worden. Die Pauschalierung sei zulässig. Auch im Vergleich zu einer „Spitzabrechnung“ werde die amtsangemessene Alimentation von Beamten mit mehr als zwei Kindern in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle sichergestellt. Lediglich in den obersten Besoldungsgruppen könne sich dem Sinn und Zweck einer Pauschalierung entsprechend betragsmäßig eine geringfügige Abweichung ergeben. Eine weitergehende Anpassung würde dazu führen, dass der höchstrichterlich festgelegte Richtwert der Alimentation für dritte und weitere Kinder insbesondere in den unteren Besoldungsgruppen in einer nicht mehr vertretbaren Höhe überschritten würde. Der Familienzuschlag sei kindbezogen und werde für Kinder von Bezügeempfängern unterschiedlicher Besoldungsgruppen in gleicher Höhe gezahlt. 5Hiergegen erhob der Kläger unter dem 25. Februar 2013 Widerspruch. Dem angefochtenen Bescheid lasse sich kein rechnerisches Nachvollziehen der Rechtsprechung des BVerfG entnehmen. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2013 wies das LBV den Widerspruch zurück. 6Der Kläger hat am 23. April 2013 Klage mit der Begründung erhoben, die Größe seines Personalkörpers entbinde den Beklagten nicht von einer individuellen Prüfung der Besoldung des Klägers nach den Vorgaben des BVerfG. Der sozialhilferechtliche Gesamtbedarf sei nach der im Jahr 2009 geltenden Rechtslage zu ermitteln und umfasse insbesondere Leistungen zur Bildung und Teilhabe sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. 7Der Kläger hatte ursprünglich schriftsätzlich sinngemäß beantragt, 8den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Februar 2013 und des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2013 zu verurteilen, ihm für das Jahr 2009 einen Betrag i. H. v. netto 365,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. April 2013 zu zahlen. 9Aufgrund mehrerer Neuberechnungen und nachdem der Beklagte die Differenz im Nettoeinkommen des Klägers durch das dritte Kind im Jahr 2009 mit 390,28 € monatlich ermittelt hatte, hat der Kläger davon ausgehend seine Unteralimentation für das Jahr 2009 mit netto 587,52 € angegeben. 10Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Selbst wenn bei der Ermittlung des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs sonstige Positionen einbezogen würden, ergebe sich keine Unteralimentation. Kosten der Unterkunft und Heizung seien nicht in den sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf einzustellen. Dies ergebe sich aus § 27a Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). 13Mit der vom Senat durch Beschluss vom 9. August 2016 zugelassenen Berufung hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Das Verwaltungsgericht habe erstinstanzlich fehlerhaft den Klageantrag auf den Betrag von 113,82 € beziffert. Zur Auslegung des Klagebegehrens hätte es vielmehr die für das Kalenderjahr 2009 bezifferte Unteralimentation in Höhe von insgesamt netto 293,76 € (jeweils 48,96 € für die Monate Juli bis Dezember) zugrunde legen müssen. Der von ihm ausgerechnete sozialhilferechtliche monatliche Gesamtbedarf von Juli bis Dezember 2009 i. H. v. 439,24 € ergebe sich wie folgt: Durchschnittlicher Regelsatz 269,00 €, Wohnung (11 m² zu 6,46 €) 71,06 €, Zuschlag für Heizung (20 % der Kaltmiete) 14,21 €, Basiskranken- und –pflegeversicherung 27,68 €. Maßgeblich seien laut BVerfG hiervon 115 %. Die Kosten der Unterkunft und Heizung könnten für jedes Jahr nur aufgrund derjenigen Berechnungsgrundlagen ermittelt werden, die im Streitjahr aktuell vorlägen. Maßgebend sei immer die im Streitjahr aktuell vorliegende letzte Wohngeldstatistik bzw. Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). Zum sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf zähle auch das Schulbedarfspaket gemäß § 28a SGB XII in Höhe von 100 € jährlich, mithin 8,33 € im Monat. 14Nachdem der Kläger im Berufungsverfahren zunächst weiter von einer Unteralimentation i. H. v. 293,76 € ausgegangen war, hat er zuletzt beantragt, 15das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Feb-ruar 2013 und des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2013 zu verurteilen, ihm für das Jahr 2009 einen Nettobetrag in Höhe von 482,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23. April 2013 zu zahlen. 16Der Beklagte hat beantragt, 17die Berufung zurückzuweisen. 18Die vom BVerfG entwickelten Maßstäbe zur Alimentation kinderreicher Beamter seien zwar grundsätzlich nach wie vor heranzuziehen. Mit zunehmendem zeitlichen Abstand seien jedoch immer mehr Parameter aus dieser Berechnungsmethode aufgrund von Änderungen besoldungsrelevanter Gesetze und veränderter Tatsachengrundlage nicht mehr unmittelbar anwendbar, sondern müssten fortentwickelt werden. Eine solche Fortentwicklung sei im Hinblick auf die erfolgten Neuregelungen des Sozialhilferechts im SGB XII vorzunehmen. Beträge zur Kranken- oder Pflegeversicherung seien hingegen nicht in Ansatz zu bringen. Der sozialhilferechtliche Gesamtbedarf des dritten Kindes betrage 319,00 € monatlich: 237,00 € durchschnittlicher gewichteter Regelbedarf, 70,00 € Unterkunftskosten sowie 12,00 € durchschnittliche Heizkosten. Für die Berechnung sei jeweils der Jahresbetrag zugrunde zu legen und hieraus der durchschnittliche Monatsbetrag zu errechnen. Der vom BVerfG vorgenommene pauschalierte Zuschlag von 20 % des Regelsatzes für einmalige Leistungen gelte für das Jahr 2009 nicht mehr. Die einmaligen Leistungen zum Lebensunterhalt seien nach den 2005 neugefassten sozialhilferechtlichen Regelungen fast vollständig in die deutlich angehobenen Regelsätze eingearbeitet worden. Bei den monatlichen Unterkunftskosten sei für ein Kind ein Wohnflächenanteil von 12 m² zu je 5,76 € im Monat als angemessen anzusehen. Für die Heizkosten seien 18 % hiervon anzusetzen. Die Mindestalimentation betrage danach 366,85 € (319,00 € × 115 %). Der ermittelte Differenzbetrag zwischen der Alimentation eines Beamten mit zwei Kindern und eines Beamten mit drei Kindern überschreite die Mindestalimentation. Eine Auszehrung der familienneutralen Gehaltsbestandteile des Klägers wegen des Unterhalts für sein drittes Kind finde damit nicht statt. 19Mit Urteil vom 7. Juni 2017 hat der Senat den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Februar 2013 und des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2013 verurteilt, dem Kläger für das Jahr 2009 einen Nettobetrag in Höhe von 482,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23. April 2013 zu zahlen. Zur Begründung hat er ausgeführt: 20Es liege keine unzulässige Klageerweiterung oder teilweise Klagerücknahme vor. Der Kläger sei nicht gehalten gewesen, seinen Klageantrag betragsmäßig zu konkretisieren. Kläger dürften es bei unbezifferten Klageanträgen belassen, wenn sie Ansprüche auf höhere Familienzuschläge für dritte und weitere Kinder nach Maßgabe des Beschlusses des BVerfG vom 24. November 1998 – 2 BvL 26/91 u.a. –, juris, geltend machten. Der Kläger habe ungeachtet eigener Angaben von Beträgen stets verdeutlicht, die konkrete Berechnung sei Sache des Beklagten. Er habe ersichtlich den ihm nach der Rechtsprechung des BVerfG zustehenden Familienzuschlag für das ganze Jahr 2009 begehrt (§ 88 VwGO). 21Die Klage sei begründet. Dem Kläger stehe hinsichtlich des Jahres 2009 ein Anspruch auf Zahlung weiterer Familienzuschläge in der ausgeurteilten Höhe zu. Dieser Anspruch ergebe sich unmittelbar aus der Vollstreckungsanordnung des BVerfG nach § 35 BVerfGG im Beschluss vom 24. November 1998 – 2 BvL 26/91 u.a. –. 22Hiernach hätten Besoldungsempfänger für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind Anspruch auf familienbezogene Gehaltsbestandteile in Höhe von 115 % des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes. Die Rechtsfolge sei in den Gründen so präzisiert, dass der konkrete Nachzahlungsbetrag abhängig von den tatbestandsrelevanten Verhältnissen des Einzelfalls berechnet werden könne. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, diese Beträge von sich aus zu gewähren. Auf der Vollstreckungsanordnung beruhe auch die weitere Befugnis der Verwaltungsgerichte, auf der Grundlage dieser Vorgaben zusätzliche Besoldungsanteile über das einfache Gesetz hinaus zu berechnen und in einem Leistungsurteil unmittelbar zuzusprechen. 23I. Die Vollstreckungsanordnung sei weiterhin anwendbar und nicht erledigt. 241. Der Gesetzgeber habe nicht abweichende Maßstäbe gebildet und Parameter festgelegt, nach denen die Besoldung der kinderreichen Beamten bemessen und der Bedarf eines dritten und jedes weiteren Kindes ermittelt wird. Vielmehr ergebe sich aus den Ausführungen des LBV im angefochtenen Bescheid, dass die amtsangemessene Alimentation von Beamten mit mehr als zwei Kindern gerade unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG erfolgen solle. Dies habe auch der pauschalen Erhöhung des Familienzuschlags in Nordrhein-Westfalen um monatlich 50,00 € für dritte und weitere Kinder zum 1. Januar 2007 zugrunde gelegen, 25vgl. LT-Drs. 14/5198, S. 32, 26der anschließend nur noch entsprechend der allgemeinen Besoldungsanpassungen fortgeschrieben worden sei. Der Beschluss des BVerfG vom 24. November 1998 – 2 BvL 26/91 u.a. –, juris, biete keinen Anhaltspunkt für die Annahme, der berechnete Betrag könne für bestimmte Besoldungsgruppen unterschritten werden. Die dem jeweiligen Amt angemessene Mindestalimentation stehe auch Beamten in höheren Besoldungsgruppen ungeschmälert zu. 272. Die für die Berechnungsmethode des Bundesverfassungsgerichts maßgeblichen Berechnungsgrundlagen hätten sich ferner nicht derart geändert, dass sie nicht mehr oder nicht mehr sinnvoll angewendet werden könne. Die Vollstreckungsanordnung sei ab 2005 nicht infolge von Änderungen der maßgeblichen Berechnungsgrundlagen im Zuge der Neuregelung des Sozialhilferechts im SGB XII, das an die Stelle des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) getreten sei, gegenstandslos geworden. Auch für die Jahre ab 2009 sei sie trotz Änderungen im Sozialhilferecht hinsichtlich Leistungen für Bildung und Teilhabe sowie der Übernahme von privaten Kranken- und Pflegeversicherungskosten weiterhin sinnvoll anwendbar. 28II. Bei strikter Anwendung der in ihr in Bezug genommenen Berechnungsmethode, zu deren Modifikation nur der Gesetzgeber oder das BVerfG selbst befugt wären, ergebe sich der ausgeurteilte Nachzahlungsbetrag. 291. Die Differenz zwischen dem Nettoeinkommen, das ein Beamter derselben Besoldungsgruppe wie der Kläger mit zwei Kindern erziele und demjenigen, das er mit drei Kindern habe, belaufe sich nach den vom BVerfG im Beschluss vom 24. November.1998 vorgegebenen Maßstäben für das Jahr 2009 unstrittig auf 390,28 € monatlich. Auch der Senat halte die dazu im erstinstanzlichen Verfahren übersandte Berechnung des LBV für zutreffend. 302. Dieser Betrag liege um monatlich 40,17 € (für das Jahr 2009 insgesamt um 482,04 €) unterhalb des um 15 % erhöhten sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs („15 v. H.-Betrag“), den ein Beamter für sein drittes Kind von seinem Dienstherrn mindestens habe beanspruchen können. Dieser Betrag habe sich auf 115 % von 374,30 €, also 430,45 € belaufen. 313. Der sozialhilferechtliche Gesamtbedarf für dritte (und weitere) Kinder habe für das Jahr 2009 monatlich 374,30 € betragen. 32Grundlage der Berechnung des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs sei nach den Vorgaben des BVerfG der Durchschnittsregelsatz nach § 22 des damaligen Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) für das bisherige (alte) Bundesgebiet. Hinzuzurechnen sei ein durchschnittlicher Zuschlag von 20 % zur Abgeltung einmaliger Leistungen zum Lebensunterhalt, ferner die Kosten der Unterkunft ausgehend von einem Wohnbedarf von 11 qm pro Kind. Zugrunde zu legen sei insoweit die vom Statistischen Bundesamt in der so genannten 1 %-Gebäude- und Wohnungsstichprobe 1993 ermittelte Durchschnittsmiete in den alten Bundesländern von 9,53 DM je qm, die anhand des Mietenindexes des Statistischen Bundesamtes zurückgerechnet und fortgeschrieben worden sei. Schließlich seien die Energiekosten für ein Kind mit 20 % der Kaltmiete zu berücksichtigen. 33Die Parameter dieser 1998 entwickelten Berechnungsmethode seien zum Teil aufgrund von Änderungen besoldungserheblicher Gesetze und veränderter Tatsachengrundlagen im Lichte der Entscheidung fortzuentwickeln. Dies zugrunde gelegt beliefen sich die einzelnen Summanden des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs für das dritte Kind im Jahr 2009 auf 236,78 € (Durchschnittsregelsatz), 47,36 € (20 %-Zuschlag zum Regelsatz), 75,13 € (Kosten der Unterkunft) und 15,03 € (Heizkostenzuschlag), deren Summe betrage 374,30 €. 34a) Einer Fortentwicklung bedürfe es insbesondere im Hinblick auf die zum 1. Januar 2005 erfolgte Neuregelung des Sozialhilferechts (früher BSHG) im SGB XII. Der Regelsatz sei nunmehr den dortigen Regelungen zu entnehmen. Bei Bildung eines gewichteten Durchschnittswertes über die in den Regelsatzverordnungen vorgesehenen Altersgruppen ergebe sich ein Monatsbetrag von 236,78 €. 35b) Ausgehend von diesem durchschnittlichen Regelsatz belaufe sich der vorzunehmende Zuschlag in Höhe von 20 % auf monatlich 47,36 €. Hinsichtlich dieses Berechnungsparameters zur Abgeltung einmaliger Leistungen zum Lebensunterhalt sei für das Jahr 2009 keine Fortentwicklung erforderlich. 36Der Zuschlag sei für das streitgegenständliche Jahr nicht aufgrund Konsumtion durch den Regelsatz entfallen. Auch wenn nach den 2005 neu gefassten sozialhilferechtlichen Regelungen für volljährige Hilfebedürftige die früheren „einmaligen Leistungen“ zunächst nahezu vollständig in die deutlich angehobenen Regelsätze eingearbeitet worden sein sollten, treffe dies für Kinder und Jugendliche im Jahr 2009 nicht (mehr) zu. Für diese seien über den Wechsel vom BSHG zum SGB XII hinaus einmalige Leistungen vorgesehen für „Erstausstattung bei Geburt“, „Erstausstattungen für die Wohnung“ und „mehrtägige Klassenfahrten“. Mit Wirkung zum 1. Januar 2009 sei zudem für jedes Schuljahr eine zusätzliche Leistung in Höhe von 100,00 € vorgesehen. 37Der Zuschlag in der vom BVerfG vorgesehenen Höhe führe nicht zu einer wegen Verstoßes gegen den Alimentationsgrundsatz verfassungswidrigen Leistung. Der sich für den Zuschlag ergebende monatliche Betrag in Höhe von 47,36 € sei weder deutlich überhöht noch eklatant unzureichend, um in Zusammenschau mit den übrigen Berechnungsparametern den für das BVerfG maßstabsbildenden sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf ordnungsgemäß abzubilden. 38Zusätzlich zum Betrag in Höhe von 100,00 € für jedes Schuljahr seien auch die übrigen genannten Bedarfe nach ihrer Häufigkeit gewichtet pauschaliert abzudecken. Die Größenordnung des 20 %-igen Zuschlages erscheine auch noch vor dem Hintergrund vertretbar, dass anders als 1998 private Kranken- und Pflegeversicherungskosten seit 1. Januar 2009 in angemessenem Umfang zwingend zum sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf zählten, § 32 Abs. 5 Sätze 1 und 4 SGB XII. Verbesserungen im Beihilfebereich für die ganze Familie, die etwaige Mehrkosten für die private Kranken- und Pflegeversicherung durch das dritte Kind ausgleichen könnten, gebe es in Nordrhein-Westfalen seit 1993 nicht mehr. Die Begründung eines eigenständigen Berechnungsparameters der Bedarfsberechnung für private Kranken- und Pflegeversicherungskosten oder die diesbezügliche Modifizierung der Nettoeinkommensberechnung sei dem Senat, der lediglich die Vollstreckungsanordnung anwende, verwehrt. 39c) Hinzuzurechnen sei des Weiteren ein Zuschlag für die Kosten der Unterkunft ausgehend von einem Wohnbedarf von 11 qm für das Kind. In Bezug auf die Bruttokaltmiete pro qm sei eine Fortschreibung der Parameter der Vollstreckungsanordnung erforderlich. Die durchschnittliche Bruttokaltmiete pro Monat in den alten Ländern im Jahr 2009 habe sich auf 6,83 € je qm belaufen, das Elffache dieses Wertes betrage 75,13 € pro Monat. 40d) Der Zuschlag von 20 % der anteiligen Durchschnittsmiete (durchschnittlichen Bruttokaltmiete) zur Abgeltung der auf das Kind entfallenden Heizkosten belaufe sich demzufolge auf 15,03 € pro Monat. Auch hinsichtlich dieses Prozentsatzes sei die Berechnungsvorgabe des BVerfG bindend. 41Auf die vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision des Beklagten hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 31. Januar 2019 – 2 C 35.17 –, juris, das Urteil des Senats vom 7. Juni 2017 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: 42Die Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 24. November 1998 sei auch für das Jahr 2009 maßgeblich. Auch in Anbetracht der zum 1. Januar 2005 eingetretenen Änderungen im Recht der sozialen Grundsicherung und der nachfolgenden weiteren gesetzlichen Änderungen seien keine substantiell so wesentlichen Änderungen der maßgeblichen Berechnungsgrundlagen für die Vollstreckungsanordnung eingetreten, dass diese bezogen auf das Jahr 2009 nicht mehr angewandt werden könnte. Auf Grundlage dieser Vollstreckungsanordnung seien die Gerichte befugt, den Dienstherrn zur Gewährung zusätzlicher Besoldungsbestandteile für Beamte mit mehr als zwei Kindern zu verurteilen. 43Der errechnete durchschnittliche Regelsatz sei allerdings nicht – mehr – um einen durchschnittlichen Zuschlag von 20 v.H. zur Abgeltung einmaliger Leistungen zum Lebensunterhalt zu ergänzen. Die bis zum 31. Dezember 2004 in § 21 Abs. 1a BSHG normierten einmaligen Leistungen zum Lebensunterhalt seien in die ab dem Jahr 2005 geltenden, deutlich angehobenen und nunmehr bundeseinheitlichen Regelbedarfssätze im Sozialgesetzbuch Zweites Buch und Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch eingearbeitet worden. Diese neuen Regelsätze konsumierten den bisherigen Zuschlag von 20 v.H., der ausschließlich der Abgeltung einmaliger Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem früheren Bundessozialhilfegesetz gedient habe. Die Beibehaltung des Zuschlags könne auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass seit dem 1. Januar 2009 die privaten Kranken- und Pflegeversicherungskosten zum sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf zählten. 44Im Übrigen bestünden gegen die vom Senat bei seiner Berechnung für das Jahr 2009 angesetzten Beträge keine Bedenken. 45Bei der Ermittlung, ob die einem Beamten für sein drittes Kind gewährten Zuschläge den Abstand von 15 v.H. zum sozialrechtlichen Grundsicherungsniveau einhielten, seien von den Nettobezügen die Kosten einer dem Beihilfesatz angepassten Krankheitskostenversicherung für das dritte Kind abzuziehen. Diese zählten zu den Unterhaltspflichten des Beamten, die der Gesetzgeber bei der Leistung amtsangemessenen Unterhalts gemäß Art. 33 Abs. 5 GG realitätsgerecht zu berücksichtigen habe. Diese Kosten habe der Beamte im Gegensatz zu Empfängern von Leistungen der Grundsicherung selbst zu tragen. Dieser Abzug von den Nettobezügen sei mit der Vollstreckungsanordnung des BVerfG vom 24. November 1998 vereinbar. 46Ob sich das der Klage stattgebende Urteil des Senats aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweise, könne das Bundesverwaltungsgericht nicht entscheiden. Die Sache sei zurückzuverweisen, damit der Senat die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu den durchschnittlichen Kosten einer dem Beihilfesatz angepassten Krankenkostenversicherung für ein drittes Kind eines beihilfeberechtigten Beamten treffen könne. 47Im fortgeführten Berufungsverfahren hat der Kläger geltend gemacht: Der Senat habe seiner Entscheidung im ersten Berufungsverfahren eine unter den Beteiligten unstrittige Netto-Einkommensdifferenz von 390,28 € zugrunde gelegt. Mittlerweile habe das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 6/17 u.a. – Grundsätze für die Ermittlung der Netto-Einkommensdifferenz aufgestellt, die von denen in der Vollstreckungsanordnung abwichen. Hiernach seien die Kirchensteuer nicht mehr zu berücksichtigen und die Netto-Einkommensdifferenz um die Kosten der Krankenversicherung des dritten Kindes zu mindern. Für letztere habe der Verband der privaten Krankenversicherungen e.V. in Köln – PKV – für 2009 dem Senat im Streitfall einen Monatsbetrag von 30,79 € genannt. Unter Berücksichtigung dessen errechne sich eine Netto-Einkommensdifferenz von 355,28 €. 48Das Bundesverfassungsgericht habe in dem Beschluss ferner neue Grundsätze für die Ermittlung des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs entwickelt. Diese Ansätze führten zu einem sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf in Höhe von 395,11 €, 115 v.H. hiervon beliefen sich auf 454,38 €. Wegen der Einzelheiten wird insofern auf den Schriftsatz vom 18. September 2020 – S. 4 f. – verwiesen. Unter Berücksichtigung dieser Änderungen in den Berechnungsansätzen errechne sich eine monatliche Unteralimentation in Höhe von 99,10 €, die sich zu einem Jahresbetrag von 1.189,20 € aufsummiere. 49Sofern im Streitfall der Entscheidung die neue Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zugrunde zu legen sein sollte, errechne sich unter Zugrundelegung der vom Bundesverwaltungsgericht im zurückweisenden Urteil aufgestellten Maßgaben eine Unteralimentation in Höhe von monatlich 21,93 € und damit 263,16 € im Jahr. 50Der Abzug der Kostendämpfungspauschale von den Nettobezügen sei durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 6/17 u.a. – nicht gedeckt. Hiernach seien nur die Kosten der Krankenversicherung in Abzug zu bringen. Beihilfeleistungen habe das Bundesverfassungsgericht nicht unter den Begriff Kosten der Krankenversicherung subsumiert und nicht bei der Ermittlung der Höhe der Unteralimentation eingerechnet. Dem schließe er sich an. Die Kostendämpfungspauschale werde auch nur einbehalten, wenn Beihilfeleistungen erbracht würden. Die vom Beklagten vorgelegten Berechnungen der Jahresnettoalimentation für Beamte seiner Gehaltsgruppe im Jahr 2009 würden mit Ausnahme der Höhe der für Kinder zu berücksichtigenden Krankenversicherungskosten und der Berücksichtigung der Kostendämpfungspauschale unstreitig gestellt. 51Der Kläger beantragt, 52das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Februar 2013 und des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2013 zu verurteilen, ihm für das Jahr 2009 einen Nettobetrag in Höhe von 263,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23. April 2013 zu zahlen. 53Der Beklagte beantragt, 54die Berufung zurückzuweisen. 55Er macht geltend: Das Bundesverwaltungsgericht habe im zurückverweisenden Urteil ausgesprochen, dass der sozialhilferechtliche Gesamtbedarf im Jahr 2009 nach den im Urteil aufgestellten Maßgaben auf der Grundlage der Vollstreckungsanordnung zu ermitteln sei. Die vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 4. Mai 2020 zur Alimentation kinderreicher Familien in NRW entwickelten Anpassungen und Modifikationen der Berechnung des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs seien danach im Streitfall nicht zu berücksichtigen. Hieraus ergebe sich ein monatlicher sozialhilferechtlicher Gesamtbedarf von 332,49 €, das 1,15-fache hiervon betrage 382,36 €. 56Weiter habe das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass von dem der Mindestalimentation gegenüber zu stellenden Nettodifferenzbetrag die Krankenversicherungskosten für das dritte Kind abzuziehen seien. Dem stehe die Vollstreckungsanordnung nicht entgegen, weil deren Vorgaben sich lediglich auf die Bestimmung des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs bezögen. Die Krankenversicherungskosten beträfen demgegenüber das verfügbare Nettoeinkommen. Da die Weitergeltung der Vollstreckungsanordnung sich demzufolge lediglich auf die Ermittlung des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs, nicht hingegen auf die Ermittlung des verfügbaren Nettoeinkommens beziehe, seien mit Bezug auf letzteres die Konkretisierungen und Modifizierungen, die das Bundesverfassungsgericht in seinen Beschlüssen vom 4. Mai 2020 zur Amtsangemessenheit der Besoldung kinderreicher Richter in NRW in den Jahren 2013 bis 2015 einerseits (– 2 BvL 6/17 u.a. –) und zur (Richter-)Alimentation von 2-Kind-Familien in Berlin in den Jahren 2009 bis 2015 (– 2 BvL 4/18 –) andererseits aufgestellt habe, auch im Streitfall zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht vorgenommenen Modifikationen bei der Berechnung der Einkommensdifferenz errechne sich diese auf monatlich 382,89 € monatlich. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 24. September 2020, S. 3 f. nebst Anlage verwiesen. Insbesondere sind hierin berücksichtigt ein Wegfall des Abzugs von Kirchensteuer, ein Abzug von Krankenversicherungskosten sowie ein Abzug der Kostendämpfungspauschale. Dieser Betrag liege um 0,53 € über dem 1,15-fachen des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs. 57Sofern man die Krankenversicherungskosten für Kinder in die Berechnung einstelle, die sich aus den vom Senat im Streitfall eingeholten Auskünften ergebe, bleibe die Nettoeinkommensdifferenz um 2,20 € hinter dem 1,15-fachen des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs zurück. Er halte jedoch an seiner ursprünglichen Berechnung fest. 58Der Senat hat beim PKV Auskünfte eingeholt über die Höhe der durchschnittlichen Kosten einer dem Beihilfesatz angepassten Krankenkostenversicherung für ein drittes Kind eines beihilfeberechtigten Beamten sowie die Kosten einer derartigen Versicherung im beihilfeadäquaten Basistarif im Jahr 2009. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verfügung des Senats vom 8. Mai 2019 sowie die Schreiben des PKV vom 21. Januar 2020 sowie vom 10. September 2020 verwiesen. 59Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. 60Entscheidungsgründe: 61Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. 62A. Aus den im Urteil des Senats vom 7. Juni 2017 genannten Gründen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31. Januar 2019 – 2 C 35.17 – unbeanstandet gelassen hat, an denen der Senat festhält und auf die er verweist, liegt ungeachtet der unterschiedlichen Bezifferungen der für richtig gehaltenen zusätzlichen Alimentation durch den Kläger im Laufe des Verfahrens keine unzulässige Klageerweiterung oder teilweise Klagerücknahme vor. 63B. Dem Kläger steht hinsichtlich des Jahres 2009 kein Anspruch auf Zahlung weiterer Familienzuschläge zu. 64I. Als Rechtsgrundlage für die Gewährung über die gesetzlich geregelten Ansprüche hinausgehender (vgl. § 2 Abs. 1 BBesG) Besoldungsleistungen kommt allein die Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts nach § 35 BVerfGG im Beschluss vom 24. November 1998 – 2 BvL 26/91 u.a. –, Entscheidungsformel zu 2., zweiter Teil, juris, (im Folgenden: Vollstreckungsanordnung) in Betracht. 65Danach haben Besoldungsempfänger für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind Anspruch auf familienbezogene Gehaltsbestandteile in Höhe von 115 % des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes, der sich nach Maßgabe der Gründe zu C. III. 3. errechnet. Die Rechtsfolge ist in den Gründen zu C. III. 3. (a. a. O., juris, Rn. 57 ff.) in Form von Berechnungsvorgaben so präzisiert, dass der konkrete Nachzahlungsbetrag abhängig von den tatbestandsrelevanten Verhältnissen des Einzelfalls (im Wesentlichen der Besoldungsgruppe und der Zahl der Kinder) grundsätzlich ohne weiteres – mit Ausnahme gewisser Unschärfen bei den sonstigen Eingangsdaten – berechnet werden kann. Auf der Vollstreckungsanordnung beruht auch die weitere Befugnis der Verwaltungsge-richte, auf der Grundlage dieser Vorgaben zusätzliche Besoldungsanteile über das einfache Gesetz hinaus zu berechnen und in einem Leistungsurteil unmittelbar zuzusprechen. 66Die Vollstreckungsanordnung ist weiterhin anwendbar und nicht erledigt. Das ergibt sich für das vorliegende Verfahren bereits aus der Bindungswirkung, die dem zurückverweisenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2019 – 2 C 35.17 – gemäß § 144 Abs. 6 VwGO zukommt. Hiernach hat der Senat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen. Diese Bindungswirkung umfasst die für die aufhebende Entscheidung kausal ausschlaggebenden Gründe. Dies schließt die den unmittelbaren Zurückverweisungsgründen vorausgehenden Erwägungen jedenfalls insoweit ein, als diese die notwendige (logische) Voraussetzung für die unmittelbaren Aufhebungsgründe waren. 67BVerwG, Beschlüsse vom 14.07.2020 – 2 B 23.20 –, juris Rn. 8, und vom 29.04.2019 – 2 B 25.18 –, juris Rn. 9, 13 = Buchholz 310 § 144 VwGO Nr. 83, m. w. N. 68Die zurückverweisende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beruht unter anderem darauf, dass die Klage nicht von vornherein abzuweisen ist, ohne dass es weiterer tatsächlicher Feststellungen des Senats bedürfte. Dies wäre indes der Fall gewesen, wenn die Vollstreckungsanordnung für das Streitjahr 2009 nicht mehr anwendbar, sondern erledigt wäre. Demzufolge steht für den Streitfall mit Bindungswirkung für den Senat fest, dass dies nicht der Fall ist. Daher kann dahinstehen, ob sich möglicherweise aus der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der Besoldung von kinderreichen Richtern und Staatsanwälten in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2013 bis 2015 im Beschluss vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 6/17 u.a. –, juris, Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung ergeben. Derartiges käme aus Sicht des Senats etwa in Betracht hinsichtlich der Notwendigkeit, bei der Bemessung der amtsangemessenen Alimentation von Beamten mit drei (und mehr) Kindern in Anlehnung an den sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf möglicherweise auch einmalige Beihilfen, die Grundsicherungsempfängern zusätzlich zu den Regelsätzen gewährt werden, zu berücksichtigen. 69Vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.05.2020 – 2 BvL 6/17 u.a. -, juris Rn. 55 ff., 78 f. 70II. Bei strikter Anwendung der in der Vollstreckungsanordnung festgelegten Berechnungsmethode ergibt sich, dass dem Kläger wegen seines Rechts auf verfassungsgemäße Alimentation im Hinblick auf den Bedarf seines dritten Kindes im Jahr 2009 kein Anspruch auf über die bereits ausgezahlte Besoldung hinausgehende Zahlungen zusteht. 711. Für die Ermittlung, ob die Besoldung eines Beamten mit mehr als zwei Kindern den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt, den zusätzlichen Bedarf, der ihm für sein drittes und weitere Kinder entsteht, zu decken, ohne ihm zuzumuten, für deren Unterhalt auf die familienneutrale Bestandteile seines Gehalts zurückzugreifen – 72vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.11.1998 – 2 BvL 26/91 u.a. –, juris Rn. 39, 55 –, 73ist nach den Berechnungsvorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 24. November 1998 (unter C. III. 3, juris, Rn. 57 f.) vom sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf für ein Kind auszugehen. Dieser ist um einen Betrag von 15 v.H. zu erhöhen, um den verfassungsgebotenen Unterschied zwischen der der Sozialhilfe obliegenden Befriedigung eines äußersten Mindestbedarfs und dem dem Beamten (und seiner Familie) geschuldeten Unterhalt hinreichend deutlich werden zu lassen. 74Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.11.1998 – 2 BvL 26/91 u.a. –, juris Rn. 57. 75Dieser durch die zusätzliche Alimentation für einen Beamten mit mehr als zwei Kindern zu deckende Betrag in Höhe des 1,15-fachen des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs für ein (drittes) Kind – vom Bundesverfassungsgericht als "15 v.H.-Betrag" bezeichnet – 76vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.11.1998 – 2 BvL 26/91 u.a. –, juris Rn. 59 – 77belief sich im Jahre 2009 auf (326,94 € x 1,15 =) 375,98 €. 782. Der sozialhilferechtliche Gesamtbedarf für dritte und weitere Kinder betrug für das Jahr 2009 monatlich 326,94 €. 79Für seine Berechnung hat das Bundesverfassungsgericht im Einzelnen vorgegeben, dass sich dieser zunächst durch Bildung eines Durchschnittsregelsatzes nach § 22 des damaligen Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) für das bisherige (alte) Bundesgebiet ergebe. Hinzuzurechnen sei ein durchschnittlicher Zuschlag von 20 % zur Abgeltung einmaliger Leistungen zum Lebensunterhalt, ferner die Kosten der Unterkunft ausgehend von einem Wohnbedarf von 11 qm pro Kind. Zugrunde zu legen sei insoweit die vom Statistischen Bundesamt in der so genannten 1 %-Gebäude- und Wohnungsstichprobe 1993 ermittelte Durchschnittsmiete in den alten Bundesländern von 9,53 DM je qm, die anhand des Mietenindexes des Statistischen Bundesamtes zurückgerechnet und fortgeschrieben worden sei. Schließlich seien die Energiekosten für ein Kind mit 20 % der Kaltmiete zu berücksichtigen. 80Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.11.1998 – 2 BvL 26/91 u.a. –, juris Rn. 58. 81Mit zunehmendem zeitlichen Abstand können immer mehr Parameter dieser 1998 entwickelten Berechnungsmethode aufgrund von Änderungen besoldungserheblicher Gesetze und veränderter Tatsachengrundlagen nicht mehr unmittelbar angewandt werden, sondern müssen im Lichte der Entscheidung fortentwickelt werden. 82Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.05.2010 – 2 C 10.10 –, juris Rn. 17 m. w. N. 83Die einzelnen Summanden des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs (326,94 €) für das dritte und weitere Kinder im Jahr 2009 belaufen sich auf 236,78 € (Durchschnittsregelsatz, s. u. a]), 75,13 € (Kosten der Unterkunft, s. u. b]) und 15,03 € (Heizkostenzuschlag, s. u. c]); der in der Vollstreckungsanordnung noch vorgesehene 20-%-Zuschlag zum Regelsatz ist nicht in die Berechnung einzustellen, s. u. d). Auch die Kosten für die Deckung weiterer Bedarfe, insbesondere eines zusätzlichen Bedarfs für schulbezogene Aufwendungen, können in die Berechnung nicht eingestellt werden, s.u. e). 84a) Einer Fortentwicklung bedarf es insbesondere im Hinblick auf die zum 1. Januar 2005 erfolgte Neuregelung des Sozialhilferechts (früher BSHG) im SGB XII. Der Regelsatz ist nunmehr den dortigen Regelungen zu entnehmen. 85Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27.02.2008 – 1 A 30/07 –, juris Rn. 61 ff. 86Stattdessen auf das Erwerbsfähige betreffende – mithin grundsätzlich ebenfalls erwerbsfähigen Besoldungsempfängern eventuell näherstehende – gänzlich neugeschaffene Referenzsystem des SGB II abzustellen, überschritte den Rahmen einer bloßen Fortschreibung der Vollstreckungsanordnung und bliebe dem Bundesverfassungsgerichts vorbehalten. Dessen Befassung ist aber wegen des praktischen Gleichlaufs der Leistungshöhen in SGB II und XII nicht geboten. Im Streitfall verbietet sie sich zudem wegen der Bindungswirkung des zurückverweisenden Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2019 – 2 C 35.17 –. 87In Nordrhein-Westfalen war der Regelsatz für die Zeit ab dem 1. Juli 2008 bzw. 1. Juli 2009 in verschiedenen Bedarfsstufen in der Verordnung über die Regelsätze der Sozialhilfe vom 10. Juni 2008 (GV. NRW. 2008, S. 473) bzw. 9. Juni 2009 (GV. NRW. 2009, S. 335) geregelt: 211,00 € monatlich bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres bzw. 215,00 € monatlich bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres und 251,00 € monatlich vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres; 281,00 € bzw. 287,00 € monatlich vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Dies entspricht der damaligen Regelsatzhöhe in den übrigen westlichen Bundesländern. 88Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.06.2016 – 4 S 1094/15 –, juris Rn. 105 f. 89Es ist ein Durchschnittswert über alle (zwei bzw. drei) Altersgruppen zu bilden, wobei eine Gewichtung nach der Zahl der von der jeweiligen Altersgruppe umfassten Lebensjahre zu erfolgen hat. 90Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.06.2016 – 4 S 1094/15 –, juris Rn. 103. 91Dies ergibt monatlich gerundet 226,56 € ([14 x 211 + 4 x 281] / 18) für die Monate Januar bis Juni 2009 und monatlich 247,00 € ([6 x 215 + 8 x 251 + 4 x 287] / 18) für die Monate Juli bis Dezember 2009, gemittelt mithin 236,78 €. 92b) Hinzuzurechnen ist ein Zuschlag für die Kosten der Unterkunft ausgehend von einem Wohnbedarf von 11 qm für das Kind. Anders als die Beteiligten meinen, sind insofern nicht 12 qm anzusetzen. Der Wert von 11 qm pro Kind ist in der Vollstreckungsanordnung bindend vorgegeben. 93Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.11.1998 – 2 BvL 26/91 u.a. –, juris Rn. 58; BVerwG, Urteil vom 31.01.2019 – 2 C 35.17 –, juris Rn. 19, 20. 94Eine Fortschreibung der Parameter der Vollstreckungsanordnung ist mithin lediglich in Bezug auf die Bruttokaltmiete pro qm erforderlich. Im Jahr 2009 betrug die durchschnittliche monatliche Bruttokaltmiete pro Quadratmeter in den alten Ländern 6,83 €. 95Vgl. Wohngeld- und Mietenbericht 2010, BT-Drs. 17/6280, S. 16; BVerwG, Urteil vom 31.01.2019 – 2 C 35.17 –, juris Rn. 19. 96Das Elffache dieses Werts beläuft sich auf 75,13 € pro Monat. Der Senat sieht – anders als der Kläger – keinen Anlass, spätere Erkenntnisse über die tatsächliche Bruttokaltmiete im streitgegenständlichen Jahr auszublenden, nur weil sie erst nach Ablauf dieses Jahres veröffentlicht wurden. Auch das Bundesverfassungsgericht hat bei Ausspruch der Vollstreckungsanordnung auf nachträgliche Erkenntnisse aus den Jahren 1993 und 1997 abgestellt, obwohl es über die Besoldung für die Jahre ab 1988 zu entscheiden hatte. 97Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.11.1998 – 2 BvL 26/91 u.a. –, juris Rn. 1 und 58. 98c) Der Zuschlag von 20 % der anteiligen Durchschnittsmiete (durchschnittlichen Bruttokaltmiete) zur Abgeltung der auf das Kind entfallenden Heizkosten entspricht mithin 15,03 € pro Monat. Hinsichtlich des Prozentsatzes ist die Berechnungsvorgabe des Bundesverfassungsgerichts ebenfalls bindend. 99Vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2019 – 2 C 35.17 –, juris Rn. 19, 20. 100d) Der nach der Vollstreckungsanordnung noch hinzuzurechnende Zuschlag in Höhe von 20 % des Regelsatzes ist im Streitjahr 2009 nicht mehr zu berücksichtigen. Das ergibt sich für den Streitfall mit bindender Wirkung aus dem zurückverweisenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2019 – 2 C 35.17 –. Der Frage, ob die Vollstreckungsanordnung nach Wegfall dieses Zuschlages ungeachtet der gesetzlich vorgesehenen einmaligen Leistungen, die Grundsicherungsempfängern zusätzlich zu den Regelsätzen gewährt werden, noch geeignet ist, die Leistung einer amtsangemessenen Alimentation zu gewährleisten, hat der Senat, wie ausgeführt, wegen der Bindungswirkung dieses Urteils nicht nachzugehen. 101e) Dem Senat ist es auch verwehrt, im Hinblick auf die Grundsicherungsleistungsempfängern seit dem Jahr 2009 zusätzlich gewährten Leistungen in Höhe von 100 € pro Schuljahr für Schulbedarf einen eigenständigen Berechnungsparameter in die Bedarfsberechnung einzubeziehen, wie dies die Verfahrensbeteiligten hinsichtlich eines Betrags von 5,55 € – übereinstimmend – für richtig halten. Den Verwaltungsgerichten ist es wegen der Gesetzesbindung der Besoldung (§ 2 Abs. 1 BBesG) grundsätzlich verwehrt, Beamten gesetzlich nicht vorgesehene Besoldungsleistungen zuzusprechen. Eine Ausnahme hiervon bilden, wie ausgeführt, Besoldungsleistungen auf Grundlage der Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts. Diese Befugnis bindet das Bundesverfassungsgericht jedoch ausdrücklich an seine – oben dargestellte und zugrunde gelegte – Berechnungsmethode gemäß C. III. 3. der Gründe des Beschlusses vom 24. November 1998 – 2 BvL 26/91 u.a. –. 102Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.11.1998 – 2 BvL 26/91 u.a. –, Nr. 2 des Entscheidungsausspruchs, juris. 103Zu einer Modifikation dieser Berechnungsmethode wären nur der Gesetzgeber oder das Bundesverfassungsgericht selbst befugt. 104Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.2004 – 2 C 34.02 –, juris Rn. 30 = BVerwGE 121, 91. 105Eine solche ist, wie ausgeführt, nicht erfolgt. Insbesondere betreffen die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2020 entweder nicht das beklagte Land – 2 BvL 4/18 –, oder aber nicht das Streitjahr – 2 BvL 6/17 u.a. –. Auch den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im zurückverweisenden Urteil zu der im Hinblick auf die gebotene Durchschnittsbetrachtung zutreffenden Berechnung des monatlichen Durchschnittswerts der Grundsicherungsempfängern für ihre Schulkinder für jedes Schuljahr gewährten Leistung für die Schule i.H.v. 100 €, die "zu beachten" seien –, 106vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2019 – 2 C 35.17 –, juris Rn. 16 –, 107vermag der Senat keine Rechtsgrundlage für die Gewährung von über die gesetzlichen Regelungen und die in der Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts hinausgehenden Besoldungsleistungen zu entnehmen. 1083. Diesem 1,15-fachen des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs entsprechend den Berechnungsvorgaben in der Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts ist gegenüberzustellen der "durchschnittliche Nettomehrbetrag …, den der Beamte für sein drittes und jedes weitere Kind erhält". 109vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.11.1998 – 2 BvL 26/91 u.a. –, juris Rn. 59. 110a) Auch für die Berechnung dieses "Nettomehrbetrages" sind in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 – 2 BvL 16/91 u.a. – unter C. III. 2. der Gründe Hinweise enthalten. Auf diese erstreckt sich die Bindung der Verwaltungsgerichte an die Vorgaben der Vollstreckungsanordnung unter Nr. 2 des Entscheidungstenors indes nicht. 111Vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2019 – 2 C 35.17 –, juris Rn. 29. 112Demzufolge ist Raum dafür, die diesbezüglichen Modifikationen zu berücksichtigen, die das Bundesverfassungsgericht in seiner jüngeren Rechtsprechung, insbesondere den Beschlüssen vom 4. Mai 2020 zur (Staatsanwalts- und Richter-)Besoldung in Berlin in den Jahren 2009 bis 2015 – 113BVerfG, Beschluss vom 04.05.2020 – 2 BvL 4/18 –, juris – 114und zur Besoldung kinderreicher Staatsanwälte und Richter in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2013 bis 2015 – 115BVerfG, Beschluss vom 04.05.2020 – 2 BvL 6/17 u.a. –, juris – 116entwickelt hat. 117b) Unter Berücksichtigung dieser Modifikationen errechnet sich der "Nettomehrbetrag", der einem Beamten in der (damaligen) Besoldungsgruppe des Klägers mit drei Kindern im Vergleich zu einem ebensolchen mit zwei Kindern für den Unterhalt seines dritten Kindes zur Verfügung stand, bei der insoweit gebotenen pauschalisierenden und typisierenden Berechnung im Jahre 2009 auf einen Betrag von 379,66 €. 118Dieser Betrag ergibt sich aus der vom Beklagten auf Bitte des Senats mit Schriftsatz vom 29. September 2020 vorgelegten Alternativberechnung. 119aa) In dieser Berechnung hat der Beklagte abweichend von den Berechnungshinweisen des Bundesverfassungsgerichts unter C. III. 2. der Gründe des Beschlusses vom 24. November 1998 – 2 BvL 26/21 –, juris Rn. 56, keinen Abzug von Kirchensteuer vorgenommen. Dies trägt der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung, das zugrunde legt, der Gesetzgeber gehe seit dem Jahr 2005 nicht mehr davon aus, dass eine deutliche Mehrheit von Arbeitnehmern einer Kirchensteuer erhebenden Kirche angehöre. 120Vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.05.2020 – 2 BvL 6/17 u.a. –, juris Rn 70. 121bb) In der Berechnung hat der Beklagte die Nettoeinkünfte der verglichenen Beamten jeweils um die (Mindest-)Kosten einer beihilfekonformen privaten Kranken- (und Pflege-)versicherung für diese und ihre Familie (die er im Jahre 2009 auch steuerlich berücksichtigt hatte), reduziert. Auch dieses Vorgehen entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung. 122Vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2019 – 2 C 35.17 –, juris Rn. 28 m. w. N. 123Soweit es um das Erfordernis eines Abzugs der Krankenversicherungskosten für ein drittes Kind eines Beamten bei der Ermittlung des ihm verbleibenden "Nettomehrbetrages" geht, steht dieses im Streitfall zudem aufgrund der Bindungswirkung des zurückverweisenden Urteils des Bundesverwaltungsgerichts fest. Die Zurückverweisung erfolgte, weil der Senat Feststellungen über diese Kosten bislang nicht getroffen hatte, und zu dem Zweck, diese Kosten nunmehr konkret zu ermitteln. 124cc) Die vom Beklagten vorgelegte Alternativberechnung hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der vorgenannten Maßgaben unstreitig gestellt. Auch der Senat hat keinen Anlass, hieran insoweit zu zweifeln. Zwischen den Beteiligten umstritten sind lediglich die Fragen, mit welchem Betrag die für die zwei bzw. drei Kinder des Beamten zu berücksichtigenden Krankenversicherungskosten einzustellen sind und ob in die Berechnung des "Nettomehrbetrags" auch die in unterschiedlicher Höhe von Beihilfeleistungen des Dienstherrn an Beamte der (ehemaligen) Besoldungsgruppe des Klägers mit zwei (180 €) und drei Kindern (120 €) jährlich in Abzug gebrachte Kostendämpfungspauschale einzustellen ist. 125dd) Bei die Berechnung für das Jahr 2009 zu berücksichtigen sind – wie in der vom Beklagten vorgelegten Alternativberechnung geschehen – durchschnittliche Kosten für eine mit den Beihilferegelungen in Nordrhein-Westfalen konforme Krankenversicherung eines Kindes und Minderjährigen in Höhe von monatlich 30,79 €. Das ergibt sich aus den vom Senat eingeholten Auskünften des PKV vom 21. Januar 2020 und 10. September 2020. Hierbei handelt es sich nach dessen Angaben um einen aus den dort vorliegenden Angaben extrapolierten Durchschnittswert der in der "Versicherungswirklichkeit" wirklich versicherten Kinder. Dieser sei für die Kinder (geschlechtsübergreifend) von der Geburt bis zum 25 Lebensjahr gleich. 126Die Kosten einer Versicherung nach dem beihilfekonformen Basistarif, den private Krankenversicherungen seit dem 1. Januar 2009 anzubieten verpflichtet sind, beliefen sich unter Zugrundelegung der Angaben des PKV, nach denen die einzelnen Versicherungsunternehmen auf Grundlage einer branchenweiten Kalkulation, die zu einem Betrag von monatlich 56,48 € geführt habe, und unter Berücksichtigung ihrer unternehmensindividuellen Kostensätze Beiträge mit einer Streuung von bis zu 3 € erhoben hätten, – u.a. – im Streitjahr auf monatlich zwischen 53,48 € und 59,48 €. Da sie deutlich über den Kosten einer privaten Versicherung liegen, können sie im vorliegenden Zusammenhang außer Acht bleiben. 127Der Senat sieht sich durch die konkreten Maßgaben, die das Bundesverwaltungsgericht in dem zurückverweisenden Urteil hinsichtlich der Ermittlungsweise der von den Nettobezügen abzuziehenden Krankenversicherungskosten gemacht hat, nicht gehindert, die vom PKV genannten durchschnittlichen Krankenversicherungskosten zugrunde zu legen, ohne etwa weitere Ermittlungen nach den "günstigsten am Markt erreichbaren Möglichkeiten zur privaten Krankenversicherung eines Kindes" anzustellen. Das Bundesverwaltungsgericht selbst weist darauf hin, dass nach der Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts "bei der Berechnung der Durchschnitt maßgeblich ist",– 128vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2019 – 2 C 35.17 –, juris Rn. 30, mit Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24.11.1998 – 2 BvL 26/91 u.a. – BVerfGE 99, 300, 323; vgl. jetzt auch BVerfG, Beschluss vom 04.05.2020 – 2 BvL 6/17 u.a. –, juris Rn. 66. 129Diesem Ansatz und der Verpflichtung, bei der Bemessung der Alimentation die dem Beamten entstehenden Unterhaltspflichten realitätsgerecht zu berücksichtigen – 130vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2019 – 2 C 35.17 –, juris Rn. 26, mit Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24.11.1998 – 2 BvL 26/91 u.a. –, BVerfGE 99, 300, 314 f., sowie Urteil vom 06.03.2007 – 2 BvR 556/04 –, BVerfGE 117, 330, 351 – 131widerspräche es, einer Berechnung der Mindestalimentation (zwingend) die Annahme zugrunde zu legen, ein Beamter werde für die Krankenversicherung seines neugeborenen Kindes Ausschau nach der günstigsten am Markt befindlichen Versicherungsmöglichkeit halten – anstatt das Kind dort gegen Krankheit zu versichern, wo er selbst und ggf. seine Ehefrau und die beiden älteren Kinder krankenversichert sind. Dem trägt die Berücksichtigung des vom PKV genannten Durchschnittswertes der Kosten der in der "Versicherungswirklichkeit" wirklich versicherten Kinder Rechnung. Eine Bindung des Senats gemäß § 144 Abs. 6 VwGO an die hinsichtlich der weiteren Sachaufklärung vom Bundesverwaltungsgericht erteilten, die Entscheidung nicht tragenden Empfehlungen und Hinweise für die weitere Behandlung der Rechtssache nach Zurückverweisung (sog. "Segelhinweise") besteht nicht. 132Vgl. BVerwG, Urteile vom 27.04.2016 – 6 C 5.15 –, juris Rn. 16 = BVerwGE 155, 58, und vom 25.05.1984 – 8 C 108.82 –, juris Rn. 27 = NJW 1985, 393 m. w. Hinw.; Beschluss vom 29.04.2019 – 2 B 25.18 –, juris Rn. 12 = Buchholz 310 § 144 VwGO Nr. 83; OVG NRW, Beschluss vom 15.05.2000 – 21 A 3523/99.A –, juris Rn. 14; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 05.09.1997 – A 16 S 2354/97 –, juris Rn. 5. 133Da die Versicherungskosten nach den Angaben des PKV in den Altersstufen bis 25 Jahren gleich sind, kann auf sich beruhen, ob in eine ansonsten gebotene Durchschnittsbildung die Jahrgänge bis zum 25. Lebensjahr einzustellen sind – 134so BVerwG, Urteil vom 31.01.2019 – 2 C 35.17 –, juris Rn. 30 – 135oder lediglich bis zum 18. Lebensjahr – 136vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.05.2020 – 2 BvL 6/17 u.a. –, juris Rn. 44. 137Der Senat sieht keine Veranlassung, statt der ihm auf seine Auskunft hin vom PKV – wiederholt – genannten durchschnittlichen Kosten einer beihilfekonformen Krankenversicherung des Kindes eines nordrhein-westfälischen Beamten in Höhe von 30,79 € den Wert von 26 € zugrunde zu legen, der sich aus einer Tabelle über "Kosten für private Krankenversicherung ohne Wahlleistungen (also BEG-berücksichtigungsfähiger Anteil)" mit dem Stand 12.12.2018 ergibt, die der PKV mit Schreiben vom 18. Januar 2019 dem Bundesverfassungsgericht zum Verfahren 2 BvL 4/18 übersandt hat, wie dies der Beklagte für "sachgerecht" hält. Diese Zahlenangaben stammen von derselben Auskunftsquelle wie die im Streitfall eingeholten. Sie betreffen ein anderes Bundesland (Berlin). Im Übrigen sind sie einer Auskunft entnommen, die älter ist als die dem Senat vorliegende. Schließlich beruhen sie nach dem Anschreiben des PKV vom 18. Januar 2019 an das Bundesverfassungsgericht auf einem von diesem übersandten Schreiben und telefonischen Besprechungen, über die nichts bekannt ist. Der Senat vermag keine überzeugenden Gründe zu erkennen, warum diese Angaben den Vorrang gegenüber den Zahlen verdienten, die er selbst eingeholt hat. Hieran ändert es nichts, dass das Bundesverfassungsgericht selbst in einem zwar das Land Nordrhein-Westfalen, jedoch abweichende Jahre, betreffenden Verfahren auf die ihm für das Land Berlin vorliegenden Zahlenwerte zurückgegriffen hat. 138Abgesehen hiervon wäre der Berufung auch bei Zugrundelegung der dem Bundesverfassungsgericht in dem das Land Berlin betreffenden Verfahren genannten Krankenversicherungskosten eines Kindes bzw. Minderjährigen im Jahr 2009 kein Erfolg beschieden. In diesem Fall erhöhte sich der "Nettomehrbetrag" nach den vom Beklagten vorgelegten Berechnungen (Fassungen vom 23. und 28. September 2020) noch von 379,66 € auf 382,89 €. 139ee) Zutreffend hat der Beklagte in seine Berechnungen des "Nettomehrbetrages" auch die Kostendämpfungspauschale gemäß § 12a Beihilfeverordnung NRW (BVO NRW) eingestellt. Die hiergegen gerichtete Kritik des Klägers greift nicht durch. Wie bereits ausgeführt, hat der Beklagte dem Kläger eine Alimentation zu gewähren, die es ihm ermöglicht, den anzuerkennenden Unterhalt für sein drittes Kind – in Höhe das 1,15-fachen des hierfür gesetzlich vorgesehenen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs – ohne Zugriff auf nicht familienbezogene Bezügebestandteile zu decken. Für die Alimentation ist anerkannt, dass Einschnitte im Bereich der Beihilfe für Beamte im Krankheitsfall in Form des Abzugs eines jährlichen Selbstbehalts wie der nordrhein-westfälischen Kostendämpfungspauschale als Minderung einer anderweitigen Alimentationsleistung in die Beurteilung der Amtsangemessenheit einzubeziehen sind. 140Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.11.2015 – 2 BvL 19/09 u.a. –, juris Rn. 133, 153; BVerwG, Beschluss vom 22.09.2017 – 2 C 56.16 u.a. –, juris Rn. 102, 105 141Hiervon ausgehend ist es zwingend, die Auswirkung der in § 12a Abs. 1 und Abs. 5 BVO NRW getroffenen Regelung, dass grundsätzlich eine Kostendämpfungspauschale in Höhe von 300 € in Ansatz zu bringen ist, diese sich jedoch um 60 € für jedes zu berücksichtigende Kind vermindert, so dass ein Beamter mit drei Kindern im Vergleich mit einem Beamten mit zwei Kindern den letztgenannten Betrag mehr zur Verfügung hat, in die Berechnung des "Nettomehrbetrages", der gerade dieser Vergleich zugrunde liegt, einzubeziehen. 142Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2011 – 2 C 51.08 –, juris Rn. 12, das ausdrücklich darauf hinweist, die Verringerung der Kostendämpfungspauschale je Kind stelle für Beamte eine Entlastung dar. 143Insofern ist es nicht von ausschlaggebender Bedeutung, dass eine Kostendämpfungspauschale nur anfällt, wenn der Beamte Beihilfeleistungen tatsächlich in Anspruch nimmt. Bei der im vorliegenden Zusammenhang gebotenen realitätsgerechten Betrachtung ist davon auszugehen, dass ein Vier-Personen-Haushalt mit zwei ebenso wie ein Fünf-Personen-Haushalt mit drei Kindern typischerweise in jedem Kalenderjahr ärztliche Behandlungen in einem solchen Umfang in Anspruch nehmen, dass die zu gewährende Beihilfe 180 € bzw. 120 € (§ 12a Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 BVO NRW) übersteigt. Der Einbeziehung der Kostendämpfungspauschale steht ferner nicht entgegen, dass das Bundesverfassungsgericht diese in dem Beschluss vom 4. Mai 2020 unterlassen hat. Es ist einer Berücksichtigung nicht entgegengetreten, sondern konnte die Frage offen lassen, weil es für die Entscheidung hierauf nicht ankam. 144Vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.05.2020 – 2 BvL 6/17 u.a. –, juris Rn. 84; ebenso im Beschluss vom 04.05.2020 – 2 BvL 4/18 –, juris Rn. 148. 1454. Der demzufolge einem Beamten der (damaligen) Besoldungsgruppe des Klägers bei pauschalisierender und typisierender Betrachtung für den Unterhalt seines dritten Kindes im Jahr 2009 zur Verfügung stehende "Nettomehrbetrag" in Höhe von 379,66 € reichte aus, um den Bedarf für sein drittes Kind in Höhe des 1,15-fachen des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs, der sich nach obenstehenden Ausführungen auf 375,98 € belief, zu decken. 146C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO. 147Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. | die berufung wird zurückgewiesen. der kläger trägt die verfahrenskosten zweiter und dritter instanz. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird zugelassen. 1 | 2der kläger steht als finanzbeamter in diensten des beklagten. im streitjahr 2009 wurde er nach der besoldungsgruppe a 13 gd besoldet. er ist vater dreier kinder, geboren am x. juli 1995, am x. märz 1998 und am x. januar 2000, für die er im jahre 2009 kindergeldberechtigt war. 3mit schreiben vom 10. november 2009, ergänzt mit schreiben vom 3. dezember 2010, stellte der kläger beim landesamt für besoldung und versorgung (lbv) den antrag, ihm für die jahre ab 2009 einen höheren kinderbezogenen anteil im familienzuschlag zu zahlen. das bundesverfassungsgericht (bverfg) habe entschieden, dass beamten mit drei oder mehr kindern pro kind monatlich (mindestens) ein betrag i. h. v. 115 % des sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs zur verfügung stehen müsse. durch den ihm im jahre 2009 gewährten familienzuschlag werde dies nicht erreicht. ursachen dafür seien die steuerliche belastung und die existenziell notwendige basiskranken- und -pflegeversicherung. in seine berechnungen des sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs stellte der kläger auch einen zuschuss von 100,00 € jährlich für schulbedarf ein. er ermittelte einen nachzuzahlenden nettobetrag für das jahr 2009 i. h. v. 365,18 €. 4mit bescheid vom 19. februar 2013 lehnte das lbv den antrag ab. die familienzuschläge für dritte und weitere kinder seien unter berücksichtigung der rechtsprechung des bverfg ab dem 1. januar 2007 pauschal um 50,00 € pro monat angehoben und fortlaufend angepasst worden. die pauschalierung sei zulässig. auch im vergleich zu einer „spitzabrechnung“ werde die amtsangemessene alimentation von beamten mit mehr als zwei kindern in der weit überwiegenden anzahl der fälle sichergestellt. lediglich in den obersten besoldungsgruppen könne sich dem sinn und zweck einer pauschalierung entsprechend betragsmäßig eine geringfügige abweichung ergeben. eine weitergehende anpassung würde dazu führen, dass der höchstrichterlich festgelegte richtwert der alimentation für dritte und weitere kinder insbesondere in den unteren besoldungsgruppen in einer nicht mehr vertretbaren höhe überschritten würde. der familienzuschlag sei kindbezogen und werde für kinder von bezügeempfängern unterschiedlicher besoldungsgruppen in gleicher höhe gezahlt. 5hiergegen erhob der kläger unter dem 25. februar 2013 widerspruch. dem angefochtenen bescheid lasse sich kein rechnerisches nachvollziehen der rechtsprechung des bverfg entnehmen. mit widerspruchsbescheid vom 11. april 2013 wies das lbv den widerspruch zurück. 6der kläger hat am 23. april 2013 klage mit der begründung erhoben, die größe seines personalkörpers entbinde den beklagten nicht von einer individuellen prüfung der besoldung des klägers nach den vorgaben des bverfg. der sozialhilferechtliche gesamtbedarf sei nach der im jahr 2009 geltenden rechtslage zu ermitteln und umfasse insbesondere leistungen zur bildung und teilhabe sowie kranken- und pflegeversicherungsbeiträge. 7der kläger hatte ursprünglich schriftsätzlich sinngemäß beantragt, 8den beklagten unter aufhebung des bescheides vom 19. februar 2013 und des widerspruchsbescheides vom 11. april 2013 zu verurteilen, ihm für das jahr 2009 einen betrag i. h. v. netto 365,18 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 23. april 2013 zu zahlen. 9aufgrund mehrerer neuberechnungen und nachdem der beklagte die differenz im nettoeinkommen des klägers durch das dritte kind im jahr 2009 mit 390,28 € monatlich ermittelt hatte, hat der kläger davon ausgehend seine unteralimentation für das jahr 2009 mit netto 587,52 € angegeben. 10der beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 11die klage abzuweisen. 12mit dem angefochtenen urteil hat das verwaltungsgericht die klage abgewiesen. selbst wenn bei der ermittlung des sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs sonstige positionen einbezogen würden, ergebe sich keine unteralimentation. kosten der unterkunft und heizung seien nicht in den sozialhilferechtlichen gesamtbedarf einzustellen. dies ergebe sich aus § 27a abs. 4 satz 3 sozialgesetzbuch zwölftes buch (sgb xii). 13mit der vom senat durch beschluss vom 9. august 2016 zugelassenen berufung hat der kläger sein begehren weiter verfolgt. das verwaltungsgericht habe erstinstanzlich fehlerhaft den klageantrag auf den betrag von 113,82 € beziffert. zur auslegung des klagebegehrens hätte es vielmehr die für das kalenderjahr 2009 bezifferte unteralimentation in höhe von insgesamt netto 293,76 € (jeweils 48,96 € für die monate juli bis dezember) zugrunde legen müssen. der von ihm ausgerechnete sozialhilferechtliche monatliche gesamtbedarf von juli bis dezember 2009 i. h. v. 439,24 € ergebe sich wie folgt: durchschnittlicher regelsatz 269,00 €, wohnung (11 m² zu 6,46 €) 71,06 €, zuschlag für heizung (20 % der kaltmiete) 14,21 €, basiskranken- und –pflegeversicherung 27,68 €. maßgeblich seien laut bverfg hiervon 115 %. die kosten der unterkunft und heizung könnten für jedes jahr nur aufgrund derjenigen berechnungsgrundlagen ermittelt werden, die im streitjahr aktuell vorlägen. maßgebend sei immer die im streitjahr aktuell vorliegende letzte wohngeldstatistik bzw. einkommens- und verbrauchsstichprobe (evs). zum sozialhilferechtlichen gesamtbedarf zähle auch das schulbedarfspaket gemäß § 28a sgb xii in höhe von 100 € jährlich, mithin 8,33 € im monat. 14nachdem der kläger im berufungsverfahren zunächst weiter von einer unteralimentation i. h. v. 293,76 € ausgegangen war, hat er zuletzt beantragt, 15das angefochtene urteil zu ändern und den beklagten unter aufhebung des bescheides vom 19. feb-ruar 2013 und des widerspruchsbescheides vom 11. april 2013 zu verurteilen, ihm für das jahr 2009 einen nettobetrag in höhe von 482,04 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 23. april 2013 zu zahlen. 16der beklagte hat beantragt, 17die berufung zurückzuweisen. 18die vom bverfg entwickelten maßstäbe zur alimentation kinderreicher beamter seien zwar grundsätzlich nach wie vor heranzuziehen. mit zunehmendem zeitlichen abstand seien jedoch immer mehr parameter aus dieser berechnungsmethode aufgrund von änderungen besoldungsrelevanter gesetze und veränderter tatsachengrundlage nicht mehr unmittelbar anwendbar, sondern müssten fortentwickelt werden. eine solche fortentwicklung sei im hinblick auf die erfolgten neuregelungen des sozialhilferechts im sgb xii vorzunehmen. beträge zur kranken- oder pflegeversicherung seien hingegen nicht in ansatz zu bringen. der sozialhilferechtliche gesamtbedarf des dritten kindes betrage 319,00 € monatlich: 237,00 € durchschnittlicher gewichteter regelbedarf, 70,00 € unterkunftskosten sowie 12,00 € durchschnittliche heizkosten. für die berechnung sei jeweils der jahresbetrag zugrunde zu legen und hieraus der durchschnittliche monatsbetrag zu errechnen. der vom bverfg vorgenommene pauschalierte zuschlag von 20 % des regelsatzes für einmalige leistungen gelte für das jahr 2009 nicht mehr. die einmaligen leistungen zum lebensunterhalt seien nach den 2005 neugefassten sozialhilferechtlichen regelungen fast vollständig in die deutlich angehobenen regelsätze eingearbeitet worden. bei den monatlichen unterkunftskosten sei für ein kind ein wohnflächenanteil von 12 m² zu je 5,76 € im monat als angemessen anzusehen. für die heizkosten seien 18 % hiervon anzusetzen. die mindestalimentation betrage danach 366,85 € (319,00 € × 115 %). der ermittelte differenzbetrag zwischen der alimentation eines beamten mit zwei kindern und eines beamten mit drei kindern überschreite die mindestalimentation. eine auszehrung der familienneutralen gehaltsbestandteile des klägers wegen des unterhalts für sein drittes kind finde damit nicht statt. 19mit urteil vom 7. juni 2017 hat der senat den beklagten unter aufhebung des bescheides vom 19. februar 2013 und des widerspruchsbescheides vom 11. april 2013 verurteilt, dem kläger für das jahr 2009 einen nettobetrag in höhe von 482,04 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 23. april 2013 zu zahlen. zur begründung hat er ausgeführt: 20es liege keine unzulässige klageerweiterung oder teilweise klagerücknahme vor. der kläger sei nicht gehalten gewesen, seinen klageantrag betragsmäßig zu konkretisieren. kläger dürften es bei unbezifferten klageanträgen belassen, wenn sie ansprüche auf höhere familienzuschläge für dritte und weitere kinder nach maßgabe des beschlusses des bverfg vom 24. november 1998 – 2 bvl 26/91 u.a. –, juris, geltend machten. der kläger habe ungeachtet eigener angaben von beträgen stets verdeutlicht, die konkrete berechnung sei sache des beklagten. er habe ersichtlich den ihm nach der rechtsprechung des bverfg zustehenden familienzuschlag für das ganze jahr 2009 begehrt (§ 88 vwgo). 21die klage sei begründet. dem kläger stehe hinsichtlich des jahres 2009 ein anspruch auf zahlung weiterer familienzuschläge in der ausgeurteilten höhe zu. dieser anspruch ergebe sich unmittelbar aus der vollstreckungsanordnung des bverfg nach § 35 bverfgg im beschluss vom 24. november 1998 – 2 bvl 26/91 u.a. –. 22hiernach hätten besoldungsempfänger für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte kind anspruch auf familienbezogene gehaltsbestandteile in höhe von 115 % des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs eines kindes. die rechtsfolge sei in den gründen so präzisiert, dass der konkrete nachzahlungsbetrag abhängig von den tatbestandsrelevanten verhältnissen des einzelfalls berechnet werden könne. der beklagte sei verpflichtet gewesen, diese beträge von sich aus zu gewähren. auf der vollstreckungsanordnung beruhe auch die weitere befugnis der verwaltungsgerichte, auf der grundlage dieser vorgaben zusätzliche besoldungsanteile über das einfache gesetz hinaus zu berechnen und in einem leistungsurteil unmittelbar zuzusprechen. 23i. die vollstreckungsanordnung sei weiterhin anwendbar und nicht erledigt. 241. der gesetzgeber habe nicht abweichende maßstäbe gebildet und parameter festgelegt, nach denen die besoldung der kinderreichen beamten bemessen und der bedarf eines dritten und jedes weiteren kindes ermittelt wird. vielmehr ergebe sich aus den ausführungen des lbv im angefochtenen bescheid, dass die amtsangemessene alimentation von beamten mit mehr als zwei kindern gerade unter berücksichtigung der rechtsprechung des bverfg erfolgen solle. dies habe auch der pauschalen erhöhung des familienzuschlags in nordrhein-westfalen um monatlich 50,00 € für dritte und weitere kinder zum 1. januar 2007 zugrunde gelegen, 25vgl. lt-drs. 14/5198, s. 32, 26der anschließend nur noch entsprechend der allgemeinen besoldungsanpassungen fortgeschrieben worden sei. der beschluss des bverfg vom 24. november 1998 – 2 bvl 26/91 u.a. –, juris, biete keinen anhaltspunkt für die annahme, der berechnete betrag könne für bestimmte besoldungsgruppen unterschritten werden. die dem jeweiligen amt angemessene mindestalimentation stehe auch beamten in höheren besoldungsgruppen ungeschmälert zu. 272. die für die berechnungsmethode des bundesverfassungsgerichts maßgeblichen berechnungsgrundlagen hätten sich ferner nicht derart geändert, dass sie nicht mehr oder nicht mehr sinnvoll angewendet werden könne. die vollstreckungsanordnung sei ab 2005 nicht infolge von änderungen der maßgeblichen berechnungsgrundlagen im zuge der neuregelung des sozialhilferechts im sgb xii, das an die stelle des bundessozialhilfegesetzes (bshg) getreten sei, gegenstandslos geworden. auch für die jahre ab 2009 sei sie trotz änderungen im sozialhilferecht hinsichtlich leistungen für bildung und teilhabe sowie der übernahme von privaten kranken- und pflegeversicherungskosten weiterhin sinnvoll anwendbar. 28ii. bei strikter anwendung der in ihr in bezug genommenen berechnungsmethode, zu deren modifikation nur der gesetzgeber oder das bverfg selbst befugt wären, ergebe sich der ausgeurteilte nachzahlungsbetrag. 291. die differenz zwischen dem nettoeinkommen, das ein beamter derselben besoldungsgruppe wie der kläger mit zwei kindern erziele und demjenigen, das er mit drei kindern habe, belaufe sich nach den vom bverfg im beschluss vom 24. november.1998 vorgegebenen maßstäben für das jahr 2009 unstrittig auf 390,28 € monatlich. auch der senat halte die dazu im erstinstanzlichen verfahren übersandte berechnung des lbv für zutreffend. 302. dieser betrag liege um monatlich 40,17 € (für das jahr 2009 insgesamt um 482,04 €) unterhalb des um 15 % erhöhten sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs („15 v. h.-betrag“), den ein beamter für sein drittes kind von seinem dienstherrn mindestens habe beanspruchen können. dieser betrag habe sich auf 115 % von 374,30 €, also 430,45 € belaufen. 313. der sozialhilferechtliche gesamtbedarf für dritte (und weitere) kinder habe für das jahr 2009 monatlich 374,30 € betragen. 32grundlage der berechnung des sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs sei nach den vorgaben des bverfg der durchschnittsregelsatz nach § 22 des damaligen bundessozialhilfegesetzes (bshg) für das bisherige (alte) bundesgebiet. hinzuzurechnen sei ein durchschnittlicher zuschlag von 20 % zur abgeltung einmaliger leistungen zum lebensunterhalt, ferner die kosten der unterkunft ausgehend von einem wohnbedarf von 11 qm pro kind. zugrunde zu legen sei insoweit die vom statistischen bundesamt in der so genannten 1 %-gebäude- und wohnungsstichprobe 1993 ermittelte durchschnittsmiete in den alten bundesländern von 9,53 dm je qm, die anhand des mietenindexes des statistischen bundesamtes zurückgerechnet und fortgeschrieben worden sei. schließlich seien die energiekosten für ein kind mit 20 % der kaltmiete zu berücksichtigen. 33die parameter dieser 1998 entwickelten berechnungsmethode seien zum teil aufgrund von änderungen besoldungserheblicher gesetze und veränderter tatsachengrundlagen im lichte der entscheidung fortzuentwickeln. dies zugrunde gelegt beliefen sich die einzelnen summanden des sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs für das dritte kind im jahr 2009 auf 236,78 € (durchschnittsregelsatz), 47,36 € (20 %-zuschlag zum regelsatz), 75,13 € (kosten der unterkunft) und 15,03 € (heizkostenzuschlag), deren summe betrage 374,30 €. 34a) einer fortentwicklung bedürfe es insbesondere im hinblick auf die zum 1. januar 2005 erfolgte neuregelung des sozialhilferechts (früher bshg) im sgb xii. der regelsatz sei nunmehr den dortigen regelungen zu entnehmen. bei bildung eines gewichteten durchschnittswertes über die in den regelsatzverordnungen vorgesehenen altersgruppen ergebe sich ein monatsbetrag von 236,78 €. 35b) ausgehend von diesem durchschnittlichen regelsatz belaufe sich der vorzunehmende zuschlag in höhe von 20 % auf monatlich 47,36 €. hinsichtlich dieses berechnungsparameters zur abgeltung einmaliger leistungen zum lebensunterhalt sei für das jahr 2009 keine fortentwicklung erforderlich. 36der zuschlag sei für das streitgegenständliche jahr nicht aufgrund konsumtion durch den regelsatz entfallen. auch wenn nach den 2005 neu gefassten sozialhilferechtlichen regelungen für volljährige hilfebedürftige die früheren „einmaligen leistungen“ zunächst nahezu vollständig in die deutlich angehobenen regelsätze eingearbeitet worden sein sollten, treffe dies für kinder und jugendliche im jahr 2009 nicht (mehr) zu. für diese seien über den wechsel vom bshg zum sgb xii hinaus einmalige leistungen vorgesehen für „erstausstattung bei geburt“, „erstausstattungen für die wohnung“ und „mehrtägige klassenfahrten“. mit wirkung zum 1. januar 2009 sei zudem für jedes schuljahr eine zusätzliche leistung in höhe von 100,00 € vorgesehen. 37der zuschlag in der vom bverfg vorgesehenen höhe führe nicht zu einer wegen verstoßes gegen den alimentationsgrundsatz verfassungswidrigen leistung. der sich für den zuschlag ergebende monatliche betrag in höhe von 47,36 € sei weder deutlich überhöht noch eklatant unzureichend, um in zusammenschau mit den übrigen berechnungsparametern den für das bverfg maßstabsbildenden sozialhilferechtlichen gesamtbedarf ordnungsgemäß abzubilden. 38zusätzlich zum betrag in höhe von 100,00 € für jedes schuljahr seien auch die übrigen genannten bedarfe nach ihrer häufigkeit gewichtet pauschaliert abzudecken. die größenordnung des 20 %-igen zuschlages erscheine auch noch vor dem hintergrund vertretbar, dass anders als 1998 private kranken- und pflegeversicherungskosten seit 1. januar 2009 in angemessenem umfang zwingend zum sozialhilferechtlichen gesamtbedarf zählten, § 32 abs. 5 sätze 1 und 4 sgb xii. verbesserungen im beihilfebereich für die ganze familie, die etwaige mehrkosten für die private kranken- und pflegeversicherung durch das dritte kind ausgleichen könnten, gebe es in nordrhein-westfalen seit 1993 nicht mehr. die begründung eines eigenständigen berechnungsparameters der bedarfsberechnung für private kranken- und pflegeversicherungskosten oder die diesbezügliche modifizierung der nettoeinkommensberechnung sei dem senat, der lediglich die vollstreckungsanordnung anwende, verwehrt. 39c) hinzuzurechnen sei des weiteren ein zuschlag für die kosten der unterkunft ausgehend von einem wohnbedarf von 11 qm für das kind. in bezug auf die bruttokaltmiete pro qm sei eine fortschreibung der parameter der vollstreckungsanordnung erforderlich. die durchschnittliche bruttokaltmiete pro monat in den alten ländern im jahr 2009 habe sich auf 6,83 € je qm belaufen, das elffache dieses wertes betrage 75,13 € pro monat. 40d) der zuschlag von 20 % der anteiligen durchschnittsmiete (durchschnittlichen bruttokaltmiete) zur abgeltung der auf das kind entfallenden heizkosten belaufe sich demzufolge auf 15,03 € pro monat. auch hinsichtlich dieses prozentsatzes sei die berechnungsvorgabe des bverfg bindend. 41auf die vom senat wegen grundsätzlicher bedeutung zugelassene revision des beklagten hat das bundesverwaltungsgericht mit urteil vom 31. januar 2019 – 2 c 35.17 –, juris, das urteil des senats vom 7. juni 2017 aufgehoben und die sache zur anderweitigen verhandlung und entscheidung an das oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. zur begründung hat es ausgeführt: 42die vollstreckungsanordnung des bundesverfassungsgerichts in seinem beschluss vom 24. november 1998 sei auch für das jahr 2009 maßgeblich. auch in anbetracht der zum 1. januar 2005 eingetretenen änderungen im recht der sozialen grundsicherung und der nachfolgenden weiteren gesetzlichen änderungen seien keine substantiell so wesentlichen änderungen der maßgeblichen berechnungsgrundlagen für die vollstreckungsanordnung eingetreten, dass diese bezogen auf das jahr 2009 nicht mehr angewandt werden könnte. auf grundlage dieser vollstreckungsanordnung seien die gerichte befugt, den dienstherrn zur gewährung zusätzlicher besoldungsbestandteile für beamte mit mehr als zwei kindern zu verurteilen. 43der errechnete durchschnittliche regelsatz sei allerdings nicht – mehr – um einen durchschnittlichen zuschlag von 20 v.h. zur abgeltung einmaliger leistungen zum lebensunterhalt zu ergänzen. die bis zum 31. dezember 2004 in § 21 abs. 1a bshg normierten einmaligen leistungen zum lebensunterhalt seien in die ab dem jahr 2005 geltenden, deutlich angehobenen und nunmehr bundeseinheitlichen regelbedarfssätze im sozialgesetzbuch zweites buch und sozialgesetzbuch zwölftes buch eingearbeitet worden. diese neuen regelsätze konsumierten den bisherigen zuschlag von 20 v.h., der ausschließlich der abgeltung einmaliger leistungen zum lebensunterhalt nach dem früheren bundessozialhilfegesetz gedient habe. die beibehaltung des zuschlags könne auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass seit dem 1. januar 2009 die privaten kranken- und pflegeversicherungskosten zum sozialhilferechtlichen gesamtbedarf zählten. 44im übrigen bestünden gegen die vom senat bei seiner berechnung für das jahr 2009 angesetzten beträge keine bedenken. 45bei der ermittlung, ob die einem beamten für sein drittes kind gewährten zuschläge den abstand von 15 v.h. zum sozialrechtlichen grundsicherungsniveau einhielten, seien von den nettobezügen die kosten einer dem beihilfesatz angepassten krankheitskostenversicherung für das dritte kind abzuziehen. diese zählten zu den unterhaltspflichten des beamten, die der gesetzgeber bei der leistung amtsangemessenen unterhalts gemäß art. 33 abs. 5 gg realitätsgerecht zu berücksichtigen habe. diese kosten habe der beamte im gegensatz zu empfängern von leistungen der grundsicherung selbst zu tragen. dieser abzug von den nettobezügen sei mit der vollstreckungsanordnung des bverfg vom 24. november 1998 vereinbar. 46ob sich das der klage stattgebende urteil des senats aus anderen gründen im ergebnis als richtig erweise, könne das bundesverwaltungsgericht nicht entscheiden. die sache sei zurückzuverweisen, damit der senat die erforderlichen tatsächlichen feststellungen zu den durchschnittlichen kosten einer dem beihilfesatz angepassten krankenkostenversicherung für ein drittes kind eines beihilfeberechtigten beamten treffen könne. 47im fortgeführten berufungsverfahren hat der kläger geltend gemacht: der senat habe seiner entscheidung im ersten berufungsverfahren eine unter den beteiligten unstrittige netto-einkommensdifferenz von 390,28 € zugrunde gelegt. mittlerweile habe das bundesverfassungsgericht mit beschluss vom 4. mai 2020 – 2 bvl 6/17 u.a. – grundsätze für die ermittlung der netto-einkommensdifferenz aufgestellt, die von denen in der vollstreckungsanordnung abwichen. hiernach seien die kirchensteuer nicht mehr zu berücksichtigen und die netto-einkommensdifferenz um die kosten der krankenversicherung des dritten kindes zu mindern. für letztere habe der verband der privaten krankenversicherungen e.v. in köln – pkv – für 2009 dem senat im streitfall einen monatsbetrag von 30,79 € genannt. unter berücksichtigung dessen errechne sich eine netto-einkommensdifferenz von 355,28 €. 48das bundesverfassungsgericht habe in dem beschluss ferner neue grundsätze für die ermittlung des sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs entwickelt. diese ansätze führten zu einem sozialhilferechtlichen gesamtbedarf in höhe von 395,11 €, 115 v.h. hiervon beliefen sich auf 454,38 €. wegen der einzelheiten wird insofern auf den schriftsatz vom 18. september 2020 – s. 4 f. – verwiesen. unter berücksichtigung dieser änderungen in den berechnungsansätzen errechne sich eine monatliche unteralimentation in höhe von 99,10 €, die sich zu einem jahresbetrag von 1.189,20 € aufsummiere. 49sofern im streitfall der entscheidung die neue rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts nicht zugrunde zu legen sein sollte, errechne sich unter zugrundelegung der vom bundesverwaltungsgericht im zurückweisenden urteil aufgestellten maßgaben eine unteralimentation in höhe von monatlich 21,93 € und damit 263,16 € im jahr. 50der abzug der kostendämpfungspauschale von den nettobezügen sei durch den beschluss des bundesverfassungsgerichts vom 4. mai 2020 – 2 bvl 6/17 u.a. – nicht gedeckt. hiernach seien nur die kosten der krankenversicherung in abzug zu bringen. beihilfeleistungen habe das bundesverfassungsgericht nicht unter den begriff kosten der krankenversicherung subsumiert und nicht bei der ermittlung der höhe der unteralimentation eingerechnet. dem schließe er sich an. die kostendämpfungspauschale werde auch nur einbehalten, wenn beihilfeleistungen erbracht würden. die vom beklagten vorgelegten berechnungen der jahresnettoalimentation für beamte seiner gehaltsgruppe im jahr 2009 würden mit ausnahme der höhe der für kinder zu berücksichtigenden krankenversicherungskosten und der berücksichtigung der kostendämpfungspauschale unstreitig gestellt. 51der kläger beantragt, 52das angefochtene urteil zu ändern und den beklagten unter aufhebung des bescheides vom 19. februar 2013 und des widerspruchsbescheides vom 11. april 2013 zu verurteilen, ihm für das jahr 2009 einen nettobetrag in höhe von 263,16 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 23. april 2013 zu zahlen. 53der beklagte beantragt, 54die berufung zurückzuweisen. 55er macht geltend: das bundesverwaltungsgericht habe im zurückverweisenden urteil ausgesprochen, dass der sozialhilferechtliche gesamtbedarf im jahr 2009 nach den im urteil aufgestellten maßgaben auf der grundlage der vollstreckungsanordnung zu ermitteln sei. die vom bundesverfassungsgericht im beschluss vom 4. mai 2020 zur alimentation kinderreicher familien in nrw entwickelten anpassungen und modifikationen der berechnung des sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs seien danach im streitfall nicht zu berücksichtigen. hieraus ergebe sich ein monatlicher sozialhilferechtlicher gesamtbedarf von 332,49 €, das 1,15-fache hiervon betrage 382,36 €. 56weiter habe das bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass von dem der mindestalimentation gegenüber zu stellenden nettodifferenzbetrag die krankenversicherungskosten für das dritte kind abzuziehen seien. dem stehe die vollstreckungsanordnung nicht entgegen, weil deren vorgaben sich lediglich auf die bestimmung des sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs bezögen. die krankenversicherungskosten beträfen demgegenüber das verfügbare nettoeinkommen. da die weitergeltung der vollstreckungsanordnung sich demzufolge lediglich auf die ermittlung des sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs, nicht hingegen auf die ermittlung des verfügbaren nettoeinkommens beziehe, seien mit bezug auf letzteres die konkretisierungen und modifizierungen, die das bundesverfassungsgericht in seinen beschlüssen vom 4. mai 2020 zur amtsangemessenheit der besoldung kinderreicher richter in nrw in den jahren 2013 bis 2015 einerseits (– 2 bvl 6/17 u.a. –) und zur (richter-)alimentation von 2-kind-familien in berlin in den jahren 2009 bis 2015 (– 2 bvl 4/18 –) andererseits aufgestellt habe, auch im streitfall zu berücksichtigen. unter berücksichtigung der vom bundesverfassungsgericht vorgenommenen modifikationen bei der berechnung der einkommensdifferenz errechne sich diese auf monatlich 382,89 € monatlich. wegen der einzelheiten der berechnung wird auf den schriftsatz des beklagten vom 24. september 2020, s. 3 f. nebst anlage verwiesen. insbesondere sind hierin berücksichtigt ein wegfall des abzugs von kirchensteuer, ein abzug von krankenversicherungskosten sowie ein abzug der kostendämpfungspauschale. dieser betrag liege um 0,53 € über dem 1,15-fachen des sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs. 57sofern man die krankenversicherungskosten für kinder in die berechnung einstelle, die sich aus den vom senat im streitfall eingeholten auskünften ergebe, bleibe die nettoeinkommensdifferenz um 2,20 € hinter dem 1,15-fachen des sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs zurück. er halte jedoch an seiner ursprünglichen berechnung fest. 58der senat hat beim pkv auskünfte eingeholt über die höhe der durchschnittlichen kosten einer dem beihilfesatz angepassten krankenkostenversicherung für ein drittes kind eines beihilfeberechtigten beamten sowie die kosten einer derartigen versicherung im beihilfeadäquaten basistarif im jahr 2009. wegen der einzelheiten wird auf die verfügung des senats vom 8. mai 2019 sowie die schreiben des pkv vom 21. januar 2020 sowie vom 10. september 2020 verwiesen. 59wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten bezug genommen. 60 | 61die berufung des klägers hat keinen erfolg. sie ist zulässig, aber unbegründet. 62a. aus den im urteil des senats vom 7. juni 2017 genannten gründen, die das bundesverwaltungsgericht in seinem urteil vom 31. januar 2019 – 2 c 35.17 – unbeanstandet gelassen hat, an denen der senat festhält und auf die er verweist, liegt ungeachtet der unterschiedlichen bezifferungen der für richtig gehaltenen zusätzlichen alimentation durch den kläger im laufe des verfahrens keine unzulässige klageerweiterung oder teilweise klagerücknahme vor. 63b. dem kläger steht hinsichtlich des jahres 2009 kein anspruch auf zahlung weiterer familienzuschläge zu. 64i. als rechtsgrundlage für die gewährung über die gesetzlich geregelten ansprüche hinausgehender (vgl. § 2 abs. 1 bbesg) besoldungsleistungen kommt allein die vollstreckungsanordnung des bundesverfassungsgerichts nach § 35 bverfgg im beschluss vom 24. november 1998 – 2 bvl 26/91 u.a. –, entscheidungsformel zu 2., zweiter teil, juris, (im folgenden: vollstreckungsanordnung) in betracht. 65danach haben besoldungsempfänger für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte kind anspruch auf familienbezogene gehaltsbestandteile in höhe von 115 % des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs eines kindes, der sich nach maßgabe der gründe zu c. iii. 3. errechnet. die rechtsfolge ist in den gründen zu c. iii. 3. (a. a. o., juris, rn. 57 ff.) in form von berechnungsvorgaben so präzisiert, dass der konkrete nachzahlungsbetrag abhängig von den tatbestandsrelevanten verhältnissen des einzelfalls (im wesentlichen der besoldungsgruppe und der zahl der kinder) grundsätzlich ohne weiteres – mit ausnahme gewisser unschärfen bei den sonstigen eingangsdaten – berechnet werden kann. auf der vollstreckungsanordnung beruht auch die weitere befugnis der verwaltungsge-richte, auf der grundlage dieser vorgaben zusätzliche besoldungsanteile über das einfache gesetz hinaus zu berechnen und in einem leistungsurteil unmittelbar zuzusprechen. 66die vollstreckungsanordnung ist weiterhin anwendbar und nicht erledigt. das ergibt sich für das vorliegende verfahren bereits aus der bindungswirkung, die dem zurückverweisenden urteil des bundesverwaltungsgerichts vom 31. januar 2019 – 2 c 35.17 – gemäß § 144 abs. 6 vwgo zukommt. hiernach hat der senat seiner entscheidung die rechtliche beurteilung des revisionsgerichts zugrunde zu legen. diese bindungswirkung umfasst die für die aufhebende entscheidung kausal ausschlaggebenden gründe. dies schließt die den unmittelbaren zurückverweisungsgründen vorausgehenden erwägungen jedenfalls insoweit ein, als diese die notwendige (logische) voraussetzung für die unmittelbaren aufhebungsgründe waren. 67bverwg, beschlüsse vom 14.07.2020 – 2 b 23.20 –, juris rn. 8, und vom 29.04.2019 – 2 b 25.18 –, juris rn. 9, 13 = buchholz 310 § 144 vwgo nr. 83, m. w. n. 68die zurückverweisende entscheidung des bundesverwaltungsgerichts beruht unter anderem darauf, dass die klage nicht von vornherein abzuweisen ist, ohne dass es weiterer tatsächlicher feststellungen des senats bedürfte. dies wäre indes der fall gewesen, wenn die vollstreckungsanordnung für das streitjahr 2009 nicht mehr anwendbar, sondern erledigt wäre. demzufolge steht für den streitfall mit bindungswirkung für den senat fest, dass dies nicht der fall ist. daher kann dahinstehen, ob sich möglicherweise aus der zwischenzeitlich ergangenen rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts zur verfassungswidrigkeit der besoldung von kinderreichen richtern und staatsanwälten in nordrhein-westfalen in den jahren 2013 bis 2015 im beschluss vom 4. mai 2020 – 2 bvl 6/17 u.a. –, juris, anhaltspunkte für eine abweichende beurteilung ergeben. derartiges käme aus sicht des senats etwa in betracht hinsichtlich der notwendigkeit, bei der bemessung der amtsangemessenen alimentation von beamten mit drei (und mehr) kindern in anlehnung an den sozialhilferechtlichen gesamtbedarf möglicherweise auch einmalige beihilfen, die grundsicherungsempfängern zusätzlich zu den regelsätzen gewährt werden, zu berücksichtigen. 69vgl. bverfg, beschluss vom 04.05.2020 – 2 bvl 6/17 u.a. -, juris rn. 55 ff., 78 f. 70ii. bei strikter anwendung der in der vollstreckungsanordnung festgelegten berechnungsmethode ergibt sich, dass dem kläger wegen seines rechts auf verfassungsgemäße alimentation im hinblick auf den bedarf seines dritten kindes im jahr 2009 kein anspruch auf über die bereits ausgezahlte besoldung hinausgehende zahlungen zusteht. 711. für die ermittlung, ob die besoldung eines beamten mit mehr als zwei kindern den verfassungsrechtlichen vorgaben genügt, den zusätzlichen bedarf, der ihm für sein drittes und weitere kinder entsteht, zu decken, ohne ihm zuzumuten, für deren unterhalt auf die familienneutrale bestandteile seines gehalts zurückzugreifen – 72vgl. bverfg, beschluss vom 24.11.1998 – 2 bvl 26/91 u.a. –, juris rn. 39, 55 –, 73ist nach den berechnungsvorgaben des bundesverfassungsgerichts im beschluss vom 24. november 1998 (unter c. iii. 3, juris, rn. 57 f.) vom sozialhilferechtlichen gesamtbedarf für ein kind auszugehen. dieser ist um einen betrag von 15 v.h. zu erhöhen, um den verfassungsgebotenen unterschied zwischen der der sozialhilfe obliegenden befriedigung eines äußersten mindestbedarfs und dem dem beamten (und seiner familie) geschuldeten unterhalt hinreichend deutlich werden zu lassen. 74vgl. bverfg, beschluss vom 24.11.1998 – 2 bvl 26/91 u.a. –, juris rn. 57. 75dieser durch die zusätzliche alimentation für einen beamten mit mehr als zwei kindern zu deckende betrag in höhe des 1,15-fachen des sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs für ein (drittes) kind – vom bundesverfassungsgericht als "15 v.h.-betrag" bezeichnet – 76vgl. bverfg, beschluss vom 24.11.1998 – 2 bvl 26/91 u.a. –, juris rn. 59 – 77belief sich im jahre 2009 auf (326,94 € x 1,15 =) 375,98 €. 782. der sozialhilferechtliche gesamtbedarf für dritte und weitere kinder betrug für das jahr 2009 monatlich 326,94 €. 79für seine berechnung hat das bundesverfassungsgericht im einzelnen vorgegeben, dass sich dieser zunächst durch bildung eines durchschnittsregelsatzes nach § 22 des damaligen bundessozialhilfegesetzes (bshg) für das bisherige (alte) bundesgebiet ergebe. hinzuzurechnen sei ein durchschnittlicher zuschlag von 20 % zur abgeltung einmaliger leistungen zum lebensunterhalt, ferner die kosten der unterkunft ausgehend von einem wohnbedarf von 11 qm pro kind. zugrunde zu legen sei insoweit die vom statistischen bundesamt in der so genannten 1 %-gebäude- und wohnungsstichprobe 1993 ermittelte durchschnittsmiete in den alten bundesländern von 9,53 dm je qm, die anhand des mietenindexes des statistischen bundesamtes zurückgerechnet und fortgeschrieben worden sei. schließlich seien die energiekosten für ein kind mit 20 % der kaltmiete zu berücksichtigen. 80vgl. bverfg, beschluss vom 24.11.1998 – 2 bvl 26/91 u.a. –, juris rn. 58. 81mit zunehmendem zeitlichen abstand können immer mehr parameter dieser 1998 entwickelten berechnungsmethode aufgrund von änderungen besoldungserheblicher gesetze und veränderter tatsachengrundlagen nicht mehr unmittelbar angewandt werden, sondern müssen im lichte der entscheidung fortentwickelt werden. 82vgl. bverwg, urteil vom 27.05.2010 – 2 c 10.10 –, juris rn. 17 m. w. n. 83die einzelnen summanden des sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs (326,94 €) für das dritte und weitere kinder im jahr 2009 belaufen sich auf 236,78 € (durchschnittsregelsatz, s. u. a]), 75,13 € (kosten der unterkunft, s. u. b]) und 15,03 € (heizkostenzuschlag, s. u. c]); der in der vollstreckungsanordnung noch vorgesehene 20-%-zuschlag zum regelsatz ist nicht in die berechnung einzustellen, s. u. d). auch die kosten für die deckung weiterer bedarfe, insbesondere eines zusätzlichen bedarfs für schulbezogene aufwendungen, können in die berechnung nicht eingestellt werden, s.u. e). 84a) einer fortentwicklung bedarf es insbesondere im hinblick auf die zum 1. januar 2005 erfolgte neuregelung des sozialhilferechts (früher bshg) im sgb xii. der regelsatz ist nunmehr den dortigen regelungen zu entnehmen. 85vgl. ovg nrw, urteil vom 27.02.2008 – 1 a 30/07 –, juris rn. 61 ff. 86stattdessen auf das erwerbsfähige betreffende – mithin grundsätzlich ebenfalls erwerbsfähigen besoldungsempfängern eventuell näherstehende – gänzlich neugeschaffene referenzsystem des sgb ii abzustellen, überschritte den rahmen einer bloßen fortschreibung der vollstreckungsanordnung und bliebe dem bundesverfassungsgerichts vorbehalten. dessen befassung ist aber wegen des praktischen gleichlaufs der leistungshöhen in sgb ii und xii nicht geboten. im streitfall verbietet sie sich zudem wegen der bindungswirkung des zurückverweisenden urteils des bundesverwaltungsgerichts vom 31. januar 2019 – 2 c 35.17 –. 87in nordrhein-westfalen war der regelsatz für die zeit ab dem 1. juli 2008 bzw. 1. juli 2009 in verschiedenen bedarfsstufen in der verordnung über die regelsätze der sozialhilfe vom 10. juni 2008 (gv. nrw. 2008, s. 473) bzw. 9. juni 2009 (gv. nrw. 2009, s. 335) geregelt: 211,00 € monatlich bis zur vollendung des 14. lebensjahres bzw. 215,00 € monatlich bis zur vollendung des sechsten lebensjahres und 251,00 € monatlich vom beginn des siebten bis zur vollendung des 14. lebensjahres; 281,00 € bzw. 287,00 € monatlich vom beginn des 15. bis zur vollendung des 18. lebensjahres. dies entspricht der damaligen regelsatzhöhe in den übrigen westlichen bundesländern. 88vgl. vgh bad.-württ., urteil vom 06.06.2016 – 4 s 1094/15 –, juris rn. 105 f. 89es ist ein durchschnittswert über alle (zwei bzw. drei) altersgruppen zu bilden, wobei eine gewichtung nach der zahl der von der jeweiligen altersgruppe umfassten lebensjahre zu erfolgen hat. 90vgl. vgh bad.-württ., urteil vom 06.06.2016 – 4 s 1094/15 –, juris rn. 103. 91dies ergibt monatlich gerundet 226,56 € ([14 x 211 + 4 x 281] / 18) für die monate januar bis juni 2009 und monatlich 247,00 € ([6 x 215 + 8 x 251 + 4 x 287] / 18) für die monate juli bis dezember 2009, gemittelt mithin 236,78 €. 92b) hinzuzurechnen ist ein zuschlag für die kosten der unterkunft ausgehend von einem wohnbedarf von 11 qm für das kind. anders als die beteiligten meinen, sind insofern nicht 12 qm anzusetzen. der wert von 11 qm pro kind ist in der vollstreckungsanordnung bindend vorgegeben. 93vgl. bverfg, beschluss vom 24.11.1998 – 2 bvl 26/91 u.a. –, juris rn. 58; bverwg, urteil vom 31.01.2019 – 2 c 35.17 –, juris rn. 19, 20. 94eine fortschreibung der parameter der vollstreckungsanordnung ist mithin lediglich in bezug auf die bruttokaltmiete pro qm erforderlich. im jahr 2009 betrug die durchschnittliche monatliche bruttokaltmiete pro quadratmeter in den alten ländern 6,83 €. 95vgl. wohngeld- und mietenbericht 2010, bt-drs. 17/6280, s. 16; bverwg, urteil vom 31.01.2019 – 2 c 35.17 –, juris rn. 19. 96das elffache dieses werts beläuft sich auf 75,13 € pro monat. der senat sieht – anders als der kläger – keinen anlass, spätere erkenntnisse über die tatsächliche bruttokaltmiete im streitgegenständlichen jahr auszublenden, nur weil sie erst nach ablauf dieses jahres veröffentlicht wurden. auch das bundesverfassungsgericht hat bei ausspruch der vollstreckungsanordnung auf nachträgliche erkenntnisse aus den jahren 1993 und 1997 abgestellt, obwohl es über die besoldung für die jahre ab 1988 zu entscheiden hatte. 97vgl. bverfg, beschluss vom 24.11.1998 – 2 bvl 26/91 u.a. –, juris rn. 1 und 58. 98c) der zuschlag von 20 % der anteiligen durchschnittsmiete (durchschnittlichen bruttokaltmiete) zur abgeltung der auf das kind entfallenden heizkosten entspricht mithin 15,03 € pro monat. hinsichtlich des prozentsatzes ist die berechnungsvorgabe des bundesverfassungsgerichts ebenfalls bindend. 99vgl. bverwg, urteil vom 31.01.2019 – 2 c 35.17 –, juris rn. 19, 20. 100d) der nach der vollstreckungsanordnung noch hinzuzurechnende zuschlag in höhe von 20 % des regelsatzes ist im streitjahr 2009 nicht mehr zu berücksichtigen. das ergibt sich für den streitfall mit bindender wirkung aus dem zurückverweisenden urteil des bundesverwaltungsgerichts vom 31. januar 2019 – 2 c 35.17 –. der frage, ob die vollstreckungsanordnung nach wegfall dieses zuschlages ungeachtet der gesetzlich vorgesehenen einmaligen leistungen, die grundsicherungsempfängern zusätzlich zu den regelsätzen gewährt werden, noch geeignet ist, die leistung einer amtsangemessenen alimentation zu gewährleisten, hat der senat, wie ausgeführt, wegen der bindungswirkung dieses urteils nicht nachzugehen. 101e) dem senat ist es auch verwehrt, im hinblick auf die grundsicherungsleistungsempfängern seit dem jahr 2009 zusätzlich gewährten leistungen in höhe von 100 € pro schuljahr für schulbedarf einen eigenständigen berechnungsparameter in die bedarfsberechnung einzubeziehen, wie dies die verfahrensbeteiligten hinsichtlich eines betrags von 5,55 € – übereinstimmend – für richtig halten. den verwaltungsgerichten ist es wegen der gesetzesbindung der besoldung (§ 2 abs. 1 bbesg) grundsätzlich verwehrt, beamten gesetzlich nicht vorgesehene besoldungsleistungen zuzusprechen. eine ausnahme hiervon bilden, wie ausgeführt, besoldungsleistungen auf grundlage der vollstreckungsanordnung des bundesverfassungsgerichts. diese befugnis bindet das bundesverfassungsgericht jedoch ausdrücklich an seine – oben dargestellte und zugrunde gelegte – berechnungsmethode gemäß c. iii. 3. der gründe des beschlusses vom 24. november 1998 – 2 bvl 26/91 u.a. –. 102vgl. bverfg, beschluss vom 24.11.1998 – 2 bvl 26/91 u.a. –, nr. 2 des entscheidungsausspruchs, juris. 103zu einer modifikation dieser berechnungsmethode wären nur der gesetzgeber oder das bundesverfassungsgericht selbst befugt. 104vgl. bverwg, urteil vom 17.06.2004 – 2 c 34.02 –, juris rn. 30 = bverwge 121, 91. 105eine solche ist, wie ausgeführt, nicht erfolgt. insbesondere betreffen die beschlüsse des bundesverfassungsgerichts vom 4. mai 2020 entweder nicht das beklagte land – 2 bvl 4/18 –, oder aber nicht das streitjahr – 2 bvl 6/17 u.a. –. auch den ausführungen des bundesverwaltungsgerichts im zurückverweisenden urteil zu der im hinblick auf die gebotene durchschnittsbetrachtung zutreffenden berechnung des monatlichen durchschnittswerts der grundsicherungsempfängern für ihre schulkinder für jedes schuljahr gewährten leistung für die schule i.h.v. 100 €, die "zu beachten" seien –, 106vgl. bverwg, urteil vom 31.01.2019 – 2 c 35.17 –, juris rn. 16 –, 107vermag der senat keine rechtsgrundlage für die gewährung von über die gesetzlichen regelungen und die in der vollstreckungsanordnung des bundesverfassungsgerichts hinausgehenden besoldungsleistungen zu entnehmen. 1083. diesem 1,15-fachen des sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs entsprechend den berechnungsvorgaben in der vollstreckungsanordnung des bundesverfassungsgerichts ist gegenüberzustellen der "durchschnittliche nettomehrbetrag …, den der beamte für sein drittes und jedes weitere kind erhält". 109vgl. bverfg, beschluss vom 24.11.1998 – 2 bvl 26/91 u.a. –, juris rn. 59. 110a) auch für die berechnung dieses "nettomehrbetrages" sind in dem beschluss des bundesverfassungsgerichts vom 24. november 1998 – 2 bvl 16/91 u.a. – unter c. iii. 2. der gründe hinweise enthalten. auf diese erstreckt sich die bindung der verwaltungsgerichte an die vorgaben der vollstreckungsanordnung unter nr. 2 des entscheidungstenors indes nicht. 111vgl. bverwg, urteil vom 31.01.2019 – 2 c 35.17 –, juris rn. 29. 112demzufolge ist raum dafür, die diesbezüglichen modifikationen zu berücksichtigen, die das bundesverfassungsgericht in seiner jüngeren rechtsprechung, insbesondere den beschlüssen vom 4. mai 2020 zur (staatsanwalts- und richter-)besoldung in berlin in den jahren 2009 bis 2015 – 113bverfg, beschluss vom 04.05.2020 – 2 bvl 4/18 –, juris – 114und zur besoldung kinderreicher staatsanwälte und richter in nordrhein-westfalen in den jahren 2013 bis 2015 – 115bverfg, beschluss vom 04.05.2020 – 2 bvl 6/17 u.a. –, juris – 116entwickelt hat. 117b) unter berücksichtigung dieser modifikationen errechnet sich der "nettomehrbetrag", der einem beamten in der (damaligen) besoldungsgruppe des klägers mit drei kindern im vergleich zu einem ebensolchen mit zwei kindern für den unterhalt seines dritten kindes zur verfügung stand, bei der insoweit gebotenen pauschalisierenden und typisierenden berechnung im jahre 2009 auf einen betrag von 379,66 €. 118dieser betrag ergibt sich aus der vom beklagten auf bitte des senats mit schriftsatz vom 29. september 2020 vorgelegten alternativberechnung. 119aa) in dieser berechnung hat der beklagte abweichend von den berechnungshinweisen des bundesverfassungsgerichts unter c. iii. 2. der gründe des beschlusses vom 24. november 1998 – 2 bvl 26/21 –, juris rn. 56, keinen abzug von kirchensteuer vorgenommen. dies trägt der neueren rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts rechnung, das zugrunde legt, der gesetzgeber gehe seit dem jahr 2005 nicht mehr davon aus, dass eine deutliche mehrheit von arbeitnehmern einer kirchensteuer erhebenden kirche angehöre. 120vgl. bverfg, beschluss vom 04.05.2020 – 2 bvl 6/17 u.a. –, juris rn 70. 121bb) in der berechnung hat der beklagte die nettoeinkünfte der verglichenen beamten jeweils um die (mindest-)kosten einer beihilfekonformen privaten kranken- (und pflege-)versicherung für diese und ihre familie (die er im jahre 2009 auch steuerlich berücksichtigt hatte), reduziert. auch dieses vorgehen entspricht der höchstrichterlichen rechtsprechung. 122vgl. bverwg, urteil vom 31.01.2019 – 2 c 35.17 –, juris rn. 28 m. w. n. 123soweit es um das erfordernis eines abzugs der krankenversicherungskosten für ein drittes kind eines beamten bei der ermittlung des ihm verbleibenden "nettomehrbetrages" geht, steht dieses im streitfall zudem aufgrund der bindungswirkung des zurückverweisenden urteils des bundesverwaltungsgerichts fest. die zurückverweisung erfolgte, weil der senat feststellungen über diese kosten bislang nicht getroffen hatte, und zu dem zweck, diese kosten nunmehr konkret zu ermitteln. 124cc) die vom beklagten vorgelegte alternativberechnung hat der kläger in der mündlichen verhandlung hinsichtlich der vorgenannten maßgaben unstreitig gestellt. auch der senat hat keinen anlass, hieran insoweit zu zweifeln. zwischen den beteiligten umstritten sind lediglich die fragen, mit welchem betrag die für die zwei bzw. drei kinder des beamten zu berücksichtigenden krankenversicherungskosten einzustellen sind und ob in die berechnung des "nettomehrbetrags" auch die in unterschiedlicher höhe von beihilfeleistungen des dienstherrn an beamte der (ehemaligen) besoldungsgruppe des klägers mit zwei (180 €) und drei kindern (120 €) jährlich in abzug gebrachte kostendämpfungspauschale einzustellen ist. 125dd) bei die berechnung für das jahr 2009 zu berücksichtigen sind – wie in der vom beklagten vorgelegten alternativberechnung geschehen – durchschnittliche kosten für eine mit den beihilferegelungen in nordrhein-westfalen konforme krankenversicherung eines kindes und minderjährigen in höhe von monatlich 30,79 €. das ergibt sich aus den vom senat eingeholten auskünften des pkv vom 21. januar 2020 und 10. september 2020. hierbei handelt es sich nach dessen angaben um einen aus den dort vorliegenden angaben extrapolierten durchschnittswert der in der "versicherungswirklichkeit" wirklich versicherten kinder. dieser sei für die kinder (geschlechtsübergreifend) von der geburt bis zum 25 lebensjahr gleich. 126die kosten einer versicherung nach dem beihilfekonformen basistarif, den private krankenversicherungen seit dem 1. januar 2009 anzubieten verpflichtet sind, beliefen sich unter zugrundelegung der angaben des pkv, nach denen die einzelnen versicherungsunternehmen auf grundlage einer branchenweiten kalkulation, die zu einem betrag von monatlich 56,48 € geführt habe, und unter berücksichtigung ihrer unternehmensindividuellen kostensätze beiträge mit einer streuung von bis zu 3 € erhoben hätten, – u.a. – im streitjahr auf monatlich zwischen 53,48 € und 59,48 €. da sie deutlich über den kosten einer privaten versicherung liegen, können sie im vorliegenden zusammenhang außer acht bleiben. 127der senat sieht sich durch die konkreten maßgaben, die das bundesverwaltungsgericht in dem zurückverweisenden urteil hinsichtlich der ermittlungsweise der von den nettobezügen abzuziehenden krankenversicherungskosten gemacht hat, nicht gehindert, die vom pkv genannten durchschnittlichen krankenversicherungskosten zugrunde zu legen, ohne etwa weitere ermittlungen nach den "günstigsten am markt erreichbaren möglichkeiten zur privaten krankenversicherung eines kindes" anzustellen. das bundesverwaltungsgericht selbst weist darauf hin, dass nach der vollstreckungsanordnung des bundesverfassungsgerichts "bei der berechnung der durchschnitt maßgeblich ist",– 128vgl. bverwg, urteil vom 31.01.2019 – 2 c 35.17 –, juris rn. 30, mit hinweis auf bverfg, beschluss vom 24.11.1998 – 2 bvl 26/91 u.a. – bverfge 99, 300, 323; vgl. jetzt auch bverfg, beschluss vom 04.05.2020 – 2 bvl 6/17 u.a. –, juris rn. 66. 129diesem ansatz und der verpflichtung, bei der bemessung der alimentation die dem beamten entstehenden unterhaltspflichten realitätsgerecht zu berücksichtigen – 130vgl. bverwg, urteil vom 31.01.2019 – 2 c 35.17 –, juris rn. 26, mit hinweis auf bverfg, beschluss vom 24.11.1998 – 2 bvl 26/91 u.a. –, bverfge 99, 300, 314 f., sowie urteil vom 06.03.2007 – 2 bvr 556/04 –, bverfge 117, 330, 351 – 131widerspräche es, einer berechnung der mindestalimentation (zwingend) die annahme zugrunde zu legen, ein beamter werde für die krankenversicherung seines neugeborenen kindes ausschau nach der günstigsten am markt befindlichen versicherungsmöglichkeit halten – anstatt das kind dort gegen krankheit zu versichern, wo er selbst und ggf. seine ehefrau und die beiden älteren kinder krankenversichert sind. dem trägt die berücksichtigung des vom pkv genannten durchschnittswertes der kosten der in der "versicherungswirklichkeit" wirklich versicherten kinder rechnung. eine bindung des senats gemäß § 144 abs. 6 vwgo an die hinsichtlich der weiteren sachaufklärung vom bundesverwaltungsgericht erteilten, die entscheidung nicht tragenden empfehlungen und hinweise für die weitere behandlung der rechtssache nach zurückverweisung (sog. "segelhinweise") besteht nicht. 132vgl. bverwg, urteile vom 27.04.2016 – 6 c 5.15 –, juris rn. 16 = bverwge 155, 58, und vom 25.05.1984 – 8 c 108.82 –, juris rn. 27 = njw 1985, 393 m. w. hinw.; beschluss vom 29.04.2019 – 2 b 25.18 –, juris rn. 12 = buchholz 310 § 144 vwgo nr. 83; ovg nrw, beschluss vom 15.05.2000 – 21 a 3523/99.a –, juris rn. 14; vgh bad.-württ., beschluss vom 05.09.1997 – a 16 s 2354/97 –, juris rn. 5. 133da die versicherungskosten nach den angaben des pkv in den altersstufen bis 25 jahren gleich sind, kann auf sich beruhen, ob in eine ansonsten gebotene durchschnittsbildung die jahrgänge bis zum 25. lebensjahr einzustellen sind – 134so bverwg, urteil vom 31.01.2019 – 2 c 35.17 –, juris rn. 30 – 135oder lediglich bis zum 18. lebensjahr – 136vgl. bverfg, beschluss vom 04.05.2020 – 2 bvl 6/17 u.a. –, juris rn. 44. 137der senat sieht keine veranlassung, statt der ihm auf seine auskunft hin vom pkv – wiederholt – genannten durchschnittlichen kosten einer beihilfekonformen krankenversicherung des kindes eines nordrhein-westfälischen beamten in höhe von 30,79 € den wert von 26 € zugrunde zu legen, der sich aus einer tabelle über "kosten für private krankenversicherung ohne wahlleistungen (also beg-berücksichtigungsfähiger anteil)" mit dem stand 12.12.2018 ergibt, die der pkv mit schreiben vom 18. januar 2019 dem bundesverfassungsgericht zum verfahren 2 bvl 4/18 übersandt hat, wie dies der beklagte für "sachgerecht" hält. diese zahlenangaben stammen von derselben auskunftsquelle wie die im streitfall eingeholten. sie betreffen ein anderes bundesland (berlin). im übrigen sind sie einer auskunft entnommen, die älter ist als die dem senat vorliegende. schließlich beruhen sie nach dem anschreiben des pkv vom 18. januar 2019 an das bundesverfassungsgericht auf einem von diesem übersandten schreiben und telefonischen besprechungen, über die nichts bekannt ist. der senat vermag keine überzeugenden gründe zu erkennen, warum diese angaben den vorrang gegenüber den zahlen verdienten, die er selbst eingeholt hat. hieran ändert es nichts, dass das bundesverfassungsgericht selbst in einem zwar das land nordrhein-westfalen, jedoch abweichende jahre, betreffenden verfahren auf die ihm für das land berlin vorliegenden zahlenwerte zurückgegriffen hat. 138abgesehen hiervon wäre der berufung auch bei zugrundelegung der dem bundesverfassungsgericht in dem das land berlin betreffenden verfahren genannten krankenversicherungskosten eines kindes bzw. minderjährigen im jahr 2009 kein erfolg beschieden. in diesem fall erhöhte sich der "nettomehrbetrag" nach den vom beklagten vorgelegten berechnungen (fassungen vom 23. und 28. september 2020) noch von 379,66 € auf 382,89 €. 139ee) zutreffend hat der beklagte in seine berechnungen des "nettomehrbetrages" auch die kostendämpfungspauschale gemäß § 12a beihilfeverordnung nrw (bvo nrw) eingestellt. die hiergegen gerichtete kritik des klägers greift nicht durch. wie bereits ausgeführt, hat der beklagte dem kläger eine alimentation zu gewähren, die es ihm ermöglicht, den anzuerkennenden unterhalt für sein drittes kind – in höhe das 1,15-fachen des hierfür gesetzlich vorgesehenen sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs – ohne zugriff auf nicht familienbezogene bezügebestandteile zu decken. für die alimentation ist anerkannt, dass einschnitte im bereich der beihilfe für beamte im krankheitsfall in form des abzugs eines jährlichen selbstbehalts wie der nordrhein-westfälischen kostendämpfungspauschale als minderung einer anderweitigen alimentationsleistung in die beurteilung der amtsangemessenheit einzubeziehen sind. 140vgl. bverfg, beschluss vom 17.11.2015 – 2 bvl 19/09 u.a. –, juris rn. 133, 153; bverwg, beschluss vom 22.09.2017 – 2 c 56.16 u.a. –, juris rn. 102, 105 141hiervon ausgehend ist es zwingend, die auswirkung der in § 12a abs. 1 und abs. 5 bvo nrw getroffenen regelung, dass grundsätzlich eine kostendämpfungspauschale in höhe von 300 € in ansatz zu bringen ist, diese sich jedoch um 60 € für jedes zu berücksichtigende kind vermindert, so dass ein beamter mit drei kindern im vergleich mit einem beamten mit zwei kindern den letztgenannten betrag mehr zur verfügung hat, in die berechnung des "nettomehrbetrages", der gerade dieser vergleich zugrunde liegt, einzubeziehen. 142vgl. bverwg, urteil vom 28.04.2011 – 2 c 51.08 –, juris rn. 12, das ausdrücklich darauf hinweist, die verringerung der kostendämpfungspauschale je kind stelle für beamte eine entlastung dar. 143insofern ist es nicht von ausschlaggebender bedeutung, dass eine kostendämpfungspauschale nur anfällt, wenn der beamte beihilfeleistungen tatsächlich in anspruch nimmt. bei der im vorliegenden zusammenhang gebotenen realitätsgerechten betrachtung ist davon auszugehen, dass ein vier-personen-haushalt mit zwei ebenso wie ein fünf-personen-haushalt mit drei kindern typischerweise in jedem kalenderjahr ärztliche behandlungen in einem solchen umfang in anspruch nehmen, dass die zu gewährende beihilfe 180 € bzw. 120 € (§ 12a abs. 1 satz 2, abs. 5 bvo nrw) übersteigt. der einbeziehung der kostendämpfungspauschale steht ferner nicht entgegen, dass das bundesverfassungsgericht diese in dem beschluss vom 4. mai 2020 unterlassen hat. es ist einer berücksichtigung nicht entgegengetreten, sondern konnte die frage offen lassen, weil es für die entscheidung hierauf nicht ankam. 144vgl. bverfg, beschluss vom 04.05.2020 – 2 bvl 6/17 u.a. –, juris rn. 84; ebenso im beschluss vom 04.05.2020 – 2 bvl 4/18 –, juris rn. 148. 1454. der demzufolge einem beamten der (damaligen) besoldungsgruppe des klägers bei pauschalisierender und typisierender betrachtung für den unterhalt seines dritten kindes im jahr 2009 zur verfügung stehende "nettomehrbetrag" in höhe von 379,66 € reichte aus, um den bedarf für sein drittes kind in höhe des 1,15-fachen des sozialhilferechtlichen gesamtbedarfs, der sich nach obenstehenden ausführungen auf 375,98 € belief, zu decken. 146c. die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 2 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 satz 1 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 709 satz 2, 711 zpo. 147die revision ist zuzulassen, weil die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat. | Verklagte*r | 0 |
183,591 | L 11 KA 17/13 | 2014-02-26T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung der Beigeladenen zu 7) wird zurückgewiesen. Die Beigeladene zu 7) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Streitig ist die Genehmigung einer überörtlichen Teil-Berufsausübungsgemeinschaft (Teil-BAG). 3Die Klägerin zu 1) ist hausärztlich tätige Fachärztin für Innere Medizin, Hausärztin im DMP Diabetes Typen 1 und 2 und Schwerpunktpraxis im DMP Typen 1 und 2 mit Vertragsarztsitz in L. Der Kläger zu 2) ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Hausarzt im DMP Typen 1 und 2 mit Vertragsarztsitz in L1. 4Am 26.05.2011 schlossen die Kläger einen "Gesellschaftsvertrag über die Bildung einer ortsübergreifenden diabetologischen Teilberufsausübungsgemeinschaft". In der Präambel heißt es u.a. 5" ... beabsichtigen die Vertragsparteien, sich zum Zwecke der diabetologischen Versorgung inklusive Fußambulanz zu einer überörtlichen Teilberufsausübungsgemeinschaft an den Standorten Q-straße 00 in L sowie G-straße 00 in L1 zusammenzuschließen." 6In § 1 "Gegenstand der Gesellschaft" heißt es: 7"(1) Gegenstand der Gesellschaft ist die gemeinsame kollegiale und gleichberechtigte Ausübung ambulanter vertrags- und privatärztlicher Tätigkeit als Ärzte zur diabetologischen Versorgung in Form einer überörtlichen Teilberufausübungsgemeinschaft in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)." 8Zur Gewinnverteilung regelt § 7 u.a. 9"Der Gewinn der Gesellschaft wird zugeordnet durch die Leistungserbringerkennzeichnung in der Praxisabrechnungssoftware". 10Weiter enthält der Vertrag Regelungen zu "Beginn, Dauer, Kündigung der Gesellschaft" (§ 2), "Sitz der Gesellschaft, Bezeichnung" (§ 3), "Beiträge, Einbringung, Beteiligung am Vermögen" (§ 4), "Anschaffungen, Investitionen" (§ 5), "Personal" (§ 6), "Gesellschafterversammlung, Gesellschafterbeschlüsse" (§ 9) und "Schriftform, Salvatorische Klausel" (§ 10). 11Auf der Grundlage dieses Vertrages stellten die Kläger einen Antrag auf Genehmigung zur Errichtung einer Teil-BAG bzw. überörtlichen BAG. 12Mit Beschluss vom 22.06.2011 lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte Düsseldorf den Antrag ab: Die Gründung einer Teil-BAG sei gemäß § 15a Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä/EKV-Ä) nur zulässig, wenn das zeitlich begrenzte Zusammenwirken erforderlich sei, um Patienten zu versorgen, die einer gemeinschaftlichen Versorgung der der Teil-BAG angehörenden Ärzte bedürften und die Ärzte gemeinschaftlich im Rahmen des § 17 Abs. 1 a BMV-Ä/EKV-Ä zur Verfügung stünden. Es sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen das zeitlich begrenzte Zusammenwirken erforderlich sein solle, um Patienten diabetologisch zu versorgen. 13Einen hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Beschluss vom 11.01.2012, ausgefertigt als Bescheid am 26.01.2012, zurück: Das Begehren der Antragsteller scheitere nach seiner Auffassung schon am Wortlaut des § 33 Abs. 2 Satz 3 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV). Danach sei eine Teil-BAG nur zulässig, wenn sie auf einzelne Leistungen bezogen sei. Selbst wenn diese Vorschrift weit auszulegen sei, könne sie sich nicht auf einen ganzen Behandlungskomplex mit umschriebenen Inhalten beziehen. So lägen die Dinge aber hier. Die Diabetologie sei nach der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein ein Gegenstand der Zusatzweiterbildung. Die Zusatzweiterbildung Diabetologie umfasse in Ergänzung einer Fachkompetenz die Erkennung, Behandlung und Rehabilitation aller Formen der diabetischen Stoffwechselstörung einschließlich ihrer Komplikationen. Die gemeinsame Behandlung von an Diabetes erkrankten Patienten lasse sich mithin nicht auf einzelne medizinische Maßnahmen reduzieren. Dies würde auch dem fest umschriebenen DMP-Behandlungsprogramm widersprechen, zumal nur die Klägerin zu 1) an diesem Programm teilnehme. Im Übrigen stehe der nachgesuchten Genehmigung auch die Vorschrift des § 15a Abs. 5 Satz 2 BMV-Ä/EKV-Ä entgegen. Der Beklagte verstehe diese Vorschrift so, dass das zeitlich begrenzte Zusammenwirken der Ärzte auf medizinischen Erfordernissen beruhe und deshalb aus medizinischer Sicht notwendig sei. Hiervon könne jedoch keine Rede sein. 14Hiergegen richtet sich die am 17.02.2012 erhobene Klage. Die Kläger treten der Rechtsauffassung des Beklagten entgegen, eine Teil-BAG sei nur zulässig, wenn sie auf "einzelne Leistungen" bezogen sei. Der Gesetzgeber habe durch diese Formulierung lediglich zum Ausdruck bringen wollen, dass BAGen nicht über das gesamte Leistungsspektrum begründet werden müssten. Welche Leistungen eines Arztes in Form einer Teil-BAG erbracht würden, müsse allein der Entscheidung der jeweiligen Mitglieder der Teil-BAG obliegen.Vorliegend solle eine gemeinsame und koordinierte Patientenbehandlung durch die Kläger erfolgen. Es gehe um aufeinander abgestimmte diabetologisch Leistungen, um die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern. Dabei gehe es insbesondere um die Synergieeffekte, die durch die unterschiedlichen Behandlungsschwerpunkte der Gesellschafter aufträten. So biete der Kläger zu 2) insbesondere die Ernährungsmedizin als zusätzlichen Baustein für die Behandlung von Diabetikern. Die Klägerin zu 1) verfüge hingegen über die Zulassung als Fußambulanz DDG. Eine weitere Verbesserung trete dadurch ein, dass Gesellschafter beiderlei Geschlechts vorhanden seien, da Patienten bei einzelnen Beschwerdebildern bzw. bei besonderen äußeren Umständen häufig einen Behandler des gleichen Geschlechts wünschten, ohne aber den behandelnden Arzt dauerhaft wechseln zu wollen (so z. B. bei der Behandlung der erektilen Dysfunktion oder bei der Schwangerschaft- und Stillzeitbegleitung bei Patientinnen mit Diabetes in der Schwangerschaft). Auch die Schulungsveranstaltungen würden durch die Gründung einer Teil-BAG verbessert. So könnten die Gesellschafter an beiden Standorten gemeinsam ein allumfassendes Schulungsspektrum anbieten (ZI-Schulungen mit und ohne Insulin, GDM, Hypos, Neuros, Linda, Medias 2, Medias 2 ICT, Pumpenschulungen, Hypertonieschulungen). Nicht haltbar sei auch die auf § 15a Abs. 5 Satz 2 BMV-Ä/EKV-Ä gestützte Auffassung, das zeitlich begrenzte Zusammenwirken der Ärzte müsse auf medizinischen Erfordernissen beruhen und daher gerade aus medizinischer Sicht notwendig sein. Eine Befugnis der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Krankenkassenverbände, im BMV-Ä über die Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 3 Ärzte-ZV hinauszugehen, bestehe nicht. Weder knüpfe die Ärzte-ZV an die "Erforderlichkeit des Zusammenwirkens" an noch ermächtige sie die Gesamtvertragspartner, derartige Beschränkungen aufzunehmen. Solche ergäben sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung zum Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG). Vielmehr gehe es ausschließlich um die Konkretisierung von zulässigen Nebenbestimmungen. Selbst wenn man die Regelung in § 15a Abs. 5 Satz 3 BMV-Ä/EKV-Ä als rechtmäßig ansehen wollte, so komme es für die Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit aus medizinischer Sicht lediglich darauf an, dass bei bestimmten Erkrankungen eine gemeinsame, koordinierte, kooperative und aufeinander abgestimmte Behandlung erfolge, ohne dass die Gründung der Teil-BAG erforderlich sein müsse. Bei anderem Verständnis wäre das in der Gesetzesbegründung gebildete Beispiel nicht in Form einer Teil-BAG realisierbar. Das Zusammenwirken eines Neurologen und eines Kinderarztes in Form einer Teil-BAG sei niemals medizinisch erforderlich. 15Die Kläger haben beantragt, 16unter Aufhebung des Beschlusses des Beklagten aus der Sitzung vom 11.01.2012, als Bescheid ausgefertigt am 26.01.2012, ihnen die Genehmigung einer vertragsärztlichen Tätigkeit in Form einer Teil-Berufsausübungsgemeinschaft zu erteilen, 17hilfsweise, 18den Beklagten zu verurteilen, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. 19Der Beklagte hat beantragt, 20die Klage abzuweisen. 21Er hat seine Entscheidung für rechtmäßig gehalten. 22Die Beigeladene zu 7) hat beantragt, 23die Klage abzuweisen. 24Auch sie verteidigt die Entscheidung des Beklagten. 25Die übrigen Beteiligten haben keine Anträge gestellt. 26Mit Urteil vom 28.11.2012 hat das Sozialgericht (SG) den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 26.01.2012 verurteilt, den Klägern eine Genehmigung zur Ausübung einer vertragsärztlichen Tätigkeit in Form einer diabetologischen Teil-BAG zu erteilen. Soweit § 33 Abs. 2 Satz 3 ff Ärzte-ZV auf die Erbringung "einzelner Leistungen" abstelle, sei die Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals aus der Abgrenzung zur "Voll-BAG" zu gewinnen. Abgrenzungskriterium sei insoweit, dass sich die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit der in der Teil-BAG verbundenen Ärzte auf einen von ihnen bestimmten Leistungsabschnitt beschränke. Nach den Gesetzesmaterialien zum VÄndG erlaube Satz 3 die Übernahme spezifischer, auf die Erbringung bestimmter Leistungen bezogener Behandlungsaufträge. Beispielsweise würden ein Kinderarzt und ein Neurologe neben ihren weiterhin bestehenden Einzelpraxen eine BAG zur Behandlung kinderneurologischer Erkrankungen bilden. Es sei sachgerecht, als Abgrenzungskriterium auf einen fiktiven (multimorbiden) Patienten abzustellen und zu fragen, welche ärztlichen Leistungen dieser in seiner konkreten Erkrankungssituation ggf. beanspruche. Die Kooperation benötige ein gemeinsames diagnostisches oder therapeutisches Ziel, das durch die ärztlichen Leistungsbeiträge aller Beteiligten erreicht werden könne. Diese Voraussetzung sei gegeben. Die Kläger hätten vorgetragen, die Qualität der Patientenversorgung durch aufeinander abgestimmte diabetologische Leistungen verbessern zu wollen. Dabei gehe es insbesondere um Synergieeffekte, die durch die unterschiedlichen Behandlungsschwerpunkte der Gesellschafter aufträten. So biete der Kläger zu 2) insbesondere die Ernährungsmedizin als zusätzlichen Baustein für die Behandlung von Diabetikern. Die Klägerin zu 1) verfüge hingegen über die Zulassung als Fußambulanz. Eine weitere Verbesserung hätten die Kläger darin gesehen, dass Gesellschafter beiderlei Geschlechts vorhanden seien. Auch die Schulungsveranstaltungen würden durch die Gründung einer Teil-BAG verbessert. So könnten die Gesellschafter an beiden Standorten gemeinsam ein allumfassendes Schulungsspektrum anbieten. Die bundesmantelvertragliche Regelung des § 15a Abs. 5 Satz 2 BMV-Ä/EKV-Ä stehe der Genehmigungsfähigkeit der Teil-BAG vorliegend nicht entgegen. Der BMV-Ä/EKV-Ä habe als untergesetzlicher Normsetzungsvertrag die höherrangigen Normen der Ärzte-ZV zu beachten. Einschränkungen seien daher nur insoweit zulässig, als sie mit der Bestimmung des § 33 Ärzte-ZV in Einklang stünden. Nach § 33 Abs. 3 Satz 5 Ärzte-ZV könne die Genehmigung mit Auflagen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der Anforderungen nach Abs. 2 erforderlich sei; das Nähere sei einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln. Vor diesem Hintergrund verstehe die Kammer die Regelung des § 15a Abs. 5 Satz 2 BMV-Ä/EKV-Ä nicht dahin, dass die Notwendigkeit des zeitlich begrenzten Zusammenwirkens der Ärzte aus medizinischer Sicht gerade in der Rechtsform einer Teil-BAG bestehen müsse. Erforderlich sei nur das Bedürfnis einer gemeinsamen Versorgung der Versicherten durch sich zusammenschließende Vertragsärzte, wobei die Vergesellschaftung einzelner Leistungen das wesentliche Merkmal der Teil-BAG darstelle. 27Gegen das ihm am 08.01.2013 zugestellte Urteil hat die Beigeladene zu 7) am 25.01.2013 Berufung eingelegt. Eine Teil-BAG sei nach der Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 3 Ärzte-ZV nur zulässig, wenn sie auf Erbringung einzelner bestimmter Leistungen bezogen sei. Darüber hinaus könne eine solche Teil-BAG nur dann genehmigt werden, wenn ein zeitlich begrenztes Zusammenwirken der Ärzte erforderlich sei, um Patienten zu versorgen, die einer gemeinschaftlichen Versorgung der der Teil-BAG angehörenden Ärzte bedürften und diese Ärzte im Rahmen des § 17 Abs. 1 BMV-Ä/EKV-Ä zur Verfügung stünden. Diese Voraussetzungen lägen im Fall der Kläger nicht vor. Die hier beantragte Teil-BAG beziehe sich nicht auf konkrete einzelne Leisten, sondern sei vielmehr für den gesamten Fachbereich der Diabetologie angestrebt. Insgesamt sei festzustellen, dass ein Versorgungskonzept, das den Anforderungen des § 15a Abs. 5 BMV-Ä/EKV-Ä genüge, seitens der Kläger nicht vorgetragen worden sei. Aus der Präambel des Vertrages, der allein der Entscheidung des Beklagten zugrunde gelegen habe, gehe lediglich hervor, dass die Vertragsparteien beabsichtigten, sich zum Zwecke der diabetologischen Versorgung inklusive Fußambulanz zu einer überörtlichen Teil-BAG an den Standorten L sowie L1 zusammenzuschließen. Aus dem Vertrag sei nicht ersichtlich, welche konkreten diabetologischen Leistungen durch die Gesellschafter der Teil-BAG erbracht werden sollen. Dem Antrag sei auch nicht zu entnehmen, dass im Rahmen der Teil-BAG ein zeitlich begrenztes Zusammenwirken der beteiligten Ärzte zur Versorgung der Patienten erforderlich sei. Das zeitlich begrenzte Zusammenwirken müsse auf einem medizinischen Erfordernis beruhen und aus medizinischer Sicht notwendig sein. Dies ergebe sich bereits aus dem in der Gesetzesbegründung angeführten Beispiel der Kooperation eines Kinderneurologen mit einem Kinderarzt. Die Behauptung der Kläger, es gehe um aufeinander abgestimmte diabetologische Leistungen, stimme indessen nicht. Auch Synergieeffekte seien nicht erkennbar. Im vorliegenden Fall fehle es des Weiteren an einem fachübergreifenden und medizinisch ergänzenden Zusammenwirken, da beide Kläger das gleiche Leistungsspektrum anböten und auch im Rahmen der Teil-BAG zu erbringen beabsichtigten. Dies gelte auch für den Bereich der Fußambulanz, da der Kläger zu 2) sich vertraglich ausdrücklich dazu verpflichtet habe, entsprechende Investitionen für die Errichtung einer solchen Fußambulanz zu tätigen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten habe allein dieser Sachverhalt zugrunde gelegen. Alle weiteren Ausführungen - ungeachtet der Frage, ob diese zu einer anderen Bewertung führen könnten - seien erst nachträglich vorgetragen worden. Zudem hätte aufgrund des vorliegenden Sachverhalts ein Bescheidungsurteil mit der Verpflichtung zur Neubescheidung ergehen müssen. 28Die Beigeladene zu 7) beantragt, 29das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.11.2012 abzuändern und die Klage abzuweisen. 30Die Kläger beantragen, 31die Berufung der Beigeladenen zu 7) zurückzuweisen. 32Sie verweisen auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil. Ergänzend weisen sie darauf hin, dass ein medizinisches Versorgungskonzept, nach dem das Zusammenwirken beider Ärzte medizinisch im Rahmen einer Teil-BAG erforderlich sein müsse, im Rahmen des § 33 Ärzte-ZV bzw. in den übrigen Regelungen der Zulassungsverordnungen und des Fünften Buch Sozialgesetzbuches (SGB V) nicht verlangt werde. Das SG habe auch in zutreffender Weise ein Vornahmeurteil und kein Bescheidungsurteil erlassen. Sie erfüllten die Voraussetzungen des § 33 Ärzte-ZV. Im Hinblick auf Art. 12 Grundgesetz (GG) bestehe damit grundsätzlich ein Anspruch auf Genehmigung ihrer gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit in Form einer diabetologischen Teil-BAG. Dass dem Beklagten auf Rechtsfolgenseite insoweit Ermessen zukomme, als die genaue Ausgestaltung der Genehmigung, etwa durch den Erlass weiterer Nebenbestimmungen, ausgestaltet werden könne, führe nicht dazu, dass der Anspruch der Kläger auf Genehmigung ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit im Rahmen einer Teil-BAG entfalle. Zutreffend habe das SG im Rahmen seiner Urteilsbegründung hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunkts auf das Urteil des Bundessozialgericht (BSG) vom 02.09.2009 - B 6 KA 34/08 R - verwiesen. Maßgeblicher Zeitpunkt bei einer Verpflichtungsklage sei derjenige der letzen mündlichen Verhandlung. Dementsprechend müssten etwaige während des Rechtsstreits eintretende Tatsachenänderungen oder erweiterter Tatsachen- und Rechtsvortrag bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beachtet werden. 33Am 02.07.2013 schlossen die Kläger eine "Ergänzungsvereinbarung zum Gesellschaftsvertrag über die Bildung einer überörtlichen diabetologischen Teilberufsausübungsgemeinschaft". Diese enthält folgenden Zusatz: 34"Gegenstand der teilweisen gemeinsamen Berufsausübung sollen die EBM-Ziffern gemäß der Verträge zwischen den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein über ein strukturiertes Behandlungsprogramm nach § 137 f SGB V zur Verbesserung der Qualität der ambulanten Versorgung von Typ 1- und Typ 2-Diabetikern in der beiliegenden Fassung bzw. deren Rechtsnachfolgeverträgen sein." 35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 36Entscheidungsgründe: 37Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Beigeladenen zu 7) ist unbegründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, den Klägern eine Genehmigung zur Ausübung einer vertragsärztlichen Tätigkeit in Form einer diabetologischen Teil-BAG zu erteilen. 38Rechtsgrundlage für die Genehmigung der BAG ist § 33 Ärzte-ZV in der seit dem 01.01.2012 geltenden Fassung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sind bei Verpflichtungsklagen alle Tatsachenänderungen bis zu mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz und alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz (BSG, Urteil vom 02.09.2009 - B 6 KA 34/08 R - m.w.N.). Nachdem erstmals durch das VÄndG vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3439) mit Wirkung zum 1. Januar 2007 die Möglichkeit einer Teilberufsausübungsgemeinschaft geschaffen wurde, gilt nach § 33 Abs. 2 Sätze 1, 3 bis 5 sowie Abs. 3 Sätze 1 und 5 Ärzte-ZV in der o.g. Fassung Folgendes: 39"Abs. 2: Die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist zulässig unter allen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern an einem gemeinsamen Vertragsarztsitz (örtliche Berufsausübungsgemeinschaft). [ ] Die gemeinsame Berufsausübung, bezogen auf einzelne Leistungen, ist zulässig, sofern diese nicht einer Umgehung des Verbots der Zuweisung von Versicherten gegen Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile nach § 73 Absatz 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch dient. Eine Umgehung liegt insbesondere vor, wenn sich der Beitrag des Arztes auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft beschränkt oder wenn der Gewinn ohne Grund in einer Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der persönlich erbrachten Leistungen entspricht. Die Anordnung einer Leistung, insbesondere aus den Bereichen der Labormedizin, der Pathologie und der bildgebenden Verfahren, stellt keine persönlich erbrachte anteilige Leistung in diesem Sinne dar. 40Abs. 3: Die Berufsausübungsgemeinschaft bedarf der vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses. [ ] Die Genehmigung kann mit Auflagen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der Anforderungen nach Absatz 2 erforderlich ist; das Nähere hierzu ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln." 41Hiernach soll die Übernahme spezifischer, auf die Erbringung bestimmter Leistungen bezogener Behandlungsaufträge - z.B. Kinderarzt und Neurologe bilden, neben ihren weiterhin bestehenden Einzelpraxen, eine Berufsausübungsgemeinschaft zur Behandlung kinderneurologischer Erkrankungen - ermöglicht werden. Nicht erlaubt werden sollen allerdings sog. Kickback-Konstellationen, bei denen ein Arzt eines therapieorientierten Fachgebietes (z.B. Gynäkologie) eine Berufsausübungsgemeinschaft eingeht mit einem Arzt eines Methodenfaches (z.B. Labor), um das berufsrechtliche Verbot der Zuweisung gegen Entgelt zu unterlaufen (BT-Drs. 16/2474, S. 31) 42Die Voraussetzungen der Normen sind hier erfüllt. Insbesondere scheitert die Genehmigungsfähigkeit der von den Klägern angestrebten Teil-BAG auch nicht deswegen, weil sie nicht auf "einzelne Leistungen" i.S.v. § 33 Abs. 2 Satz 3 Ärzte-ZV bezogen ist. Welche Anforderungen an diese einzelnen Leistungen zu stellen sind, ist allerdings dem Gesetzeswortlaut ebenso wenig zu entnehmen wie der als Vorbild für die gesetzliche Erweiterung dienenden Regelung in § 18 Abs. 1 Satz 2 der von der Bundesärztekammer entwickelten (Muster-)Weiterbildungsordnung ("zum Erbringen einzelner Leistungen"). Durch die Verwendung des Plurals wird zumindest erkennbar, dass eine Teil-BAG, die nur die gemeinsame Erbringung einer einzigen Leistung zum Inhalt hat, ausgeschlossen ist (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.09.2012 - L 7 KA 78/10 -). Hinreichend scharfe Konturen zur näheren Eingrenzung der weit gefassten Formulierung "einzelner Leistungen" lassen sich indes aus der Gesetzesbegründung (Entwurf eines VÄndG, BT-Drs. 16/2474, S. 31) ableiten. Danach wird - wie bereits dargestellt - die Bildung einer Teil-BAG zur "Übernahme spezifischer, auf die Erbringung bestimmter Leistungen bezogener Behandlungsaufträge", erlaubt. Als Beispiel werden dann der Kinderarzt und der Neurologe angeführt. Hieran, vor allem aber durch die Erwähnung der "Behandlungsaufträge" wird deutlich, dass die "einzelnen Leistungen" sach- und nicht orts- oder personenbezogen näher zu definieren sind. Der Gesetzgeber hatte somit die diagnose- oder therapiebezogene gemeinsame Behandlung vor Augen, nicht aber die umfassende gemeinsame Leistungserbringung gegenüber bestimmten Patienten oder an einem bestimmten Ort (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Zudem muss dem Gesellschaftsvertrag zu entnehmen sein, welche durch die Gebührenziffern des EBM konkretisierten Leistungen im Einzelnen Gegenstand der teilweisen gemeinsamen Berufausübung sein sollen. Einer solchen Bezeichnung bereits im Gesellschaftsvertrag bedarf es, weil auch die Zulassungsgremien die im Rahmen der Teil-BAG gemeinsam erbrachten Leistungen in die Genehmigungsentscheidung aufnehmen müssen. Nur so ist es möglich für Abrechnungs- und Qualitätssicherungszwecke die durch die Teil-BAG erbrachten Leistungen von den Leistungen abzugrenzen, die die an der Teil-BAG beteiligten Vertragsärzte im Rahmen ihrer daneben bestehenden Praxis erbringen (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.; zur Problematik der Abrechnung auch Schallen, Zulassungsordnung, 8. Auflage 2012, § 33, Rdn. 46). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. In ihrer Ergänzungsvereinbarung vom 02.07.2013 legen die Kläger als Abrechnungsziffern die EBM-Ziffern gemäß der Verträge zwischen den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein über ein strukturiertes Behandlungsprogramm nach § 137 f SGB V zur Verbesserung der Qualität der ambulanten Versorgung von Typ 1- und Typ 2- Diabetikern fest. Diese Ergänzungsvereinbarung ist bei der Frage des Anspruchs der Kläger auf Erteilung der Genehmigung nach § 33 Abs. 3 Ärzte-ZV zu berücksichtigen, da es - wie bereits dargestellt - im vorliegenden Fall auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt. 43Zudem haben sich die Kläger auch zur "gemeinsamen" Berufsausübung zusammengeschlossen. Zunächst ist bei den Klägern die erforderliche Schnittmenge einer gemeinsamen Tätigkeit vorhanden (vgl. Ratzel/Möller/Michels, Die Teilgemeinschaftspraxis, MedR 2006, 377 ff, S. 380). Die Klägerin zu 1) ist hausärztlich tätige Fachärztin für Innere Medizin und der Kläger zu 2) ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Hausarzt. Sofern teilweise - quasi auf der anderen Seite des Spektrums - gefordert wird, dass die einzelnen Fachrichtungen auch zusammenwirken können müssen, ist dieses Erfordernis ebenfalls erfüllt. Abzustellen ist nach dieser Auffassung auf einen fiktiven (mulitmorbiden) Patienten und zu fragen, welche ärztlichen Leistungen dieser in seiner konkreten Erkrankungssituation ggf. beansprucht (Ratzel/Möller/Michels, a.a.O. unter Verweis auf Gollasch, Die fachübergreifende Gemeinschaftspraxis, 2007, S. 111) Alle Facharztdisziplinen, die zur Untersuchung/Behandlung dieses Patienten beitragen können, sind hiernach geeignet, in einer Berufsausübungsgemeinschaft vertreten zu sein. Auf eine Verwandtheit der einzelnen Fachgebiete kommt es hiernach nicht mehr an. Abgestellt wird damit auf eine konkrete Behandlungssituation und die sich hierdurch ergebende sinnvolle Ergänzung der Fachdisziplinen (Ratzel/Möller/Michels, a.a.O.). 44Es kann daher dahingestellt bleiben, ob sich dieses Erfordernis der "sinnvollen Ergänzung" auch dann ergibt, wenn sich die Fachdisziplinen überschneiden. Hiergegen spricht, dass Gollasch, a.a.O, S. 108 ff auf eine Gemeinsame Praxisorganisation und -führung und Vergemeinschaftung der ärztlichen Leistungserbringung als Merkmale der gemeinsamen Berufsausübung abstellt. Zudem legt er auf Seite 29 und 30 dar, dass ursprünglich nur die fachgleiche Gemeinschaftspraxis als mit dem Berufs- und Kassenarztrecht vereinbar angesehen wurde und erst mit den Urteilen des BSG vom 22.1983 - 6 RKa 2/82 - und - 6 RKa 7/81 - auch fachübergreifende Gemeinschaftspraxen als genehmigungsfähig erachtet wurden. Im vorliegenden Fall haben die Kläger jedoch, wie das SG zutreffend dargestellt hat, unterschiedliche Behandlungsschwerpunkte, so dass auch ein fiktiver multimorbider Patient von ihrer Kooperation profitieren kann. Der Kläger zu 2) bietet insbesondere die Ernährungsmedizin als zusätzlichen Baustein für die Behandlung von Diabetikern an. Die Klägerin zu 1) verfügt hingegen über die Zulassung als Fußambulanz DDG. Dabei handelt es sich um eine Fußambulanz, die von der Deutschen Diabetes Gesellschaft zertifiziert ist (www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/zertifierzung/fußbehandlungs-einrichtungen.html). Etwas anderes ergibt sich entgegen dem Vortrag der Beigeladenen zu 7) im Berufungsverfahren auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger zu 2) nach § 4 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags initial Investitionen zu seinen Lasten zu 100 % zu tätigen hat, die den Betrieb einer Schwerpunktpraxis mit Fußambulanz in seinen Praxisräumen in L1 ermöglichen. Denn zum einen verfügt der Kläger zu 2) damit nur über Raum und Ausstattung, nicht aber über Fähigkeiten und Kenntnisse zur Führung einer Fußambulanz. Diese hat zunächst nur die Klägerin zu 1). Zum anderen ist davon auszugehen, dass - zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, zu dem dem Kläger die einschlägige Erfahrung fehlt - auch nur sie die Voraussetzungen für eine durch die DDG zertifizierte Fußambulanz verfügt. Zuzustimmen ist dem SG auch, dass durch die Verbesserung der Schulungsveranstaltungen - an beiden Standorten könnte gemeinsam ein allumfassendes Schulungsspektrum angeboten werden (ZI-Schulungen mit und ohne Insulin; GDM, Hypos, Neuros, Linda, Medias 2, Medias 2 ICT, Pumpenschulungen, Hypertonieschulungen) - die Untersuchungs- und Behandlungsqualität diabetologisch erkrankter Patienten gefördert würde. 45Sofern das SG ausführt, dass die Teil-BAG ein gemeinsames diagnostisches und therapeutisches Ziel haben müsse, das durch die ärztlichen Leistungsbeiträge aller Beteiligten erreicht werden könne, kann ebenfalls offen bleiben, ob dieses Erfordernis besteht. Beide Kläger haben ein gemeinsames diagnostisches und therapeutisches Ziel, nämlich die umfassende Betreuung von Diabetespatienten, unter Berücksichtigung von ernährungsmedizinischen Gesichtspunkten und unter Vorhaltung einer Fußambulanz. 46Auch die bundesmantelvertragliche Regelung des § 15a Abs. 5 Satz 2 BMV-Ä-EKV-Ä steht der Genehmigungspflicht der Teil-BAG nicht entgegen. Die entsprechende Reglung lautet: 47"(5) Die gemeinsame Berufsausübung kann sich auf die Erbringung einzelner Leistungen beschränken (Teilberufsausübungsgemeinschaft). Unbeschadet des Erfordernisses der Genehmigung nach § 33 Abs. 3 Ärzte-ZV ist eine solche Teilberufsausübungsgemeinschaft nur zulässig, wenn das zeitlich begrenzte Zusammenwirken der Ärzte erforderlich ist, um Patienten zu versorgen, die einer gemeinschaftlichen Versorgung der der Teilberufsausübungsgemeinschaft angehörenden Ärzte bedürfen, und die Ärzte gemeinschaftlich im Rahmen des § 17 Abs. 1a zur Verfügung stehen." 48Wie das SG unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG - Urteile vom 09.02.2011 - B 6 KA 49/09 R - und - B 6 KA 3/10 R - sowie die Kommentierung von Pawlita, jurisPK SGB V, 2. Auflage 2012, § 95 Rdn. 213, 291 f. - zu Recht ausgeführt hat, ist bei der Auslegung dieser Reglungen zu beachten, dass der BMV-Ä/EKV-Ä als untergesetzlicher Normsetzungsvertrag die höherrangigen Normen der Ärzte-ZV zu beachten haben (so auch Halbe/Rothfuß, in Halbe/Schirmer, Handbuch Kooperation Gesundheitswesen, 20. Aktualisierung, 2011, A. 1100 Rdn. 36). Einschränkungen sind daher nur insoweit zulässig, als sie mit der Bestimmung des § 33 Ärzte-ZV in Einklang stehen. Nach § 33 Abs. 3 Satz 5 Ärzte-ZV kann die Genehmigung mit Auflagen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der Anforderungen nach Abs. 2 erforderlich ist; das Nähere ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln. Die Regelung die Regelung des § 15a Abs. 5 Satz 2 BMV-Ä/EKV-Ä ist daher nicht dahin zu verstehen, das die Notwendigkeit des zeitlich begrenzten Zusammenwirkens der Ärzte aus medizinischer Sicht gerade in der Rechtsform einer Teil-BAG bestehen muss. Erforderlich ist nur das Bedürfnis einer gemeinsamen Versorgung der Versicherten durch sich zusammenschließende Vertragsärzte, wobei die Vergesellschaftung einzelner Leistungen das wesentliche Merkmal der Teil-BAG darstellt. 49Wie bereits dargestellt wollen die Kläger die in den DMP-Programmen Diabetes vorgesehenen Leistungen durch die Teil-BAG erbringen. Hinsichtlich dieser Leistungen ergänzen sich die Kläger im Hinblick auf die Ernährungsmedizin und die Fußambulanz. Dies reicht als "Erforderlichkeit" im Sinne des § 15a Abs. 5 Satz 2 Ärzte-ZV aus. Würde man die Erforderlichkeit hingegen so definieren, dass sie nur gegeben ist, wenn das Zusammenwirken nur durch eine Teil-BAG gewährleistet werden könnte, wären überhaupt keine Fallkonstellationen denkbar, in denen einen Teil-BAG genehmigungsfähig wäre. Denn die meisten Versicherten werden zum jetzigen Zeitpunkt zwangsläufig außerhalb einer solchen Teil-BAG behandelt. 50Zu Recht hat das SG die Beklagte auch zur Erteilung der Genehmigung verurteilt und nicht nur zur Neubescheidung verpflichtet. Die Verpflichtung zur Neubescheidung kommt nur in den Fällen in Betracht, in denen die begehrte Leistung im Ermessen steht oder bei feststellenden oder statusbegründenden Verwaltungsakten (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, 2012, § 54, Rdn. 20b.) Wenn ein Rechtsanspruch auf die Leistung besteht, ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage die statthafte Klageart (Humpert in Jansen, SGG, 4. Auflage, 2012, § 131, Rdn. 34). § 33 Abs. 3 Ärzte-ZV räumt dem Beklagten hinsichtlich der Erteilung der Genehmigung kein Ermessen ein. Ermessen wird gemäß § 33 Abs. 3 Satz 5 Ärzte-ZV lediglich hinsichtlich der Erteilung mit Auflagen eingeräumt ("Die Genehmigung kann mit Auflagen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der Anforderungen nach Absatz 2 erforderlich ist; das Nähere hierzu ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln."). Da damit grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf Genehmigung besteht und keine Versagungsgründe gegeben sind, haben die Kläger Anspruch auf Genehmigung der beantragten Teil-BAG. 51Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. 52Die Revisionszulassung beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Der Senat misst der Sache grundsätzliche Bedeutung zu. | die berufung der beigeladenen zu 7) wird zurückgewiesen. die beigeladene zu 7) trägt die kosten des berufungsverfahrens. die revision wird zugelassen. 1 | 2streitig ist die genehmigung einer überörtlichen teil-berufsausübungsgemeinschaft (teil-bag). 3die klägerin zu 1) ist hausärztlich tätige fachärztin für innere medizin, hausärztin im dmp diabetes typen 1 und 2 und schwerpunktpraxis im dmp typen 1 und 2 mit vertragsarztsitz in l. der kläger zu 2) ist facharzt für allgemeinmedizin und hausarzt im dmp typen 1 und 2 mit vertragsarztsitz in l1. 4am 26.05.2011 schlossen die kläger einen "gesellschaftsvertrag über die bildung einer ortsübergreifenden diabetologischen teilberufsausübungsgemeinschaft". in der präambel heißt es u.a. 5" ... beabsichtigen die vertragsparteien, sich zum zwecke der diabetologischen versorgung inklusive fußambulanz zu einer überörtlichen teilberufsausübungsgemeinschaft an den standorten q-straße 00 in l sowie g-straße 00 in l1 zusammenzuschließen." 6in § 1 "gegenstand der gesellschaft" heißt es: 7"(1) gegenstand der gesellschaft ist die gemeinsame kollegiale und gleichberechtigte ausübung ambulanter vertrags- und privatärztlicher tätigkeit als ärzte zur diabetologischen versorgung in form einer überörtlichen teilberufausübungsgemeinschaft in der rechtsform der gesellschaft bürgerlichen rechts (gbr)." 8zur gewinnverteilung regelt § 7 u.a. 9"der gewinn der gesellschaft wird zugeordnet durch die leistungserbringerkennzeichnung in der praxisabrechnungssoftware". 10weiter enthält der vertrag regelungen zu "beginn, dauer, kündigung der gesellschaft" (§ 2), "sitz der gesellschaft, bezeichnung" (§ 3), "beiträge, einbringung, beteiligung am vermögen" (§ 4), "anschaffungen, investitionen" (§ 5), "personal" (§ 6), "gesellschafterversammlung, gesellschafterbeschlüsse" (§ 9) und "schriftform, salvatorische klausel" (§ 10). 11auf der grundlage dieses vertrages stellten die kläger einen antrag auf genehmigung zur errichtung einer teil-bag bzw. überörtlichen bag. 12mit beschluss vom 22.06.2011 lehnte der zulassungsausschuss für ärzte düsseldorf den antrag ab: die gründung einer teil-bag sei gemäß § 15a satz 2 bundesmantelvertrag-ärzte (bmv-ä/ekv-ä) nur zulässig, wenn das zeitlich begrenzte zusammenwirken erforderlich sei, um patienten zu versorgen, die einer gemeinschaftlichen versorgung der der teil-bag angehörenden ärzte bedürften und die ärzte gemeinschaftlich im rahmen des § 17 abs. 1 a bmv-ä/ekv-ä zur verfügung stünden. es sei nicht ersichtlich, aus welchen gründen das zeitlich begrenzte zusammenwirken erforderlich sein solle, um patienten diabetologisch zu versorgen. 13einen hiergegen eingelegten widerspruch wies der beklagte mit beschluss vom 11.01.2012, ausgefertigt als bescheid am 26.01.2012, zurück: das begehren der antragsteller scheitere nach seiner auffassung schon am wortlaut des § 33 abs. 2 satz 3 der zulassungsverordnung für vertragsärzte (ärzte-zv). danach sei eine teil-bag nur zulässig, wenn sie auf einzelne leistungen bezogen sei. selbst wenn diese vorschrift weit auszulegen sei, könne sie sich nicht auf einen ganzen behandlungskomplex mit umschriebenen inhalten beziehen. so lägen die dinge aber hier. die diabetologie sei nach der weiterbildungsordnung der ärztekammer nordrhein ein gegenstand der zusatzweiterbildung. die zusatzweiterbildung diabetologie umfasse in ergänzung einer fachkompetenz die erkennung, behandlung und rehabilitation aller formen der diabetischen stoffwechselstörung einschließlich ihrer komplikationen. die gemeinsame behandlung von an diabetes erkrankten patienten lasse sich mithin nicht auf einzelne medizinische maßnahmen reduzieren. dies würde auch dem fest umschriebenen dmp-behandlungsprogramm widersprechen, zumal nur die klägerin zu 1) an diesem programm teilnehme. im übrigen stehe der nachgesuchten genehmigung auch die vorschrift des § 15a abs. 5 satz 2 bmv-ä/ekv-ä entgegen. der beklagte verstehe diese vorschrift so, dass das zeitlich begrenzte zusammenwirken der ärzte auf medizinischen erfordernissen beruhe und deshalb aus medizinischer sicht notwendig sei. hiervon könne jedoch keine rede sein. 14hiergegen richtet sich die am 17.02.2012 erhobene klage. die kläger treten der rechtsauffassung des beklagten entgegen, eine teil-bag sei nur zulässig, wenn sie auf "einzelne leistungen" bezogen sei. der gesetzgeber habe durch diese formulierung lediglich zum ausdruck bringen wollen, dass bagen nicht über das gesamte leistungsspektrum begründet werden müssten. welche leistungen eines arztes in form einer teil-bag erbracht würden, müsse allein der entscheidung der jeweiligen mitglieder der teil-bag obliegen.vorliegend solle eine gemeinsame und koordinierte patientenbehandlung durch die kläger erfolgen. es gehe um aufeinander abgestimmte diabetologisch leistungen, um die qualität der patientenversorgung zu verbessern. dabei gehe es insbesondere um die synergieeffekte, die durch die unterschiedlichen behandlungsschwerpunkte der gesellschafter aufträten. so biete der kläger zu 2) insbesondere die ernährungsmedizin als zusätzlichen baustein für die behandlung von diabetikern. die klägerin zu 1) verfüge hingegen über die zulassung als fußambulanz ddg. eine weitere verbesserung trete dadurch ein, dass gesellschafter beiderlei geschlechts vorhanden seien, da patienten bei einzelnen beschwerdebildern bzw. bei besonderen äußeren umständen häufig einen behandler des gleichen geschlechts wünschten, ohne aber den behandelnden arzt dauerhaft wechseln zu wollen (so z. b. bei der behandlung der erektilen dysfunktion oder bei der schwangerschaft- und stillzeitbegleitung bei patientinnen mit diabetes in der schwangerschaft). auch die schulungsveranstaltungen würden durch die gründung einer teil-bag verbessert. so könnten die gesellschafter an beiden standorten gemeinsam ein allumfassendes schulungsspektrum anbieten (zi-schulungen mit und ohne insulin, gdm, hypos, neuros, linda, medias 2, medias 2 ict, pumpenschulungen, hypertonieschulungen). nicht haltbar sei auch die auf § 15a abs. 5 satz 2 bmv-ä/ekv-ä gestützte auffassung, das zeitlich begrenzte zusammenwirken der ärzte müsse auf medizinischen erfordernissen beruhen und daher gerade aus medizinischer sicht notwendig sein. eine befugnis der kassenärztlichen bundesvereinigung und der krankenkassenverbände, im bmv-ä über die regelung des § 33 abs. 2 satz 3 ärzte-zv hinauszugehen, bestehe nicht. weder knüpfe die ärzte-zv an die "erforderlichkeit des zusammenwirkens" an noch ermächtige sie die gesamtvertragspartner, derartige beschränkungen aufzunehmen. solche ergäben sich auch nicht aus der gesetzesbegründung zum vertragsarztrechtsänderungsgesetz (vändg). vielmehr gehe es ausschließlich um die konkretisierung von zulässigen nebenbestimmungen. selbst wenn man die regelung in § 15a abs. 5 satz 3 bmv-ä/ekv-ä als rechtmäßig ansehen wollte, so komme es für die auslegung des begriffs der erforderlichkeit aus medizinischer sicht lediglich darauf an, dass bei bestimmten erkrankungen eine gemeinsame, koordinierte, kooperative und aufeinander abgestimmte behandlung erfolge, ohne dass die gründung der teil-bag erforderlich sein müsse. bei anderem verständnis wäre das in der gesetzesbegründung gebildete beispiel nicht in form einer teil-bag realisierbar. das zusammenwirken eines neurologen und eines kinderarztes in form einer teil-bag sei niemals medizinisch erforderlich. 15die kläger haben beantragt, 16unter aufhebung des beschlusses des beklagten aus der sitzung vom 11.01.2012, als bescheid ausgefertigt am 26.01.2012, ihnen die genehmigung einer vertragsärztlichen tätigkeit in form einer teil-berufsausübungsgemeinschaft zu erteilen, 17hilfsweise, 18den beklagten zu verurteilen, sie unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu bescheiden. 19der beklagte hat beantragt, 20die klage abzuweisen. 21er hat seine entscheidung für rechtmäßig gehalten. 22die beigeladene zu 7) hat beantragt, 23die klage abzuweisen. 24auch sie verteidigt die entscheidung des beklagten. 25die übrigen beteiligten haben keine anträge gestellt. 26mit urteil vom 28.11.2012 hat das sozialgericht (sg) den beklagten unter aufhebung des bescheides vom 26.01.2012 verurteilt, den klägern eine genehmigung zur ausübung einer vertragsärztlichen tätigkeit in form einer diabetologischen teil-bag zu erteilen. soweit § 33 abs. 2 satz 3 ff ärzte-zv auf die erbringung "einzelner leistungen" abstelle, sei die auslegung dieses tatbestandsmerkmals aus der abgrenzung zur "voll-bag" zu gewinnen. abgrenzungskriterium sei insoweit, dass sich die gemeinsame ausübung der vertragsärztlichen tätigkeit der in der teil-bag verbundenen ärzte auf einen von ihnen bestimmten leistungsabschnitt beschränke. nach den gesetzesmaterialien zum vändg erlaube satz 3 die übernahme spezifischer, auf die erbringung bestimmter leistungen bezogener behandlungsaufträge. beispielsweise würden ein kinderarzt und ein neurologe neben ihren weiterhin bestehenden einzelpraxen eine bag zur behandlung kinderneurologischer erkrankungen bilden. es sei sachgerecht, als abgrenzungskriterium auf einen fiktiven (multimorbiden) patienten abzustellen und zu fragen, welche ärztlichen leistungen dieser in seiner konkreten erkrankungssituation ggf. beanspruche. die kooperation benötige ein gemeinsames diagnostisches oder therapeutisches ziel, das durch die ärztlichen leistungsbeiträge aller beteiligten erreicht werden könne. diese voraussetzung sei gegeben. die kläger hätten vorgetragen, die qualität der patientenversorgung durch aufeinander abgestimmte diabetologische leistungen verbessern zu wollen. dabei gehe es insbesondere um synergieeffekte, die durch die unterschiedlichen behandlungsschwerpunkte der gesellschafter aufträten. so biete der kläger zu 2) insbesondere die ernährungsmedizin als zusätzlichen baustein für die behandlung von diabetikern. die klägerin zu 1) verfüge hingegen über die zulassung als fußambulanz. eine weitere verbesserung hätten die kläger darin gesehen, dass gesellschafter beiderlei geschlechts vorhanden seien. auch die schulungsveranstaltungen würden durch die gründung einer teil-bag verbessert. so könnten die gesellschafter an beiden standorten gemeinsam ein allumfassendes schulungsspektrum anbieten. die bundesmantelvertragliche regelung des § 15a abs. 5 satz 2 bmv-ä/ekv-ä stehe der genehmigungsfähigkeit der teil-bag vorliegend nicht entgegen. der bmv-ä/ekv-ä habe als untergesetzlicher normsetzungsvertrag die höherrangigen normen der ärzte-zv zu beachten. einschränkungen seien daher nur insoweit zulässig, als sie mit der bestimmung des § 33 ärzte-zv in einklang stünden. nach § 33 abs. 3 satz 5 ärzte-zv könne die genehmigung mit auflagen erteilt werden, wenn dies zur sicherung der anforderungen nach abs. 2 erforderlich sei; das nähere sei einheitlich in den bundesmantelverträgen zu regeln. vor diesem hintergrund verstehe die kammer die regelung des § 15a abs. 5 satz 2 bmv-ä/ekv-ä nicht dahin, dass die notwendigkeit des zeitlich begrenzten zusammenwirkens der ärzte aus medizinischer sicht gerade in der rechtsform einer teil-bag bestehen müsse. erforderlich sei nur das bedürfnis einer gemeinsamen versorgung der versicherten durch sich zusammenschließende vertragsärzte, wobei die vergesellschaftung einzelner leistungen das wesentliche merkmal der teil-bag darstelle. 27gegen das ihm am 08.01.2013 zugestellte urteil hat die beigeladene zu 7) am 25.01.2013 berufung eingelegt. eine teil-bag sei nach der regelung des § 33 abs. 2 satz 3 ärzte-zv nur zulässig, wenn sie auf erbringung einzelner bestimmter leistungen bezogen sei. darüber hinaus könne eine solche teil-bag nur dann genehmigt werden, wenn ein zeitlich begrenztes zusammenwirken der ärzte erforderlich sei, um patienten zu versorgen, die einer gemeinschaftlichen versorgung der der teil-bag angehörenden ärzte bedürften und diese ärzte im rahmen des § 17 abs. 1 bmv-ä/ekv-ä zur verfügung stünden. diese voraussetzungen lägen im fall der kläger nicht vor. die hier beantragte teil-bag beziehe sich nicht auf konkrete einzelne leisten, sondern sei vielmehr für den gesamten fachbereich der diabetologie angestrebt. insgesamt sei festzustellen, dass ein versorgungskonzept, das den anforderungen des § 15a abs. 5 bmv-ä/ekv-ä genüge, seitens der kläger nicht vorgetragen worden sei. aus der präambel des vertrages, der allein der entscheidung des beklagten zugrunde gelegen habe, gehe lediglich hervor, dass die vertragsparteien beabsichtigten, sich zum zwecke der diabetologischen versorgung inklusive fußambulanz zu einer überörtlichen teil-bag an den standorten l sowie l1 zusammenzuschließen. aus dem vertrag sei nicht ersichtlich, welche konkreten diabetologischen leistungen durch die gesellschafter der teil-bag erbracht werden sollen. dem antrag sei auch nicht zu entnehmen, dass im rahmen der teil-bag ein zeitlich begrenztes zusammenwirken der beteiligten ärzte zur versorgung der patienten erforderlich sei. das zeitlich begrenzte zusammenwirken müsse auf einem medizinischen erfordernis beruhen und aus medizinischer sicht notwendig sein. dies ergebe sich bereits aus dem in der gesetzesbegründung angeführten beispiel der kooperation eines kinderneurologen mit einem kinderarzt. die behauptung der kläger, es gehe um aufeinander abgestimmte diabetologische leistungen, stimme indessen nicht. auch synergieeffekte seien nicht erkennbar. im vorliegenden fall fehle es des weiteren an einem fachübergreifenden und medizinisch ergänzenden zusammenwirken, da beide kläger das gleiche leistungsspektrum anböten und auch im rahmen der teil-bag zu erbringen beabsichtigten. dies gelte auch für den bereich der fußambulanz, da der kläger zu 2) sich vertraglich ausdrücklich dazu verpflichtet habe, entsprechende investitionen für die errichtung einer solchen fußambulanz zu tätigen. zum zeitpunkt der entscheidung des beklagten habe allein dieser sachverhalt zugrunde gelegen. alle weiteren ausführungen - ungeachtet der frage, ob diese zu einer anderen bewertung führen könnten - seien erst nachträglich vorgetragen worden. zudem hätte aufgrund des vorliegenden sachverhalts ein bescheidungsurteil mit der verpflichtung zur neubescheidung ergehen müssen. 28die beigeladene zu 7) beantragt, 29das urteil des sozialgerichts düsseldorf vom 28.11.2012 abzuändern und die klage abzuweisen. 30die kläger beantragen, 31die berufung der beigeladenen zu 7) zurückzuweisen. 32sie verweisen auf die ausführungen im erstinstanzlichen urteil. ergänzend weisen sie darauf hin, dass ein medizinisches versorgungskonzept, nach dem das zusammenwirken beider ärzte medizinisch im rahmen einer teil-bag erforderlich sein müsse, im rahmen des § 33 ärzte-zv bzw. in den übrigen regelungen der zulassungsverordnungen und des fünften buch sozialgesetzbuches (sgb v) nicht verlangt werde. das sg habe auch in zutreffender weise ein vornahmeurteil und kein bescheidungsurteil erlassen. sie erfüllten die voraussetzungen des § 33 ärzte-zv. im hinblick auf art. 12 grundgesetz (gg) bestehe damit grundsätzlich ein anspruch auf genehmigung ihrer gemeinsamen vertragsärztlichen tätigkeit in form einer diabetologischen teil-bag. dass dem beklagten auf rechtsfolgenseite insoweit ermessen zukomme, als die genaue ausgestaltung der genehmigung, etwa durch den erlass weiterer nebenbestimmungen, ausgestaltet werden könne, führe nicht dazu, dass der anspruch der kläger auf genehmigung ihrer vertragsärztlichen tätigkeit im rahmen einer teil-bag entfalle. zutreffend habe das sg im rahmen seiner urteilsbegründung hinsichtlich des maßgeblichen zeitpunkts auf das urteil des bundessozialgericht (bsg) vom 02.09.2009 - b 6 ka 34/08 r - verwiesen. maßgeblicher zeitpunkt bei einer verpflichtungsklage sei derjenige der letzen mündlichen verhandlung. dementsprechend müssten etwaige während des rechtsstreits eintretende tatsachenänderungen oder erweiterter tatsachen- und rechtsvortrag bis zum zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung beachtet werden. 33am 02.07.2013 schlossen die kläger eine "ergänzungsvereinbarung zum gesellschaftsvertrag über die bildung einer überörtlichen diabetologischen teilberufsausübungsgemeinschaft". diese enthält folgenden zusatz: 34"gegenstand der teilweisen gemeinsamen berufsausübung sollen die ebm-ziffern gemäß der verträge zwischen den krankenkassen und der kassenärztlichen vereinigung nordrhein über ein strukturiertes behandlungsprogramm nach § 137 f sgb v zur verbesserung der qualität der ambulanten versorgung von typ 1- und typ 2-diabetikern in der beiliegenden fassung bzw. deren rechtsnachfolgeverträgen sein." 35wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten und des verwaltungsvorgänge des beklagten bezug genommen. diese waren gegenstand der mündlichen verhandlung. 36 | 37die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144, 151 sozialgerichtsgesetz (sgg) frist- und formgerecht eingelegte berufung der beigeladenen zu 7) ist unbegründet. das sg hat die beklagte zu recht verurteilt, den klägern eine genehmigung zur ausübung einer vertragsärztlichen tätigkeit in form einer diabetologischen teil-bag zu erteilen. 38rechtsgrundlage für die genehmigung der bag ist § 33 ärzte-zv in der seit dem 01.01.2012 geltenden fassung. maßgeblicher zeitpunkt für die beurteilung der sach- und rechtslage sind bei verpflichtungsklagen alle tatsachenänderungen bis zu mündlichen verhandlung der letzten tatsacheninstanz und alle rechtsänderungen bis zum abschluss der revisionsinstanz (bsg, urteil vom 02.09.2009 - b 6 ka 34/08 r - m.w.n.). nachdem erstmals durch das vändg vom 22. dezember 2006 (bgbl. i s. 3439) mit wirkung zum 1. januar 2007 die möglichkeit einer teilberufsausübungsgemeinschaft geschaffen wurde, gilt nach § 33 abs. 2 sätze 1, 3 bis 5 sowie abs. 3 sätze 1 und 5 ärzte-zv in der o.g. fassung folgendes: 39"abs. 2: die gemeinsame ausübung vertragsärztlicher tätigkeit ist zulässig unter allen zur vertragsärztlichen versorgung zugelassenen leistungserbringern an einem gemeinsamen vertragsarztsitz (örtliche berufsausübungsgemeinschaft). [ ] die gemeinsame berufsausübung, bezogen auf einzelne leistungen, ist zulässig, sofern diese nicht einer umgehung des verbots der zuweisung von versicherten gegen entgelt oder sonstige wirtschaftliche vorteile nach § 73 absatz 7 des fünften buches sozialgesetzbuch dient. eine umgehung liegt insbesondere vor, wenn sich der beitrag des arztes auf das erbringen medizinisch-technischer leistungen auf veranlassung der übrigen mitglieder einer berufsausübungsgemeinschaft beschränkt oder wenn der gewinn ohne grund in einer weise verteilt wird, die nicht dem anteil der persönlich erbrachten leistungen entspricht. die anordnung einer leistung, insbesondere aus den bereichen der labormedizin, der pathologie und der bildgebenden verfahren, stellt keine persönlich erbrachte anteilige leistung in diesem sinne dar. 40abs. 3: die berufsausübungsgemeinschaft bedarf der vorherigen genehmigung des zulassungsausschusses. [ ] die genehmigung kann mit auflagen erteilt werden, wenn dies zur sicherung der anforderungen nach absatz 2 erforderlich ist; das nähere hierzu ist einheitlich in den bundesmantelverträgen zu regeln." 41hiernach soll die übernahme spezifischer, auf die erbringung bestimmter leistungen bezogener behandlungsaufträge - z.b. kinderarzt und neurologe bilden, neben ihren weiterhin bestehenden einzelpraxen, eine berufsausübungsgemeinschaft zur behandlung kinderneurologischer erkrankungen - ermöglicht werden. nicht erlaubt werden sollen allerdings sog. kickback-konstellationen, bei denen ein arzt eines therapieorientierten fachgebietes (z.b. gynäkologie) eine berufsausübungsgemeinschaft eingeht mit einem arzt eines methodenfaches (z.b. labor), um das berufsrechtliche verbot der zuweisung gegen entgelt zu unterlaufen (bt-drs. 16/2474, s. 31) 42die voraussetzungen der normen sind hier erfüllt. insbesondere scheitert die genehmigungsfähigkeit der von den klägern angestrebten teil-bag auch nicht deswegen, weil sie nicht auf "einzelne leistungen" i.s.v. § 33 abs. 2 satz 3 ärzte-zv bezogen ist. welche anforderungen an diese einzelnen leistungen zu stellen sind, ist allerdings dem gesetzeswortlaut ebenso wenig zu entnehmen wie der als vorbild für die gesetzliche erweiterung dienenden regelung in § 18 abs. 1 satz 2 der von der bundesärztekammer entwickelten (muster-)weiterbildungsordnung ("zum erbringen einzelner leistungen"). durch die verwendung des plurals wird zumindest erkennbar, dass eine teil-bag, die nur die gemeinsame erbringung einer einzigen leistung zum inhalt hat, ausgeschlossen ist (lsg berlin-brandenburg, urteil vom 12.09.2012 - l 7 ka 78/10 -). hinreichend scharfe konturen zur näheren eingrenzung der weit gefassten formulierung "einzelner leistungen" lassen sich indes aus der gesetzesbegründung (entwurf eines vändg, bt-drs. 16/2474, s. 31) ableiten. danach wird - wie bereits dargestellt - die bildung einer teil-bag zur "übernahme spezifischer, auf die erbringung bestimmter leistungen bezogener behandlungsaufträge", erlaubt. als beispiel werden dann der kinderarzt und der neurologe angeführt. hieran, vor allem aber durch die erwähnung der "behandlungsaufträge" wird deutlich, dass die "einzelnen leistungen" sach- und nicht orts- oder personenbezogen näher zu definieren sind. der gesetzgeber hatte somit die diagnose- oder therapiebezogene gemeinsame behandlung vor augen, nicht aber die umfassende gemeinsame leistungserbringung gegenüber bestimmten patienten oder an einem bestimmten ort (lsg berlin-brandenburg, a.a.o.). zudem muss dem gesellschaftsvertrag zu entnehmen sein, welche durch die gebührenziffern des ebm konkretisierten leistungen im einzelnen gegenstand der teilweisen gemeinsamen berufausübung sein sollen. einer solchen bezeichnung bereits im gesellschaftsvertrag bedarf es, weil auch die zulassungsgremien die im rahmen der teil-bag gemeinsam erbrachten leistungen in die genehmigungsentscheidung aufnehmen müssen. nur so ist es möglich für abrechnungs- und qualitätssicherungszwecke die durch die teil-bag erbrachten leistungen von den leistungen abzugrenzen, die die an der teil-bag beteiligten vertragsärzte im rahmen ihrer daneben bestehenden praxis erbringen (lsg berlin-brandenburg, a.a.o.; zur problematik der abrechnung auch schallen, zulassungsordnung, 8. auflage 2012, § 33, rdn. 46). diese voraussetzungen sind hier erfüllt. in ihrer ergänzungsvereinbarung vom 02.07.2013 legen die kläger als abrechnungsziffern die ebm-ziffern gemäß der verträge zwischen den krankenkassen und der kassenärztlichen vereinigung nordrhein über ein strukturiertes behandlungsprogramm nach § 137 f sgb v zur verbesserung der qualität der ambulanten versorgung von typ 1- und typ 2- diabetikern fest. diese ergänzungsvereinbarung ist bei der frage des anspruchs der kläger auf erteilung der genehmigung nach § 33 abs. 3 ärzte-zv zu berücksichtigen, da es - wie bereits dargestellt - im vorliegenden fall auf die sach- und rechtslage zum zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung ankommt. 43zudem haben sich die kläger auch zur "gemeinsamen" berufsausübung zusammengeschlossen. zunächst ist bei den klägern die erforderliche schnittmenge einer gemeinsamen tätigkeit vorhanden (vgl. ratzel/möller/michels, die teilgemeinschaftspraxis, medr 2006, 377 ff, s. 380). die klägerin zu 1) ist hausärztlich tätige fachärztin für innere medizin und der kläger zu 2) ist facharzt für allgemeinmedizin und hausarzt. sofern teilweise - quasi auf der anderen seite des spektrums - gefordert wird, dass die einzelnen fachrichtungen auch zusammenwirken können müssen, ist dieses erfordernis ebenfalls erfüllt. abzustellen ist nach dieser auffassung auf einen fiktiven (mulitmorbiden) patienten und zu fragen, welche ärztlichen leistungen dieser in seiner konkreten erkrankungssituation ggf. beansprucht (ratzel/möller/michels, a.a.o. unter verweis auf gollasch, die fachübergreifende gemeinschaftspraxis, 2007, s. 111) alle facharztdisziplinen, die zur untersuchung/behandlung dieses patienten beitragen können, sind hiernach geeignet, in einer berufsausübungsgemeinschaft vertreten zu sein. auf eine verwandtheit der einzelnen fachgebiete kommt es hiernach nicht mehr an. abgestellt wird damit auf eine konkrete behandlungssituation und die sich hierdurch ergebende sinnvolle ergänzung der fachdisziplinen (ratzel/möller/michels, a.a.o.). 44es kann daher dahingestellt bleiben, ob sich dieses erfordernis der "sinnvollen ergänzung" auch dann ergibt, wenn sich die fachdisziplinen überschneiden. hiergegen spricht, dass gollasch, a.a.o, s. 108 ff auf eine gemeinsame praxisorganisation und -führung und vergemeinschaftung der ärztlichen leistungserbringung als merkmale der gemeinsamen berufsausübung abstellt. zudem legt er auf seite 29 und 30 dar, dass ursprünglich nur die fachgleiche gemeinschaftspraxis als mit dem berufs- und kassenarztrecht vereinbar angesehen wurde und erst mit den urteilen des bsg vom 22.1983 - 6 rka 2/82 - und - 6 rka 7/81 - auch fachübergreifende gemeinschaftspraxen als genehmigungsfähig erachtet wurden. im vorliegenden fall haben die kläger jedoch, wie das sg zutreffend dargestellt hat, unterschiedliche behandlungsschwerpunkte, so dass auch ein fiktiver multimorbider patient von ihrer kooperation profitieren kann. der kläger zu 2) bietet insbesondere die ernährungsmedizin als zusätzlichen baustein für die behandlung von diabetikern an. die klägerin zu 1) verfügt hingegen über die zulassung als fußambulanz ddg. dabei handelt es sich um eine fußambulanz, die von der deutschen diabetes gesellschaft zertifiziert ist (www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/zertifierzung/fußbehandlungs-einrichtungen.html). etwas anderes ergibt sich entgegen dem vortrag der beigeladenen zu 7) im berufungsverfahren auch nicht aus dem umstand, dass der kläger zu 2) nach § 4 abs. 3 des gesellschaftsvertrags initial investitionen zu seinen lasten zu 100 % zu tätigen hat, die den betrieb einer schwerpunktpraxis mit fußambulanz in seinen praxisräumen in l1 ermöglichen. denn zum einen verfügt der kläger zu 2) damit nur über raum und ausstattung, nicht aber über fähigkeiten und kenntnisse zur führung einer fußambulanz. diese hat zunächst nur die klägerin zu 1). zum anderen ist davon auszugehen, dass - zumindest zum jetzigen zeitpunkt, zu dem dem kläger die einschlägige erfahrung fehlt - auch nur sie die voraussetzungen für eine durch die ddg zertifizierte fußambulanz verfügt. zuzustimmen ist dem sg auch, dass durch die verbesserung der schulungsveranstaltungen - an beiden standorten könnte gemeinsam ein allumfassendes schulungsspektrum angeboten werden (zi-schulungen mit und ohne insulin; gdm, hypos, neuros, linda, medias 2, medias 2 ict, pumpenschulungen, hypertonieschulungen) - die untersuchungs- und behandlungsqualität diabetologisch erkrankter patienten gefördert würde. 45sofern das sg ausführt, dass die teil-bag ein gemeinsames diagnostisches und therapeutisches ziel haben müsse, das durch die ärztlichen leistungsbeiträge aller beteiligten erreicht werden könne, kann ebenfalls offen bleiben, ob dieses erfordernis besteht. beide kläger haben ein gemeinsames diagnostisches und therapeutisches ziel, nämlich die umfassende betreuung von diabetespatienten, unter berücksichtigung von ernährungsmedizinischen gesichtspunkten und unter vorhaltung einer fußambulanz. 46auch die bundesmantelvertragliche regelung des § 15a abs. 5 satz 2 bmv-ä-ekv-ä steht der genehmigungspflicht der teil-bag nicht entgegen. die entsprechende reglung lautet: 47"(5) die gemeinsame berufsausübung kann sich auf die erbringung einzelner leistungen beschränken (teilberufsausübungsgemeinschaft). unbeschadet des erfordernisses der genehmigung nach § 33 abs. 3 ärzte-zv ist eine solche teilberufsausübungsgemeinschaft nur zulässig, wenn das zeitlich begrenzte zusammenwirken der ärzte erforderlich ist, um patienten zu versorgen, die einer gemeinschaftlichen versorgung der der teilberufsausübungsgemeinschaft angehörenden ärzte bedürfen, und die ärzte gemeinschaftlich im rahmen des § 17 abs. 1a zur verfügung stehen." 48wie das sg unter hinweis auf die rechtsprechung des bsg - urteile vom 09.02.2011 - b 6 ka 49/09 r - und - b 6 ka 3/10 r - sowie die kommentierung von pawlita, jurispk sgb v, 2. auflage 2012, § 95 rdn. 213, 291 f. - zu recht ausgeführt hat, ist bei der auslegung dieser reglungen zu beachten, dass der bmv-ä/ekv-ä als untergesetzlicher normsetzungsvertrag die höherrangigen normen der ärzte-zv zu beachten haben (so auch halbe/rothfuß, in halbe/schirmer, handbuch kooperation gesundheitswesen, 20. aktualisierung, 2011, a. 1100 rdn. 36). einschränkungen sind daher nur insoweit zulässig, als sie mit der bestimmung des § 33 ärzte-zv in einklang stehen. nach § 33 abs. 3 satz 5 ärzte-zv kann die genehmigung mit auflagen erteilt werden, wenn dies zur sicherung der anforderungen nach abs. 2 erforderlich ist; das nähere ist einheitlich in den bundesmantelverträgen zu regeln. die regelung die regelung des § 15a abs. 5 satz 2 bmv-ä/ekv-ä ist daher nicht dahin zu verstehen, das die notwendigkeit des zeitlich begrenzten zusammenwirkens der ärzte aus medizinischer sicht gerade in der rechtsform einer teil-bag bestehen muss. erforderlich ist nur das bedürfnis einer gemeinsamen versorgung der versicherten durch sich zusammenschließende vertragsärzte, wobei die vergesellschaftung einzelner leistungen das wesentliche merkmal der teil-bag darstellt. 49wie bereits dargestellt wollen die kläger die in den dmp-programmen diabetes vorgesehenen leistungen durch die teil-bag erbringen. hinsichtlich dieser leistungen ergänzen sich die kläger im hinblick auf die ernährungsmedizin und die fußambulanz. dies reicht als "erforderlichkeit" im sinne des § 15a abs. 5 satz 2 ärzte-zv aus. würde man die erforderlichkeit hingegen so definieren, dass sie nur gegeben ist, wenn das zusammenwirken nur durch eine teil-bag gewährleistet werden könnte, wären überhaupt keine fallkonstellationen denkbar, in denen einen teil-bag genehmigungsfähig wäre. denn die meisten versicherten werden zum jetzigen zeitpunkt zwangsläufig außerhalb einer solchen teil-bag behandelt. 50zu recht hat das sg die beklagte auch zur erteilung der genehmigung verurteilt und nicht nur zur neubescheidung verpflichtet. die verpflichtung zur neubescheidung kommt nur in den fällen in betracht, in denen die begehrte leistung im ermessen steht oder bei feststellenden oder statusbegründenden verwaltungsakten (keller in meyer-ladewig/keller/leitherer, sgg, 10. auflage, 2012, § 54, rdn. 20b.) wenn ein rechtsanspruch auf die leistung besteht, ist die kombinierte anfechtungs- und leistungsklage die statthafte klageart (humpert in jansen, sgg, 4. auflage, 2012, § 131, rdn. 34). § 33 abs. 3 ärzte-zv räumt dem beklagten hinsichtlich der erteilung der genehmigung kein ermessen ein. ermessen wird gemäß § 33 abs. 3 satz 5 ärzte-zv lediglich hinsichtlich der erteilung mit auflagen eingeräumt ("die genehmigung kann mit auflagen erteilt werden, wenn dies zur sicherung der anforderungen nach absatz 2 erforderlich ist; das nähere hierzu ist einheitlich in den bundesmantelverträgen zu regeln."). da damit grundsätzlich ein rechtsanspruch auf genehmigung besteht und keine versagungsgründe gegeben sind, haben die kläger anspruch auf genehmigung der beantragten teil-bag. 51die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 sgg i.v.m. § 154 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung. 52die revisionszulassung beruht auf § 160 abs. 2 nr. 1 sgg. der senat misst der sache grundsätzliche bedeutung zu. | Verklagte*r | 0 |
335,673 | 1 Sa 1173/20 | 2021-02-12T00:00:00 | Urteil | Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 30.07.2020 – 7 Ca 599/20 – abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.301,94 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 350,46 € seit dem 16.02.2020, aus 330,48 € seit dem 16.03.2020, aus 358,29 € seit dem 16.04.2020 und aus 262,71 € seit dem 16.06.2020 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten – soweit zweitinstanzlich von Bedeutung - um eine Fahrgelderstattung. 3Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.09.2010 als Sicherheitskraft tätig. War er zunächst als Springer an verschiedenen Objekten im Objektwachschutz auf der Basis einer geringfügigen Beschäftigung im Einsatz, bewarb er sich Ende des Jahres 2014 bei der Beklagten um den Abschluss eines Arbeitsvertrages für die Aufnahme einer Vollzeittätigkeit im mobilen Wachdienst als Revierfahrer. Dem folgte der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 12.12.2014 mit einem Tätigkeitsbeginn zum 02.01.2015. Der Arbeitsvertrag von 12.12.2015 (Bl. 178 ff d.A.) nimmt auf den „Manteltarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen in Nordrhein-Westfalen vom 16.01.2017“ Bezug. Dort ist in § 4 zur Fahrgelderstattung u.a. Folgendes geregelt: 451. Wird ein Arbeitnehmer auf Veranlassung des Arbeitgebers in ein Objekt versetzt, das mehr als 30 km von seinem Wohnsitz entfernt ist, schuldet der Arbeitgeber für die Fahrten zwischen Arbeitspatz und Wohnung einen Fahrgeldzuschuss. Die Kosten der ersten 30 km im Umkreis um den Arbeitsplatz trägt der Arbeitnehmer jedoch selbst. 6(…) 783. Sofern der Arbeitnehmer auf Wunsch des Arbeitgebers seinen privaten PKW zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einsetzt, erhält er je Entfernungskilometer (einfache Entfernung) ein Kilometergeld von 0,27 €. 9Im Rahmen des Arbeitsvertrages wurde dem Kläger von Anbeginn keine Vollzeittätigkeit im mobilen Wachdienst als Revierfahrer zugewiesen, sondern eine überwiegende und sodann ausschließliche Vollzeittätigkeit als Wachmann an einem Objekt der Beklagten in C. Hintergrund war der unvorhergesehene Ausfall eines dortigen Mitarbeiters. Nach einem vom Kläger an einen Bereichsleiter der Beklagten erteilten Hinweis zahlte die Beklagte ab März 2015 eine Fahrgelderstattung, zunächst in Höhe eines Pauschalbetrags und sodann entsprechend den tariflichen Bestimmungen. Die Beklagte stellte die Zahlungen mit Ablauf des Jahres 2020 ein. 10Der Kläger, der von dem ihm zugewiesenen Objekt der Beklagten in C 89 km entfernt wohnt, fordert für die Monate Januar bis Mai 2020 die zwischen den Parteien in rechnerischer Höhe unstreitigen monatlichen Fahrgelderstattungen ein, die er jeweils in nicht verfallener Zeit nach Eintritt der Fälligkeit am 15. Kalendertag des Folgemonats eingeklagt hat. 11Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei auf Veranlassung der Beklagten mit Wirkung vom 02.01.2015 in deren Objekt in C tätig geworden. Zuvor sei er – insoweit unstreitig – an verschiedenen Objekten der Beklagten im Einsatz gewesen. Diese Zuweisung der Tätigkeit in C stelle eine Versetzung dar. Angesichts der über einen langen Zeitraum erfolgten gleichförmigen Gewährung des Fahrgeldes gehe er davon aus, dass eine betriebliche Übung entstanden sei. 12Nachdem die Parteien übereinstimmend die Hauptsache im Zusammenhang mit Vergütungsansprüchen des Klägers aus Betriebsratstätigkeit angesichts einer erfolgten Zahlung durch die Beklagte für erledigt erklärt hatten, hat der Kläger zuletzt beantragt, 13141. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 350,46 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.02.2020 zu zahlen; 15162. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 330,48 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.03.2020 zu zahlen; 17183. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 358,29 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2020 zu zahlen; 19204. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 262,71 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.06.2020 zu zahlen. 21Die Beklagte hat beantragt, 22die Klage abzuweisen. 23Die Beklagte hat die Auffassung vertreten: Der Kläger habe am 14.12.2014 einen neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Innerhalb dieses Arbeitsvertrags sei ihm die Tätigkeit an ihrem Objekt in C fest zugewiesen worden, möge auch die Einstellung des Klägers zunächst aus anderen Gründen erfolgt sein. Es fehle damit an einer „Versetzung“ im Sinne des § 4 Ziff. 1 MTV NRW. So sei der Kläger nicht als „Springer“ in das Objekt C versetzt worden, sondern habe sich damit einverstanden erklärt, stattdessen im Objekt C als Separatwachmann fest eingesetzt und eingestellt zu werden. Die in den Jahren zuvor erfolgten Zahlungen seien irrtumsbedingt erfolgt. Der Kläger könne sich daher auch nicht auf eine betriebliche Übung stützen. 24Mit Urteil vom 30.07.2020 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, es fehle an einer räumlichen Versetzung im tarifvertraglichen Sinne. Die Beklagte habe dem Kläger auf der Grundlage des neuen Arbeitsvertrags erstmals eine Tätigkeit zugewiesen. Einen Anspruch könne der Kläger auch nicht auf das Institut der betrieblichen Übung stützen. Es sei nicht erkennbar, dass die Beklagte sehenden Auges Leistungen habe gewähren wollen, deren Voraussetzungen nicht gegeben seien. 25Gegen das dem Kläger am 24.08.2020 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 23.09.2020 eingegangene und am 23.10.2020 unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags begründete Berufung. Der Kläger ist der Auffassung, zwischen den Parteien sei kein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen worden. Das seit 2010 bestehende Arbeitsverhältnis sei nicht beendet worden. Nach Erhöhung der Arbeitszeit auf eine Vollbeschäftigung sei ihm das Objekt in C zugewiesen worden. Dies sei mithin keine erstmalige Zuweisung eines Arbeitsplatzes. 26Der Kläger beantragt, 27das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 30.07.2020 – 7 Ca 599/20 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.301,94 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 350,46 € seit dem 16.02.2020, aus 330,48 € seit dem 16.03.2020, aus 358,29 € seit dem 16.04.2020 und aus 262,71 € seit dem 16.06.2020 zu zahlen. 28Die Beklagte beantragt, 29die Berufung zurückzuweisen 30und wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlichen Ausführungen. Der Kläger verkenne, dass erst mit der Vertragsänderung auf Vollzeit durch sie eine feste Objektzuweisung erfolgt sei. Dies sei keine Versetzung im Sinne der tarifvertraglichen Bestimmungen. Eine solche scheitere auch daran, dass eine einvernehmliche Vertragsänderung erfolgt sei, die durch die Beklagte einseitig nicht hätte veranlasst werden können. 31Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen. 32Entscheidungsgründe: 33I. Die Berufung ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist gegen das am 24.08.2020 zugestellte Urteil am 23.09.2020 eingelegt (§ 519 ZPO i.V.m. §§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und innerhalb der Monatsfrist des § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG und auch ordnungsgemäß nach den §§ 520 Abs. 3 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG am 23.10.2020 begründet worden. Sie ist damit zulässig. 34II. Die Berufung ist begründet. Das arbeitsgerichtliche Urteil war abzuändern. Die zulässige Klage ist begründet. 351. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus den §§ 5 Abs. 4 S. 1, 4 Abs. 1 S. 1 TVG, 4 Ziff. 1 des Manteltarifvertrages für Sicherheitsdienstleistungen in Nordrhein-Westfalen vom 16.01.2017 (im Folgenden: MTV NRW) zu. Der ausweislich der am 05.07.2017 erfolgten Veröffentlichung (BAnz AT 05.07.2017 B9) allgemeinverbindliche MTV NRW erfasst in seinem Geltungsbereich die Parteien dieses Rechtsstreits entsprechend § 5 Abs. 4 S. 1 TVG und damit bereits unabhängig von einer etwaigen Tarifbindung der Parteien oder der im Übrigen auch gegebenen arbeitsvertraglichen Inbezugnahme. 36a) Nach § 4 Ziff. 1 MTV NRW steht dem Kläger ein Anspruch auf Fahrgeldzuschuss für die in der Strecke 30 km überschreitenden Entfernungskilometer von seinem Wohnort zum Objekt der Beklagten in C zu, weil er auf Veranlassung der Beklagten in dieses Objekt versetzt worden ist. 37b) Individualrechtlich stellt sich die Versetzung als die schuldrechtliche Befugnis des Arbeitgebers dar, dem Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit zuzuweisen, also seinen Aufgabenbereich nach Art, Ort oder Umfang der Tätigkeit zu verändern (Fitting, BetrVG, 30. Aufl. 2020, § 99 Rn. 118; Schaub-Koch, ArbR-HdB, 18. Aufl. 2019, § 241 Rn 20, vgl. auch BAG 28.08.2010 - 10 AZR 275/09). Dabei kann sich der rechtliche Umfang dieser Befugnis aus dem Arbeitsvertrag und einem dort enthaltenen Versetzungsvorbehalt, aus einseitiger Ausübung der in § 106 GewO geregelten Direktionsbefugnis, aus einer einvernehmlichen Vertragsänderung oder aber aus dem Ausspruchs einer Änderungskündigung und der damit herbeigeführten einseitigen Vertragsänderung ergeben (Fitting, BetrVG, 30. Aufl. 2020, § 99 Rn. 118 m.w.N.). 38c) In tatsächlicher Hinsicht ist für eine Versetzung erforderlich, dass ein Vergleich zwischen einer ehemals ausgeübten, arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit und einer künftigen, neu zugewiesenen und auf der Grundlage desselben Arbeitsvertrages verrichteten Tätigkeit möglich ist. Aus dem Vergleich muss sich ergeben, dass sich der Aufgabenbereich – z.B. örtlich – geändert hat. Ein solcher Tätigkeitsvergleich setzt denklogisch voraus, dass in ihn eine vergangenheitsbezogene Tätigkeit überhaupt einbezogen werden kann, weil sie auf der Grundlage des Arbeitsvertrages geschuldet war, der auch die nach der neuen Aufgabenzuweisung verrichtete Tätigkeit bestimmt. Damit unterscheidet sich eine Versetzung in tatsächlicher Hinsicht von der Erstzuweisung einer Tätigkeit dadurch, dass ihr auf der Grundlage eines bestehenden Arbeitsvertrages eine ehemalige Tätigkeit vorausgehen und eine neu zugewiesene Tätigkeit nachfolgen muss. 39d) Für das Berufungsgericht konnte es offen bleiben, ob für den erforderlichen Tätigkeitsvergleich an die vormaligen arbeitsvertraglichen Grundlagen anzuknüpfen waren, die seit dem 01.09.2010 zwischen den Parteien galten und auf deren Grundlage der Kläger als Springer an verschiedenen Objekten im Objektwachschutz im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung bis zum 31.12.2014 tätig war. Es ist nicht entscheidend, ob der Neuabschluss des Arbeitsvertrages vom 12.12.2014 zu einer „Zäsur“ führt, wovon die Beklagte auszugehen scheint, oder aber, wie es der Kläger meint, nichts anderes als eine Fortsetzung des zwischen den Parteien bestehenden ursprünglichen Arbeitsvertrages zu geänderten Bedingungen ist. 40Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass der Kläger sich Ende 2014 bei der Beklagten erfolgreich um den Abschluss eines Arbeitsvertrages für die Aufnahme einer Vollzeittätigkeit im mobilen Wachdienst als Revierfahrer bewarb. Der Arbeitsvertrag vom 12.12.2014 kam auf dieser Grundlage zustande und damit, wie es die Beklagte ausdrückte, aus zunächst anderen Gründen als einer Einstellung für den Separatwachdienst an einem fest zugewiesenen Objekt in C. 41Damit ist in den Tätigkeitsvergleich dessen, was der Kläger arbeitsvertraglich schuldete, die Arbeitsaufgabe einzustellen, die dem (Neu-) Abschluss des Arbeitsvertrages vom 12.12.2014 einvernehmlich zwischen den Parteien zugrunde gelegt worden ist. Dies ist die Tätigkeit als Revierfahrer im mobilen Wachdienst. Im Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit am 02.01.2015 wurde der Kläger allerdings nicht mit diesen Aufgaben betraut, sondern mit solchen als Separatwachmann im Objektschutz bei fester Zuweisung eines Objekts in C. Das ist nun eine andere Tätigkeit als diejenige, zu deren Verrichtung sich der Kläger bei Abschuss des Arbeitsvertrages vom 12.12.2014 verpflichtet hat. 42Es spielt keine Rolle, dass der Kläger bei Arbeitsaufnahme am 02.01.2015 nicht zunächst mit Aufgaben als Revierfahrer im mobilen Dienst beauftragt worden ist und diese auch tatsächlich ausgeübt hat, bevor er die Tätigkeit als Separatwaschmann im Objekt C fest zugewiesen erhielt. In der logischen Sekunde der Arbeitsaufnahme am 02.01.2015 schuldete er zunächst eben diese, am 12.12.2014 vereinbarte Tätigkeit im mobilen Revierdienst, die letztlich auf Veranlassung der Beklagten geändert worden ist. 43Unerheblich ist es, ob der Kläger bei Arbeitsaufnahme am 02.01.2015 damit einverstanden war, eine andere als die geschuldete Tätigkeit zu erbringen. Es wurde bereits ausgeführt, dass sich der Umstand, ob eine Versetzung in tatsächlicher Hinsicht vorliegt, lediglich anhand eines Tätigkeitsvergleichs feststellen lässt. Die individualrechtliche Umsetzung der Tätigkeitsveränderung erfolgt durch Ausübung der Direktionsbefugnis, Änderungskündigung oder durch einvernehmliche Vertragsänderung. Sie stellt lediglich die individualrechtliche Überlagerung dieser rein tatsächlichen Situation dar. 44e) Der Kläger nutzte für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auch „auf Wunsch“ der Beklagten seinen privaten PKW, wie es § 4 Ziff. 3 MTV NRW für die Gewährung des Kilometergeldes verlangt. Die Beklagte hat sich mit Blick auf die Gewährung des Fahrgeldzuschusses in den Jahren 2015 bis 2019 darauf berufen, sie habe die tarifvertragliche Tatbestandsvoraussetzung einer „Versetzung“ im Sinne des § 4 Ziff. 2 MTV NRW irrtümlich als gegeben angesehen. Nicht bezweifelt hat sie die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm, also auch nicht den Umstand, dass die Wegstrecke zwischen Wohnort und Arbeitsstätte vom Kläger auf ihren Wunsch mit dem privaten PKW des Klägers und nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen war. 45d) Die Höhe der jeweiligen Zahlungsbeträge für die Monate Januar bis April 2020 ist rechnerisch zwischen den Parteien nicht im Streit und ergibt sich aus dem Urteilstenor. Zinsen stehen dem Kläger aus den §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Ziff. 1 BGB angesichts der Fälligkeit der jeweiligen Zahlungen zum 15. des auf den Monat ihres Entstehens folgenden Monats wie ausgeurteilt zu. 462. Angesichts des tarifvertraglichen Anspruchs bedarf es keiner Erörterung, ob dem Kläger ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Zahlung der eingeklagten Beträge aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit den Grundsätzen zur betrieblichen Übung zusteht. 47III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe für ihre Zulassung i.S.d. § 72 Abs. 2 ArbGG lagen nicht vor. Keine der entscheidungserheblichen Rechtsfragen hatte grundsätzliche Bedeutung. Auch weicht das Urteil nicht von einer Entscheidung eines der in § 72 Abs. 2 Zff. 2 ArbGG genannten Gerichte ab. 48RECHTSMITTELBELEHRUNG 49Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. 50Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen. | auf die berufung des klägers wird das urteil des arbeitsgerichts bielefeld vom 30.07.2020 – 7 ca 599/20 – abgeändert. die beklagte wird verurteilt, an den kläger 1.301,94 € brutto nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz aus 350,46 € seit dem 16.02.2020, aus 330,48 € seit dem 16.03.2020, aus 358,29 € seit dem 16.04.2020 und aus 262,71 € seit dem 16.06.2020 zu zahlen. die beklagte trägt die kosten des rechtsstreits beider instanzen. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die parteien streiten – soweit zweitinstanzlich von bedeutung - um eine fahrgelderstattung. 3der kläger ist bei der beklagten seit dem 01.09.2010 als sicherheitskraft tätig. war er zunächst als springer an verschiedenen objekten im objektwachschutz auf der basis einer geringfügigen beschäftigung im einsatz, bewarb er sich ende des jahres 2014 bei der beklagten um den abschluss eines arbeitsvertrages für die aufnahme einer vollzeittätigkeit im mobilen wachdienst als revierfahrer. dem folgte der abschluss eines schriftlichen arbeitsvertrages vom 12.12.2014 mit einem tätigkeitsbeginn zum 02.01.2015. der arbeitsvertrag von 12.12.2015 (bl. 178 ff d.a.) nimmt auf den „manteltarifvertrag für sicherheitsdienstleistungen in nordrhein-westfalen vom 16.01.2017“ bezug. dort ist in § 4 zur fahrgelderstattung u.a. folgendes geregelt: 451. wird ein arbeitnehmer auf veranlassung des arbeitgebers in ein objekt versetzt, das mehr als 30 km von seinem wohnsitz entfernt ist, schuldet der arbeitgeber für die fahrten zwischen arbeitspatz und wohnung einen fahrgeldzuschuss. die kosten der ersten 30 km im umkreis um den arbeitsplatz trägt der arbeitnehmer jedoch selbst. 6(…) 783. sofern der arbeitnehmer auf wunsch des arbeitgebers seinen privaten pkw zwischen wohnung und arbeitsstätte einsetzt, erhält er je entfernungskilometer (einfache entfernung) ein kilometergeld von 0,27 €. 9im rahmen des arbeitsvertrages wurde dem kläger von anbeginn keine vollzeittätigkeit im mobilen wachdienst als revierfahrer zugewiesen, sondern eine überwiegende und sodann ausschließliche vollzeittätigkeit als wachmann an einem objekt der beklagten in c. hintergrund war der unvorhergesehene ausfall eines dortigen mitarbeiters. nach einem vom kläger an einen bereichsleiter der beklagten erteilten hinweis zahlte die beklagte ab märz 2015 eine fahrgelderstattung, zunächst in höhe eines pauschalbetrags und sodann entsprechend den tariflichen bestimmungen. die beklagte stellte die zahlungen mit ablauf des jahres 2020 ein. 10der kläger, der von dem ihm zugewiesenen objekt der beklagten in c 89 km entfernt wohnt, fordert für die monate januar bis mai 2020 die zwischen den parteien in rechnerischer höhe unstreitigen monatlichen fahrgelderstattungen ein, die er jeweils in nicht verfallener zeit nach eintritt der fälligkeit am 15. kalendertag des folgemonats eingeklagt hat. 11der kläger hat die auffassung vertreten, er sei auf veranlassung der beklagten mit wirkung vom 02.01.2015 in deren objekt in c tätig geworden. zuvor sei er – insoweit unstreitig – an verschiedenen objekten der beklagten im einsatz gewesen. diese zuweisung der tätigkeit in c stelle eine versetzung dar. angesichts der über einen langen zeitraum erfolgten gleichförmigen gewährung des fahrgeldes gehe er davon aus, dass eine betriebliche übung entstanden sei. 12nachdem die parteien übereinstimmend die hauptsache im zusammenhang mit vergütungsansprüchen des klägers aus betriebsratstätigkeit angesichts einer erfolgten zahlung durch die beklagte für erledigt erklärt hatten, hat der kläger zuletzt beantragt, 13141. die beklagte zu verurteilen, an ihn 350,46 € brutto nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 16.02.2020 zu zahlen; 15162. die beklagte zu verurteilen, an ihn 330,48 € brutto nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 16.03.2020 zu zahlen; 17183. die beklagte zu verurteilen, an ihn 358,29 € brutto nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 16.04.2020 zu zahlen; 19204. die beklagte zu verurteilen, an ihn 262,71 € brutto nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 16.06.2020 zu zahlen. 21die beklagte hat beantragt, 22die klage abzuweisen. 23die beklagte hat die auffassung vertreten: der kläger habe am 14.12.2014 einen neuen arbeitsvertrag abgeschlossen. innerhalb dieses arbeitsvertrags sei ihm die tätigkeit an ihrem objekt in c fest zugewiesen worden, möge auch die einstellung des klägers zunächst aus anderen gründen erfolgt sein. es fehle damit an einer „versetzung“ im sinne des § 4 ziff. 1 mtv nrw. so sei der kläger nicht als „springer“ in das objekt c versetzt worden, sondern habe sich damit einverstanden erklärt, stattdessen im objekt c als separatwachmann fest eingesetzt und eingestellt zu werden. die in den jahren zuvor erfolgten zahlungen seien irrtumsbedingt erfolgt. der kläger könne sich daher auch nicht auf eine betriebliche übung stützen. 24mit urteil vom 30.07.2020 hat das arbeitsgericht die klage abgewiesen, im wesentlichen mit der begründung, es fehle an einer räumlichen versetzung im tarifvertraglichen sinne. die beklagte habe dem kläger auf der grundlage des neuen arbeitsvertrags erstmals eine tätigkeit zugewiesen. einen anspruch könne der kläger auch nicht auf das institut der betrieblichen übung stützen. es sei nicht erkennbar, dass die beklagte sehenden auges leistungen habe gewähren wollen, deren voraussetzungen nicht gegeben seien. 25gegen das dem kläger am 24.08.2020 zugestellte urteil richtet sich dessen am 23.09.2020 eingegangene und am 23.10.2020 unter wiederholung und vertiefung seines erstinstanzlichen vortrags begründete berufung. der kläger ist der auffassung, zwischen den parteien sei kein neuer arbeitsvertrag abgeschlossen worden. das seit 2010 bestehende arbeitsverhältnis sei nicht beendet worden. nach erhöhung der arbeitszeit auf eine vollbeschäftigung sei ihm das objekt in c zugewiesen worden. dies sei mithin keine erstmalige zuweisung eines arbeitsplatzes. 26der kläger beantragt, 27das urteil des arbeitsgerichts bielefeld vom 30.07.2020 – 7 ca 599/20 – abzuändern und die beklagte zu verurteilen, an ihn 1.301,94 € brutto nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz aus 350,46 € seit dem 16.02.2020, aus 330,48 € seit dem 16.03.2020, aus 358,29 € seit dem 16.04.2020 und aus 262,71 € seit dem 16.06.2020 zu zahlen. 28die beklagte beantragt, 29die berufung zurückzuweisen 30und wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlichen ausführungen. der kläger verkenne, dass erst mit der vertragsänderung auf vollzeit durch sie eine feste objektzuweisung erfolgt sei. dies sei keine versetzung im sinne der tarifvertraglichen bestimmungen. eine solche scheitere auch daran, dass eine einvernehmliche vertragsänderung erfolgt sei, die durch die beklagte einseitig nicht hätte veranlasst werden können. 31wegen des weiteren sach- und rechtsvortrags der parteien wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen ergänzend bezug genommen. 32 | 33i. die berufung ist an sich statthaft (§ 64 abs. 1 arbgg), nach dem wert des beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 abs. 2 lit. b) arbgg) sowie in gesetzlicher form und frist gegen das am 24.08.2020 zugestellte urteil am 23.09.2020 eingelegt (§ 519 zpo i.v.m. §§ 64 abs. 6 s. 1 arbgg, 66 abs. 1 s. 1 arbgg) und innerhalb der monatsfrist des § 66 abs. 1 s. 1 arbgg und auch ordnungsgemäß nach den §§ 520 abs. 3 zpo, 64 abs. 6 s. 1 arbgg am 23.10.2020 begründet worden. sie ist damit zulässig. 34ii. die berufung ist begründet. das arbeitsgerichtliche urteil war abzuändern. die zulässige klage ist begründet. 351. dem kläger steht gegen die beklagte ein anspruch aus den §§ 5 abs. 4 s. 1, 4 abs. 1 s. 1 tvg, 4 ziff. 1 des manteltarifvertrages für sicherheitsdienstleistungen in nordrhein-westfalen vom 16.01.2017 (im folgenden: mtv nrw) zu. der ausweislich der am 05.07.2017 erfolgten veröffentlichung (banz at 05.07.2017 b9) allgemeinverbindliche mtv nrw erfasst in seinem geltungsbereich die parteien dieses rechtsstreits entsprechend § 5 abs. 4 s. 1 tvg und damit bereits unabhängig von einer etwaigen tarifbindung der parteien oder der im übrigen auch gegebenen arbeitsvertraglichen inbezugnahme. 36a) nach § 4 ziff. 1 mtv nrw steht dem kläger ein anspruch auf fahrgeldzuschuss für die in der strecke 30 km überschreitenden entfernungskilometer von seinem wohnort zum objekt der beklagten in c zu, weil er auf veranlassung der beklagten in dieses objekt versetzt worden ist. 37b) individualrechtlich stellt sich die versetzung als die schuldrechtliche befugnis des arbeitgebers dar, dem arbeitnehmer eine andere tätigkeit zuzuweisen, also seinen aufgabenbereich nach art, ort oder umfang der tätigkeit zu verändern (fitting, betrvg, 30. aufl. 2020, § 99 rn. 118; schaub-koch, arbr-hdb, 18. aufl. 2019, § 241 rn 20, vgl. auch bag 28.08.2010 - 10 azr 275/09). dabei kann sich der rechtliche umfang dieser befugnis aus dem arbeitsvertrag und einem dort enthaltenen versetzungsvorbehalt, aus einseitiger ausübung der in § 106 gewo geregelten direktionsbefugnis, aus einer einvernehmlichen vertragsänderung oder aber aus dem ausspruchs einer änderungskündigung und der damit herbeigeführten einseitigen vertragsänderung ergeben (fitting, betrvg, 30. aufl. 2020, § 99 rn. 118 m.w.n.). 38c) in tatsächlicher hinsicht ist für eine versetzung erforderlich, dass ein vergleich zwischen einer ehemals ausgeübten, arbeitsvertraglich geschuldeten tätigkeit und einer künftigen, neu zugewiesenen und auf der grundlage desselben arbeitsvertrages verrichteten tätigkeit möglich ist. aus dem vergleich muss sich ergeben, dass sich der aufgabenbereich – z.b. örtlich – geändert hat. ein solcher tätigkeitsvergleich setzt denklogisch voraus, dass in ihn eine vergangenheitsbezogene tätigkeit überhaupt einbezogen werden kann, weil sie auf der grundlage des arbeitsvertrages geschuldet war, der auch die nach der neuen aufgabenzuweisung verrichtete tätigkeit bestimmt. damit unterscheidet sich eine versetzung in tatsächlicher hinsicht von der erstzuweisung einer tätigkeit dadurch, dass ihr auf der grundlage eines bestehenden arbeitsvertrages eine ehemalige tätigkeit vorausgehen und eine neu zugewiesene tätigkeit nachfolgen muss. 39d) für das berufungsgericht konnte es offen bleiben, ob für den erforderlichen tätigkeitsvergleich an die vormaligen arbeitsvertraglichen grundlagen anzuknüpfen waren, die seit dem 01.09.2010 zwischen den parteien galten und auf deren grundlage der kläger als springer an verschiedenen objekten im objektwachschutz im rahmen einer geringfügigen beschäftigung bis zum 31.12.2014 tätig war. es ist nicht entscheidend, ob der neuabschluss des arbeitsvertrages vom 12.12.2014 zu einer „zäsur“ führt, wovon die beklagte auszugehen scheint, oder aber, wie es der kläger meint, nichts anderes als eine fortsetzung des zwischen den parteien bestehenden ursprünglichen arbeitsvertrages zu geänderten bedingungen ist. 40zwischen den parteien ist nicht im streit, dass der kläger sich ende 2014 bei der beklagten erfolgreich um den abschluss eines arbeitsvertrages für die aufnahme einer vollzeittätigkeit im mobilen wachdienst als revierfahrer bewarb. der arbeitsvertrag vom 12.12.2014 kam auf dieser grundlage zustande und damit, wie es die beklagte ausdrückte, aus zunächst anderen gründen als einer einstellung für den separatwachdienst an einem fest zugewiesenen objekt in c. 41damit ist in den tätigkeitsvergleich dessen, was der kläger arbeitsvertraglich schuldete, die arbeitsaufgabe einzustellen, die dem (neu-) abschluss des arbeitsvertrages vom 12.12.2014 einvernehmlich zwischen den parteien zugrunde gelegt worden ist. dies ist die tätigkeit als revierfahrer im mobilen wachdienst. im zeitpunkt der aufnahme der tätigkeit am 02.01.2015 wurde der kläger allerdings nicht mit diesen aufgaben betraut, sondern mit solchen als separatwachmann im objektschutz bei fester zuweisung eines objekts in c. das ist nun eine andere tätigkeit als diejenige, zu deren verrichtung sich der kläger bei abschuss des arbeitsvertrages vom 12.12.2014 verpflichtet hat. 42es spielt keine rolle, dass der kläger bei arbeitsaufnahme am 02.01.2015 nicht zunächst mit aufgaben als revierfahrer im mobilen dienst beauftragt worden ist und diese auch tatsächlich ausgeübt hat, bevor er die tätigkeit als separatwaschmann im objekt c fest zugewiesen erhielt. in der logischen sekunde der arbeitsaufnahme am 02.01.2015 schuldete er zunächst eben diese, am 12.12.2014 vereinbarte tätigkeit im mobilen revierdienst, die letztlich auf veranlassung der beklagten geändert worden ist. 43unerheblich ist es, ob der kläger bei arbeitsaufnahme am 02.01.2015 damit einverstanden war, eine andere als die geschuldete tätigkeit zu erbringen. es wurde bereits ausgeführt, dass sich der umstand, ob eine versetzung in tatsächlicher hinsicht vorliegt, lediglich anhand eines tätigkeitsvergleichs feststellen lässt. die individualrechtliche umsetzung der tätigkeitsveränderung erfolgt durch ausübung der direktionsbefugnis, änderungskündigung oder durch einvernehmliche vertragsänderung. sie stellt lediglich die individualrechtliche überlagerung dieser rein tatsächlichen situation dar. 44e) der kläger nutzte für die fahrten zwischen wohnung und arbeitsstätte auch „auf wunsch“ der beklagten seinen privaten pkw, wie es § 4 ziff. 3 mtv nrw für die gewährung des kilometergeldes verlangt. die beklagte hat sich mit blick auf die gewährung des fahrgeldzuschusses in den jahren 2015 bis 2019 darauf berufen, sie habe die tarifvertragliche tatbestandsvoraussetzung einer „versetzung“ im sinne des § 4 ziff. 2 mtv nrw irrtümlich als gegeben angesehen. nicht bezweifelt hat sie die übrigen tatbestandsvoraussetzungen dieser norm, also auch nicht den umstand, dass die wegstrecke zwischen wohnort und arbeitsstätte vom kläger auf ihren wunsch mit dem privaten pkw des klägers und nicht mit öffentlichen verkehrsmitteln zurückzulegen war. 45d) die höhe der jeweiligen zahlungsbeträge für die monate januar bis april 2020 ist rechnerisch zwischen den parteien nicht im streit und ergibt sich aus dem urteilstenor. zinsen stehen dem kläger aus den §§ 288 abs. 1, 286 abs. 2 ziff. 1 bgb angesichts der fälligkeit der jeweiligen zahlungen zum 15. des auf den monat ihres entstehens folgenden monats wie ausgeurteilt zu. 462. angesichts des tarifvertraglichen anspruchs bedarf es keiner erörterung, ob dem kläger ein arbeitsvertraglicher anspruch auf zahlung der eingeklagten beträge aus dem arbeitsvertrag in verbindung mit den grundsätzen zur betrieblichen übung zusteht. 47iii. die kostenentscheidung folgt aus § 91 zpo. die revision war nicht zuzulassen. gründe für ihre zulassung i.s.d. § 72 abs. 2 arbgg lagen nicht vor. keine der entscheidungserheblichen rechtsfragen hatte grundsätzliche bedeutung. auch weicht das urteil nicht von einer entscheidung eines der in § 72 abs. 2 zff. 2 arbgg genannten gerichte ab. 48rechtsmittelbelehrung 49gegen dieses urteil ist ein rechtsmittel nicht gegeben. 50wegen der möglichkeit der nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a arbgg verwiesen. | Klaeger*in | 1 |
341,797 | 23 K 218/18 | 2021-11-08T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit 1Tatbestand: 2Der Kläger ist rinderhaltender Landwirt. Er wendet sich gegen seine Heranziehung zu Beiträgen zur Tierseuchenkasse für das Jahr 2017. 3In seiner Sitzung am 00. Juni 2016 fasste der Verwaltungsrat der Tierseuchenkasse den Beschluss, im Jahr 2017 einen Beitrag für Rinder in Höhe von fünf Euro je Tier zu erheben. Die beschlossene Beitragshöhe wurde durch das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV) in der Verordnung zur Durchführung von Regelungen auf dem Gebiet der Tierseuchenbekämpfung vom 16. November 2016 (Tierseuchenbekämpfungsverordnung – TSBekVO ‑ GV.NRW 2016, S. 1107) veröffentlicht. 4Auf Grundlage dieser Verordnung setzte der Beklagte unter Berücksichtigung der von ihm zum Stichtag 1. Januar 2017 aus der HIT-Datenbank übernommenen Tierzahl von 1.172 Rindern einschließlich der zum 15. Februar 2017 nachgemeldeten Rinder mit Bescheid vom 7. April 2017 einen Beitrag zur Tierseuchenkasse in Höhe von 5.860,00 Euro für das Beitragsjahr 2017 fest. Darüber hinaus forderte er den Kläger zur Begleichung eines noch offenen Restbeitrags in Höhe von 13.830,00 Euro auf. Ausweislich einer dem Bescheid beigefügten Information wurden entsprechend dem Haushaltsplan 2017 zwecks Finanzierung der Gesamtausgaben von den gezahlten Beiträgen und Zuweisungen des Landes 84% für Beihilfen und Entschädigungen, 6,4% für die Zuführung in die Rücklagen, 5,6% für Personalkosten und 4% für Sachkosten verwendet. 5Mit Bescheid vom 20. April 2017 nahm der Beklagte den Beitragsbescheid vom 7. April 2017 gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW zurück und setzte – weiterhin unter Zugrundelegung eines Einzelbetrages in Höhe von 5,00 Euro und eines Tierbestandes von 1.172 Rindern – einen Gesamtbetrag in Höhe von 5.860,00 Euro fest. Zur Begründung führte er aus, im Hinblick auf einen zwischen den Beteiligten anhängigen Rechtsstreit sei der noch ausstehende Restbeitrag in Höhe von 13.830,00 Euro gestundet worden. 6Am 8. Mai 2017 legte der Kläger Widerspruch gegen den Beitragsbescheid ein und bat um Darlegung der Berechnungsgrundlagen zur Höhe der Einzelbeiträge. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Dezember 2017 wies die Landwirtschaftskammer den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Beitragsberechnung sei im Einklang mit haushaltsrechtlichen Grundsätzen kalkuliert worden. Insbesondere seien bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beachtet worden. 7Der Kläger hat am 00. Januar 2018 Klage erhoben, zu deren Begründung er zunächst im Wesentlichen vorgetragen hat, die Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides ergebe sich insbesondere daraus, dass die Gewährung von Beihilfezahlungen aus den einheitlichen Beiträgen zur Tierseuchenkasse rechtswidrig sei und diese im Rahmen der Beitragskalkulation nicht zu Lasten der Beitragszahler in Ansatz gebracht werden dürften. 8Mit Urteil vom 26. Februar 2018 hat das erkennende Gericht in dem Verfahren 23 K 10668/18 entschieden, dass die Beitragskalkulation für das Jahr 2016 rechtswidrig sei, da der Haushaltsplan unter anderem bei den Titeln „Entschädigungen“ (681 10), „Tierkörperbeseitigung“ (681 40) und „Zuführungen an die Rücklage“ (912 00) unzutreffende Ansätze gewählt und damit gegen haushaltsrechtliche Grundsätze verstoßen habe. Darüber hinaus sei die Beitragskalkulation auch wegen der Erhebung eines einheitlichen Beitrags für Entschädigungen und Beihilfen fehlerhaft. 9Am 9. Oktober 2018 ist eine neue TSBekVO in Kraft getreten (GV.NRW 2018, S. 541), mit der die Beiträge zur Tierseuchenkasse für das Jahr 2018 sowie rückwirkend für die Jahre 2016 und 2017 festlegt worden sind. 10Mit Bescheid vom 17. Oktober 2018 hat der Beklagte den Beitragsbescheid vom 20. April 2017 dahingehend abgeändert, dass – unter Beibehaltung eines Gesamtbetrages in Höhe von 5.860,00 Euro – von dem dort genannten Einzelbetrag in Höhe von 5,00 Euro 3,42 Euro auf Entschädigungen und 1,58 Euro auf Beihilfen entfielen. Zur Begründung hat er auf die neuen Regelungen der TSBekVO verwiesen, mit denen die Vorgaben aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 26. Februar 2018 umgesetzt worden seien. 11Zur weiteren Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Kläger hiernach vor: Er bestreite mit Nichtwissen, dass die Neuberechnung des Beitrages für das Jahr 2017 auf der Grundlage der tatsächlich entstandenen und gebuchten Kosten für Entschädigungen, Beihilfen und Verwaltungskosten erfolgt sei. 12Die Entstehung von Verwaltungskosten in Höhe von 911.613,21 Euro sei – auch im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Entschädigungsfällen – nicht nachvollziehbar. Offenbar handele es sich bei den angesetzten Personal- und Sachkosten um solche der gesamten Tierseuchenkasse, zumal eine Trennung nach verschiedenen Tierarten, wie Rindern, Geflügel etc. nicht erkennbar sei. Überdies habe der Beklagte nicht dargelegt, wie er die Trennung der Personal- und Sachkosten von denen der beiden anderen einheitlich beherbergten Behörden, namentlich der M. NRW sowie dem Direktor der M. NRW, vornehme. 13Der Ansatz von Entschädigungsleistungen als „Fixwert“ sei unzulässig. Vielmehr müsse der Beklagte seiner Berechnung den konkreten Wert der Entschädigungsleistungen zugrunde legen, sprich die Berechnung für das laufende Jahr jeweils anhand der bereits vorliegenden Zahlen für das abgeschlossene Jahr vornehmen. Zu hoch angesetzte Entschädigungsleistungen der vergangenen Jahre seien als Gutschrift bei der Berechnung für das laufende Jahr einzupflegen. 14Die Beitragsberechnung des Beklagten sei ausschließlich anhand einer Gegenüberstellung der Ausgaben und Einnahmen für Entschädigungen, Beihilfen und Verwaltungskosten ohne Einbeziehung von Erstattungen Dritter erfolgt. Insoweit seien jedoch insbesondere Beihilfen des Landes, des Bundes und der EU einzupflegen. Erstattungen der EU seien für das Jahr anzusetzen, in dem sie geflossen seien. Anderenfalls kämen diese dem einzelnen Tierhalter zu keinem Zeitpunkt zugute. 15Warum die Rücklage von 22 auf 25 Euro erhöht worden sei, sei nicht nachvollziehbar. Eine Rücklage in Höhe von 25,00 Euro pro Tier sei völlig überhöht, zumal der Beklagte im Tierseuchenfall in der Regel nur den Differenzwert zwischen erzieltem Schlachtpreis und Zeitwert des Tieres erstatte. Schlachtpreis und Zeitwert seien in Mastbetrieben indes regelmäßig gleich hoch, so dass eine Entschädigung dort überhaupt nicht anfalle. 16Der Kläger beantragt, 17den Bescheid des Beklagten vom 20. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2017 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Oktober 2018 aufzuheben. 18Der Beklagte beantragt, 19die Klage abzuweisen. 20Zur Begründung führt er aus: Die Neuberechnung der Beiträge für 2017 sei auf der Grundlage der tatsächlich entstandenen und im Programm für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen der M. F+ gebuchten Kosten für Entschädigungen inklusive der Vorhaltemaßnahmen, Beihilfen, Personal- und Sachmittel erfolgt. Im Ergebnis ergebe sich ein Bedarf an Beiträgen in Höhe von insgesamt 10.984.898,69 Euro. Geteilt durch die Anzahl der Rinder (1.438.950) sei bei einer Rücklage von 100% ein Beitrag von 7,63 Euro pro Rind erforderlich gewesen. Dieser sei zugunsten der Beitragszahler auf 5,00 Euro herabgesetzt worden. 21Der Haushalt des Sondervermögens der Tierseuchenkasse werde getrennt vom Haushalt der M. NRW bzw. vom Direktor der M. NRW als Landesbeauftragter geführt. Dies sei auch im angewandten Buchungssystem so vorgesehen. Da die Tierseuchenkasse als Sondervermögen der M. NRW vielfältige allgemeine Verwaltungsdienstleistungen der M. in Anspruch nehme, erfolge für diese Kosten eine Abrechnung anhand der Kosten- und Leistungsrechnung der M. . Diese Kosten inklusive der Querschnittskosten würden auf Basis standardisierter bzw. festgelegter Grundsätze für die Zuordnung zur Kostenrechnung ermittelt und festgesetzt. Dementsprechend erfolge eine Abrechnung von Personalkosten nur für die Mitarbeiter, die tatsächlich für die Tierseuchenkasse arbeiteten. 22Zum Zwecke einer sachgerechten Verteilung der Verwaltungskosten auf die verschiedenen Tierseuchenkassen seien im Beitragsjahr 2017 die Faktoren Anzahl der Betriebe, Summe der an die Tierhalter ausgezahlten Entschädigungen und Beihilfen, Anzahl der Entschädigungs- und Beihilfefälle untereinander sowie die Summe der an Nichttierhalter ausgezahlten Beihilfen mit 70%, die Wirtschaftskraft je Tierkasse gemessen am Rücklagenstand mit 30% berücksichtigt worden. Letztere beinhalte insbesondere die Arbeitsleistung der Führungskräfte. Anhand dieser Aufschlüsselung ergebe sich für das Haushaltsjahr 2017 für Rinder ein Anteil von 53,4% an den Personal- und Sachkosten. 23Die Zuschusszahlungen zu Entschädigungs- und Beihilfeleistungen würden nach kameralistischer Haushaltsführung stets in dem Jahr verbucht, in dem die Zahlungen erfolgten. Dies betreffe sowohl Landesmittel als auch EU-Mittel. 24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte, die Gerichtsakten 23 K 3905/14, 23 K 10668/16, 23 K 219/18, 23 K 259/18, 23 K 886/18 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Tierseuchenkasse Bezug genommen. 25Entscheidungsgründe: 26Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. 27Hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Diese richtet sich – nachdem der Beitragsbescheid vom 7. April 2017 durch den Beklagten zurückgenommen wurde – gegen den Beitragsbescheid vom 20. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2017 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Oktober 2018. Diese Bescheide hat der Kläger sämtlich ‑ jedenfalls sinngemäß ‑ in das Verfahren einbezogen. 28Grundsätzlich kann ein Verwaltungsakt, welcher – wie hier der Änderungsbescheid vom 17. Oktober 2018 – einen mit der Klage bei den allgemeinen Verwaltungsgerichten angefochtenen Verwaltungsakt ändert oder ersetzt, nur im Wege der Klageänderung Gegenstand des bereits anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens werden. § 96 SGG oder § 68 FGO können im Verfahren der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht entsprechend angewendet werden. 29Vgl. OVG NRW, Urteil vom 8. März 1966, II A 295/60. 30Das bedeutet, dass der ersetzende oder ändernde Bescheid nicht automatisch Gegenstand des Verfahrens wird, sondern nur durch Beschränkung oder Ergänzung des Klageantrags in das anhängige Verfahren einbezogen werden kann. Eines ‑ gegebenenfalls erforderlichen ‑ erneuten Widerspruchsverfahrens bedarf es insoweit nicht. 31Vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 79 Rn. 9. 32Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger hat, indem er seine rechtlichen Ausführungen erkennbar auf die dem Änderungsbescheid vom 17. Oktober 2018 zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen erstreckt hat, diesen jedenfalls sinngemäß in das Klageverfahren einbezogen. Eine solche – konkludente – Einbeziehung eines Änderungsbescheides genügt jedenfalls dann den obenstehenden Anforderungen an eine Klageerweiterung im Sinne von § 91 VwGO, wenn die streitgegenständlichen Bescheide – wie hier – eine untrennbare Einheit bilden, weil von dem ursprünglichen Bescheid, der weder zurückgenommen noch widerrufen wurde, nach wie vor eine Beschwer für den Kläger ausgeht. 33Vgl. zum Planfeststellungsbeschluss OVG NRW, Urteil vom 31. August 2020 - 20 A 1923/11 -, juris Rn. 111 ff. m.w.N. 34Die Klage ist jedoch unbegründet. 35Der angefochtene Bescheid der Tierseuchenkasse vom 20. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2017 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Oktober 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 36Rechtsgrundlage für die angegriffene Beitragserhebung ist § 20 Abs. 2 Tiergesundheitsgesetz (TierGesG) i.V.m. §§ 6 Abs. 1 und 13 Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz und zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz NRW (AG TierGesG TierNebG NRW) sowie §§ 1, 1a TSBekVO vom 31. August 2018. 37Nach §§ 6 Abs. 1, 13 Abs. 1 Satz 1 AG TierGesGTierNebG NRW erhebt die Tierseuchenkasse nach Maßgabe dieses Gesetzes von den Tierbesitzern Beiträge, um Entschädigungen zu leisten, Beihilfen zu gewähren, Verwaltungskosten zu bestreiten und Rücklagen zu bilden. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 AGTierSG TierNebG NRW sind Beiträge bei Rindern gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 AGTierSG TierNebG NRW pro Tier zu erheben. Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 AG TierGesG TierNebG errechnet sich der Beitragssatz aus den voraussichtlichen Kosten für die einzelne Tierart im Erhebungszeitraum, die zur Aufgabenerfüllung zu erwarten sind, und der Anzahl der gehaltenen Tiere am 1. Januar eines jeden Jahres (Stichtag). Die Höhe des für jedes gehaltene Tier zu zahlenden Beitrags zur Tierseuchenkasse (Beitragssatz) wird gemäß § 13 Abs. 2 AG TierGesG TierNebG durch Rechtsverordnung nach § 27 bestimmt. Bei der Bemessung der Beitragssätze ist dem Verordnungsgeber ein weites Ermessen eingeräumt. Die gerichtliche Nachprüfung einer Beitragsordnung erstreckt sich nur darauf, ob der Verordnungsgeber die äußersten Grenzen seines Gestaltungsbereiches überschritten hat, nicht aber, ob er im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung gefunden hat. 38Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. August 2017 - 13 A 885/15 - m.w.N. 39Bei seiner Beitragsbemessung hat der Verordnungsgeber insbesondere die Grundsätze der Landeshaushaltsordnung zu beachten, die gemäß § 11 Abs. 1 AG TierGesG TierNebG auf die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Tierseuchenkasse entsprechende Anwendung finden. 40Diesen rechtlichen Anforderungen genügt die streitgegenständliche Beitragsfestsetzung. 41Der Beklagte hat – anders als im Beitragsjahr 2016 – die in § 1a Abs. 2 Nr. 2b) TSBekVO niedergelegte Beitragshöhe für das Jahr 2017 entsprechend den haushaltsrechtlichen Vorgaben ermittelt. Die von ihm in Ansatz gebrachten Einnahmen und Ausgaben für Entschädigungen, Beihilfen und Verwaltungskosten beruhen auf tatsächlichen Buchungen und sind daher – gemessen an den in § 11 LHO NRW niedergelegten Grundsätzen – nicht zu beanstanden. 42Der in § 11 Abs. 2 Nr. 1 und 2 LHO zum Ausdruck kommende Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans verlangt, dass die Haushaltsansätze bedarfsgerecht und realitätsnah zu veranschlagen sind. Er verbietet, dass vorgesehene Ausgaben zu gering oder zu hoch veranschlagt werden, sondern erfordert eine sorgfältige Ermittlung der zugrunde liegenden Daten, welche die Veranschlagung rechtfertigen sollen. 43Vgl. Aprill, in: Engels/Eibelshäuser, Kommentar zum Haushaltsrecht, Loseblattsammlung, Stand: Juli 2017, § 11 BHO Rn. 4. 44Eng verbunden mit dem Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplanes ist der Grundsatz der Haushaltswahrheit. 45Vgl. Tappe, in: Gröpl, BHO/LHO, 2. Aufl. 2019, § 11 Rn. 26. 46Auch dieser fordert, die im Haushaltsjahr voraussichtlich zu leistenden Ausgaben mit größtmöglicher Genauigkeit zu errechnen oder zu schätzen, wobei die Beteiligten bei Ansätzen, deren Prognose mit Unsicherheiten behaftet ist, Beurteilungsspielräume haben. 47Vgl. Nebel, in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Loseblattsammlung, Stand: Februar 2015, Art. 110 GG Rn. 26. 48Bei der Ausfüllung des Beurteilungsspielraums sind die Beteiligten jedoch an die aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit folgende Pflicht zur Schätzgenauigkeit gebunden. 49Vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 -, juris Rn. 104. 50Diese wird insbesondere durch „gegriffene“ Ansätze verletzt, die trotz naheliegender Möglichkeiten zur besseren Informationsgewinnung ein angemessenes Bemühen um realitätsnahe Prognosen zu erwartender Ausgaben vermissen lassen. 51Vgl. BVerfG, Urteil vom 18. März 2014 - 2 BvR 1390/12 -, juris Rn. 202; BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 – 2 BvF 1/04 -, juris Rn. 104. 52Diese Vorgaben hat der Beklagte im Rahmen seiner Beitragskalkulation beachtet. 53Die von ihm in Ansatz gebrachten, im Jahr 2017 tatsächlich entstandenen und durch entsprechende Buchungen im Haushaltsprogramm F+ belegten Kosten lassen sich der vorgelegten Aufschlüsselung über die Einnahmen und Ausgaben im Jahr 2017 („Berechnung Beitrag 2017 für Rinder unter Berücksichtigung der Rücklage“) sowie den dazu übersandten Auszügen aus dem Haushaltsprogramm F+ entnehmen. Darin werden die beim Monatsabschluss ermittelten Ist-Zahlen des gesamten Haushaltsjahres 2017 (Ausgaben und Einnahmen bei Rindern) nach Haushaltsstellen zugeordnet angezeigt. Aus den genannten Dokumenten geht unter anderem hervor, dass im Jahr 2017 für Entschädigungen insgesamt 1.578.009,92 Euro verausgabt wurden. Diese Ausgaben setzen sich zusammen aus Kosten für Entschädigungen in Höhe von 875.698,61 Euro sowie für Vorhaltemaßnahmen in Höhe von 702.311,31 Euro. Die genannten Ausgaben sind – ebenso wie sämtliche Einzelposten im Zusammenhang mit Entschädigungsleistungen (etwa: Kosten der Tierkörperbeseitigung) – anhand der vorgelegten Auszüge aus dem Haushaltsprogramm F+ hinreichend belegt und nachzuvollziehen. Dies gilt auch für die im streitgegenständlichen Beitragsjahr 2017 geleisteten Erstattungszahlungen des Landes, die – anders als der Kläger meint – als Einnahmen der Tierseuchenkasse verbucht wurden. Eine entsprechende Buchung findet sich auf Seite 13 der von dem Beklagten vorgelegten „Berechnung Beitrag 2017 für Rinder unter Berücksichtigung der Rücklage“ unter der Buchungsstelle „78700-24200/72“ („Erstattungen des Landes für Entschädigungen bei Tierverlusten durch Seuchen“). Hierbei handelt es sich um einen tatsächlich verbuchten Betrag in Höhe von 375.698,32 Euro. Dass die Einnahmenübersicht des Beklagten darüber hinaus keine Erstattungs- oder Beihilfeleistungen, insbesondere solche der EU ausweist, stellt die Berechnung des Beklagten entgegen der Auffassung des Klägers ebenfalls nicht durchgreifend in Frage. Nach Darlegung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist dieser Umstand darauf zurückzuführen, dass in dem streitgegenständlichen Beitragsjahr keine entsprechenden Zahlungen erfolgt und damit kassenwirksam geworden sind. 54Durchgreifende Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung bestehen entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht im Hinblick auf die verbuchten Verwaltungskosten. Ein Verstoß gegen landeshaushaltsrechtliche Grundsätze ist auch insoweit nicht erkennbar. 55Soweit der Kläger insoweit zunächst beanstandet hat, bei den in Ansatz gebrachten Verwaltungskosten handele es sich nicht lediglich um solche der Tierseuchenkasse, sondern um die Personal- und Sachkosten der gesamten Tierseuchenkasse und damit sinngemäß einen Verstoß gegen den in § 45 Abs. 1 Satz 1 LHO zum Ausdruck kommenden Grundsatz der sachlichen Bindung gerügt hat, liegt ein solcher nicht vor. 56Nach dem Grundsatz der sachlichen Bindung dürfen die im Haushaltsplan bewilligten Ausgaben nur zu dem Zweck in Anspruch genommen werden, der im Haushaltsplan bezeichnet ist. 57Vgl. Hugo, in: Engels/Eibelshäuser, Kommentar zum Haushaltsrecht, Loseblattsammlung, Stand: Juli 2017, § 45 BHO Rn. 2; Tappe, in: Gröpl, BHO/LHO, 2. Aufl. 2019, § 45 Rn. 13. 58Danach ist es unzulässig, Ausgabeermächtigungen, für die im Haushaltsplan ein bestimmter Zweck vorgesehen ist, für andere Zwecke in Anspruch zu nehmen. 59Vgl. Knörzer, in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Loseblattsammlung, Stand: Februar 2015, § 45 BHO Rn. 3. 60Diese Vorgaben hat der Beklagte hinsichtlich der Verteilung seiner Personal- und Sachkosten beachtet. 61Anders als der Kläger meint, hat der Beklagte die laufenden Verwaltungskosten der Tierseuchenkasse nach sachlichen Gesichtspunkten auf die verschiedenen Tierbereiche verteilt. Die Verteilung erfolgt durch einen vorab ermittelten Schlüssel, in dessen Rahmen der unterschiedlich hohe Einsatz von Personal- und Sachmitteln innerhalb der verschiedenen Tierbereiche gewichtet wird. Die laufenden Personal- und Sachkosten werden anhand der Faktoren Anzahl der Betriebe, Summe der an die Tierhalter ausgezahlten Entschädigungen und Beihilfen, Anzahl der Entschädigungs- und Beihilfefälle untereinander sowie die Summe der an Nichttierhalter (z.B. Tierärzte) ausgezahlten Beihilfen ermittelt und mit 70% gewichtet. Dabei geben die genannten Faktoren den unterschiedlich hohen Bearbeitungsaufwand (etwa bei der Bearbeitung von Entschädigungsfällen oder bei der Adressatenpflege) innerhalb der verschiedenen Tierbereiche wieder. Im Rahmen der verbleibenden 30% wird die Wirtschaftskraft der jeweiligen Tierseuchenkasse berücksichtigt, wobei hiervon nach Angaben des Beklagten insbesondere der Kostenanteil für die Arbeitsleistungen der Führungskräfte erfasst ist. Die anhand der dargestellten Prozentsätze vorgenommene Gewichtung aller Faktoren ergibt den für die Verteilung der Gesamtverwaltungskosten anzuwendenden Schlüssel. Diesen hat der Beklagte ausweislich der vorgelegten Berechnungsgrundlagen im Beitragsjahr 2017 auch zugrunde gelegt. Danach entfällt ein Anteil von 53,40% der Personal- und Sachkosten auf den Tierbereich Rind. Anhaltspunkte dafür, der dargestellte Verteilerschlüssel gebe nicht den tatsächlich geleisteten Personal- und Sachaufwand wieder oder sei aus sonstigen Gründen ungeeignet, sind weder vorgetragen noch sonst erkennbar. Soweit der Beklagte einzelne Tierbereiche von der dargestellten Verteilung ausgenommen und den jeweiligen Anteil an den Verwaltungskosten mit einer prozentualen Deckelung versehen hat (bei Bienen 3%, bei Pferden 4% und bei Gehegewild 0,1%), liegen dieser Sonderreglung sachliche Erwägungen zugrunde, die der Beklagte im Einzelnen dargelegt und erläutert hat (etwa: keine Gewährung von Entschädigungen und/oder Beihilfen in der Gehegewildkasse, geringer Aufwand der Adressdatenpflege). 62Mit seinem weiteren Vorbringen, die in Ansatz gebrachten Verwaltungskosten seien nicht ausreichend von den Personal- und Sachkosten der zugehörigen Behörden, namentlich der M. NRW sowie des Direktors der M. NRW, getrennt, dringt der Kläger ebenfalls nicht durch. 63Nach den schriftlichen und mündlichen Darlegungen des Beklagten, denen der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten ist, sieht das von der M. eingesetzte Haushaltsprogramm F+ eine strikte Trennung zwischen den bewirtschafteten Haushalten „Selbstverwaltung“, „Direktor der M. als Landesbeauftragter“ und dem „Sondervermögen Tierseuchenkasse“ vor. Dem entspricht es, dass die Tierseuchenkasse als Sondervermögen über eine eigene Buchungsstelle verfügt („78700“), die durch die jeweilige Tierart, hier „Rind“, konkretisiert wird („72“). Soweit die Tierseuchenkasse als Sondervermögen der M. NRW allgemeine Verwaltungsdienstleistungen in Anspruch nimmt, erfolgt für diese Kosten eine Abrechnung anhand der Kosten- und Leistungsrechnung der M. NRW, die diese an die Tierseuchenkasse richtet. Darin enthalten sind auch die sogenannten Querschnittskosten, also Kosten für Fahrzeuge, IT-Leistungen sowie für die Vergabe- und Poststelle. Da auch diese im Haushaltsprogramm der M. NRW gebucht und damit hinreichend belegt sind, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, es könnte sich nicht um tatsächlich entstandene Kosten handeln. 64Die Beitragsfestsetzung begegnet auch hinsichtlich des darin enthaltenen Anteils für die Rücklage keinen rechtlichen Bedenken. Die von dem Beklagten angestrebte Rücklagenhöhe ist von einem sachlichen Zweck gedeckt und beruht auf einer planbaren und nachvollziehbaren Rücklagenkalkulation. 65Gemäß § 11 Abs. 3 AGTierSGTierNebG hat die Tierseuchenkasse Rücklagen in angemessenem Umfang zu bilden. Dabei obliegt es grundsätzlich der autonomen Entscheidung des Verordnungsgebers, zu bestimmen, in welchem Umfang er die Bildung einer Rücklage für erforderlich hält. 66Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. August 2017 - 13 A 885/15 -, Seite 4. 67Das Maß der Rücklage muss angesichts der Finanzierung durch die Pflichtmitglieder allerdings von einem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hiervon nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Es obliegt dem Verordnungsgeber, der nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 AGTierSGTierNebG NRW die Höhe des Beitragssatzes im Benehmen mit dem Verwaltungsrat durch Rechtsverordnung bestimmt, im Einzelnen darzulegen, dass er im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums die Grenzen des Vertretbaren eingehalten hat, die konkrete Höhe der Rücklagen somit plausibel und nachvollziehbar ist. 68Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015 - 10 C 6/15 -, juris Rn. 17 f. 69Will der Verordnungsgeber eine Rücklage ansparen oder erhöhen, so muss dies auf Grundlage einer planbaren und nachvollziehbaren Rücklagenkalkulation erfolgen. 70Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. März 2015 - 23 K 3950/14 -, Seite 5. 71Hiervon ausgehend ist die Rücklagenkalkulation des Beklagten für das streitgegenständliche Beitragsjahr 2017 nicht zu beanstanden. 72Der Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt und begründet, in welcher Höhe eine Rücklage vorzuhalten ist, um die Zahlungsfähigkeit der Tierseuchenkasse auch im Falle eines Seuchengeschehens zu erhalten. Grundlage der Rücklagenkalkulation sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse von Dr. O. E. in dessen Bericht zu „finanziellen Rücklagen für Leistungen im Zusammenhang mit Tierseuchenausbrüchen“ vom 19. Oktober 2015, die Gegenstand des Beitragsfestsetzungsverfahrens 2017 waren. In seiner wissenschaftlichen Ausarbeitung untersucht der Gutachter, mit welcher Wahrscheinlichkeit mit dem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche als Leiterkrankung bei Rindern zu rechnen ist und welche Kosten ein derartiges Seuchengeschehen verursachen würde. Hierzu hat der Gutachter die operativen Kosten der Tötung und Tierkörperbeseitigung im Falle eines Seuchengeschehens berücksichtigt sowie mithilfe sachverständiger Experten eine dahingehende Betrachtung angestellt, wie viele Tiere, abhängig von dem untersuchten Krankheitsbild, von der jeweiligen Seuche betroffen sein würden (sog. Räumungszone). Den anhand dieser Berechnung ermittelten sogenannten Perzentilen liegen unterschiedliche Annahmen für ein Seuchengeschehen zugrunde, die der Beklagte in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erläutert hat. Danach wäre mit dem 90%-Perzentil davon auszugehen, dass alle 10 bis 15 Jahre mit einem Auftreten der Maul- und Klauenseuche zu rechnen ist, wohingegen das 100%-Perzentil ein jährliches Seuchengeschehen zugrunde legt. Abhängig von der jeweils zugrunde gelegten Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Seuche ergibt sich ein unterschiedlich hoher Rücklagenbedarf. Dieser Bedarf wurde, anders als der Kläger meint, von dem Gutachter für jede Tierseuchenkasse anhand einer Auswertung von Datenmaterial gesondert berechnet. Der Berechnung wurden verschiedene Erfahrungswerte der Vergangenheit zugrunde gelegt, die sich im Falle eines Seuchengeschehens auf die entstehenden Kosten auswirken können (z.B. Erstattungs- und Beihilfezahlungen des Landes und der EU oder Verträge mit Dienstleistern im Rahmen der Tierkörperbeseitigung). 73Dass der Beklagte hiervon ausgehend die erforderliche Rücklagenhöhe an das 90%-Perzentil des Gutachtens angelehnt hat, ist – auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers – nicht zu beanstanden. Die dieser Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen hat der Beklagte im Einzelnen nachvollziehbar und plausibel erläutert. Demnach wurde das aus mathematischer Sicht erstrebenswerte 80%-Perzentil als nicht ausreichend für die zukünftige Rücklagenberechnung erachtet, da neue Seuchenrisiken, die bislang nicht statistisch erfasst wurden, hierbei unberücksichtigt blieben. Gegen eine Rücklagenhöhe jenseits des avisierten 90%-Perzentils sprach nach Einschätzung des Beklagten, dass dem zusätzlichen Nutzen in Form einer erhöhten Sicherheit unangemessen hohe Kosten gegenüberstehen, die mit einer unverhältnismäßigen Belastung der Beitragszahler einhergehen. Um die Rücklagenhöhe dem erwünschten 90%-Perzentil anzupassen, sieht das Gutachten für die Tierseuchenkasse NRW im Bereich „Rind“ eine erforderliche Rücklage in Höhe von 35,9 Mio. Euro vor. Dies führt bei Zugrundelegung eines Rinderbestandes von ca. 1,45 Mio. Tieren im Beitragsjahr 2017 zu einer Rücklage in Höhe von 25,00 Euro pro Tier. Die Entscheidung des Beklagten, die Anpassung der Rücklage gleichwohl nicht durch eine einmalige, stark erhöhte Beitragserhebung, sondern über eine schrittweise Erhöhung von 22 auf 25 Euro in den Jahren 2017 bis 2019 herbeizuführen und die angestrebte Rücklage im Jahr 2017 lediglich in geringerem Maße vorzuhalten, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar wird dadurch, dass zunächst die tatsächlichen Kosten abgerechnet, der Beitrag sodann aber auf 5,00 Euro gedeckelt wurde, die Rücklagenhöhe für das Jahr 2017 nicht abstrakt, sondern durch die Höhe der tatsächlichen Kosten bestimmt. Anders als im Vorjahr liegt der Beitragserhebung hier aber grundsätzlich eine datenbasierte Planung zugrunde. Die Entscheidung, eine unzumutbare Belastung der Milchviehhalter durch eine weitergehende Erhöhung der Rücklage und damit des Beitrags 2017 zu verhindern, ist von einem sachlichen Zweck getragen und verletzt den Kläger jedenfalls nicht in seinen Rechten. 74Soweit der Kläger der Rücklagenkalkulation des Beklagten entgegengehalten hat, eine Rücklage in Höhe von 25,00 Euro pro Tier sei völlig überhöht, geht er bereits von einem unzutreffenden Sachverhalt aus, da der Beklagte entsprechend der oben aufgezeigten gestaffelten Rücklagenerhöhung für das Beitragsjahr 2017 lediglich eine Rücklage in Höhe von 23,00 Euro pro Tier avisiert hat. Dass er diese im Rahmen der Beitragsfestsetzung gleichwohl nicht erreicht hat, sondern zugunsten der Beitragszahler und zulasten der Rücklage eine Deckungslücke in Kauf genommen hat, ergibt sich aus der von dem Beklagten vorgelegten Übersicht „Berechnung Beitrag 2017 „Rinder“ unter Berücksichtigung der Rücklage“. Daraus geht hervor, dass in dem hier streitgegenständlichen Beitragsjahr ein Beitrag in Höhe von 7,63 Euro erforderlich gewesen wäre, um eine Rücklage in Höhe von 23,00 Euro zu erreichen. Diesen hat der Beklagte, der den Jahresbeitrag 2017 zugunsten der Beitragszahler auf 5,00 Euro gedeckelt hat, indes nicht erhoben. 75Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 76Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO. 77Rechtsmittelbelehrung: 78Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 79Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 80Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 81Die Berufung ist nur zuzulassen, 821. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 832. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 843. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 854. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 865. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 87Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 88Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 89Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 90Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 91Beschluss: 92Der Streitwert wird auf 5.860,00 Euro festgesetzt. 93Gründe: 94Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG erfolgt. 95Rechtsmittelbelehrung: 96Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 97Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 98Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 99Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 100Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 101War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110% des aufgrund des urteils beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit 1 | 2der kläger ist rinderhaltender landwirt. er wendet sich gegen seine heranziehung zu beiträgen zur tierseuchenkasse für das jahr 2017. 3in seiner sitzung am 00. juni 2016 fasste der verwaltungsrat der tierseuchenkasse den beschluss, im jahr 2017 einen beitrag für rinder in höhe von fünf euro je tier zu erheben. die beschlossene beitragshöhe wurde durch das ministerium für umwelt und naturschutz, landwirtschaft und verbraucherschutz des landes nordrhein-westfalen (mkulnv) in der verordnung zur durchführung von regelungen auf dem gebiet der tierseuchenbekämpfung vom 16. november 2016 (tierseuchenbekämpfungsverordnung – tsbekvo ‑ gv.nrw 2016, s. 1107) veröffentlicht. 4auf grundlage dieser verordnung setzte der beklagte unter berücksichtigung der von ihm zum stichtag 1. januar 2017 aus der hit-datenbank übernommenen tierzahl von 1.172 rindern einschließlich der zum 15. februar 2017 nachgemeldeten rinder mit bescheid vom 7. april 2017 einen beitrag zur tierseuchenkasse in höhe von 5.860,00 euro für das beitragsjahr 2017 fest. darüber hinaus forderte er den kläger zur begleichung eines noch offenen restbeitrags in höhe von 13.830,00 euro auf. ausweislich einer dem bescheid beigefügten information wurden entsprechend dem haushaltsplan 2017 zwecks finanzierung der gesamtausgaben von den gezahlten beiträgen und zuweisungen des landes 84% für beihilfen und entschädigungen, 6,4% für die zuführung in die rücklagen, 5,6% für personalkosten und 4% für sachkosten verwendet. 5mit bescheid vom 20. april 2017 nahm der beklagte den beitragsbescheid vom 7. april 2017 gemäß § 48 abs. 1 satz 1 vwvfg nrw zurück und setzte – weiterhin unter zugrundelegung eines einzelbetrages in höhe von 5,00 euro und eines tierbestandes von 1.172 rindern – einen gesamtbetrag in höhe von 5.860,00 euro fest. zur begründung führte er aus, im hinblick auf einen zwischen den beteiligten anhängigen rechtsstreit sei der noch ausstehende restbeitrag in höhe von 13.830,00 euro gestundet worden. 6am 8. mai 2017 legte der kläger widerspruch gegen den beitragsbescheid ein und bat um darlegung der berechnungsgrundlagen zur höhe der einzelbeiträge. mit widerspruchsbescheid vom 6. dezember 2017 wies die landwirtschaftskammer den widerspruch des klägers zurück. zur begründung führte sie aus, die beitragsberechnung sei im einklang mit haushaltsrechtlichen grundsätzen kalkuliert worden. insbesondere seien bei der aufstellung und ausführung des haushaltsplans die grundsätze der wirtschaftlichkeit und sparsamkeit beachtet worden. 7der kläger hat am 00. januar 2018 klage erhoben, zu deren begründung er zunächst im wesentlichen vorgetragen hat, die rechtswidrigkeit des beitragsbescheides ergebe sich insbesondere daraus, dass die gewährung von beihilfezahlungen aus den einheitlichen beiträgen zur tierseuchenkasse rechtswidrig sei und diese im rahmen der beitragskalkulation nicht zu lasten der beitragszahler in ansatz gebracht werden dürften. 8mit urteil vom 26. februar 2018 hat das erkennende gericht in dem verfahren 23 k 10668/18 entschieden, dass die beitragskalkulation für das jahr 2016 rechtswidrig sei, da der haushaltsplan unter anderem bei den titeln „entschädigungen“ (681 10), „tierkörperbeseitigung“ (681 40) und „zuführungen an die rücklage“ (912 00) unzutreffende ansätze gewählt und damit gegen haushaltsrechtliche grundsätze verstoßen habe. darüber hinaus sei die beitragskalkulation auch wegen der erhebung eines einheitlichen beitrags für entschädigungen und beihilfen fehlerhaft. 9am 9. oktober 2018 ist eine neue tsbekvo in kraft getreten (gv.nrw 2018, s. 541), mit der die beiträge zur tierseuchenkasse für das jahr 2018 sowie rückwirkend für die jahre 2016 und 2017 festlegt worden sind. 10mit bescheid vom 17. oktober 2018 hat der beklagte den beitragsbescheid vom 20. april 2017 dahingehend abgeändert, dass – unter beibehaltung eines gesamtbetrages in höhe von 5.860,00 euro – von dem dort genannten einzelbetrag in höhe von 5,00 euro 3,42 euro auf entschädigungen und 1,58 euro auf beihilfen entfielen. zur begründung hat er auf die neuen regelungen der tsbekvo verwiesen, mit denen die vorgaben aus dem urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf vom 26. februar 2018 umgesetzt worden seien. 11zur weiteren begründung seines rechtsschutzbegehrens trägt der kläger hiernach vor: er bestreite mit nichtwissen, dass die neuberechnung des beitrages für das jahr 2017 auf der grundlage der tatsächlich entstandenen und gebuchten kosten für entschädigungen, beihilfen und verwaltungskosten erfolgt sei. 12die entstehung von verwaltungskosten in höhe von 911.613,21 euro sei – auch im zusammenhang mit der bearbeitung von entschädigungsfällen – nicht nachvollziehbar. offenbar handele es sich bei den angesetzten personal- und sachkosten um solche der gesamten tierseuchenkasse, zumal eine trennung nach verschiedenen tierarten, wie rindern, geflügel etc. nicht erkennbar sei. überdies habe der beklagte nicht dargelegt, wie er die trennung der personal- und sachkosten von denen der beiden anderen einheitlich beherbergten behörden, namentlich der m. nrw sowie dem direktor der m. nrw, vornehme. 13der ansatz von entschädigungsleistungen als „fixwert“ sei unzulässig. vielmehr müsse der beklagte seiner berechnung den konkreten wert der entschädigungsleistungen zugrunde legen, sprich die berechnung für das laufende jahr jeweils anhand der bereits vorliegenden zahlen für das abgeschlossene jahr vornehmen. zu hoch angesetzte entschädigungsleistungen der vergangenen jahre seien als gutschrift bei der berechnung für das laufende jahr einzupflegen. 14die beitragsberechnung des beklagten sei ausschließlich anhand einer gegenüberstellung der ausgaben und einnahmen für entschädigungen, beihilfen und verwaltungskosten ohne einbeziehung von erstattungen dritter erfolgt. insoweit seien jedoch insbesondere beihilfen des landes, des bundes und der eu einzupflegen. erstattungen der eu seien für das jahr anzusetzen, in dem sie geflossen seien. anderenfalls kämen diese dem einzelnen tierhalter zu keinem zeitpunkt zugute. 15warum die rücklage von 22 auf 25 euro erhöht worden sei, sei nicht nachvollziehbar. eine rücklage in höhe von 25,00 euro pro tier sei völlig überhöht, zumal der beklagte im tierseuchenfall in der regel nur den differenzwert zwischen erzieltem schlachtpreis und zeitwert des tieres erstatte. schlachtpreis und zeitwert seien in mastbetrieben indes regelmäßig gleich hoch, so dass eine entschädigung dort überhaupt nicht anfalle. 16der kläger beantragt, 17den bescheid des beklagten vom 20. april 2017 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 6. dezember 2017 und in der fassung des änderungsbescheides vom 17. oktober 2018 aufzuheben. 18der beklagte beantragt, 19die klage abzuweisen. 20zur begründung führt er aus: die neuberechnung der beiträge für 2017 sei auf der grundlage der tatsächlich entstandenen und im programm für das haushalts-, kassen- und rechnungswesen der m. f+ gebuchten kosten für entschädigungen inklusive der vorhaltemaßnahmen, beihilfen, personal- und sachmittel erfolgt. im ergebnis ergebe sich ein bedarf an beiträgen in höhe von insgesamt 10.984.898,69 euro. geteilt durch die anzahl der rinder (1.438.950) sei bei einer rücklage von 100% ein beitrag von 7,63 euro pro rind erforderlich gewesen. dieser sei zugunsten der beitragszahler auf 5,00 euro herabgesetzt worden. 21der haushalt des sondervermögens der tierseuchenkasse werde getrennt vom haushalt der m. nrw bzw. vom direktor der m. nrw als landesbeauftragter geführt. dies sei auch im angewandten buchungssystem so vorgesehen. da die tierseuchenkasse als sondervermögen der m. nrw vielfältige allgemeine verwaltungsdienstleistungen der m. in anspruch nehme, erfolge für diese kosten eine abrechnung anhand der kosten- und leistungsrechnung der m. . diese kosten inklusive der querschnittskosten würden auf basis standardisierter bzw. festgelegter grundsätze für die zuordnung zur kostenrechnung ermittelt und festgesetzt. dementsprechend erfolge eine abrechnung von personalkosten nur für die mitarbeiter, die tatsächlich für die tierseuchenkasse arbeiteten. 22zum zwecke einer sachgerechten verteilung der verwaltungskosten auf die verschiedenen tierseuchenkassen seien im beitragsjahr 2017 die faktoren anzahl der betriebe, summe der an die tierhalter ausgezahlten entschädigungen und beihilfen, anzahl der entschädigungs- und beihilfefälle untereinander sowie die summe der an nichttierhalter ausgezahlten beihilfen mit 70%, die wirtschaftskraft je tierkasse gemessen am rücklagenstand mit 30% berücksichtigt worden. letztere beinhalte insbesondere die arbeitsleistung der führungskräfte. anhand dieser aufschlüsselung ergebe sich für das haushaltsjahr 2017 für rinder ein anteil von 53,4% an den personal- und sachkosten. 23die zuschusszahlungen zu entschädigungs- und beihilfeleistungen würden nach kameralistischer haushaltsführung stets in dem jahr verbucht, in dem die zahlungen erfolgten. dies betreffe sowohl landesmittel als auch eu-mittel. 24wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die streitakte, die gerichtsakten 23 k 3905/14, 23 k 10668/16, 23 k 219/18, 23 k 259/18, 23 k 886/18 sowie die beigezogenen verwaltungsvorgänge der tierseuchenkasse bezug genommen. 25 | 26die klage hat keinen erfolg. sie ist zulässig, aber unbegründet. 27hinsichtlich der zulässigkeit der klage bestehen keine durchgreifenden bedenken. diese richtet sich – nachdem der beitragsbescheid vom 7. april 2017 durch den beklagten zurückgenommen wurde – gegen den beitragsbescheid vom 20. april 2017 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 6. dezember 2017 und in der fassung des änderungsbescheides vom 17. oktober 2018. diese bescheide hat der kläger sämtlich ‑ jedenfalls sinngemäß ‑ in das verfahren einbezogen. 28grundsätzlich kann ein verwaltungsakt, welcher – wie hier der änderungsbescheid vom 17. oktober 2018 – einen mit der klage bei den allgemeinen verwaltungsgerichten angefochtenen verwaltungsakt ändert oder ersetzt, nur im wege der klageänderung gegenstand des bereits anhängigen verwaltungsgerichtlichen verfahrens werden. § 96 sgg oder § 68 fgo können im verfahren der allgemeinen verwaltungsgerichtsbarkeit nicht entsprechend angewendet werden. 29vgl. ovg nrw, urteil vom 8. märz 1966, ii a 295/60. 30das bedeutet, dass der ersetzende oder ändernde bescheid nicht automatisch gegenstand des verfahrens wird, sondern nur durch beschränkung oder ergänzung des klageantrags in das anhängige verfahren einbezogen werden kann. eines ‑ gegebenenfalls erforderlichen ‑ erneuten widerspruchsverfahrens bedarf es insoweit nicht. 31vgl. sodan/ziekow, vwgo, 5. aufl. 2018, § 79 rn. 9. 32diese voraussetzungen liegen hier vor. der kläger hat, indem er seine rechtlichen ausführungen erkennbar auf die dem änderungsbescheid vom 17. oktober 2018 zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen grundlagen erstreckt hat, diesen jedenfalls sinngemäß in das klageverfahren einbezogen. eine solche – konkludente – einbeziehung eines änderungsbescheides genügt jedenfalls dann den obenstehenden anforderungen an eine klageerweiterung im sinne von § 91 vwgo, wenn die streitgegenständlichen bescheide – wie hier – eine untrennbare einheit bilden, weil von dem ursprünglichen bescheid, der weder zurückgenommen noch widerrufen wurde, nach wie vor eine beschwer für den kläger ausgeht. 33vgl. zum planfeststellungsbeschluss ovg nrw, urteil vom 31. august 2020 - 20 a 1923/11 -, juris rn. 111 ff. m.w.n. 34die klage ist jedoch unbegründet. 35der angefochtene bescheid der tierseuchenkasse vom 20. april 2017 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 6. dezember 2017 und in der fassung des änderungsbescheides vom 17. oktober 2018 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 36rechtsgrundlage für die angegriffene beitragserhebung ist § 20 abs. 2 tiergesundheitsgesetz (tiergesg) i.v.m. §§ 6 abs. 1 und 13 ausführungsgesetz zum tiergesundheitsgesetz und zum tierische nebenprodukte-beseitigungsgesetz nrw (ag tiergesg tiernebg nrw) sowie §§ 1, 1a tsbekvo vom 31. august 2018. 37nach §§ 6 abs. 1, 13 abs. 1 satz 1 ag tiergesgtiernebg nrw erhebt die tierseuchenkasse nach maßgabe dieses gesetzes von den tierbesitzern beiträge, um entschädigungen zu leisten, beihilfen zu gewähren, verwaltungskosten zu bestreiten und rücklagen zu bilden. gemäß § 13 abs. 1 satz 2 agtiersg tiernebg nrw sind beiträge bei rindern gemäß § 13 abs. 1 satz 2 agtiersg tiernebg nrw pro tier zu erheben. nach § 13 abs. 3 satz 1 ag tiergesg tiernebg errechnet sich der beitragssatz aus den voraussichtlichen kosten für die einzelne tierart im erhebungszeitraum, die zur aufgabenerfüllung zu erwarten sind, und der anzahl der gehaltenen tiere am 1. januar eines jeden jahres (stichtag). die höhe des für jedes gehaltene tier zu zahlenden beitrags zur tierseuchenkasse (beitragssatz) wird gemäß § 13 abs. 2 ag tiergesg tiernebg durch rechtsverordnung nach § 27 bestimmt. bei der bemessung der beitragssätze ist dem verordnungsgeber ein weites ermessen eingeräumt. die gerichtliche nachprüfung einer beitragsordnung erstreckt sich nur darauf, ob der verordnungsgeber die äußersten grenzen seines gestaltungsbereiches überschritten hat, nicht aber, ob er im einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste regelung gefunden hat. 38vgl. ovg nrw, beschluss vom 2. august 2017 - 13 a 885/15 - m.w.n. 39bei seiner beitragsbemessung hat der verordnungsgeber insbesondere die grundsätze der landeshaushaltsordnung zu beachten, die gemäß § 11 abs. 1 ag tiergesg tiernebg auf die haushalts- und wirtschaftsführung der tierseuchenkasse entsprechende anwendung finden. 40diesen rechtlichen anforderungen genügt die streitgegenständliche beitragsfestsetzung. 41der beklagte hat – anders als im beitragsjahr 2016 – die in § 1a abs. 2 nr. 2b) tsbekvo niedergelegte beitragshöhe für das jahr 2017 entsprechend den haushaltsrechtlichen vorgaben ermittelt. die von ihm in ansatz gebrachten einnahmen und ausgaben für entschädigungen, beihilfen und verwaltungskosten beruhen auf tatsächlichen buchungen und sind daher – gemessen an den in § 11 lho nrw niedergelegten grundsätzen – nicht zu beanstanden. 42der in § 11 abs. 2 nr. 1 und 2 lho zum ausdruck kommende grundsatz der vollständigkeit des haushaltsplans verlangt, dass die haushaltsansätze bedarfsgerecht und realitätsnah zu veranschlagen sind. er verbietet, dass vorgesehene ausgaben zu gering oder zu hoch veranschlagt werden, sondern erfordert eine sorgfältige ermittlung der zugrunde liegenden daten, welche die veranschlagung rechtfertigen sollen. 43vgl. aprill, in: engels/eibelshäuser, kommentar zum haushaltsrecht, loseblattsammlung, stand: juli 2017, § 11 bho rn. 4. 44eng verbunden mit dem grundsatz der vollständigkeit des haushaltsplanes ist der grundsatz der haushaltswahrheit. 45vgl. tappe, in: gröpl, bho/lho, 2. aufl. 2019, § 11 rn. 26. 46auch dieser fordert, die im haushaltsjahr voraussichtlich zu leistenden ausgaben mit größtmöglicher genauigkeit zu errechnen oder zu schätzen, wobei die beteiligten bei ansätzen, deren prognose mit unsicherheiten behaftet ist, beurteilungsspielräume haben. 47vgl. nebel, in: piduch, bundeshaushaltsrecht, loseblattsammlung, stand: februar 2015, art. 110 gg rn. 26. 48bei der ausfüllung des beurteilungsspielraums sind die beteiligten jedoch an die aus dem grundsatz der haushaltswahrheit folgende pflicht zur schätzgenauigkeit gebunden. 49vgl. bverfg, urteil vom 9. juli 2007 - 2 bvf 1/04 -, juris rn. 104. 50diese wird insbesondere durch „gegriffene“ ansätze verletzt, die trotz naheliegender möglichkeiten zur besseren informationsgewinnung ein angemessenes bemühen um realitätsnahe prognosen zu erwartender ausgaben vermissen lassen. 51vgl. bverfg, urteil vom 18. märz 2014 - 2 bvr 1390/12 -, juris rn. 202; bverfg, urteil vom 9. juli 2007 – 2 bvf 1/04 -, juris rn. 104. 52diese vorgaben hat der beklagte im rahmen seiner beitragskalkulation beachtet. 53die von ihm in ansatz gebrachten, im jahr 2017 tatsächlich entstandenen und durch entsprechende buchungen im haushaltsprogramm f+ belegten kosten lassen sich der vorgelegten aufschlüsselung über die einnahmen und ausgaben im jahr 2017 („berechnung beitrag 2017 für rinder unter berücksichtigung der rücklage“) sowie den dazu übersandten auszügen aus dem haushaltsprogramm f+ entnehmen. darin werden die beim monatsabschluss ermittelten ist-zahlen des gesamten haushaltsjahres 2017 (ausgaben und einnahmen bei rindern) nach haushaltsstellen zugeordnet angezeigt. aus den genannten dokumenten geht unter anderem hervor, dass im jahr 2017 für entschädigungen insgesamt 1.578.009,92 euro verausgabt wurden. diese ausgaben setzen sich zusammen aus kosten für entschädigungen in höhe von 875.698,61 euro sowie für vorhaltemaßnahmen in höhe von 702.311,31 euro. die genannten ausgaben sind – ebenso wie sämtliche einzelposten im zusammenhang mit entschädigungsleistungen (etwa: kosten der tierkörperbeseitigung) – anhand der vorgelegten auszüge aus dem haushaltsprogramm f+ hinreichend belegt und nachzuvollziehen. dies gilt auch für die im streitgegenständlichen beitragsjahr 2017 geleisteten erstattungszahlungen des landes, die – anders als der kläger meint – als einnahmen der tierseuchenkasse verbucht wurden. eine entsprechende buchung findet sich auf seite 13 der von dem beklagten vorgelegten „berechnung beitrag 2017 für rinder unter berücksichtigung der rücklage“ unter der buchungsstelle „78700-24200/72“ („erstattungen des landes für entschädigungen bei tierverlusten durch seuchen“). hierbei handelt es sich um einen tatsächlich verbuchten betrag in höhe von 375.698,32 euro. dass die einnahmenübersicht des beklagten darüber hinaus keine erstattungs- oder beihilfeleistungen, insbesondere solche der eu ausweist, stellt die berechnung des beklagten entgegen der auffassung des klägers ebenfalls nicht durchgreifend in frage. nach darlegung des beklagten in der mündlichen verhandlung ist dieser umstand darauf zurückzuführen, dass in dem streitgegenständlichen beitragsjahr keine entsprechenden zahlungen erfolgt und damit kassenwirksam geworden sind. 54durchgreifende bedenken hinsichtlich der rechtmäßigkeit der beitragserhebung bestehen entgegen der auffassung des klägers auch nicht im hinblick auf die verbuchten verwaltungskosten. ein verstoß gegen landeshaushaltsrechtliche grundsätze ist auch insoweit nicht erkennbar. 55soweit der kläger insoweit zunächst beanstandet hat, bei den in ansatz gebrachten verwaltungskosten handele es sich nicht lediglich um solche der tierseuchenkasse, sondern um die personal- und sachkosten der gesamten tierseuchenkasse und damit sinngemäß einen verstoß gegen den in § 45 abs. 1 satz 1 lho zum ausdruck kommenden grundsatz der sachlichen bindung gerügt hat, liegt ein solcher nicht vor. 56nach dem grundsatz der sachlichen bindung dürfen die im haushaltsplan bewilligten ausgaben nur zu dem zweck in anspruch genommen werden, der im haushaltsplan bezeichnet ist. 57vgl. hugo, in: engels/eibelshäuser, kommentar zum haushaltsrecht, loseblattsammlung, stand: juli 2017, § 45 bho rn. 2; tappe, in: gröpl, bho/lho, 2. aufl. 2019, § 45 rn. 13. 58danach ist es unzulässig, ausgabeermächtigungen, für die im haushaltsplan ein bestimmter zweck vorgesehen ist, für andere zwecke in anspruch zu nehmen. 59vgl. knörzer, in: piduch, bundeshaushaltsrecht, loseblattsammlung, stand: februar 2015, § 45 bho rn. 3. 60diese vorgaben hat der beklagte hinsichtlich der verteilung seiner personal- und sachkosten beachtet. 61anders als der kläger meint, hat der beklagte die laufenden verwaltungskosten der tierseuchenkasse nach sachlichen gesichtspunkten auf die verschiedenen tierbereiche verteilt. die verteilung erfolgt durch einen vorab ermittelten schlüssel, in dessen rahmen der unterschiedlich hohe einsatz von personal- und sachmitteln innerhalb der verschiedenen tierbereiche gewichtet wird. die laufenden personal- und sachkosten werden anhand der faktoren anzahl der betriebe, summe der an die tierhalter ausgezahlten entschädigungen und beihilfen, anzahl der entschädigungs- und beihilfefälle untereinander sowie die summe der an nichttierhalter (z.b. tierärzte) ausgezahlten beihilfen ermittelt und mit 70% gewichtet. dabei geben die genannten faktoren den unterschiedlich hohen bearbeitungsaufwand (etwa bei der bearbeitung von entschädigungsfällen oder bei der adressatenpflege) innerhalb der verschiedenen tierbereiche wieder. im rahmen der verbleibenden 30% wird die wirtschaftskraft der jeweiligen tierseuchenkasse berücksichtigt, wobei hiervon nach angaben des beklagten insbesondere der kostenanteil für die arbeitsleistungen der führungskräfte erfasst ist. die anhand der dargestellten prozentsätze vorgenommene gewichtung aller faktoren ergibt den für die verteilung der gesamtverwaltungskosten anzuwendenden schlüssel. diesen hat der beklagte ausweislich der vorgelegten berechnungsgrundlagen im beitragsjahr 2017 auch zugrunde gelegt. danach entfällt ein anteil von 53,40% der personal- und sachkosten auf den tierbereich rind. anhaltspunkte dafür, der dargestellte verteilerschlüssel gebe nicht den tatsächlich geleisteten personal- und sachaufwand wieder oder sei aus sonstigen gründen ungeeignet, sind weder vorgetragen noch sonst erkennbar. soweit der beklagte einzelne tierbereiche von der dargestellten verteilung ausgenommen und den jeweiligen anteil an den verwaltungskosten mit einer prozentualen deckelung versehen hat (bei bienen 3%, bei pferden 4% und bei gehegewild 0,1%), liegen dieser sonderreglung sachliche erwägungen zugrunde, die der beklagte im einzelnen dargelegt und erläutert hat (etwa: keine gewährung von entschädigungen und/oder beihilfen in der gehegewildkasse, geringer aufwand der adressdatenpflege). 62mit seinem weiteren vorbringen, die in ansatz gebrachten verwaltungskosten seien nicht ausreichend von den personal- und sachkosten der zugehörigen behörden, namentlich der m. nrw sowie des direktors der m. nrw, getrennt, dringt der kläger ebenfalls nicht durch. 63nach den schriftlichen und mündlichen darlegungen des beklagten, denen der kläger nicht substantiiert entgegengetreten ist, sieht das von der m. eingesetzte haushaltsprogramm f+ eine strikte trennung zwischen den bewirtschafteten haushalten „selbstverwaltung“, „direktor der m. als landesbeauftragter“ und dem „sondervermögen tierseuchenkasse“ vor. dem entspricht es, dass die tierseuchenkasse als sondervermögen über eine eigene buchungsstelle verfügt („78700“), die durch die jeweilige tierart, hier „rind“, konkretisiert wird („72“). soweit die tierseuchenkasse als sondervermögen der m. nrw allgemeine verwaltungsdienstleistungen in anspruch nimmt, erfolgt für diese kosten eine abrechnung anhand der kosten- und leistungsrechnung der m. nrw, die diese an die tierseuchenkasse richtet. darin enthalten sind auch die sogenannten querschnittskosten, also kosten für fahrzeuge, it-leistungen sowie für die vergabe- und poststelle. da auch diese im haushaltsprogramm der m. nrw gebucht und damit hinreichend belegt sind, gibt es keine anhaltspunkte dafür, es könnte sich nicht um tatsächlich entstandene kosten handeln. 64die beitragsfestsetzung begegnet auch hinsichtlich des darin enthaltenen anteils für die rücklage keinen rechtlichen bedenken. die von dem beklagten angestrebte rücklagenhöhe ist von einem sachlichen zweck gedeckt und beruht auf einer planbaren und nachvollziehbaren rücklagenkalkulation. 65gemäß § 11 abs. 3 agtiersgtiernebg hat die tierseuchenkasse rücklagen in angemessenem umfang zu bilden. dabei obliegt es grundsätzlich der autonomen entscheidung des verordnungsgebers, zu bestimmen, in welchem umfang er die bildung einer rücklage für erforderlich hält. 66vgl. ovg nrw, beschluss vom 2. august 2017 - 13 a 885/15 -, seite 4. 67das maß der rücklage muss angesichts der finanzierung durch die pflichtmitglieder allerdings von einem sachlichen zweck gedeckt sein. eine hiervon nicht mehr gedeckte rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen vermögensbildung gleichkommen. es obliegt dem verordnungsgeber, der nach § 27 abs. 1 nr. 2 agtiersgtiernebg nrw die höhe des beitragssatzes im benehmen mit dem verwaltungsrat durch rechtsverordnung bestimmt, im einzelnen darzulegen, dass er im rahmen seines weiten gestaltungsspielraums die grenzen des vertretbaren eingehalten hat, die konkrete höhe der rücklagen somit plausibel und nachvollziehbar ist. 68vgl. bverwg, urteil vom 9. dezember 2015 - 10 c 6/15 -, juris rn. 17 f. 69will der verordnungsgeber eine rücklage ansparen oder erhöhen, so muss dies auf grundlage einer planbaren und nachvollziehbaren rücklagenkalkulation erfolgen. 70vgl. vg düsseldorf, urteil vom 9. märz 2015 - 23 k 3950/14 -, seite 5. 71hiervon ausgehend ist die rücklagenkalkulation des beklagten für das streitgegenständliche beitragsjahr 2017 nicht zu beanstanden. 72der beklagte hat nachvollziehbar dargelegt und begründet, in welcher höhe eine rücklage vorzuhalten ist, um die zahlungsfähigkeit der tierseuchenkasse auch im falle eines seuchengeschehens zu erhalten. grundlage der rücklagenkalkulation sind die wissenschaftlichen erkenntnisse von dr. o. e. in dessen bericht zu „finanziellen rücklagen für leistungen im zusammenhang mit tierseuchenausbrüchen“ vom 19. oktober 2015, die gegenstand des beitragsfestsetzungsverfahrens 2017 waren. in seiner wissenschaftlichen ausarbeitung untersucht der gutachter, mit welcher wahrscheinlichkeit mit dem ausbruch der maul- und klauenseuche als leiterkrankung bei rindern zu rechnen ist und welche kosten ein derartiges seuchengeschehen verursachen würde. hierzu hat der gutachter die operativen kosten der tötung und tierkörperbeseitigung im falle eines seuchengeschehens berücksichtigt sowie mithilfe sachverständiger experten eine dahingehende betrachtung angestellt, wie viele tiere, abhängig von dem untersuchten krankheitsbild, von der jeweiligen seuche betroffen sein würden (sog. räumungszone). den anhand dieser berechnung ermittelten sogenannten perzentilen liegen unterschiedliche annahmen für ein seuchengeschehen zugrunde, die der beklagte in der mündlichen verhandlung im einzelnen erläutert hat. danach wäre mit dem 90%-perzentil davon auszugehen, dass alle 10 bis 15 jahre mit einem auftreten der maul- und klauenseuche zu rechnen ist, wohingegen das 100%-perzentil ein jährliches seuchengeschehen zugrunde legt. abhängig von der jeweils zugrunde gelegten wahrscheinlichkeit des auftretens einer seuche ergibt sich ein unterschiedlich hoher rücklagenbedarf. dieser bedarf wurde, anders als der kläger meint, von dem gutachter für jede tierseuchenkasse anhand einer auswertung von datenmaterial gesondert berechnet. der berechnung wurden verschiedene erfahrungswerte der vergangenheit zugrunde gelegt, die sich im falle eines seuchengeschehens auf die entstehenden kosten auswirken können (z.b. erstattungs- und beihilfezahlungen des landes und der eu oder verträge mit dienstleistern im rahmen der tierkörperbeseitigung). 73dass der beklagte hiervon ausgehend die erforderliche rücklagenhöhe an das 90%-perzentil des gutachtens angelehnt hat, ist – auch unter berücksichtigung des vorbringens des klägers – nicht zu beanstanden. die dieser entscheidung zugrunde liegenden erwägungen hat der beklagte im einzelnen nachvollziehbar und plausibel erläutert. demnach wurde das aus mathematischer sicht erstrebenswerte 80%-perzentil als nicht ausreichend für die zukünftige rücklagenberechnung erachtet, da neue seuchenrisiken, die bislang nicht statistisch erfasst wurden, hierbei unberücksichtigt blieben. gegen eine rücklagenhöhe jenseits des avisierten 90%-perzentils sprach nach einschätzung des beklagten, dass dem zusätzlichen nutzen in form einer erhöhten sicherheit unangemessen hohe kosten gegenüberstehen, die mit einer unverhältnismäßigen belastung der beitragszahler einhergehen. um die rücklagenhöhe dem erwünschten 90%-perzentil anzupassen, sieht das gutachten für die tierseuchenkasse nrw im bereich „rind“ eine erforderliche rücklage in höhe von 35,9 mio. euro vor. dies führt bei zugrundelegung eines rinderbestandes von ca. 1,45 mio. tieren im beitragsjahr 2017 zu einer rücklage in höhe von 25,00 euro pro tier. die entscheidung des beklagten, die anpassung der rücklage gleichwohl nicht durch eine einmalige, stark erhöhte beitragserhebung, sondern über eine schrittweise erhöhung von 22 auf 25 euro in den jahren 2017 bis 2019 herbeizuführen und die angestrebte rücklage im jahr 2017 lediglich in geringerem maße vorzuhalten, ist rechtlich nicht zu beanstanden. zwar wird dadurch, dass zunächst die tatsächlichen kosten abgerechnet, der beitrag sodann aber auf 5,00 euro gedeckelt wurde, die rücklagenhöhe für das jahr 2017 nicht abstrakt, sondern durch die höhe der tatsächlichen kosten bestimmt. anders als im vorjahr liegt der beitragserhebung hier aber grundsätzlich eine datenbasierte planung zugrunde. die entscheidung, eine unzumutbare belastung der milchviehhalter durch eine weitergehende erhöhung der rücklage und damit des beitrags 2017 zu verhindern, ist von einem sachlichen zweck getragen und verletzt den kläger jedenfalls nicht in seinen rechten. 74soweit der kläger der rücklagenkalkulation des beklagten entgegengehalten hat, eine rücklage in höhe von 25,00 euro pro tier sei völlig überhöht, geht er bereits von einem unzutreffenden sachverhalt aus, da der beklagte entsprechend der oben aufgezeigten gestaffelten rücklagenerhöhung für das beitragsjahr 2017 lediglich eine rücklage in höhe von 23,00 euro pro tier avisiert hat. dass er diese im rahmen der beitragsfestsetzung gleichwohl nicht erreicht hat, sondern zugunsten der beitragszahler und zulasten der rücklage eine deckungslücke in kauf genommen hat, ergibt sich aus der von dem beklagten vorgelegten übersicht „berechnung beitrag 2017 „rinder“ unter berücksichtigung der rücklage“. daraus geht hervor, dass in dem hier streitgegenständlichen beitragsjahr ein beitrag in höhe von 7,63 euro erforderlich gewesen wäre, um eine rücklage in höhe von 23,00 euro zu erreichen. diesen hat der beklagte, der den jahresbeitrag 2017 zugunsten der beitragszahler auf 5,00 euro gedeckelt hat, indes nicht erhoben. 75die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 76die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 satz 1 zpo. 77rechtsmittelbelehrung: 78gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 79der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 80innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 81die berufung ist nur zuzulassen, 821. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 832. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 843. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 854. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 865. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 87die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 88über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 89im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 90die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 91beschluss: 92der streitwert wird auf 5.860,00 euro festgesetzt. 93gründe: 94die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 3 satz 1 gkg erfolgt. 95rechtsmittelbelehrung: 96gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 97die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 98die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 99die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 100die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 101war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | Verklagte*r | 0 |
116,245 | S 24 KR 539/15 | 2016-11-11T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 28.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2015 sowie des Bescheides vom 04.07.2016 verurteilt, der Klägerin vier postbariatrische Wiederherstellungsoperationen (Oberschenkelstraffung beidseits, Oberarmstraffung beidseits, Bruststraffung beidseits, Gesäßstraffung) als Sachleistung zu gewähren. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für postbariatrische Wiederherstellungsoperationen. 3Die am 00.00.1966 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. 4Unter Vorlage eines Befundberichts des Facharztes für Plastische Chirurgie Dr. E von der Chirurgischen Klinik des Evangelischen Krankenhauses M vom 10.06.2015, eines Befundberichts des Facharztes für Allgemein- und Viszeralchirurgie Dr. E1 vom 08.04.2015 und einer Fotodokumentation beantragte die Klägerin am 17.06.2015 die Kostenübernahme für ein Körperlifting bestehend aus drei Operationen: einer Ober- und Unterschenkelstraffung mit Polift, einer Abdominoplastik (Ober- und Unterbauch) und einer Mammastraffung mit evtl. Straffung der Arme. 5In einem Schreiben vom 13.07.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie über den Antrag noch nicht habe entscheiden können, weil ein vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) angefordertes Gutachten noch nicht vorliege. Sobald das Ergebnis vorliege, werde man die Klägerin umgehend informieren. 6In einem weiteren Schreiben vom 20.07.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie wegen verspätet eingegangener Informationen bzw. Unterlagen den MDK erst am 13.07.2015 habe beauftragen können. Sobald das Ergebnis vorliege, werde man die Klägerin umgehend informieren. 7In einer Stellungnahme vom 22.07.2015 teilte Dr. M1 vom MDK mit, dass für die Abdominoplastik eine medizinische Indikation bestehe. 8Mit einem Bescheid vom 28.07.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Kosten für die Abdominoplastik übernehmen werde. An den Kosten der Brust-, Po-, Bein- und Armstraffung könne sie sich leider nicht beteiligen. 9Dagegen legte die Klägerin am 05.08.2015 Widerspruch ein. Sie berief sich auf eine Genehmigungsfiktion gemäß § 13 Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), weil die Beklagte die Entscheidungsfrist verpasst habe. 10Am 01.10.2015 hat die Klägerin Klage erhoben und zuächst den Antrag gestellt, dass festgestellt werden solle, dass der Antrag der Klägerin auf Gewährung dreier postbariatrischer Wiederherstellungsoperationen vom 10.06.2015 als genehmigt gelte. Sie beruft sich insoweit auf die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V. 11Die Beklagte meint dagegen, dass die Genehmigungsfiktion nicht greife, weil nur medizinische erforderliche und wirtschaftliche Leistungen davon umfasst würden. Das treffe auf die beantragten Leistungen nicht zu. 12Mit einem Widerspruchsbescheid vom 21.12.2015 hat die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28.07.2015 zurückgewiesen. 13Mit einem weiteren Bescheid vom 04.07.2016 hat die Beklagte der Klägerin mitgeteilt, dass sie die fingierte Genehmigung gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurücknehme. Die fingierte Genehmigung sei rechtswidrig, weil die Voraussetzungen des Sachleistungsanspruchs nicht vorlägen. Das öffentliche Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung überwöge das private Interesse der Klägerin an der Kostenfreistellung. Die Genehmigungsfiktion gehe zum Nachteil der Solidargemeinschaft und verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. 14Die Klägerin hat eingewendet, dass der Rücknahmebescheid vom 04.07.2016 offensichtlich rechtswidrig sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) könne eine Rücknahme nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen der Fiktion nicht vorgelegen hätten. Das sei hier nicht der Fall. 15Die Klägerin beantragt nunmehr, 16die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2015 sowie des Bescheides vom 04.07.2016 zu verurteilen, der Klägerin vier postbariatrische Wiederherstel-lungsoperationen (Oberschenkelstraffung beidseits, Oberarmstraffung beid-seits, Bruststraffung beidseits, Gesäßstraffung) als Sachleistung zu gewähren. Die Beklagte beantragt, 17die Klage abzuweisen. 18Sie meint, dass der angefochtene der Sach- und Rechtslage entspreche und daher nicht zu beanstanden sei. 19Wegen der weiteren Einzelheiten im Sach- und Streitstand nimmt das Gericht Bezug auf die Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung. 20Entscheidungsgründe: 21Die Klage ist zulässig. 22Statthafte Klageart hinsichtlich der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V ist eine echte Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Mit dieser Klageart kann die Verurteilung zu einer Leistung begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Ein solcher Fall ist bei Eintritt der gesetzlichen Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V gegeben. Die prozessuale Situation entspricht dem Fall, dass ein erteilter Bewilligungsbescheid von der Verwaltungsbehörde nicht vollzogen wird. Auch dann ist eine echte Leistungsklage zulässig, da ein Verwaltungsakt nicht mehr zu ergehen braucht (vgl. dazu Sozialgericht [SG] Augsburg Urteil vom 03.06.2014 - S 6 KR 339/13 -; SG Nürnberg Urteil vom 27.03.2014 - S 7 KR 520/13 -; SG Dessau-Roßlau Urteil vom 18.12.2013 - S 21 KR 282/13 -, jeweils juris) ... 23Statthafte Klageart hinsichtlich des Ablehnungsbescheides vom 28.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2015 ist die Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG, da diese Bescheide einen der Genehmigungsfiktion entgegenstehenden Rechtsschein setzen, der mit der Anfechtungsklage beseitigt werden kann. 24Der Bescheid vom 04.07.2016, mit dem die fingierte Genehmigung zurückgenommen wurde, kann ebenfalls mit der Anfechtungsklage gerichtlich überprüft werden. Dieser Bescheid ist analog § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Gemäß dieser Norm wird ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Der Rücknahmebescheid vom 04.07.2016 ersetzt hier zwar nicht den mit der Klage auch angefochtenen Ablehnungsbescheid, sondern hebt die Ge-nehmigungsfiktion mit Wirkung für die Zukunft auf, so dass eine unmittelbare Anwendung von § 96 Abs. 1 SGG nicht in Betracht kommt. Eine analoge Anwendung ist jedoch ge-rechtfertigt. Der Sinn und Zweck der Vorschrift besteht darin, eine schnelle, erschöpfende Entscheidung über das gesamte Streitverhältnis in einem Verfahren zu ermöglichen und zu verhindern, dass das Gericht gezwungen wäre, über einen nicht mehr aktuellen Zustand zu entscheiden. Zudem soll durch die Einbeziehung in das anhängige Klageverfahren auch die Gefahr divergierender Entscheidungen vermieden werden. Würde man den angefochtenen Rücknahmebescheid vom 04.07.2016 bei der Entscheidung in diesem Klageverfahren unberücksichtigt lassen, könnte es zu einer Fallkonstellation kommen, in der der hier er-hobenen Klage stattgegeben wird und die Beklagte zur Leistungsgewährung verurteilt wird, während in einem weiteren Prozess über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Genehmigungsfiktion der Beklagten Recht gegeben wird. In diesem Fall stünden sich zwei sich widersprechende Entscheidungen gegenüber. Dies ist vom Gesetzgeber nicht gewollt. Zwar ist § 96 Abs. 1 SGG bei der hier erhobenen echten Leistungsklage grundsätzlich nicht anwendbar. Denn Voraussetzung für § 96 Abs. 1 SGG ist, dass ein Verwaltungsakt Gegenstand des anhängigen gerichtlichen Verfahrens ist. Eine analoge Anwendung des § 96 SGG ist in der vorliegenden Fallgestaltung aber gerechtfertigt, da es beim Klagegegenstand der hier erhobenen Leistungsklage gerade um die Herleitung eines Anspruchs aus einer Genehmigungsfiktion und damit aus einem fingierten Verwaltungsakt geht. Streitgegenstand ist damit ein Recht aus einem fingierten Verwaltungsakt, der nach Klageerhebung durch die Beklagte mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wurde. Genau eine solche Fallkonstellation will § 96 Abs. 1 SGG aber seinem oben dargestellten Sinn und Zweck nach erfassen. 25Die Klage ist auch begründet. 26Der angefochtene Bescheid vom 28.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Versorgung mit vier postbariatrischen Wiederherstellungsoperationen (Oberschenkelstraffung beidseits, Oberarmstraffung beidseits, Bruststraffung beidseits und Gesäßstraffung) aufgrund einer gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eingetretenen Genehmigungsfiktion. 27Nach § 13 Abs. 3a SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden (Satz 1). Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (Satz 2). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (Satz 3). Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 ( ...) nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (Satz 5). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (Satz 6). Beschaffen sich Leistungsbe-rechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (Satz 7). Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14, 15 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbst beschaffter Leistungen (Satz 9). 28Die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion nach dieser Vorschrift sind erfüllt. 29Die Klägerin ist Leistungsberechtigte im Sinne der Regelung. Sie hat auch einen inhaltlich bestimmten Antrag gestellt (vgl. zu diesen Anforderungen BSG Urteil vom 08.03.2016 - B 1 KR 25/15 R -, juris). Aus dem Befundbericht des Facharztes für Plastische Chirurgie Dr. E von der Chirurgischen Klinik des Evangelischen Krankenhauses M vom 10.06.2015 konnte die Beklagte das Begehren der Klägerin eindeutig ableiten. 30Die Versicherte muss nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 08.03.2016, a.a.O.) die Leistung für erforderlich halten und die Leistung darf nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegen. Das ist hier der Fall. Die beantragten Wiederherstellungsoperationen unterfallen ihrer Art nach dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Klägerin kann auch aufgrund der fachlichen Befürwortung ihres Antrags durch Dr. E und Dr. E1 die Behandlung für geeignet und erforderlich halten. Der Gedanke an einen Rechtsmissbrauch liegt jedenfalls fern. 31Die Beklagte hat die hier einschlägige Drei-Wochen-Frist nach § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V nicht eingehalten und der Klägerin die Gründe hierfür nicht vor Ablauf der Frist und damit rechtzeitig mitgeteilt. Maßgeblich ist hier die Drei- und nicht die Fünf-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V, weil ein Hinweis der Beklagten an die Klägerin, dass der MDK eingeschaltet wurde (§ 13 Abs. 3a Satz 2 SGB V) innerhalb der Drei-Wochen-Frist nicht erfolgte. Die Schreiben vom 13.07.2015 und 20.07.2015 sind außerhalb dieser Frist versandt worden. Die Drei-Wochen-Frist ist nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 08.03.2016, a.a.O.), der sich die Kammer anschließt, immer dann maßgebend, wenn die Krankenkasse den Leistungsberechtigten nicht über die (tatsächlich erfolgte) Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme unterrichtet. Für dieses Ergebnis sprechen die ge-setzgeberischen Ziele der Beschleunigung und der Transparenz. Die Gesetzesmaterialien heben hervor, dass den Leistungsberechtigten durch die Unterrichtung Klarheit darüber verschafft werden soll, ob die Drei- oder die Fünf-Wochen-Frist gilt (BT-Drucks. 17/10488, S. 32). 32Die Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V beginnt nach § 26 Abs. 1 und 3 Satz 1 SGB X i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch am auf den Antragseingang folgenden Tag - hier am 18.06.2015 - und endet mit dem Ablauf des Tages, der nach seiner Benennung dem Tag des Antragseingangs entspricht, hier am 08.07.2015. Die Entscheidung der Beklagten über den Antrag der Klägerin erfolgte dagegen erst am 28.07.2015 und damit außerhalb der Frist. 33Eine den Eintritt der Genehmigungsfiktion verhindernde schriftliche Mitteilung nach § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V erfolgte nicht fristgerecht. Die beiden Schreiben vom 13.07.2015 und 20.07.2015 wurden außerhalb der Drei-Wochen-Frist versendet. 34Ein Ausschluss der Genehmigung nach § 13 Abs. 3a Satz 9 SGB V kommt auch nicht in Betracht, weil hier keine Leistung zur medizinischen Rehabilitation im Streit steht, sondern eine Leistung zur Krankenbehandlung. 35Durch die Genehmigungsfiktion gilt die Genehmigung der beantragten Leistung durch einen fingierten Verwaltungsakt als erlassen. Fingierte Verwaltungsakte haben die gleichen Rechtswirkungen wie tatsächlich erlassene Verwaltungsakte (Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: EL I/2014, § 13 Rn. 58l). Durch die Fiktion der Genehmigung ist die Leistungsberechtigung der Klägerin wirksam verfügt und die Beklagte mit allen Einwendungen ausgeschlossen. 36Die teilweise in der Rechtsprechung vertretene Ansicht, wonach die Genehmigungsfiktion gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V nur bei einer Leistung greifen kann, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 26.05.2014 - L 16 KR 154/14 B ER, L 16 KR155/14 B -; SG Dortmund Beschlüsse vom 16.07.2014 - S 40 KR 742/14 ER - und 31.01.2014 - S 28 KR 1/14 ER -; SG Würzburg Urteil vom 15.01.2015 - S 11 KR 100/14 -, jeweils juris), wird von der Kammer in Anlehnung an die Entscheidung des BSG vom 08.03.2016 (a.a.O.) und Entscheidungen anderer Gerichte (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen vom 23.05.2014 - L 5 KR 222/14 B ER -; LSG Saarland Urteil vom 17.06.2015 - L 2 KR 180/14 -; SG Nürnberg Urteil vom 30.04.2015 - S 7 KR 496/14 -; SG Mannheim Urteile vom 27.03.2015 - S 9 KR 3123/14 - und 03.06.2014 - S 9 KR 3174/13 -; SG Koblenz Urteil vom 23.03.2015 - S 13 KR 977/14 -; SG Heilbronn Urteil vom 10.03.2015 - S 11 KR 2425/14 -; SG Düsseldorf Urteil vom 02.03.2015 - S 9 KR 903/14 -; SG Lüneburg Urteil vom 17.02.2015 - S 16 KR 96/14 -; SG Gelsenkirchen Urteile vom 05.02.2015 - S 17 KR 524/14 -, 29.01.2015 - S 17 KR 479/14 - und 02.10.2014 - S 11 KR 180/14 -; SG Marburg Urteil vom 15.01.2015 - S 6 KR 160/13 -; SG Karlsruhe Urteil vom 15.12.2014 - S 5 KR 2284/14 -; SG Augsburg Urteile vom 27.11.2014 - S 12 KR 183/14 - und 12.11.2014 - S 12 KR 3/14 -; SG Osnabrück Urteile vom 06.11.2014 - S 13 KR 164/14 und S 13 KR 189/14 -; SG Dessau-Roßlau Urteil vom 18.12.2013 - S 21 KR 282/13 -, jeweils juris) nicht geteilt. 37Das BSG führt in dem o.g. Urteil vom 08.03.2016 (a.a.O.) aus, dass die Genehmigungsfiktion zugunsten des Leistungsberechtigten einen Naturalleistungsanspruch begründe, dem der im Anschluss hieran geregelte, den Eintritt der Genehmigungsfiktion voraussetzende naturalleistungsersetzende Kostenerstattungsanspruch im Ansatz entspreche. Der Naturalleistungsanspruch kraft Genehmigungsfiktion ermögliche auch mittellosen Versicherten, die nicht in der Lage seien, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, ihren Anspruch zu realisieren. Für diese Auslegung spreche schließlich der Sanktionscharakter der Norm. Dieser überzeugenden Auslegung schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an. 38Für diese Auslegung spricht bereits der klare Wortlaut des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V. Der Wortlaut der Norm knüpft die Genehmigungsfiktion ausschließlich daran, dass innerhalb der Frist keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes für die verzögerte Bearbeitung erfolgt. Eine Einschränkung dahingehend, dass sich diese Genehmigungsfiktion nur auf solche Leistungen bezieht, die grundsätzlich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören und die medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirt-schaftlich sind, enthält die Vorschrift semantisch und grammatikalisch eindeutig nicht. Dass dies kein "Redaktionsversehen" des Gesetzgebers gewesen sein kann, ergibt sich bereits daraus, dass dieser vielfach mit Genehmigungsfiktionen arbeitet. Diese sind weder dem Sozialrecht im Allgemeinen (vgl. § 88 Abs. 5 Satz 2 SGB IX, § 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX, § 6 Abs. 3 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 17 Abs. 2 Satz 2 Elftes Buch Sozialge-setzbuch [SGB XI], § 18b Abs. 3 Satz 2 SGB XI) noch dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung im Speziellen (vgl. § 32 Abs. 1a Satz 3 Halbsatz 2 SGB V, § 110 Abs. 2 Satz 5 SGB V, § 116b Abs. 2 Satz 4 SGB V) fremd. Für diese Auslegung spricht auch die Legaldefinition, die der Gesetzgeber in § 42a Verwaltungsverfahrensgesetz getroffen hat. Danach gilt eine beantragte Genehmigung nach Ablauf einer für die Entscheidung festge-legten Frist als erteilt (Genehmigungsfiktion), wenn dies durch Rechtsvorschrift angeordnet und der Antrag hinreichend bestimmt ist. Auch hier unterstellt das Gesetz, dass von der Behörde ein bestimmter Verwaltungsakt erlassen worden wäre ("fiktiver Verwaltungsakt"). Die Versicherte kann den Eintritt der Genehmigungsfiktion dann zum Anlass nehmen, entweder von der Krankenkasse die Leistung zu verlangen oder sich gemäß § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V die Leistung selbst zu beschaffen (vgl. SG Nürnberg Urteil vom 30.04.2015 - S 7 KR 496/14 -, juris Rn. 33). 39Diese grammatikalische Auslegung wird durch eine systematische, historische und teleologische Auslegung bestätigt: Zwar hatte der Gesetzgeber zunächst lediglich einen Kostenerstattungsanspruch für erforderliche Leistungen vorgesehen, wie es sich aus dem Entwurf des Patientenrechtegesetz ergibt (BR-Drucks. 312/12, S. 46, siehe auch BT-Drucks. 17/10488, S. 32). Nachdem durch den Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestags im November 2012 mit dem Satz 6 eine Genehmigungsfiktion der Leistung bei Nichteinhaltung der Fristen neben der in Satz 7 geregelten Kostenerstattung aufgenommen worden war (BT-Drucks. 17/11710, S. 30), um es der Versicherten zu erleichtern, sich die ihr zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen, wurden Satz 6 und Satz 7 - ohne weitere den klaren Wortlaut einschränkende Erläuterungen - in der Gesetzesänderung aufgenommen. Beide Sätze stehen ihrem Wortlaut nach gleichberechtigt nebeneinander. Wäre der Geltungsbereich des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V lediglich auf einen Kostenerstattungsanspruch beschränkt, käme der Norm kein eigener Regelungsgehalt zu. Zudem schlösse eine solche Auslegung - wie das BSG zu Recht ausführt - mittellose Ver-sicherte, die nach Ablauf der Frist nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, entgegen des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz praktisch aus dem Schutzbereich des § 13 Abs. 3a SGB V aus (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 23.05.2014 - L 5 KR 222/14 B ER-; juris Rn. 7 m.w.N.). 40Nur auf diese Weise kann der Wunsch des Gesetzgebers, generalpräventiv die Zügigkeit des Verwaltungsverfahrens zu verbessern, umgesetzt werden. Dieses Ziel würde ins Leere laufen, könnte die Genehmigungsfiktion durch eine (außerhalb der Frist erfolgende) nachträgliche Prüfung der einzelnen Leistungsvoraussetzungen wieder erlöschen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 23.05.2014 - L 5 KR 222/14 B ER -; SG Heilbronn Urteil vom 10.03.2015 - S 11 KR 2425/14 -; SG Gelsenkirchen Urteil vom 29.01.2015 - S 17 KR 479/14 -; SG Augsburg Urteil vom 27.11.2014 - S 12 KR 183/14 -; a.A. LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 26.05.2014 - L 16 KR 154/14 B ER -, jeweils juris). Zudem hätte bei einer solchen Auslegung eine Versicherte ungeachtet eines Verstoßes der Krankenkasse gegen die in § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V normierte Hinweispflicht keine Gewissheit, dass die beantragte Leistung von der Krankenkasse bezahlt oder zumindest die Kosten hierfür erstattet werden. Dies kann nicht Sinn und Zweck des Patientenrechtegesetzes gewesen sein, welches gerade darauf abzielt, die Rechte des Patienten zu stärken. Im Übrigen hatte und hat es die Beklagte selbst in der Hand, die in § 13 Abs. 3a SGB V festgelegten Fristen einzuhalten, und, wenn sie dies nicht schafft, die Versicherte unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich hierüber zu informieren. 41Die sprachliche Gestaltung von § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V steht der oben dargestellten Auslegung nicht entgegen. Soweit das Gesetz darin den Begriff des "Leistungsberechtigten" und der "erforderlichen" Leistung verwendet, erlaubt es nach Auffassung der Kammer nicht, den Kostenerstattungsanspruch (und die Wirkungen der vorgeschalteten Geneh-migungsfiktion) an die materielle Leistungsberechtigung der Klägerin zu knüpfen bzw. nur auf solche Leistungen zu beschränken, die zum Leistungskatalog der gesetzlichen Kran-kenversicherung rechnen (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 23.05.2014 - L 5 KR 222/14 B ER -, juris). Denn ein solches Vorgehen würde zwangsläufig dazu führen, dass § 13 Abs. 3a SGB V entgegen der besonderen Zielsetzung des Patientenrechtegesetzes weitgehend "leerlaufen" würde. 42Nach alledem hat die Klägerin einen Naturalleistungsanspruch auf Versorgung mit vier postbariatrischen Wiederherstellungsoperationen, ohne dass es auf die medizinischen Voraussetzungen der §§ 2 Abs. 1 Satz 3, 12 Abs. 1, 27 ff., 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V ankäme. 43Der Bescheid vom 04.07.2016, mit dem die Genehmigungsfiktion aufgehoben wurde, ist rechtswidrig und war daher auch aufzuheben. Die Krankenkasse kann sich grundsätzlich von den Rechtsfolgen der fingierten Genehmigung über den Weg einer Rücknahme bzw. Aufhebung des Verwaltungsakts gemäß §§ 45, 48 SGB X lösen. Einschlägig ist hier § 45 Abs. 1 SGB V. Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist, vgl. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X. 44Das BSG (vgl. Urteil vom 08.03.2016, a.a.O.) stellt bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheides nach § 45 Abs. 1 SGB X zu Recht nicht auf die Voraussetzungen des geltend gemachten Naturalleistungsanspruchs ab, sondern auf die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3a SGB V. Gemessen daran ist eine Aufhebung auch mit Wirkung für die Zukunft durch die Beklagte nach § 45 SGB X gar nicht möglich, da die Genehmigungsfiktion keinen rechts-widrigen Verwaltungsakt im Sinne des § 45 Abs. 1 SGB X darstellt. Die Voraussetzungen der Fiktion liegen - wie bereits ausgeführt - vor. 45Folgt man vorliegend der Auffassung der Beklagten, wonach bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der fingierten Genehmigung auf den Inhalt des geltend gemachten Naturalleistungsanspruchs abzustellen ist, ist eine Aufhebung nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 SGB X ebenfalls nicht rechtmäßig, da gerade wegen der in § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V angeordneten Genehmigungsfiktion auch eines Naturalleistungsanspruchs die Vertrauensschutzabwägung im Rahmen des § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X zugunsten der Versicherten ausfallen muss (so auch SG München Urteil vom 16.06.2016 - S 7 KR 409/15 -, juris). Die Kammer konnte offen lassen, ob von einer Rechtswidrigkeit des fingierten Bewilligungsbescheides auszugehen war. Nach § 45 Abs. 2 SGB X darf aber jedenfalls ein rechtswidriger begüns-tigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Vorliegend liegt zwar kein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vor, wonach sich der Begünstigte unter den genannten Voraussetzungen nicht auf Vertrauen berufen kann. Auch hat die Klägerin noch keine Vermögensdisposition getroffen, da sie sich die Leistung noch nicht selbst beschafft hat und Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V geltend macht, so dass auch eine der Regelvoraussetzungen für schutzwürdiges Vertrauen nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X nicht erfüllt ist. Gleichwohl ist vorliegend das Vertrauen der Klägerin in Abwägung mit dem öffentlichen Interesse auch in der vorliegenden Fallgestaltung bei noch fehlender Selbstbeschaffung der Leistung schutzwürdig. Der Gesetzgeber hat vorliegend mit der Schaffung der Vorschrift des § 13 Abs. 3a SGB V den Naturalleistungsanspruch nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V und den Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V gleichwertig nebeneinander gestellt. Eben dieser Wille des Gesetzgebers, der der Versicherten bei Erfüllen der Voraussetzungen des § 13 Abs. 3a SGB V nicht nur einen Kostenerstattungsanspruch, sondern auch einen gleichberechtigt daneben stehenden Naturalleistungsanspruch zur Seite stellen wollte, muss aus Sicht des Gerichts im Rahmen der Vertrauensschutzabwägung des § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X, die weder Ermessen noch Beurteilungsermächtigung darstellt, sondern als gesetzlich vorgegebene Gewichtung gerichtlich voll überprüfbar ist, dazu führen, dem Interesse der Versicherten am Bestand der rechtmäßig zustande gekommenen Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V ein höheres Gewicht zukommen zu lassen als dem fiskalischen Interesse der Solidargemeinschaft (vgl. SG München, a.a.O.). Die Besonderheit gegenüber einer "regulären", von der Beklagten tatsächlich ausgesprochenen Bewilligung der entsprechenden Leistung liegt hier gerade darin, dass der Gesetzgeber nach Ablauf der Fristen des § 13 Abs. 3a SGB V Rechtsklarheit zugunsten der Versicherten schaffen wollte und zwar auch zugunsten derjenigen Versicherten, die sich die Leistung mangels finanzieller Mittel gerade nicht selbst beschaffen kann. Dieser gesetzgeberische Wille würde unterlaufen und ad absurdum geführt, wenn die Krankenkasse nach Fristablauf und trotz Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen des § 13 Abs. 3a SGB V die fingierte Genehmigung allein mit der Begründung, die genehmigten Leistungen seien nicht medizinisch erforderlich bzw. erfüllten nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V, in allen Fällen, in denen die Leistung noch nicht von der Versicherten selbst beschafft wurde, mit Wirkung für die Zukunft wieder aufheben könnte (SG München, a.a.O.). 46Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG. | die beklagte wird unter aufhebung des bescheides vom 28.07.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 21.12.2015 sowie des bescheides vom 04.07.2016 verurteilt, der klägerin vier postbariatrische wiederherstellungsoperationen (oberschenkelstraffung beidseits, oberarmstraffung beidseits, bruststraffung beidseits, gesäßstraffung) als sachleistung zu gewähren. die beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen kosten der klägerin. 1 | 2die beteiligten streiten über die kostenübernahme für postbariatrische wiederherstellungsoperationen. 3die am 00.00.1966 geborene klägerin ist bei der beklagten krankenversichert. 4unter vorlage eines befundberichts des facharztes für plastische chirurgie dr. e von der chirurgischen klinik des evangelischen krankenhauses m vom 10.06.2015, eines befundberichts des facharztes für allgemein- und viszeralchirurgie dr. e1 vom 08.04.2015 und einer fotodokumentation beantragte die klägerin am 17.06.2015 die kostenübernahme für ein körperlifting bestehend aus drei operationen: einer ober- und unterschenkelstraffung mit polift, einer abdominoplastik (ober- und unterbauch) und einer mammastraffung mit evtl. straffung der arme. 5in einem schreiben vom 13.07.2015 teilte die beklagte der klägerin mit, dass sie über den antrag noch nicht habe entscheiden können, weil ein vom medizinischen dienst der krankenversicherung (mdk) angefordertes gutachten noch nicht vorliege. sobald das ergebnis vorliege, werde man die klägerin umgehend informieren. 6in einem weiteren schreiben vom 20.07.2015 teilte die beklagte der klägerin mit, dass sie wegen verspätet eingegangener informationen bzw. unterlagen den mdk erst am 13.07.2015 habe beauftragen können. sobald das ergebnis vorliege, werde man die klägerin umgehend informieren. 7in einer stellungnahme vom 22.07.2015 teilte dr. m1 vom mdk mit, dass für die abdominoplastik eine medizinische indikation bestehe. 8mit einem bescheid vom 28.07.2015 teilte die beklagte der klägerin mit, dass sie die kosten für die abdominoplastik übernehmen werde. an den kosten der brust-, po-, bein- und armstraffung könne sie sich leider nicht beteiligen. 9dagegen legte die klägerin am 05.08.2015 widerspruch ein. sie berief sich auf eine genehmigungsfiktion gemäß § 13 abs. 3a fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v), weil die beklagte die entscheidungsfrist verpasst habe. 10am 01.10.2015 hat die klägerin klage erhoben und zuächst den antrag gestellt, dass festgestellt werden solle, dass der antrag der klägerin auf gewährung dreier postbariatrischer wiederherstellungsoperationen vom 10.06.2015 als genehmigt gelte. sie beruft sich insoweit auf die genehmigungsfiktion nach § 13 abs. 3a satz 6 sgb v. 11die beklagte meint dagegen, dass die genehmigungsfiktion nicht greife, weil nur medizinische erforderliche und wirtschaftliche leistungen davon umfasst würden. das treffe auf die beantragten leistungen nicht zu. 12mit einem widerspruchsbescheid vom 21.12.2015 hat die beklagte den widerspruch gegen den bescheid vom 28.07.2015 zurückgewiesen. 13mit einem weiteren bescheid vom 04.07.2016 hat die beklagte der klägerin mitgeteilt, dass sie die fingierte genehmigung gemäß § 45 zehntes buch sozialgesetzbuch (sgb x) zurücknehme. die fingierte genehmigung sei rechtswidrig, weil die voraussetzungen des sachleistungsanspruchs nicht vorlägen. das öffentliche interesse an der gesetzmäßigkeit der verwaltung überwöge das private interesse der klägerin an der kostenfreistellung. die genehmigungsfiktion gehe zum nachteil der solidargemeinschaft und verstoße gegen den gleichbehandlungsgrundsatz. 14die klägerin hat eingewendet, dass der rücknahmebescheid vom 04.07.2016 offensichtlich rechtswidrig sei. nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts (bsg) könne eine rücknahme nur erfolgen, wenn die voraussetzungen der fiktion nicht vorgelegen hätten. das sei hier nicht der fall. 15die klägerin beantragt nunmehr, 16die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 28.07.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 21.12.2015 sowie des bescheides vom 04.07.2016 zu verurteilen, der klägerin vier postbariatrische wiederherstel-lungsoperationen (oberschenkelstraffung beidseits, oberarmstraffung beid-seits, bruststraffung beidseits, gesäßstraffung) als sachleistung zu gewähren. die beklagte beantragt, 17die klage abzuweisen. 18sie meint, dass der angefochtene der sach- und rechtslage entspreche und daher nicht zu beanstanden sei. 19wegen der weiteren einzelheiten im sach- und streitstand nimmt das gericht bezug auf die gerichtsakten und den beigezogenen verwaltungsvorgang der beklagten. der inhalt dieser akten war gegenstand der mündlichen verhandlung und entscheidung. 20 | 21die klage ist zulässig. 22statthafte klageart hinsichtlich der genehmigungsfiktion nach § 13 abs. 3a satz 6 sgb v ist eine echte leistungsklage im sinne des § 54 abs. 5 sozialgerichtsgesetz (sgg). mit dieser klageart kann die verurteilung zu einer leistung begehrt werden, wenn ein verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. ein solcher fall ist bei eintritt der gesetzlichen genehmigungsfiktion des § 13 abs. 3a satz 6 sgb v gegeben. die prozessuale situation entspricht dem fall, dass ein erteilter bewilligungsbescheid von der verwaltungsbehörde nicht vollzogen wird. auch dann ist eine echte leistungsklage zulässig, da ein verwaltungsakt nicht mehr zu ergehen braucht (vgl. dazu sozialgericht [sg] augsburg urteil vom 03.06.2014 - s 6 kr 339/13 -; sg nürnberg urteil vom 27.03.2014 - s 7 kr 520/13 -; sg dessau-roßlau urteil vom 18.12.2013 - s 21 kr 282/13 -, jeweils juris) ... 23statthafte klageart hinsichtlich des ablehnungsbescheides vom 28.07.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 21.12.2015 ist die anfechtungsklage nach § 54 abs. 1 sgg, da diese bescheide einen der genehmigungsfiktion entgegenstehenden rechtsschein setzen, der mit der anfechtungsklage beseitigt werden kann. 24der bescheid vom 04.07.2016, mit dem die fingierte genehmigung zurückgenommen wurde, kann ebenfalls mit der anfechtungsklage gerichtlich überprüft werden. dieser bescheid ist analog § 96 abs. 1 sgg gegenstand des klageverfahrens geworden. gemäß dieser norm wird ein neuer verwaltungsakt gegenstand des klageverfahrens, wenn er nach erlass des widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen verwaltungsakt abändert oder ersetzt. der rücknahmebescheid vom 04.07.2016 ersetzt hier zwar nicht den mit der klage auch angefochtenen ablehnungsbescheid, sondern hebt die ge-nehmigungsfiktion mit wirkung für die zukunft auf, so dass eine unmittelbare anwendung von § 96 abs. 1 sgg nicht in betracht kommt. eine analoge anwendung ist jedoch ge-rechtfertigt. der sinn und zweck der vorschrift besteht darin, eine schnelle, erschöpfende entscheidung über das gesamte streitverhältnis in einem verfahren zu ermöglichen und zu verhindern, dass das gericht gezwungen wäre, über einen nicht mehr aktuellen zustand zu entscheiden. zudem soll durch die einbeziehung in das anhängige klageverfahren auch die gefahr divergierender entscheidungen vermieden werden. würde man den angefochtenen rücknahmebescheid vom 04.07.2016 bei der entscheidung in diesem klageverfahren unberücksichtigt lassen, könnte es zu einer fallkonstellation kommen, in der der hier er-hobenen klage stattgegeben wird und die beklagte zur leistungsgewährung verurteilt wird, während in einem weiteren prozess über die rechtmäßigkeit der aufhebung der genehmigungsfiktion der beklagten recht gegeben wird. in diesem fall stünden sich zwei sich widersprechende entscheidungen gegenüber. dies ist vom gesetzgeber nicht gewollt. zwar ist § 96 abs. 1 sgg bei der hier erhobenen echten leistungsklage grundsätzlich nicht anwendbar. denn voraussetzung für § 96 abs. 1 sgg ist, dass ein verwaltungsakt gegenstand des anhängigen gerichtlichen verfahrens ist. eine analoge anwendung des § 96 sgg ist in der vorliegenden fallgestaltung aber gerechtfertigt, da es beim klagegegenstand der hier erhobenen leistungsklage gerade um die herleitung eines anspruchs aus einer genehmigungsfiktion und damit aus einem fingierten verwaltungsakt geht. streitgegenstand ist damit ein recht aus einem fingierten verwaltungsakt, der nach klageerhebung durch die beklagte mit wirkung für die zukunft aufgehoben wurde. genau eine solche fallkonstellation will § 96 abs. 1 sgg aber seinem oben dargestellten sinn und zweck nach erfassen. 25die klage ist auch begründet. 26der angefochtene bescheid vom 28.07.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 21.12.2015 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten im sinne des § 54 abs. 2 satz 1 sgg. die klägerin hat einen anspruch auf versorgung mit vier postbariatrischen wiederherstellungsoperationen (oberschenkelstraffung beidseits, oberarmstraffung beidseits, bruststraffung beidseits und gesäßstraffung) aufgrund einer gemäß § 13 abs. 3a satz 6 sgb v eingetretenen genehmigungsfiktion. 27nach § 13 abs. 3a sgb v hat die krankenkasse über einen antrag auf leistungen zügig, spätestens bis zum ablauf von drei wochen nach antragseingang oder in fällen, in denen eine gutachtliche stellungnahme, insbesondere des mdk, eingeholt wird, innerhalb von fünf wochen nach antragseingang zu entscheiden (satz 1). wenn die krankenkasse eine gutachtliche stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (satz 2). der mdk nimmt innerhalb von drei wochen gutachtlich stellung (satz 3). kann die krankenkasse fristen nach satz 1 ( ...) nicht einhalten, teilt sie dies den leistungsberechtigten unter darlegung der gründe rechtzeitig schriftlich mit (satz 5). erfolgt keine mitteilung eines hinreichenden grundes, gilt die leistung nach ablauf der frist als genehmigt (satz 6). beschaffen sich leistungsbe-rechtigte nach ablauf der frist eine erforderliche leistung selbst, ist die krankenkasse zur erstattung der hierdurch entstandenen kosten verpflichtet (satz 7). für leistungen zur medizinischen rehabilitation gelten die §§ 14, 15 neuntes buch sozialgesetzbuch (sgb ix) zur zuständigkeitsklärung und erstattung selbst beschaffter leistungen (satz 9). 28die voraussetzungen der genehmigungsfiktion nach dieser vorschrift sind erfüllt. 29die klägerin ist leistungsberechtigte im sinne der regelung. sie hat auch einen inhaltlich bestimmten antrag gestellt (vgl. zu diesen anforderungen bsg urteil vom 08.03.2016 - b 1 kr 25/15 r -, juris). aus dem befundbericht des facharztes für plastische chirurgie dr. e von der chirurgischen klinik des evangelischen krankenhauses m vom 10.06.2015 konnte die beklagte das begehren der klägerin eindeutig ableiten. 30die versicherte muss nach der rechtsprechung des bsg (urteil vom 08.03.2016, a.a.o.) die leistung für erforderlich halten und die leistung darf nicht offensichtlich außerhalb des leistungskatalogs der gesetzlichen krankenversicherung liegen. das ist hier der fall. die beantragten wiederherstellungsoperationen unterfallen ihrer art nach dem leistungskatalog der gesetzlichen krankenversicherung. die klägerin kann auch aufgrund der fachlichen befürwortung ihres antrags durch dr. e und dr. e1 die behandlung für geeignet und erforderlich halten. der gedanke an einen rechtsmissbrauch liegt jedenfalls fern. 31die beklagte hat die hier einschlägige drei-wochen-frist nach § 13 abs. 3a satz 1 sgb v nicht eingehalten und der klägerin die gründe hierfür nicht vor ablauf der frist und damit rechtzeitig mitgeteilt. maßgeblich ist hier die drei- und nicht die fünf-wochen-frist des § 13 abs. 3a satz 1 sgb v, weil ein hinweis der beklagten an die klägerin, dass der mdk eingeschaltet wurde (§ 13 abs. 3a satz 2 sgb v) innerhalb der drei-wochen-frist nicht erfolgte. die schreiben vom 13.07.2015 und 20.07.2015 sind außerhalb dieser frist versandt worden. die drei-wochen-frist ist nach der rechtsprechung des bsg (vgl. urteil vom 08.03.2016, a.a.o.), der sich die kammer anschließt, immer dann maßgebend, wenn die krankenkasse den leistungsberechtigten nicht über die (tatsächlich erfolgte) einholung einer gutachterlichen stellungnahme unterrichtet. für dieses ergebnis sprechen die ge-setzgeberischen ziele der beschleunigung und der transparenz. die gesetzesmaterialien heben hervor, dass den leistungsberechtigten durch die unterrichtung klarheit darüber verschafft werden soll, ob die drei- oder die fünf-wochen-frist gilt (bt-drucks. 17/10488, s. 32). 32die frist des § 13 abs. 3a satz 1 sgb v beginnt nach § 26 abs. 1 und 3 satz 1 sgb x i.v.m. §§ 187 abs. 1, 188 abs. 2 bürgerliches gesetzbuch am auf den antragseingang folgenden tag - hier am 18.06.2015 - und endet mit dem ablauf des tages, der nach seiner benennung dem tag des antragseingangs entspricht, hier am 08.07.2015. die entscheidung der beklagten über den antrag der klägerin erfolgte dagegen erst am 28.07.2015 und damit außerhalb der frist. 33eine den eintritt der genehmigungsfiktion verhindernde schriftliche mitteilung nach § 13 abs. 3a satz 5 sgb v erfolgte nicht fristgerecht. die beiden schreiben vom 13.07.2015 und 20.07.2015 wurden außerhalb der drei-wochen-frist versendet. 34ein ausschluss der genehmigung nach § 13 abs. 3a satz 9 sgb v kommt auch nicht in betracht, weil hier keine leistung zur medizinischen rehabilitation im streit steht, sondern eine leistung zur krankenbehandlung. 35durch die genehmigungsfiktion gilt die genehmigung der beantragten leistung durch einen fingierten verwaltungsakt als erlassen. fingierte verwaltungsakte haben die gleichen rechtswirkungen wie tatsächlich erlassene verwaltungsakte (noftz, in: hauck/noftz, sgb v, stand: el i/2014, § 13 rn. 58l). durch die fiktion der genehmigung ist die leistungsberechtigung der klägerin wirksam verfügt und die beklagte mit allen einwendungen ausgeschlossen. 36die teilweise in der rechtsprechung vertretene ansicht, wonach die genehmigungsfiktion gemäß § 13 abs. 3a satz 6 sgb v nur bei einer leistung greifen kann, welche die krankenkassen allgemein in natur als sach- oder dienstleistung zu erbringen haben (vgl. landessozialgericht [lsg] nordrhein-westfalen beschluss vom 26.05.2014 - l 16 kr 154/14 b er, l 16 kr155/14 b -; sg dortmund beschlüsse vom 16.07.2014 - s 40 kr 742/14 er - und 31.01.2014 - s 28 kr 1/14 er -; sg würzburg urteil vom 15.01.2015 - s 11 kr 100/14 -, jeweils juris), wird von der kammer in anlehnung an die entscheidung des bsg vom 08.03.2016 (a.a.o.) und entscheidungen anderer gerichte (vgl. lsg nordrhein-westfalen vom 23.05.2014 - l 5 kr 222/14 b er -; lsg saarland urteil vom 17.06.2015 - l 2 kr 180/14 -; sg nürnberg urteil vom 30.04.2015 - s 7 kr 496/14 -; sg mannheim urteile vom 27.03.2015 - s 9 kr 3123/14 - und 03.06.2014 - s 9 kr 3174/13 -; sg koblenz urteil vom 23.03.2015 - s 13 kr 977/14 -; sg heilbronn urteil vom 10.03.2015 - s 11 kr 2425/14 -; sg düsseldorf urteil vom 02.03.2015 - s 9 kr 903/14 -; sg lüneburg urteil vom 17.02.2015 - s 16 kr 96/14 -; sg gelsenkirchen urteile vom 05.02.2015 - s 17 kr 524/14 -, 29.01.2015 - s 17 kr 479/14 - und 02.10.2014 - s 11 kr 180/14 -; sg marburg urteil vom 15.01.2015 - s 6 kr 160/13 -; sg karlsruhe urteil vom 15.12.2014 - s 5 kr 2284/14 -; sg augsburg urteile vom 27.11.2014 - s 12 kr 183/14 - und 12.11.2014 - s 12 kr 3/14 -; sg osnabrück urteile vom 06.11.2014 - s 13 kr 164/14 und s 13 kr 189/14 -; sg dessau-roßlau urteil vom 18.12.2013 - s 21 kr 282/13 -, jeweils juris) nicht geteilt. 37das bsg führt in dem o.g. urteil vom 08.03.2016 (a.a.o.) aus, dass die genehmigungsfiktion zugunsten des leistungsberechtigten einen naturalleistungsanspruch begründe, dem der im anschluss hieran geregelte, den eintritt der genehmigungsfiktion voraussetzende naturalleistungsersetzende kostenerstattungsanspruch im ansatz entspreche. der naturalleistungsanspruch kraft genehmigungsfiktion ermögliche auch mittellosen versicherten, die nicht in der lage seien, sich die begehrte leistung selbst zu beschaffen, ihren anspruch zu realisieren. für diese auslegung spreche schließlich der sanktionscharakter der norm. dieser überzeugenden auslegung schließt sich die kammer nach eigener prüfung an. 38für diese auslegung spricht bereits der klare wortlaut des § 13 abs. 3a satz 6 sgb v. der wortlaut der norm knüpft die genehmigungsfiktion ausschließlich daran, dass innerhalb der frist keine mitteilung eines hinreichenden grundes für die verzögerte bearbeitung erfolgt. eine einschränkung dahingehend, dass sich diese genehmigungsfiktion nur auf solche leistungen bezieht, die grundsätzlich zum leistungskatalog der gesetzlichen krankenversicherung gehören und die medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirt-schaftlich sind, enthält die vorschrift semantisch und grammatikalisch eindeutig nicht. dass dies kein "redaktionsversehen" des gesetzgebers gewesen sein kann, ergibt sich bereits daraus, dass dieser vielfach mit genehmigungsfiktionen arbeitet. diese sind weder dem sozialrecht im allgemeinen (vgl. § 88 abs. 5 satz 2 sgb ix, § 91 abs. 3 satz 2 sgb ix, § 6 abs. 3 satz 2 sechstes buch sozialgesetzbuch, § 17 abs. 2 satz 2 elftes buch sozialge-setzbuch [sgb xi], § 18b abs. 3 satz 2 sgb xi) noch dem recht der gesetzlichen krankenversicherung im speziellen (vgl. § 32 abs. 1a satz 3 halbsatz 2 sgb v, § 110 abs. 2 satz 5 sgb v, § 116b abs. 2 satz 4 sgb v) fremd. für diese auslegung spricht auch die legaldefinition, die der gesetzgeber in § 42a verwaltungsverfahrensgesetz getroffen hat. danach gilt eine beantragte genehmigung nach ablauf einer für die entscheidung festge-legten frist als erteilt (genehmigungsfiktion), wenn dies durch rechtsvorschrift angeordnet und der antrag hinreichend bestimmt ist. auch hier unterstellt das gesetz, dass von der behörde ein bestimmter verwaltungsakt erlassen worden wäre ("fiktiver verwaltungsakt"). die versicherte kann den eintritt der genehmigungsfiktion dann zum anlass nehmen, entweder von der krankenkasse die leistung zu verlangen oder sich gemäß § 13 abs. 3a satz 7 sgb v die leistung selbst zu beschaffen (vgl. sg nürnberg urteil vom 30.04.2015 - s 7 kr 496/14 -, juris rn. 33). 39diese grammatikalische auslegung wird durch eine systematische, historische und teleologische auslegung bestätigt: zwar hatte der gesetzgeber zunächst lediglich einen kostenerstattungsanspruch für erforderliche leistungen vorgesehen, wie es sich aus dem entwurf des patientenrechtegesetz ergibt (br-drucks. 312/12, s. 46, siehe auch bt-drucks. 17/10488, s. 32). nachdem durch den ausschuss für gesundheit des deutschen bundestags im november 2012 mit dem satz 6 eine genehmigungsfiktion der leistung bei nichteinhaltung der fristen neben der in satz 7 geregelten kostenerstattung aufgenommen worden war (bt-drucks. 17/11710, s. 30), um es der versicherten zu erleichtern, sich die ihr zustehende leistung zeitnah zu beschaffen, wurden satz 6 und satz 7 - ohne weitere den klaren wortlaut einschränkende erläuterungen - in der gesetzesänderung aufgenommen. beide sätze stehen ihrem wortlaut nach gleichberechtigt nebeneinander. wäre der geltungsbereich des § 13 abs. 3a satz 6 sgb v lediglich auf einen kostenerstattungsanspruch beschränkt, käme der norm kein eigener regelungsgehalt zu. zudem schlösse eine solche auslegung - wie das bsg zu recht ausführt - mittellose ver-sicherte, die nach ablauf der frist nicht in der lage sind, sich die begehrte leistung selbst zu beschaffen, entgegen des gleichbehandlungsgebots nach art. 3 abs. 1 grundgesetz praktisch aus dem schutzbereich des § 13 abs. 3a sgb v aus (lsg nordrhein-westfalen beschluss vom 23.05.2014 - l 5 kr 222/14 b er-; juris rn. 7 m.w.n.). 40nur auf diese weise kann der wunsch des gesetzgebers, generalpräventiv die zügigkeit des verwaltungsverfahrens zu verbessern, umgesetzt werden. dieses ziel würde ins leere laufen, könnte die genehmigungsfiktion durch eine (außerhalb der frist erfolgende) nachträgliche prüfung der einzelnen leistungsvoraussetzungen wieder erlöschen (vgl. lsg nordrhein-westfalen beschluss vom 23.05.2014 - l 5 kr 222/14 b er -; sg heilbronn urteil vom 10.03.2015 - s 11 kr 2425/14 -; sg gelsenkirchen urteil vom 29.01.2015 - s 17 kr 479/14 -; sg augsburg urteil vom 27.11.2014 - s 12 kr 183/14 -; a.a. lsg nordrhein-westfalen beschluss vom 26.05.2014 - l 16 kr 154/14 b er -, jeweils juris). zudem hätte bei einer solchen auslegung eine versicherte ungeachtet eines verstoßes der krankenkasse gegen die in § 13 abs. 3a satz 5 sgb v normierte hinweispflicht keine gewissheit, dass die beantragte leistung von der krankenkasse bezahlt oder zumindest die kosten hierfür erstattet werden. dies kann nicht sinn und zweck des patientenrechtegesetzes gewesen sein, welches gerade darauf abzielt, die rechte des patienten zu stärken. im übrigen hatte und hat es die beklagte selbst in der hand, die in § 13 abs. 3a sgb v festgelegten fristen einzuhalten, und, wenn sie dies nicht schafft, die versicherte unter darlegung der gründe rechtzeitig schriftlich hierüber zu informieren. 41die sprachliche gestaltung von § 13 abs. 3a satz 7 sgb v steht der oben dargestellten auslegung nicht entgegen. soweit das gesetz darin den begriff des "leistungsberechtigten" und der "erforderlichen" leistung verwendet, erlaubt es nach auffassung der kammer nicht, den kostenerstattungsanspruch (und die wirkungen der vorgeschalteten geneh-migungsfiktion) an die materielle leistungsberechtigung der klägerin zu knüpfen bzw. nur auf solche leistungen zu beschränken, die zum leistungskatalog der gesetzlichen kran-kenversicherung rechnen (lsg nordrhein-westfalen beschluss vom 23.05.2014 - l 5 kr 222/14 b er -, juris). denn ein solches vorgehen würde zwangsläufig dazu führen, dass § 13 abs. 3a sgb v entgegen der besonderen zielsetzung des patientenrechtegesetzes weitgehend "leerlaufen" würde. 42nach alledem hat die klägerin einen naturalleistungsanspruch auf versorgung mit vier postbariatrischen wiederherstellungsoperationen, ohne dass es auf die medizinischen voraussetzungen der §§ 2 abs. 1 satz 3, 12 abs. 1, 27 ff., 39 abs. 1 satz 2 sgb v ankäme. 43der bescheid vom 04.07.2016, mit dem die genehmigungsfiktion aufgehoben wurde, ist rechtswidrig und war daher auch aufzuheben. die krankenkasse kann sich grundsätzlich von den rechtsfolgen der fingierten genehmigung über den weg einer rücknahme bzw. aufhebung des verwaltungsakts gemäß §§ 45, 48 sgb x lösen. einschlägig ist hier § 45 abs. 1 sgb v. danach darf ein verwaltungsakt, der ein recht oder einen rechtlich erheblichen vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den einschränkungen der absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit wirkung für die zukunft oder für die vergangenheit zurückgenommen werden. ein rechtswidriger begünstigender verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der begünstigte auf den bestand des verwaltungsaktes vertraut hat und sein vertrauen unter abwägung mit dem öffentlichen interesse an einer rücknahme schutzwürdig ist, vgl. § 45 abs. 2 satz 1 sgb x. 44das bsg (vgl. urteil vom 08.03.2016, a.a.o.) stellt bei der prüfung der rechtmäßigkeit des bescheides nach § 45 abs. 1 sgb x zu recht nicht auf die voraussetzungen des geltend gemachten naturalleistungsanspruchs ab, sondern auf die voraussetzungen des § 13 abs. 3a sgb v. gemessen daran ist eine aufhebung auch mit wirkung für die zukunft durch die beklagte nach § 45 sgb x gar nicht möglich, da die genehmigungsfiktion keinen rechts-widrigen verwaltungsakt im sinne des § 45 abs. 1 sgb x darstellt. die voraussetzungen der fiktion liegen - wie bereits ausgeführt - vor. 45folgt man vorliegend der auffassung der beklagten, wonach bei der prüfung der rechtmäßigkeit der fingierten genehmigung auf den inhalt des geltend gemachten naturalleistungsanspruchs abzustellen ist, ist eine aufhebung nach § 45 abs. 1, abs. 2 sgb x ebenfalls nicht rechtmäßig, da gerade wegen der in § 13 abs. 3a satz 6 sgb v angeordneten genehmigungsfiktion auch eines naturalleistungsanspruchs die vertrauensschutzabwägung im rahmen des § 45 abs. 2 satz 1 sgb x zugunsten der versicherten ausfallen muss (so auch sg münchen urteil vom 16.06.2016 - s 7 kr 409/15 -, juris). die kammer konnte offen lassen, ob von einer rechtswidrigkeit des fingierten bewilligungsbescheides auszugehen war. nach § 45 abs. 2 sgb x darf aber jedenfalls ein rechtswidriger begüns-tigender verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der begünstigte auf den bestand des verwaltungsaktes vertraut hat und sein vertrauen unter abwägung mit dem öffentlichen interesse an einer rücknahme schutzwürdig ist. das vertrauen ist in der regel schutzwürdig, wenn der begünstigte erbrachte leistungen verbraucht oder eine vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren nachteilen rückgängig machen kann. auf vertrauen kann sich der begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den verwaltungsakt durch arglistige täuschung, drohung oder bestechung erwirkt hat, 2. der verwaltungsakt auf angaben beruht, die der begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die rechtswidrigkeit des verwaltungsaktes kannte oder infolge grober fahrlässigkeit nicht kannte; grobe fahrlässigkeit liegt vor, wenn der begünstigte die erforderliche sorgfalt in besonders schwerem maße verletzt hat. vorliegend liegt zwar kein fall des § 45 abs. 2 satz 3 sgb x vor, wonach sich der begünstigte unter den genannten voraussetzungen nicht auf vertrauen berufen kann. auch hat die klägerin noch keine vermögensdisposition getroffen, da sie sich die leistung noch nicht selbst beschafft hat und kostenerstattung nach § 13 abs. 3a satz 7 sgb v geltend macht, so dass auch eine der regelvoraussetzungen für schutzwürdiges vertrauen nach § 45 abs. 2 satz 2 sgb x nicht erfüllt ist. gleichwohl ist vorliegend das vertrauen der klägerin in abwägung mit dem öffentlichen interesse auch in der vorliegenden fallgestaltung bei noch fehlender selbstbeschaffung der leistung schutzwürdig. der gesetzgeber hat vorliegend mit der schaffung der vorschrift des § 13 abs. 3a sgb v den naturalleistungsanspruch nach § 13 abs. 3a satz 6 sgb v und den kostenerstattungsanspruch nach § 13 abs. 3a satz 7 sgb v gleichwertig nebeneinander gestellt. eben dieser wille des gesetzgebers, der der versicherten bei erfüllen der voraussetzungen des § 13 abs. 3a sgb v nicht nur einen kostenerstattungsanspruch, sondern auch einen gleichberechtigt daneben stehenden naturalleistungsanspruch zur seite stellen wollte, muss aus sicht des gerichts im rahmen der vertrauensschutzabwägung des § 45 abs. 2 satz 1 sgb x, die weder ermessen noch beurteilungsermächtigung darstellt, sondern als gesetzlich vorgegebene gewichtung gerichtlich voll überprüfbar ist, dazu führen, dem interesse der versicherten am bestand der rechtmäßig zustande gekommenen genehmigungsfiktion des § 13 abs. 3a satz 6 sgb v ein höheres gewicht zukommen zu lassen als dem fiskalischen interesse der solidargemeinschaft (vgl. sg münchen, a.a.o.). die besonderheit gegenüber einer "regulären", von der beklagten tatsächlich ausgesprochenen bewilligung der entsprechenden leistung liegt hier gerade darin, dass der gesetzgeber nach ablauf der fristen des § 13 abs. 3a sgb v rechtsklarheit zugunsten der versicherten schaffen wollte und zwar auch zugunsten derjenigen versicherten, die sich die leistung mangels finanzieller mittel gerade nicht selbst beschaffen kann. dieser gesetzgeberische wille würde unterlaufen und ad absurdum geführt, wenn die krankenkasse nach fristablauf und trotz erfüllung sämtlicher voraussetzungen des § 13 abs. 3a sgb v die fingierte genehmigung allein mit der begründung, die genehmigten leistungen seien nicht medizinisch erforderlich bzw. erfüllten nicht die voraussetzungen des § 2 abs. 1 satz 3 sgb v, in allen fällen, in denen die leistung noch nicht von der versicherten selbst beschafft wurde, mit wirkung für die zukunft wieder aufheben könnte (sg münchen, a.a.o.). 46die kostenentscheidung folgt aus § 193 abs. 1 sgg. | Klaeger*in | 1 |
188,784 | S 15 KN 562/12 P | 2013-10-22T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Streitig sind Leistungen nach der Pflegestufe I. 3Der am 07.11.19xx geborene Kläger ist bei der Beklagten gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert. Er leidet im Wesentlichen an degenerativen HWS- und LWS-Schäden, Schmerzsyndrom nach Oberschenkelhalsfraktur im Mai 2012, COPD und Polyneuropathie. 4Am 03.02.2012 beantragte er Leistungen aus der Pflegeversicherung. 5Die Beklagte liess ihn daraufhin durch den Sozialmedizinischen Dienst (SMD) untersuchen und begutachten. In seinem Gutachten vom 10.05.2012 stellte der SMD einen Hilfebedarf bei der Grundpflege von 39 Minuten täglich fest, so dass die Beklagte mit Bescheid vom 18.05.2012 den Antrag ablehnte. 6Hiergegen erhob der Kläger am 04.06.2012 Widerspruch, welchen er im wesentlichen damit begründete, dass der Hilfebedarf deutlich höher sei als vom SMD ermittelt. 7Die Beklagte veranlasste eine weitere SMD-Begutachtung. In seinem Gutachten vom 10.09.2012 stellte der SMD einen Hilfebedarf bei der Grundpflege von 32 Minuten täglich fest. 8Mit Widerspruchsbescheid vom 27.11.2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Ein Hilfebedarf von mindestens 46 Minuten täglich bei der Grundpflege bestehe nach den Feststellungen des SMD nicht, sodass die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht gegeben seien. 9Hiergegen hat der Kläger am 17.12.2012 Klage erhoben, die im wesentlichen damit begründet wird, dass der Hilfebedarf bei der Grundpflege deutlich höher sei und der Pflegestufe I entspreche. 10Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 11die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2012 zu verurteilen, ihm ab dem 03.02.2012 Leistungen nach der Pflegestufe I zu gewähren. 12Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 13die Klage abzuweisen. 14Sie hält den angefochtenen Bescheid im Hinblick auf das Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme weiterhin für rechtmäßig. 15Das Gericht hat zunächst einen Befundbericht des behandelnden Arztes des Klägers eingeholt. Sodann hat das Gericht zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dr. R. vom 17.05.2013. 16Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die von der Beklagten beigezogene Verwaltungsakten des Klägers Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Beratung gewesen. 17Entscheidungsgründe: 18Die zulässige Klage ist unbegründet. 19Das Gericht konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu schriftsätzlich ihr Einverständnis erklärt haben. 20Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). 21Die Beklagte hat zu recht die Bewilligung von Leistungen aus der Pflegeversicherung abgelehnt. 22Nach § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, 11. Buch (SGB XI) sind pflegebedürftig im Sinne des SGB XI solche Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, zumindest in erheblichem Maße der Hilfe bedürfen. Zu berücksichtigen ist hierbei ausschließlich der Umfang des Pflegebedarfs bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen, die Abs. 4 der Vorschrift in die Bereiche Körperpflege, Ernährung und Mobilität sowie in den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung aufteilt. 23Gemäß § 15 Abs. 1 Ziffer 1 SGB XI sind Pflegebedürftige der Pflegestufe I zuzuordnen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens 2 Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens 1 mal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Für Leistungen nach der Pflegestufe I ist es erforderlich, dass der wöchentliche Zeitaufwand, den eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für alle für die Versorgung des Pflegebedürftigen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit erforderlichen Leistungen in der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, im Tagesdurchschnitt mindestens 1 ½ Stunden beträgt, wobei der grundpflegerische Aufwand mit mindestens 46 Minuten gegenüber dem hauswirtschaftlichen Aufwand im Vordergrund stehen muss. 24Nach dem Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme besteht bei dem Kläger kein Hilfebedarf bei der Grundpflege von mindestens 46 Minuten täglich. 25Der gerichtliche Sachverständige Dr. R. hat in seinem Gutachten vom 17.05.2013 einen Hilfebedarf des Klägers bei den Verrichtungen der Grundpflege von insgesamt 28 Minuten täglich festgestellt. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Darstellung des Hilfebedarfs des Klägers bei den einzelnen Verrichtungen der Grundpflege durch Dr. R. in seinem Gutachten vom 17.05.2013 Bezug genommen. 26Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung besteht ein umfassender Hilfebedarf von mindestens 45 Minuten täglich in Form der Höchstpauschalzeit. 27Ein darüber hinausgehender Hilfebedarf konnte von dem gerichtlichen Sachverständigen nicht festgestellt werden. 28Das Gericht hat keinen Anlass, an den Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln und schließt sich dessen Einschätzung des Hilfebedarfs des Klägers an. Der Sachverständige hat den Kläger nach ausführlicher Anamnese gründlich untersucht sowie alle vorliegenden Befunde in die Bewertung des Hilfebedarfs mit einbezogen. Der Sachverständige verfügt insbesondere im Bereich der Pflegeversicherung über spezialisierte Kenntnisse, welche ihn im besonderen Maße befähigen, die entsprechenden Einstufungen unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben und der Begutachtungs-Richtlinien zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit sachgerecht vorzunehmen. 29Dies schließt nicht aus, dass sich der Hilfebedarf des Klägers unter häuslichen Bedingungen zuweilen höher darstellen mag, als in dem von Amts wegen eingeholten Gutachten zum Ausdruck kommt. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass dem Kläger in seinem häuslichen Umfeld aufgrund enger persönlicher Verbundenheit und Fürsorge sicherlich mehr an Hilfe und Betreuung zuteil wird, als nach den strengen Kriterien des Pflegeversicherungsgesetzes an Pflegezeit anrechenbar ist. Unter Berücksichtigung der Maßgaben des Pflegeversicherungsgesetzes hat es jedoch für die Entscheidung des Gerichts bei den von dem Sachverständigen getroffenen Feststellungen zur Pflegezeit zu verbleiben. 30Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. | die klage wird abgewiesen. kosten sind nicht zu erstatten. 1 | 2streitig sind leistungen nach der pflegestufe i. 3der am 07.11.19xx geborene kläger ist bei der beklagten gegen das risiko der pflegebedürftigkeit versichert. er leidet im wesentlichen an degenerativen hws- und lws-schäden, schmerzsyndrom nach oberschenkelhalsfraktur im mai 2012, copd und polyneuropathie. 4am 03.02.2012 beantragte er leistungen aus der pflegeversicherung. 5die beklagte liess ihn daraufhin durch den sozialmedizinischen dienst (smd) untersuchen und begutachten. in seinem gutachten vom 10.05.2012 stellte der smd einen hilfebedarf bei der grundpflege von 39 minuten täglich fest, so dass die beklagte mit bescheid vom 18.05.2012 den antrag ablehnte. 6hiergegen erhob der kläger am 04.06.2012 widerspruch, welchen er im wesentlichen damit begründete, dass der hilfebedarf deutlich höher sei als vom smd ermittelt. 7die beklagte veranlasste eine weitere smd-begutachtung. in seinem gutachten vom 10.09.2012 stellte der smd einen hilfebedarf bei der grundpflege von 32 minuten täglich fest. 8mit widerspruchsbescheid vom 27.11.2012 wies die beklagte den widerspruch als unbegründet zurück. ein hilfebedarf von mindestens 46 minuten täglich bei der grundpflege bestehe nach den feststellungen des smd nicht, sodass die voraussetzungen der pflegestufe i nicht gegeben seien. 9hiergegen hat der kläger am 17.12.2012 klage erhoben, die im wesentlichen damit begründet wird, dass der hilfebedarf bei der grundpflege deutlich höher sei und der pflegestufe i entspreche. 10der kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 11die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 18.05.2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 27.11.2012 zu verurteilen, ihm ab dem 03.02.2012 leistungen nach der pflegestufe i zu gewähren. 12die beklagte beantragt schriftsätzlich, 13die klage abzuweisen. 14sie hält den angefochtenen bescheid im hinblick auf das ergebnis der gerichtlichen beweisaufnahme weiterhin für rechtmäßig. 15das gericht hat zunächst einen befundbericht des behandelnden arztes des klägers eingeholt. sodann hat das gericht zur weiteren aufklärung des sachverhalts beweis erhoben durch einholung eines sachverständigengutachtens des dr. r. vom 17.05.2013. 16hinsichtlich des ergebnisses der beweisaufnahme sowie bezüglich des weiteren sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie auf die von der beklagten beigezogene verwaltungsakten des klägers bezug genommen. diese haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen inhalt nach gegenstand der beratung gewesen. 17 | 18die zulässige klage ist unbegründet. 19das gericht konnte nach § 124 abs. 2 sozialgerichtsgesetz (sgg) ohne mündliche verhandlung entscheiden, da die beteiligten hierzu schriftsätzlich ihr einverständnis erklärt haben. 20der kläger ist durch den angefochtenen bescheid nicht beschwert im sinne von § 54 abs. 2 satz 1 sozialgerichtsgesetz (sgg). 21die beklagte hat zu recht die bewilligung von leistungen aus der pflegeversicherung abgelehnt. 22nach § 14 abs. 1 sozialgesetzbuch, 11. buch (sgb xi) sind pflegebedürftig im sinne des sgb xi solche personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen krankheit oder behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden verrichtungen im ablauf des täglichen lebens auf dauer, voraussichtlich für mindestens 6 monate, zumindest in erheblichem maße der hilfe bedürfen. zu berücksichtigen ist hierbei ausschließlich der umfang des pflegebedarfs bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden verrichtungen, die abs. 4 der vorschrift in die bereiche körperpflege, ernährung und mobilität sowie in den bereich der hauswirtschaftlichen versorgung aufteilt. 23gemäß § 15 abs. 1 ziffer 1 sgb xi sind pflegebedürftige der pflegestufe i zuzuordnen, die bei der körperpflege, der ernährung oder der mobilität für wenigstens 2 verrichtungen aus einem oder mehreren bereichen mindestens 1 mal täglich der hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der woche hilfen bei der hauswirtschaftlichen versorgung benötigen. für leistungen nach der pflegestufe i ist es erforderlich, dass der wöchentliche zeitaufwand, den eine nicht als pflegekraft ausgebildete pflegeperson für alle für die versorgung des pflegebedürftigen nach art und schwere seiner pflegebedürftigkeit erforderlichen leistungen in der grundpflege und der hauswirtschaftlichen versorgung benötigt, im tagesdurchschnitt mindestens 1 ½ stunden beträgt, wobei der grundpflegerische aufwand mit mindestens 46 minuten gegenüber dem hauswirtschaftlichen aufwand im vordergrund stehen muss. 24nach dem ergebnis der gerichtlichen beweisaufnahme besteht bei dem kläger kein hilfebedarf bei der grundpflege von mindestens 46 minuten täglich. 25der gerichtliche sachverständige dr. r. hat in seinem gutachten vom 17.05.2013 einen hilfebedarf des klägers bei den verrichtungen der grundpflege von insgesamt 28 minuten täglich festgestellt. zwecks vermeidung von wiederholungen wird insoweit auf die darstellung des hilfebedarfs des klägers bei den einzelnen verrichtungen der grundpflege durch dr. r. in seinem gutachten vom 17.05.2013 bezug genommen. 26im bereich der hauswirtschaftlichen versorgung besteht ein umfassender hilfebedarf von mindestens 45 minuten täglich in form der höchstpauschalzeit. 27ein darüber hinausgehender hilfebedarf konnte von dem gerichtlichen sachverständigen nicht festgestellt werden. 28das gericht hat keinen anlass, an den ausführungen des sachverständigen zu zweifeln und schließt sich dessen einschätzung des hilfebedarfs des klägers an. der sachverständige hat den kläger nach ausführlicher anamnese gründlich untersucht sowie alle vorliegenden befunde in die bewertung des hilfebedarfs mit einbezogen. der sachverständige verfügt insbesondere im bereich der pflegeversicherung über spezialisierte kenntnisse, welche ihn im besonderen maße befähigen, die entsprechenden einstufungen unter beachtung der gesetzlichen vorgaben und der begutachtungs-richtlinien zur begutachtung von pflegebedürftigkeit sachgerecht vorzunehmen. 29dies schließt nicht aus, dass sich der hilfebedarf des klägers unter häuslichen bedingungen zuweilen höher darstellen mag, als in dem von amts wegen eingeholten gutachten zum ausdruck kommt. es ist durchaus nachvollziehbar, dass dem kläger in seinem häuslichen umfeld aufgrund enger persönlicher verbundenheit und fürsorge sicherlich mehr an hilfe und betreuung zuteil wird, als nach den strengen kriterien des pflegeversicherungsgesetzes an pflegezeit anrechenbar ist. unter berücksichtigung der maßgaben des pflegeversicherungsgesetzes hat es jedoch für die entscheidung des gerichts bei den von dem sachverständigen getroffenen feststellungen zur pflegezeit zu verbleiben. 30die kostenentscheidung folgt aus § 193 sgg. | Verklagte*r | 0 |
168,635 | S 44 R 599/12 | 2015-01-20T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 nicht der Rentenversicherungspflicht als Selbständiger unterlegen hat. 3Der im Jahre 1953 geborene Kläger ist seit dem 01.09.1986 als selbständiger Physiotherapeut in einer eigenen Praxis tätig. Da er regelmäßig einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt hatte, war er damals als versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung eingestuft worden. In der Zeit vom 01.01.1999 bis 31.03.2006 beschäftigte er Frau D S als Physiotherapeutin. Eine Meldung zur Sozialversicherung war erfolgt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer ordentlichen Kündigung durch den Kläger, nachdem sich Frau D S nach den Angaben des Klägers geschäftsschädigend und wettbewerbswidrig verhalten hatte. In der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.03.2006 wurde auch Frau T L-T1 als versicherungspflichtige Physiotherapeutin für den Kläger tätig. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer fristlosen Kündigung durch den Kläger, nachdem Frau L-T1 nach den Angaben des Klägers Patienten und Patientinnen abgeworben hatte. Darüber hinaus beschäftigte der Kläger Frau N T2, die Mutter von Frau D S, in der Zeit vom 01.04.2003 bis 31.03.2006 als geringfügig beschäftigte Bürohilfe. Das Beschäftigungsverhältnis endete auf Veranlassung von Frau N1 T2, nachdem der Kläger ihrer Tochter gekündigt hatte. In der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2008 arbeitete auch die Ehefrau des Klägers, Frau N2 O, auf geringfügiger Basis in der Praxis mit. Zum 01.09.2008 stellte der Kläger die Physiotherapeutin E N3 als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ein. 4Im Jahre 2011 nahm die Beklagte eine Überprüfung der Versicherungspflicht des Klägers vor. Mit Schreiben vom 13.04.2011 teilte sie dem Kläger – nach Auswertung der von ihm eingereichten Unterlagen – mit, dass festgestellt worden sei, dass er vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 der Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) – Gesetzliche Rentenversicherung – unterlegen habe. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger während dieser Zeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt habe. Der Kläger wandte hiergegen ein, dass er auch in dem vorgenannten Zeitraum Mitarbeiterinnen beschäftigt habe. Zum Nachweis lege er die entsprechenden Lohnunterlagen vor. 5Mit Bescheid vom 17.06.2011 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seit dem 01.01.2007 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sei und daher Pflichtbeiträge zu zahlen habe. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen des § 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI. Für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.03.2006 habe keine Versicherungspflicht bestanden, da während dieser Zeit ein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt worden sei. Auch in der Zeit vom 01.09.1986 bis 31.12.2005 habe eine Versicherungspflicht bestanden, da die Beiträge jedoch bereits verjährt seien, würden sie nicht mehr nachgefordert. Die Beiträge ab dem 01.01.2007 seien jedoch nicht verjährt. Für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.08.2008 seien noch Pflichtbeiträge in Höhe von insgesamt 9.806,76 EUR zu zahlen. 6Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Er teilte mit, dass er zu keinem Zeitpunkt rentenversicherungspflichtig gewesen sei. Seine Altersvorsorge habe er daher auf anderem Wege gesichert. In dem streitgegenständlichen Zeitraum habe er lediglich vorübergehend und zufällig keine Mitarbeiter beschäftigt. Nach den Kündigungen habe er zunächst keinen neuen Mitarbeiter gefunden. 7Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 23.11.2011 mit, dass mit dem Bescheid vom 17.06.2011 festgestellt worden sei, dass der Kläger in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 der Rentenversicherungspflicht unterlegen habe und daher die für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.08.2008 nicht verjährten Beitragsansprüche zu zahlen seien. Es werde klargestellt, dass die Rentenversicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI bestanden habe. 8Mit Schreiben vom 22.12.2011 teilte der Kläger mit, dass seine Praxis darauf ausgerichtet sei, mit angestellten Mitarbeitern tätig zu werden. Dass vorübergehend infolge Personalmangels keine geeigneten Mitarbeiter hätten beschäftigt werden können, könne an dem Charakter seiner Praxis nichts ändern und auch keine Beitragspflicht zur Rentenversicherung begründen. 9Mit Widerspruchsbescheid vom 14.02.2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger als selbständig tätiger Physiotherapeut ohne eigene Mitarbeiter in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 die Voraussetzungen für das Vorliegen der Rentenversicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI erfülle. 10Der Kläger hat am 14.03.2012 Klage erhoben. 11Er trägt vor, dass er mit Ausnahme des streitigen Zeitraumes immer und damit regelmäßig Arbeitnehmer beschäftigt habe. Nach den Kündigungen sei es ihm nur nicht möglich gewesen, nahtlos eine Ersatzkraft zu finden. Dabei habe er dem Verband für Physikalische Therapie und dem Arbeitsamt gemeldet gehabt, dass er jemanden suche. Auch habe er in der Interessengemeinschaft der Düsseldorfer Massagepraxen (Idüma) nachgefragt. Die sieben oder acht Personen, die sich dann bei ihm vorgestellt hätten, habe er aber nicht eingestellt. Bis zur Einstellung von Frau E N3 habe er die Versorgung der Patienten durch Mehrarbeit und den vermehrten Einsatz eines freien Mitarbeiters sichergestellt. Diese relativ kurze Unterbrechung der Beschäftigung von Mitarbeitern ändere nichts an der Einschätzung, dass er regelmäßig Arbeitnehmer beschäftigt habe. Die Unterbrechung habe sich durch besonders unglückliche Umstände vorübergehend ergeben. 12Der Kläger beantragt, 13den Bescheid vom 17.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2012 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 nicht der Rentenversicherungspflicht als Selbständiger unterlag. 14Die Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und verweist zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 14.02.2012. Ergänzend führt sie aus, dass eine Regelmäßigkeit i.S.d. § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI zu verneinen sei. Auch wenn kurzfristig kein Beschäftigungsverhältnis bestanden habe, sei zwar von einer Regelmäßigkeit auszugehen, doch sei als kurzfristig grundsätzlich ein Zeitraum von lediglich bis zu zwei Monaten innerhalb eines Jahres anzusehen. Ein beschäftigungsloser Zeitraum von 29 Monaten sei aber nicht mehr kurzfristig. 17Zur weiteren Sachverhaltsdarstellung wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die dem Gericht vorgelegen haben und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. 18Entscheidungsgründe: 19Die zulässige Klage ist unbegründet. 20Der Bescheid vom 17.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten nach § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beklagte hat zutreffend festgestellte, dass der Kläger in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 als Selbständiger der Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag. Gegen die Höhe der Beitragsforderung hat der Kläger keine Einwendungen erhoben. 21Der Kreis der Rentenversicherungspflichtigen wird grundsätzlich und in aller Regel dadurch bestimmt, dass diejenigen kraft Gesetzes in das System einbezogen werden, die ihrer Erwerbstätigkeit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung nachgehen (§ 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI). Soweit über eine derartige Anknüpfung an Modalitäten der Ausübung hinaus Personen aufgrund der selbstständigen Ausübung bestimmter Berufe in die Versicherung einbezogen werden, findet dies seine Rechtfertigung grundsätzlich darin, dass bei typisierender Betrachtung gerade bei ihnen eine dem Kreis der versicherungspflichtigen Arbeitnehmer vergleichbare Schutzbedürftigkeit besteht (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22.06.2005, Az.: B 12 RA 6/04 R). 22Rechtsgrundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI. Danach sind selbständig tätige Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, versicherungspflichtig. 23Der Kläger gehört diesem Personenkreis an, da er als selbständiger Physiotherapeut seine Patienten überwiegend auf ärztliche Verordnung behandelt und in diesem Zusammenhang im streitigen Zeitraum keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt hat. Die Versicherungspflicht für selbständige Physiotherapeuten begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Bundessozialgericht hat diesbezüglich mit Urteil vom 11.11.2003 (Az.: B 12 RA 2/03 R) festgestellt, dass die gesetzlichen Neuregelungen des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes nichts an dem Umstand geändert haben, dass Krankengymnasten bzw. Physiotherapeuten die Patienten aufgrund ärztlicher Verordnung behandeln und damit als Pflegepersonen im Sinne des § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI anzusehen sind. Es entspricht nach der Überzeugung der Kammer dem Willen des Gesetzgebers, auch die Gruppe der Krankengymnasten und Physiotherapeuten in die Pflichtversicherung einzubeziehen (siehe hierzu auch Pietrek in jurisPK-SGB VI, 2. Auflage 2013, § 2 Rn. 122; Gürtner in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 83. EL 2014, § 2 SGB VI Rn. 13; von Koch in BeckOK SGB VI, Stand 01.12.2014, § 2 Rn. 9). Auch das Fehlen einer Befreiungsmöglichkeit, wie sie etwa in § 6 Abs. 1a SGB VI für Versicherungspflichtige nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI vorgesehen ist, ändert hieran nichts. Denn die Versicherungspflicht für in der Krankenpflege tätige Pflegepersonen galt bereits nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung (Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.09.2005, Az.: L 16 RA 161/04). 24Darüber hinaus ist auch die vom Gesetz geforderte Voraussetzung für den Eintritt der Versicherungspflicht, dass der Selbständige "regelmäßig" keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer bei sich beschäftigt, erfüllt. Der Kläger hat in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 (unstreitig) keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt. Zwar erfolgte sowohl vor dem 01.04.2006 als auch nach dem 31.08.2008 eine Beschäftigung versicherungspflichtiger Arbeitnehmer, doch kann von einer Regelmäßigkeit der Beschäftigung nicht mehr bei einem Unterbrechen von 29 Monaten ausgegangen werden. 25Das Tatbestandsmerkmal der Regelmäßigkeit stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar. Dieser unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung, ohne dass der Beklagten hierbei ein Beurteilungsspielraum zustünde (Sozialgericht (SG) Lübeck, Urteil vom 20.03.2009, Az.: S 15 R 551/07). Zur Beurteilung, ob dieses Merkmal erfüllt ist, sind neben der Auslegung des Gesetzes auch alle Umstände des Einzelfalles in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dazu gehört nicht nur die objektive Dauer der Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers bezogen auf den Zeitraum, für welchen Versicherungspflicht in Betracht kommt. Zu berücksichtigen sind ebenso subjektive Anhaltspunkte, wie zum Beispiel, ob der selbständig Tätige sich im Zeitraum, in welchem er keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt hat, um eine Nachfolge bemüht hat. Auch zu berücksichtigen ist, aus welchen Gründen die Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers geendet hat und wie schnell es der selbständig tätigen Person möglich war, einen qualifizierten Arbeitnehmer zu finden, der die Stelle des ausgeschiedenen Arbeitnehmers fortführen kann (SG Lübeck a.a.O.). Seinem Wortsinn nach bedeutet "regelmäßig" so viel wie "nach einem bestimmten Muster gebildet", "nicht nur gelegentlich" oder "immer wiederkehrend"(Sächsisches LSG, Urteil vom 21.01.2014, Az.: L 5 R 712/11; SG Lübeck a.a.O.). Bezogen auf das in § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI enthaltene Tatbestandsmerkmal ist unter einer Regelmäßigkeit zu verstehen, dass unbefristete Beschäftigungsverhältnisse oder befristete Beschäftigungen mit kontinuierlicher Abfolge für den Selbständigen ausgeübt werden bzw. mehrere Beschäftigungen nacheinander ausgeübt werden (jeweils zu § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI: Sächsisches LSG a.a.O. sowie SG Lübeck a.a.O. und m.w.N.). Eine derart ausgestaltete Beschäftigung von versicherungspflichtigen Arbeitnehmern steht einer Versicherungspflicht des Selbständigen entgegen. 26Der Sinn und Zweck des § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI besteht darin, der zunehmenden Erosion des versicherten Personenkreises durch die wachsende Überführung von Beschäftigten in arbeitnehmerähnliche selbständige Tätigkeiten entgegen zu wirken. Die Vorschrift setzt jedoch nicht voraus, dass im konkreten Fall eine solche Überführung tatsächlich stattgefunden hat (Gürtner a.a.O. Rn. 34; Sächsisches LSG a.a.O.; SG Lübeck a.a.O.). Charakteristisch für abhängige Beschäftigte ist, dass sie grundsätzlich zur persönlichen Leistung der geschuldeten Arbeit verpflichtet sind. Selbständig Erwerbstätige sollen der Rentenversicherungspflicht nur dann unterliegen, wenn sie in vergleichbarer Weise wie ein Arbeitnehmer auf die Verwertung ihrer Arbeitskraft angewiesen sind. Anderenfalls besteht kein Schutzbedürfnis, aufgrund dessen die Versicherungspflicht eintreten soll. Deshalb fordert § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI, dass der Selbständige im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit "regelmäßig" keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt. Mit dem Erfordernis der Regelmäßigkeit der Beschäftigung mindestens eines Arbeitnehmers stellt das Gesetz sicher, dass der versicherungsrechtliche Status des selbständig Erwerbstätigen nicht durch untypische Abweichungen vom Regelzustand beeinflusst wird. Abgestellt wird damit auf die Kontinuität des versicherungsrechtlichen Status einer Person. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, den grundsätzlich bestehenden Status nicht durch kurzfristige Änderungen hinsichtlich der Beschäftigung von Arbeitnehmern zu ändern. Einer grundsätzlich versicherungspflichtigen Person soll es nicht möglich sein, durch kurzfristige Beschäftigungen der Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI zu entgehen. Umgekehrt bedeutet dies, dass derjenige, der grundsätzlich und fortgesetzt versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigt, nicht der Versicherungspflicht unterfallen soll (Sächsisches LSG a.a.O. und SG Lübeck a.a.O.). Dies wird erhärtet durch die Ausführungen in der Begründung zum Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit (BT-Drs. 14/1855, S. 6 und 8). Hinsichtlich der Änderung des § 7 Abs. 4 SGB IV, in dessen Folge auch § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI eingeführt wurde, der ebenfalls die Voraussetzung "regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt" enthält, wird ausgeführt, dass das Merkmal der Regelmäßigkeit Manipulationen durch eine kurzfristige Beschäftigung von Arbeitnehmern zu verhindern suche. Auf der anderen Seite sei es unschädlich, wenn die Erwerbsperson kurzfristig, zum Beispiel nach Kündigung eines Arbeitnehmers, keinen Arbeitnehmer beschäftige (BT-Drs. 14/1855, S. 6). 27In der Kommentarliteratur wird das im Tatbestandsmerkmal der Regelmäßigkeit vereinzelt (Pietrek in jurisPK-SGB VI, 2. Auflage 2013, § 2 Rn. 186; Dr. Peter Lange in Deutsches Anwaltsinstitut e.V. Fachinstitut für Sozialrecht, Arbeitsunterlage Wiederholungs- und Vertiefungskurs Sozialrecht – Rentenversicherung, 2012, S. 80) – ebenso wie von der Beklagten – dahingehend ausgelegt, dass nicht mehr von einer Regelmäßigkeit auszugehen sei, wenn für einen Zeitraum von länger als zwei Monaten kein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt werde. Eine Unterbrechung von bis zu zwei Monaten im Jahr sei in Anlehnung an den Gedanken des § 8 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (SGB IV) – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – als unerheblich anzusehen (Lange a.a.O.). Zur Überzeugung der Kammer folgt aus § 8 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 S. 1 SGB IV jedoch nicht, dass lediglich ein Zeitraum einer zweimonatigen Unterbrechung der Beschäftigung versicherungspflichtiger Arbeitnehmer unschädlich für die Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI ist. Denn der Begriff der Regelmäßigkeit bezieht sich in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV auf die Höhe des erzielten Einkommens. Auch ist im Rahmen dieser Norm keine bestimmte Zeitspanne ersichtlich, innerhalb derer von einer Versicherungspflicht auszugehen ist. Ebenso kann § 8 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 S. 1 SGB IV nicht entnommen werden, dass eine längere Zeitspanne als zwei Monate ohne Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers zu einer Versicherungspflicht führt. Denn in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV findet sich der Begriff der Regelmäßigkeit nicht. Der dort benutzte Begriff der "Berufsmäßigkeit" ist nicht gleichbedeutend mit dem Begriff der "Regelmäßigkeit" in § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI. Wenn das Gesetz eine Bezugnahme auf den Begriff der "Regelmäßigkeit" oder deren Nichtvorliegen gewollt hätte, dann hätte es nahegelegen, diese Terminologie angesichts ihrer Verwendung in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV auch in Abs. 1 Nr. 2 zu verwenden. Daran fehlt es jedoch ebenso wie eine Bezugnahme auf die Situation eines selbständig tätigen Physiotherapeuten hinsichtlich der Dauer der Beschäftigung von Arbeitnehmern. Der Begriff der "Regelmäßigkeit" in § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI ist somit zur Überzeugung der Kammer eigenständig und unabhängig von den in § 8 SGB IV genannten Geringfügigkeitsgrenzen auszulegen. Allein dies trägt dem Sinn und Zweck des § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI hinreichend Rechnung (ebenso SG Lübeck a.a.O.). Die Ansicht, dass nur eine Unterbrechung der Beschäftigung von bis zu zwei Monaten innerhalb eines Jahres unschädlich ist, findet somit keine Stütze im Wortlaut des Gesetzes. 28Dies zu Grunde gelegt stellt sich die versicherungspflichtige Beschäftigung von Arbeitnehmern durch den Kläger im Zeitraum vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 jedoch nicht als regelmäßig dar. Der Kläger hat zwar fortlaufend seit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit im September 1986 bis zum 31.03.2006 versicherungspflichtige Personen in seiner Praxis beschäftigt und auch für die Zeit ab dem 01.09.2008 wieder eine versicherungspflichtige Arbeitnehmerin eingestellt, doch ist bei einer Unterbrechung der Beschäftigung versicherungspflichtiger Arbeitnehmer von 29 Monaten keine kontinuierliche, auf Dauer angelegte Beschäftigung mehr gegeben. Ein Konzept der Regelhaftigkeit und immer wiederkehrender sozialversicherungspflichtiger Anstellungen ist bei einer Unterbrechung von solcher Dauer für die Kammer nicht mehr erkennbar. Zwar geht die Kammer davon aus, dass nach der kurzfristigen Kündigung von Mitarbeiterinnen kein unmittelbarer Ersatz gefunden werden kann, so dass dem Kläger eine gewisse Zeit der Suche neuen Personals zuzubilligen ist, doch ist für die Kammer nicht erkennbar, dass der Kläger sich in den 29 Monaten fortlaufend und intensiv um eine Nachfolge bemüht hat. Die diesbezüglich an den Tag zu legenden Bemühungen haben fortlaufend auf einem intensiven Niveau zu bleiben bzw. sind sofern sich die bisherigen Bemühungen als ergebnislos erweisen zu intensivieren. Der Kläger hat zwar vorgetragen, die freie(n) Stelle(n) beim Verband für Physikalische Therapie und dem Arbeitsamt gemeldet und bei der Interessengemeinschaft der Düsseldorfer Massagepraxen (Idüma) nachgefragt zu haben, doch genügen diese Bemühungen nicht, um auch über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren die Voraussetzung der Regelmäßigkeit erfüllen zu können. Hierfür hätte der Kläger es nicht bei einer bloßen Meldung beim Verband für Physikalische Therapie und dem Arbeitsamt sowie der Nachfrage bei der Interessengemeinschaft der Düsseldorfer Massagepraxen belassen dürfen. Vielmehr hätte er, damit von einem fortlaufenden Willen, Arbeitnehmer zu beschäftigen, ausgegangen werden könnte, diese Meldungen regelmäßig erneuern müssen. Der Kläger hat hierzu lediglich ausgeführt, es habe sich auf die Meldungen beim Arbeitsamt nie jemand gemeldet. Wenn der Kläger jedoch tatsächlich eine rasche Neueinstellung – auch im Hinblick auf die von ihm angegebene Problematik der Versorgung seiner Patienten – gewollt hätte, hätte er es nicht bei der bloßen einmaligen Meldung belassen dürfen. Darüber hinaus hat er zwar bei der Interessengemeinschaft der Düsseldorfer Massagepraxen nach Mitarbeitern gefragt, doch hat er weder in regionalen, überregionalen oder fachspezifischen Zeitungen bzw. im Internet eine Anzeige geschaltet. Bei einem – wie von dem Kläger behaupteten – dringenden Erfordernis und subjektiven Willen zur Neuvergabe von Stellen hält die Kammer jedoch ein solches Vorgehen insbesondere bei einer Dauer von über zwei Jahren, in denen kein Ersatz gefunden werden kann, für unabdingbar, um den Willen, regelmäßig versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen zu wollen, nach außen hin zu dokumentieren. Der Kläger hat vielmehr zum Ausdruck gebracht, in den 29 Monaten die Praxis unter dem Einsatz eines freien Mitarbeiters betrieben zu haben. Für die Kammer ist daher nicht erkennbar, dass der Kläger sich intensiv um eine Nachfolge bemüht hat. 29Die Klage war daher abzuweisen. 30Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG. | die klage wird abgewiesen. außergerichtliche kosten sind nicht zu erstatten. 1 | 2der kläger begehrt die feststellung, dass er in der zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 nicht der rentenversicherungspflicht als selbständiger unterlegen hat. 3der im jahre 1953 geborene kläger ist seit dem 01.09.1986 als selbständiger physiotherapeut in einer eigenen praxis tätig. da er regelmäßig einen versicherungspflichtigen arbeitnehmer beschäftigt hatte, war er damals als versicherungsfrei in der gesetzlichen rentenversicherung eingestuft worden. in der zeit vom 01.01.1999 bis 31.03.2006 beschäftigte er frau d s als physiotherapeutin. eine meldung zur sozialversicherung war erfolgt. das arbeitsverhältnis endete aufgrund einer ordentlichen kündigung durch den kläger, nachdem sich frau d s nach den angaben des klägers geschäftsschädigend und wettbewerbswidrig verhalten hatte. in der zeit vom 01.01.2006 bis 31.03.2006 wurde auch frau t l-t1 als versicherungspflichtige physiotherapeutin für den kläger tätig. das arbeitsverhältnis endete aufgrund einer fristlosen kündigung durch den kläger, nachdem frau l-t1 nach den angaben des klägers patienten und patientinnen abgeworben hatte. darüber hinaus beschäftigte der kläger frau n t2, die mutter von frau d s, in der zeit vom 01.04.2003 bis 31.03.2006 als geringfügig beschäftigte bürohilfe. das beschäftigungsverhältnis endete auf veranlassung von frau n1 t2, nachdem der kläger ihrer tochter gekündigt hatte. in der zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2008 arbeitete auch die ehefrau des klägers, frau n2 o, auf geringfügiger basis in der praxis mit. zum 01.09.2008 stellte der kläger die physiotherapeutin e n3 als sozialversicherungspflichtig beschäftigte ein. 4im jahre 2011 nahm die beklagte eine überprüfung der versicherungspflicht des klägers vor. mit schreiben vom 13.04.2011 teilte sie dem kläger – nach auswertung der von ihm eingereichten unterlagen – mit, dass festgestellt worden sei, dass er vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 der versicherungspflicht nach § 2 s. 1 nr. 2 sozialgesetzbuch, sechstes buch (sgb vi) – gesetzliche rentenversicherung – unterlegen habe. zur begründung führte sie aus, dass der kläger während dieser zeit keinen versicherungspflichtigen arbeitnehmer beschäftigt habe. der kläger wandte hiergegen ein, dass er auch in dem vorgenannten zeitraum mitarbeiterinnen beschäftigt habe. zum nachweis lege er die entsprechenden lohnunterlagen vor. 5mit bescheid vom 17.06.2011 stellte die beklagte fest, dass der kläger seit dem 01.01.2007 versicherungspflichtig in der gesetzlichen rentenversicherung sei und daher pflichtbeiträge zu zahlen habe. der kläger erfülle die voraussetzungen des § 2 s. 1 nr. 1 sgb vi. für die zeit vom 01.01.2006 bis 31.03.2006 habe keine versicherungspflicht bestanden, da während dieser zeit ein versicherungspflichtiger arbeitnehmer beschäftigt worden sei. auch in der zeit vom 01.09.1986 bis 31.12.2005 habe eine versicherungspflicht bestanden, da die beiträge jedoch bereits verjährt seien, würden sie nicht mehr nachgefordert. die beiträge ab dem 01.01.2007 seien jedoch nicht verjährt. für die zeit vom 01.01.2007 bis 31.08.2008 seien noch pflichtbeiträge in höhe von insgesamt 9.806,76 eur zu zahlen. 6hiergegen erhob der kläger widerspruch. er teilte mit, dass er zu keinem zeitpunkt rentenversicherungspflichtig gewesen sei. seine altersvorsorge habe er daher auf anderem wege gesichert. in dem streitgegenständlichen zeitraum habe er lediglich vorübergehend und zufällig keine mitarbeiter beschäftigt. nach den kündigungen habe er zunächst keinen neuen mitarbeiter gefunden. 7die beklagte teilte dem kläger mit schreiben vom 23.11.2011 mit, dass mit dem bescheid vom 17.06.2011 festgestellt worden sei, dass der kläger in der zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 der rentenversicherungspflicht unterlegen habe und daher die für die zeit vom 01.01.2007 bis 31.08.2008 nicht verjährten beitragsansprüche zu zahlen seien. es werde klargestellt, dass die rentenversicherungspflicht nach § 2 s. 1 nr. 2 sgb vi bestanden habe. 8mit schreiben vom 22.12.2011 teilte der kläger mit, dass seine praxis darauf ausgerichtet sei, mit angestellten mitarbeitern tätig zu werden. dass vorübergehend infolge personalmangels keine geeigneten mitarbeiter hätten beschäftigt werden können, könne an dem charakter seiner praxis nichts ändern und auch keine beitragspflicht zur rentenversicherung begründen. 9mit widerspruchsbescheid vom 14.02.2012 wies die beklagte den widerspruch als unbegründet zurück. zur begründung führte sie aus, dass der kläger als selbständig tätiger physiotherapeut ohne eigene mitarbeiter in der zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 die voraussetzungen für das vorliegen der rentenversicherungspflicht nach § 2 s. 1 nr. 2 sgb vi erfülle. 10der kläger hat am 14.03.2012 klage erhoben. 11er trägt vor, dass er mit ausnahme des streitigen zeitraumes immer und damit regelmäßig arbeitnehmer beschäftigt habe. nach den kündigungen sei es ihm nur nicht möglich gewesen, nahtlos eine ersatzkraft zu finden. dabei habe er dem verband für physikalische therapie und dem arbeitsamt gemeldet gehabt, dass er jemanden suche. auch habe er in der interessengemeinschaft der düsseldorfer massagepraxen (idüma) nachgefragt. die sieben oder acht personen, die sich dann bei ihm vorgestellt hätten, habe er aber nicht eingestellt. bis zur einstellung von frau e n3 habe er die versorgung der patienten durch mehrarbeit und den vermehrten einsatz eines freien mitarbeiters sichergestellt. diese relativ kurze unterbrechung der beschäftigung von mitarbeitern ändere nichts an der einschätzung, dass er regelmäßig arbeitnehmer beschäftigt habe. die unterbrechung habe sich durch besonders unglückliche umstände vorübergehend ergeben. 12der kläger beantragt, 13den bescheid vom 17.11.2011 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 14.02.2012 aufzuheben und festzustellen, dass der kläger in der zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 nicht der rentenversicherungspflicht als selbständiger unterlag. 14die beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16sie hält die angefochtenen bescheide für rechtmäßig und verweist zur begründung auf die ausführungen im widerspruchsbescheid vom 14.02.2012. ergänzend führt sie aus, dass eine regelmäßigkeit i.s.d. § 2 s. 1 nr. 2 sgb vi zu verneinen sei. auch wenn kurzfristig kein beschäftigungsverhältnis bestanden habe, sei zwar von einer regelmäßigkeit auszugehen, doch sei als kurzfristig grundsätzlich ein zeitraum von lediglich bis zu zwei monaten innerhalb eines jahres anzusehen. ein beschäftigungsloser zeitraum von 29 monaten sei aber nicht mehr kurzfristig. 17zur weiteren sachverhaltsdarstellung wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der verwaltungsakte der beklagten bezug genommen, die dem gericht vorgelegen haben und die gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind. 18 | 19die zulässige klage ist unbegründet. 20der bescheid vom 17.06.2011 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 14.02.2012 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten nach § 54 abs. 2 s. 1 sozialgerichtsgesetz (sgg). die beklagte hat zutreffend festgestellte, dass der kläger in der zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 als selbständiger der versicherungs- und beitragspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung unterlag. gegen die höhe der beitragsforderung hat der kläger keine einwendungen erhoben. 21der kreis der rentenversicherungspflichtigen wird grundsätzlich und in aller regel dadurch bestimmt, dass diejenigen kraft gesetzes in das system einbezogen werden, die ihrer erwerbstätigkeit im rahmen einer abhängigen beschäftigung nachgehen (§ 1 s. 1 nr. 1 sgb vi). soweit über eine derartige anknüpfung an modalitäten der ausübung hinaus personen aufgrund der selbstständigen ausübung bestimmter berufe in die versicherung einbezogen werden, findet dies seine rechtfertigung grundsätzlich darin, dass bei typisierender betrachtung gerade bei ihnen eine dem kreis der versicherungspflichtigen arbeitnehmer vergleichbare schutzbedürftigkeit besteht (bundessozialgericht (bsg), urteil vom 22.06.2005, az.: b 12 ra 6/04 r). 22rechtsgrundlage für die feststellung der versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung ist § 2 s. 1 nr. 2 sgb vi. danach sind selbständig tätige pflegepersonen, die in der kranken-, wochen-, säuglings- oder kinderpflege tätig sind und im zusammenhang mit ihrer selbständigen tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen arbeitnehmer beschäftigen, versicherungspflichtig. 23der kläger gehört diesem personenkreis an, da er als selbständiger physiotherapeut seine patienten überwiegend auf ärztliche verordnung behandelt und in diesem zusammenhang im streitigen zeitraum keinen versicherungspflichtigen arbeitnehmer beschäftigt hat. die versicherungspflicht für selbständige physiotherapeuten begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen bedenken. das bundessozialgericht hat diesbezüglich mit urteil vom 11.11.2003 (az.: b 12 ra 2/03 r) festgestellt, dass die gesetzlichen neuregelungen des masseur- und physiotherapeutengesetzes nichts an dem umstand geändert haben, dass krankengymnasten bzw. physiotherapeuten die patienten aufgrund ärztlicher verordnung behandeln und damit als pflegepersonen im sinne des § 2 s. 1 nr. 2 sgb vi anzusehen sind. es entspricht nach der überzeugung der kammer dem willen des gesetzgebers, auch die gruppe der krankengymnasten und physiotherapeuten in die pflichtversicherung einzubeziehen (siehe hierzu auch pietrek in jurispk-sgb vi, 2. auflage 2013, § 2 rn. 122; gürtner in kasseler kommentar zum sozialversicherungsrecht, 83. el 2014, § 2 sgb vi rn. 13; von koch in beckok sgb vi, stand 01.12.2014, § 2 rn. 9). auch das fehlen einer befreiungsmöglichkeit, wie sie etwa in § 6 abs. 1a sgb vi für versicherungspflichtige nach § 2 s. 1 nr. 9 sgb vi vorgesehen ist, ändert hieran nichts. denn die versicherungspflicht für in der krankenpflege tätige pflegepersonen galt bereits nach § 2 abs. 1 nr. 6 angestelltenversicherungsgesetz (avg) in der bis zum 31.12.1991 geltenden fassung (landessozialgericht (lsg) berlin-brandenburg, beschluss vom 06.09.2005, az.: l 16 ra 161/04). 24darüber hinaus ist auch die vom gesetz geforderte voraussetzung für den eintritt der versicherungspflicht, dass der selbständige "regelmäßig" keinen versicherungspflichtigen arbeitnehmer bei sich beschäftigt, erfüllt. der kläger hat in der zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 (unstreitig) keinen versicherungspflichtigen arbeitnehmer beschäftigt. zwar erfolgte sowohl vor dem 01.04.2006 als auch nach dem 31.08.2008 eine beschäftigung versicherungspflichtiger arbeitnehmer, doch kann von einer regelmäßigkeit der beschäftigung nicht mehr bei einem unterbrechen von 29 monaten ausgegangen werden. 25das tatbestandsmerkmal der regelmäßigkeit stellt einen unbestimmten rechtsbegriff dar. dieser unterliegt der vollen gerichtlichen überprüfung, ohne dass der beklagten hierbei ein beurteilungsspielraum zustünde (sozialgericht (sg) lübeck, urteil vom 20.03.2009, az.: s 15 r 551/07). zur beurteilung, ob dieses merkmal erfüllt ist, sind neben der auslegung des gesetzes auch alle umstände des einzelfalles in die betrachtung mit einzubeziehen. dazu gehört nicht nur die objektive dauer der beschäftigung eines versicherungspflichtigen arbeitnehmers bezogen auf den zeitraum, für welchen versicherungspflicht in betracht kommt. zu berücksichtigen sind ebenso subjektive anhaltspunkte, wie zum beispiel, ob der selbständig tätige sich im zeitraum, in welchem er keinen versicherungspflichtigen arbeitnehmer beschäftigt hat, um eine nachfolge bemüht hat. auch zu berücksichtigen ist, aus welchen gründen die beschäftigung eines versicherungspflichtigen arbeitnehmers geendet hat und wie schnell es der selbständig tätigen person möglich war, einen qualifizierten arbeitnehmer zu finden, der die stelle des ausgeschiedenen arbeitnehmers fortführen kann (sg lübeck a.a.o.). seinem wortsinn nach bedeutet "regelmäßig" so viel wie "nach einem bestimmten muster gebildet", "nicht nur gelegentlich" oder "immer wiederkehrend"(sächsisches lsg, urteil vom 21.01.2014, az.: l 5 r 712/11; sg lübeck a.a.o.). bezogen auf das in § 2 s. 1 nr. 2 sgb vi enthaltene tatbestandsmerkmal ist unter einer regelmäßigkeit zu verstehen, dass unbefristete beschäftigungsverhältnisse oder befristete beschäftigungen mit kontinuierlicher abfolge für den selbständigen ausgeübt werden bzw. mehrere beschäftigungen nacheinander ausgeübt werden (jeweils zu § 2 s. 1 nr. 9 sgb vi: sächsisches lsg a.a.o. sowie sg lübeck a.a.o. und m.w.n.). eine derart ausgestaltete beschäftigung von versicherungspflichtigen arbeitnehmern steht einer versicherungspflicht des selbständigen entgegen. 26der sinn und zweck des § 2 s. 1 nr. 2 sgb vi besteht darin, der zunehmenden erosion des versicherten personenkreises durch die wachsende überführung von beschäftigten in arbeitnehmerähnliche selbständige tätigkeiten entgegen zu wirken. die vorschrift setzt jedoch nicht voraus, dass im konkreten fall eine solche überführung tatsächlich stattgefunden hat (gürtner a.a.o. rn. 34; sächsisches lsg a.a.o.; sg lübeck a.a.o.). charakteristisch für abhängige beschäftigte ist, dass sie grundsätzlich zur persönlichen leistung der geschuldeten arbeit verpflichtet sind. selbständig erwerbstätige sollen der rentenversicherungspflicht nur dann unterliegen, wenn sie in vergleichbarer weise wie ein arbeitnehmer auf die verwertung ihrer arbeitskraft angewiesen sind. anderenfalls besteht kein schutzbedürfnis, aufgrund dessen die versicherungspflicht eintreten soll. deshalb fordert § 2 s. 1 nr. 2 sgb vi, dass der selbständige im zusammenhang mit seiner tätigkeit "regelmäßig" keinen versicherungspflichtigen arbeitnehmer beschäftigt. mit dem erfordernis der regelmäßigkeit der beschäftigung mindestens eines arbeitnehmers stellt das gesetz sicher, dass der versicherungsrechtliche status des selbständig erwerbstätigen nicht durch untypische abweichungen vom regelzustand beeinflusst wird. abgestellt wird damit auf die kontinuität des versicherungsrechtlichen status einer person. sinn und zweck der vorschrift ist es, den grundsätzlich bestehenden status nicht durch kurzfristige änderungen hinsichtlich der beschäftigung von arbeitnehmern zu ändern. einer grundsätzlich versicherungspflichtigen person soll es nicht möglich sein, durch kurzfristige beschäftigungen der versicherungspflicht nach § 2 s. 1 nr. 2 sgb vi zu entgehen. umgekehrt bedeutet dies, dass derjenige, der grundsätzlich und fortgesetzt versicherungspflichtige arbeitnehmer beschäftigt, nicht der versicherungspflicht unterfallen soll (sächsisches lsg a.a.o. und sg lübeck a.a.o.). dies wird erhärtet durch die ausführungen in der begründung zum gesetz zur förderung der selbständigkeit (bt-drs. 14/1855, s. 6 und 8). hinsichtlich der änderung des § 7 abs. 4 sgb iv, in dessen folge auch § 2 s. 1 nr. 9 sgb vi eingeführt wurde, der ebenfalls die voraussetzung "regelmäßig keinen versicherungspflichtigen arbeitnehmer beschäftigt" enthält, wird ausgeführt, dass das merkmal der regelmäßigkeit manipulationen durch eine kurzfristige beschäftigung von arbeitnehmern zu verhindern suche. auf der anderen seite sei es unschädlich, wenn die erwerbsperson kurzfristig, zum beispiel nach kündigung eines arbeitnehmers, keinen arbeitnehmer beschäftige (bt-drs. 14/1855, s. 6). 27in der kommentarliteratur wird das im tatbestandsmerkmal der regelmäßigkeit vereinzelt (pietrek in jurispk-sgb vi, 2. auflage 2013, § 2 rn. 186; dr. peter lange in deutsches anwaltsinstitut e.v. fachinstitut für sozialrecht, arbeitsunterlage wiederholungs- und vertiefungskurs sozialrecht – rentenversicherung, 2012, s. 80) – ebenso wie von der beklagten – dahingehend ausgelegt, dass nicht mehr von einer regelmäßigkeit auszugehen sei, wenn für einen zeitraum von länger als zwei monaten kein versicherungspflichtiger arbeitnehmer beschäftigt werde. eine unterbrechung von bis zu zwei monaten im jahr sei in anlehnung an den gedanken des § 8 abs. 1 nr. 2 sozialgesetzbuch, viertes buch (sgb iv) – gemeinsame vorschriften für die sozialversicherung – als unerheblich anzusehen (lange a.a.o.). zur überzeugung der kammer folgt aus § 8 abs. 1 i.v.m. abs. 3 s. 1 sgb iv jedoch nicht, dass lediglich ein zeitraum einer zweimonatigen unterbrechung der beschäftigung versicherungspflichtiger arbeitnehmer unschädlich für die versicherungspflicht nach § 2 s. 1 nr. 2 sgb vi ist. denn der begriff der regelmäßigkeit bezieht sich in § 8 abs. 1 nr. 1 sgb iv auf die höhe des erzielten einkommens. auch ist im rahmen dieser norm keine bestimmte zeitspanne ersichtlich, innerhalb derer von einer versicherungspflicht auszugehen ist. ebenso kann § 8 abs. 1 nr. 2 i.v.m. abs. 3 s. 1 sgb iv nicht entnommen werden, dass eine längere zeitspanne als zwei monate ohne beschäftigung eines versicherungspflichtigen arbeitnehmers zu einer versicherungspflicht führt. denn in § 8 abs. 1 nr. 2 sgb iv findet sich der begriff der regelmäßigkeit nicht. der dort benutzte begriff der "berufsmäßigkeit" ist nicht gleichbedeutend mit dem begriff der "regelmäßigkeit" in § 2 s. 1 nr. 2 sgb vi. wenn das gesetz eine bezugnahme auf den begriff der "regelmäßigkeit" oder deren nichtvorliegen gewollt hätte, dann hätte es nahegelegen, diese terminologie angesichts ihrer verwendung in § 8 abs. 1 nr. 1 sgb iv auch in abs. 1 nr. 2 zu verwenden. daran fehlt es jedoch ebenso wie eine bezugnahme auf die situation eines selbständig tätigen physiotherapeuten hinsichtlich der dauer der beschäftigung von arbeitnehmern. der begriff der "regelmäßigkeit" in § 2 s. 1 nr. 2 sgb vi ist somit zur überzeugung der kammer eigenständig und unabhängig von den in § 8 sgb iv genannten geringfügigkeitsgrenzen auszulegen. allein dies trägt dem sinn und zweck des § 2 s. 1 nr. 2 sgb vi hinreichend rechnung (ebenso sg lübeck a.a.o.). die ansicht, dass nur eine unterbrechung der beschäftigung von bis zu zwei monaten innerhalb eines jahres unschädlich ist, findet somit keine stütze im wortlaut des gesetzes. 28dies zu grunde gelegt stellt sich die versicherungspflichtige beschäftigung von arbeitnehmern durch den kläger im zeitraum vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 jedoch nicht als regelmäßig dar. der kläger hat zwar fortlaufend seit der aufnahme der selbständigen tätigkeit im september 1986 bis zum 31.03.2006 versicherungspflichtige personen in seiner praxis beschäftigt und auch für die zeit ab dem 01.09.2008 wieder eine versicherungspflichtige arbeitnehmerin eingestellt, doch ist bei einer unterbrechung der beschäftigung versicherungspflichtiger arbeitnehmer von 29 monaten keine kontinuierliche, auf dauer angelegte beschäftigung mehr gegeben. ein konzept der regelhaftigkeit und immer wiederkehrender sozialversicherungspflichtiger anstellungen ist bei einer unterbrechung von solcher dauer für die kammer nicht mehr erkennbar. zwar geht die kammer davon aus, dass nach der kurzfristigen kündigung von mitarbeiterinnen kein unmittelbarer ersatz gefunden werden kann, so dass dem kläger eine gewisse zeit der suche neuen personals zuzubilligen ist, doch ist für die kammer nicht erkennbar, dass der kläger sich in den 29 monaten fortlaufend und intensiv um eine nachfolge bemüht hat. die diesbezüglich an den tag zu legenden bemühungen haben fortlaufend auf einem intensiven niveau zu bleiben bzw. sind sofern sich die bisherigen bemühungen als ergebnislos erweisen zu intensivieren. der kläger hat zwar vorgetragen, die freie(n) stelle(n) beim verband für physikalische therapie und dem arbeitsamt gemeldet und bei der interessengemeinschaft der düsseldorfer massagepraxen (idüma) nachgefragt zu haben, doch genügen diese bemühungen nicht, um auch über einen zeitraum von mehr als zwei jahren die voraussetzung der regelmäßigkeit erfüllen zu können. hierfür hätte der kläger es nicht bei einer bloßen meldung beim verband für physikalische therapie und dem arbeitsamt sowie der nachfrage bei der interessengemeinschaft der düsseldorfer massagepraxen belassen dürfen. vielmehr hätte er, damit von einem fortlaufenden willen, arbeitnehmer zu beschäftigen, ausgegangen werden könnte, diese meldungen regelmäßig erneuern müssen. der kläger hat hierzu lediglich ausgeführt, es habe sich auf die meldungen beim arbeitsamt nie jemand gemeldet. wenn der kläger jedoch tatsächlich eine rasche neueinstellung – auch im hinblick auf die von ihm angegebene problematik der versorgung seiner patienten – gewollt hätte, hätte er es nicht bei der bloßen einmaligen meldung belassen dürfen. darüber hinaus hat er zwar bei der interessengemeinschaft der düsseldorfer massagepraxen nach mitarbeitern gefragt, doch hat er weder in regionalen, überregionalen oder fachspezifischen zeitungen bzw. im internet eine anzeige geschaltet. bei einem – wie von dem kläger behaupteten – dringenden erfordernis und subjektiven willen zur neuvergabe von stellen hält die kammer jedoch ein solches vorgehen insbesondere bei einer dauer von über zwei jahren, in denen kein ersatz gefunden werden kann, für unabdingbar, um den willen, regelmäßig versicherungspflichtige arbeitnehmer beschäftigen zu wollen, nach außen hin zu dokumentieren. der kläger hat vielmehr zum ausdruck gebracht, in den 29 monaten die praxis unter dem einsatz eines freien mitarbeiters betrieben zu haben. für die kammer ist daher nicht erkennbar, dass der kläger sich intensiv um eine nachfolge bemüht hat. 29die klage war daher abzuweisen. 30die kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 sgg. | Verklagte*r | 0 |
346,625 | 6 K 4791/20 | 2022-08-16T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt die Klägerin. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Im T. …/… (H. H1. , G. …, G1. …, …, …, …, …, …, …) in E. . Die insgesamt mehrere Hektar großen Grundstücke, an die sich im T1. die Autobahn A 2 und im P. der E. -F. -Kanal anschließen, sind mit mehreren größeren Hallen und Silos sowie einem Bürogebäude bebaut. Darüber hinaus verfügen sie über große befestigte Freiflächen, die unter anderem zum Abstellen und Rangieren von Sattelzügen genutzt werden. Für diese sind eine zentrale Einfahrt zwischen den beiden Gebäudekomplexen und eine zentrale Ausfahrt im nordöstlichen Bereich – jeweils mit Fahrzeugwaage – vorhanden. Die Grundstücke werden seit Jahrzehnten von der mit der Klägerin verbundenen G2. . H2. GmbH & Co KG genutzt, die hier eine Produktionsstätte von und einen Großhandel mit Baustoffen betreibt und über ca. vierzig eigene Sattelzüge verfügt. Etwa 30% des Transportvolumens werden zudem durch fremde Lkw abgewickelt. Auch der nordöstlich der genannten Grundstücke befindliche „Hafen H1. “ wird von der G2. . H2. GmbH und Co KG als Pächterin genutzt. 3Der Beigeladene ist Eigentümer der Grundstücke Im T. …(H. H1. , G. …, G1. …, …). Auf diesen – durch eine Vereinigungsbaulast verbundenen – Grundstücken steht eine Halle auf, die teilweise als Fitnessstudio, teilweise als Lager eines Versandhandels für Fitnessgeräte (I. T2. G3. GmbH) genutzt wird. Während sich auf der Westseite der Halle die Stellplätze und der Eingang zum Fitnessstudio befinden, verfügt die östliche Außenwand des Gebäudes über ein Tor, das der Anlieferung des mit Hochregalen ausgestatteten Lagerbereichs dient. Davor befindet sich eine rund 500 qm große befestigte Fläche. 4Die genannten Grundstücke der Beteiligten sind über die in diesem Bereich etwa dreieinhalb bis fünf Meter breite Straße „Im T. “ an die nordwestlich verlaufende Straße „L. “ angebunden. Die Straße „Im T. “ setzt sich südöstlich der Grundstücke der Klägerin fort, hat hier allerdings einen noch geringeren Querschnitt und Ausbauzustand. 5Ein Bebauungsplan existiert für den fraglichen Bereich nicht; der Flächennutzungsplan stellt „gewerbliche Baufläche“ dar. 6Weitere Einzelheiten sind dem nachfolgenden Kartenausschnitt zu entnehmen: 7In der Oroiginalentschediung befindet sich hier eine Skizze. 8Die auf dem Grundstück des Beigeladenen aufstehende Halle wurde auf der Grundlage einer Baugenehmigung vom 11. August 1994 („Errichtung einer Badmintonhalle mit Sauna, Cafeteria und Nebenräumen“) errichtet. Mit Bescheid vom 14. Okober 2006 wurden der Umbau der Halle zu einem „Sport- und Gesundheitszentrum“ und die teilweise Nutzungsänderung der Badmintonfläche in „Umkleide- und Fitnessbereich“ genehmigt. Eine weitere Änderungsgenehmigung vom 7. September 2012 betraf Änderungen der einzelnen Sportflächen; die Nutzung des Obergeschosses wurde offenbar vorläufig aufgegeben. 9Im November 2015 stellte der Beigeladene bei der Beklagten einen Bauantrag für die Nutzungsänderung von Teilen des Erdgeschosses der Halle zur Lagerfläche und für die Aktivierung der Obergeschossfläche der Halle. Zur Erläuterung führte er aus, Teile des Erdgeschosses sollten künftig als Lager genutzt werden; der entsprechende Teil des Sportstudios ziehe in das Obergeschoss. In dem Lager sollten Messebaumaterialien und Schuhe untergebracht werden. Die Ein-/Auslagerung der Schuhe erfolge ca. zweimal am Tag; diejenige der Messebaumaterialien ca. viermal im Jahr. ( Angaben zur Art der Fahrzeuge wurden nicht gemacht). Unter dem 14. März 2017 wurde die Baugenehmigung (61/5-2-042803) antragsgemäß erteilt. Für den 10. Dezember 2019 zeigte der Beigeladene die abschließende Fertigstellung des Bauvorhabes an. 10Am 19. Dezember 2019 sprach ein von der Klägerin beauftragter Rechtsanwalt bei der Bauaufsichtsbehörde vor und erklärte, auf dem östlichen Ende des Grundstücks des Beigeladenen verkehrten vermehrt Sattelschlepper, die teilweise auf dem Betriebsgrundstück der H2. wendeten oder hielten. Unter dem 21. Januar 2020 wandte der betreffende Rechtsanwalt sich noch einmal schriftlich an die Behörde, konkretisierte seinen Vortrag betreffend die Verkehrsprobleme und forderte ein behördliches Einschreiten, namentlich die Untersagung der Anfahrt des Nachbargrundstücks mit Schwerlastverkehr. Mit E-Mail vom 27. Januar 2020 ergänzte der Geschäftsführer der H2. GmbH & Co KG diesen Vortrag und erklärte, die Zustände seien unhaltbar; sie beeinträchtigten den Betrieb der H2. und gefährdeten die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer. Da die Fläche östlich der Halle des Beigeladenen begrenzt sei, benötigten die Fahrer oftmals mehrere Minuten, um ihre Sattelschlepper auf das Grundstück zu fahren; währenddessen sei die Straße „Im T. “ blockiert. Die Fahrzeuge hielten teilweise auf dem Betriebsgrundstück der H2. , insbesondere wenn die Anlieferungsfläche des Beigeladenen noch durch andere LKW belegt sei. Der Beigeladene erklärte in einer E-Mail an die Behörde vom 30. Januar 2020, er sei mit dem Nachbarn und mehreren Ämtern im Gespräch, um eine Lösung, etwa durch Erweiterung der Zufahrt, zu finden. 11Im Februar 2020 teilte der Architekt des Beigeladenen der Beklagten mit, es gebe „zum Nutzungsänderungsantrag […] einen neuen Mieter“, es handele sich nun um das Lager eines Handels mit Fitnessgeräten. In einer zugleich vorgelegten neuen Betriebsbeschreibung wurde die Betriebszeit mit „werktags 6 bis 19 Uhr“ und der Lieferverkehr pro Tag mit „1 x 40 to LKW, 4 x 20 to LKW, 5 x 3,5 to LKW“ angegeben. Die Beklagte legte diese Mitteilung als Antrag auf Nachtragsgenehmigung aus und forderte in der Folgezeit mehrfach Unterlagen nach. Unter dem 5. Mai 2020 forderte sie den Beigeladenen im Rahmen einer „Mängelmitteilung“ unter anderem auf, einen qualifizierten Lageplan mit Darstellung der geplanten Grundstückszufahrt und der für die Anlieferung mit 20- und 40-Tonnern erforderlichen Schleppkurven vorzulegen. 12Der Beigeladene bemühte sich parallel um die Zustimmung der Behörden, namentlich der unteren Wasserbehörde, zur Verbreiterung der Einfahrt auf die in Rede stehende Anlieferungsfläche. Die untere Wasserbehörde erteilte im Oktober 2020 eine Plangenehmigung für die Verrohrung des im Bereich der geplanten Zufahrtsverbreiterung verlaufenden „T3.------grabens “ (gegen Freilegung dieses Gewässers an anderer Stelle). Schließlich legte der Beigeladene der Bauaufsichtsbehörde einen Lageplan vor, in dem die um sieben auf 21,3 m verbreiterte Einfahrt dargestellt ist. 13Unter dem 12. Januar 2021 erteilte die Beklagte eine „Nachtragsgenehmigung“ für das geänderte Vorhaben des Beigeladenen. 14Bereits am 15. Dezember 2020 hat die Klägerin Klage gegen die Baugenehmigung vom 14. März 2017 erhoben, die sie am 28. Januar 2021 auf die vorgenannte Nachtragsgenehmigung erstreckt hat. 15Am 30. April 2021 hat die Klägerin unter Hinweis auf aus ihrer Sicht unzumutbare Zustände im Zusammenhang mit dem Anlieferungsverkehr einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt (6 L 619/21). In diesem Verfahren hat der Berichterstatter am 13. September 2021 einen Ortstermin durchgeführt und angeregt, die Anlieferung im östlichen Bereich der Halle des Beigeladenen im Rahmen einer Nachtrags- bzw. Änderungsgenehmigung durch konkretisierende Nebenbestimmungen klarer zu regeln und zu untersuchen, ob ein Anfahren der fraglichen Anlieferungsfläche mit Gliederzügen überhaupt möglich ist. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist später zurückgenommen worden. 16Am 1. Oktober 2021 hat der Beigeladene einen entsprechenden Antrag auf Erteilung einer Nachtragsgenehmigung gestellt. Diese ist unter dem 25. Januar 2022 von der Beklagten erteilt worden. Mit der Nachtragsgenehmigung ist eine durch den Beigeladenen erstellte „Erläuterung zur Steuerung der verkehrlichen Anlieferung und Abholung von Waren und Gütern“ zum zwingenden Bestandteil der Baugenehmigung gemacht worden. Dieses Konzept sieht vor, dass vier konkrete Flächen als Abstellflächen zum Entladen der verschiedenen Fahrzeuge auf dem Grundstück markiert und für die Anlieferung vorgegeben werden. In einer Neufassung der Betriebsbeschreibung ist die Betriebszeit nun mit „werktags 6 bis 22 Uhr“ angegeben und der Lieferverkehr ist wie folgt konkretisiert: „pro Tag ca.: 2 x 18,74m LKW / 4 x 16,5m LKW / 3 x 8,90m LKW / 1 x 7,50m LKW“. Schleppkurven, die den Fahrweg zu den beiden größeren Abstellflächen darstellen, sind durch Grünstempelung zum Bestandteil der Baugenehmigung gemacht worden. 17Nachdem die Klägerin in der Folgezeit Kritik an der erteilten Nachtragsbaugenehmigung geübt hatte, hat die Beklagte unter dem 7. Juni 2022 eine weitere Nachtragsgenehmigung erteilt. Deren Gegenstand ist eine erneute Neufassung der Betriebsbeschreibung, in welcher das „ca.“ vor der Angabe der verschiedenen Lieferfahrzeuge entfernt worden ist. Zudem sind einige Schleppkurvenpläne nochmals geringfügig korrigiert worden. 18Die Klägerin hält an ihrer Klage auch in Ansehung der erteilten Nachtragsgenehmigungen fest und trägt vor: 19Bei der Genehmigung vom 12. Januar 2021 handele es sich nicht um eine „Nachtragsgenehmigung“, sondern um eine selbständige Baugenehmigung, die ein „aliud“ zum Gegenstand habe. Der von der neuen Genehmigung erfasste Fahrzeugverkehr habe völlig andere Dimensionen als der ursprünglich angegebene. Schon deshalb werfe die Änderung die Frage der Genehmigungsfähigkeit neu auf. Zudem seien auch umfangreiche Änderungen im Gebäudeinneren vorgenommen worden. 20Die dem Beigeladenen genehmigte Nutzung sei rücksichtslos und damit rechtswidrig. Die Erschließungssituation verschlechtere sich in für sie unzumutbarer Weise. 21Ihr Betriebsgelände könne nur über die schmale, einspurige Straße Im T. angefahren werden. Sie sei auf die uneingeschränkte Nutzbarkeit dieser Straße angewiesen, da sie die Baumaterialien überwiegend „just in time“ auf den Baustellen anliefern müsse und Verzögerungen zu Vertragsstrafen führten. 22Seit Dezember 2019 komme es regelmäßig zu Problemen im Zusammenhang mit der Nutzung der Straße Im T. . Große Lkw (Sattelschlepper und Gliederzüge) könnten die Anlieferungsfläche des Beigeladenen nicht anfahren, ohne die öffentliche Straße zu blockieren und ihr Grundstück in Anspruch zu nehmen. Denn die zum Rangieren vorhandene Fläche sei vor allem bei größeren Sattel- und Gliederzügen zu klein, zumal es keine Wendemöglichkeit gebe. Wenn diese Fahrzeuge mit der Rückseite an das im vorderen Drittel der Halle befindliche Tor heranführen, stünden sie mit dem Führerhaus auf der öffentlichen Straße. Die Anlieferungsfläche sei in der Vergangenheit außerdem zeitweise mit Containern vollgestellt gewesen. Werde ein Lkw entladen, müsse ein zweiter auf der Straße warten und versperre diese, da es keine Wartemöglichkeit gebe. Gegenüber der Einfahrt zum Betriebsgrundstück der H2. sei die öffentliche Verkehrsfläche überdies ein wenig aufgeweitet; diese Aufweitung benötigtenbenötigten ihre Fahrzeuge, um zwischen ihrer Einfahrt und der Zufahrt am Hafen zu pendeln. Auch diese Aufweitung werde durch anliefernde Lkw blockiert. Zudem gehe von den Blockaden eine erhebliche Gefahr für unbeteiligte Verkehrsteilnehmer wie Radfahrer und andere Anlieger aus. 23Es sei ihr nicht zuzumuten, ihr eigenes wohldurchdachtes Verkehrskonzept mit einer einzigen, überwachten Zufahrt wegen des verkehrsordnungswidrigen Verhaltens des Nachbarbetriebes zu verändern. Ebenso wenig sei ihr zuzumuten, mittels täglich neuer zivilrechtlicher Verfahren gegen fremde, häufig ausländische Fahrer ihre Rechte durchzusetzen. Vielmehr habe der Beigeladene den Betrieb durch ein realistisches Anlieferungskonzept so zu organisieren, dass ihr Grundstück und die Befahrbarkeit der öffentlichen Erschließungsstraße nicht belastet würden. 24Die im Januar und Juni 2022 erteilten Nachtragsgenehmigungen änderten ändertenan den Problemen nichts. Denn die dargestellten Schleppkurven seien fahrerisch unrealistisch. Der Stellplatz P3 könne zudem nicht unabhängig von den Schleppkurven der Lkw benutzt werden. Ob er in der zweiten Nachtragsgenehmigung überhaupt noch vorgesehen sei, sei unklar; insoweit seien die beiden Nachtragsgenehmigungen widersprüchlich. Ferner könnten die Fahrzeuge in den vorgesehenen Abstellpositionen gar nicht entladen werden, wenn eine Entladung fahrzeug- oder ladegutbedingt nur zur Seite möglich sei. Außerdem ändertänderten en die vorgesehenen Abstellpositionen nichts daran, dass wartende Lkw die öffentliche Verkehrsfläche blockieren würden, wenn die Anlieferungsfläche besetzt sei. Die vorgesehene Warteposition auf der öffentlichen Verkehrsfläche im Bereich der Einfahrt sei nicht akzeptabel. Auch sei in dem vorliegenden Konzept nicht festgelegt, wann und für wie lange welche Fahrzeuge die Fläche anfahren. Es sei nicht einmal klar, ob es sich bei den in der Betriebsbeschreibung angegebenen Fahrzeugzahlen um Maximal- oder Durchschnittsangaben handele. Die Anzahl der das Grundstück anfahrenden kleineren Fahrzeuge sei ohnehin nicht limitiert, was ebenfalls problematisch sei. Es sei auch nicht vorgegeben, dass die Stellplätze nicht als Lagerfläche benutzt werden dürften. Angezeigt sei, dass eine einzige ausreichend dimensionierte Abstellfläche auf dem Grundstück des Beigeladenen festgelegt und durch entsprechende Organisationsmaßnahmen Sorge dafür getragen werde, dass weitere Lkw nicht in die Straße Im T. einfahren, solange die Entladefläche blockiert sei. 25Die Klägerin hat zahlreiche Fotos sowie die Stellungnahme eines Ingenieurbüros vorgelegt, um die Probleme im Zusammenhang mit der Anlieferung zu belegen. 26Die Klägerin beantragt, 27die Nutzungsänderungsgenehmigung vom 12. Januar 2021 in der Fassung der Nachtragsgenehmigungen vom 25. Januar 2022 und 7. Juni 2022 aufzuheben. 28Die Beklagte beantragt, 29die Klage abzuweisen. 30Sie meint, die Klage sei unbegründet. Das Erfordernis einer gesicherten Erschließung sei nicht nachbarschützend. Zudem bestünden aus Sicht der Straßenverwaltung keine Bedenken gegen das Vorhaben. Die Schleppkurven seien aus Sicht ihres Tiefbauamtes ausreichend. Dass die vier Stellplätze unabhängig voneinander angefahren werden können, sei nicht erforderlich, da es um die Belieferung eines einzigen Betriebes gehe, die entsprechend abgestimmt werden könne. Die Straßenverkehrsordnung enthalte kein Verbot des Rangierens auf öffentlichen Verkehrsflächen. Rangiervorgänge gehörten würden vielmehr zum üblichen und erwartbaren Verkehrsgeschehengehören . Jeder habe sich im Straßenverkehr so zu verhalten, dass andere nicht geschädigt, gefährdet oder belästigt würden. Dass der öffentliche Verkehr nicht immer ganz reibungslos und störungsfrei laufe, sei heutzutage nicht ungewöhnlich und hinzunehmen. Auch mit dem durch die Nachtragsgenehmigungen zugelassenen Verkehr sei das Bauvorhaben durch die Straße Im T. ausreichend erschlossen. Eine das Rücksichtnahmegebot verletzende Überlastung der Straße sei nicht gegeben. Dass die Straße bislang praktisch exklusiv durch die Klägerin genutzt worden sei, führe zu keinem anderen Ergebnis, denn darauf bestehe kein Anspruch. Die Klägerin verfüge im Übrigen über drei voneinander unabhängige Zufahrten auf ihr Grundstück. 31Der Beigeladene stellt keinen Antrag. 32Er trägt vor, die Situation habe sich durch die von ihm vorgenommene Verbreiterung der Zufahrt deutlich verbessert. Die Verteilung der Fahrzeugankünfte werde systematisch durch seine Mieterin gesteuert. Wegen der Unberechenbarkeit der Verkehrsverhältnisse und der Abfertigung in den Häfen gebe es aber keine Garantie für eine bestimmte Ankunftszeit. Dass zwei große Fahrzeuge gleichzeitig die Halle anführen, sei selten. Es sei im Übrigen normal, dass es ab und zu zu wechselseitigen Engpässen im öffentlichen Verkehrsraum kommen könne. Auch von Fahrzeugen, die das Betriebsgelände der H2. anführen, gingen manchmal Störungen des Verkehrs auf der öffentlichen Straße und ihres Betriebsgrundstücks aus, z.B. weil die Lastzüge vor dem geschlossenen Tor warteten oder Fahrer die Straße Im T. trotz absoluten Halteverbots zum Übernachten nutzten. 33Auch der Beigeladene hat Fotos vorgelegt, um die zuletzt genannten Umstände zu belegen. 34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden und des Eilverfahrens (6 L 619/21) sowie auf den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen. 35Entscheidungsgründe: 36Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 371. 38Die Klage ist mit dem gestellten Antrag zulässig. 39Dass die Klägerin sich isoliert gegen die als „Nachtragsgenehmigung“ bezeichnete Baugenehmigung vom 12. Januar 2021 (in der Fassung der beiden inzwischen erteilten Nachträge) wendet, begegnet keinen Bedenken, weil es sich bei dieser Genehmigung nicht um eine Nachtragsgenehmigung im Sinne einer unselbständigen Ergänzung der Ausgangsbaugenehmigung aus dem Jahre 2017, sondern um eine selbständige Baugenehmigung handelt, die ein anderes als das ursprünglich genehmigte Vorhaben („aliud“) zum Gegenstand hat. 40Mit einer Nachtragsgenehmigung werden (nur) kleinere, modifizierende Änderungen eines bereits genehmigten Vorhabens zugelassen, die das Gesamtvorhaben in seinen Grundzügen nicht wesentlich berühren und in seinem Wesen nicht verändern. Demgegenüber liegt ein „aliud“ vor, wenn sich das neue Vorhaben in Bezug auf baurechtlich relevante Kriterien von dem ursprünglich genehmigten unterscheidet. Ein solcher relevanter Unterschied zwischen dem genehmigten und dem abgewandelten Bauvorhaben ist immer schon dann anzunehmen, wenn sich für das abgewandelte Vorhaben die Frage der Genehmigungsfähigkeit wegen geänderter tatsächlicher oder rechtlicher Voraussetzungen insgesamt neu stellt, also eine erneute Überprüfung der materiellen Zulassungskriterien erforderlich ist. 41Vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Mai 2004 - 10 A 1476/04 -, juris (Rn. 7), und vom 13. Dezember 2012 - 2 B 1250/12 -, juris (Rn. 15); Hüwelmeier, in: BeckOK BauordnungsR NRW, 11. Edition 2022, § 74 Rn. 95 m.w.N. 42Vorliegend war mit der Ausgangsbaugenehmigung vom 14. März 2017 ein Vorhaben genehmigt worden, bei dem die Nutzung der Halle des Beigeladenen als Fitnessstudio weiterhin im Vordergrund stand und lediglich die Nutzung eines Teils des Erdgeschosses als Lagerfläche (für Messebaumaterialien und Schuhe) hinzukam. Insoweit war nur ein überschaubarer Lieferverkehr zu erwarten. Art und Umfang des Fahrzeugverkehrs waren zwar nicht konkret festgeschrieben. Da die „Messebaumaterialien“ lediglich viermal im Jahr an- oder abtransportiert werden sollten, Schuhe ein begrenztes Ladevolumen haben und sich bei einer Betriebszeit von 8 bis 17 Uhr und einer Besetzung mit einem einzigen Beschäftigten faktische Grenzen ergeben, konnte aber kein übermäßiger Lagergutumschlag mit entsprechendem Lastwagenverkehr erwartet werden. Dem gegenüber ist die Lagerfläche in den Bauvorlagen zur Genehmigung vom 12. Januar 2021 nochmals vergrößert worden und es findet ein Versandhandel (mit Fitnessgeräten) statt, der erheblichen Lieferverkehr – auch mit teilweise großen Lkw – mit sich bringt. Die Betriebsbeschreibung zur Baugenehmigung vom 12. Januar 2021 nennt eine Betriebszeit von 6 bis 19 Uhr und eine Zahl von vier Beschäftigten (im Nachtrag von Juni 2022 erweitert auf 6 bis 22 Uhr und zehn Beschäftigte). Dies geht über eine kleine, modifizierende Änderung hinaus und wirft die Frage nach der Zulässigkeit der Nutzung – auch im Verhältnis zu dem Nachbarbetrieb – neu auf. 43Die hinsichtlich der Baugenehmigung vom 12. Januar 2021 in Lauf gesetzte Klagefrist hat die Klägerin gewahrt, indem sie den Bescheid fristgerecht in das vorliegende Klageverfahren einbezogen hat. 442. 45Die Klage ist indes unbegründet. 46Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 12. Januar 2021 in der Fassung der Nachträge vom 25. Januar und vom 7. Juni 2022 sowie der Modifikationen in der mündlichen Verhandlung ist hinsichtlich nachbarschützender Vorschriften rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 47Ein Nachbar kann nur dann erfolgreich gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung vorgehen, wenn diese gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts verstößt und eine Befreiung von diesen Vorschriften nicht vorliegt oder unter Berücksichtigung nachbarlicher Belange nicht hätte erteilt werden dürfen. Ob das Vorhaben objektiv, d. h. hinsichtlich derjenigen Vorschriften, die nicht nachbarschützend sind, rechtmäßig ist, ist dagegen im Nachbarverfahren unerheblich. 48Vorliegend stellen sich ausschließlich Fragen, die mit dem durch das Bauvorhaben hervorgerufenen Kraftfahrzeugverkehr zusammenhängen. Sonstige im Nachbarstreit relevante Punkte, welche die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung in Frage stellen könnten, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. 49Ob die in § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) enthaltene Voraussetzung einer gesicherten bauplanungsrechtlichen Erschließung und die in § 4 Abs. 1 Bauordnung (BauO) NRW 2018 enthaltene Voraussetzung einer gesicherten bauordnungsrechtlichen Erschließung erfüllt sind, braucht nicht im Einzelnen geprüft zu werden, weil beide Normen insoweit nicht nachbarschützend sind. 50Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2010 - 4 B 19.10 -, juris (Rn. 3); OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Februar 2005 - 10 B 1876/04 -, juris (Rn. 11), und vom 12. Januar 2015 - 2 B 1386/14 -, juris (Rn. 17). 51Sowohl die bauplanungsrechtliche als auch die bauordnungsrechtliche Erschließung dürften im Übrigen nach Lage der Dinge gegeben sein. 52Die auf der Grundlage von § 34 BauGB erteilte Baugenehmigung ist auch nicht mit Blick auf das Gebot hinreichender Bestimmtheit und das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot in nachbarrechtsrelevanter Weise rechtswidrig. 53Das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) NRW in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung verlangt, dass sich der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lässt, dass nur eine solche Nutzung erlaubt ist, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen kann. Ist eine Baugenehmigung in dieser Hinsicht inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, führt dies zu einem Abwehrrecht des Nachbarn, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale des Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen und wenn die insoweit mangelhafte Baugenehmigung aufgrund dessen ein Vorhaben zulässt, von dem der Nachbar konkret unzumutbare Auswirkungen zu befürchten hat. Wie weit das nachbarrechtliche Bestimmtheitserfordernis im Einzelnen reicht, beurteilt sich nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht. 54Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2013 - 2 A 3009/11 -, juris (Rn. 41); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. August 2012 - 6 K 3756/09 -, juris (Rn. 48 ff.), und Beschluss vom 15. September 2014 - 9 L 1232/14 -, juris (Rn. 64 ff.). 55Die Baugenehmigung darf also nicht Merkmale des Vorhabens unreglementiert lassen, deren Regelung es nach Lage der Dinge zwingend bedarf, um den genehmigten Betrieb nachbarrechtskonform auszugestalten. 56Materiell-rechtlich ist vorliegend das in der Tatbestandsvoraussetzung des „Einfügens“ in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene Gebot der Rücksichtnahme zu berücksichtigen. Das Gebot der Rücksichtnahme soll angesichts der gegenseitigen Verflechtungen der baulichen Situation benachbarter Grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen Ausgleich schaffen, der einerseits dem Bauherrn ermöglicht, was von seiner Interessenlage her verständlich und unabweisbar ist und andererseits dem Nachbarn erspart, was an Belästigungen und Nachteilen für ihn unzumutbar ist. Die Beachtung des Rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Die sich daraus ergebenden Anforderungen sind im Einzelfall festzustellen, wobei die konkreten Umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Nachbarn in Anwendung des Maßstabs der planungsrechtlichen Zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kann desto mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, desto weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem Bauvorhaben verfolgten Interessen sind. 57Vgl. nur BVerwG, Urteile vom 25. Februar 1977 - 4 C 22.75 -, BVerwGE 52, 122 ff., vom 18. Mai 1995 - 4 C 20.94 -, BVerwGE 98, 235 ff., und vom 29. November 2012 - 4 C 8.11 -, BVerwGE 145, 145 ff.; Uechtritz, Das baurechtliche Rücksichtnahmegebot: Konkretisierung durch Fallgruppenbildung, DVBl. 2016, 90 ff., mit weiteren Nachweisen. 58Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann auch dann zu bejahen sein, wenn sich die Erschließungssituation eines Nachbargrundstücks durch die vorhabenbedingte Überlastung einer (auch) das Nachbargrundstück erschließenden öffentlichen Straße oder durch unkontrollierten Parksuchverkehr erheblich verschlechtert und die entstehende Gesamtbelastung infolgedessen bei Abwägung aller Belange unzumutbar ist. 59Vgl. OVG NRW, Urteile vom 19. April 2010 - 7 A 2362/07 -, juris (Rn. 96), vom 15. Mai 2013 - 2 A 3009/11 -, juris (Rn. 47), und vom 14. Juni 2019 - 7 A 2387/17 -, juris (Rn. 79); VG Köln, Urteil vom 22. November 2013 - 11 K 6258/12 -, juris (Rn. 54); VG Münster, Urteil vom 3. Februar 2022 - 2 K 3210/19 -, juris (Rn. 67); eingehend auch Stürmer/Wolff, Drittschützende Wirkung des Rücksichtnahmegebots bei unzumutbarer Verschlechterung der Erschließung, BauR 2021, 1551 ff., mit weiteren Nachweisen. 60Zu berücksichtigen ist allerdings, dass ein Bauvorhaben, das den sonstigen Vorgaben des Bauplanungs- und des Bauordnungsrechts genügt, nur ausnahmsweise gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt. Ist ein mit Fahrzeugverkehr verbundener Gewerbebetrieb seiner Art nach auf einem Baugrundstück planungsrechtlich zulässig, so sind auch die mit dem Betrieb verbundenen Belästigungen der Umgebung grundsätzlich hinzunehmen. 61Im Einzelfall kann es aber erforderlich sein, den durch ein Bauvorhaben auf der öffentlichen Straße hervorgerufenen Verkehr zu und von dem Vorhabengrundstück hinreichend effektiv zu steuern, um für die Anlieger unzumutbare Verkehrs- und Erschließungsverhältnisse durch überbordende Beanspruchung des öffentlichen Straßenraums zu vermeiden. 62Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2013 - 2 A 3009/11 -, juris (Rn. 43). 63Bei der Bewertung der Zumutbarkeit einer entsprechenden Verschlechterung der Erschließungssituation ist zu bedenken, dass das Grundstückseigentum zwar ein Recht zur bestimmungsgemäßen Nutzung des Grundstücks, nicht aber ein Recht auf bevorzugte Nutzung des angrenzenden öffentlichen Straßenraums und auch kein Recht darauf verschafft, dass die bisherige Verkehrssituation unverändert bleibt, sich also insbesondere nicht verschlechtert. 64Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 5. März 2014 - 2 M 164/13 -, juris (Rn. 48); VG München, Urteil vom 26. Februar 2018 - M 8 K 16.2434 -, juris (Rn. 136). 65Ferner ist im Blick zu behalten, dass ein rechtswidriges Verhalten Dritter – also bei einem Gewerbebetrieb etwa ein straßenverkehrsrechtlich unzulässiges Verhalten der Fahrer von Liefer- oder Kundenfahrzeugen – nicht ohne weiteres dem Bauherrn oder Betreiber zuzurechnen ist und einem solchen Verhalten grundsätzlich mit den Mitteln des Ordnungsrechts zu begegnen ist. 66Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. März 2018 - 7 A 320/17 -, juris (Rn. 8); BayVGH, Beschluss vom 8. Januar 2019 - 9 CS 17.2482 -, juris (Rn. 21). 67Das Verhalten Dritter ist dem Bauvorhaben jedoch dann zuzurechnen und bei der Prüfung zu berücksichtigen, wenn mit dem Auftreten derartiger Störungen bei objektivierter und typisierter Betrachtungsweise von vornherein konkret zu rechnen ist. 68Vgl. VG Köln, Beschluss vom 1. Februar 2012 - 2 L 1915/11 -, juris (Rn. 22); in anderem Kontext auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 11. August 2020 - 6 K 3783/18 -, juris (Rn. 53), m.w.N. 69Die Möglichkeit, den An- und Abfahrtverkehr gegebenenfalls nach Aufnahme der Nutzung durch straßenverkehrsrechtliche Anordnungen zu regeln, ist bei der Prüfung eines Bauantrags außer Betracht zu lassen. Denn die Baugenehmigung bescheinigt, dass das zur Genehmigung gestellte Vorhaben mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften übereinstimmt und zur Betriebsaufnahme freigegeben ist. Anders als ein Bebauungsplan kann sie nicht mit dem Mittel der Konfliktverlagerung auf spätere Zulassungsebenen arbeiten. Sie muss die durch sie hervorgerufenen Konflikte abschließend bewältigen und darf nicht in nachbarrechtsrelevanten Problemlagen darauf setzen, diese würden eventuell durch spätere Verwaltungsentscheidungen gelöst. 70Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2013 - 2 A 3009/11 -, juris (Rn. 55). 71Bedarf es nach alledem im Einzelfall organisatorischer Vorkehrungen zur Vermeidung von unzumutbaren Verkehrs- und Erschließungsverhältnissen, sind diese in der Baugenehmigung konkret festzuschreiben. 72Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Juni 2019 - 7 A 2387/17 -, juris (Rn. 79). 73Gemessen an diesen Grundsätzen hält die Kammer das genehmigte Vorhaben des Beigeladenen (nach den vorgenommenen Ergänzungen und Modifikationen der Baugenehmigung) nicht für in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt oder rücksichtslos. 74Nicht zu verkennen ist, dass der genehmigte Betrieb für die Klägerin mit Belästigungen verbunden sein kann. Denn auch wenn der Lieferverkehr der Mieterin des Beigeladenen in der durch das nun vorliegende Konzept festgeschriebenen Weise abgewickelt wird, ist er mit nicht unerheblichem Lkw-Verkehr auf der nur mäßig dimensionierten und ausgebauten Straße „Im T. “ verbunden. Dass es hier zu gelegentlichen Begegnungen der Fahrzeuge beider Betriebe auch auf demjenigen Abschnitt der Straße kommt, welcher keinen Begegnungsverkehr erlaubt, ist zu erwarten. Ebenfalls zu erwarten ist, dass Sattelschlepper und Gliederzüge, welche die nunmehr vorgesehenen Be- und Entladepositionen auf der recht engen Anlieferungsfläche anfahren, die Straße durch Rangiervorgänge kurzzeitig blockieren. 75Nach Auffassung der Kammer gehen die absehbaren Belästigungen bei genehmigungsgemäßer Nutzung aber nicht über das Maß hinaus, das der Klägerin als Grundstücksnachbarin in einer gewerblich geprägten Umgebung zuzumuten ist. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Betriebsgrundstück der G2. . H2. hinsichtlich seiner Erschließung in gewissem Umfang situationsvorbelastet ist. Denn die für die Zufahrt zu dem Baustoffhandel der G2. . H2. entscheidende Straße „Im T. “, welche das Betriebsgrundstück mit der nächsten größeren Straße verbindet, ist – wie bereits angemerkt – seit jeher nur mäßig dimensioniert und ausgebaut. Insbesondere in dem zwischen den Hallen gelegenen Teilstück ist die Straße teilweise nicht mehr als dreieinhalb bis vier Meter breit und lässt Begegnungsverkehr mit größeren Fahrzeugen demgemäß nicht zu. Die Klägerin hat ihren Betrieb dennoch auf diese öffentliche Straße hin organisiert. Aufgrund der beiden Fahrzeugwaagen können Sattelschlepper nur an den beiden vorgesehenen Stellen auf das Betriebsgrundstück und von diesem herunterfahren. Sie können also nicht an anderer Stelle – z.B. weiter westlich im Bereich des Mitarbeiterparkplatzes – auf- bzw. abfahren. Bei einem Teil der Auslieferungen fahren die frisch beladenen Lastzüge von der Lkw-Ausfahrt auf die öffentliche Straße, um dann unmittelbar wieder auf das Betriebsgrundstück einzubiegen und dort bis zur Auslieferung der Ware abgestellt zu werden; dieses „Karussell“ findet gerade im Bereich vor der Be- und Entladefläche der Mieterin des Beigeladenen statt. Dass aufgrund der vorstehend geschilderten Abläufe und der Termingebundenheit des Geschäfts der Klägerin jede Blockade der Straße „Im T. “ misslich ist, ist nachvollziehbar. Es führt allerdings nicht dazu, dass andere Verkehrsteilnehmer die öffentliche Straße nicht mehr in gewöhnlichem Umfang nutzen dürfen; die Klägerin hat insoweit – trotz ihrer langjährigen Tätigkeit an diesem Standort – kein Recht auf eine vorrangige Nutzung der öffentlichen Straße. 76Da der Betrieb seiner Mieterin mit nicht unerheblichem Lkw-Verkehr verbunden ist und die für die Be- und Entladevorgänge vorhandene Fläche auf dem Grundstück des Beigeladenen begrenzt ist, war es allerdings geboten, durch entsprechende Regelungen in der Baugenehmigung sicherzustellen, dass die Straße „Im T. “ nicht regelmäßig selbst als Teil der Be- und Entladefläche missbraucht wird, beispielsweise indem Fahrzeuge bei Belegung der Fläche östlich der Halle auf der Straße be- bzw. entladen werden oder indem Sattelschlepper so abgestellt werden, dass das Heck im Bereich des Hallentores, die Zugmaschine aber auf der Straße steht. Denn der Beigeladene hat selbstverständlich kein Recht, die Enge auf dem östlich der Halle gelegenen Teil des Grundstücks dadurch zu kompensieren, dass er die öffentliche Straße zu einem Teil der Betriebsfläche macht und damit ihre Nutzung durch andere Anlieger beschränkt; auch er und seine Mieterin dürfen die öffentliche Straße nur in gewöhnlichem Umfang benutzen. 77Derartige Regelungen sind infolge der beiden Nachtragsgenehmigungen vom 25. Januar 2022 und vom 7. Juni 2022 sowie der (dem Beigeladenen gegenüber bestandskräftigen) Modifikationen in der mündlichen Verhandlung nun in der Baugenehmigung enthalten: 78Dies gilt zunächst für die Zahl der im Zusammenhang mit dem Betrieb der Mieterin des Beigeladenen zugelassenen Fahrzeuge. Der Beigeladene hat in der nunmehr vorliegenden und allein maßgeblichen Fassung der Betriebsbeschreibung zehn Lkw der Größe nach aufgeführt, die täglich auf der fraglichen Fläche östlich der Halle be- oder entladen werden. Durch die Entfernung des Zusatzes „ca.“ und die Klarstellung in der mündlichen Verhandlung steht nun unzweifelhaft fest, dass es sich hier um eine Festschreibung der maximal zulässigen Zahl an Fahrzeugen handelt. Insbesondere wird dem durch das Anlieferungskonzept des Beigeladenen hervorgerufenen Eindruck entgegengewirkt, dass neben den zehn Lkw unter Umständen noch eine größere Zahl von „Sprintern“, Pritschenwagen, Pkw mit Anhänger etc. zu erwarten ist. Die Beklagte hat durch ihre entsprechende Erklärung in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass derartige kleinere Fahrzeuge nur anstelle der größeren Lkw, nicht aber zusätzlich zu diesen verwendet werden dürfen, um Waren der Mieterin an- oder auszuliefern. Bei Einhaltung dieser Maximalbegrenzung auf täglich zehn Fahrzeuge innerhalb einer Betriebszeit von 16 Stunden ist zu erwarten, dass die Zahl der das Grundstück gleichzeitg anfahrenden Lieferfahrzeuge in aller Regel klein sein wird, auch wenn sich die zeitliche Abfolge der Ankunft der einzelnen Fahrzeuge häufig nicht exakt steuern lässt, wie der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert hat. 79Die Baugenehmigung schreibt in ihrer jetzigen Fassung ferner eindeutig vor, dass die Be- und Entladevorgänge auf dem Grundstück des Beigeladenen und nicht auf der öffentlichen Straße stattzufinden haben. Um dies sicherzustellen, müssen insbesondere für die langen Lkw entsprechende Flächen auf dem Grundstück markiert werden mit dem Ziel, den ständig wechselnden Fahrern Orientierung bei der Anfahrt des Grundstücks zu bieten. Selbst wenn im Einzelfall mehrere (große) Fahrzeuge zugleich das Lager der Mieterin des Beigeladenen anfahren, müssen sie bei ihrer Be- bzw. Entladung vollständig auf dem Grundstück, dürfen also nicht teilweise auf der Straße stehen. Diese klare Vorgabe schafft zugleich einen erheblichen Anreiz für die Mieterin des Beigeladenen, in ihrem betrieblichen Alltag darauf hinzuwirken, dass die Lieferfahrzeuge die fragliche Fläche auch tatsächlich anfahren können, dass diese also insbesondere nicht regelmäßig mit Gegenständen vollgestellt ist, wenn die Ankunft eines (größeren) Fahrzeugs bevorsteht. Die von der Klägerin für geboten gehaltene strikte Vorgabe, den Bereich der Be- und Entladepositionen sowie der Schleppkurven zu jeder Zeit vollständig frei zu halten, hielte die Kammer demgegenüber für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Betriebsabläufe der Mieterin des Beigeladenen. Denn diese hat ein nachvollziehbares Interesse daran, bei der bevorstehenden Ankunft eines Abholers gegebenenfalls die kommissionierte Ware bereits auf der Außenfläche bereitzustellen. Ähnliches gilt für die bevorstehende Ankunft eines Entsorgungsfahrzeugs. Dass die für die Be- und Entladung der Lieferfahrzeuge erforderlichen Flächen nicht durch die Privatfahrzeuge der Mitarbeiter blockiert werden, ist durch die in der mündlichen Verhandlung hinzugefügte Nebenbestimmung sichergestellt, der zufolge die Mitarbeiter westlich der Halle zu parken haben. 80Der Klägerin gegenüber unzumutbar wäre es ohne Zweifel, wenn die mit der Baugenehmigung für den Betrieb zugelassenen Sattelschlepper und Gliederzüge die Be- und Entladefläche der Mieterin des Beigeladenen nur unter Inanspruchnahme des Grundstücks der Klägerin anfahren könnten. Dies ist jedoch nicht der Fall. Während die zunächst vorgelegten und zum Gegenstand der Nachtragsgenehmigung vom 25. Januar 2022 gemachten Schleppkurven erkennbar mangelhaft waren, belegen die nunmehr vorgelegten und mit der Nachtragsgegnehmigung vom 7. Juni 2022 „grüngestempelten“ Schleppkurven, dass auch die Sattelschlepper und Gliederzüge das Baugrundstück und die (teilweise neuen) Be- und Entladepositionen ohne Inanspruchnahme des Grundstücks der Klägerin anfahren können. Die Klägerin ist den neuen, durch ein fachlich einschlägiges Ingenieurbüro erstellten und vom Tiefbauamt der Beklagten geprüften Schleppkurvenplänen auch nicht mehr substantiiert entgegen getreten. Dass der mit den Schleppkurven beschriebene Fahrweg durchaus anspruchsvoll ist und es gelegentlich zu Korrekturen beim Rangieren kommen wird, ist nicht in Abrede zu stellen. Dass die öffentliche Straße aus diesem Grunde zeitlich in einem Maße in Anspruch genommen wird, das zu einer Verletzung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots führt, vermag die Kammer aber nicht festzustellen. 81Zur Nachbarrechtswidrigkeit der Baugenehmigung führt auch nicht der Einwand der Klägerin, bei gleichzeitiger Ankunft zweier Sattel- oder Gliederzüge könne ein Be- und Entladen aus Platzgründen nicht stattfinden. Die Kammer geht davon aus, dass es möglich ist, zumindest das eine Fahrzeug durch entsprechendes Vorziehen auf der Anlieferungsfläche zu be- bzw. entladen, während das andere Fahrzeug in der vorgesehenen Abstellposition wartet. Durch die klare Vorgabe, dass kein Teil des Fahrzeugs beim Be- oder Entladen auf der öffentlichen Straße stehen darf, ist jedenfalls den Rechten der Klägerin in hinreichender Weise Rechnung getragen. Aus ähnlichen Gründen hält die Kammer es auch für unschädlich, dass nach dem Konzept in Verbindung mit den Erläuterungen des Beigeladenen nicht ausgeschlossen ist, dass auch bei einer Belegung der vorgesehenen Be- und Entladepositionen P1 bis P3 kleinere Fahrzeuge zusätzlich auf dem vorderen Teil der Fläche abgestellt werden, obwohl der kleinere Stellplatz im südwestlichen Bereich der Fläche auf den jetzt maßgeblichen Schleppkurven nicht mehr dargestellt ist. Rechte der Klägerin werden insoweit nicht verletzt, wenn das Be- und Entladen – wie ausdrücklich vorgeschrieben – auf dem Grundstück stattfindet. Im Übrigen dürften bei einer Beschränkung auf zehn Fahzeuge am Tag eher selten mehr als drei Fahrzeuge gleichzeitig den Betrieb der Mieterin des Beigeladenen anfahren. 82Das im Anlieferungskonzept vorgesehene, zwischen den Beteiligten umstrittene Halten eines Fahrzeugs auf der neu asphaltierten Fläche vor der Einfahrt des Grundstücks des Beigeladenen ist lediglich für den Fall vorgesehen, dass ein dritter Sattel- oder Gliederzug eintrifft und auch hier nur insoweit, als es dem Fahrer erlaubt sein soll, das Fahrzeug abzustellen, um sich nach dem weiteren Vorgehen zu erkundigen. Bei einer zugelassenen Zahl von vier derartigen Lastwagen pro Tag dürfte diese Situation allerdings selten eintreten. Außerdem bleiben die auf der öffentlichen Straße geltenden Vorgaben der Straßenverkehrsordnung (StVO) von der Baugenehmigung selbstverständlich unberührt. Sollte ein drittes großes Fahrzeug an der in Rede stehenden Stelle halten und zugleich ein Fahrzeug der G2. . H2. von P. kommend die Einfahrt zum Baustoffhandel anfahren, so dürfte der Fahrer des haltenden Fahrzeugs schon gemäß § 1 StVO gehalten sein, dem Fahrzeug der G2. . H2. ein Ausholen zu ermöglichen, indem er sein Fahrzeug entsprechend versetzt. Angesichts des Umstands, dass diese Konstellation nur sehr selten einzutreten verspricht, vermag dieses Problem nicht zur Rücksichtslosigkeit der Baugenehmigung zu führen. 83Bei alldem ist im Übrigen zu bedenken, dass der Beigeladene und seine Mieterin einen Anspruch auf Gleichbehandlung durch die Bauaufsichtsbehörde haben. Bei nicht wenigen Gewerbebetrieben – vermutlich auch bei der G2. . H2. – sind die Fahrwege der Kunden-, Liefer- und Betriebsfahrzeuge gar nicht oder jedenfalls nicht metergenau in der Baugenehmigung festgeschrieben. Bei der Mieterin des Beigeladenen besteht zwar – wie oben aufgezeigt – wegen der Beschränktheit des Platzangebots auf der Fläche östlich der Halle grundsätzlich das Bedürfnis nach einer Regelung des Fahrzeugverkehrs. Ihr selbst für seltene Ausnahmefälle minutiöse Vorgaben in der Baugenehmigung zu machen, erscheint aber überzogen. 843. 85Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da dieser keinen Antrag gestellt und sich damit gemäß § 154 Abs. 3 VwGO seinerseits keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat. 86Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 und 711 Zivilprozessordnung. 87Rechtsmittelbelehrung: 88Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 891. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 902. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 913. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 924. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 935. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 94Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. 95Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 96Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens mit ausnahme der außergerichtlichen kosten des beigeladenen trägt die klägerin. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin ist eigentümerin der grundstücke im t. …/… (h. h1. , g. …, g1. …, …, …, …, …, …, …) in e. . die insgesamt mehrere hektar großen grundstücke, an die sich im t1. die autobahn a 2 und im p. der e. -f. -kanal anschließen, sind mit mehreren größeren hallen und silos sowie einem bürogebäude bebaut. darüber hinaus verfügen sie über große befestigte freiflächen, die unter anderem zum abstellen und rangieren von sattelzügen genutzt werden. für diese sind eine zentrale einfahrt zwischen den beiden gebäudekomplexen und eine zentrale ausfahrt im nordöstlichen bereich – jeweils mit fahrzeugwaage – vorhanden. die grundstücke werden seit jahrzehnten von der mit der klägerin verbundenen g2. . h2. gmbh & co kg genutzt, die hier eine produktionsstätte von und einen großhandel mit baustoffen betreibt und über ca. vierzig eigene sattelzüge verfügt. etwa 30% des transportvolumens werden zudem durch fremde lkw abgewickelt. auch der nordöstlich der genannten grundstücke befindliche „hafen h1. “ wird von der g2. . h2. gmbh und co kg als pächterin genutzt. 3der beigeladene ist eigentümer der grundstücke im t. …(h. h1. , g. …, g1. …, …). auf diesen – durch eine vereinigungsbaulast verbundenen – grundstücken steht eine halle auf, die teilweise als fitnessstudio, teilweise als lager eines versandhandels für fitnessgeräte (i. t2. g3. gmbh) genutzt wird. während sich auf der westseite der halle die stellplätze und der eingang zum fitnessstudio befinden, verfügt die östliche außenwand des gebäudes über ein tor, das der anlieferung des mit hochregalen ausgestatteten lagerbereichs dient. davor befindet sich eine rund 500 qm große befestigte fläche. 4die genannten grundstücke der beteiligten sind über die in diesem bereich etwa dreieinhalb bis fünf meter breite straße „im t. “ an die nordwestlich verlaufende straße „l. “ angebunden. die straße „im t. “ setzt sich südöstlich der grundstücke der klägerin fort, hat hier allerdings einen noch geringeren querschnitt und ausbauzustand. 5ein bebauungsplan existiert für den fraglichen bereich nicht; der flächennutzungsplan stellt „gewerbliche baufläche“ dar. 6weitere einzelheiten sind dem nachfolgenden kartenausschnitt zu entnehmen: 7in der oroiginalentschediung befindet sich hier eine skizze. 8die auf dem grundstück des beigeladenen aufstehende halle wurde auf der grundlage einer baugenehmigung vom 11. august 1994 („errichtung einer badmintonhalle mit sauna, cafeteria und nebenräumen“) errichtet. mit bescheid vom 14. okober 2006 wurden der umbau der halle zu einem „sport- und gesundheitszentrum“ und die teilweise nutzungsänderung der badmintonfläche in „umkleide- und fitnessbereich“ genehmigt. eine weitere änderungsgenehmigung vom 7. september 2012 betraf änderungen der einzelnen sportflächen; die nutzung des obergeschosses wurde offenbar vorläufig aufgegeben. 9im november 2015 stellte der beigeladene bei der beklagten einen bauantrag für die nutzungsänderung von teilen des erdgeschosses der halle zur lagerfläche und für die aktivierung der obergeschossfläche der halle. zur erläuterung führte er aus, teile des erdgeschosses sollten künftig als lager genutzt werden; der entsprechende teil des sportstudios ziehe in das obergeschoss. in dem lager sollten messebaumaterialien und schuhe untergebracht werden. die ein-/auslagerung der schuhe erfolge ca. zweimal am tag; diejenige der messebaumaterialien ca. viermal im jahr. ( angaben zur art der fahrzeuge wurden nicht gemacht). unter dem 14. märz 2017 wurde die baugenehmigung (61/5-2-042803) antragsgemäß erteilt. für den 10. dezember 2019 zeigte der beigeladene die abschließende fertigstellung des bauvorhabes an. 10am 19. dezember 2019 sprach ein von der klägerin beauftragter rechtsanwalt bei der bauaufsichtsbehörde vor und erklärte, auf dem östlichen ende des grundstücks des beigeladenen verkehrten vermehrt sattelschlepper, die teilweise auf dem betriebsgrundstück der h2. wendeten oder hielten. unter dem 21. januar 2020 wandte der betreffende rechtsanwalt sich noch einmal schriftlich an die behörde, konkretisierte seinen vortrag betreffend die verkehrsprobleme und forderte ein behördliches einschreiten, namentlich die untersagung der anfahrt des nachbargrundstücks mit schwerlastverkehr. mit e-mail vom 27. januar 2020 ergänzte der geschäftsführer der h2. gmbh & co kg diesen vortrag und erklärte, die zustände seien unhaltbar; sie beeinträchtigten den betrieb der h2. und gefährdeten die sicherheit der verkehrsteilnehmer. da die fläche östlich der halle des beigeladenen begrenzt sei, benötigten die fahrer oftmals mehrere minuten, um ihre sattelschlepper auf das grundstück zu fahren; währenddessen sei die straße „im t. “ blockiert. die fahrzeuge hielten teilweise auf dem betriebsgrundstück der h2. , insbesondere wenn die anlieferungsfläche des beigeladenen noch durch andere lkw belegt sei. der beigeladene erklärte in einer e-mail an die behörde vom 30. januar 2020, er sei mit dem nachbarn und mehreren ämtern im gespräch, um eine lösung, etwa durch erweiterung der zufahrt, zu finden. 11im februar 2020 teilte der architekt des beigeladenen der beklagten mit, es gebe „zum nutzungsänderungsantrag […] einen neuen mieter“, es handele sich nun um das lager eines handels mit fitnessgeräten. in einer zugleich vorgelegten neuen betriebsbeschreibung wurde die betriebszeit mit „werktags 6 bis 19 uhr“ und der lieferverkehr pro tag mit „1 x 40 to lkw, 4 x 20 to lkw, 5 x 3,5 to lkw“ angegeben. die beklagte legte diese mitteilung als antrag auf nachtragsgenehmigung aus und forderte in der folgezeit mehrfach unterlagen nach. unter dem 5. mai 2020 forderte sie den beigeladenen im rahmen einer „mängelmitteilung“ unter anderem auf, einen qualifizierten lageplan mit darstellung der geplanten grundstückszufahrt und der für die anlieferung mit 20- und 40-tonnern erforderlichen schleppkurven vorzulegen. 12der beigeladene bemühte sich parallel um die zustimmung der behörden, namentlich der unteren wasserbehörde, zur verbreiterung der einfahrt auf die in rede stehende anlieferungsfläche. die untere wasserbehörde erteilte im oktober 2020 eine plangenehmigung für die verrohrung des im bereich der geplanten zufahrtsverbreiterung verlaufenden „t3.------grabens “ (gegen freilegung dieses gewässers an anderer stelle). schließlich legte der beigeladene der bauaufsichtsbehörde einen lageplan vor, in dem die um sieben auf 21,3 m verbreiterte einfahrt dargestellt ist. 13unter dem 12. januar 2021 erteilte die beklagte eine „nachtragsgenehmigung“ für das geänderte vorhaben des beigeladenen. 14bereits am 15. dezember 2020 hat die klägerin klage gegen die baugenehmigung vom 14. märz 2017 erhoben, die sie am 28. januar 2021 auf die vorgenannte nachtragsgenehmigung erstreckt hat. 15am 30. april 2021 hat die klägerin unter hinweis auf aus ihrer sicht unzumutbare zustände im zusammenhang mit dem anlieferungsverkehr einen antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes gestellt (6 l 619/21). in diesem verfahren hat der berichterstatter am 13. september 2021 einen ortstermin durchgeführt und angeregt, die anlieferung im östlichen bereich der halle des beigeladenen im rahmen einer nachtrags- bzw. änderungsgenehmigung durch konkretisierende nebenbestimmungen klarer zu regeln und zu untersuchen, ob ein anfahren der fraglichen anlieferungsfläche mit gliederzügen überhaupt möglich ist. der antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes ist später zurückgenommen worden. 16am 1. oktober 2021 hat der beigeladene einen entsprechenden antrag auf erteilung einer nachtragsgenehmigung gestellt. diese ist unter dem 25. januar 2022 von der beklagten erteilt worden. mit der nachtragsgenehmigung ist eine durch den beigeladenen erstellte „erläuterung zur steuerung der verkehrlichen anlieferung und abholung von waren und gütern“ zum zwingenden bestandteil der baugenehmigung gemacht worden. dieses konzept sieht vor, dass vier konkrete flächen als abstellflächen zum entladen der verschiedenen fahrzeuge auf dem grundstück markiert und für die anlieferung vorgegeben werden. in einer neufassung der betriebsbeschreibung ist die betriebszeit nun mit „werktags 6 bis 22 uhr“ angegeben und der lieferverkehr ist wie folgt konkretisiert: „pro tag ca.: 2 x 18,74m lkw / 4 x 16,5m lkw / 3 x 8,90m lkw / 1 x 7,50m lkw“. schleppkurven, die den fahrweg zu den beiden größeren abstellflächen darstellen, sind durch grünstempelung zum bestandteil der baugenehmigung gemacht worden. 17nachdem die klägerin in der folgezeit kritik an der erteilten nachtragsbaugenehmigung geübt hatte, hat die beklagte unter dem 7. juni 2022 eine weitere nachtragsgenehmigung erteilt. deren gegenstand ist eine erneute neufassung der betriebsbeschreibung, in welcher das „ca.“ vor der angabe der verschiedenen lieferfahrzeuge entfernt worden ist. zudem sind einige schleppkurvenpläne nochmals geringfügig korrigiert worden. 18die klägerin hält an ihrer klage auch in ansehung der erteilten nachtragsgenehmigungen fest und trägt vor: 19bei der genehmigung vom 12. januar 2021 handele es sich nicht um eine „nachtragsgenehmigung“, sondern um eine selbständige baugenehmigung, die ein „aliud“ zum gegenstand habe. der von der neuen genehmigung erfasste fahrzeugverkehr habe völlig andere dimensionen als der ursprünglich angegebene. schon deshalb werfe die änderung die frage der genehmigungsfähigkeit neu auf. zudem seien auch umfangreiche änderungen im gebäudeinneren vorgenommen worden. 20die dem beigeladenen genehmigte nutzung sei rücksichtslos und damit rechtswidrig. die erschließungssituation verschlechtere sich in für sie unzumutbarer weise. 21ihr betriebsgelände könne nur über die schmale, einspurige straße im t. angefahren werden. sie sei auf die uneingeschränkte nutzbarkeit dieser straße angewiesen, da sie die baumaterialien überwiegend „just in time“ auf den baustellen anliefern müsse und verzögerungen zu vertragsstrafen führten. 22seit dezember 2019 komme es regelmäßig zu problemen im zusammenhang mit der nutzung der straße im t. . große lkw (sattelschlepper und gliederzüge) könnten die anlieferungsfläche des beigeladenen nicht anfahren, ohne die öffentliche straße zu blockieren und ihr grundstück in anspruch zu nehmen. denn die zum rangieren vorhandene fläche sei vor allem bei größeren sattel- und gliederzügen zu klein, zumal es keine wendemöglichkeit gebe. wenn diese fahrzeuge mit der rückseite an das im vorderen drittel der halle befindliche tor heranführen, stünden sie mit dem führerhaus auf der öffentlichen straße. die anlieferungsfläche sei in der vergangenheit außerdem zeitweise mit containern vollgestellt gewesen. werde ein lkw entladen, müsse ein zweiter auf der straße warten und versperre diese, da es keine wartemöglichkeit gebe. gegenüber der einfahrt zum betriebsgrundstück der h2. sei die öffentliche verkehrsfläche überdies ein wenig aufgeweitet; diese aufweitung benötigtenbenötigten ihre fahrzeuge, um zwischen ihrer einfahrt und der zufahrt am hafen zu pendeln. auch diese aufweitung werde durch anliefernde lkw blockiert. zudem gehe von den blockaden eine erhebliche gefahr für unbeteiligte verkehrsteilnehmer wie radfahrer und andere anlieger aus. 23es sei ihr nicht zuzumuten, ihr eigenes wohldurchdachtes verkehrskonzept mit einer einzigen, überwachten zufahrt wegen des verkehrsordnungswidrigen verhaltens des nachbarbetriebes zu verändern. ebenso wenig sei ihr zuzumuten, mittels täglich neuer zivilrechtlicher verfahren gegen fremde, häufig ausländische fahrer ihre rechte durchzusetzen. vielmehr habe der beigeladene den betrieb durch ein realistisches anlieferungskonzept so zu organisieren, dass ihr grundstück und die befahrbarkeit der öffentlichen erschließungsstraße nicht belastet würden. 24die im januar und juni 2022 erteilten nachtragsgenehmigungen änderten ändertenan den problemen nichts. denn die dargestellten schleppkurven seien fahrerisch unrealistisch. der stellplatz p3 könne zudem nicht unabhängig von den schleppkurven der lkw benutzt werden. ob er in der zweiten nachtragsgenehmigung überhaupt noch vorgesehen sei, sei unklar; insoweit seien die beiden nachtragsgenehmigungen widersprüchlich. ferner könnten die fahrzeuge in den vorgesehenen abstellpositionen gar nicht entladen werden, wenn eine entladung fahrzeug- oder ladegutbedingt nur zur seite möglich sei. außerdem ändertänderten en die vorgesehenen abstellpositionen nichts daran, dass wartende lkw die öffentliche verkehrsfläche blockieren würden, wenn die anlieferungsfläche besetzt sei. die vorgesehene warteposition auf der öffentlichen verkehrsfläche im bereich der einfahrt sei nicht akzeptabel. auch sei in dem vorliegenden konzept nicht festgelegt, wann und für wie lange welche fahrzeuge die fläche anfahren. es sei nicht einmal klar, ob es sich bei den in der betriebsbeschreibung angegebenen fahrzeugzahlen um maximal- oder durchschnittsangaben handele. die anzahl der das grundstück anfahrenden kleineren fahrzeuge sei ohnehin nicht limitiert, was ebenfalls problematisch sei. es sei auch nicht vorgegeben, dass die stellplätze nicht als lagerfläche benutzt werden dürften. angezeigt sei, dass eine einzige ausreichend dimensionierte abstellfläche auf dem grundstück des beigeladenen festgelegt und durch entsprechende organisationsmaßnahmen sorge dafür getragen werde, dass weitere lkw nicht in die straße im t. einfahren, solange die entladefläche blockiert sei. 25die klägerin hat zahlreiche fotos sowie die stellungnahme eines ingenieurbüros vorgelegt, um die probleme im zusammenhang mit der anlieferung zu belegen. 26die klägerin beantragt, 27die nutzungsänderungsgenehmigung vom 12. januar 2021 in der fassung der nachtragsgenehmigungen vom 25. januar 2022 und 7. juni 2022 aufzuheben. 28die beklagte beantragt, 29die klage abzuweisen. 30sie meint, die klage sei unbegründet. das erfordernis einer gesicherten erschließung sei nicht nachbarschützend. zudem bestünden aus sicht der straßenverwaltung keine bedenken gegen das vorhaben. die schleppkurven seien aus sicht ihres tiefbauamtes ausreichend. dass die vier stellplätze unabhängig voneinander angefahren werden können, sei nicht erforderlich, da es um die belieferung eines einzigen betriebes gehe, die entsprechend abgestimmt werden könne. die straßenverkehrsordnung enthalte kein verbot des rangierens auf öffentlichen verkehrsflächen. rangiervorgänge gehörten würden vielmehr zum üblichen und erwartbaren verkehrsgeschehengehören . jeder habe sich im straßenverkehr so zu verhalten, dass andere nicht geschädigt, gefährdet oder belästigt würden. dass der öffentliche verkehr nicht immer ganz reibungslos und störungsfrei laufe, sei heutzutage nicht ungewöhnlich und hinzunehmen. auch mit dem durch die nachtragsgenehmigungen zugelassenen verkehr sei das bauvorhaben durch die straße im t. ausreichend erschlossen. eine das rücksichtnahmegebot verletzende überlastung der straße sei nicht gegeben. dass die straße bislang praktisch exklusiv durch die klägerin genutzt worden sei, führe zu keinem anderen ergebnis, denn darauf bestehe kein anspruch. die klägerin verfüge im übrigen über drei voneinander unabhängige zufahrten auf ihr grundstück. 31der beigeladene stellt keinen antrag. 32er trägt vor, die situation habe sich durch die von ihm vorgenommene verbreiterung der zufahrt deutlich verbessert. die verteilung der fahrzeugankünfte werde systematisch durch seine mieterin gesteuert. wegen der unberechenbarkeit der verkehrsverhältnisse und der abfertigung in den häfen gebe es aber keine garantie für eine bestimmte ankunftszeit. dass zwei große fahrzeuge gleichzeitig die halle anführen, sei selten. es sei im übrigen normal, dass es ab und zu zu wechselseitigen engpässen im öffentlichen verkehrsraum kommen könne. auch von fahrzeugen, die das betriebsgelände der h2. anführen, gingen manchmal störungen des verkehrs auf der öffentlichen straße und ihres betriebsgrundstücks aus, z.b. weil die lastzüge vor dem geschlossenen tor warteten oder fahrer die straße im t. trotz absoluten halteverbots zum übernachten nutzten. 33auch der beigeladene hat fotos vorgelegt, um die zuletzt genannten umstände zu belegen. 34wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten des vorliegenden und des eilverfahrens (6 l 619/21) sowie auf den der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten ergänzend bezug genommen. 35 | 36die klage ist zulässig, aber unbegründet. 371. 38die klage ist mit dem gestellten antrag zulässig. 39dass die klägerin sich isoliert gegen die als „nachtragsgenehmigung“ bezeichnete baugenehmigung vom 12. januar 2021 (in der fassung der beiden inzwischen erteilten nachträge) wendet, begegnet keinen bedenken, weil es sich bei dieser genehmigung nicht um eine nachtragsgenehmigung im sinne einer unselbständigen ergänzung der ausgangsbaugenehmigung aus dem jahre 2017, sondern um eine selbständige baugenehmigung handelt, die ein anderes als das ursprünglich genehmigte vorhaben („aliud“) zum gegenstand hat. 40mit einer nachtragsgenehmigung werden (nur) kleinere, modifizierende änderungen eines bereits genehmigten vorhabens zugelassen, die das gesamtvorhaben in seinen grundzügen nicht wesentlich berühren und in seinem wesen nicht verändern. demgegenüber liegt ein „aliud“ vor, wenn sich das neue vorhaben in bezug auf baurechtlich relevante kriterien von dem ursprünglich genehmigten unterscheidet. ein solcher relevanter unterschied zwischen dem genehmigten und dem abgewandelten bauvorhaben ist immer schon dann anzunehmen, wenn sich für das abgewandelte vorhaben die frage der genehmigungsfähigkeit wegen geänderter tatsächlicher oder rechtlicher voraussetzungen insgesamt neu stellt, also eine erneute überprüfung der materiellen zulassungskriterien erforderlich ist. 41vgl. etwa ovg nrw, beschlüsse vom 4. mai 2004 - 10 a 1476/04 -, juris (rn. 7), und vom 13. dezember 2012 - 2 b 1250/12 -, juris (rn. 15); hüwelmeier, in: beckok bauordnungsr nrw, 11. edition 2022, § 74 rn. 95 m.w.n. 42vorliegend war mit der ausgangsbaugenehmigung vom 14. märz 2017 ein vorhaben genehmigt worden, bei dem die nutzung der halle des beigeladenen als fitnessstudio weiterhin im vordergrund stand und lediglich die nutzung eines teils des erdgeschosses als lagerfläche (für messebaumaterialien und schuhe) hinzukam. insoweit war nur ein überschaubarer lieferverkehr zu erwarten. art und umfang des fahrzeugverkehrs waren zwar nicht konkret festgeschrieben. da die „messebaumaterialien“ lediglich viermal im jahr an- oder abtransportiert werden sollten, schuhe ein begrenztes ladevolumen haben und sich bei einer betriebszeit von 8 bis 17 uhr und einer besetzung mit einem einzigen beschäftigten faktische grenzen ergeben, konnte aber kein übermäßiger lagergutumschlag mit entsprechendem lastwagenverkehr erwartet werden. dem gegenüber ist die lagerfläche in den bauvorlagen zur genehmigung vom 12. januar 2021 nochmals vergrößert worden und es findet ein versandhandel (mit fitnessgeräten) statt, der erheblichen lieferverkehr – auch mit teilweise großen lkw – mit sich bringt. die betriebsbeschreibung zur baugenehmigung vom 12. januar 2021 nennt eine betriebszeit von 6 bis 19 uhr und eine zahl von vier beschäftigten (im nachtrag von juni 2022 erweitert auf 6 bis 22 uhr und zehn beschäftigte). dies geht über eine kleine, modifizierende änderung hinaus und wirft die frage nach der zulässigkeit der nutzung – auch im verhältnis zu dem nachbarbetrieb – neu auf. 43die hinsichtlich der baugenehmigung vom 12. januar 2021 in lauf gesetzte klagefrist hat die klägerin gewahrt, indem sie den bescheid fristgerecht in das vorliegende klageverfahren einbezogen hat. 442. 45die klage ist indes unbegründet. 46die dem beigeladenen erteilte baugenehmigung vom 12. januar 2021 in der fassung der nachträge vom 25. januar und vom 7. juni 2022 sowie der modifikationen in der mündlichen verhandlung ist hinsichtlich nachbarschützender vorschriften rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 s. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 47ein nachbar kann nur dann erfolgreich gegen die einem dritten erteilte baugenehmigung vorgehen, wenn diese gegen nachbarschützende vorschriften des öffentlichen bauplanungs- oder bauordnungsrechts verstößt und eine befreiung von diesen vorschriften nicht vorliegt oder unter berücksichtigung nachbarlicher belange nicht hätte erteilt werden dürfen. ob das vorhaben objektiv, d. h. hinsichtlich derjenigen vorschriften, die nicht nachbarschützend sind, rechtmäßig ist, ist dagegen im nachbarverfahren unerheblich. 48vorliegend stellen sich ausschließlich fragen, die mit dem durch das bauvorhaben hervorgerufenen kraftfahrzeugverkehr zusammenhängen. sonstige im nachbarstreit relevante punkte, welche die rechtmäßigkeit der erteilten baugenehmigung in frage stellen könnten, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. 49ob die in § 34 abs. 1 baugesetzbuch (baugb) enthaltene voraussetzung einer gesicherten bauplanungsrechtlichen erschließung und die in § 4 abs. 1 bauordnung (bauo) nrw 2018 enthaltene voraussetzung einer gesicherten bauordnungsrechtlichen erschließung erfüllt sind, braucht nicht im einzelnen geprüft zu werden, weil beide normen insoweit nicht nachbarschützend sind. 50vgl. bverwg, beschluss vom 28. juli 2010 - 4 b 19.10 -, juris (rn. 3); ovg nrw, beschlüsse vom 8. februar 2005 - 10 b 1876/04 -, juris (rn. 11), und vom 12. januar 2015 - 2 b 1386/14 -, juris (rn. 17). 51sowohl die bauplanungsrechtliche als auch die bauordnungsrechtliche erschließung dürften im übrigen nach lage der dinge gegeben sein. 52die auf der grundlage von § 34 baugb erteilte baugenehmigung ist auch nicht mit blick auf das gebot hinreichender bestimmtheit und das bauplanungsrechtliche rücksichtnahmegebot in nachbarrechtsrelevanter weise rechtswidrig. 53das bestimmtheitsgebot des § 37 abs. 1 verwaltungsverfahrensgesetz (vwvfg) nrw in seiner nachbarrechtlichen ausprägung verlangt, dass sich der baugenehmigung und den genehmigten bauvorlagen mit der erforderlichen sicherheit entnehmen lässt, dass nur eine solche nutzung erlaubt ist, die nachbarrechte nicht beeinträchtigen kann. ist eine baugenehmigung in dieser hinsicht inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, führt dies zu einem abwehrrecht des nachbarn, wenn sich die unbestimmtheit gerade auf solche merkmale des vorhabens bezieht, deren genaue festlegung erforderlich ist, um eine verletzung nachbarschützender vorschriften auszuschließen und wenn die insoweit mangelhafte baugenehmigung aufgrund dessen ein vorhaben zulässt, von dem der nachbar konkret unzumutbare auswirkungen zu befürchten hat. wie weit das nachbarrechtliche bestimmtheitserfordernis im einzelnen reicht, beurteilt sich nach dem jeweils anzuwendenden materiellen recht. 54vgl. ovg nrw, urteil vom 15. mai 2013 - 2 a 3009/11 -, juris (rn. 41); vg gelsenkirchen, urteil vom 28. august 2012 - 6 k 3756/09 -, juris (rn. 48 ff.), und beschluss vom 15. september 2014 - 9 l 1232/14 -, juris (rn. 64 ff.). 55die baugenehmigung darf also nicht merkmale des vorhabens unreglementiert lassen, deren regelung es nach lage der dinge zwingend bedarf, um den genehmigten betrieb nachbarrechtskonform auszugestalten. 56materiell-rechtlich ist vorliegend das in der tatbestandsvoraussetzung des „einfügens“ in § 34 abs. 1 baugb enthaltene gebot der rücksichtnahme zu berücksichtigen. das gebot der rücksichtnahme soll angesichts der gegenseitigen verflechtungen der baulichen situation benachbarter grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen ausgleich schaffen, der einerseits dem bauherrn ermöglicht, was von seiner interessenlage her verständlich und unabweisbar ist und andererseits dem nachbarn erspart, was an belästigungen und nachteilen für ihn unzumutbar ist. die beachtung des rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, nutzungen, die geeignet sind, spannungen und störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass konflikte möglichst vermieden werden. die sich daraus ergebenden anforderungen sind im einzelfall festzustellen, wobei die konkreten umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen interessen des bauherrn und des nachbarn in anwendung des maßstabs der planungsrechtlichen zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. dabei kann desto mehr an rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die stellung dessen ist, dem die rücksichtnahme im gegebenen zusammenhang zugutekommt; umgekehrt braucht derjenige, der das vorhaben verwirklichen will, desto weniger rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem bauvorhaben verfolgten interessen sind. 57vgl. nur bverwg, urteile vom 25. februar 1977 - 4 c 22.75 -, bverwge 52, 122 ff., vom 18. mai 1995 - 4 c 20.94 -, bverwge 98, 235 ff., und vom 29. november 2012 - 4 c 8.11 -, bverwge 145, 145 ff.; uechtritz, das baurechtliche rücksichtnahmegebot: konkretisierung durch fallgruppenbildung, dvbl. 2016, 90 ff., mit weiteren nachweisen. 58ein verstoß gegen das rücksichtnahmegebot kann auch dann zu bejahen sein, wenn sich die erschließungssituation eines nachbargrundstücks durch die vorhabenbedingte überlastung einer (auch) das nachbargrundstück erschließenden öffentlichen straße oder durch unkontrollierten parksuchverkehr erheblich verschlechtert und die entstehende gesamtbelastung infolgedessen bei abwägung aller belange unzumutbar ist. 59vgl. ovg nrw, urteile vom 19. april 2010 - 7 a 2362/07 -, juris (rn. 96), vom 15. mai 2013 - 2 a 3009/11 -, juris (rn. 47), und vom 14. juni 2019 - 7 a 2387/17 -, juris (rn. 79); vg köln, urteil vom 22. november 2013 - 11 k 6258/12 -, juris (rn. 54); vg münster, urteil vom 3. februar 2022 - 2 k 3210/19 -, juris (rn. 67); eingehend auch stürmer/wolff, drittschützende wirkung des rücksichtnahmegebots bei unzumutbarer verschlechterung der erschließung, baur 2021, 1551 ff., mit weiteren nachweisen. 60zu berücksichtigen ist allerdings, dass ein bauvorhaben, das den sonstigen vorgaben des bauplanungs- und des bauordnungsrechts genügt, nur ausnahmsweise gegen das rücksichtnahmegebot verstößt. ist ein mit fahrzeugverkehr verbundener gewerbebetrieb seiner art nach auf einem baugrundstück planungsrechtlich zulässig, so sind auch die mit dem betrieb verbundenen belästigungen der umgebung grundsätzlich hinzunehmen. 61im einzelfall kann es aber erforderlich sein, den durch ein bauvorhaben auf der öffentlichen straße hervorgerufenen verkehr zu und von dem vorhabengrundstück hinreichend effektiv zu steuern, um für die anlieger unzumutbare verkehrs- und erschließungsverhältnisse durch überbordende beanspruchung des öffentlichen straßenraums zu vermeiden. 62vgl. ovg nrw, urteil vom 15. mai 2013 - 2 a 3009/11 -, juris (rn. 43). 63bei der bewertung der zumutbarkeit einer entsprechenden verschlechterung der erschließungssituation ist zu bedenken, dass das grundstückseigentum zwar ein recht zur bestimmungsgemäßen nutzung des grundstücks, nicht aber ein recht auf bevorzugte nutzung des angrenzenden öffentlichen straßenraums und auch kein recht darauf verschafft, dass die bisherige verkehrssituation unverändert bleibt, sich also insbesondere nicht verschlechtert. 64vgl. ovg sachsen-anhalt, beschluss vom 5. märz 2014 - 2 m 164/13 -, juris (rn. 48); vg münchen, urteil vom 26. februar 2018 - m 8 k 16.2434 -, juris (rn. 136). 65ferner ist im blick zu behalten, dass ein rechtswidriges verhalten dritter – also bei einem gewerbebetrieb etwa ein straßenverkehrsrechtlich unzulässiges verhalten der fahrer von liefer- oder kundenfahrzeugen – nicht ohne weiteres dem bauherrn oder betreiber zuzurechnen ist und einem solchen verhalten grundsätzlich mit den mitteln des ordnungsrechts zu begegnen ist. 66vgl. ovg nrw, beschluss vom 29. märz 2018 - 7 a 320/17 -, juris (rn. 8); bayvgh, beschluss vom 8. januar 2019 - 9 cs 17.2482 -, juris (rn. 21). 67das verhalten dritter ist dem bauvorhaben jedoch dann zuzurechnen und bei der prüfung zu berücksichtigen, wenn mit dem auftreten derartiger störungen bei objektivierter und typisierter betrachtungsweise von vornherein konkret zu rechnen ist. 68vgl. vg köln, beschluss vom 1. februar 2012 - 2 l 1915/11 -, juris (rn. 22); in anderem kontext auch vg gelsenkirchen, urteil vom 11. august 2020 - 6 k 3783/18 -, juris (rn. 53), m.w.n. 69die möglichkeit, den an- und abfahrtverkehr gegebenenfalls nach aufnahme der nutzung durch straßenverkehrsrechtliche anordnungen zu regeln, ist bei der prüfung eines bauantrags außer betracht zu lassen. denn die baugenehmigung bescheinigt, dass das zur genehmigung gestellte vorhaben mit öffentlich-rechtlichen vorschriften übereinstimmt und zur betriebsaufnahme freigegeben ist. anders als ein bebauungsplan kann sie nicht mit dem mittel der konfliktverlagerung auf spätere zulassungsebenen arbeiten. sie muss die durch sie hervorgerufenen konflikte abschließend bewältigen und darf nicht in nachbarrechtsrelevanten problemlagen darauf setzen, diese würden eventuell durch spätere verwaltungsentscheidungen gelöst. 70vgl. ovg nrw, urteil vom 15. mai 2013 - 2 a 3009/11 -, juris (rn. 55). 71bedarf es nach alledem im einzelfall organisatorischer vorkehrungen zur vermeidung von unzumutbaren verkehrs- und erschließungsverhältnissen, sind diese in der baugenehmigung konkret festzuschreiben. 72vgl. ovg nrw, urteil vom 14. juni 2019 - 7 a 2387/17 -, juris (rn. 79). 73gemessen an diesen grundsätzen hält die kammer das genehmigte vorhaben des beigeladenen (nach den vorgenommenen ergänzungen und modifikationen der baugenehmigung) nicht für in nachbarrechtsrelevanter weise unbestimmt oder rücksichtslos. 74nicht zu verkennen ist, dass der genehmigte betrieb für die klägerin mit belästigungen verbunden sein kann. denn auch wenn der lieferverkehr der mieterin des beigeladenen in der durch das nun vorliegende konzept festgeschriebenen weise abgewickelt wird, ist er mit nicht unerheblichem lkw-verkehr auf der nur mäßig dimensionierten und ausgebauten straße „im t. “ verbunden. dass es hier zu gelegentlichen begegnungen der fahrzeuge beider betriebe auch auf demjenigen abschnitt der straße kommt, welcher keinen begegnungsverkehr erlaubt, ist zu erwarten. ebenfalls zu erwarten ist, dass sattelschlepper und gliederzüge, welche die nunmehr vorgesehenen be- und entladepositionen auf der recht engen anlieferungsfläche anfahren, die straße durch rangiervorgänge kurzzeitig blockieren. 75nach auffassung der kammer gehen die absehbaren belästigungen bei genehmigungsgemäßer nutzung aber nicht über das maß hinaus, das der klägerin als grundstücksnachbarin in einer gewerblich geprägten umgebung zuzumuten ist. zu bedenken ist in diesem zusammenhang auch, dass das betriebsgrundstück der g2. . h2. hinsichtlich seiner erschließung in gewissem umfang situationsvorbelastet ist. denn die für die zufahrt zu dem baustoffhandel der g2. . h2. entscheidende straße „im t. “, welche das betriebsgrundstück mit der nächsten größeren straße verbindet, ist – wie bereits angemerkt – seit jeher nur mäßig dimensioniert und ausgebaut. insbesondere in dem zwischen den hallen gelegenen teilstück ist die straße teilweise nicht mehr als dreieinhalb bis vier meter breit und lässt begegnungsverkehr mit größeren fahrzeugen demgemäß nicht zu. die klägerin hat ihren betrieb dennoch auf diese öffentliche straße hin organisiert. aufgrund der beiden fahrzeugwaagen können sattelschlepper nur an den beiden vorgesehenen stellen auf das betriebsgrundstück und von diesem herunterfahren. sie können also nicht an anderer stelle – z.b. weiter westlich im bereich des mitarbeiterparkplatzes – auf- bzw. abfahren. bei einem teil der auslieferungen fahren die frisch beladenen lastzüge von der lkw-ausfahrt auf die öffentliche straße, um dann unmittelbar wieder auf das betriebsgrundstück einzubiegen und dort bis zur auslieferung der ware abgestellt zu werden; dieses „karussell“ findet gerade im bereich vor der be- und entladefläche der mieterin des beigeladenen statt. dass aufgrund der vorstehend geschilderten abläufe und der termingebundenheit des geschäfts der klägerin jede blockade der straße „im t. “ misslich ist, ist nachvollziehbar. es führt allerdings nicht dazu, dass andere verkehrsteilnehmer die öffentliche straße nicht mehr in gewöhnlichem umfang nutzen dürfen; die klägerin hat insoweit – trotz ihrer langjährigen tätigkeit an diesem standort – kein recht auf eine vorrangige nutzung der öffentlichen straße. 76da der betrieb seiner mieterin mit nicht unerheblichem lkw-verkehr verbunden ist und die für die be- und entladevorgänge vorhandene fläche auf dem grundstück des beigeladenen begrenzt ist, war es allerdings geboten, durch entsprechende regelungen in der baugenehmigung sicherzustellen, dass die straße „im t. “ nicht regelmäßig selbst als teil der be- und entladefläche missbraucht wird, beispielsweise indem fahrzeuge bei belegung der fläche östlich der halle auf der straße be- bzw. entladen werden oder indem sattelschlepper so abgestellt werden, dass das heck im bereich des hallentores, die zugmaschine aber auf der straße steht. denn der beigeladene hat selbstverständlich kein recht, die enge auf dem östlich der halle gelegenen teil des grundstücks dadurch zu kompensieren, dass er die öffentliche straße zu einem teil der betriebsfläche macht und damit ihre nutzung durch andere anlieger beschränkt; auch er und seine mieterin dürfen die öffentliche straße nur in gewöhnlichem umfang benutzen. 77derartige regelungen sind infolge der beiden nachtragsgenehmigungen vom 25. januar 2022 und vom 7. juni 2022 sowie der (dem beigeladenen gegenüber bestandskräftigen) modifikationen in der mündlichen verhandlung nun in der baugenehmigung enthalten: 78dies gilt zunächst für die zahl der im zusammenhang mit dem betrieb der mieterin des beigeladenen zugelassenen fahrzeuge. der beigeladene hat in der nunmehr vorliegenden und allein maßgeblichen fassung der betriebsbeschreibung zehn lkw der größe nach aufgeführt, die täglich auf der fraglichen fläche östlich der halle be- oder entladen werden. durch die entfernung des zusatzes „ca.“ und die klarstellung in der mündlichen verhandlung steht nun unzweifelhaft fest, dass es sich hier um eine festschreibung der maximal zulässigen zahl an fahrzeugen handelt. insbesondere wird dem durch das anlieferungskonzept des beigeladenen hervorgerufenen eindruck entgegengewirkt, dass neben den zehn lkw unter umständen noch eine größere zahl von „sprintern“, pritschenwagen, pkw mit anhänger etc. zu erwarten ist. die beklagte hat durch ihre entsprechende erklärung in der mündlichen verhandlung klargestellt, dass derartige kleinere fahrzeuge nur anstelle der größeren lkw, nicht aber zusätzlich zu diesen verwendet werden dürfen, um waren der mieterin an- oder auszuliefern. bei einhaltung dieser maximalbegrenzung auf täglich zehn fahrzeuge innerhalb einer betriebszeit von 16 stunden ist zu erwarten, dass die zahl der das grundstück gleichzeitg anfahrenden lieferfahrzeuge in aller regel klein sein wird, auch wenn sich die zeitliche abfolge der ankunft der einzelnen fahrzeuge häufig nicht exakt steuern lässt, wie der beigeladene in der mündlichen verhandlung nachvollziehbar erläutert hat. 79die baugenehmigung schreibt in ihrer jetzigen fassung ferner eindeutig vor, dass die be- und entladevorgänge auf dem grundstück des beigeladenen und nicht auf der öffentlichen straße stattzufinden haben. um dies sicherzustellen, müssen insbesondere für die langen lkw entsprechende flächen auf dem grundstück markiert werden mit dem ziel, den ständig wechselnden fahrern orientierung bei der anfahrt des grundstücks zu bieten. selbst wenn im einzelfall mehrere (große) fahrzeuge zugleich das lager der mieterin des beigeladenen anfahren, müssen sie bei ihrer be- bzw. entladung vollständig auf dem grundstück, dürfen also nicht teilweise auf der straße stehen. diese klare vorgabe schafft zugleich einen erheblichen anreiz für die mieterin des beigeladenen, in ihrem betrieblichen alltag darauf hinzuwirken, dass die lieferfahrzeuge die fragliche fläche auch tatsächlich anfahren können, dass diese also insbesondere nicht regelmäßig mit gegenständen vollgestellt ist, wenn die ankunft eines (größeren) fahrzeugs bevorsteht. die von der klägerin für geboten gehaltene strikte vorgabe, den bereich der be- und entladepositionen sowie der schleppkurven zu jeder zeit vollständig frei zu halten, hielte die kammer demgegenüber für einen unverhältnismäßigen eingriff in die betriebsabläufe der mieterin des beigeladenen. denn diese hat ein nachvollziehbares interesse daran, bei der bevorstehenden ankunft eines abholers gegebenenfalls die kommissionierte ware bereits auf der außenfläche bereitzustellen. ähnliches gilt für die bevorstehende ankunft eines entsorgungsfahrzeugs. dass die für die be- und entladung der lieferfahrzeuge erforderlichen flächen nicht durch die privatfahrzeuge der mitarbeiter blockiert werden, ist durch die in der mündlichen verhandlung hinzugefügte nebenbestimmung sichergestellt, der zufolge die mitarbeiter westlich der halle zu parken haben. 80der klägerin gegenüber unzumutbar wäre es ohne zweifel, wenn die mit der baugenehmigung für den betrieb zugelassenen sattelschlepper und gliederzüge die be- und entladefläche der mieterin des beigeladenen nur unter inanspruchnahme des grundstücks der klägerin anfahren könnten. dies ist jedoch nicht der fall. während die zunächst vorgelegten und zum gegenstand der nachtragsgenehmigung vom 25. januar 2022 gemachten schleppkurven erkennbar mangelhaft waren, belegen die nunmehr vorgelegten und mit der nachtragsgegnehmigung vom 7. juni 2022 „grüngestempelten“ schleppkurven, dass auch die sattelschlepper und gliederzüge das baugrundstück und die (teilweise neuen) be- und entladepositionen ohne inanspruchnahme des grundstücks der klägerin anfahren können. die klägerin ist den neuen, durch ein fachlich einschlägiges ingenieurbüro erstellten und vom tiefbauamt der beklagten geprüften schleppkurvenplänen auch nicht mehr substantiiert entgegen getreten. dass der mit den schleppkurven beschriebene fahrweg durchaus anspruchsvoll ist und es gelegentlich zu korrekturen beim rangieren kommen wird, ist nicht in abrede zu stellen. dass die öffentliche straße aus diesem grunde zeitlich in einem maße in anspruch genommen wird, das zu einer verletzung des bauplanungsrechtlichen rücksichtnahmegebots führt, vermag die kammer aber nicht festzustellen. 81zur nachbarrechtswidrigkeit der baugenehmigung führt auch nicht der einwand der klägerin, bei gleichzeitiger ankunft zweier sattel- oder gliederzüge könne ein be- und entladen aus platzgründen nicht stattfinden. die kammer geht davon aus, dass es möglich ist, zumindest das eine fahrzeug durch entsprechendes vorziehen auf der anlieferungsfläche zu be- bzw. entladen, während das andere fahrzeug in der vorgesehenen abstellposition wartet. durch die klare vorgabe, dass kein teil des fahrzeugs beim be- oder entladen auf der öffentlichen straße stehen darf, ist jedenfalls den rechten der klägerin in hinreichender weise rechnung getragen. aus ähnlichen gründen hält die kammer es auch für unschädlich, dass nach dem konzept in verbindung mit den erläuterungen des beigeladenen nicht ausgeschlossen ist, dass auch bei einer belegung der vorgesehenen be- und entladepositionen p1 bis p3 kleinere fahrzeuge zusätzlich auf dem vorderen teil der fläche abgestellt werden, obwohl der kleinere stellplatz im südwestlichen bereich der fläche auf den jetzt maßgeblichen schleppkurven nicht mehr dargestellt ist. rechte der klägerin werden insoweit nicht verletzt, wenn das be- und entladen – wie ausdrücklich vorgeschrieben – auf dem grundstück stattfindet. im übrigen dürften bei einer beschränkung auf zehn fahzeuge am tag eher selten mehr als drei fahrzeuge gleichzeitig den betrieb der mieterin des beigeladenen anfahren. 82das im anlieferungskonzept vorgesehene, zwischen den beteiligten umstrittene halten eines fahrzeugs auf der neu asphaltierten fläche vor der einfahrt des grundstücks des beigeladenen ist lediglich für den fall vorgesehen, dass ein dritter sattel- oder gliederzug eintrifft und auch hier nur insoweit, als es dem fahrer erlaubt sein soll, das fahrzeug abzustellen, um sich nach dem weiteren vorgehen zu erkundigen. bei einer zugelassenen zahl von vier derartigen lastwagen pro tag dürfte diese situation allerdings selten eintreten. außerdem bleiben die auf der öffentlichen straße geltenden vorgaben der straßenverkehrsordnung (stvo) von der baugenehmigung selbstverständlich unberührt. sollte ein drittes großes fahrzeug an der in rede stehenden stelle halten und zugleich ein fahrzeug der g2. . h2. von p. kommend die einfahrt zum baustoffhandel anfahren, so dürfte der fahrer des haltenden fahrzeugs schon gemäß § 1 stvo gehalten sein, dem fahrzeug der g2. . h2. ein ausholen zu ermöglichen, indem er sein fahrzeug entsprechend versetzt. angesichts des umstands, dass diese konstellation nur sehr selten einzutreten verspricht, vermag dieses problem nicht zur rücksichtslosigkeit der baugenehmigung zu führen. 83bei alldem ist im übrigen zu bedenken, dass der beigeladene und seine mieterin einen anspruch auf gleichbehandlung durch die bauaufsichtsbehörde haben. bei nicht wenigen gewerbebetrieben – vermutlich auch bei der g2. . h2. – sind die fahrwege der kunden-, liefer- und betriebsfahrzeuge gar nicht oder jedenfalls nicht metergenau in der baugenehmigung festgeschrieben. bei der mieterin des beigeladenen besteht zwar – wie oben aufgezeigt – wegen der beschränktheit des platzangebots auf der fläche östlich der halle grundsätzlich das bedürfnis nach einer regelung des fahrzeugverkehrs. ihr selbst für seltene ausnahmefälle minutiöse vorgaben in der baugenehmigung zu machen, erscheint aber überzogen. 843. 85die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1, 162 abs. 3 vwgo. es entspricht nicht der billigkeit, der klägerin auch die außergerichtlichen kosten des beigeladenen aufzuerlegen, da dieser keinen antrag gestellt und sich damit gemäß § 154 abs. 3 vwgo seinerseits keinem kostenrisiko ausgesetzt hat. 86die entscheidung über die vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 vwgo, 708 nr. 11 und 711 zivilprozessordnung. 87rechtsmittelbelehrung: 88gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 891. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 902. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 913. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 924. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 935. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 94die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich einzureichen. 95auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 96im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. | Verklagte*r | 0 |
334,538 | 106 C 96/20 | 2020-12-22T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin gemäß Art. 15 DSGVO eine vollständige Datenauskunft zu den über die Klägerin bei der Beklagten vorhandenen personenbezogenen Daten – mit Ausnahme der Stammdaten der Klägerin – zu erteilen. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von nicht anrechenbaren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 258,17 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 00.00.0000 freizustellen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich des Auskunftsanspruchs jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.500,00 EUR. Die Beklagte kann die Vollstreckung im Übrigen durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um einen Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO. Die im Jahr 1959 geborene Klägerin war von 1984 bis 2008 Mitarbeiterin bei der Beklagten. Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beklagten ist der inzwischen geschiedene Ehemann der Klägerin. Mit Urkunde vom 00.00.0000 sagte die Beklagte der Klägerin eine Altersrente auf Lebenszeit ab Vollendung des 65. Lebensjahres zu. Zur Absicherung dieser Pensionszusage bestanden mehrere Rückdeckungsversicherungen bei der IEJ M-Versicherung AG. Die zu Gunsten des Geschäftsführers der Beklagten bestehende Rückdeckungsversicherung mit der Vers.-Nr. 64422644 war an die Klägerin als Pfandgläubigerin abgetreten worden. Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer der Beklagten wurde im Jahr 2007 geschieden. Im Jahr 2008 schied die Klägerin aus dem Betrieb der Beklagten aus. Die Personalakte der Klägerin befindet sich seitdem bei der Klägerin. Im Jahr 2014 sprach die Beklagte die Kündigung der bei der IEJ M-Versicherung AG geführten und zugunsten der Klägerin verpfändeten Rückdeckungsversicherung Nr. 64422644 aus. Gegenwärtig führt die Klägerin vor dem Landgericht Köln (Az. 26 O 442/19) einen Rechtsstreit gegen die IEJ M-Versicherung BH. Der Beklagten wurde in dem dortigen Verfahren der Streit verkündet. Am 00.00.0000 erbat die Klägerin von der Beklagten unter Bezugnahme auf Art. 15 DSGVO Auskunft über die bei der Beklagten vorhandenen, personenbezogenen Daten der Klägerin. Mit Schreiben vom 00.00.0000 wies die Beklagte darauf hin, dass bei ihr keine Daten mehr vorhanden seien. Mit anwaltlichem Schreiben vom 00.00.0000 forderte die Klägerin die Beklagte erneut zur Datenauskunft nach Art. 15 DSGVO auf und setzte hierfür eine Frist bis zum 00.00.0000. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 00.00.0000 mit, in digitaler Form seien bei der Beklagten keine Daten von der Klägerin gespeichert und in Papierform lediglich „Name, Adresse, Geb.-Datum, Firmen Ein- und Austritt sowie die Daten der Pensionszusage“ vorhanden. 3Die Klägerin behauptet, die Personalakte sei ihr bei ihrem Ausscheiden unvollständig übergeben worden und benötige die Daten als Planungssicherheit für die Zeit ihrer Rente. Sie ist der Ansicht, auch personenbezogene Daten im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Köln unterfielen einem Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO. 4Die Klägerin hat mit der am 00.00.0000 zugestellten Klage ursprünglich u.a. beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin gemäß Art. 15 DSGVO eine vollständige Datenauskunft zu den über die Klägerin bei der Beklagten vorhandenen personenbezogenen Daten zu erteilen. Hinsichtlich der Stammdaten haben die Parteien den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vom 00.00.0000 übereinstimmend für erledigt erklärt. 5Die Klägerin beantragt nunmehr sinngemäß, 6die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin gemäß Art. 15 DSGVO eine vollständige Datenauskunft zu den über die Klägerin bei der Beklagten vorhandenen personenbezogenen Daten mit Ausnahme der Stammdaten zu erteilen; 7die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von nicht anrechenbaren vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von EUR 258,17 freizustellen, zzgl. 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit. 8Die Beklagte beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe schon keine personenbezogenen Daten der Klägerin im Sinne der DSGVO verarbeitet. Außerdem habe sie einen etwaigen Auskunftsanspruch erfüllt. Hierzu behauptet sie, die Klägerin habe alle vorhandenen Daten bei ihrem Ausscheiden mitgenommen. Sie ist weiter der Ansicht, die im Zusammenhang mit dem beim Landgericht Köln anhängigen Rechtsstreit über die Klägerin erlangten Daten unterfielen dem Auskunftsanspruch nicht. 11Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Das Gericht hat die Klägerin angehört. Wegen des Inhaltes der Anhörung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 00.00.0000 Bezug genommen. 12Entscheidungsgründe: 13Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß Art. 15 Abs. 1 DSGVO einen Anspruch auf Auskunft über ihre bei der Beklagten gespeicherten, personenbezogenen Daten. 141. Der sachliche Anwendungsbereich der DSGVO ist eröffnet. Denn gemäß Art. 2 Abs. 2 DSGVO gilt die Verordnung für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Dies ist vorliegend hinsichtlich der im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin erhobenen Daten aber auch hinsichtlich der im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens vor dem Landgericht Köln von der Beklagten erlangten Daten der Fall. 15a) Der Begriff der "personenbezogenen Daten" nach Art. 4 DSGVO ist weit gefasst und umfasst nach der Legaldefinition in Art. 4 Nr. 1 DSGVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierbare natürliche Person beziehen. Unter die Vorschrift fallen somit sowohl im Kontext verwendete persönliche Informationen wie Identifikationsmerkmale (z.B. Name, Anschrift und Geburtsdatum), äußere Merkmale (wie Geschlecht, Augenfarbe, Größe und Gewicht) oder innere Zustände (z.B. Meinungen, Motive, Wünsche, Überzeugungen und Werturteile), als auch sachliche Informationen wie etwa Vermögens- und Eigentumsverhältnisse, Kommunikations- und Vertragsbeziehungen und alle sonstigen Beziehungen der betroffenen Person zu Dritten und ihrer Umwelt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 26.07.2019 – 20 U 75/18 – juris, Rn. 304). 16Dass die Beklagte solche Daten vor dem Hintergrund des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin erhoben hatte, steht außer Frage. Auch die im Zusammenhang mit den Rückdeckungsversicherungen zur Finanzierung der Pensionszusage zugunsten der Klägerin bei der Beklagten gespeicherten Informationen sind personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO. Gleiches gilt aber auch hinsichtlich der aus dem bei dem Landgericht Köln anhängigen Rechtsstreit erlangten Informationen über die Klägerin. 17b) Die Beklagte hat diese Informationen jeweils auch verarbeitet. Nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO gehören zur „Verarbeitung“ personenbezogener Daten „das Erheben, Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung“. Somit ist jeder Vorgang im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten eine "Verarbeitung" gemäß Art. 4 Nr. 2 DSGVO. Die Beklagte verarbeitete personenbezogene Daten der Klägerin, indem sie im Hinblick auf das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin z.B. den Arbeitsvertrag, Lohnabrechnungen, Sozialversicherungs- und Steuernummer, Urlaubsanträge/-bewilligungen, usw. aufbewahrte. Gleiches gilt auch hinsichtlich der Pensionszusage und der unstreitig zu Gunsten der Klägerin als Versorgungsberechtigte verpfändeten Rückdeckungsversicherung und der übrigen Rückdeckungsversicherungen, hinsichtlich derer die Klägerin nach ihrem unbestrittenen Vortrag als versicherte Person Versorgungsberechtigte ist. Auch der Erhalt personenbezogener Daten im Rahmen des Prozesses vor dem Landgericht Köln stellt eine Verarbeitung im Sinne der DSGVO dar, unabhängig von der Frage, ob und ggf. wie die Beklagte diesen Schriftverkehr konkret ablegte. 18c) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass ihre Verarbeitungsweise der personenbezogenen Daten der Klägerin bzgl. des Beschäftigungsverhältnisses nicht unter die DSGVO fällt. Denn bei nichtautomatisierter Verarbeitungsweise umfasst der Begriff des „Dateisystems“ i.S.d. Art. 2 Abs. 2 DSGVO nach Art. 4 Nr. 6 DSGVO jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geographischen Gesichtspunkten geordnet geführt wird. Der Anwendungsbereich der DSGVO erfordert es also gerade nicht, dass Daten digitalisiert worden sind, so dass der Umstand, dass "keine digitalisierte Speicherung" erfolgt sein mag (vgl. Seite 3 des Schriftsatzes der Beklagtenvertreterin vom i), unerheblich ist. 192. Ist somit der sachliche Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet, ergibt sich der klägerseits geltend gemachte Auskunftsanspruch aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Nach Art. 15 Abs. 1 1. Hs. DSGVO bezieht sich der Auskunftsanspruch zunächst auf die Auskunft, ob überhaupt den Anspruchsteller betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden. Sofern dies der Fall ist, besteht nach Art. 15 Abs. 1 2. Hs. DSGVO nicht nur ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten, sondern unter anderem auch über Verarbeitungszwecke, Empfänger, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, die Speicherdauer, die Information über ein Recht auf Berichtigung oder Löschung der personenbezogenen Daten und gegebenenfalls Informationen über die Herkunft der Daten. 20Unter Anwendung dieser Grundsätze steht der Klägerin der geltend gemachte Auskunftsanspruch in dem in Art. 15 Abs. 1 2. Hs. DSGVO dargelegten Umfang zu. Der Anspruch umfasst u.a. die anlässlich des Beschäftigungsverhältnisses bei der Beklagten verarbeiteten und noch vorhandenen, personenbezogenen Daten einschließlich solcher betreffend die Pensionszusage und die Rückdeckungsversicherungen und solcher, die die Beklagte im Rahmen des Prozesses vor dem Landgericht Köln erhielt. Die Beklagte hat der Klägerin sämtliche Informationen u.a. hinsichtlich der Verarbeitungszwecke der Daten, der Dauer der Verarbeitung und der Weitergabe an Dritte offenzulegen. 213. Das Begehren der Klägerin ist auch nicht rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 242 BGB. Zwar ist der eigentliche Zweck des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 DSGVO die Rechtmäßigkeitskontrolle hinsichtlich der Verarbeitung der personenbezogenen Daten (Erwägungsgrund 63). Allein der Umstand, dass der Betroffene darüber hinaus weitere Zwecke verfolgt, macht die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 DSGVO jedoch nicht rechtsmissbräuchlich (vgl. AG Bonn, Urteil vom 30.7.2020 – 118 C 315/19). So ist der Betroffene z.B. berechtigt, personenbezogene Daten zur Vorbereitung eines Gerichtsverfahrens herauszuverlangen (vgl. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.12.2018 – 17 Sa 11/18). Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit dem Auskunftsbegehren ausschließlich oder ganz überwiegend sachfremde Ziele verfolgt (vgl. Lembke, NJW 2020, 1841, 1845), liegen nicht vor. 224. Dass dem Auskunftsanspruch der Klägerin Rechte und Interessen der Beklagten oder Dritter an der Geheimhaltung der Informationen entgegenstehen könnten, vgl. Art. 15 Absatz 4 DSGVO, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Allein der Umstand, dass eine Datenauskunft an die Klägerin möglicherweise auch Informationen über die wirtschaftliche Situation der Beklagten enthalten könnte, genügt nicht. Auch ein mit der Sichtung und Offenlegung der personenbezogenen Daten verbundener, unverhältnismäßig großer Aufwand ist nicht dargetan worden. 235. Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht durch Erfüllung gemäß § 362 Absatz 1 BGB erloschen. Hinsichtlich der in der Personalakte vorhandenen, personenbezogenen Daten erfolgte eine etwaige Aushändigung der Personalakte jedenfalls nicht in Ansehung eines datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs (vgl. AG Bonn, Urteil vom 30.7.2020 – 118 C 315/19), sodass es dahingestellt bleiben kann, ob die Klägerin die Personalakte mitnahm oder ihr sie ausgehändigt wurde. Hinsichtlich der im Rahmen des Rechtsstreits vor dem Landgericht Köln verarbeiteten, personenbezogenen Daten werden Tatsachen, die den Einwand der Erfüllung begründen könnten, ohnehin nicht vorgetragen. 246. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass ihr die Erfüllung des Auskunftsanspruchs unmöglich i.S.d. § 275 Abs. 1 BGB ist. Hinsichtlich der im Rahmen des Rechtsstreits vor dem Landgericht Köln verarbeiteten, personenbezogenen Daten wird der Einwand nicht erhoben. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, die Klägerin habe mit Firmenaustritt "sämtliche sie betreffende Unterlagen der Beklagten" (vgl. Seite 2 der Klageerwiderung vom 00.00.0000) mitgenommen, ist dies nicht hinreichend substantiiert. Es fehlt schon an Vortrag dazu, dass uneingeschränkt alle Unterlagen, die personenbezogene Daten der Klägerin enthielten (welche konkret?), ausschließlich in der Personalakte aufbewahrt wurden. Dies erscheint ohnehin zweifelhaft, nachdem die Beklagte in diesem Zusammenhang widersprüchlich vorträgt, indem sie einerseits behauptet, die Klägern habe sämtliche sie betreffenden Unterlagen mitgenommen, andererseits aber vorträgt, alle weiteren Unterlagen seien zwischenzeitlich vernichtet worden (vgl. Seite 2 der Klageerwiderung vom 00.00.0000). Zudem hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung bekundet, sie habe die Personalakte seitens des Geschäftsführers der Beklagten so, wie sie sie zum Termin mitgebracht habe, erhalten. Das Gericht hat die Personalakte daraufhin in Augenschein genommen und dabei festgestellt, dass z.B. die Lohnabrechnungen ab dem Jahr 2005 fehlten. Angaben zu den Rückdeckungsversicherungen enthielt die Personalakte ebenso wenig wie die Pensionszusage selbst. Diese Substantiierungsmängel hat die Beklagte nicht beheben können, zumal der Geschäftsführer der Beklagten trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens im Termin nicht anwesend war. Mangels hinreichenden Tatsachenvortrags kam eine Beweisaufnahme somit nicht in Betracht. 25Von dem Erlass eines Ordnungsgeldbeschlusses gegen den Geschäftsführer der Beklagten wird im Hinblick auf die prozessualen Nachteile, die der Beklagten durch die Abwesenheit ihres Geschäftsführers entstanden sind, abgesehen. Ob die im Termin vorgelegte Vollmacht gemäß § 141 Abs. 3 ZPO das persönliche Erscheinen ersetzt, was nur bei Gleichwertigkeit der Fall wäre und fraglich sein dürfte, kann somit dahinstehen. 26Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 258,17 EUR aus §§ 280 Absatz 2, 286 Absatz 1 Satz 1, 249, 257 BGB. 27Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291 Absatz 1 Satz 1 1. Hs., 288 Absatz 1 BGB. 28Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 91a, 708 Nr. 11, 709 Satz 1, Satz 2, 711 Satz 1, Satz 2 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit im Umfang der bereits erteilten Auskunft übereinstimmend für erledigt erklärt haben, sind die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen. Dies entspricht billigem Ermessen. Denn im Zeitpunkt der Klageerhebung befand sich die Beklagte mit der Erteilung der Datenauskunft in Verzug, vgl. § 286 Abs. 1 BGB. Bereits mit Schreiben vom 00.00.0000 und erneut mit Anwaltsschreiben vom 00.00.0000 (mit Fristsetzung bis zum 00.00.0000) forderte die Klägerin die Beklagte zur Datenauskunft auf, ohne dass die Beklagte dieser Aufforderung hinreichend nachkam, auch nicht in Bezug auf die Stammdaten der Klägerin. Die Informationen, die in dem außergerichtlichen Schreiben der Beklagten vom 00.00.0000 enthalten waren, genügen den Anforderungen an die Erfüllung nicht. Es wurde lediglich mitgeteilt, dass Stammdaten erhoben, nicht aber, welche Daten konkret verarbeitet wurden. 29Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt. | die beklagte wird verurteilt, der klägerin gemäß art. 15 dsgvo eine vollständige datenauskunft zu den über die klägerin bei der beklagten vorhandenen personenbezogenen daten – mit ausnahme der stammdaten der klägerin – zu erteilen. die beklagte wird verurteilt, die klägerin von nicht anrechenbaren vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten in höhe von eur 258,17 nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 00.00.0000 freizustellen. die beklagte trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich des auskunftsanspruchs jedoch nur gegen sicherheitsleistung in höhe von 5.500,00 eur. die beklagte kann die vollstreckung im übrigen durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1 | 2die parteien streiten um einen auskunftsanspruch nach art. 15 dsgvo. die im jahr 1959 geborene klägerin war von 1984 bis 2008 mitarbeiterin bei der beklagten. geschäftsführer und alleingesellschafter der beklagten ist der inzwischen geschiedene ehemann der klägerin. mit urkunde vom 00.00.0000 sagte die beklagte der klägerin eine altersrente auf lebenszeit ab vollendung des 65. lebensjahres zu. zur absicherung dieser pensionszusage bestanden mehrere rückdeckungsversicherungen bei der iej m-versicherung ag. die zu gunsten des geschäftsführers der beklagten bestehende rückdeckungsversicherung mit der vers.-nr. 64422644 war an die klägerin als pfandgläubigerin abgetreten worden. die ehe zwischen der klägerin und dem geschäftsführer der beklagten wurde im jahr 2007 geschieden. im jahr 2008 schied die klägerin aus dem betrieb der beklagten aus. die personalakte der klägerin befindet sich seitdem bei der klägerin. im jahr 2014 sprach die beklagte die kündigung der bei der iej m-versicherung ag geführten und zugunsten der klägerin verpfändeten rückdeckungsversicherung nr. 64422644 aus. gegenwärtig führt die klägerin vor dem landgericht köln (az. 26 o 442/19) einen rechtsstreit gegen die iej m-versicherung bh. der beklagten wurde in dem dortigen verfahren der streit verkündet. am 00.00.0000 erbat die klägerin von der beklagten unter bezugnahme auf art. 15 dsgvo auskunft über die bei der beklagten vorhandenen, personenbezogenen daten der klägerin. mit schreiben vom 00.00.0000 wies die beklagte darauf hin, dass bei ihr keine daten mehr vorhanden seien. mit anwaltlichem schreiben vom 00.00.0000 forderte die klägerin die beklagte erneut zur datenauskunft nach art. 15 dsgvo auf und setzte hierfür eine frist bis zum 00.00.0000. die beklagte teilte der klägerin mit schreiben vom 00.00.0000 mit, in digitaler form seien bei der beklagten keine daten von der klägerin gespeichert und in papierform lediglich „name, adresse, geb.-datum, firmen ein- und austritt sowie die daten der pensionszusage“ vorhanden. 3die klägerin behauptet, die personalakte sei ihr bei ihrem ausscheiden unvollständig übergeben worden und benötige die daten als planungssicherheit für die zeit ihrer rente. sie ist der ansicht, auch personenbezogene daten im zusammenhang mit dem rechtsstreit vor dem landgericht köln unterfielen einem auskunftsanspruch nach art. 15 dsgvo. 4die klägerin hat mit der am 00.00.0000 zugestellten klage ursprünglich u.a. beantragt, die beklagte zu verurteilen, der klägerin gemäß art. 15 dsgvo eine vollständige datenauskunft zu den über die klägerin bei der beklagten vorhandenen personenbezogenen daten zu erteilen. hinsichtlich der stammdaten haben die parteien den rechtsstreit in der mündlichen verhandlung vom 00.00.0000 übereinstimmend für erledigt erklärt. 5die klägerin beantragt nunmehr sinngemäß, 6die beklagte zu verurteilen, der klägerin gemäß art. 15 dsgvo eine vollständige datenauskunft zu den über die klägerin bei der beklagten vorhandenen personenbezogenen daten mit ausnahme der stammdaten zu erteilen; 7die beklagte zu verurteilen, die klägerin von nicht anrechenbaren vorgerichtlichen anwaltskosten in höhe von eur 258,17 freizustellen, zzgl. 5 prozentpunkte über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit. 8die beklagte beantragt, 9die klage abzuweisen. 10die beklagte ist der ansicht, sie habe schon keine personenbezogenen daten der klägerin im sinne der dsgvo verarbeitet. außerdem habe sie einen etwaigen auskunftsanspruch erfüllt. hierzu behauptet sie, die klägerin habe alle vorhandenen daten bei ihrem ausscheiden mitgenommen. sie ist weiter der ansicht, die im zusammenhang mit dem beim landgericht köln anhängigen rechtsstreit über die klägerin erlangten daten unterfielen dem auskunftsanspruch nicht. 11wegen des weiteren sach- und streitstandes wird auf die wechselseitigen schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. das gericht hat die klägerin angehört. wegen des inhaltes der anhörung wird auf das protokoll der mündlichen verhandlung vom 00.00.0000 bezug genommen. 12 | 13die zulässige klage ist begründet. die klägerin hat gegen die beklagte gemäß art. 15 abs. 1 dsgvo einen anspruch auf auskunft über ihre bei der beklagten gespeicherten, personenbezogenen daten. 141. der sachliche anwendungsbereich der dsgvo ist eröffnet. denn gemäß art. 2 abs. 2 dsgvo gilt die verordnung für die ganz oder teilweise automatisierte verarbeitung personenbezogener daten sowie für die nichtautomatisierte verarbeitung personenbezogener daten, die in einem dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. dies ist vorliegend hinsichtlich der im rahmen des beschäftigungsverhältnisses der klägerin erhobenen daten aber auch hinsichtlich der im rahmen des gerichtlichen verfahrens vor dem landgericht köln von der beklagten erlangten daten der fall. 15a) der begriff der "personenbezogenen daten" nach art. 4 dsgvo ist weit gefasst und umfasst nach der legaldefinition in art. 4 nr. 1 dsgvo alle informationen, die sich auf eine identifizierbare natürliche person beziehen. unter die vorschrift fallen somit sowohl im kontext verwendete persönliche informationen wie identifikationsmerkmale (z.b. name, anschrift und geburtsdatum), äußere merkmale (wie geschlecht, augenfarbe, größe und gewicht) oder innere zustände (z.b. meinungen, motive, wünsche, überzeugungen und werturteile), als auch sachliche informationen wie etwa vermögens- und eigentumsverhältnisse, kommunikations- und vertragsbeziehungen und alle sonstigen beziehungen der betroffenen person zu dritten und ihrer umwelt (vgl. olg köln, urteil vom 26.07.2019 – 20 u 75/18 – juris, rn. 304). 16dass die beklagte solche daten vor dem hintergrund des beschäftigungsverhältnisses der klägerin erhoben hatte, steht außer frage. auch die im zusammenhang mit den rückdeckungsversicherungen zur finanzierung der pensionszusage zugunsten der klägerin bei der beklagten gespeicherten informationen sind personenbezogene daten im sinne von art. 4 nr. 1 dsgvo. gleiches gilt aber auch hinsichtlich der aus dem bei dem landgericht köln anhängigen rechtsstreit erlangten informationen über die klägerin. 17b) die beklagte hat diese informationen jeweils auch verarbeitet. nach art. 4 nr. 2 dsgvo gehören zur „verarbeitung“ personenbezogener daten „das erheben, erfassen, die organisation, das ordnen, die speicherung, die anpassung oder veränderung, das auslesen, das abfragen, die verwendung, die offenlegung durch übermittlung, verbreitung oder eine andere form der bereitstellung, den abgleich oder die verknüpfung, die einschränkung, das löschen oder die vernichtung“. somit ist jeder vorgang im zusammenhang mit personenbezogenen daten eine "verarbeitung" gemäß art. 4 nr. 2 dsgvo. die beklagte verarbeitete personenbezogene daten der klägerin, indem sie im hinblick auf das beschäftigungsverhältnis der klägerin z.b. den arbeitsvertrag, lohnabrechnungen, sozialversicherungs- und steuernummer, urlaubsanträge/-bewilligungen, usw. aufbewahrte. gleiches gilt auch hinsichtlich der pensionszusage und der unstreitig zu gunsten der klägerin als versorgungsberechtigte verpfändeten rückdeckungsversicherung und der übrigen rückdeckungsversicherungen, hinsichtlich derer die klägerin nach ihrem unbestrittenen vortrag als versicherte person versorgungsberechtigte ist. auch der erhalt personenbezogener daten im rahmen des prozesses vor dem landgericht köln stellt eine verarbeitung im sinne der dsgvo dar, unabhängig von der frage, ob und ggf. wie die beklagte diesen schriftverkehr konkret ablegte. 18c) die beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass ihre verarbeitungsweise der personenbezogenen daten der klägerin bzgl. des beschäftigungsverhältnisses nicht unter die dsgvo fällt. denn bei nichtautomatisierter verarbeitungsweise umfasst der begriff des „dateisystems“ i.s.d. art. 2 abs. 2 dsgvo nach art. 4 nr. 6 dsgvo jede strukturierte sammlung personenbezogener daten, die nach bestimmten kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geographischen gesichtspunkten geordnet geführt wird. der anwendungsbereich der dsgvo erfordert es also gerade nicht, dass daten digitalisiert worden sind, so dass der umstand, dass "keine digitalisierte speicherung" erfolgt sein mag (vgl. seite 3 des schriftsatzes der beklagtenvertreterin vom i), unerheblich ist. 192. ist somit der sachliche anwendungsbereich der dsgvo eröffnet, ergibt sich der klägerseits geltend gemachte auskunftsanspruch aus art. 15 abs. 1 dsgvo. nach art. 15 abs. 1 1. hs. dsgvo bezieht sich der auskunftsanspruch zunächst auf die auskunft, ob überhaupt den anspruchsteller betreffende personenbezogene daten verarbeitet werden. sofern dies der fall ist, besteht nach art. 15 abs. 1 2. hs. dsgvo nicht nur ein recht auf auskunft über diese personenbezogenen daten, sondern unter anderem auch über verarbeitungszwecke, empfänger, gegenüber denen die personenbezogenen daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, die speicherdauer, die information über ein recht auf berichtigung oder löschung der personenbezogenen daten und gegebenenfalls informationen über die herkunft der daten. 20unter anwendung dieser grundsätze steht der klägerin der geltend gemachte auskunftsanspruch in dem in art. 15 abs. 1 2. hs. dsgvo dargelegten umfang zu. der anspruch umfasst u.a. die anlässlich des beschäftigungsverhältnisses bei der beklagten verarbeiteten und noch vorhandenen, personenbezogenen daten einschließlich solcher betreffend die pensionszusage und die rückdeckungsversicherungen und solcher, die die beklagte im rahmen des prozesses vor dem landgericht köln erhielt. die beklagte hat der klägerin sämtliche informationen u.a. hinsichtlich der verarbeitungszwecke der daten, der dauer der verarbeitung und der weitergabe an dritte offenzulegen. 213. das begehren der klägerin ist auch nicht rechtsmissbräuchlich i.s.d. § 242 bgb. zwar ist der eigentliche zweck des auskunftsanspruchs aus art. 15 dsgvo die rechtmäßigkeitskontrolle hinsichtlich der verarbeitung der personenbezogenen daten (erwägungsgrund 63). allein der umstand, dass der betroffene darüber hinaus weitere zwecke verfolgt, macht die geltendmachung des auskunftsanspruchs aus art. 15 dsgvo jedoch nicht rechtsmissbräuchlich (vgl. ag bonn, urteil vom 30.7.2020 – 118 c 315/19). so ist der betroffene z.b. berechtigt, personenbezogene daten zur vorbereitung eines gerichtsverfahrens herauszuverlangen (vgl. lag baden-württemberg, urteil vom 20.12.2018 – 17 sa 11/18). hinreichende anhaltspunkte dafür, dass die klägerin mit dem auskunftsbegehren ausschließlich oder ganz überwiegend sachfremde ziele verfolgt (vgl. lembke, njw 2020, 1841, 1845), liegen nicht vor. 224. dass dem auskunftsanspruch der klägerin rechte und interessen der beklagten oder dritter an der geheimhaltung der informationen entgegenstehen könnten, vgl. art. 15 absatz 4 dsgvo, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. allein der umstand, dass eine datenauskunft an die klägerin möglicherweise auch informationen über die wirtschaftliche situation der beklagten enthalten könnte, genügt nicht. auch ein mit der sichtung und offenlegung der personenbezogenen daten verbundener, unverhältnismäßig großer aufwand ist nicht dargetan worden. 235. der anspruch der klägerin ist auch nicht durch erfüllung gemäß § 362 absatz 1 bgb erloschen. hinsichtlich der in der personalakte vorhandenen, personenbezogenen daten erfolgte eine etwaige aushändigung der personalakte jedenfalls nicht in ansehung eines datenschutzrechtlichen auskunftsanspruchs (vgl. ag bonn, urteil vom 30.7.2020 – 118 c 315/19), sodass es dahingestellt bleiben kann, ob die klägerin die personalakte mitnahm oder ihr sie ausgehändigt wurde. hinsichtlich der im rahmen des rechtsstreits vor dem landgericht köln verarbeiteten, personenbezogenen daten werden tatsachen, die den einwand der erfüllung begründen könnten, ohnehin nicht vorgetragen. 246. die beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass ihr die erfüllung des auskunftsanspruchs unmöglich i.s.d. § 275 abs. 1 bgb ist. hinsichtlich der im rahmen des rechtsstreits vor dem landgericht köln verarbeiteten, personenbezogenen daten wird der einwand nicht erhoben. soweit sich die beklagte darauf beruft, die klägerin habe mit firmenaustritt "sämtliche sie betreffende unterlagen der beklagten" (vgl. seite 2 der klageerwiderung vom 00.00.0000) mitgenommen, ist dies nicht hinreichend substantiiert. es fehlt schon an vortrag dazu, dass uneingeschränkt alle unterlagen, die personenbezogene daten der klägerin enthielten (welche konkret?), ausschließlich in der personalakte aufbewahrt wurden. dies erscheint ohnehin zweifelhaft, nachdem die beklagte in diesem zusammenhang widersprüchlich vorträgt, indem sie einerseits behauptet, die klägern habe sämtliche sie betreffenden unterlagen mitgenommen, andererseits aber vorträgt, alle weiteren unterlagen seien zwischenzeitlich vernichtet worden (vgl. seite 2 der klageerwiderung vom 00.00.0000). zudem hat die klägerin in der mündlichen verhandlung bekundet, sie habe die personalakte seitens des geschäftsführers der beklagten so, wie sie sie zum termin mitgebracht habe, erhalten. das gericht hat die personalakte daraufhin in augenschein genommen und dabei festgestellt, dass z.b. die lohnabrechnungen ab dem jahr 2005 fehlten. angaben zu den rückdeckungsversicherungen enthielt die personalakte ebenso wenig wie die pensionszusage selbst. diese substantiierungsmängel hat die beklagte nicht beheben können, zumal der geschäftsführer der beklagten trotz anordnung des persönlichen erscheinens im termin nicht anwesend war. mangels hinreichenden tatsachenvortrags kam eine beweisaufnahme somit nicht in betracht. 25von dem erlass eines ordnungsgeldbeschlusses gegen den geschäftsführer der beklagten wird im hinblick auf die prozessualen nachteile, die der beklagten durch die abwesenheit ihres geschäftsführers entstanden sind, abgesehen. ob die im termin vorgelegte vollmacht gemäß § 141 abs. 3 zpo das persönliche erscheinen ersetzt, was nur bei gleichwertigkeit der fall wäre und fraglich sein dürfte, kann somit dahinstehen. 26die klägerin hat gegen die beklagte einen anspruch auf freistellung von den vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten in höhe von 258,17 eur aus §§ 280 absatz 2, 286 absatz 1 satz 1, 249, 257 bgb. 27der zinsanspruch folgt aus §§ 291 absatz 1 satz 1 1. hs., 288 absatz 1 bgb. 28die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 91a, 708 nr. 11, 709 satz 1, satz 2, 711 satz 1, satz 2 zpo. soweit die parteien den rechtsstreit im umfang der bereits erteilten auskunft übereinstimmend für erledigt erklärt haben, sind die kosten des rechtsstreits der beklagten aufzuerlegen. dies entspricht billigem ermessen. denn im zeitpunkt der klageerhebung befand sich die beklagte mit der erteilung der datenauskunft in verzug, vgl. § 286 abs. 1 bgb. bereits mit schreiben vom 00.00.0000 und erneut mit anwaltsschreiben vom 00.00.0000 (mit fristsetzung bis zum 00.00.0000) forderte die klägerin die beklagte zur datenauskunft auf, ohne dass die beklagte dieser aufforderung hinreichend nachkam, auch nicht in bezug auf die stammdaten der klägerin. die informationen, die in dem außergerichtlichen schreiben der beklagten vom 00.00.0000 enthalten waren, genügen den anforderungen an die erfüllung nicht. es wurde lediglich mitgeteilt, dass stammdaten erhoben, nicht aber, welche daten konkret verarbeitet wurden. 29der streitwert wird auf 5.000,00 eur festgesetzt. | Klaeger*in | 1 |
172,216 | 26 K 4682/13 | 2014-08-05T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 19. Februar 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Oberbürgermeisters der Stadt E. vom 29. April 2013 verpflichtet, dem Kläger Zugang zu der aktuellen Diensttelefonliste des Beklagten zu gewähren. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt von dem Beklagten, ihm Zugang zu dessen aktueller Diensttelefonliste zu gewähren. Der Beklagte ist Rechtsnachfolger der im September 2004 von der Stadt E. und der Agentur für Arbeit E. gegründeten ARGE E. und steht in gemeinsamer Trägerschaft der Stadt E. und der Agentur für Arbeit. 3Das Service-Center des Beklagten ist telefonisch unter einer Zentralnummer von Montag bis Freitag von 08:00-18:00 Uhr erreichbar. Wenn die vom Anrufer gestellten konkreten Fragen über das Service-Center nicht abschließend geklärt werden können, werden sie laut den auf der Homepage veröffentlichten Hinweisen an die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den jobcenter-Bereichen weitergeleitet. Von dort erhalten die Kunden dann laut Homepage zeitnah eine Rückmeldung. 4Den vom Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil des VG Leipzig vom 10. Januar 2013 5 K 981/11 gestellten Antrag auf Übersendung einer Telefonliste des Beklagten, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19. Februar 2013 ab. 5Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Oberbürgermeister der Stadt E. „im Namen und im Auftrag des Jobcenter E. “ durch Widerspruchsbescheid vom 29. April 2013 – zugestellt am 2. Mai 2013 - als unbegründet zurück. 6Der Kläger hat am 25. Mai 2013 Klage erhoben. 7Er trägt unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des vorgenannten Urteils des VG Leipzig vor: Bei den Telefonlisten handele es sich nicht um schutzbedürftige persönliche Daten der betroffenen Mitarbeiter. Es gehe allein darum, die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter telefonisch erreichen zu können. Nachname und Telefonnummer seien ausreichend. Die Befürchtung, dass die Funktionsfähigkeit des Jobcenters gefährdet würde, sei durch nichts belegt. Bei fast allen Sozialbehörden der BRD seien in den Anschreiben stets die Sachbearbeiter mit Telefonnummer genannt worden. Auch im Bereich der Stadt E. sei es selbstverständlich, dass Telefonnummer und Name des Sachbearbeiters auf Bescheiden bzw. Anschreiben erscheine. Die einzige Ausnahme machten seit einigen Jahren die Familienkasse und die Bundesagentur für Arbeit bzw. die Jobcenter. Aus beruflichen Gründen sei er – der Kläger – jedoch dringend darauf angewiesen, die Sachbearbeiter telefonisch erreichen zu können. Es diene der unkomplizierten und unbürokratischen Abwicklung, wenn er sich in Streit- oder Zweifelsfällen unmittelbar per Telefon an den zuständigen Sachbearbeiter wenden könne. So werde dies gerade auch in den von der Rechtsstelle der Stadt bearbeiteten Widerspruchsverfahren gehandhabt. Die Telefonverbindung über das Callcenter sei schlechthin unzumutbar. In der Regel werde man, nachdem der Anruf längere Zeit in der Warteschleife hänge, nicht mit dem Sachbearbeiter verbunden. Von vielen Jobcentern würden die Telefonlisten wie selbstverständlich bekanntgegeben. 8Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 9den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 19. Februar 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Oberbürgermeisters der Stadt E. vom 29. April 2013 zu verpflichten, ihm Zugang zu der aktuellen Diensttelefonliste des Beklagten zu gewähren. 10Der Beklagte beantragt schriftsätzlich, 11die Klage abzuweisen. 12Er wendet ein: Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich nicht aus dem IFG. Aus § 11 Abs. 2 IFG ergebe sich eindeutig, dass eine Verpflichtung zur Herausgabe allein für anonymisierte Organisations- und Aktenpläne ohne Angabe personenbezogener Daten bestehe. Über die Veröffentlichungspflicht nach § 11 Abs. 2 IFG hinausgehende amtliche Informationen seien vorbehaltlich etwaiger Ausnahmetatbestände auf Antrag mitzuteilen. Der diesbezüglich gestellte Antrag sei jedoch abzulehnen, weil entsprechende Ausnahmetatbestände entgegenstünden. Über die personenbezogenen Daten der Mitarbeiter könne der Staat nicht beliebig verfügen. Gemäß § 5 Abs. 1 IFG genieße der Schutz personenbezogener Daten Vorrang vor dem Informationsinteresse eines Antragstellers, wenn dieses Informationsinteresse nicht im Einzelfall überwiege. Mitarbeiterdaten, die Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit seien, unterlägen generell keiner Geheimhaltungspflicht. Erforderlich sei jedoch stets ein konkreter Bezug zu einem laufenden Bearbeitungsvorgang. Werde dagegen wie hier explizit die Herausgabe von Mitarbeiterdaten verlangt, die nicht unter § 11 Abs. 2 IFG fielen, handele es sich nicht um einen von § 5 Abs. 4 IFG erfassten Fall, sondern um personenbezogene Daten der Mitarbeiter, deren Schutz im Rahmen einer vorzunehmenden Abwägung zu gewährleisten sei. Hier falle ins Gewicht, dass das Interesse des Klägers an dem Zugang zur Telefonliste als gering einzustufen sei. Dagegen sei das schutzwürdige Interesse der Mitarbeiter des Beklagten von erheblichem Gewicht. Neben dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei zu beachten, dass eine ungefilterte und umfassende Herausgabe der Telefonlisten einen Rückschluss über den Beruf der betroffenen Mitarbeiter zulasse und zudem die Funktionsfähigkeit des Jobcenters gefährdet wäre. Dem Interesse des anrufenden Kunden könne ebenso gut gedient werden, wenn er über die Zentralnummer zu einem gesprächsbereiten Mitarbeiter weitergeleitet werde. Zudem werde dem datenschutzrechtlichen Interesse der anrufenden Kunden nicht entsprochen, wenn der örtlich anwesende Kunde das Gespräch mithören könne. Rechtlich unbeachtlich sei auch, ob andere Behörden dem Kläger eine Telefonliste zur Verfügung stellen würden. Aus der Gesetzesbegründung zum IFG gehe hervor, dass es sich bei Name und Rufnummer ums sonstige amtliche Informationen im Sinne des IFG handele und dass diese allein nach vorheriger Antragstellung und umfassender Interessenabwägung herausgegeben werden könnten, wenn Ausnahmetatbestände nicht vorlägen. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sei die persönliche Sicherheit der Mitarbeiter, deren Arbeitsfähigkeit und das behördliche Interesse an einer ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung im jeweiligen Einzelfall umfassend gegen das Auskunftsinteresse des Antragstellers abzuwägen. Der Beklagte setze insoweit lediglich die Einschätzungen des Deutschen Bundestags in tägliche Verwaltungspraxis um. Die Mitarbeiter des jobcenter stünden zu einem Großteil ihrer Arbeitszeit in unmittelbarem Kundenkontakt. Insofern bestehe in diesen Zeiträumen gar nicht die Möglichkeit, Telefonanrufe entgegenzunehmen. Ohne genaue Kenntnis des Falles bzw. ohne Beiziehung der Leistungsakten könnten konkrete Fragen zum Fall ohnehin nicht beantwortet werden. Insofern stelle die unmittelbare telefonische Erreichbarkeit für den Kläger gar keinen nennenswerten Vorteil dar, da ohnehin zunächst eine Einarbeitung und dann ein entsprechender Rückruf notwendig sei. Deshalb lasse sich die Kontaktaufnahme ohne weiteres und besser über das Service Center erreichen. Es erscheine zudem unter Berücksichtigung des Gesetzeswecks zweifelhaft, ob die Herausgabe einer umfangreichen Telefonliste ohne jeden Bezug zu einem laufenden Verwaltungsverfahren Gegenstand des Auskunftsanspruchs sein könne. Angesichts der Vielzahl der möglichen Belange, die in die Abwägung der widerstreitenden Interessen einzustellen seien, sei die getroffene Entscheidung jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft. 13Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Das Gericht entscheidet gemäß § 101 Abs. 2 VwGO im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung. 17Die Klage ist als Verpflichtungsklage – der Kläger begehrt den Erlass eines ihn begünstigenden Verwaltungsaktes – zulässig. Insbesondere ist der Beklagte beteiligtenfähig im Sinne von § 61 Nr. 1 VwGO, weil das jobcenter einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gleichsteht. 18BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 4 AS 90/10 R – juris. 19Die Verpflichtungsklage des Klägers ist auch begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 26. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Oberbürgermeistes der Stadt E. vom 20. März 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zugang zu einer aktuellen Diensttelefonliste des Beklagten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). 20Die Klage richtet sich zu Recht gegen den Beklagen. Dieser ist passivlegitimiert. Bei dem beklagten Jobcenter handelt es sich um eine gemeinsame Einrichtung im Sinne von § 6 d und § 44 b Abs. 1 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S. 850, 2094), die mit Wirkung vom 1. Januar 2011 kraft Gesetzes als (teil-) rechtsfähige öffentlich-rechtliche Gesellschaft sui generis entstanden ist. Die gemeinsame Einrichtung nimmt entsprechend § 44 b Abs. 1 Satz 2 die Aufgaben der Träger nach dem SGB II wahr und ist nach Satz 3 befugt, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG gilt dieses Gesetz auch für sonstige Bundesorgane und Bundeseinrichtungen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Das tut der Beklagte hier, weshalb sich der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber der gemeinsamen Einrichtung gemäß § 50 Abs. 4 Satz 2 SGB II nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes richtet. 21Vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 31. März 2014 – 7 K 1755/13 – juris; VG Gießen, Urteil vom 24. Februar 2014 – 4 K 2911/13.GI – juris; VG Leipzig, Urteil vom 10. Januar 2013 - 5 K 981/11 - ZFSH/SGB 2013, 168 . 22Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist mithin § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die Vorschrift gewährt als Grundnorm des Informationsfreiheitsgesetzes einen freien (voraussetzungslosen) Informationszugangsanspruch für jedermann, somit auch für den Kläger. Der Anspruch ist grundsätzlich nicht abhängig von einem besonderen Interesse. 23Vgl. VG Leipzig, Urteil vom 10. Januar 2013, a.a.O. 24Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG liegen vor. 25Bei den hier streitigen Telefonnummern handelt es sich um amtliche Informationen i. S. v. § 2 Nr. 1 erster Halbsatz IFG. Danach ist eine amtliche Information jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Hierunter fallen die hier begehrten dienstlichen Durchwahlnummern der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Beklagten, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind, 26vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 31. März 2014 a.a.O., m.w.N.; VG Gießen, Urteil vom 24. Februar 2014, a.a.O.; VG Leipzig, Urteil vom 10. Januar 2013, a.a.O.; a.A.: VG Ansbach, Urteil vom 27. Mai 2014 – AN 4 K 13.01194 – juris. 27Für die Einordnung als amtliche Information spricht auch, dass gemäß § 5 Abs. 4 IFG u. a. Bürotelekommunikationsnummern von Bearbeitern vom Informationszugang nicht ausgeschlossen sind, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist. 28An dem Charakter als amtliche Information im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes ändert sich nicht deshalb etwas, weil es im vorliegenden Fall nicht um die dienstliche Telefonnummer eines einzelnen Mitarbeiters im Zusammenhang mit einem konkreten Verwaltungsvorgang, sondern losgelöst hiervon um die Telefondurchwahlliste aller Mitarbeiter geht. § 2 Nr. 1 IFG selbst enthält eine solche Einschränkung des Informationsanspruches auf einen konkreten Verwaltungsvorgang nicht. Sie stünde auch nicht in Einklang mit dem Grundsatz des § 1 Abs. 1 IFG, der gerade keine weiteren Einschränkungen auf eine besondere Betroffenheit oder auf konkrete Verwaltungsvorgänge enthält. Dem Informationsfreiheitsgesetz lässt sich auch sonst keine Einschränkung dahin entnehmen, die Telefonlisten amtlicher Stellen seien als solche keine amtlichen Informationen i.S.v. § 2 Nr. 1 IFG (vgl. auch BT-Drs. 15/449 S. 16). 29Die begehrten Informationen stehen dem Beklagten auch zur Verfügung und müssen nicht „erstellt" werden. Unstreitig existiert eine Liste mit den Durchwahlen sämtlicher Mitarbeiter. 30Dem Informationsanspruch des Klägers stehen keine Ausschlussgründe entgegen. § 11 Abs. 2 IFG, wonach Organisations- und Aktenpläne ohne Angabe personenbezogener Daten nach Maßgabe dieses Gesetzes allgemein zugänglich zu machen sind, enthält keine Beschränkung des Informationsanspruchs zu Lasten des Bürgers, sondern lediglich ein Handlungsgebot, das den durch Antrag geltend zu machenden Anspruch auf Zugang zu personalisierten Listen mit amtlichen Durchwahlnummern unberührt lässt, 31vgl. VG Gießen, Urteil vom 24. Februar 2014, a.a.O. 32Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden könnte (§ 3 Nr. 2 IFG). Es spricht nichts dafür, dass per se die Funktionsfähigkeit des Beklagten dadurch infrage gestellt wäre, dass der Kläger, der als Rechtsanwalt Organ der Rechtspflege ist, Zugang zu den Durchwahlnummern der Mitarbeiter des Beklagten erhält. Ungeachtet dessen, dass der Kläger nicht die öffentliche Bekanntgabe der Nummern erstrebt, ist zu beachten, dass die telefonische Kommunikation mit dem Bürger Teil behördlicher Aufgabe ist. Es ist Ausdruck modernen staatlichen Selbstverständnisses, die telefonische Erreichbarkeit in beiden Richtungen unmittelbar sicherzustellen. 33Vgl. auch VG Leipzig, Urteil vom 10. Januar 2013 a.a.O. 34Der vom Beklagten geltend gemachte Ausnahmetatbestand des § 5 Abs. 1 IFG liegt nicht vor. 35a.A.: VG Ansbach, Urteil vom 27. Mai 2014 a.a.O.. 36Nach der genannten Vorschrift darf Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Insoweit schließt sich das Gericht den überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Leipzig in seinem – bereits zitierten - Urteil an. In den Entscheidungsgründen des VG Leipzig heißt es: 37„Gemäß § 5 Abs. 1 IFG darf Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt. Dritter ist nach § 2 Nr. 2 IFG jeder, über den personenbezogene Daten oder sonstige Informationen vorliegen. § 5 Abs. 1 IFG eröffnet nach seinem Wortlaut und auch nach der systematischen Konstruktion des Informationszugangsanspruchs kein Ermessen (vgl. auch Schoch, IFG, 1 Aufl. 2009, § 5 Rdnr. 14: a. A. VG Karlsruhe, a.a.O.). Nach erfolgter Abwägung ergeht eine rechtlich gebundene Entscheidung. Für die Konstellation des § 5 Abs. 4 IFG ist diese Abwägung gesetzlich stark vorgeformt (vgl. Schoch, a. a O. Rdnr. 14). Nach § 5 Abs. 4 IFG sind unter anderem Name und Bürotelekommunikationsnummer von Bearbeitern vom Informationszugang nicht ausgeschlossen, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist. Soweit also die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 4 IFG vorliegen, sind schutzwürdige Interessen eines Dritten i. S. v. § 5 Abs. 1 IFG nicht betroffen. Das ist auch das Verständnis des Gesetzgebers, wonach Amtsträger insoweit keine Dritten sind, als es um die Weitergabe von Daten geht, die sich auf ihre Amtsträgerfunktionen beziehen (vgl. BT-Drs. 15/4493 S 9 zu § 2 Nr. 2 unter ausdrücklichem Bezug auf § 5 Abs. 4 IFG). 38Bei den von der Klägerin verlangten Telefondurchwahlnummern handelt es sich nicht nur um amtliche Informationen, sondern zudem um personenbezogene Daten i. S. v. § 5 Abs. 4 IFG Der Beklagte macht hierzu geltend, die Vorschrift beziehe sich auf die Telefonnummer des Bearbeiters eines konkreten Vorgangs, nicht auf einen davon losgelösten Informationsanspruch. Richtig ist. dass sich im Hinblick auf einen eventuellen Ausnahmetatbestand und das Abwägungsgebot nach § 5 Abs. 1 IFG die datenschutzrechtliche Frage nur für den jeweiligen konkreten Bearbeiter eines Vorgangs stellt. Die Frage des "Bearbeiters" i. S v § 5 Abs. 4 IFG wird auch diskutiert im Zusammenhang damit, ob nur der konkret zuständige Bearbeiter oder auch alle weiteren mit dem Vorgang befassten Mitarbeiter gemeint seien (vgl. Schoch, a.a.O. Rdnr. 70). Sie wird sich in der Regel auch anhand konkreter Verwaltungsvorgänge stellen. 39Hingegen gibt der Wortlaut nichts dafür her, dass sich der Informationsanspruch zu einer Bürotelekommunikationsnummer immer auf den Bearbeiter eines konkreten Vorganges beziehen muss (anders z. B. § 9 Abs. 3 InfFrG NRW v 27.11.2001 und § 6 Abs. 2 Nr. 2 IFG Berlin v 15.10.1999, jeweils in der bereits zum Zeitpunkt der Verkündung gültige Fassung und damit älter als das erst am 1 1.2006 in Kraft getretene IFG). Gesetz und Gesetzesbegründung sprechen im Plural von "Bearbeitern" (§ 5 Abs. 4 IFG), "Amtsträger" und ihre "Amtsträgerfunktionen" (BT-Drs. 15/4493 S. 9 zu § 2 Nr. 2), nur allgemein die "dienstliche Funktion" von „Amtsträgern" (BT-Drs. 15/4493 S 14 zu § 5 Abs. 4). Auch aus der Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 4 IFG ergibt sich nichts für die einschränkende Auslegung des Beklagten. Danach stellt nämlich § 5 Abs. 4 IFG klar, dass die aufgeführten personenbezogenen Daten von Amtsträgern, die mit ihrer dienstlichen Tätigkeit zusammenhängen, grundsätzlich nicht nach § 5 Abs. 1 IFG geschützt sind. Sie beträfen regelmäßig nur die amtliche Funktion. Anders sei es nur, wenn sie im konkreten Fall ausnahmsweise Bestandteil der Persönlichkeitsrechte des Bearbeiters sind (vgl. BT-Drs. 15/4493 S 14 zu § 5 Abs. 4). Der Bezug zum konkreten Bearbeiter bzw. zum konkreten Vorgang wird vom Gesetzgeber also erst über die Frage der Einschränkung des Informationszugangsanspruchs aus sonstigen Ausschlussgründen, insbesondere des § 3 Nr. 2 IFG (vgl. BT-Drs. 15/4493 S 14 zu § 5 Abs. 4) hergestellt. 40Für die hier vertretene Ansicht, den Informationsanspruch zur Diensttelefonnummer nicht an einen konkreten Verwaltungsvorgang zu binden, spricht zudem ein allgemeines Verständnis von der datenschutzrechtlichen Relevanz einer dienstlichen Telefonnummer. Kein Bediensteter einer Behörde hat Anspruch darauf, von Publikumsverkehr und von der Möglichkeit, postalisch oder elektronisch von außen mit ihm Kontakt aufzunehmen abgeschirmt zu werden, es sei denn, legitime Interessen, z. B. der Sicherheit, gebieten dies. Mit der Nennung des Namens und der dienstlichen Telefonnummer werden keine in irgendeiner Hinsicht schützenswerten personenbezogenen Daten preisgegeben, so dass sich sogar die Frage einer für Eingriffe in individuelle Rechte erforderlichen Ermächtigungsgrundlage nicht stellt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12. 3. 2008 - 2 B 131/07 -, juris). Es ist daher auch ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zulässig, dem außen stehenden Benutzer einer Behörde, für dessen Bedürfnisse sie eingerichtet worden ist, einen Hinweis darauf zu geben, welche natürlichen Personen als Amtswalter mit der Erfüllung einer bestimmten Aufgabe betraut und damit in einer auf Außenkontakt gerichteten Behörde für das Publikum die zuständigen Ansprechpartner sind (BVerwG a.a.O.)" 41Konkrete Fälle oder einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in denen die Telekommunikationsnummer ausnahmsweise Bestandteil des Persönlichkeitsrechts ist bzw. eine persönliche Schutzbedürftigkeit des Amtsträgers besteht (vgl. BT-Drs. 15-4493. S. 14), hat der Beklagte nicht benannt bzw. aufgezeigt. Damit steht dem Informationsanspruch des Klägers kein schützenswertes Interesse eines Dritten entgegen. Auf die Einwilligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommt es daher nicht an. 42Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass seine ständige telefonische Erreichbarkeit durch die Einführung des Service Center gewährleistet sei und dadurch die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter störungsfrei arbeiten könnten. Denn das Anliegen, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Bearbeitung ihrer Aufgaben grundsätzlich ohne Unterbrechung durch Telefonate zu ermöglichen, stellt keinen gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestand dar. Dass der Zugangsanspruch des Informationsfreiheitsgesetzes dem Beklagten einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand aufbürdet und ihn vor organisatorische Herausforderungen stellen kann, ist Folge des gesetzgeberischen Willens. 43Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 44Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. 45Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO 46Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch die Kammer nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO liegen nicht vor. | der beklagte wird unter aufhebung seines bescheides vom 19. februar 2013 in der fassung des widerspruchsbescheides des oberbürgermeisters der stadt e. vom 29. april 2013 verpflichtet, dem kläger zugang zu der aktuellen diensttelefonliste des beklagten zu gewähren. der beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des beizutreibenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2der kläger begehrt von dem beklagten, ihm zugang zu dessen aktueller diensttelefonliste zu gewähren. der beklagte ist rechtsnachfolger der im september 2004 von der stadt e. und der agentur für arbeit e. gegründeten arge e. und steht in gemeinsamer trägerschaft der stadt e. und der agentur für arbeit. 3das service-center des beklagten ist telefonisch unter einer zentralnummer von montag bis freitag von 08:00-18:00 uhr erreichbar. wenn die vom anrufer gestellten konkreten fragen über das service-center nicht abschließend geklärt werden können, werden sie laut den auf der homepage veröffentlichten hinweisen an die zuständigen mitarbeiterinnen und mitarbeiter in den jobcenter-bereichen weitergeleitet. von dort erhalten die kunden dann laut homepage zeitnah eine rückmeldung. 4den vom kläger unter bezugnahme auf das urteil des vg leipzig vom 10. januar 2013 5 k 981/11 gestellten antrag auf übersendung einer telefonliste des beklagten, lehnte der beklagte mit bescheid vom 19. februar 2013 ab. 5den hiergegen gerichteten widerspruch wies der oberbürgermeister der stadt e. „im namen und im auftrag des jobcenter e. “ durch widerspruchsbescheid vom 29. april 2013 – zugestellt am 2. mai 2013 - als unbegründet zurück. 6der kläger hat am 25. mai 2013 klage erhoben. 7er trägt unter bezugnahme auf die entscheidungsgründe des vorgenannten urteils des vg leipzig vor: bei den telefonlisten handele es sich nicht um schutzbedürftige persönliche daten der betroffenen mitarbeiter. es gehe allein darum, die sachbearbeiterinnen und sachbearbeiter telefonisch erreichen zu können. nachname und telefonnummer seien ausreichend. die befürchtung, dass die funktionsfähigkeit des jobcenters gefährdet würde, sei durch nichts belegt. bei fast allen sozialbehörden der brd seien in den anschreiben stets die sachbearbeiter mit telefonnummer genannt worden. auch im bereich der stadt e. sei es selbstverständlich, dass telefonnummer und name des sachbearbeiters auf bescheiden bzw. anschreiben erscheine. die einzige ausnahme machten seit einigen jahren die familienkasse und die bundesagentur für arbeit bzw. die jobcenter. aus beruflichen gründen sei er – der kläger – jedoch dringend darauf angewiesen, die sachbearbeiter telefonisch erreichen zu können. es diene der unkomplizierten und unbürokratischen abwicklung, wenn er sich in streit- oder zweifelsfällen unmittelbar per telefon an den zuständigen sachbearbeiter wenden könne. so werde dies gerade auch in den von der rechtsstelle der stadt bearbeiteten widerspruchsverfahren gehandhabt. die telefonverbindung über das callcenter sei schlechthin unzumutbar. in der regel werde man, nachdem der anruf längere zeit in der warteschleife hänge, nicht mit dem sachbearbeiter verbunden. von vielen jobcentern würden die telefonlisten wie selbstverständlich bekanntgegeben. 8der kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 9den beklagten unter aufhebung seines bescheides vom 19. februar 2013 in der fassung des widerspruchsbescheides des oberbürgermeisters der stadt e. vom 29. april 2013 zu verpflichten, ihm zugang zu der aktuellen diensttelefonliste des beklagten zu gewähren. 10der beklagte beantragt schriftsätzlich, 11die klage abzuweisen. 12er wendet ein: der geltend gemachte anspruch ergebe sich nicht aus dem ifg. aus § 11 abs. 2 ifg ergebe sich eindeutig, dass eine verpflichtung zur herausgabe allein für anonymisierte organisations- und aktenpläne ohne angabe personenbezogener daten bestehe. über die veröffentlichungspflicht nach § 11 abs. 2 ifg hinausgehende amtliche informationen seien vorbehaltlich etwaiger ausnahmetatbestände auf antrag mitzuteilen. der diesbezüglich gestellte antrag sei jedoch abzulehnen, weil entsprechende ausnahmetatbestände entgegenstünden. über die personenbezogenen daten der mitarbeiter könne der staat nicht beliebig verfügen. gemäß § 5 abs. 1 ifg genieße der schutz personenbezogener daten vorrang vor dem informationsinteresse eines antragstellers, wenn dieses informationsinteresse nicht im einzelfall überwiege. mitarbeiterdaten, die ausdruck und folge der amtlichen tätigkeit seien, unterlägen generell keiner geheimhaltungspflicht. erforderlich sei jedoch stets ein konkreter bezug zu einem laufenden bearbeitungsvorgang. werde dagegen wie hier explizit die herausgabe von mitarbeiterdaten verlangt, die nicht unter § 11 abs. 2 ifg fielen, handele es sich nicht um einen von § 5 abs. 4 ifg erfassten fall, sondern um personenbezogene daten der mitarbeiter, deren schutz im rahmen einer vorzunehmenden abwägung zu gewährleisten sei. hier falle ins gewicht, dass das interesse des klägers an dem zugang zur telefonliste als gering einzustufen sei. dagegen sei das schutzwürdige interesse der mitarbeiter des beklagten von erheblichem gewicht. neben dem recht auf informationelle selbstbestimmung sei zu beachten, dass eine ungefilterte und umfassende herausgabe der telefonlisten einen rückschluss über den beruf der betroffenen mitarbeiter zulasse und zudem die funktionsfähigkeit des jobcenters gefährdet wäre. dem interesse des anrufenden kunden könne ebenso gut gedient werden, wenn er über die zentralnummer zu einem gesprächsbereiten mitarbeiter weitergeleitet werde. zudem werde dem datenschutzrechtlichen interesse der anrufenden kunden nicht entsprochen, wenn der örtlich anwesende kunde das gespräch mithören könne. rechtlich unbeachtlich sei auch, ob andere behörden dem kläger eine telefonliste zur verfügung stellen würden. aus der gesetzesbegründung zum ifg gehe hervor, dass es sich bei name und rufnummer ums sonstige amtliche informationen im sinne des ifg handele und dass diese allein nach vorheriger antragstellung und umfassender interessenabwägung herausgegeben werden könnten, wenn ausnahmetatbestände nicht vorlägen. im rahmen dieser interessenabwägung sei die persönliche sicherheit der mitarbeiter, deren arbeitsfähigkeit und das behördliche interesse an einer ordnungsgemäßen aufgabenwahrnehmung im jeweiligen einzelfall umfassend gegen das auskunftsinteresse des antragstellers abzuwägen. der beklagte setze insoweit lediglich die einschätzungen des deutschen bundestags in tägliche verwaltungspraxis um. die mitarbeiter des jobcenter stünden zu einem großteil ihrer arbeitszeit in unmittelbarem kundenkontakt. insofern bestehe in diesen zeiträumen gar nicht die möglichkeit, telefonanrufe entgegenzunehmen. ohne genaue kenntnis des falles bzw. ohne beiziehung der leistungsakten könnten konkrete fragen zum fall ohnehin nicht beantwortet werden. insofern stelle die unmittelbare telefonische erreichbarkeit für den kläger gar keinen nennenswerten vorteil dar, da ohnehin zunächst eine einarbeitung und dann ein entsprechender rückruf notwendig sei. deshalb lasse sich die kontaktaufnahme ohne weiteres und besser über das service center erreichen. es erscheine zudem unter berücksichtigung des gesetzeswecks zweifelhaft, ob die herausgabe einer umfangreichen telefonliste ohne jeden bezug zu einem laufenden verwaltungsverfahren gegenstand des auskunftsanspruchs sein könne. angesichts der vielzahl der möglichen belange, die in die abwägung der widerstreitenden interessen einzustellen seien, sei die getroffene entscheidung jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft. 13die beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer entscheidung im schriftlichen verfahren einverstanden erklärt. 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und den der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten ergänzend bezug genommen. 15 | 16das gericht entscheidet gemäß § 101 abs. 2 vwgo im einverständnis mit den beteiligten ohne mündliche verhandlung. 17die klage ist als verpflichtungsklage – der kläger begehrt den erlass eines ihn begünstigenden verwaltungsaktes – zulässig. insbesondere ist der beklagte beteiligtenfähig im sinne von § 61 nr. 1 vwgo, weil das jobcenter einer juristischen person des öffentlichen rechts gleichsteht. 18bsg, urteil vom 18. januar 2011 – b 4 as 90/10 r – juris. 19die verpflichtungsklage des klägers ist auch begründet. der bescheid des beklagten vom 26. februar 2013 in gestalt des widerspruchsbescheides des oberbürgermeistes der stadt e. vom 20. märz 2013 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten. der kläger hat einen anspruch auf zugang zu einer aktuellen diensttelefonliste des beklagten (vgl. § 113 abs. 5 vwgo). 20die klage richtet sich zu recht gegen den beklagen. dieser ist passivlegitimiert. bei dem beklagten jobcenter handelt es sich um eine gemeinsame einrichtung im sinne von § 6 d und § 44 b abs. 1 satz 1 zweites buch sozialgesetzbuch – grundsicherung für arbeitsuchende – in der fassung der bekanntmachung vom 13. mai 2011 (bgbl. i s. 850, 2094), die mit wirkung vom 1. januar 2011 kraft gesetzes als (teil-) rechtsfähige öffentlich-rechtliche gesellschaft sui generis entstanden ist. die gemeinsame einrichtung nimmt entsprechend § 44 b abs. 1 satz 2 die aufgaben der träger nach dem sgb ii wahr und ist nach satz 3 befugt, verwaltungsakte und widerspruchsbescheide zu erlassen. nach § 1 abs. 1 satz 2 ifg gilt dieses gesetz auch für sonstige bundesorgane und bundeseinrichtungen, soweit sie öffentlich-rechtliche verwaltungsaufgaben wahrnehmen. das tut der beklagte hier, weshalb sich der anspruch auf zugang zu amtlichen informationen gegenüber der gemeinsamen einrichtung gemäß § 50 abs. 4 satz 2 sgb ii nach dem informationsfreiheitsgesetz des bundes richtet. 21vgl. vg arnsberg, urteil vom 31. märz 2014 – 7 k 1755/13 – juris; vg gießen, urteil vom 24. februar 2014 – 4 k 2911/13.gi – juris; vg leipzig, urteil vom 10. januar 2013 - 5 k 981/11 - zfsh/sgb 2013, 168 . 22rechtsgrundlage für den geltend gemachten anspruch ist mithin § 1 abs. 1 satz 1 ifg. danach hat jeder nach maßgabe dieses gesetzes gegenüber den behörden des bundes einen anspruch auf zugang zu amtlichen informationen. die vorschrift gewährt als grundnorm des informationsfreiheitsgesetzes einen freien (voraussetzungslosen) informationszugangsanspruch für jedermann, somit auch für den kläger. der anspruch ist grundsätzlich nicht abhängig von einem besonderen interesse. 23vgl. vg leipzig, urteil vom 10. januar 2013, a.a.o. 24die voraussetzungen des § 1 abs. 1 satz 1 ifg liegen vor. 25bei den hier streitigen telefonnummern handelt es sich um amtliche informationen i. s. v. § 2 nr. 1 erster halbsatz ifg. danach ist eine amtliche information jede amtlichen zwecken dienende aufzeichnung, unabhängig von der art ihrer speicherung. hierunter fallen die hier begehrten dienstlichen durchwahlnummern der mitarbeiterinnen und mitarbeiter des beklagten, soweit sie ausdruck und folge der amtlichen tätigkeit sind, 26vgl. vg arnsberg, urteil vom 31. märz 2014 a.a.o., m.w.n.; vg gießen, urteil vom 24. februar 2014, a.a.o.; vg leipzig, urteil vom 10. januar 2013, a.a.o.; a.a.: vg ansbach, urteil vom 27. mai 2014 – an 4 k 13.01194 – juris. 27für die einordnung als amtliche information spricht auch, dass gemäß § 5 abs. 4 ifg u. a. bürotelekommunikationsnummern von bearbeitern vom informationszugang nicht ausgeschlossen sind, soweit sie ausdruck und folge der amtlichen tätigkeit sind und kein ausnahmetatbestand erfüllt ist. 28an dem charakter als amtliche information im sinne des informationsfreiheitsgesetzes ändert sich nicht deshalb etwas, weil es im vorliegenden fall nicht um die dienstliche telefonnummer eines einzelnen mitarbeiters im zusammenhang mit einem konkreten verwaltungsvorgang, sondern losgelöst hiervon um die telefondurchwahlliste aller mitarbeiter geht. § 2 nr. 1 ifg selbst enthält eine solche einschränkung des informationsanspruches auf einen konkreten verwaltungsvorgang nicht. sie stünde auch nicht in einklang mit dem grundsatz des § 1 abs. 1 ifg, der gerade keine weiteren einschränkungen auf eine besondere betroffenheit oder auf konkrete verwaltungsvorgänge enthält. dem informationsfreiheitsgesetz lässt sich auch sonst keine einschränkung dahin entnehmen, die telefonlisten amtlicher stellen seien als solche keine amtlichen informationen i.s.v. § 2 nr. 1 ifg (vgl. auch bt-drs. 15/449 s. 16). 29die begehrten informationen stehen dem beklagten auch zur verfügung und müssen nicht „erstellt" werden. unstreitig existiert eine liste mit den durchwahlen sämtlicher mitarbeiter. 30dem informationsanspruch des klägers stehen keine ausschlussgründe entgegen. § 11 abs. 2 ifg, wonach organisations- und aktenpläne ohne angabe personenbezogener daten nach maßgabe dieses gesetzes allgemein zugänglich zu machen sind, enthält keine beschränkung des informationsanspruchs zu lasten des bürgers, sondern lediglich ein handlungsgebot, das den durch antrag geltend zu machenden anspruch auf zugang zu personalisierten listen mit amtlichen durchwahlnummern unberührt lässt, 31vgl. vg gießen, urteil vom 24. februar 2014, a.a.o. 32es gibt auch keine anhaltspunkte dafür, dass das bekanntwerden der information die öffentliche sicherheit gefährden könnte (§ 3 nr. 2 ifg). es spricht nichts dafür, dass per se die funktionsfähigkeit des beklagten dadurch infrage gestellt wäre, dass der kläger, der als rechtsanwalt organ der rechtspflege ist, zugang zu den durchwahlnummern der mitarbeiter des beklagten erhält. ungeachtet dessen, dass der kläger nicht die öffentliche bekanntgabe der nummern erstrebt, ist zu beachten, dass die telefonische kommunikation mit dem bürger teil behördlicher aufgabe ist. es ist ausdruck modernen staatlichen selbstverständnisses, die telefonische erreichbarkeit in beiden richtungen unmittelbar sicherzustellen. 33vgl. auch vg leipzig, urteil vom 10. januar 2013 a.a.o. 34der vom beklagten geltend gemachte ausnahmetatbestand des § 5 abs. 1 ifg liegt nicht vor. 35a.a.: vg ansbach, urteil vom 27. mai 2014 a.a.o.. 36nach der genannten vorschrift darf zugang zu personenbezogenen daten nur gewährt werden, soweit das informationsinteresse des antragstellers das schutzwürdige interesse des dritten am ausschluss des informationszugangs überwiegt oder der dritte eingewilligt hat. insoweit schließt sich das gericht den überzeugenden ausführungen des verwaltungsgerichts leipzig in seinem – bereits zitierten - urteil an. in den entscheidungsgründen des vg leipzig heißt es: 37„gemäß § 5 abs. 1 ifg darf zugang zu personenbezogenen daten nur gewährt werden, soweit das informationsinteresse des antragstellers das schutzwürdige interesse des dritten am ausschluss des informationszugangs überwiegt. dritter ist nach § 2 nr. 2 ifg jeder, über den personenbezogene daten oder sonstige informationen vorliegen. § 5 abs. 1 ifg eröffnet nach seinem wortlaut und auch nach der systematischen konstruktion des informationszugangsanspruchs kein ermessen (vgl. auch schoch, ifg, 1 aufl. 2009, § 5 rdnr. 14: a. a. vg karlsruhe, a.a.o.). nach erfolgter abwägung ergeht eine rechtlich gebundene entscheidung. für die konstellation des § 5 abs. 4 ifg ist diese abwägung gesetzlich stark vorgeformt (vgl. schoch, a. a o. rdnr. 14). nach § 5 abs. 4 ifg sind unter anderem name und bürotelekommunikationsnummer von bearbeitern vom informationszugang nicht ausgeschlossen, soweit sie ausdruck und folge der amtlichen tätigkeit sind und kein ausnahmetatbestand erfüllt ist. soweit also die voraussetzungen nach § 5 abs. 4 ifg vorliegen, sind schutzwürdige interessen eines dritten i. s. v. § 5 abs. 1 ifg nicht betroffen. das ist auch das verständnis des gesetzgebers, wonach amtsträger insoweit keine dritten sind, als es um die weitergabe von daten geht, die sich auf ihre amtsträgerfunktionen beziehen (vgl. bt-drs. 15/4493 s 9 zu § 2 nr. 2 unter ausdrücklichem bezug auf § 5 abs. 4 ifg). 38bei den von der klägerin verlangten telefondurchwahlnummern handelt es sich nicht nur um amtliche informationen, sondern zudem um personenbezogene daten i. s. v. § 5 abs. 4 ifg der beklagte macht hierzu geltend, die vorschrift beziehe sich auf die telefonnummer des bearbeiters eines konkreten vorgangs, nicht auf einen davon losgelösten informationsanspruch. richtig ist. dass sich im hinblick auf einen eventuellen ausnahmetatbestand und das abwägungsgebot nach § 5 abs. 1 ifg die datenschutzrechtliche frage nur für den jeweiligen konkreten bearbeiter eines vorgangs stellt. die frage des "bearbeiters" i. s v § 5 abs. 4 ifg wird auch diskutiert im zusammenhang damit, ob nur der konkret zuständige bearbeiter oder auch alle weiteren mit dem vorgang befassten mitarbeiter gemeint seien (vgl. schoch, a.a.o. rdnr. 70). sie wird sich in der regel auch anhand konkreter verwaltungsvorgänge stellen. 39hingegen gibt der wortlaut nichts dafür her, dass sich der informationsanspruch zu einer bürotelekommunikationsnummer immer auf den bearbeiter eines konkreten vorganges beziehen muss (anders z. b. § 9 abs. 3 inffrg nrw v 27.11.2001 und § 6 abs. 2 nr. 2 ifg berlin v 15.10.1999, jeweils in der bereits zum zeitpunkt der verkündung gültige fassung und damit älter als das erst am 1 1.2006 in kraft getretene ifg). gesetz und gesetzesbegründung sprechen im plural von "bearbeitern" (§ 5 abs. 4 ifg), "amtsträger" und ihre "amtsträgerfunktionen" (bt-drs. 15/4493 s. 9 zu § 2 nr. 2), nur allgemein die "dienstliche funktion" von „amtsträgern" (bt-drs. 15/4493 s 14 zu § 5 abs. 4). auch aus der gesetzesbegründung zu § 5 abs. 4 ifg ergibt sich nichts für die einschränkende auslegung des beklagten. danach stellt nämlich § 5 abs. 4 ifg klar, dass die aufgeführten personenbezogenen daten von amtsträgern, die mit ihrer dienstlichen tätigkeit zusammenhängen, grundsätzlich nicht nach § 5 abs. 1 ifg geschützt sind. sie beträfen regelmäßig nur die amtliche funktion. anders sei es nur, wenn sie im konkreten fall ausnahmsweise bestandteil der persönlichkeitsrechte des bearbeiters sind (vgl. bt-drs. 15/4493 s 14 zu § 5 abs. 4). der bezug zum konkreten bearbeiter bzw. zum konkreten vorgang wird vom gesetzgeber also erst über die frage der einschränkung des informationszugangsanspruchs aus sonstigen ausschlussgründen, insbesondere des § 3 nr. 2 ifg (vgl. bt-drs. 15/4493 s 14 zu § 5 abs. 4) hergestellt. 40für die hier vertretene ansicht, den informationsanspruch zur diensttelefonnummer nicht an einen konkreten verwaltungsvorgang zu binden, spricht zudem ein allgemeines verständnis von der datenschutzrechtlichen relevanz einer dienstlichen telefonnummer. kein bediensteter einer behörde hat anspruch darauf, von publikumsverkehr und von der möglichkeit, postalisch oder elektronisch von außen mit ihm kontakt aufzunehmen abgeschirmt zu werden, es sei denn, legitime interessen, z. b. der sicherheit, gebieten dies. mit der nennung des namens und der dienstlichen telefonnummer werden keine in irgendeiner hinsicht schützenswerten personenbezogenen daten preisgegeben, so dass sich sogar die frage einer für eingriffe in individuelle rechte erforderlichen ermächtigungsgrundlage nicht stellt (vgl. bverwg, beschl. v. 12. 3. 2008 - 2 b 131/07 -, juris). es ist daher auch ohne ausdrückliche gesetzliche ermächtigung zulässig, dem außen stehenden benutzer einer behörde, für dessen bedürfnisse sie eingerichtet worden ist, einen hinweis darauf zu geben, welche natürlichen personen als amtswalter mit der erfüllung einer bestimmten aufgabe betraut und damit in einer auf außenkontakt gerichteten behörde für das publikum die zuständigen ansprechpartner sind (bverwg a.a.o.)" 41konkrete fälle oder einzelne mitarbeiterinnen und mitarbeiter, in denen die telekommunikationsnummer ausnahmsweise bestandteil des persönlichkeitsrechts ist bzw. eine persönliche schutzbedürftigkeit des amtsträgers besteht (vgl. bt-drs. 15-4493. s. 14), hat der beklagte nicht benannt bzw. aufgezeigt. damit steht dem informationsanspruch des klägers kein schützenswertes interesse eines dritten entgegen. auf die einwilligung der mitarbeiterinnen und mitarbeiter kommt es daher nicht an. 42der beklagte kann sich nicht mit erfolg darauf berufen, dass seine ständige telefonische erreichbarkeit durch die einführung des service center gewährleistet sei und dadurch die sachbearbeiterinnen und sachbearbeiter störungsfrei arbeiten könnten. denn das anliegen, seinen mitarbeiterinnen und mitarbeitern die bearbeitung ihrer aufgaben grundsätzlich ohne unterbrechung durch telefonate zu ermöglichen, stellt keinen gesetzlich geregelten ausnahmetatbestand dar. dass der zugangsanspruch des informationsfreiheitsgesetzes dem beklagten einen zusätzlichen verwaltungsaufwand aufbürdet und ihn vor organisatorische herausforderungen stellen kann, ist folge des gesetzgeberischen willens. 43die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 44der ausspruch über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. § 709 zpo. 45die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo 46die voraussetzungen für eine zulassung der berufung durch die kammer nach § 124 a abs. 1 satz 1 vwgo liegen nicht vor. | Klaeger*in | 1 |
337,422 | 4 K 1154/20 Erb | 2021-04-21T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15.1.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.4.2020 verpflichtet, den Erbschaft-steuerbescheid des Klägers vom 2.3.2018 dahingehend zu ändern, dass die Begünstigung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke in Höhe von 28.942 Euro, die Begünstigung für Betriebsvermögen in Höhe von 312.256 Euro und die Begünstigung für das eigengenutzte Familienheim in Höhe von 41.935 Euro gewährt werden. Die Berechnung der Erbschaftsteuer wird dem Beklagten übertragen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Erbauseinandersetzung zwischen dem Kläger und seinem Bruder für die Anwendung der Begünstigungsvorschriften §§ 13 Abs. 1 Nr. 4c, 13a, 13b und 13c des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zu berücksichtigen ist. 3Die Mutter des Klägers, …, und sein Vater, …, verstarben ….2015 und ….2015 kurz nacheinander. Der Kläger und sein Bruder beerbten sowohl die Mutter als auch den Vater zu ½. Zum Nachlass der Mutter gehörten u.a. verschiedene Grundstücke, zum Nachlass des Vaters (Erblasser) gehörten ebenfalls u.a. Grundstücke, eine 20-prozentige Kommanditbeteiligung an einer … GmbH & Co. KG (KG) sowie eine 20-prozentige Beteiligung an der Komplementärin der KG, der …-Beteiligungs-GmbH (GmbH). Die übrigen Beteiligungen von 80 % an der KG und der GmbH hielt im Zeitpunkt des Erbfalls bereits der Kläger. Die KG betreibt ein Gewerbe in A-Stadt. 4Mit Feststellungsbescheid vom 12.7.2017 wurde der Wert des KG-Anteils des Erblassers auf 312.256 € festgestellt. 5Nachdem der Kläger und sein Bruder die ursprünglichen Erbschaftsteuerfestsetzungen jeweils mit Einsprüchen angefochten hatten, setzte der Beklagte zuletzt mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 2.3.2018 Erbschaftsteuer i.H.v. 30.668 € gegen den Kläger fest. Für die KG-Anteile wurde jeweils die Begünstigung nach § 13a ErbStG i.d.F. vom 26.6.2013 gewährt. Für einzelne Grundstücke wurde die Begünstigung nach § 13c ErbStG a.F. nur insoweit gewährt, als es sich nicht um Sonderbetriebsvermögen handelte. Im Einzelnen ergaben sich folgende Begünstigungen (in EUR): 6Vermögensgegenstand Wert beim Kläger Begünstigung X-Straße. 1 65.595 3.838 X-Straße. 2 143.500 10.633 Y-Straße. 3 260.000 26.000 X-Straße. Flur …, Flurst. … 17.000 0 KG-Beteiligung 156.128 156.128 Summe 642.223 196.599 7Für den Bruder des Klägers wurden identische Werte berücksichtigt. Für die vom Kläger nach dem Erbfall bewohnte Wohnung im Objekt X-Straße 1 wurde die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG i.H.v. 19.932 € gewährt. Die Bescheide wurden formell bestandskräftig. 8Mit notarieller Urkunde vom 19.2.2018 übertrugen der Kläger und sein Bruder untereinander zum Zwecke der Erbauseinandersetzung verschiedene Grundstücke. Mit weiterer notarieller Urkunde vom 20.12.2018 übertrug der Bruder des Klägers den mit dem Erbfall auf ihn entfallenden zehnprozentigen Anteil an der KG unentgeltlich an den Kläger. Für die Übertragung der GmbH-Beteiligung leistete der Kläger eine Abfindung von 3.785,12 € an seinen Bruder. 9Ergebnis der Erbauseinandersetzung hinsichtlich des Nachlasses nach dem Vater war, dass der Bruder des Klägers den Grundbesitz Y-Straße 3 erhielt, während der Kläger die Gesellschaftsbeteiligungen und die Grundbesitze X-Straße 1 und 2 (einschließlich Flur …, Flurst. …) erhielt: 10Vermögensgegenstand Wert je Erbe Begünstigung je Erbe vor Auseinandersetzung Zuordnung nach Auseinandersetzung X-Straße. 1 65.595 3.838 Kläger X-Straße. 2 143.500 10.633 Kläger Y-Straße. 3 260.000 26.000 Bruder X-Straße. Flur …, Flurst. … 17.000 0 Kläger KG-Beteiligung 156.128 156.128 Kläger 11Im Hinblick auf die unentgeltliche Übertragung der Beteiligung forderte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 5.7.2019 und vom 12.8.2019 zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf. Der Kläger machte mit Schreiben vom 23.8.2019 geltend, der Kommanditanteil sei im Übertragungszeitpunkt wertlos gewesen. Eine Schenkungsteuererklärung wurde nicht abgegeben. 12Der Beklagte behandelte die Übertragung der Beteiligung sodann als Verstoß gegen Behaltensfristen durch den Bruder des Klägers. Mit Bescheid vom 9.9.2019 änderte er die Erbschaftsteuerfestsetzung gegenüber dem Bruder nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) und ging von einem anteiligen Wegfall des Verschonungsbetrages und einem vollständigen Wegfall des Abzugsbetrages nach § 13a Abs. 2 ErbStG a.F. aus. 13Mit Schreiben vom 19.11.2019 beantragte der Kläger – ebenso wie sein Bruder hinsichtlich seiner Festsetzung – die Änderung des Bescheides vom 2.3.2018 gemäß § 164 AO. Er führte im Einzelnen aus, wie im Zuge der Erbauseinandersetzung die im Nachlass befindlichen Grundstücke und die Gesellschaftsbeteiligung zwischen ihm und seinem Bruder aufgeteilt worden seien und beantragte die entsprechende Zuordnung der erbschaftsteuerlichen Begünstigungen. 14Der Beklagte lehnte die Änderung mit Bescheid vom 15.1.2020 ab. Eine Erbauseinandersetzung könne steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn sie zeitnah nach dem Erbfall erfolge. Als zeitnah werde dabei ein Zeitraum von sechs Monaten angesehen. Der Erbfall sei aber bereits ….2015 eingetreten, die Auseinandersetzung sei 2018 erfolgt und die Änderung erst am 19.11.2019 beantragt worden. 15Gegen die Ablehnung der Änderungen legten der Kläger und sein Bruder am 24.1.2020 Einspruch ein. Sie beriefen sich auf § 13a Abs. 3 ErbStG und § 13c Abs. 2 ErbStG a.F. und führten an, es sei der Wille des Gesetzgebers, demjenigen Miterben die Begünstigung zuteilwerden zu lassen, der den begünstigen Vermögensgegenstand am Ende aus dem Nachlass erhält. Die Frist von sechs Monaten sei vermutlich aus dem BMF-Schreiben vom 14.3.2006 zur ertragsteuerlichen Behandlung der Erbengemeinschaft auf die Erbschaftsteuer übertragen worden. Dabei handele es sich um eine ertragsteuerliche Vereinfachung zugunsten der Steuerpflichtigen; diese könne ohne gesetzliche Grundlage nicht als Verschärfung zulasten der Steuerpflichtigen in das Erbschaftsteuerrecht übertragen werden. 16Zudem handele es sich um einen begründeten Ausnahmefall i.S.d. H E 13.4 ErbStH „Freie Erbauseinandersetzung“: Der Kläger und sein Bruder hätten in kurzer Zeit beide Elternteile verloren. In einer solchen Situation bestünden andere Herausforderungen als die Aufteilung des Nachlasses binnen sechs Monaten. Die Erbschaftsteuerveranlagungen hätten sich bis März 2018 hingezogen, so dass die Brüder sich erst anschließend um eine Auseinandersetzung hätten kümmern können. 17Mit Einspruchsentscheidungen vom 14.4.2020 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Die Begünstigungen seien anhand der Erbquoten hälftig zugerechnet worden. Ein Begünstigungstransfer aufgrund des Erbauseinandersetzungsvertrages vom 20.12.2018 komme nicht in Betracht. Die Auseinandersetzung sei erst drei Jahre nach dem Erbfall und damit nicht zeitnah – innerhalb von sechs Monaten – erfolgt. Ein begründeter Ausnahmefall liege nicht vor. Auch der Verlust beider Elternteile binnen einer Woche rechtfertige eine Verzögerung von drei Jahren nicht. Außerdem seien der Kläger und sein Bruder schon wegen der Erstellung der Erbschaftsteuererklärungen, die bereits am 5.10.2016 abgegeben worden seien, gezwungen gewesen, sich mit den jeweiligen Nachlässen zu befassen. Dann habe es nahegelegen, auch die Erbauseinandersetzung unmittelbar durchzuführen. Die Auseinandersetzung sei nicht vom Abschluss der Erbschaftsteuerveranlagungen abhängig gewesen. Die jeweiligen Bedarfsfeststellungen seien bis zum 12.7.2017 erfolgt, so dass jedenfalls in der zweiten Jahreshälfte 2017 eine Auseinandersetzung anhand der Steuerwerte möglich gewesen wäre. Schließlich sei zu vermuten, dass die Auseinandersetzung erst so spät erfolgt sei, weil der Erblasser die Unternehmensführung in die Hände des Klägers habe geben wollen, der auch bereits vor dem Erbfall an der KG beteiligt gewesen sei. Die durch den Erbfall eingetretene geringe Beteiligung des Bruders des Klägers habe es diesem unmöglich gemacht, aktiven Einfluss auf die Unternehmensführung zu nehmen, was ihn schließlich veranlasst habe, die Beteiligung auf den Kläger zu übertragen. 18Der Kläger und sein Bruder haben am 11.5.2020 Klage erhoben. Sie wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen im Einspruchsverfahren und führen ergänzend aus, der Beklagte ignoriere die gesetzlichen Regelungen und die hierzu ergangene Rechtsprechung. Zudem seien Vermutungen zu hinter der Auseinandersetzung stehenden Motiven nicht sachdienlich. 19Der Bruder des Klägers hat seine Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Das Verfahren wurde daraufhin abgetrennt und eingestellt. 20Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend geltend gemacht, die Steuerbefreiung für das eigengenutzte Familienheim nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG sei unter Berücksichtigung der Erbauseinandersetzung nicht mehr nur hälftig, sondern in voller Höhe mit einem Betrag von 41.935 € zu gewähren. 21Der Kläger beantragt, 22den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 25.11.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.4.2020 zu verpflichten, den Erbschaft-steuerbescheid des Klägers vom 2.3.2018 dahingehend zu ändern, dass die Begünstigung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke in Höhe von 28.942 Euro, die Begünstigung für Betriebsvermögen in Höhe von 312.256 Euro und die Begünstigung für die Nutzung des eigengenutzten Familienheims in Höhe von 41.935 Euro gewährt wird. 23Der Beklagte beantragt, 24 die Klage abzuweisen. 25Er beruft sich auf die Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, soweit sich der Kläger auf die Einschätzung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Begünstigungstransfer nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG mit Urteil vorn 23.6.2015 (II R 39/13) beriefen, verweise er auf das Urteil des BFH vom 28.5.2019 (II R 37/16), in dem der BFH ausdrücklich an der Sechs-Monats-Regelfrist festgehalten habe. 26Soweit der Kläger auch den Transfer der Begünstigung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG begehre, scheide dieser bereits deshalb aus, weil der ursprüngliche Erwerb des Bruders des Klägers nach dieser Vorschrift nicht begünstigt gewesen sei. Denn der Bruder habe das Objekt X-Straße 1 nicht zu eigenen Wohnzwecken nutzen wollen. Es fehle daher an einer Begünstigung, die auf den Kläger transferiert werden könne. 27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. 28Entscheidungsgründe: 29Die zulässige Klage ist begründet. Der Beklagte hat zu Unrecht die Änderung des Erbschaftsteuerbescheides abgelehnt; der Kläger hat gem. § 164 Abs. 2 AO einen Anspruch auf Änderung des Erbschaftsteuerbescheides (§ 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO). 30Das Klagebegehren ist dahingehend auszulegen, dass der Kläger die Aufhebung des ihn betreffenden Bescheides vom 15.1.2020 und nicht die Aufhebung des an seinen Bruder gerichteten Bescheides vom 25.11.2019 begehrt. 31Dem Kläger sind die Begünstigungen nach §§ 13a, 13b ErbStG i.d.F. v. 26.6.2013 (1.) und nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG (2.) in der begehrten Höhe zu gewähren. Die Begünstigung nach § 13c Abs. 1 ErbStG i.d.F. vom 24.12.2008 ist dem Antrag entsprechend zu reduzieren (3.). 321. Die Begünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG a.F. ist in Höhe von 312.256 € zu gewähren. 33a) Nach §§ 13a Abs. 3, 13b Abs. 3 ErbStG a.F. (heute zusammengefasst in § 13a Abs. 5 ErbStG) kann ein Erwerber den Verschonungsabschlag nach Abs. 1 und den Abzugsbetrag nach Abs. 2 nicht in Anspruch nehmen, soweit er Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf einen Miterben überträgt. Gibt der Miterbe („Dritte“) dabei nicht begünstigtes Vermögen hin, das er vom Erblasser erworben hat, erhöht sich insoweit der Wert des begünstigten Vermögens des Miterben um den Wert des hingegebenen Vermögens. 34Im Zuge der Erbauseinandersetzung hat, was zwischen den Beteiligten unstrittig ist, der Bruder des Klägers dem Kläger nach §§ 13a, 13b ErbStG a.F. begünstigtes Vermögen übertragen. Die Anwendung der Vorschrift ist entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Erbauseinandersetzung hinsichtlich des Betriebsvermögens erst beinahe drei Jahre nach dem Tod des Erblassers erfolgte. 35Die Vorschrift enthält ihrem Wortlaut nach keine Frist, binnen derer die Auseinandersetzung erfolgen muss. Aus diesem Grunde verbietet sich nach Auffassung des Senats eine Orientierung an einer starren, vom Einzelfall unabhängigen Frist. 36Dies hat der BFH für den Begünstigungstransfer nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 4 ErbStG und nach § 13c Abs. 2 Satz 1 bis 3 ErbStG im Hinblick auf die von der Finanzverwaltung befürwortete Sechs-Monats-Frist jeweils entschieden (BFH, Urteil v. 23.6.2015 – II R 39/13, BStBl. II 2016, 225, Rn. 27, 36; vgl. Hannes/Holtz, in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 17. Aufl. 2018, § 13d Rn. 5, § 13 Rn. 37, § 13a Rn. 58). Wenn der Beklagte demgegenüber anführt, der BFH habe in seinem Urteil vom 28.5.2019 (II R 37/16, BStBl. II 2019, 678) die Sechs-Monats-Frist ausdrücklich bestätigt, so betrifft dies die Auslegung des Merkmals „unverzüglich“ in § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG. Diese ist zu unterscheiden von der Frage, ob für den Begünstigungstransfer eine Frist zu beachten ist. 37Diese Rechtsprechung lässt sich auf §§ 13a Abs. 3, 13b Abs. 3 ErbStG a.F. übertragen. Denn die Regelungen entsprechen in Zielsetzung und Regelungstechnik dem Begünstigungstransfer bei zu Wohnzwecken vermietetem Grundvermögen (Stalleiken, in von Oertzen/Loose, ErbStG, 2. Aufl. 2020, § 13d Rn. 11), so dass eine einheitliche Handhabung angezeigt ist (vgl. Jülicher, in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13d Rn. 6 (5/2020), § 13a Rn. 140 (9/2020); Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 3.3.2016, BStBl. I 2016, 280). 38Allerdings folgt aus der Formulierung „im Rahmen der Teilung des Nachlasses“ (§§ 13a Abs. 3 Satz 2, 13b Abs. 3 ErbStG a.F.), dass ein innerer Zusammenhang zum Erbfall bestehen muss. Entschließt sich die Erbengemeinschaft hingegen zunächst, den Nachlass nicht zu teilen und kommt es dann aufgrund eines neuen Willensentschlusses – etwa aufgrund von Streitigkeiten innerhalb der Erbengemeinschaft – zu einer Vermögensübertragung, handelt es sich nicht mehr um eine Übertragung im Rahmen der Nachlassteilung (vgl. Geck, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13a Rn. 79, 86 (3/2020)). Demgegenüber ist nicht per se ausgeschlossen, dass ein hinreichender Zusammenhang auch dann noch besteht, wenn die Auseinandersetzung – etwa bei komplexen Vermögenslagen und zu klärenden Bewertungsfragen – erst längere Zeit nach dem Erbfall erfolgt. 39b) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist die Vermögensübertragung an den Kläger im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt. Dafür spricht, dass lediglich innerhalb der Erbengemeinschaft Vermögen übertragen wurde und (abgesehen von einem geringfügigen Entgelt i.H.v. 3.785 € für den GmbH-Anteil) keine Zahlung aus Eigenmitteln erfolgte (vgl. bzgl. § 13a ErbStG Geck, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13a Rn. 86 (3/2020). Weiter spricht auch der Umstand, dass der Kläger bereits vor dem Erbfall zu 80 % an der KG und der GmbH beteiligt war, dafür, dass eine entsprechende Zuordnung des Betriebsvermögens von Anfang an beabsichtigt war. Zudem war der Kläger bereits vor dem Erbfall neben dem Erblasser einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH, die wiederum Geschäftsführerin der KG war. Seit dem Tod des Erblassers ist der Kläger alleiniger Geschäftsführer der GmbH. 40Demgegenüber fehlen greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Vermögensübertragung ohne inneren Zusammenhang zur Erbschaft erfolgt wäre und auf einem neuen Willensentschluss beruhen würde. Dies lässt sich auch nicht aus dem Umstand folgern, dass die Auseinandersetzung erst beinahe drei Jahre nach dem Tod des Erblassers erfolgte. Denn neben der Tatsache, dass der Kläger und sein Bruder in kurzer Zeit beide Elternteile verloren haben, ist der Vortrag des Klägers plausibel, man habe zunächst den Abschluss der steuerlichen Bewertung und der Erbschaftsteuerveranlagung abwarten wollen, bevor die Auseinandersetzung erfolgt. Entgegen dem Vorbringen des Beklagten standen die Steuerwerte der Vermögensgegenstände auch nicht schon im Juli 2017 fest. Den Feststellungsbescheiden lässt sich entnehmen, dass die Kläger Bewertungsgutachten vorgelegt hatten, denen das Feststellungsfinanzamt zunächst nur unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durch den eigenen Bausachverständigen gefolgt war. Für die Grundstücke Y-Straße 3 und X-Straße 2 wurde der Vorbehalt der Nachprüfung erst mit Bescheiden vom 4.12.2017 aufgehoben. Dass die Auseinandersetzung angesichts der Vielzahl von Vermögensgegenständen – neben den streitgegenständlichen auch die von der Mutter erworbenen Werte sowie Bankguthaben – sodann noch gewisser Vorbereitung bedarf, ist offensichtlich. Zudem folgte noch am 2.2.2018 eine Mitteilung der Bank A-Stadt, die zur Änderung der Erbschaftsteuerbescheide am 2.3.2018 führte. 41Soweit man ergänzend darauf abstellen möchte, welcher Miterbe die Unternehmensfortführung tatsächlich gewährleistet (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil v. 12.2.2020 – 7 K 3343/18, EFG 2020, 1146, rkr., unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung), spricht auch dies für das hier gefundene Ergebnis. Denn der Kläger war, wie dargelegt, bereits vor dem Erbfall einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer und ist seit dem Erbfall alleiniger Geschäftsführer. Dies unterstreicht im Hinblick auf den Zeitablauf von drei Jahren zudem, dass wegen des operativen Geschäfts des Gewerbes kein unmittelbarer Handlungsdruck bestand, da die Unternehmensführung in dieser Zeit bereits beim Kläger lag. 42c) Rechtsfolge der §§ 13a Abs. 3, 13b Abs. 3 ErbStG a.F. ist ein reiner (rückwirkender) Begünstigungstransfer, der die Zuordnung der einzelnen Nachlassgegenstände, wie sie im Zeitpunkt des Erbanfalls erfolgt, unberührt lässt (Stalleiken, in von Oertzen/Loose, ErbStG, 2. Aufl. 2020, § 13a Rn. 126). Dem Kläger sind damit weiterhin 50 % des Betriebsvermögens zuzurechnen, gleichwohl ist die Begünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG a.F. in voller Höhe, also unstreitig i.H.v. 312.256 €, zu gewähren. Abweichungen würden sich nach § 13b Abs. 3 ErbStG a.F. allenfalls ergeben, wenn die jeweiligen Leistungen der Kläger nicht ausgeglichen wären. Dann wäre die Begünstigung gedeckelt auf den niedrigeren Wert entweder des übernommenen begünstigten Vermögens oder des dafür hingegebenen Vermögens (Jülicher, in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13a Rn. 158 (9/2020)). Ein solches Missverhältnis ist aber weder geltend gemacht, noch sonst erkennbar. 432. Dem Kläger ist die Begünstigung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG i.H.v. 41.935 € zu gewähren. 44Insoweit ist zwischen den Beteiligten zunächst unstreitig, dass die Voraussetzungen der Norm für den Teil der selbstgenutzten Wohnung im Objekt X-Straße 1 vorliegen, der vom Erblasser unmittelbar dem Kläger zugefallen ist. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist jedoch auch der Teil, den der Kläger im Zuge der Erbauseinandersetzung von seinem Bruder erworben hat, nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 3 und 4 ErbStG begünstigt. 45a) Die Vorschriften regeln einen den §§ 13a Abs. 3, 13b Abs. 3 ErbStG a.F. bzw. § 13a Abs. 5 ErbStG n.F. entsprechenden Begünstigungstransfer. Dabei ist es zunächst unschädlich, dass die Übertragung des Grundvermögens erst etwa 26 Monate nach dem Tod des Erblassers erfolgte. Insoweit gelten die Ausführungen zu §§ 13a Abs. 3, 13b Abs. 3 ErbStG a.F. sinngemäß. Die Vorschriften sind, wie dargelegt, in ihrer Regelungstechnik und ihrem Regelungsziel vergleichbar. Angesichts dessen, dass das Grundvermögen noch früher – und damit zeitlich näher zum Erbfall – übertragen wurde und unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung (Urteil v. 23.6.2015 – II R 39/13, BStBl. II 2016, 225, Rn. 27, 36) ist ein Begünstigungstransfer hier erst Recht geboten. Auch hat der Kläger schon vor der Auseinandersetzung das Grundstück X-Straße 1, das teilweise zum Betriebsvermögen der KG gehört, selbst bewohnt, was weiter dafür spricht, dass eine entsprechende Zuordnung von Anfang an beabsichtigt war. 46b) Dem Begünstigungstransfer steht auch nicht entgegen, dass die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG in der Person des Bruders des Klägers ursprünglich unstreitig nicht vorlagen (gl.A. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13 Rn. 71a (5/2020)). Der Wortlaut der Regelung ist insoweit allerdings nicht eindeutig: Zwar spricht § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 4 ErbStG davon, dass ein Erbe „erworbenes begünstigtes Vermögen“ auf einen Miterben überträgt. Hieraus ergibt sich nach Auffassung des Senats aber nicht zwingend, dass das betroffene Vermögen beim Übertragenden konkret begünstigt sein muss. Vielmehr kann es auch ausreichen, dass es sich – etwa hinsichtlich der Belegenheit und der Selbstnutzung durch den Erblasser – um abstrakt begünstigungsfähiges Vermögen handelt und dass die persönlichen Voraussetzungen erst beim Erwerber eintreten. Für eine Anwendung der Begünstigungsregelung auch in diesen Fällen spricht maßgeblich der Zweck der Norm: Der Miterbe, der das Vermögen im Zuge der Erbauseinandersetzung erwirbt, soll so gestellt werden, als hätte er das Vermögen unmittelbar vom Erblasser erworben (BT-Drucksache 16/11107, S. 9; vgl. BFH, Urteil v. 23.6.2015 – II R 39/13, BStBl. II 2016, 225, Rn. 16). Bei einem unmittelbaren, vollständigen Erwerb der Wohnung vom Erblasser wäre dem Kläger indes eine vollständige Begünstigung ohne Weiteres zu gewähren gewesen. Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass die Regelung bei diesem Verständnis nicht nur den Transfer einer (beim Übertragenden schon steuerwirksamen) Begünstigung ermöglicht, sondern das Begünstigungsvolumen bei personenübergreifender Betrachtung erhöht. Gleichwohl kann nur hierdurch der dargestellte Gesetzeszweck erreicht werden. Hinzu kommt, dass die vom Beklagten vertretene Auffassung dazu führen würde, dass ein Begünstigungstransfer nur in seltenen Ausnahmefällen möglich wäre. Denn es wäre dann erforderlich, dass der Ersterwerber zunächst das Familienheim unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt, dieses sodann im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf den Zweiterwerber überträgt und dieser es dann ebenfalls – bezogen auf den Zeitpunkt des Erbfalls – unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt. Derartige Fälle sind zwar nicht ausgeschlossen, wie der dem BFH-Urteil vom 23.6.2015 (II R 39/13, BStBl. II 2016, 225, zuvor Niedersächsisches FG, Urteil v. 26.9.2013 – 3 K 525/12, EFG 2013, 2032) zugrundeliegende Sachverhalt zeigt; gleichwohl entsprechen sie nicht dem Regelfall, in dem vor oder nach dem Erbfall zwischen den Erben zunächst über die Verteilung der Vermögenswerte entschieden wird und sodann entsprechende Nutzungsbestimmungen getroffen und umgesetzt werden. Ausgehend vom Zweck der Norm überzeugt es nach Auffassung des Senats nicht, eine in kurzer Folge wechselnde Nutzungsbestimmung zur Voraussetzung für die Begünstigung zu machen. 47c) Die Begünstigung nach § 13c Abs. 1 Nr. 4c ErbStG ist daher in voller Höhe zu gewähren. Unter Zugrundelegung der Feststellungen und nachrichtlichen Angaben im Feststellungsbescheid des Finanzamtes A-Stadt vom 31.3.2017 ergibt sich – wie beantragt – der Begünstigungsbetrag von 220.000 € x (134 m² / 703 m²) = 41.935 €. 483. Die Begünstigung nach § 13c Abs. 2 ErbStG a.F. ist antragsgemäß zu reduzieren. 49Auch diese Vorschrift regelt einen den §§ 13a Abs. 3, 13b Abs. 3 ErbStG a.F. bzw. § 13a Abs. 5 ErbStG n.F. entsprechenden Begünstigungstransfer. Im Zuge der Erbauseinandersetzung haben der Kläger und sein Bruder, was zwischen den Beteiligten unstrittig ist, wechselseitig nach § 13c Abs. 2 ErbStG a.F. begünstigtes Vermögen übertragen. Die Anwendung der Vorschrift ist aus den dargestellten Gründen auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Erbauseinandersetzung hinsichtlich des Grundvermögens erst etwa 26 Monate nach dem Tod des Erblassers erfolgte. Insoweit gelten auch hier die Ausführungen zu §§ 13a Abs. 3, 13b Abs. 3 ErbStG a.F. sinngemäß. Die Begünstigung des Klägers ist auf die Grundstücke X-Straße 1 und 2 zu beschränken und für diese Grundstücke in voller Höhe zu gewähren, so dass sich ein Betrag von 28.942 € ergibt. 504. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung zur Übertragung der Berechnung der Steuer auf den Beklagten beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. | der beklagte wird unter aufhebung des bescheides vom 15.1.2020 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 14.4.2020 verpflichtet, den erbschaft-steuerbescheid des klägers vom 2.3.2018 dahingehend zu ändern, dass die begünstigung für zu wohnzwecken vermietete grundstücke in höhe von 28.942 euro, die begünstigung für betriebsvermögen in höhe von 312.256 euro und die begünstigung für das eigengenutzte familienheim in höhe von 41.935 euro gewährt werden. die berechnung der erbschaftsteuer wird dem beklagten übertragen. der beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten ohne sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. der beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages abwenden, soweit nicht der kläger zuvor sicherheit in höhe des vollstreckbaren betrages leistet. die revision wird zugelassen. 1 | 2die beteiligten streiten über die frage, ob die erbauseinandersetzung zwischen dem kläger und seinem bruder für die anwendung der begünstigungsvorschriften §§ 13 abs. 1 nr. 4c, 13a, 13b und 13c des erbschaftsteuer- und schenkungsteuergesetzes (erbstg) zu berücksichtigen ist. 3die mutter des klägers, …, und sein vater, …, verstarben ….2015 und ….2015 kurz nacheinander. der kläger und sein bruder beerbten sowohl die mutter als auch den vater zu ½. zum nachlass der mutter gehörten u.a. verschiedene grundstücke, zum nachlass des vaters (erblasser) gehörten ebenfalls u.a. grundstücke, eine 20-prozentige kommanditbeteiligung an einer … gmbh & co. kg (kg) sowie eine 20-prozentige beteiligung an der komplementärin der kg, der …-beteiligungs-gmbh (gmbh). die übrigen beteiligungen von 80 % an der kg und der gmbh hielt im zeitpunkt des erbfalls bereits der kläger. die kg betreibt ein gewerbe in a-stadt. 4mit feststellungsbescheid vom 12.7.2017 wurde der wert des kg-anteils des erblassers auf 312.256 € festgestellt. 5nachdem der kläger und sein bruder die ursprünglichen erbschaftsteuerfestsetzungen jeweils mit einsprüchen angefochten hatten, setzte der beklagte zuletzt mit unter dem vorbehalt der nachprüfung stehendem bescheid vom 2.3.2018 erbschaftsteuer i.h.v. 30.668 € gegen den kläger fest. für die kg-anteile wurde jeweils die begünstigung nach § 13a erbstg i.d.f. vom 26.6.2013 gewährt. für einzelne grundstücke wurde die begünstigung nach § 13c erbstg a.f. nur insoweit gewährt, als es sich nicht um sonderbetriebsvermögen handelte. im einzelnen ergaben sich folgende begünstigungen (in eur): 6vermögensgegenstand wert beim kläger begünstigung x-straße. 1 65.595 3.838 x-straße. 2 143.500 10.633 y-straße. 3 260.000 26.000 x-straße. flur …, flurst. … 17.000 0 kg-beteiligung 156.128 156.128 summe 642.223 196.599 7für den bruder des klägers wurden identische werte berücksichtigt. für die vom kläger nach dem erbfall bewohnte wohnung im objekt x-straße 1 wurde die steuerbefreiung nach § 13 abs. 1 nr. 4c erbstg i.h.v. 19.932 € gewährt. die bescheide wurden formell bestandskräftig. 8mit notarieller urkunde vom 19.2.2018 übertrugen der kläger und sein bruder untereinander zum zwecke der erbauseinandersetzung verschiedene grundstücke. mit weiterer notarieller urkunde vom 20.12.2018 übertrug der bruder des klägers den mit dem erbfall auf ihn entfallenden zehnprozentigen anteil an der kg unentgeltlich an den kläger. für die übertragung der gmbh-beteiligung leistete der kläger eine abfindung von 3.785,12 € an seinen bruder. 9ergebnis der erbauseinandersetzung hinsichtlich des nachlasses nach dem vater war, dass der bruder des klägers den grundbesitz y-straße 3 erhielt, während der kläger die gesellschaftsbeteiligungen und die grundbesitze x-straße 1 und 2 (einschließlich flur …, flurst. …) erhielt: 10vermögensgegenstand wert je erbe begünstigung je erbe vor auseinandersetzung zuordnung nach auseinandersetzung x-straße. 1 65.595 3.838 kläger x-straße. 2 143.500 10.633 kläger y-straße. 3 260.000 26.000 bruder x-straße. flur …, flurst. … 17.000 0 kläger kg-beteiligung 156.128 156.128 kläger 11im hinblick auf die unentgeltliche übertragung der beteiligung forderte der beklagte den kläger mit schreiben vom 5.7.2019 und vom 12.8.2019 zur abgabe einer schenkungsteuererklärung auf. der kläger machte mit schreiben vom 23.8.2019 geltend, der kommanditanteil sei im übertragungszeitpunkt wertlos gewesen. eine schenkungsteuererklärung wurde nicht abgegeben. 12der beklagte behandelte die übertragung der beteiligung sodann als verstoß gegen behaltensfristen durch den bruder des klägers. mit bescheid vom 9.9.2019 änderte er die erbschaftsteuerfestsetzung gegenüber dem bruder nach § 164 abs. 2 der abgabenordnung (ao) und ging von einem anteiligen wegfall des verschonungsbetrages und einem vollständigen wegfall des abzugsbetrages nach § 13a abs. 2 erbstg a.f. aus. 13mit schreiben vom 19.11.2019 beantragte der kläger – ebenso wie sein bruder hinsichtlich seiner festsetzung – die änderung des bescheides vom 2.3.2018 gemäß § 164 ao. er führte im einzelnen aus, wie im zuge der erbauseinandersetzung die im nachlass befindlichen grundstücke und die gesellschaftsbeteiligung zwischen ihm und seinem bruder aufgeteilt worden seien und beantragte die entsprechende zuordnung der erbschaftsteuerlichen begünstigungen. 14der beklagte lehnte die änderung mit bescheid vom 15.1.2020 ab. eine erbauseinandersetzung könne steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn sie zeitnah nach dem erbfall erfolge. als zeitnah werde dabei ein zeitraum von sechs monaten angesehen. der erbfall sei aber bereits ….2015 eingetreten, die auseinandersetzung sei 2018 erfolgt und die änderung erst am 19.11.2019 beantragt worden. 15gegen die ablehnung der änderungen legten der kläger und sein bruder am 24.1.2020 einspruch ein. sie beriefen sich auf § 13a abs. 3 erbstg und § 13c abs. 2 erbstg a.f. und führten an, es sei der wille des gesetzgebers, demjenigen miterben die begünstigung zuteilwerden zu lassen, der den begünstigen vermögensgegenstand am ende aus dem nachlass erhält. die frist von sechs monaten sei vermutlich aus dem bmf-schreiben vom 14.3.2006 zur ertragsteuerlichen behandlung der erbengemeinschaft auf die erbschaftsteuer übertragen worden. dabei handele es sich um eine ertragsteuerliche vereinfachung zugunsten der steuerpflichtigen; diese könne ohne gesetzliche grundlage nicht als verschärfung zulasten der steuerpflichtigen in das erbschaftsteuerrecht übertragen werden. 16zudem handele es sich um einen begründeten ausnahmefall i.s.d. h e 13.4 erbsth „freie erbauseinandersetzung“: der kläger und sein bruder hätten in kurzer zeit beide elternteile verloren. in einer solchen situation bestünden andere herausforderungen als die aufteilung des nachlasses binnen sechs monaten. die erbschaftsteuerveranlagungen hätten sich bis märz 2018 hingezogen, so dass die brüder sich erst anschließend um eine auseinandersetzung hätten kümmern können. 17mit einspruchsentscheidungen vom 14.4.2020 wies der beklagte die einsprüche als unbegründet zurück. die begünstigungen seien anhand der erbquoten hälftig zugerechnet worden. ein begünstigungstransfer aufgrund des erbauseinandersetzungsvertrages vom 20.12.2018 komme nicht in betracht. die auseinandersetzung sei erst drei jahre nach dem erbfall und damit nicht zeitnah – innerhalb von sechs monaten – erfolgt. ein begründeter ausnahmefall liege nicht vor. auch der verlust beider elternteile binnen einer woche rechtfertige eine verzögerung von drei jahren nicht. außerdem seien der kläger und sein bruder schon wegen der erstellung der erbschaftsteuererklärungen, die bereits am 5.10.2016 abgegeben worden seien, gezwungen gewesen, sich mit den jeweiligen nachlässen zu befassen. dann habe es nahegelegen, auch die erbauseinandersetzung unmittelbar durchzuführen. die auseinandersetzung sei nicht vom abschluss der erbschaftsteuerveranlagungen abhängig gewesen. die jeweiligen bedarfsfeststellungen seien bis zum 12.7.2017 erfolgt, so dass jedenfalls in der zweiten jahreshälfte 2017 eine auseinandersetzung anhand der steuerwerte möglich gewesen wäre. schließlich sei zu vermuten, dass die auseinandersetzung erst so spät erfolgt sei, weil der erblasser die unternehmensführung in die hände des klägers habe geben wollen, der auch bereits vor dem erbfall an der kg beteiligt gewesen sei. die durch den erbfall eingetretene geringe beteiligung des bruders des klägers habe es diesem unmöglich gemacht, aktiven einfluss auf die unternehmensführung zu nehmen, was ihn schließlich veranlasst habe, die beteiligung auf den kläger zu übertragen. 18der kläger und sein bruder haben am 11.5.2020 klage erhoben. sie wiederholen und vertiefen ihr vorbringen im einspruchsverfahren und führen ergänzend aus, der beklagte ignoriere die gesetzlichen regelungen und die hierzu ergangene rechtsprechung. zudem seien vermutungen zu hinter der auseinandersetzung stehenden motiven nicht sachdienlich. 19der bruder des klägers hat seine klage in der mündlichen verhandlung zurückgenommen. das verfahren wurde daraufhin abgetrennt und eingestellt. 20der kläger hat in der mündlichen verhandlung ergänzend geltend gemacht, die steuerbefreiung für das eigengenutzte familienheim nach § 13 abs. 1 nr. 4c erbstg sei unter berücksichtigung der erbauseinandersetzung nicht mehr nur hälftig, sondern in voller höhe mit einem betrag von 41.935 € zu gewähren. 21der kläger beantragt, 22den beklagten unter aufhebung des bescheides vom 25.11.2019 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 14.4.2020 zu verpflichten, den erbschaft-steuerbescheid des klägers vom 2.3.2018 dahingehend zu ändern, dass die begünstigung für zu wohnzwecken vermietete grundstücke in höhe von 28.942 euro, die begünstigung für betriebsvermögen in höhe von 312.256 euro und die begünstigung für die nutzung des eigengenutzten familienheims in höhe von 41.935 euro gewährt wird. 23der beklagte beantragt, 24 die klage abzuweisen. 25er beruft sich auf die einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, soweit sich der kläger auf die einschätzung des bundesfinanzhofs (bfh) zum begünstigungstransfer nach § 13 abs. 1 nr. 4c erbstg mit urteil vorn 23.6.2015 (ii r 39/13) beriefen, verweise er auf das urteil des bfh vom 28.5.2019 (ii r 37/16), in dem der bfh ausdrücklich an der sechs-monats-regelfrist festgehalten habe. 26soweit der kläger auch den transfer der begünstigung nach § 13 abs. 1 nr. 4c erbstg begehre, scheide dieser bereits deshalb aus, weil der ursprüngliche erwerb des bruders des klägers nach dieser vorschrift nicht begünstigt gewesen sei. denn der bruder habe das objekt x-straße 1 nicht zu eigenen wohnzwecken nutzen wollen. es fehle daher an einer begünstigung, die auf den kläger transferiert werden könne. 27wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakten und die beigezogenen verwaltungsvorgänge verwiesen. 28 | 29die zulässige klage ist begründet. der beklagte hat zu unrecht die änderung des erbschaftsteuerbescheides abgelehnt; der kläger hat gem. § 164 abs. 2 ao einen anspruch auf änderung des erbschaftsteuerbescheides (§ 101 satz 1 der finanzgerichtsordnung – fgo). 30das klagebegehren ist dahingehend auszulegen, dass der kläger die aufhebung des ihn betreffenden bescheides vom 15.1.2020 und nicht die aufhebung des an seinen bruder gerichteten bescheides vom 25.11.2019 begehrt. 31dem kläger sind die begünstigungen nach §§ 13a, 13b erbstg i.d.f. v. 26.6.2013 (1.) und nach § 13 abs. 1 nr. 4c erbstg (2.) in der begehrten höhe zu gewähren. die begünstigung nach § 13c abs. 1 erbstg i.d.f. vom 24.12.2008 ist dem antrag entsprechend zu reduzieren (3.). 321. die begünstigung nach §§ 13a, 13b erbstg a.f. ist in höhe von 312.256 € zu gewähren. 33a) nach §§ 13a abs. 3, 13b abs. 3 erbstg a.f. (heute zusammengefasst in § 13a abs. 5 erbstg) kann ein erwerber den verschonungsabschlag nach abs. 1 und den abzugsbetrag nach abs. 2 nicht in anspruch nehmen, soweit er vermögen im sinne des § 13b abs. 1 im rahmen der teilung des nachlasses auf einen miterben überträgt. gibt der miterbe („dritte“) dabei nicht begünstigtes vermögen hin, das er vom erblasser erworben hat, erhöht sich insoweit der wert des begünstigten vermögens des miterben um den wert des hingegebenen vermögens. 34im zuge der erbauseinandersetzung hat, was zwischen den beteiligten unstrittig ist, der bruder des klägers dem kläger nach §§ 13a, 13b erbstg a.f. begünstigtes vermögen übertragen. die anwendung der vorschrift ist entgegen der auffassung des beklagten auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die erbauseinandersetzung hinsichtlich des betriebsvermögens erst beinahe drei jahre nach dem tod des erblassers erfolgte. 35die vorschrift enthält ihrem wortlaut nach keine frist, binnen derer die auseinandersetzung erfolgen muss. aus diesem grunde verbietet sich nach auffassung des senats eine orientierung an einer starren, vom einzelfall unabhängigen frist. 36dies hat der bfh für den begünstigungstransfer nach § 13 abs. 1 nr. 4c satz 4 erbstg und nach § 13c abs. 2 satz 1 bis 3 erbstg im hinblick auf die von der finanzverwaltung befürwortete sechs-monats-frist jeweils entschieden (bfh, urteil v. 23.6.2015 – ii r 39/13, bstbl. ii 2016, 225, rn. 27, 36; vgl. hannes/holtz, in meincke/hannes/holtz, erbstg, 17. aufl. 2018, § 13d rn. 5, § 13 rn. 37, § 13a rn. 58). wenn der beklagte demgegenüber anführt, der bfh habe in seinem urteil vom 28.5.2019 (ii r 37/16, bstbl. ii 2019, 678) die sechs-monats-frist ausdrücklich bestätigt, so betrifft dies die auslegung des merkmals „unverzüglich“ in § 13 abs. 1 nr. 4c satz 1 erbstg. diese ist zu unterscheiden von der frage, ob für den begünstigungstransfer eine frist zu beachten ist. 37diese rechtsprechung lässt sich auf §§ 13a abs. 3, 13b abs. 3 erbstg a.f. übertragen. denn die regelungen entsprechen in zielsetzung und regelungstechnik dem begünstigungstransfer bei zu wohnzwecken vermietetem grundvermögen (stalleiken, in von oertzen/loose, erbstg, 2. aufl. 2020, § 13d rn. 11), so dass eine einheitliche handhabung angezeigt ist (vgl. jülicher, in troll/gebel/jülicher/gottschalk, erbstg, § 13d rn. 6 (5/2020), § 13a rn. 140 (9/2020); gleichlautende erlasse der obersten finanzbehörden der länder v. 3.3.2016, bstbl. i 2016, 280). 38allerdings folgt aus der formulierung „im rahmen der teilung des nachlasses“ (§§ 13a abs. 3 satz 2, 13b abs. 3 erbstg a.f.), dass ein innerer zusammenhang zum erbfall bestehen muss. entschließt sich die erbengemeinschaft hingegen zunächst, den nachlass nicht zu teilen und kommt es dann aufgrund eines neuen willensentschlusses – etwa aufgrund von streitigkeiten innerhalb der erbengemeinschaft – zu einer vermögensübertragung, handelt es sich nicht mehr um eine übertragung im rahmen der nachlassteilung (vgl. geck, in kapp/ebeling, erbstg, § 13a rn. 79, 86 (3/2020)). demgegenüber ist nicht per se ausgeschlossen, dass ein hinreichender zusammenhang auch dann noch besteht, wenn die auseinandersetzung – etwa bei komplexen vermögenslagen und zu klärenden bewertungsfragen – erst längere zeit nach dem erbfall erfolgt. 39b) unter berücksichtigung dieser maßstäbe ist die vermögensübertragung an den kläger im rahmen der teilung des nachlasses erfolgt. dafür spricht, dass lediglich innerhalb der erbengemeinschaft vermögen übertragen wurde und (abgesehen von einem geringfügigen entgelt i.h.v. 3.785 € für den gmbh-anteil) keine zahlung aus eigenmitteln erfolgte (vgl. bzgl. § 13a erbstg geck, in kapp/ebeling, erbstg, § 13a rn. 86 (3/2020). weiter spricht auch der umstand, dass der kläger bereits vor dem erbfall zu 80 % an der kg und der gmbh beteiligt war, dafür, dass eine entsprechende zuordnung des betriebsvermögens von anfang an beabsichtigt war. zudem war der kläger bereits vor dem erbfall neben dem erblasser einzelvertretungsberechtigter geschäftsführer der gmbh, die wiederum geschäftsführerin der kg war. seit dem tod des erblassers ist der kläger alleiniger geschäftsführer der gmbh. 40demgegenüber fehlen greifbare anhaltspunkte dafür, dass die vermögensübertragung ohne inneren zusammenhang zur erbschaft erfolgt wäre und auf einem neuen willensentschluss beruhen würde. dies lässt sich auch nicht aus dem umstand folgern, dass die auseinandersetzung erst beinahe drei jahre nach dem tod des erblassers erfolgte. denn neben der tatsache, dass der kläger und sein bruder in kurzer zeit beide elternteile verloren haben, ist der vortrag des klägers plausibel, man habe zunächst den abschluss der steuerlichen bewertung und der erbschaftsteuerveranlagung abwarten wollen, bevor die auseinandersetzung erfolgt. entgegen dem vorbringen des beklagten standen die steuerwerte der vermögensgegenstände auch nicht schon im juli 2017 fest. den feststellungsbescheiden lässt sich entnehmen, dass die kläger bewertungsgutachten vorgelegt hatten, denen das feststellungsfinanzamt zunächst nur unter dem vorbehalt der nachprüfung durch den eigenen bausachverständigen gefolgt war. für die grundstücke y-straße 3 und x-straße 2 wurde der vorbehalt der nachprüfung erst mit bescheiden vom 4.12.2017 aufgehoben. dass die auseinandersetzung angesichts der vielzahl von vermögensgegenständen – neben den streitgegenständlichen auch die von der mutter erworbenen werte sowie bankguthaben – sodann noch gewisser vorbereitung bedarf, ist offensichtlich. zudem folgte noch am 2.2.2018 eine mitteilung der bank a-stadt, die zur änderung der erbschaftsteuerbescheide am 2.3.2018 führte. 41soweit man ergänzend darauf abstellen möchte, welcher miterbe die unternehmensfortführung tatsächlich gewährleistet (vgl. fg baden-württemberg, urteil v. 12.2.2020 – 7 k 3343/18, efg 2020, 1146, rkr., unter hinweis auf die gesetzesbegründung), spricht auch dies für das hier gefundene ergebnis. denn der kläger war, wie dargelegt, bereits vor dem erbfall einzelvertretungsberechtigter geschäftsführer und ist seit dem erbfall alleiniger geschäftsführer. dies unterstreicht im hinblick auf den zeitablauf von drei jahren zudem, dass wegen des operativen geschäfts des gewerbes kein unmittelbarer handlungsdruck bestand, da die unternehmensführung in dieser zeit bereits beim kläger lag. 42c) rechtsfolge der §§ 13a abs. 3, 13b abs. 3 erbstg a.f. ist ein reiner (rückwirkender) begünstigungstransfer, der die zuordnung der einzelnen nachlassgegenstände, wie sie im zeitpunkt des erbanfalls erfolgt, unberührt lässt (stalleiken, in von oertzen/loose, erbstg, 2. aufl. 2020, § 13a rn. 126). dem kläger sind damit weiterhin 50 % des betriebsvermögens zuzurechnen, gleichwohl ist die begünstigung nach §§ 13a, 13b erbstg a.f. in voller höhe, also unstreitig i.h.v. 312.256 €, zu gewähren. abweichungen würden sich nach § 13b abs. 3 erbstg a.f. allenfalls ergeben, wenn die jeweiligen leistungen der kläger nicht ausgeglichen wären. dann wäre die begünstigung gedeckelt auf den niedrigeren wert entweder des übernommenen begünstigten vermögens oder des dafür hingegebenen vermögens (jülicher, in troll/gebel/jülicher/gottschalk, erbstg, § 13a rn. 158 (9/2020)). ein solches missverhältnis ist aber weder geltend gemacht, noch sonst erkennbar. 432. dem kläger ist die begünstigung nach § 13 abs. 1 nr. 4c erbstg i.h.v. 41.935 € zu gewähren. 44insoweit ist zwischen den beteiligten zunächst unstreitig, dass die voraussetzungen der norm für den teil der selbstgenutzten wohnung im objekt x-straße 1 vorliegen, der vom erblasser unmittelbar dem kläger zugefallen ist. entgegen der auffassung des beklagten ist jedoch auch der teil, den der kläger im zuge der erbauseinandersetzung von seinem bruder erworben hat, nach § 13 abs. 1 nr. 4c satz 3 und 4 erbstg begünstigt. 45a) die vorschriften regeln einen den §§ 13a abs. 3, 13b abs. 3 erbstg a.f. bzw. § 13a abs. 5 erbstg n.f. entsprechenden begünstigungstransfer. dabei ist es zunächst unschädlich, dass die übertragung des grundvermögens erst etwa 26 monate nach dem tod des erblassers erfolgte. insoweit gelten die ausführungen zu §§ 13a abs. 3, 13b abs. 3 erbstg a.f. sinngemäß. die vorschriften sind, wie dargelegt, in ihrer regelungstechnik und ihrem regelungsziel vergleichbar. angesichts dessen, dass das grundvermögen noch früher – und damit zeitlich näher zum erbfall – übertragen wurde und unter berücksichtigung der bfh-rechtsprechung (urteil v. 23.6.2015 – ii r 39/13, bstbl. ii 2016, 225, rn. 27, 36) ist ein begünstigungstransfer hier erst recht geboten. auch hat der kläger schon vor der auseinandersetzung das grundstück x-straße 1, das teilweise zum betriebsvermögen der kg gehört, selbst bewohnt, was weiter dafür spricht, dass eine entsprechende zuordnung von anfang an beabsichtigt war. 46b) dem begünstigungstransfer steht auch nicht entgegen, dass die voraussetzungen des § 13 abs. 1 nr. 4c satz 1 erbstg in der person des bruders des klägers ursprünglich unstreitig nicht vorlagen (gl.a. jülicher, in: troll/gebel/jülicher/gottschalk, erbstg, § 13 rn. 71a (5/2020)). der wortlaut der regelung ist insoweit allerdings nicht eindeutig: zwar spricht § 13 abs. 1 nr. 4c satz 4 erbstg davon, dass ein erbe „erworbenes begünstigtes vermögen“ auf einen miterben überträgt. hieraus ergibt sich nach auffassung des senats aber nicht zwingend, dass das betroffene vermögen beim übertragenden konkret begünstigt sein muss. vielmehr kann es auch ausreichen, dass es sich – etwa hinsichtlich der belegenheit und der selbstnutzung durch den erblasser – um abstrakt begünstigungsfähiges vermögen handelt und dass die persönlichen voraussetzungen erst beim erwerber eintreten. für eine anwendung der begünstigungsregelung auch in diesen fällen spricht maßgeblich der zweck der norm: der miterbe, der das vermögen im zuge der erbauseinandersetzung erwirbt, soll so gestellt werden, als hätte er das vermögen unmittelbar vom erblasser erworben (bt-drucksache 16/11107, s. 9; vgl. bfh, urteil v. 23.6.2015 – ii r 39/13, bstbl. ii 2016, 225, rn. 16). bei einem unmittelbaren, vollständigen erwerb der wohnung vom erblasser wäre dem kläger indes eine vollständige begünstigung ohne weiteres zu gewähren gewesen. dem beklagten ist zwar zuzugeben, dass die regelung bei diesem verständnis nicht nur den transfer einer (beim übertragenden schon steuerwirksamen) begünstigung ermöglicht, sondern das begünstigungsvolumen bei personenübergreifender betrachtung erhöht. gleichwohl kann nur hierdurch der dargestellte gesetzeszweck erreicht werden. hinzu kommt, dass die vom beklagten vertretene auffassung dazu führen würde, dass ein begünstigungstransfer nur in seltenen ausnahmefällen möglich wäre. denn es wäre dann erforderlich, dass der ersterwerber zunächst das familienheim unverzüglich zur selbstnutzung zu eigenen wohnzwecken bestimmt, dieses sodann im rahmen der teilung des nachlasses auf den zweiterwerber überträgt und dieser es dann ebenfalls – bezogen auf den zeitpunkt des erbfalls – unverzüglich zur selbstnutzung zu eigenen wohnzwecken bestimmt. derartige fälle sind zwar nicht ausgeschlossen, wie der dem bfh-urteil vom 23.6.2015 (ii r 39/13, bstbl. ii 2016, 225, zuvor niedersächsisches fg, urteil v. 26.9.2013 – 3 k 525/12, efg 2013, 2032) zugrundeliegende sachverhalt zeigt; gleichwohl entsprechen sie nicht dem regelfall, in dem vor oder nach dem erbfall zwischen den erben zunächst über die verteilung der vermögenswerte entschieden wird und sodann entsprechende nutzungsbestimmungen getroffen und umgesetzt werden. ausgehend vom zweck der norm überzeugt es nach auffassung des senats nicht, eine in kurzer folge wechselnde nutzungsbestimmung zur voraussetzung für die begünstigung zu machen. 47c) die begünstigung nach § 13c abs. 1 nr. 4c erbstg ist daher in voller höhe zu gewähren. unter zugrundelegung der feststellungen und nachrichtlichen angaben im feststellungsbescheid des finanzamtes a-stadt vom 31.3.2017 ergibt sich – wie beantragt – der begünstigungsbetrag von 220.000 € x (134 m² / 703 m²) = 41.935 €. 483. die begünstigung nach § 13c abs. 2 erbstg a.f. ist antragsgemäß zu reduzieren. 49auch diese vorschrift regelt einen den §§ 13a abs. 3, 13b abs. 3 erbstg a.f. bzw. § 13a abs. 5 erbstg n.f. entsprechenden begünstigungstransfer. im zuge der erbauseinandersetzung haben der kläger und sein bruder, was zwischen den beteiligten unstrittig ist, wechselseitig nach § 13c abs. 2 erbstg a.f. begünstigtes vermögen übertragen. die anwendung der vorschrift ist aus den dargestellten gründen auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die erbauseinandersetzung hinsichtlich des grundvermögens erst etwa 26 monate nach dem tod des erblassers erfolgte. insoweit gelten auch hier die ausführungen zu §§ 13a abs. 3, 13b abs. 3 erbstg a.f. sinngemäß. die begünstigung des klägers ist auf die grundstücke x-straße 1 und 2 zu beschränken und für diese grundstücke in voller höhe zu gewähren, so dass sich ein betrag von 28.942 € ergibt. 504. die kostenentscheidung beruht auf § 135 abs. 1 fgo. die entscheidung zur übertragung der berechnung der steuer auf den beklagten beruht auf der entsprechenden anwendung des § 100 abs. 2 satz 2 fgo, die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit auf §§ 151 abs. 3, 155 fgo i.v.m. §§ 708 nr. 10, 711 der zivilprozessordnung. die revision war nach § 115 abs. 2 nr. 1 fgo wegen grundsätzlicher bedeutung zuzulassen. | Klaeger*in | 1 |
171,864 | 20 K 176/14 | 2014-08-20T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin mit Sitz in E. betreibt einen Großhandel mit neuen und gebrauchten Ladeneinrichtungsgegenständen. Sie wendet sich gegen den Widerruf eines Zuwendungsbescheides und das damit einhergehende Erstattungsverlangen der Beklagten. 3Mit formgebundenem Antrag vom 21. April 2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung eines sachkapitalbezogenen Investitionszuschusses an die gewerbliche Wirtschaft im Rahmen der regionalen Wirtschaftsförderung des Landes Nordrhein-Westfalen in Höhe von 189.700,00 Euro. Sie beabsichtigte, ihren Betrieb von N. nach E. zu verlagern und dort ein Grundstück nebst Betriebsstätte zu erwerben. In dem Antragsformular kreuzte der Geschäftsführer der Klägerin unter Punkt 2.2 unter der Überschrift „Art des Investitionsvorhabens“ an, dass es sich bei dem anvisierten Projekt um eine „arbeitsplatzschaffende Maßnahme“ handele. Ferner gab er unter Punkt 3.2 unter der Überschrift „Anzahl der zusätzlichen Arbeitsplätze nach Abschluss der Investition“ an, zwei zusätzliche Vollzeitarbeitsplätze schaffen zu wollen. Die genaue Bezeichnung der zu bezuschussenden Wirtschaftsgüter bzw. Baumaßnahmen sowie die hierfür erforderlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten führte die Klägerin in einer als Anlage 2 zum Förderantrag gekennzeichneten “Investitionsgüterliste“ auf. 4Mit Zuwendungsbescheid vom 16. Dezember 2010 gewährte die Beklagte der Klägerin eine Zuwendung in Höhe von 139.776,00 Euro für eine „Arbeitsplatz schaffende Maßnahme i. V. m. dem Erwerb eines Gewerbeobjekts“ in E. . Der Zuschuss wurde in Form einer Anteilfinanzierung in Höhe von 28% der anrechenbaren zuwendungsfähigen Gesamtausgaben in Höhe von 499.202,50 Euro für den Durchführungszeitraum vom 15. Mai 2010 bis zum 1. Dezember 2010 gewährt. Der Bescheid enthielt in Ziffer 6.1 unter der Überschrift „Nebenbestimmungen“ die dem Antragsformular der Klägerin entsprechende Anzahl zu schaffender Arbeitsplätze sowie die für das Vorhaben maßgebliche Zweckbindungsfrist von fünf Jahren nach Beendigung der Investition. Die zuwendungsfähigen Ausgaben wurden auf Seite 2 unter Punkt 3 des Bescheides den Kategorien „Grundstückserwerb einschließlich Nebenkosten“, „Erwerb eines Gebäudes“, „Baukosten“ und „Außenanlagen“ zugeordnet. Mit Bescheid vom 28. September 2011 änderte die Beklagte den ursprünglichen Zuwendungsbescheid dahingehend, dass das geförderte Vorhaben in der Zeit vom 15. Mai 2010 bis 31. Dezember 2011 durchzuführen sei. Im Übrigen blieb der Zuwendungsbescheid vom 16. Dezember 2010 unberührt. 5Die Klägerin reichte am 7. Januar 2011 einen ersten Zahlungsabruf ein. Die Fördermittel sollten unter anderem für den Erwerb der neuen Betriebsimmobilie samt Nebenkosten sowie für Umbauarbeiten und Granitfußböden eingesetzt werden. Die vorgelegten Unterlagen gaben keinen Anlass zu Bedenken, so dass die Beklagte unter dem 25. März 2011 anhand der nachgewiesenen förderbaren Kosten in Höhe von 293.025,78 Euro einen Zuschussteilbetrag in Höhe von 82.047,22 Euro auszahlte. 6Am 17. November 2011 reichte die Klägerin einen zweiten Mittelabruf zur Förderung von Baumaterial und Sanitäreinrichtungen ein. Von den angemeldeten Kosten in Höhe von 110.265,53 Euro bewertete die Beklagte einige Rechnungen als nicht förderfähig, da die Antragsunterlagen den Zusammenhang mit der geförderten Maßnahme nicht erkennen ließen bzw. abweichende Rechnungs- oder Lieferadressen enthielten. Da die Beklagte keine Anhaltspunkte für ein vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten der Klägerin hatte, zahlte sie ihr mit Valuta vom 21. September 2012 auf die nachgewiesenen grundsätzlich förderfähigen Kosten in Höhe von 118.492,76 Euro (inklusive der anteiligen förderfähigen Grundstückskosten) einen Zuschussbetrag in Höhe von 33.177,96 Euro. 7Am 12. November 2012 reichte die Klägerin einen Abruf über die restlichen entstandenen Kosten des Projekts, unter anderem für die Erstellung von Außenarbeiten, Bodenarbeiten und Baunebenkosten, ein. Auf die hierbei nachgewiesenen grundsätzlich förderfähigen Kosten in Höhe von 23.612,61 Euro entfiel ein möglicher Zuschussbetrag in Höhe von 6.611,52 Euro. Eine Auszahlung erfolgte nicht. 8Mit Schreiben vom 23. Januar 2013 wies das Finanzamt E. -I. die Beklagte nach einer Vor-Ort-Prüfung bei der Klägerin darauf hin, dass diverse zur Förderung eingereichte Rechnungen nicht betrieblich veranlasst gewesen und abgerechnete Baumaterialien teilweise für das private Eigenheim des Geschäftsführers der Klägerin verwendet worden seien. Mit Schreiben vom 22. Mai 2013 teilte das Finanzamt die Prüffeststellung der durchgeführten Kontrolle mit. Aus der Einzelaufstellung der im Zuge des zweiten Mittelabrufs eingereichten Belege mit den Nummern 1-167 (Gesamtkosten in Höhe von 22.573,49 Euro) ging hervor, welche der abgerechneten Leistungen zu der geförderten Maßnahme gehörten, welche laufenden Materialbedarf für Kunden darstellten und welche privat verwendet wurden. Die weiteren dem zweiten Mittelabruf zugehörigen Belege 168 bis 175 waren nicht Gegenstand der Prüfung. Von den auf die geprüften Belege entfallenden Kosten stufte die Beklagte Ausgaben in Höhe von 18.643,48 Euro als grundsätzlich förderfähig ein. 9Mit Schreiben vom 26. August 2013 stellte die Beklagte gegen den Geschäftsführer der Klägerin Strafanzeige wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug gemäß § 264 StGB. Die Staatsanwaltschaft E. stellte das Verfahren am 14. Juni 2014 gemäß § 153a StPO gegen Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von 12.447,59 Euro an die Beklagte ein, da der Beschuldigte nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zwar eines Vergehens gemäß § 264 Abs. 1 StGB hinreichend verdächtig war, er jedoch strafrechtlich bisher nicht einschlägig in Erscheinung getreten und zu einer Schadenswiedergutmachung gegenüber der Beklagten bereit war. Ein Steuerstrafverfahren des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Essen, das bereits am 28. Januar 2013 eingeleitet worden war, wurde am 25. Oktober 2013 ebenfalls gemäß § 153a StPO gegen Zahlung einer Auflage in Höhe von 500,00 Euro eingestellt. 10Im Rahmen des Anhörungsverfahrens zum beabsichtigten Widerruf der Zuwendung führte die Klägerin mit Schreiben vom 31. Oktober 2013 aus, dass die ermittelte Quote der nicht zweckentsprechenden Verwendung der Fördermittel in Höhe von 66,77% nicht zutreffend sei. Aus den vorgelegten Zahlen ergebe sich allenfalls ein Betrag in Höhe von 12.098,63 Euro, so dass bei einer Gesamtfördersumme von bislang 115.225,00 Euro höchstens eine Quote von 10,6% anzusetzen sei. Im Übrigen seien die dem Finanzamt zugeleiteten Unterlagen seinerzeit keiner verbindlichen Prüfung zugeführt worden, so dass es sich bei der genannten Quote um eine bewusst herbeigeführte Pauschallösung handele. Der Beklagten sei spätestens seit Durchführung der baufachlichen Prüfung vom 25. Juli 2012 bekannt gewesen, dass es Schwierigkeiten im Rahmen der buchhalterischen Zuordnung einzelner Belege gegeben habe. Aus diesem Grunde habe sie einen erheblichen Anteil der Beträge bereits herausgestrichen. All dies sei der Geschäftsführung der Klägerin jedoch nicht bekannt gewesen. 11Mit Bescheid vom 11. Dezember 2013 widerrief die Beklagte den Zuwendungsbescheid und forderte den geleisteten Zuwendungsbetrag in Höhe von 115.225,18 Euro nebst Zinsen zurück. Zur Begründung führte sie aus: Die Voraussetzungen des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG NRW lägen vor, weil die Klägerin innerhalb der fünfjährigen Zweckbindungsdauer Fördermittel in erheblichem Ausmaß für Betriebsmittel und sogar für private Bauzwecke verwendet habe. Insoweit habe das Finanzamt im Rahmen einer Stichprobe die Belege mit den laufenden Nummern 1 – 167 des 2. Abrufes einer eingehenden Prüfung hinsichtlich ihrer Zweckkonformität unterzogen. Von dem anhand dieser geprüften Belege ausbezahlten Zuschuss habe die Klägerin einen Anteil von 22,98% (Rechnungen in Höhe von 4.283,63 Euro) nicht zweckentsprechend für laufenden Materialbedarf für Kunden sowie einen Anteil von 43,79% (Rechnungen in Höhe von 8.163,96 Euro) nicht zweckentsprechend für private Ausgaben verwendet. Dies entspreche einem auf diese Belege entfallenden nicht zweckentsprechend verwendeten Zuschussanteil in Höhe von 66,77%. Selbst wenn man unterstelle, dass sämtliche übrigen geförderten Kosten förderkonform verwendet worden seien, stellten die geprüften 167 Belege bereits einen so erheblichen Anteil an nicht zweckgemäß verwendeten Fördermitteln dar, dass sich eine eingehendere Prüfung der übrigen 16 Belege erübrige. 12Bei der Prüfung des 2. Abrufes sei zwar festgestellt worden, dass diverse offensichtlich nicht förderfähige Ausgaben mit in die Förderung eingerechnet worden seien. Allerdings habe es sich nur um einen sehr geringen Anteil in Höhe von 2,68% an nicht förderfähigen Kosten gehandelt, ohne dass es Anzeichen für eine (vorsätzliche) Zweckentfremdung der Mittel gegeben habe. Darüber hinaus habe der Steuerberater der Klägerin unter dem 31. Juli 2012 schriftlich bestätigt, dass die (durch das Finanzamt geprüften) Belege in Höhe von 22.573,59 Euro im Sachanlagevermögen der Klägerin aktiviert worden seien. Aufgrund der neu gewonnenen Erkenntnisse des Finanzamts E. -I. sei die Quote der nicht zweckentsprechend verwendeten zur Förderung angemeldeten Belege auf ein erhebliches Maß von 14,29% angewachsen, da die Klägerin Wirtschaftsgüter im Wert von 15.760,52 Euro (davon gefördert 12.447,59 Euro) bei insgesamt im 2. Abruf eingereichten Kosten in Höhe von 110.265,53 Euro nicht zweckentsprechend verwendet habe. Dieses Ausmaß sei im Rahmen der Mittelabrufprüfung zum Zeitpunkt der Auszahlung nicht erkennbar gewesen. 13Die Widerrufsentscheidung beruhe schließlich auch auf § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG NRW, da die Klägerin eine mit dem Zuwendungsbescheid verbundene Auflage nicht erfüllt habe. Denn gemäß Ziffer 1.3.1 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-RWP), welche Bestandteil des Zuwendungsbescheides seien, dürfe die Zuwendung anteilig zu den förderfähigen Investitionsausgaben nur angefordert werden, wenn der Mittelabruf nur tatsächlich im Rahmen der geförderten Investitionsmaßnahme getätigte Ausgaben betreffe. Da sich aber ein erheblicher Teil der im Zuge des Abrufs eingereichten Ausgaben auf nicht förderfähige betriebliche bzw. sogar private Ausgaben beziehe, sei diese Bedingung nicht eingehalten worden. 14Bei den Ermessenserwägungen gemäß § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 VwVfG NRW sei der haushaltsrechtliche Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung gemäß § 7 LHO dahingehend zu berücksichtigen gewesen, dass grundsätzlich der Widerruf der Bewilligung einer Subvention zu verfügen sei, wenn dieser im behördlichen Ermessen stehe. Eine atypische Fallkonstellation, die unter Ermessensgesichtspunkten ausnahmsweise eine andere Entscheidung rechtfertigen könne, liege nicht vor. Aufgrund des erheblichen Ausmaßes der nicht zweckentsprechenden Mittelverwendung ‑ insbesondere für private Zwecke ‑ komme ein teilweiser Widerruf nicht in Betracht. 15Die Klägerin hat am 10. Januar 2014 Klage erhoben. Sie wiederholt und vertieft die im Rahmen der Anhörung vorgetragenen Erwägungen wie folgt: Selbst im Falle einer zweckfremden Verwendung der geförderten Mittel sei eine Entscheidung zu Lasten der Klägerin nicht indiziert. Es bedürfe vielmehr einer Abwägung zwischen dem Zweck der gesetzlichen Regelung und den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit sowie des Vertrauensschutzinteresses der Klägerin. Da die Beklagte ihre Ermessensentscheidung ausschließlich auf die Grundsätze des intendierten Ermessens gestützt habe, liege ein Ermessensnichtgebrauch, jedenfalls aber ein Ermessensfehlgebrauch vor. Insoweit führe der Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zwar im Regelfall zu einem Widerruf der Zuwendung, sofern nicht außergewöhnliche Umstände des Einzelfalles eine andere Entscheidung möglich erscheinen ließen. Jedoch sei bei Pflichtverletzungen von geringerem Gewicht oder im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation des Zuwendungsempfängers dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen. Solche Umstände lägen vor, da der Geschäftsführer der Klägerin keine Kenntnis davon gehabt habe, dass die streitigen 101 Rechnungen in der Buchhaltung nicht ordnungsgemäß den jeweiligen Konten zugeordnet und Stornierungen in hohem Umfang verbucht worden seien. Die Auflistung der eingereichten 101 Rechnungen für den gesamten zweiten Mittelabruf sei von einer Mitarbeiterin der Firma G. - einer Buchhaltungs- und Steuerberatungs-GmbH – und deren Geschäftsführer eigenhändig ausgefüllt und dem Geschäftsführer der Klägerin zur Unterschrift vorgelegt worden. Offensichtlich habe diese Firma in der Buchhaltung einzelne Belege falsch zugeordnet. Diese fehlerhafte Buchhaltung sei auch die Grundlage bei der Beantragung der Fördermittel gewesen. Im Übrigen habe die Beklagte Kenntnis von den buchhalterischen Problemen gehabt, da die Klägerin diese unter anderem in einem Telefonat vom 24. Juli 2012 offen kommuniziert habe. 16Darüber hinaus verstoße der Widerruf gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da der vollständige Widerruf des Zuwendungsbescheids weder erforderlich noch angemessen sei. Zum einen sei der Klägerin allenfalls eine geringe Pflichtverletzung vorzuwerfen, da der Geschäftsführer mangels Kenntnis der buchhalterischen Fehler zu keinem Zeitpunkt vorsätzlich, sondern allenfalls fahrlässig und damit nicht pflichtwidrig gehandelt habe. Der Geschäftsführer der Klägerin habe darauf vertrauen dürfen, dass der für die buchhalterischen Belange und die Vorbereitung der Mittelabrufe zuständige Mitarbeiter seinen Aufgaben ordnungsgemäß nachkomme. Auch habe dieser dem Geschäftsführer wöchentlich über alle relevanten Aufgaben berichtet, wobei eventuelle Fehlzuordnungen von Belegen nicht aufgefallen seien. 17Durch die Zahlung einer Geldauflage im Rahmen der Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gemäß § 153a StPO habe der Geschäftsführer der Klägerin keine Straftat oder Schuld eingeräumt. Für ihn streite daher weiterhin die Unschuldsvermutung. Im Übrigen könne eine Zweckverfehlung auch deshalb nicht festgestellt werden, da der Zweck der Zuwendung selbst derart unkonkret sei, dass ihm jegliche Belege unmittelbar oder mittelbar gedient hätten. Insbesondere sei der in dem Zuwendungsbescheid genannte Zweck des Erwerbs einer Betriebsimmobilie und die Schaffung von Arbeitsplätzen nachhaltig erreicht worden. Da die Beklagte den Zuwendungszweck selbst nur ungenau und fragmentarisch bezeichnet habe, könne sie die vermeintlichen Abweichungen nun nicht zum Anlass nehmen, eine vorsätzliche Zweckverfehlung der Klägerin zu vermuten und die Erstattung sämtlicher Zuwendungsbeträge zu fordern. 18Die Klägerin beantragt, 19den Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2013 aufzuheben. 20Die Beklagte beantragt, 21die Klage abzuweisen. 22Sie nimmt vollumfänglich Bezug auf ihre Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid und ergänzt diese wie folgt: Aufgrund der Feststellungen des Finanzamts habe sich ergeben, dass die Klägerin im Rahmen des 2. Abrufes eine erhebliche Anzahl von Rechnungen in Höhe von insgesamt 12.447,59 Euro nicht für den im Zuwendungsbescheid bestimmten Zweck verwendet habe. Danach seien allein 54 Rechnungen, die einen Gesamtbetrag von geförderten Kosten in Höhe von 8.163,96 Euro ausmachten, nicht für den Zuwendungszweck, sondern das private Eigenheim des Geschäftsführers der Klägerin eingesetzt worden. Zudem seien 47 Rechnungen in Höhe von 4.283,63 Euro für laufenden Materialbedarf für Kunden verwendet worden. Hierbei handele es sich nicht um eine „Pauschale“, sondern um eine beleggenaue Feststellung. 23Ein teilweiser Widerruf des Zuwendungsbescheids komme nicht in Betracht, da die Klägerin die ausbezahlten Fördermittel in erheblichem Ausmaß nicht zweckentsprechend verwendet habe und besonders achtlos und unverantwortlich mit den öffentlichen Mitteln umgegangen sei. Im Übrigen sei bei Erlass des Widerrufsbescheids auch die einjährige Widerrufsfrist nicht verstrichen, da diese gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erst mit der Anhörung der Klägerin unter dem 26. August 2013 begonnen habe. 24In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin der Verwertung der Prüffeststellung des Finanzamts E. -I. unter Hinweis auf § 393 AO widersprochen. 25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs ergänzend Bezug genommen. 26Entscheidungsgründe: 27Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. 28Der Widerrufs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 29Rechtsgrundlage für den Widerruf des Zuwendungsbescheides vom 16. Dezember 2010 (in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. September 2011) ist § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG NRW. Nach dieser Vorschrift kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird. 30Diese Voraussetzungen sind erfüllt. 31Die Beklagte hat der Klägerin mit dem Zuwendungsbescheid eine einmalige Geldleistung in Höhe von 139.776,00 Euro als arbeitsplatzschatzschaffenden Investitionszuschuss im Rahmen des Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramms NRW (RWP) in der Fassung vom 22. Dezember 2009 und des hierzu ergangenen Durchführungserlasses des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk (MWEIMH) vom 22. Dezember 2009 gewährt. Mit dieser Zuwendung war ein Zweck verbunden, nämlich der Erwerb eines Gewerbeobjekts als Arbeitsplatz schaffende Maßnahme. Dies ergibt sich zunächst aus dem von dem Geschäftsführer der Klägerin unterzeichneten Antrag vom 21. April 2010, in dem dieser unter Punkt 2.2 unter der Überschrift „Art des Investitionsvorhabens“ angab, dass es sich bei dem anvisierten Projekt um eine „arbeitsplatzschaffende Maßnahme“ handele. Unter Punkt 3.2 des Antragsformulars sicherte er ferner zu, nach Abschluss der Investition zwei zusätzliche Vollzeitarbeitsplätze schaffen zu wollen. Dem entspricht Punkt 2 des Zuwendungsbescheids vom 16. Dezember 2010, in dem das Investitionsvorhaben der Klägerin als „Arbeitsplatz schaffende Maßnahme, Erwerb eines Gewerbeobjekts“ bezeichnet wurde sowie Punkt 6.1 des Bescheids, der die Anzahl der von der Klägerin zu schaffenden Arbeitsplätze enthielt. 32Entgegen der Auffassung der Klägerin war der Zuwendungszweck auch hinreichend konkretisiert. 33Der mit einer Zuwendung verfolgte Zweck ergibt sich aus der ihr zugrunde liegenden Rechtsgrundlage, insbesondere aus dem Bewilligungsbescheid. Der Bewilligungsbescheid ist als Verwaltungsakt nach den Grundsätzen auszulegen, die für Willenserklärungen allgemein gelten. Maßgebend ist hiernach in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB, wie der Empfänger nach den Umständen des Einzelfalles die Erklärung bei verständiger Würdigung zu deuten hatte. 34Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Mai 1994 – 8 A 3885/93 –; zitiert nach juris. 35Unter Heranziehung dieser Grundsätze ist der Zuwendungsbescheid vom 16. Dezember 2010 dahingehend auszulegen, dass die Fördersumme als „sachkapitalbezogener Investitionszuschuss“ dem Erwerb und der Ausstattung der Betriebsimmobilie und damit der Schaffung neuer Arbeitsplätze dienen sollte. Dies ergibt sich zunächst aus Punkt 3 des Zuwendungsbescheids, in dem die Beklagte die zuwendungsfähigen Ausgaben den Kategorien „Grundstückserwerb einschließlich Nebenkosten“, „Erwerb eines Gebäudes“, „Baukosten“ und „Außenanlagen“ zuordnete und damit den Zweck der Zuwendung auf die Grundstücks- und Nebenerwerbskosten der neuen Betriebsimmobilie beschränkte. Eine solche Betrachtungsweise wird auch durch die sonstigen Antrags- und Bewilligungsunterlagen gestützt, die im Rahmen der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB analog ergänzend heranzuziehen sind. Denn die Klägerin nahm bereits in der Anlage 2 zum Förderantrag vom 21. April 2010 in der „Investitionsgüterliste“ eine genauere Bezeichnung der zu bezuschussenden Wirtschaftsgüter bzw. Baumaßnahmen und der dafür erforderlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten vor. Es war folglich für sie erkennbar, dass die ihr gewährten Fördermittel für gerade diese Anschaffungen vorzuhalten und zu verwenden waren. Schließlich wurde der Zuwendungsbescheid auch durch die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung im Rahmen der Regionalen Wirtschaftsförderung Nordrhein-Westfalen (ANBest-RWP) konkretisiert, die der Klägerin mit dem Bescheid übersandt wurden und deren Kenntnis und Gültigkeit der Geschäftsführer der Klägerin mit seiner Unterschrift bestätigte. Danach wurde der Klägerin zum Nachweis der zweckkonformen Mittelverwendung unter anderem die Vorlage eines Verwendungsnachweises (der sogenannten „Belegliste“), bestehend aus einem Sachbericht und einem zahlenmäßigen Nachweis, auferlegt, vgl. Nr. 6.2 ANBest-RWP. Diese Belege sollten insbesondere dazu dienen, der Beklagten nach Beendigung des Investitionsvorhabens die Überprüfung der zweckkonformen Mittelverwendung zu ermöglichen. Aus Sicht eines verständigen Empfängers musste es sich vor diesem Hintergrund daher geradezu aufdrängen, dass es bei der Frage der Zweckkonformität der verwendeten Mittel maßgeblich darauf ankam, die in den „Beleglisten“ aufgeführten Einzelposten (Materialbeschaffungskosten, Erwerbskosten etc.) unmittelbar dem Erwerb der Immobilie und deren Ausstattung als neuem Betriebsstandort der Klägerin zuordnen zu können. 36Die Klägerin hat die Zuwendung jedenfalls teilweise nicht zweckentsprechend verwandt, da sie die von der Beklagten gewährten Fördermittel nicht ausschließlich für den Erwerb und die Ausstattung der neuen Betriebsstätte sowie die Schaffung von zwei neuen Vollzeitarbeitsplätzen, sondern in erheblichem Umfang auch für laufenden Materialbedarf für Kunden bzw. das private Eigenheim des Geschäftsführers der Klägerin eingesetzt hat. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts fest auf Grund der Prüffeststellungen des Finanzamts E. -I. , in denen das Finanzamt eine Überprüfung der in dem zweiten Mittelabruf von der Klägerin geltend gemachten Erwerbs- und Mittelabschaffungskosten auf ihre zweckkonforme Verwendung hin vornahm. Dabei stellte es fest, dass 54 Rechnungen in Höhe eines Gesamtbetrages von 8.163,96 Euro nicht für die Beschaffung von Mitteln für die Betriebsimmobilie, sondern für das Eigenheim des Geschäftsführers der Klägerin verwendet wurden. Darüber hinaus geht aus der Prüffeststellung hervor, dass die Klägerin weitere Fördermittel in Höhe von 4.283,63 Euro, die auf insgesamt 47 Rechnungen ausgewiesen waren, für laufenden Materialbedarf von Kunden verwendete. Mithin wurde allein im Rahmen des zweiten Mittelabrufs ein Förderbetrag von 12.447,59 Euro nicht für die Betriebsimmobilie selbst oder die Schaffung der zusätzlichen Arbeitsplätze verwendet. Hinsichtlich der Einzelheiten wird insoweit auf die ausführlichen Feststellungen des Finanzamts E. -I. verwiesen, die, entgegen der Auffassung der Klägerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren uneingeschränkt verwertbar sind. Ein Verwertungsverbot ergibt sich insbesondere nicht aus § 393 Abs. 2 AO. Soweit danach der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht in einem Strafverfahren aus den Steuerakten Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die der Steuerpflichtige der Finanzbehörde vor Einleitung des Strafverfahrens in Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten offenbart hat, dürfen diese Kenntnisse gegen ihn nicht für die Verfolgung einer Tat verwendet werden, die keine Steuerstraftat ist. 37Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor. Ausweislich seines Wortlauts beschränkt sich § 393 AO auf die Verwertbarkeit von Tatsachen und Beweismitteln aus Steuerakten, die das Gericht in einem Strafverfahren zur Verfolgung einer Tat verwenden will. Die in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu klärende Frage nach der zweckkonformen Verwendung öffentlicher Fördermittel ist hiervon nicht erfasst, da diese nicht auf die „Verfolgung einer Tat“ gerichtet und überdies nicht nach strafverfahrensrechtlichen, sondern verwaltungsprozessualen Regeln zu beurteilen ist. Auch aus teleologischen Erwägungen ist ein Verwertungsverbot gemäß § 393 Abs. 2 AO hier fernliegend. Denn ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien (BT-Drs. 7/4292, S. 46) sollte die Vorschrift einen Ausgleich zwischen dem Aufklärungsinteresse des Staates im Steuerstrafverfahren und den Rechten des Beschuldigten im Strafverfahren schaffen. Ein solcher Interessenkonflikt ist hier nicht zu befürchten, da die Frage nach einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Zuwendungsempfängerin bzw. des für sie handelnden Geschäftsführers nicht Gegenstand der Prüfung des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG NRW ist. 38Andere Gründe, die einer Verwertbarkeit der Prüffeststellung des Finanzamts E. -I. entgegenstehen, sind ebenfalls nicht ersichtlich. 39Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, an der Richtigkeit dieser Feststellungen zu zweifeln. Aus der zur Verwaltungsakte gereichten Übersicht geht hervor, dass das Finanzamt jede einzelne von der Klägerin im Rahmen des zweiten Mittelabrufs geltend gemachte Position daraufhin überprüft hat, ob diese der Betriebsimmobilie zugeführt oder für laufenden Kundenbedarf bzw. das private Eigenheim des Geschäftsführers der Klägerin verwendet wurde. Die unterschiedlichen Verwendungszwecke gehen aus der Prüffeststellung deutlich hervor und weisen – soweit ersichtlich – keine Rechen- oder sonstigen Denkfehler auf. Auch die Klägerin selbst hat diese Zahlen nicht in Abrede gestellt. Sie hat während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens diesbezüglich keine substantiierten ergänzenden Angaben gemacht, sondern eingeräumt, die streitigen 101 Rechnungen seien aufgrund einzelner Versäumnisse in der Buchhaltung nicht ordnungsgemäß den jeweiligen Konten zugeordnet und aus diesem Grunde fälschlicherweise zur Förderung eingereicht worden. 40Eine andere rechtliche Bewertung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin die Betriebsimmobilie erworben und die vorgegebenen zusätzlichen Arbeitsplätze dauerhaft und nachhaltig geschaffen hat. Denn „Zweckbindung“ im Sinne des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG NRW bedeutet, dass die Leistung nicht zu anderen Zwecken verwendet werden darf. Widerrufsgrund dieser Vorschrift ist daher nicht nur die anderweitige Verwendung der Leistung, das heißt der mit dem Leistungsbescheid gewährten Mittel für andere als die im Bescheid festgelegten Zwecke, sondern auch eine Nichtverwendung oder nicht alsbaldige Verwendung für den festgelegten Zweck. 41Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage, § 49 Rdn. 66. 42Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses kommt es bei der Prüfung des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG NRW nicht darauf an, ob und inwieweit der mit der Zuwendung beabsichtigte Erfolg eingetreten ist oder nicht. Allein entscheidend ist, ob die zur Auszahlung gelangten Mittel vollständig für die Erreichung des vorgegebenen Ziels eingesetzt wurden. Unerheblich ist daher, dass die Klägerin aufgrund der ihr gewährten Fördermittel den Erwerb der neuen Betriebsimmobilie erfolgreich abschließen und die erforderliche Anzahl an Arbeitsplätzen vorhalten und besetzen konnte. Erst recht kann nicht zugunsten der Klägerin in Ansatz gebracht werden, dass sie in Ansehung und unter dem Druck des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens einer Rückführung der möglicherweise nicht zweckentsprechend verwendeten Fördermittel an die Beklagte zugestimmt und somit eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 153a StPO erreicht hat. 43Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es für die Frage des Vorliegens einer Zweckverfehlung ferner ohne Belang, ob ihr Geschäftsführer diese zu vertreten hat. 44Nach ständiger Rechtsprechung kommt es für das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG NRW allein darauf an, ob die Zweckverfehlung nach objektiven Umständen vorliegt. Der Widerruf hängt insoweit nicht davon ab, ob der Zuwendungsempfänger die Zweckverfehlung zu vertreten hat oder objektive, außerhalb seiner Risikosphäre bestehende oder eingetretene Umstände die Ursache dafür waren. Ebenso wenig ist von Belang, ob er die Zweckverfehlung vorhersehen konnte oder hätte können müssen oder nicht. Ein fehlendes Verschulden des Zuwendungsempfängers kann damit allenfalls im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen sein. Allein entscheidend ist demnach, dass die Zweckverfehlung im Verantwortungsbereich des Begünstigten liegt, d. h. im Verhältnis zur Bewilligungsbehörde als in seiner Sphäre liegend zu bewerten ist. Dies ist der Fall, wenn die Erfüllung des Zuwendungszwecks dem Leistungsempfänger selbst obliegt und er entweder diesen Zweck durch eigenes Tun, Dulden oder Unterlassen verfehlt oder für das Verhalten eines Dritten aufgrund einer Zurechnungsnorm einzustehen hat. 45Vgl. VGH München, NVwZ 1990, 882 –; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9. Juli 2008 – 10 K 3735/06 –; VG Dresden, Urteil vom 13. September 2012 – 3 K 1840/11 –; zitiert nach juris. 46Aus dem Zuwendungsbescheid vom 16. Dezember 2010 und den ihm zugrunde liegenden Antragsunterlagen geht hervor, dass die Klägerin und damit der für sie gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG nach außen handelnde Geschäftsführer für die Erfüllung des Zuwendungszwecks verantwortlich war, die ordnungsgemäße Verwendung der Fördermittel somit in seinem Verantwortungsbereich lag. Dies ergibt sich daraus, dass als Zuwendungsempfänger stets die Klägerin benannt wurde und diese auch in den Genuss der Fördermittel kam. Da der Geschäftsführer der Klägerin gegenüber der Beklagten für die Erfüllung des Zuwendungszwecks verantwortlich war, kann er sich allenfalls im Rahmen der Ermessensausübung, nicht aber bei der Frage der Zweckverfehlung auf ein fehlendes Verschulden berufen. Es ist folglich nicht maßgeblich, inwieweit die Erstellung der Beleglisten und die Antragsunterlagen in einer eigens dafür zuständigen Abteilung hergestellt wurden und ob dem Geschäftsführer der Klägerin eine fehlerhafte Verwendung der Fördermittel bekannt war. 47Inwieweit die Beklagte den Widerruf des Zuwendungsbescheides auch nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG NRW verfügen durfte, weil die Klägerin eine Auflage des Zuwendungsbescheid nicht erfüllt hat, bedarf angesichts der vorstehenden Ausführungen keiner Klärung. 48Die Voraussetzungen des § 49 Abs. 3 Satz 2 VwVfG NRW i. V. m. § 48 Abs. 4 VwVfG NRW sind ebenfalls eingehalten. Erhält danach die Behörde von Tatsachen Kenntnis, die den Widerruf rechtfertigen, ist dieser nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Eine Kenntnisnahme in diesem Sinne liegt vor, wenn der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung zur Aufhebung des Verwaltungsaktes berufene Amtswalter oder ein sonst innerbehördlich zur rechtlichen Prüfung des Verwaltungsaktes berufener Amtswalter positive Kenntnis erlangt hat. Hierzu genügt es nicht, dass die die Aufhebung des Verwaltungsaktes rechtfertigenden Tatsachen aktenkundig – also aus den Akten ersichtlich – sind, denn bei der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG NRW handelt es sich nicht etwa um eine Bearbeitungs-, sondern um eine Entscheidungsfrist. 49Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1984 – BVerwG Gr. Sen. 1. und 2.84 –; zitiert nach juris. 50Diese beginnt erst zu laufen, wenn der Amtswalter ohne weitere Sachaufklärung objektiv in der Lage ist, unter sachgerechter Ausübung seines Ermessens über die Aufhebung des Verwaltungsaktes zu entscheiden. Zu den weiteren für die Rücknahme- oder Widerrufsentscheidung erheblichen Tatsachen gehören insbesondere die für die Ermessensbetätigung wesentlichen Umstände. Diente eine Anhörung (§ 28 Abs. 1 VwVfG) des Betroffenen der Ermittlung weiterer entscheidungserheblicher Tatsachen, beginnt die Jahresfrist erst danach zu laufen. Die Jahresfrist beginnt erst zu laufen, wenn diese Tatsachen vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt sind. 51Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.01.2001 – 8 C 8/00 –; zitiert nach juris. 52Unter Zugrundelegung dieser Kriterien hat die Beklagte die Jahresfrist des § 49 Abs. 3 Satz 2 VwVfG NRW i. V. m. § 48 Abs. 4 VwVfG NRW eingehalten. Zwar hatte sie spätestens seit Durchführung der baufachlichen Prüfung am 25. Juli 2012 Kenntnis von dem Umstand, dass es Schwierigkeiten im Rahmen der buchhalterischen Zuordnung einzelner Belege gab. Denn diese waren unter anderem der Grund dafür, dass die Beklagte einen erheblichen Anteil der im zweiten Mittelabruf geltend gemachten Beträge für nicht förderfähig erachtete. Diese buchhalterischen Schwierigkeiten räumte die Klägerin nach der Vor-Ort-Prüfung des Finanzamts E. auch selbst gegenüber der Beklagten ein, unter anderem in einem Telefongespräch vom 24. Juli 2012. Jedoch hat die Beklagte erst nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 26. August 2013 die erforderliche abschließende und vollständige Kenntnis der für den schließlich ausgesprochenen Widerruf notwendigen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen sowie das geltend gemachte Erstattungsverlangen erlangt. Denn erst durch die schriftliche Äußerung der Klägerin vom 31. Oktober 2013 legte diese die Umstände dar, die aus ihrer Sicht zu einer Verfehlung des Zuwendungszwecks geführt und ausweislich des Widerrufs- und Erstattungsbescheides im Rahmen der Ermessensentscheidung der Beklagten jedenfalls Berücksichtigung gefunden haben. Aus dieser geht hervor, dass insbesondere das Ausmaß der Zweckverfehlung und der Pflichtverstoß der Klägerin der Grund für den schließlich verfügten vollständigen Widerruf der Zuwendung waren. 53Die Beklagte hat das ihr eingeräumte Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt, § 114 Satz 1 VwGO. Der von ihr verfügte Widerruf des Zuwendungsbescheides hält sich in dem durch § 49 VwVfG NRW vorgegebenen Ermessensrahmen. 54Aus den Grundsätzen über das sogenannte intendierte bzw. gelenkte Ermessen ergeben sich Besonderheiten für die rechtliche Beurteilung des Ermessens. Nach diesen Grundsätzen ist eine Ermessen einräumende Vorschrift, die im Regelfall von einer Ermessensausübung in einem bestimmten Sinne ausgeht, dahin auszulegen, dass besondere Gründe vorliegen müssen, um eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen. Liegt ein von dem Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst, mit der weiteren Konsequenz, dass es einer ansonsten nach § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG NRW erforderlichen Darlegung der Ermessenserwägungen nicht bedarf. Nur dann, wenn der Behörde außergewöhnliche Umstände des Einzelfalles bekannt geworden oder erkennbar sind, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen und die von der Behörde nicht erwogen worden sind, liegt ein rechtsfehlerhafter Gebrauch des Ermessens vor. 55Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1997 – 3 C 22/96 –; Urteil vom 10. Dezember 2003 – 3 C 22/02 –; OVG NRW, Urteil vom 13. Juni 2002 – 12 A 693/99 –; zitiert nach juris; Kammer, Urteil vom 24. November 2010 – 20 K 1491/09 –. 56Auch § 49 VwVfG stellt eine Vorschrift in dem genannten Sinne dar, da bei der zu treffenden Ermessensentscheidung stets die in § 7 LHO NRW statuierten Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit lenkend zu berücksichtigen sind. 57Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Juni 2002 – 12 A 693/99 –; zitiert nach juris. 58Für den Widerruf des Zuwendungsbescheids und die Rückforderung der Fördermittel bei Nichterreichung von Fördervoraussetzungen sieht Ziffer 4.1 des der Förderung zugrunde liegenden Sechsunddreißigsten Rahmenplans der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ für den Zeitraum 2007 bis 2010 (BT-Drs. 16/5215) überdies besondere Vorschriften für die Ermessensausübung der Rückforderungsbehörde vor. Nach Ziffer 4.1.1 ist der Zuwendungsbescheid zu widerrufen und die bereits gewährten Fördermittel vom Zuwendungsempfänger zurückzufordern, wenn dem Zuwendungsbescheid zugrunde liegende Fördervoraussetzungen des Rahmenplans nach Abschluss des Investitionsvorhabens oder der betrieblichen Maßnahme nicht erfüllt sind. Ein Absehen vom Widerruf und der Rückforderung nach Ziffer 4.2 kommt nur in Betracht, wenn der Zuwendungsempfänger glaubhaft macht, dass die Nichterreichung der Fördervoraussetzungen nach Ziffer 2.2 bzw. Ziffer 2.6.5 auf bestimmten Umständen beruht, die er nicht zu vertreten hat und die er im Zeitpunkt der Antragstellung auch bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht vorhersehen konnte, vgl. Ziffer 4.1.2. Ausnahmen von dem Widerruf nach Ziffer 4.2 existieren wiederum für den Fall der Verfehlung bestimmter Arbeitsplatzziele oder bei geringfügigem Unterschreiten des erforderlichen Investitionsbetrages, etwa dergestalt, dass der Förderungszweck aufgrund außergewöhnlicher, im Zeitpunkt des Investitionsbeginns unvorhersehbarer Änderungen der Marktverhältnisse oder wegen Erschöpfung des Arbeitsmarktes ganz oder teilweise nicht erreicht wurde. 59Ein solcher Ausnahmetatbestand liegt bereits nicht vor. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin angesichts einer wirtschaftlich angespannten Lage bzw. konjunktureller Schwierigkeiten die von ihr geltend gemachten Fördermittel zu anderen als den in dem Zuwendungsbescheid verbindlich vorgegebenen Zwecken verwendete. Auf den Gesichtspunkt des Vertretenmüssens kommt es somit im vorstehenden rechtlichen Zusammenhang nicht an. Es kann dahinstehen, ob aus Ermessensgründen von dem Widerruf ganz oder teilweise abzusehen wäre, weil der Geschäftsführer der Klägerin wegen anderer Umstände die Zweckverfehlung nicht zu vertreten hätte. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Widerruf einer Zuwendung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit – namentlich bei Pflichtverletzungen von geringem Gewicht oder um eine Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz des Zuwendungsempfängers zu vermeiden – im Einzelfall auf bestimmte Zeiträume oder in anderer Weise zu beschränken ist. Dies soll erst recht gelten, wenn dem Zuwendungsempfänger – wie hier – der Einwand der Entreicherung verwehrt ist. Denn eine derartige Sachlage bietet vom Regelfall eines Subventionswiderrufs abweichende Umstände, die eine andere Entscheidung als den vollständigen – rückwirkenden – Widerruf der ergangenen Zuwendungsbescheide als möglich und gegebenenfalls sogar als geboten erscheinen lassen. 60Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2003 – 3 C 22/02 –; zitiert nach juris. 61So liegt der Fall jedoch nicht. Der Geschäftsführer der Klägerin hat sich jedenfalls fahrlässig und demnach hinsichtlich der zweckkonformen Verwendung der Zuwendung pflichtwidrig verhalten. Denn zum einen hat er durch seine Unterschrift auf den Antragsformularen und den Beleglisten – unabhängig von seiner gesellschaftsrechtlichen Einstandspflicht für die rechtsgeschäftlichen Handlungen der Klägerin – die persönliche Verantwortung für die Ordnungsgemäßheit der „Beleglisten“ übernommen. Insoweit kann er sich nicht darauf berufen, ihm seien Fehlvorgänge in der Buchhaltung unbekannt geblieben, zumal dieser Vortrag angesichts der durch das Finanzamt nachgewiesenen privaten Mittelverwendung durch den Geschäftsführer unglaubwürdig erscheint. Darüber hinaus muss sich der Geschäftsführer der Klägerin in entsprechender Anwendung der §§ 276, 278 BGB das Verhalten seiner Mitarbeiter und der Firma G. zurechnen lassen, die sich um die buchhalterischen Belange der Klägerin kümmerten. Der Rechtsgedanke der §§ 276, 278 BGB gilt auch im öffentlichen Recht, soweit dort schuldrechtsähnliche Pflichten begründet werden und die Eigenart des öffentlichen Rechts nicht entgegensteht, insbesondere für öffentlich-rechtliche Sonderverbindungen, sofern diese eine einem privatrechtlichen Schuldverhältnis vergleichbare Leistungs- und Obhutsbeziehung zum Gegenstand hat. In einem solchen Fall muss sich der Zuwendungsempfänger Handlungen oder Unterlassungen Dritter, die er mit der zweckgerechten Mittelverwendung betreut, zurechnen lassen. 62Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Mai 1994 – 8 A 3885/93 –; zitiert nach juris. 63Durch die Gewährung der Zuwendung mit Bescheid vom 16. Dezember 2010 wurde zwischen der Beklagten und der Klägerin eine schuldrechtsähnliche Sonderverbindung begründet, die von gegenseitigen Leistungs- und Rücksichtnahmepflichten geprägt war. Denn die Beklagte stellte der Klägerin öffentliche Mittel als Investitionszuschuss zur Verfügung, damit sie diese für den Erwerb einer Betriebsimmobilie und die Schaffung weiterer Arbeitsplätze einsetzen konnte. Im Gegenzug verpflichtete sich die Klägerin zur Erfüllung der in dem Zuwendungsbescheid und in seinen Anlagen genannten Pflichten, etwa zur Beachtung der Zweckbindung und zur anschließenden Rechnungslegung, um der Beklagten eine Überprüfung der Mittelverwendung zu ermöglichen. 64Der Mitarbeiter der Buchhaltung, der für die Erstellung der Beleglisten und die Einreichung der Antragsunterlagen bei der Beklagten verantwortlich war, war Erfüllungsgehilfe. Das Gleiche gilt für die Mitarbeiter der Firma G. , die nach Angaben der Klägerin die Auflistung und Zuordnung von Belegen vorgenommen haben. 65Nach der Rechtsprechung ist eine Person Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB, wenn sich der Schuldner im eigenen Interesse der Hilfsperson zur Erfüllung seiner eigenen Pflichten bedient. Dabei ist es unerheblich, welche rechtliche Beziehung zwischen dem Schuldner und seiner Hilfsperson besteht und ob letztere einem Weisungsrecht des Schuldners unterliegt. Entscheidend ist allein, dass die Handlung der Hilfsperson objektiv zum Pflichtenkreis des Schuldners gehört. 66Vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1984 – V ZR 205/82 –; zitiert nach juris. 67Wie bereits ausgeführt, stand die zweckkonforme Verwendung der Fördermittel im Pflichtenkreis der Klägerin und damit des für sie handelnden Geschäftsführers. Soweit sich dieser bei der Erfüllung seiner Pflichten aus dem Zuwendungsverhältnis einzelner Mitarbeiter bedient hat, wurden diese in seinem Pflichtenkreis und damit als Erfüllungsgehilfen im Sinne des § 278 BGB tätig. In Anbetracht der außergewöhnlich hohen Zahl an fehlerhaft vorgelegten Rechnungen – allein im Rahmen des zweiten Mittelabrufs wurden durch das Finanzamt 101 Rechnungen als fehlerhaft bewertet – ist davon auszugehen, dass diese bei der Zuordnung der einzelnen Rechnungsposten in den Beleglisten jedenfalls fahrlässig im Sinne des § 276 BGB handelten. Denn hätten sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt eingehalten, hätten sie die auf den laufenden Materialbedarf für Kunden und auf die privaten Zwecke des Geschäftsführers der Klägerin entfallenden Rechnungen nicht bei der Beklagten zur Förderung eingereicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es nicht darauf an, dass die Mitarbeiter ihren Pflichten im Übrigen stets sorgsam und zuverlässig nachgekommen sind. Denn bei der Vorschrift des § 278 BGB handelt es sich um eine Zurechnungsnorm, die – anders als etwa die Vorschrift des § 831 BGB, die ein eigenes Fehlverhalten sanktioniert – keine Exkulpationsmöglichkeit vorsieht. Es bedarf daher keiner Klärung, ob und inwieweit der Geschäftsführer die Fehlvorgänge in der Buchhaltung erkannt hatte oder hätte erkennen können oder ob er im Einzelnen Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der ihm zur Unterschrift vorgelegten Antragsunterlagen hatte. 68Da die Klägerin somit gemäß §§ 276, 278 BGB unabhängig von dem persönlichen Kenntnisstand ihres Geschäftsführers für die fehlerhafte Zuordnung der Abrechnungsbelege verantwortlich ist, bedurfte es nicht des von der Klägerin angeregten Zeugenbeweises. 69Der Widerruf der Zuwendung war auch nicht deswegen zu beschränken, weil es sich um eine Pflichtverletzung von geringem Gewicht gehandelt hätte. Hiervon auszugehen ist angesichts einer nicht zweckentsprechenden Verwendung eines Förderbetrages in Höhe von 12.447,59 Euro allein im Rahmen des zweiten Mittelabrufs fernliegend. 70Die Rückforderung des ausgezahlten Zuwendungsbetrages findet ihre Rechtsgrundlage in § 49 a Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit – wie hier – ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen worden ist. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Für den Umfang der Erstattung gelten gemäß § 49 a Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Allerdings kann sich der Begünstigte gemäß § 49 a Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zum Widerruf des Verwaltungsaktes geführt haben. Diese Voraussetzungen treffen auf die Klägerin zu, weil sie unter Berücksichtigung der im Antragsformular abgegebenen Erklärungen und Versicherungen erkennen musste, dass eine Verwendung der Fördermittel zu anderen als im Zuwendungsbescheid genannten Zwecken einen Widerrufsgrund im Sinne des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG NRW begründen würde. 71Der mit dem angefochtenen Bescheid geltend gemachte Zinsanspruch folgt dem Grunde nach aus § 49 a Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW und Ziffer 8.4 ANBest-RWP. 72Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 73Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO. 74Beschluss: 75Der Streitwert wird auf 139.776,00 Euro festgesetzt. 76Gründe: 77Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 und 3 GKG erfolgt. Der Betrag von 139.776,00 Euro war Gegenstand des Zuwendungsbescheides vom 16. Dezember 2010, der mit dem angefochtenen Bescheid vom 11. Dezember 2013 widerrufen wurde. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die klägerin mit sitz in e. betreibt einen großhandel mit neuen und gebrauchten ladeneinrichtungsgegenständen. sie wendet sich gegen den widerruf eines zuwendungsbescheides und das damit einhergehende erstattungsverlangen der beklagten. 3mit formgebundenem antrag vom 21. april 2010 beantragte die klägerin bei der beklagten die gewährung eines sachkapitalbezogenen investitionszuschusses an die gewerbliche wirtschaft im rahmen der regionalen wirtschaftsförderung des landes nordrhein-westfalen in höhe von 189.700,00 euro. sie beabsichtigte, ihren betrieb von n. nach e. zu verlagern und dort ein grundstück nebst betriebsstätte zu erwerben. in dem antragsformular kreuzte der geschäftsführer der klägerin unter punkt 2.2 unter der überschrift „art des investitionsvorhabens“ an, dass es sich bei dem anvisierten projekt um eine „arbeitsplatzschaffende maßnahme“ handele. ferner gab er unter punkt 3.2 unter der überschrift „anzahl der zusätzlichen arbeitsplätze nach abschluss der investition“ an, zwei zusätzliche vollzeitarbeitsplätze schaffen zu wollen. die genaue bezeichnung der zu bezuschussenden wirtschaftsgüter bzw. baumaßnahmen sowie die hierfür erforderlichen anschaffungs- und herstellungskosten führte die klägerin in einer als anlage 2 zum förderantrag gekennzeichneten “investitionsgüterliste“ auf. 4mit zuwendungsbescheid vom 16. dezember 2010 gewährte die beklagte der klägerin eine zuwendung in höhe von 139.776,00 euro für eine „arbeitsplatz schaffende maßnahme i. v. m. dem erwerb eines gewerbeobjekts“ in e. . der zuschuss wurde in form einer anteilfinanzierung in höhe von 28% der anrechenbaren zuwendungsfähigen gesamtausgaben in höhe von 499.202,50 euro für den durchführungszeitraum vom 15. mai 2010 bis zum 1. dezember 2010 gewährt. der bescheid enthielt in ziffer 6.1 unter der überschrift „nebenbestimmungen“ die dem antragsformular der klägerin entsprechende anzahl zu schaffender arbeitsplätze sowie die für das vorhaben maßgebliche zweckbindungsfrist von fünf jahren nach beendigung der investition. die zuwendungsfähigen ausgaben wurden auf seite 2 unter punkt 3 des bescheides den kategorien „grundstückserwerb einschließlich nebenkosten“, „erwerb eines gebäudes“, „baukosten“ und „außenanlagen“ zugeordnet. mit bescheid vom 28. september 2011 änderte die beklagte den ursprünglichen zuwendungsbescheid dahingehend, dass das geförderte vorhaben in der zeit vom 15. mai 2010 bis 31. dezember 2011 durchzuführen sei. im übrigen blieb der zuwendungsbescheid vom 16. dezember 2010 unberührt. 5die klägerin reichte am 7. januar 2011 einen ersten zahlungsabruf ein. die fördermittel sollten unter anderem für den erwerb der neuen betriebsimmobilie samt nebenkosten sowie für umbauarbeiten und granitfußböden eingesetzt werden. die vorgelegten unterlagen gaben keinen anlass zu bedenken, so dass die beklagte unter dem 25. märz 2011 anhand der nachgewiesenen förderbaren kosten in höhe von 293.025,78 euro einen zuschussteilbetrag in höhe von 82.047,22 euro auszahlte. 6am 17. november 2011 reichte die klägerin einen zweiten mittelabruf zur förderung von baumaterial und sanitäreinrichtungen ein. von den angemeldeten kosten in höhe von 110.265,53 euro bewertete die beklagte einige rechnungen als nicht förderfähig, da die antragsunterlagen den zusammenhang mit der geförderten maßnahme nicht erkennen ließen bzw. abweichende rechnungs- oder lieferadressen enthielten. da die beklagte keine anhaltspunkte für ein vorsätzliches oder fahrlässiges verhalten der klägerin hatte, zahlte sie ihr mit valuta vom 21. september 2012 auf die nachgewiesenen grundsätzlich förderfähigen kosten in höhe von 118.492,76 euro (inklusive der anteiligen förderfähigen grundstückskosten) einen zuschussbetrag in höhe von 33.177,96 euro. 7am 12. november 2012 reichte die klägerin einen abruf über die restlichen entstandenen kosten des projekts, unter anderem für die erstellung von außenarbeiten, bodenarbeiten und baunebenkosten, ein. auf die hierbei nachgewiesenen grundsätzlich förderfähigen kosten in höhe von 23.612,61 euro entfiel ein möglicher zuschussbetrag in höhe von 6.611,52 euro. eine auszahlung erfolgte nicht. 8mit schreiben vom 23. januar 2013 wies das finanzamt e. -i. die beklagte nach einer vor-ort-prüfung bei der klägerin darauf hin, dass diverse zur förderung eingereichte rechnungen nicht betrieblich veranlasst gewesen und abgerechnete baumaterialien teilweise für das private eigenheim des geschäftsführers der klägerin verwendet worden seien. mit schreiben vom 22. mai 2013 teilte das finanzamt die prüffeststellung der durchgeführten kontrolle mit. aus der einzelaufstellung der im zuge des zweiten mittelabrufs eingereichten belege mit den nummern 1-167 (gesamtkosten in höhe von 22.573,49 euro) ging hervor, welche der abgerechneten leistungen zu der geförderten maßnahme gehörten, welche laufenden materialbedarf für kunden darstellten und welche privat verwendet wurden. die weiteren dem zweiten mittelabruf zugehörigen belege 168 bis 175 waren nicht gegenstand der prüfung. von den auf die geprüften belege entfallenden kosten stufte die beklagte ausgaben in höhe von 18.643,48 euro als grundsätzlich förderfähig ein. 9mit schreiben vom 26. august 2013 stellte die beklagte gegen den geschäftsführer der klägerin strafanzeige wegen des verdachts auf subventionsbetrug gemäß § 264 stgb. die staatsanwaltschaft e. stellte das verfahren am 14. juni 2014 gemäß § 153a stpo gegen zahlung eines geldbetrages in höhe von 12.447,59 euro an die beklagte ein, da der beschuldigte nach den ermittlungen der staatsanwaltschaft zwar eines vergehens gemäß § 264 abs. 1 stgb hinreichend verdächtig war, er jedoch strafrechtlich bisher nicht einschlägig in erscheinung getreten und zu einer schadenswiedergutmachung gegenüber der beklagten bereit war. ein steuerstrafverfahren des finanzamts für steuerstrafsachen und steuerfahndung essen, das bereits am 28. januar 2013 eingeleitet worden war, wurde am 25. oktober 2013 ebenfalls gemäß § 153a stpo gegen zahlung einer auflage in höhe von 500,00 euro eingestellt. 10im rahmen des anhörungsverfahrens zum beabsichtigten widerruf der zuwendung führte die klägerin mit schreiben vom 31. oktober 2013 aus, dass die ermittelte quote der nicht zweckentsprechenden verwendung der fördermittel in höhe von 66,77% nicht zutreffend sei. aus den vorgelegten zahlen ergebe sich allenfalls ein betrag in höhe von 12.098,63 euro, so dass bei einer gesamtfördersumme von bislang 115.225,00 euro höchstens eine quote von 10,6% anzusetzen sei. im übrigen seien die dem finanzamt zugeleiteten unterlagen seinerzeit keiner verbindlichen prüfung zugeführt worden, so dass es sich bei der genannten quote um eine bewusst herbeigeführte pauschallösung handele. der beklagten sei spätestens seit durchführung der baufachlichen prüfung vom 25. juli 2012 bekannt gewesen, dass es schwierigkeiten im rahmen der buchhalterischen zuordnung einzelner belege gegeben habe. aus diesem grunde habe sie einen erheblichen anteil der beträge bereits herausgestrichen. all dies sei der geschäftsführung der klägerin jedoch nicht bekannt gewesen. 11mit bescheid vom 11. dezember 2013 widerrief die beklagte den zuwendungsbescheid und forderte den geleisteten zuwendungsbetrag in höhe von 115.225,18 euro nebst zinsen zurück. zur begründung führte sie aus: die voraussetzungen des § 49 abs. 3 satz 1 nr. 1 vwvfg nrw lägen vor, weil die klägerin innerhalb der fünfjährigen zweckbindungsdauer fördermittel in erheblichem ausmaß für betriebsmittel und sogar für private bauzwecke verwendet habe. insoweit habe das finanzamt im rahmen einer stichprobe die belege mit den laufenden nummern 1 – 167 des 2. abrufes einer eingehenden prüfung hinsichtlich ihrer zweckkonformität unterzogen. von dem anhand dieser geprüften belege ausbezahlten zuschuss habe die klägerin einen anteil von 22,98% (rechnungen in höhe von 4.283,63 euro) nicht zweckentsprechend für laufenden materialbedarf für kunden sowie einen anteil von 43,79% (rechnungen in höhe von 8.163,96 euro) nicht zweckentsprechend für private ausgaben verwendet. dies entspreche einem auf diese belege entfallenden nicht zweckentsprechend verwendeten zuschussanteil in höhe von 66,77%. selbst wenn man unterstelle, dass sämtliche übrigen geförderten kosten förderkonform verwendet worden seien, stellten die geprüften 167 belege bereits einen so erheblichen anteil an nicht zweckgemäß verwendeten fördermitteln dar, dass sich eine eingehendere prüfung der übrigen 16 belege erübrige. 12bei der prüfung des 2. abrufes sei zwar festgestellt worden, dass diverse offensichtlich nicht förderfähige ausgaben mit in die förderung eingerechnet worden seien. allerdings habe es sich nur um einen sehr geringen anteil in höhe von 2,68% an nicht förderfähigen kosten gehandelt, ohne dass es anzeichen für eine (vorsätzliche) zweckentfremdung der mittel gegeben habe. darüber hinaus habe der steuerberater der klägerin unter dem 31. juli 2012 schriftlich bestätigt, dass die (durch das finanzamt geprüften) belege in höhe von 22.573,59 euro im sachanlagevermögen der klägerin aktiviert worden seien. aufgrund der neu gewonnenen erkenntnisse des finanzamts e. -i. sei die quote der nicht zweckentsprechend verwendeten zur förderung angemeldeten belege auf ein erhebliches maß von 14,29% angewachsen, da die klägerin wirtschaftsgüter im wert von 15.760,52 euro (davon gefördert 12.447,59 euro) bei insgesamt im 2. abruf eingereichten kosten in höhe von 110.265,53 euro nicht zweckentsprechend verwendet habe. dieses ausmaß sei im rahmen der mittelabrufprüfung zum zeitpunkt der auszahlung nicht erkennbar gewesen. 13die widerrufsentscheidung beruhe schließlich auch auf § 49 abs. 3 satz 1 nr. 2 vwvfg nrw, da die klägerin eine mit dem zuwendungsbescheid verbundene auflage nicht erfüllt habe. denn gemäß ziffer 1.3.1 der allgemeinen nebenbestimmungen für zuwendungen zur projektförderung (anbest-rwp), welche bestandteil des zuwendungsbescheides seien, dürfe die zuwendung anteilig zu den förderfähigen investitionsausgaben nur angefordert werden, wenn der mittelabruf nur tatsächlich im rahmen der geförderten investitionsmaßnahme getätigte ausgaben betreffe. da sich aber ein erheblicher teil der im zuge des abrufs eingereichten ausgaben auf nicht förderfähige betriebliche bzw. sogar private ausgaben beziehe, sei diese bedingung nicht eingehalten worden. 14bei den ermessenserwägungen gemäß § 49 abs. 3 satz 1 nr. 1 und 2 vwvfg nrw sei der haushaltsrechtliche grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen haushaltsführung gemäß § 7 lho dahingehend zu berücksichtigen gewesen, dass grundsätzlich der widerruf der bewilligung einer subvention zu verfügen sei, wenn dieser im behördlichen ermessen stehe. eine atypische fallkonstellation, die unter ermessensgesichtspunkten ausnahmsweise eine andere entscheidung rechtfertigen könne, liege nicht vor. aufgrund des erheblichen ausmaßes der nicht zweckentsprechenden mittelverwendung ‑ insbesondere für private zwecke ‑ komme ein teilweiser widerruf nicht in betracht. 15die klägerin hat am 10. januar 2014 klage erhoben. sie wiederholt und vertieft die im rahmen der anhörung vorgetragenen erwägungen wie folgt: selbst im falle einer zweckfremden verwendung der geförderten mittel sei eine entscheidung zu lasten der klägerin nicht indiziert. es bedürfe vielmehr einer abwägung zwischen dem zweck der gesetzlichen regelung und den verfassungsrechtlichen grundsätzen der verhältnismäßigkeit sowie des vertrauensschutzinteresses der klägerin. da die beklagte ihre ermessensentscheidung ausschließlich auf die grundsätze des intendierten ermessens gestützt habe, liege ein ermessensnichtgebrauch, jedenfalls aber ein ermessensfehlgebrauch vor. insoweit führe der grundsatz der sparsamkeit und wirtschaftlichkeit zwar im regelfall zu einem widerruf der zuwendung, sofern nicht außergewöhnliche umstände des einzelfalles eine andere entscheidung möglich erscheinen ließen. jedoch sei bei pflichtverletzungen von geringerem gewicht oder im hinblick auf die wirtschaftliche situation des zuwendungsempfängers dem grundsatz der verhältnismäßigkeit rechnung zu tragen. solche umstände lägen vor, da der geschäftsführer der klägerin keine kenntnis davon gehabt habe, dass die streitigen 101 rechnungen in der buchhaltung nicht ordnungsgemäß den jeweiligen konten zugeordnet und stornierungen in hohem umfang verbucht worden seien. die auflistung der eingereichten 101 rechnungen für den gesamten zweiten mittelabruf sei von einer mitarbeiterin der firma g. - einer buchhaltungs- und steuerberatungs-gmbh – und deren geschäftsführer eigenhändig ausgefüllt und dem geschäftsführer der klägerin zur unterschrift vorgelegt worden. offensichtlich habe diese firma in der buchhaltung einzelne belege falsch zugeordnet. diese fehlerhafte buchhaltung sei auch die grundlage bei der beantragung der fördermittel gewesen. im übrigen habe die beklagte kenntnis von den buchhalterischen problemen gehabt, da die klägerin diese unter anderem in einem telefonat vom 24. juli 2012 offen kommuniziert habe. 16darüber hinaus verstoße der widerruf gegen den grundsatz der verhältnismäßigkeit, da der vollständige widerruf des zuwendungsbescheids weder erforderlich noch angemessen sei. zum einen sei der klägerin allenfalls eine geringe pflichtverletzung vorzuwerfen, da der geschäftsführer mangels kenntnis der buchhalterischen fehler zu keinem zeitpunkt vorsätzlich, sondern allenfalls fahrlässig und damit nicht pflichtwidrig gehandelt habe. der geschäftsführer der klägerin habe darauf vertrauen dürfen, dass der für die buchhalterischen belange und die vorbereitung der mittelabrufe zuständige mitarbeiter seinen aufgaben ordnungsgemäß nachkomme. auch habe dieser dem geschäftsführer wöchentlich über alle relevanten aufgaben berichtet, wobei eventuelle fehlzuordnungen von belegen nicht aufgefallen seien. 17durch die zahlung einer geldauflage im rahmen der einstellung des strafrechtlichen ermittlungsverfahrens gemäß § 153a stpo habe der geschäftsführer der klägerin keine straftat oder schuld eingeräumt. für ihn streite daher weiterhin die unschuldsvermutung. im übrigen könne eine zweckverfehlung auch deshalb nicht festgestellt werden, da der zweck der zuwendung selbst derart unkonkret sei, dass ihm jegliche belege unmittelbar oder mittelbar gedient hätten. insbesondere sei der in dem zuwendungsbescheid genannte zweck des erwerbs einer betriebsimmobilie und die schaffung von arbeitsplätzen nachhaltig erreicht worden. da die beklagte den zuwendungszweck selbst nur ungenau und fragmentarisch bezeichnet habe, könne sie die vermeintlichen abweichungen nun nicht zum anlass nehmen, eine vorsätzliche zweckverfehlung der klägerin zu vermuten und die erstattung sämtlicher zuwendungsbeträge zu fordern. 18die klägerin beantragt, 19den bescheid der beklagten vom 11. dezember 2013 aufzuheben. 20die beklagte beantragt, 21die klage abzuweisen. 22sie nimmt vollumfänglich bezug auf ihre ausführungen in dem angegriffenen bescheid und ergänzt diese wie folgt: aufgrund der feststellungen des finanzamts habe sich ergeben, dass die klägerin im rahmen des 2. abrufes eine erhebliche anzahl von rechnungen in höhe von insgesamt 12.447,59 euro nicht für den im zuwendungsbescheid bestimmten zweck verwendet habe. danach seien allein 54 rechnungen, die einen gesamtbetrag von geförderten kosten in höhe von 8.163,96 euro ausmachten, nicht für den zuwendungszweck, sondern das private eigenheim des geschäftsführers der klägerin eingesetzt worden. zudem seien 47 rechnungen in höhe von 4.283,63 euro für laufenden materialbedarf für kunden verwendet worden. hierbei handele es sich nicht um eine „pauschale“, sondern um eine beleggenaue feststellung. 23ein teilweiser widerruf des zuwendungsbescheids komme nicht in betracht, da die klägerin die ausbezahlten fördermittel in erheblichem ausmaß nicht zweckentsprechend verwendet habe und besonders achtlos und unverantwortlich mit den öffentlichen mitteln umgegangen sei. im übrigen sei bei erlass des widerrufsbescheids auch die einjährige widerrufsfrist nicht verstrichen, da diese gemäß der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts erst mit der anhörung der klägerin unter dem 26. august 2013 begonnen habe. 24in der mündlichen verhandlung hat die klägerin der verwertung der prüffeststellung des finanzamts e. -i. unter hinweis auf § 393 ao widersprochen. 25wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs ergänzend bezug genommen. 26 | 27die klage ist zulässig, aber nicht begründet. 28der widerrufs- und erstattungsbescheid der beklagten vom 11. dezember 2013 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 29rechtsgrundlage für den widerruf des zuwendungsbescheides vom 16. dezember 2010 (in der fassung des änderungsbescheides vom 28. september 2011) ist § 49 abs. 3 satz 1 nr. 1 vwvfg nrw. nach dieser vorschrift kann ein rechtmäßiger verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende geldleistung oder teilbare sachleistung zur erfüllung eines bestimmten zwecks gewährt oder hierfür voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit wirkung für die vergangenheit widerrufen werden, wenn die leistung nicht, nicht alsbald nach der erbringung oder nicht mehr für den in dem verwaltungsakt bestimmten zweck verwendet wird. 30diese voraussetzungen sind erfüllt. 31die beklagte hat der klägerin mit dem zuwendungsbescheid eine einmalige geldleistung in höhe von 139.776,00 euro als arbeitsplatzschatzschaffenden investitionszuschuss im rahmen des regionalen wirtschaftsförderungsprogramms nrw (rwp) in der fassung vom 22. dezember 2009 und des hierzu ergangenen durchführungserlasses des ministeriums für wirtschaft, energie, industrie, mittelstand und handwerk (mweimh) vom 22. dezember 2009 gewährt. mit dieser zuwendung war ein zweck verbunden, nämlich der erwerb eines gewerbeobjekts als arbeitsplatz schaffende maßnahme. dies ergibt sich zunächst aus dem von dem geschäftsführer der klägerin unterzeichneten antrag vom 21. april 2010, in dem dieser unter punkt 2.2 unter der überschrift „art des investitionsvorhabens“ angab, dass es sich bei dem anvisierten projekt um eine „arbeitsplatzschaffende maßnahme“ handele. unter punkt 3.2 des antragsformulars sicherte er ferner zu, nach abschluss der investition zwei zusätzliche vollzeitarbeitsplätze schaffen zu wollen. dem entspricht punkt 2 des zuwendungsbescheids vom 16. dezember 2010, in dem das investitionsvorhaben der klägerin als „arbeitsplatz schaffende maßnahme, erwerb eines gewerbeobjekts“ bezeichnet wurde sowie punkt 6.1 des bescheids, der die anzahl der von der klägerin zu schaffenden arbeitsplätze enthielt. 32entgegen der auffassung der klägerin war der zuwendungszweck auch hinreichend konkretisiert. 33der mit einer zuwendung verfolgte zweck ergibt sich aus der ihr zugrunde liegenden rechtsgrundlage, insbesondere aus dem bewilligungsbescheid. der bewilligungsbescheid ist als verwaltungsakt nach den grundsätzen auszulegen, die für willenserklärungen allgemein gelten. maßgebend ist hiernach in entsprechender anwendung der §§ 133, 157 bgb, wie der empfänger nach den umständen des einzelfalles die erklärung bei verständiger würdigung zu deuten hatte. 34vgl. ovg nrw, urteil vom 2. mai 1994 – 8 a 3885/93 –; zitiert nach juris. 35unter heranziehung dieser grundsätze ist der zuwendungsbescheid vom 16. dezember 2010 dahingehend auszulegen, dass die fördersumme als „sachkapitalbezogener investitionszuschuss“ dem erwerb und der ausstattung der betriebsimmobilie und damit der schaffung neuer arbeitsplätze dienen sollte. dies ergibt sich zunächst aus punkt 3 des zuwendungsbescheids, in dem die beklagte die zuwendungsfähigen ausgaben den kategorien „grundstückserwerb einschließlich nebenkosten“, „erwerb eines gebäudes“, „baukosten“ und „außenanlagen“ zuordnete und damit den zweck der zuwendung auf die grundstücks- und nebenerwerbskosten der neuen betriebsimmobilie beschränkte. eine solche betrachtungsweise wird auch durch die sonstigen antrags- und bewilligungsunterlagen gestützt, die im rahmen der auslegung nach §§ 133, 157 bgb analog ergänzend heranzuziehen sind. denn die klägerin nahm bereits in der anlage 2 zum förderantrag vom 21. april 2010 in der „investitionsgüterliste“ eine genauere bezeichnung der zu bezuschussenden wirtschaftsgüter bzw. baumaßnahmen und der dafür erforderlichen anschaffungs- und herstellungskosten vor. es war folglich für sie erkennbar, dass die ihr gewährten fördermittel für gerade diese anschaffungen vorzuhalten und zu verwenden waren. schließlich wurde der zuwendungsbescheid auch durch die allgemeinen nebenbestimmungen für zuwendungen zur projektförderung im rahmen der regionalen wirtschaftsförderung nordrhein-westfalen (anbest-rwp) konkretisiert, die der klägerin mit dem bescheid übersandt wurden und deren kenntnis und gültigkeit der geschäftsführer der klägerin mit seiner unterschrift bestätigte. danach wurde der klägerin zum nachweis der zweckkonformen mittelverwendung unter anderem die vorlage eines verwendungsnachweises (der sogenannten „belegliste“), bestehend aus einem sachbericht und einem zahlenmäßigen nachweis, auferlegt, vgl. nr. 6.2 anbest-rwp. diese belege sollten insbesondere dazu dienen, der beklagten nach beendigung des investitionsvorhabens die überprüfung der zweckkonformen mittelverwendung zu ermöglichen. aus sicht eines verständigen empfängers musste es sich vor diesem hintergrund daher geradezu aufdrängen, dass es bei der frage der zweckkonformität der verwendeten mittel maßgeblich darauf ankam, die in den „beleglisten“ aufgeführten einzelposten (materialbeschaffungskosten, erwerbskosten etc.) unmittelbar dem erwerb der immobilie und deren ausstattung als neuem betriebsstandort der klägerin zuordnen zu können. 36die klägerin hat die zuwendung jedenfalls teilweise nicht zweckentsprechend verwandt, da sie die von der beklagten gewährten fördermittel nicht ausschließlich für den erwerb und die ausstattung der neuen betriebsstätte sowie die schaffung von zwei neuen vollzeitarbeitsplätzen, sondern in erheblichem umfang auch für laufenden materialbedarf für kunden bzw. das private eigenheim des geschäftsführers der klägerin eingesetzt hat. dies steht zur überzeugung des gerichts fest auf grund der prüffeststellungen des finanzamts e. -i. , in denen das finanzamt eine überprüfung der in dem zweiten mittelabruf von der klägerin geltend gemachten erwerbs- und mittelabschaffungskosten auf ihre zweckkonforme verwendung hin vornahm. dabei stellte es fest, dass 54 rechnungen in höhe eines gesamtbetrages von 8.163,96 euro nicht für die beschaffung von mitteln für die betriebsimmobilie, sondern für das eigenheim des geschäftsführers der klägerin verwendet wurden. darüber hinaus geht aus der prüffeststellung hervor, dass die klägerin weitere fördermittel in höhe von 4.283,63 euro, die auf insgesamt 47 rechnungen ausgewiesen waren, für laufenden materialbedarf von kunden verwendete. mithin wurde allein im rahmen des zweiten mittelabrufs ein förderbetrag von 12.447,59 euro nicht für die betriebsimmobilie selbst oder die schaffung der zusätzlichen arbeitsplätze verwendet. hinsichtlich der einzelheiten wird insoweit auf die ausführlichen feststellungen des finanzamts e. -i. verwiesen, die, entgegen der auffassung der klägerin im verwaltungsgerichtlichen verfahren uneingeschränkt verwertbar sind. ein verwertungsverbot ergibt sich insbesondere nicht aus § 393 abs. 2 ao. soweit danach der staatsanwaltschaft oder dem gericht in einem strafverfahren aus den steuerakten tatsachen oder beweismittel bekannt werden, die der steuerpflichtige der finanzbehörde vor einleitung des strafverfahrens in erfüllung steuerrechtlicher pflichten offenbart hat, dürfen diese kenntnisse gegen ihn nicht für die verfolgung einer tat verwendet werden, die keine steuerstraftat ist. 37die voraussetzungen dieser vorschrift liegen nicht vor. ausweislich seines wortlauts beschränkt sich § 393 ao auf die verwertbarkeit von tatsachen und beweismitteln aus steuerakten, die das gericht in einem strafverfahren zur verfolgung einer tat verwenden will. die in einem verwaltungsgerichtlichen verfahren zu klärende frage nach der zweckkonformen verwendung öffentlicher fördermittel ist hiervon nicht erfasst, da diese nicht auf die „verfolgung einer tat“ gerichtet und überdies nicht nach strafverfahrensrechtlichen, sondern verwaltungsprozessualen regeln zu beurteilen ist. auch aus teleologischen erwägungen ist ein verwertungsverbot gemäß § 393 abs. 2 ao hier fernliegend. denn ausweislich der gesetzgebungsmaterialien (bt-drs. 7/4292, s. 46) sollte die vorschrift einen ausgleich zwischen dem aufklärungsinteresse des staates im steuerstrafverfahren und den rechten des beschuldigten im strafverfahren schaffen. ein solcher interessenkonflikt ist hier nicht zu befürchten, da die frage nach einer strafrechtlichen verantwortlichkeit der zuwendungsempfängerin bzw. des für sie handelnden geschäftsführers nicht gegenstand der prüfung des § 49 abs. 3 satz 1 nr. 1 vwvfg nrw ist. 38andere gründe, die einer verwertbarkeit der prüffeststellung des finanzamts e. -i. entgegenstehen, sind ebenfalls nicht ersichtlich. 39es bestehen keine anhaltspunkte dafür, an der richtigkeit dieser feststellungen zu zweifeln. aus der zur verwaltungsakte gereichten übersicht geht hervor, dass das finanzamt jede einzelne von der klägerin im rahmen des zweiten mittelabrufs geltend gemachte position daraufhin überprüft hat, ob diese der betriebsimmobilie zugeführt oder für laufenden kundenbedarf bzw. das private eigenheim des geschäftsführers der klägerin verwendet wurde. die unterschiedlichen verwendungszwecke gehen aus der prüffeststellung deutlich hervor und weisen – soweit ersichtlich – keine rechen- oder sonstigen denkfehler auf. auch die klägerin selbst hat diese zahlen nicht in abrede gestellt. sie hat während des verwaltungsgerichtlichen verfahrens diesbezüglich keine substantiierten ergänzenden angaben gemacht, sondern eingeräumt, die streitigen 101 rechnungen seien aufgrund einzelner versäumnisse in der buchhaltung nicht ordnungsgemäß den jeweiligen konten zugeordnet und aus diesem grunde fälschlicherweise zur förderung eingereicht worden. 40eine andere rechtliche bewertung ergibt sich auch nicht daraus, dass die klägerin die betriebsimmobilie erworben und die vorgegebenen zusätzlichen arbeitsplätze dauerhaft und nachhaltig geschaffen hat. denn „zweckbindung“ im sinne des § 49 abs. 3 satz 1 nr. 1 vwvfg nrw bedeutet, dass die leistung nicht zu anderen zwecken verwendet werden darf. widerrufsgrund dieser vorschrift ist daher nicht nur die anderweitige verwendung der leistung, das heißt der mit dem leistungsbescheid gewährten mittel für andere als die im bescheid festgelegten zwecke, sondern auch eine nichtverwendung oder nicht alsbaldige verwendung für den festgelegten zweck. 41vgl. kopp/ramsauer, vwvfg, 14. auflage, § 49 rdn. 66. 42unter zugrundelegung dieses verständnisses kommt es bei der prüfung des § 49 abs. 3 satz 1 nr. 1 vwvfg nrw nicht darauf an, ob und inwieweit der mit der zuwendung beabsichtigte erfolg eingetreten ist oder nicht. allein entscheidend ist, ob die zur auszahlung gelangten mittel vollständig für die erreichung des vorgegebenen ziels eingesetzt wurden. unerheblich ist daher, dass die klägerin aufgrund der ihr gewährten fördermittel den erwerb der neuen betriebsimmobilie erfolgreich abschließen und die erforderliche anzahl an arbeitsplätzen vorhalten und besetzen konnte. erst recht kann nicht zugunsten der klägerin in ansatz gebracht werden, dass sie in ansehung und unter dem druck des staatsanwaltschaftlichen ermittlungsverfahrens einer rückführung der möglicherweise nicht zweckentsprechend verwendeten fördermittel an die beklagte zugestimmt und somit eine einstellung des ermittlungsverfahrens gemäß § 153a stpo erreicht hat. 43entgegen der auffassung der klägerin ist es für die frage des vorliegens einer zweckverfehlung ferner ohne belang, ob ihr geschäftsführer diese zu vertreten hat. 44nach ständiger rechtsprechung kommt es für das vorliegen der tatbestandsmerkmale des § 49 abs. 3 satz 1 nr. 1 vwvfg nrw allein darauf an, ob die zweckverfehlung nach objektiven umständen vorliegt. der widerruf hängt insoweit nicht davon ab, ob der zuwendungsempfänger die zweckverfehlung zu vertreten hat oder objektive, außerhalb seiner risikosphäre bestehende oder eingetretene umstände die ursache dafür waren. ebenso wenig ist von belang, ob er die zweckverfehlung vorhersehen konnte oder hätte können müssen oder nicht. ein fehlendes verschulden des zuwendungsempfängers kann damit allenfalls im rahmen der ermessensausübung zu berücksichtigen sein. allein entscheidend ist demnach, dass die zweckverfehlung im verantwortungsbereich des begünstigten liegt, d. h. im verhältnis zur bewilligungsbehörde als in seiner sphäre liegend zu bewerten ist. dies ist der fall, wenn die erfüllung des zuwendungszwecks dem leistungsempfänger selbst obliegt und er entweder diesen zweck durch eigenes tun, dulden oder unterlassen verfehlt oder für das verhalten eines dritten aufgrund einer zurechnungsnorm einzustehen hat. 45vgl. vgh münchen, nvwz 1990, 882 –; vg gelsenkirchen, urteil vom 9. juli 2008 – 10 k 3735/06 –; vg dresden, urteil vom 13. september 2012 – 3 k 1840/11 –; zitiert nach juris. 46aus dem zuwendungsbescheid vom 16. dezember 2010 und den ihm zugrunde liegenden antragsunterlagen geht hervor, dass die klägerin und damit der für sie gemäß § 35 abs. 1 gmbhg nach außen handelnde geschäftsführer für die erfüllung des zuwendungszwecks verantwortlich war, die ordnungsgemäße verwendung der fördermittel somit in seinem verantwortungsbereich lag. dies ergibt sich daraus, dass als zuwendungsempfänger stets die klägerin benannt wurde und diese auch in den genuss der fördermittel kam. da der geschäftsführer der klägerin gegenüber der beklagten für die erfüllung des zuwendungszwecks verantwortlich war, kann er sich allenfalls im rahmen der ermessensausübung, nicht aber bei der frage der zweckverfehlung auf ein fehlendes verschulden berufen. es ist folglich nicht maßgeblich, inwieweit die erstellung der beleglisten und die antragsunterlagen in einer eigens dafür zuständigen abteilung hergestellt wurden und ob dem geschäftsführer der klägerin eine fehlerhafte verwendung der fördermittel bekannt war. 47inwieweit die beklagte den widerruf des zuwendungsbescheides auch nach § 49 abs. 3 satz 1 nr. 2 vwvfg nrw verfügen durfte, weil die klägerin eine auflage des zuwendungsbescheid nicht erfüllt hat, bedarf angesichts der vorstehenden ausführungen keiner klärung. 48die voraussetzungen des § 49 abs. 3 satz 2 vwvfg nrw i. v. m. § 48 abs. 4 vwvfg nrw sind ebenfalls eingehalten. erhält danach die behörde von tatsachen kenntnis, die den widerruf rechtfertigen, ist dieser nur innerhalb eines jahres seit dem zeitpunkt der kenntnisnahme zulässig. eine kenntnisnahme in diesem sinne liegt vor, wenn der nach der innerbehördlichen geschäftsverteilung zur aufhebung des verwaltungsaktes berufene amtswalter oder ein sonst innerbehördlich zur rechtlichen prüfung des verwaltungsaktes berufener amtswalter positive kenntnis erlangt hat. hierzu genügt es nicht, dass die die aufhebung des verwaltungsaktes rechtfertigenden tatsachen aktenkundig – also aus den akten ersichtlich – sind, denn bei der jahresfrist des § 48 abs. 4 vwvfg nrw handelt es sich nicht etwa um eine bearbeitungs-, sondern um eine entscheidungsfrist. 49vgl. bverwg, beschluss vom 19. dezember 1984 – bverwg gr. sen. 1. und 2.84 –; zitiert nach juris. 50diese beginnt erst zu laufen, wenn der amtswalter ohne weitere sachaufklärung objektiv in der lage ist, unter sachgerechter ausübung seines ermessens über die aufhebung des verwaltungsaktes zu entscheiden. zu den weiteren für die rücknahme- oder widerrufsentscheidung erheblichen tatsachen gehören insbesondere die für die ermessensbetätigung wesentlichen umstände. diente eine anhörung (§ 28 abs. 1 vwvfg) des betroffenen der ermittlung weiterer entscheidungserheblicher tatsachen, beginnt die jahresfrist erst danach zu laufen. die jahresfrist beginnt erst zu laufen, wenn diese tatsachen vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt sind. 51vgl. bverwg, urteil vom 24.01.2001 – 8 c 8/00 –; zitiert nach juris. 52unter zugrundelegung dieser kriterien hat die beklagte die jahresfrist des § 49 abs. 3 satz 2 vwvfg nrw i. v. m. § 48 abs. 4 vwvfg nrw eingehalten. zwar hatte sie spätestens seit durchführung der baufachlichen prüfung am 25. juli 2012 kenntnis von dem umstand, dass es schwierigkeiten im rahmen der buchhalterischen zuordnung einzelner belege gab. denn diese waren unter anderem der grund dafür, dass die beklagte einen erheblichen anteil der im zweiten mittelabruf geltend gemachten beträge für nicht förderfähig erachtete. diese buchhalterischen schwierigkeiten räumte die klägerin nach der vor-ort-prüfung des finanzamts e. auch selbst gegenüber der beklagten ein, unter anderem in einem telefongespräch vom 24. juli 2012. jedoch hat die beklagte erst nach anhörung der klägerin mit schreiben vom 26. august 2013 die erforderliche abschließende und vollständige kenntnis der für den schließlich ausgesprochenen widerruf notwendigen tatsächlichen und rechtlichen voraussetzungen sowie das geltend gemachte erstattungsverlangen erlangt. denn erst durch die schriftliche äußerung der klägerin vom 31. oktober 2013 legte diese die umstände dar, die aus ihrer sicht zu einer verfehlung des zuwendungszwecks geführt und ausweislich des widerrufs- und erstattungsbescheides im rahmen der ermessensentscheidung der beklagten jedenfalls berücksichtigung gefunden haben. aus dieser geht hervor, dass insbesondere das ausmaß der zweckverfehlung und der pflichtverstoß der klägerin der grund für den schließlich verfügten vollständigen widerruf der zuwendung waren. 53die beklagte hat das ihr eingeräumte ermessen in nicht zu beanstandender weise ausgeübt, § 114 satz 1 vwgo. der von ihr verfügte widerruf des zuwendungsbescheides hält sich in dem durch § 49 vwvfg nrw vorgegebenen ermessensrahmen. 54aus den grundsätzen über das sogenannte intendierte bzw. gelenkte ermessen ergeben sich besonderheiten für die rechtliche beurteilung des ermessens. nach diesen grundsätzen ist eine ermessen einräumende vorschrift, die im regelfall von einer ermessensausübung in einem bestimmten sinne ausgeht, dahin auszulegen, dass besondere gründe vorliegen müssen, um eine gegenteilige entscheidung zu rechtfertigen. liegt ein von dem regelfall abweichender sachverhalt nicht vor, versteht sich das ergebnis der abwägung von selbst, mit der weiteren konsequenz, dass es einer ansonsten nach § 39 abs. 1 satz 3 vwvfg nrw erforderlichen darlegung der ermessenserwägungen nicht bedarf. nur dann, wenn der behörde außergewöhnliche umstände des einzelfalles bekannt geworden oder erkennbar sind, die eine andere entscheidung möglich erscheinen lassen und die von der behörde nicht erwogen worden sind, liegt ein rechtsfehlerhafter gebrauch des ermessens vor. 55vgl. bverwg, urteil vom 16. juni 1997 – 3 c 22/96 –; urteil vom 10. dezember 2003 – 3 c 22/02 –; ovg nrw, urteil vom 13. juni 2002 – 12 a 693/99 –; zitiert nach juris; kammer, urteil vom 24. november 2010 – 20 k 1491/09 –. 56auch § 49 vwvfg stellt eine vorschrift in dem genannten sinne dar, da bei der zu treffenden ermessensentscheidung stets die in § 7 lho nrw statuierten grundsätze der wirtschaftlichkeit und sparsamkeit lenkend zu berücksichtigen sind. 57vgl. ovg nrw, urteil vom 13. juni 2002 – 12 a 693/99 –; zitiert nach juris. 58für den widerruf des zuwendungsbescheids und die rückforderung der fördermittel bei nichterreichung von fördervoraussetzungen sieht ziffer 4.1 des der förderung zugrunde liegenden sechsunddreißigsten rahmenplans der gemeinschaftsaufgabe „verbesserung der regionalen wirtschaftsstruktur“ für den zeitraum 2007 bis 2010 (bt-drs. 16/5215) überdies besondere vorschriften für die ermessensausübung der rückforderungsbehörde vor. nach ziffer 4.1.1 ist der zuwendungsbescheid zu widerrufen und die bereits gewährten fördermittel vom zuwendungsempfänger zurückzufordern, wenn dem zuwendungsbescheid zugrunde liegende fördervoraussetzungen des rahmenplans nach abschluss des investitionsvorhabens oder der betrieblichen maßnahme nicht erfüllt sind. ein absehen vom widerruf und der rückforderung nach ziffer 4.2 kommt nur in betracht, wenn der zuwendungsempfänger glaubhaft macht, dass die nichterreichung der fördervoraussetzungen nach ziffer 2.2 bzw. ziffer 2.6.5 auf bestimmten umständen beruht, die er nicht zu vertreten hat und die er im zeitpunkt der antragstellung auch bei anwendung der sorgfalt eines ordentlichen kaufmanns nicht vorhersehen konnte, vgl. ziffer 4.1.2. ausnahmen von dem widerruf nach ziffer 4.2 existieren wiederum für den fall der verfehlung bestimmter arbeitsplatzziele oder bei geringfügigem unterschreiten des erforderlichen investitionsbetrages, etwa dergestalt, dass der förderungszweck aufgrund außergewöhnlicher, im zeitpunkt des investitionsbeginns unvorhersehbarer änderungen der marktverhältnisse oder wegen erschöpfung des arbeitsmarktes ganz oder teilweise nicht erreicht wurde. 59ein solcher ausnahmetatbestand liegt bereits nicht vor. es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die klägerin angesichts einer wirtschaftlich angespannten lage bzw. konjunktureller schwierigkeiten die von ihr geltend gemachten fördermittel zu anderen als den in dem zuwendungsbescheid verbindlich vorgegebenen zwecken verwendete. auf den gesichtspunkt des vertretenmüssens kommt es somit im vorstehenden rechtlichen zusammenhang nicht an. es kann dahinstehen, ob aus ermessensgründen von dem widerruf ganz oder teilweise abzusehen wäre, weil der geschäftsführer der klägerin wegen anderer umstände die zweckverfehlung nicht zu vertreten hätte. zwar ist in der rechtsprechung anerkannt, dass der widerruf einer zuwendung aus gründen der verhältnismäßigkeit – namentlich bei pflichtverletzungen von geringem gewicht oder um eine vernichtung der wirtschaftlichen existenz des zuwendungsempfängers zu vermeiden – im einzelfall auf bestimmte zeiträume oder in anderer weise zu beschränken ist. dies soll erst recht gelten, wenn dem zuwendungsempfänger – wie hier – der einwand der entreicherung verwehrt ist. denn eine derartige sachlage bietet vom regelfall eines subventionswiderrufs abweichende umstände, die eine andere entscheidung als den vollständigen – rückwirkenden – widerruf der ergangenen zuwendungsbescheide als möglich und gegebenenfalls sogar als geboten erscheinen lassen. 60vgl. bverwg, urteil vom 10. dezember 2003 – 3 c 22/02 –; zitiert nach juris. 61so liegt der fall jedoch nicht. der geschäftsführer der klägerin hat sich jedenfalls fahrlässig und demnach hinsichtlich der zweckkonformen verwendung der zuwendung pflichtwidrig verhalten. denn zum einen hat er durch seine unterschrift auf den antragsformularen und den beleglisten – unabhängig von seiner gesellschaftsrechtlichen einstandspflicht für die rechtsgeschäftlichen handlungen der klägerin – die persönliche verantwortung für die ordnungsgemäßheit der „beleglisten“ übernommen. insoweit kann er sich nicht darauf berufen, ihm seien fehlvorgänge in der buchhaltung unbekannt geblieben, zumal dieser vortrag angesichts der durch das finanzamt nachgewiesenen privaten mittelverwendung durch den geschäftsführer unglaubwürdig erscheint. darüber hinaus muss sich der geschäftsführer der klägerin in entsprechender anwendung der §§ 276, 278 bgb das verhalten seiner mitarbeiter und der firma g. zurechnen lassen, die sich um die buchhalterischen belange der klägerin kümmerten. der rechtsgedanke der §§ 276, 278 bgb gilt auch im öffentlichen recht, soweit dort schuldrechtsähnliche pflichten begründet werden und die eigenart des öffentlichen rechts nicht entgegensteht, insbesondere für öffentlich-rechtliche sonderverbindungen, sofern diese eine einem privatrechtlichen schuldverhältnis vergleichbare leistungs- und obhutsbeziehung zum gegenstand hat. in einem solchen fall muss sich der zuwendungsempfänger handlungen oder unterlassungen dritter, die er mit der zweckgerechten mittelverwendung betreut, zurechnen lassen. 62vgl. ovg nrw, urteil vom 2. mai 1994 – 8 a 3885/93 –; zitiert nach juris. 63durch die gewährung der zuwendung mit bescheid vom 16. dezember 2010 wurde zwischen der beklagten und der klägerin eine schuldrechtsähnliche sonderverbindung begründet, die von gegenseitigen leistungs- und rücksichtnahmepflichten geprägt war. denn die beklagte stellte der klägerin öffentliche mittel als investitionszuschuss zur verfügung, damit sie diese für den erwerb einer betriebsimmobilie und die schaffung weiterer arbeitsplätze einsetzen konnte. im gegenzug verpflichtete sich die klägerin zur erfüllung der in dem zuwendungsbescheid und in seinen anlagen genannten pflichten, etwa zur beachtung der zweckbindung und zur anschließenden rechnungslegung, um der beklagten eine überprüfung der mittelverwendung zu ermöglichen. 64der mitarbeiter der buchhaltung, der für die erstellung der beleglisten und die einreichung der antragsunterlagen bei der beklagten verantwortlich war, war erfüllungsgehilfe. das gleiche gilt für die mitarbeiter der firma g. , die nach angaben der klägerin die auflistung und zuordnung von belegen vorgenommen haben. 65nach der rechtsprechung ist eine person erfüllungsgehilfe im sinne des § 278 bgb, wenn sich der schuldner im eigenen interesse der hilfsperson zur erfüllung seiner eigenen pflichten bedient. dabei ist es unerheblich, welche rechtliche beziehung zwischen dem schuldner und seiner hilfsperson besteht und ob letztere einem weisungsrecht des schuldners unterliegt. entscheidend ist allein, dass die handlung der hilfsperson objektiv zum pflichtenkreis des schuldners gehört. 66vgl. bgh, urteil vom 13. januar 1984 – v zr 205/82 –; zitiert nach juris. 67wie bereits ausgeführt, stand die zweckkonforme verwendung der fördermittel im pflichtenkreis der klägerin und damit des für sie handelnden geschäftsführers. soweit sich dieser bei der erfüllung seiner pflichten aus dem zuwendungsverhältnis einzelner mitarbeiter bedient hat, wurden diese in seinem pflichtenkreis und damit als erfüllungsgehilfen im sinne des § 278 bgb tätig. in anbetracht der außergewöhnlich hohen zahl an fehlerhaft vorgelegten rechnungen – allein im rahmen des zweiten mittelabrufs wurden durch das finanzamt 101 rechnungen als fehlerhaft bewertet – ist davon auszugehen, dass diese bei der zuordnung der einzelnen rechnungsposten in den beleglisten jedenfalls fahrlässig im sinne des § 276 bgb handelten. denn hätten sie die im verkehr erforderliche sorgfalt eingehalten, hätten sie die auf den laufenden materialbedarf für kunden und auf die privaten zwecke des geschäftsführers der klägerin entfallenden rechnungen nicht bei der beklagten zur förderung eingereicht. entgegen der auffassung der klägerin kommt es nicht darauf an, dass die mitarbeiter ihren pflichten im übrigen stets sorgsam und zuverlässig nachgekommen sind. denn bei der vorschrift des § 278 bgb handelt es sich um eine zurechnungsnorm, die – anders als etwa die vorschrift des § 831 bgb, die ein eigenes fehlverhalten sanktioniert – keine exkulpationsmöglichkeit vorsieht. es bedarf daher keiner klärung, ob und inwieweit der geschäftsführer die fehlvorgänge in der buchhaltung erkannt hatte oder hätte erkennen können oder ob er im einzelnen kenntnis von der fehlerhaftigkeit der ihm zur unterschrift vorgelegten antragsunterlagen hatte. 68da die klägerin somit gemäß §§ 276, 278 bgb unabhängig von dem persönlichen kenntnisstand ihres geschäftsführers für die fehlerhafte zuordnung der abrechnungsbelege verantwortlich ist, bedurfte es nicht des von der klägerin angeregten zeugenbeweises. 69der widerruf der zuwendung war auch nicht deswegen zu beschränken, weil es sich um eine pflichtverletzung von geringem gewicht gehandelt hätte. hiervon auszugehen ist angesichts einer nicht zweckentsprechenden verwendung eines förderbetrages in höhe von 12.447,59 euro allein im rahmen des zweiten mittelabrufs fernliegend. 70die rückforderung des ausgezahlten zuwendungsbetrages findet ihre rechtsgrundlage in § 49 a abs. 1 satz 1 vwvfg nrw. danach sind bereits erbrachte leistungen zu erstatten, soweit – wie hier – ein verwaltungsakt mit wirkung für die vergangenheit widerrufen worden ist. die zu erstattende leistung ist durch schriftlichen verwaltungsakt festzusetzen. für den umfang der erstattung gelten gemäß § 49 a abs. 2 satz 1 vwvfg nrw die vorschriften des bürgerlichen gesetzbuches über die herausgabe einer ungerechtfertigten bereicherung entsprechend. allerdings kann sich der begünstigte gemäß § 49 a abs. 2 satz 2 vwvfg nrw nicht auf den wegfall der bereicherung berufen, soweit er die umstände kannte oder infolge grober fahrlässigkeit nicht kannte, die zum widerruf des verwaltungsaktes geführt haben. diese voraussetzungen treffen auf die klägerin zu, weil sie unter berücksichtigung der im antragsformular abgegebenen erklärungen und versicherungen erkennen musste, dass eine verwendung der fördermittel zu anderen als im zuwendungsbescheid genannten zwecken einen widerrufsgrund im sinne des § 49 abs. 3 satz 1 nr. 1 vwvfg nrw begründen würde. 71der mit dem angefochtenen bescheid geltend gemachte zinsanspruch folgt dem grunde nach aus § 49 a abs. 3 satz 1 vwvfg nrw und ziffer 8.4 anbest-rwp. 72die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 73die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i. v. m. § 709 zpo. 74beschluss: 75der streitwert wird auf 139.776,00 euro festgesetzt. 76gründe: 77die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 und 3 gkg erfolgt. der betrag von 139.776,00 euro war gegenstand des zuwendungsbescheides vom 16. dezember 2010, der mit dem angefochtenen bescheid vom 11. dezember 2013 widerrufen wurde. | Verklagte*r | 0 |
168,418 | 2 K 6977/13 | 2015-01-27T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn das beklagte Land nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 00. Oktober 1973 geborene Klägerin, die seit Oktober 1990 im Dienst des beklagten Landes steht und seit November 2010 Dienst bei dem Polizeipräsidium L. verrichtet, begehrt die Ausübung alternierender Telearbeit. 3Am 12. April 2000 wurde der Klägerin ein ab dem 11. Oktober 1999 gültiger Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung von 50 ausgestellt, dessen Gültigkeitsdauer nachfolgend regelmäßig verlängert wurde. Im August 2005 wurde sie zur Regierungsinspektorin ernannt und im März 2009 zur Regierungsoberinspektorin befördert. Im Anschluss an eine dreimonatige Abordnung wurde sie mit Wirkung vom 2. Februar 2011 vom Polizeipräsidium F. zum Polizeipräsidium L. versetzt und mit der Leitung des Sachgebietes (damals: Dezernates) ZA 12 (heute: Haushalts- und Wirtschaftsangelegenheiten, Liegenschaftsangelegenheiten) betraut. 4Die Klägerin stellte am 15. März 2011 aus gesundheitlichen Gründen und unter Hinweis auf ihre Schwerbehinderung einen Antrag zur Teilnahme an alternierender Telearbeit im Umfang von täglich „ca. 2 Stunden“. In dem beigefügten Attest des Allgemeinmediziners Dr. Q. vom 10. Februar 2011 heißt es, bei der Klägerin bestünde erkrankungsbedingt derzeit eine eingeschränkte Belastbarkeit und Fahrtauglichkeit, sodass Telearbeit im genannten Umfang befürwortet werde. 5Am 10. Mai 2011 schlossen das Polizeipräsidium L. und die Klägerin auf der Grundlage der Dienstvereinbarung des Polizeipräsidiums und des Personalrats zur alternierenden Telearbeit vom 13. Januar 2010 (nachfolgend: Dienstvereinbarung) eine „Übergangs-Vereinbarung über die Ausübung alternierender Telearbeit im Polizeipräsidium L. “, nach der die Klägerin bis auf Weiteres an fünf Arbeitstagen in der Woche zwei Stunden täglich (zehn Stunden pro Woche) Telearbeit am häuslichen Arbeitsplatz auszuüben und ihre Arbeitsleistung während der restlichen Wochenstunden am betrieblichen Arbeitsplatz zu erbringen hatte. Das Polizeipräsidium teilte ihr am selben Tag mit, es beabsichtige, „von der eigentlichen Laufzeit der diesjährigen Telearbeit (01.07.2011 – 30.06.2012)“ aufgrund eines ausstehenden amtsärztlichen Gutachtens und der derzeit anwachsenden Defizitstunden der Klägerin abzuweichen, damit bereits vor dem 1. Juli 2011 mit der Ausübung der Telearbeit begonnen werden könne. 6In einer amtsärztlichen Stellungnahme des Gesundheitsamtes des Kreises Wesel vom 30. Juni 2011 ist ausgeführt, die von der Klägerin geschilderten Beschwerden ließen in der amtsärztlichen Untersuchung keinen sicheren Zusammenhang zu den bisher angegebenen Vorerkrankungen (Lungenerkrankung, Polyneuropathie der Beine, Borreliose-Erkrankung) erkennen. Auch im fachneurologisch-psychiatrischen Gutachten seien die Ursachen der geltend gemachten Beschwerden nicht eindeutig geklärt worden. Psychische Erkrankungen seien ebenso wie organische Ursachen für die Beschwerden nicht festgestellt worden, sodass es keinen sicheren Anhaltspunkt für eine Erkrankung der Klägerin gebe, welche die begehrte Nutzung des Telearbeitsplatzes aus amtsärztlicher Sicht eindeutig begründe. Vor dem Hintergrund, dass der Telearbeitsplatz bereits eingerichtet sei, werde als Kompromiss vorgeschlagen, diesen der Klägerin für weitere 12 Monate zur Verfügung zu stellen. Im Hinblick hierauf teilte das Polizeipräsidium L. der Klägerin unter dem 28. Juli 2011 mit, dass die „Übergangs-Vereinbarung“ mit Ablauf des 30. Juni 2012 ihre Gültigkeit verliere. 7Auf einen weiteren Antrag der Klägerin hin schlossen die Beteiligten am 18. Mai/6. Juni 2012 für den Zeitraum vom 1. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2013 eine weitere „Vereinbarung über die Ausübung alternierender Telearbeit im Polizeipräsidium L. “ mit gleichem Inhalt. 8Aus einem Ausdruck des Zeitnachweises für den Monat Juni 2012 ergibt sich, dass die Klägerin in diesem Monat ihren Dienst auf der Dienststelle an 9 Arbeitstagen erst nach 9.30 Uhr angetreten hatte. Auf dem Ausdruck befindet sich der folgende durch die damalige Leiterin des Dezernates ZA 1, ROAR’in Q1. , paraphierte handschriftliche Zusatz vom 3. Juli 2012: „Ab Juli Dienstaufnahme bis 9.30 oder rechtzeitig Mitteilung, wenn es später wird.“ Die Klägerin veröffentlichte im Intranet der Behörde am 11. Juli 2012 den Hinweis, dass sie für den Bereich Liegenschaften („Störungsaufnahme“) bis zum 3. September 2012 in der Zeit von 09:30 bis 15:30 Uhr erreichbar sei. Aus weiteren Übersichten ergibt sich, dass die Kläger im Juli an 13 Tagen, im August an 11 Tagen, im September an 11 Tagen, im Oktober an 7 Tagen, im November an 11 Tagen und im Dezember 2012 an 8 Tagen später als 9:30 Uhr ihren Dienst angetreten hat. Im gleichen Zeitraum versah die Klägerin wegen Erkrankung an 21 Arbeitstagen und wegen Urlaubs an 31 Tagen keinen Dienst. 9Am 16. November 2012 fand unter der Leitung des Leiters der Direktion Zentrale Aufgaben (ZA), RD I. , ein Personalgespräch mit der Klägerin statt. In dem hierüber gefertigten Vermerk vom 19. November 2012 ist u.a. ausgeführt: RD I. habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass ihre gesundheitlichen Probleme und die damit einhergehenden hohen Ausfallzeiten ihre Entbindung von der derzeitigen Funktion erforderten. Die Klägerin habe dem zugestimmt und eingeräumt, sie fühle sich mit der Führung der Organisationseinheit überfordert, wobei sie selbst dies auf die mangelnden personellen Ressourcen zurückgeführt habe. Über ihre künftige Verwendung (Versetzung, Umsetzung) werde es ein weiteres Gespräch geben. 10In einem Personalgespräch vom 3. Dezember 2012 teilte RD I. der Klägerin die Absicht mit, sie bis auf weiteres direkt der Leiterin ZA 1 als Sachbearbeiterin zu unterstellen. Zugleich wurde sie ausweislich des hierüber gefertigten Vermerks „nochmals ausdrücklich auf die Einhaltung der zu ihren Gunsten, d.h. unter Berücksichtigung ihrer gesundheitlichen Situation 2011 getroffenen Vereinbarung hingewiesen (Anlage), wonach der Dienst regelmäßig bis 09:30 Uhr anzutreten ist.“ Die Klägerin habe diese Vereinbarung in einer Vielzahl von Fällen nicht eingehalten. Diese mangelnde Zuverlässigkeit stelle auch die Weiterführung der Telearbeitsvereinbarung in Frage. Darüber hinaus sei die Klägerin auch erneut darauf hingewiesen worden, dass die in der Vergangenheit beobachteten Mängel in der Aufgabenerfüllung sich nicht nur auf die Führungsleistung, sondern auch auf die Ergebnisse der eigenen Sachbearbeitung erstreckten. Mit Verfügung vom 12. Dezember 2012 wurde die Klägerin von der Funktion der Leiterin des Sachgebiets ZA 12 entbunden. Anlässlich der Aushändigung des Schreibens am 14. Dezember 2012 sprach die Dezernatsleiterin – ausweislich des hierüber gefertigten Vermerks – die Klägerin nochmals auf das Thema „Verlässlichkeit“ sowie darauf an, dass seit Juli 2012 eine „Absprache/Weisung“ bestehe, den Dienst bis spätestens 09:30 Uhr anzutreten. Auch am 13. Dezember 2012 habe sie den Dienst erst um 10:30 Uhr angetreten. Auf die Nachfrage der Dezernatsleiterin, warum sie dies nicht vorher mitgeteilt habe, habe die Klägerin geantwortet, sie sei gestürzt und könne nicht sagen, warum sie sich nicht gemeldet habe. 11Mit Schreiben vom 21. Januar 2013 beteiligte der Beklagte die Gleichstellungsbeauftragte, den Vertrauensmann der Schwerbehinderten und den Personalrat im Hinblick auf seine Absicht, die mit der Klägerin geschlossene Telearbeitsvereinbarung wegen fehlender Zuverlässigkeit der Klägerin zu kündigen. Der Bitte des Personalrats vom 30. Januar 2013 um Fristverlängerung gab das Polizeipräsidium L. nicht statt. Der Vertrauensmann der Schwerbehinderten teilte dem Polizeipräsidium L. durch Schreiben vom 5. Februar 2013 mit, dass derzeit keine Stellungnahme erfolge, weil die langzeiterkrankte Klägerin keinen Kontakt zur Schwerbehindertenvertretung aufgenommen habe. 12Das Polizeipräsidium L. gab der Klägerin unter dem 20. Februar 2013 Gelegenheit, zur beabsichtigten Kündigung der Telearbeitsvereinbarung mit Ablauf des Monats April 2013 Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 10. März 2013 widersprach die Klägerin dieser Maßnahme. Zur Begründung führte sie an: Ein zur Kündigung berechtigender wichtiger Grund im Sinne der Nr. 18 der Dienstvereinbarung liege nicht vor. Eine Verpflichtung, den Dienst bis 09:30 Uhr anzutreten, sei nicht gegeben, da Gleitarbeitszeit bestehe. Eine auf einer Vereinbarung beruhende schriftliche Änderung oder Ergänzung der Telearbeitsvereinbarung sei nicht erfolgt. Die Einrichtung ihres Telearbeitsplatzes sei gerade aufgrund ihrer bekannten Erkrankung erfolgt. Die späten Dienstantritte in den letzten Monaten seien Ausfluss der Erkrankung mit aktueller Krankschreibung und nicht einer mangelnden Zuverlässigkeit. Im Hinblick auf ihre Diensttätigkeit bestünden auch keinerlei Fehlstunden. Ihr könne auch nicht der Vorwurf gemacht werden, Krankschreibungen verspätet vorgelegt zu haben. Sie habe die Dienststelle jeweils telefonisch (Anrufbeantworter) und/oder per Email informiert. Nachdem eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – auf dem Postweg – verloren gegangen sei, habe sie die Bescheinigungen in Absprache mit der Leiterin ZA 2 zusätzlich eingescannt per Email übermittelt. 13Mit Schreiben vom 29. April 2013 kündigte der Beklagte gemäß Nr. 18 Abs. 1 der Dienstvereinbarung die mit der Klägerin getroffene Vereinbarung über die alternierende Telearbeit wegen mangelnder Eignung für die alternierende Telearbeit zum 31. Mai 2013. Zur Begründung führte er aus: Im Juli 2012 sei zwischen der damaligen Dezernatsleiterin und der Klägerin zur Gewährleistung des Geschäftsbetriebs mündlich vereinbart worden, dass grundsätzlich ein täglicher Dienstbeginn im Polizeipräsidium um 09:30 Uhr einzuhalten sei. An diese Vereinbarung habe die Klägerin sich in der Zeit von Juli bis Dezember 2012 häufig nicht gehalten; an 13 Tagen habe sie ihren Dienst sogar erst nach 10:30 Uhr angetreten. Dieser Verstoß gegen die Vereinbarung sei von ihren Vorgesetzten in zahlreichen Kritikgesprächen – zuletzt am 3. Dezember 2012 – thematisiert worden, ohne dass die Klägerin ihr Verhalten geändert habe. Sie habe zudem Dienstunfähigkeitsbescheinigungen deutlich verspätet übersandt. Das am 28. Dezember 2012 ausgestellte Erstattest sei erst am 16. Januar 2013 in der Behörde eingegangen. Das den Zeitraum bis zum 31. Januar 2013 erfassende Folgeattest vom 7. Januar 2013 habe die Dienststelle am 15. Januar 2013 erreicht. Ein weiteres Attest sei (zunächst) nicht eingegangen. Darüber hinaus seien seit ca. einem Jahr zunehmend massive Defizite in der dienstlichen Leistung der Klägerin deutlich geworden. 14Gegen die Kündigung erhob die Klägerin vor der beschließenden Kammer am 28. Mai 2013 Klage – 2 K 4744/13 – mit der sie die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung begehrt. In diesem Verfahren trug die Klägerin vor: Sie habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Vereinbarung über die alternierende Telearbeit nicht durch die Kündigung beendet worden sei. Sie sei aus gesundheitlichen Gründen auf den Fortbestand der Möglichkeit angewiesen, ihren Dienst teilweise in Telearbeit auszuüben. Darüber hinaus beabsichtige sie, auch für die Zeit nach dem 30. Juni 2013 einen entsprechenden Antrag zu stellen. Die Klage sei auch begründet. Die Kündigung sei bereits deshalb unwirksam, weil eine vorherige Anhörung der Personalvertretung und der Schwerbehindertenvertretung nicht erfolgt sei. Darüber hinaus liege ein nach Nr. 18 der Dienstvereinbarung für eine Kündigung erforderlicher wichtiger Grund nicht vor. 15Das gelte zunächst bezüglich des vermeintlich verspäteten Dienstbeginns. Da flexible Arbeitszeit bestanden habe, sei sie nicht verpflichtet gewesen, ihren Dienst spätestens um 09:30 Uhr anzutreten. Das sei auch nicht zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs erforderlich gewesen. Zwar sei der Geschäftsbetrieb während der Servicezeit zwischen 07:30 Uhr und 15:30 Uhr zu gewährleisten. Das müsse aber, zumal angesichts ihrer auf 6 Stunden begrenzten Präsenzpflicht, nicht durch sie persönlich geschehen. Sie habe ihre 10 Mitarbeiter so eingeteilt, dass die volle Servicezeit immer abgedeckt gewesen sei. Dem Hinweis des Beklagten darauf, dass auch am frühen Morgen Entscheidungen hätten getroffen werden müssen, sei entgegenzuhalten, dass sich dieses Erfordernis tatsächlich nie ergeben habe. Im Übrigen hätten derartige Angelegenheiten auch dann nicht frühzeitig erledigt werden können, wenn sie ihren Dienst regelmäßig um 09:30 Uhr angetreten hätte. Schließlich vergesse der Beklagte zu erwähnen, dass sie jederzeit telefonisch erreichbar gewesen sei. Sie habe keine schriftliche Dienstanweisung erhalten, ihren Dienst bis 09:30 Uhr zu beginnen. Es sei aber im Polizeipräsidium L. üblich, dass alle Regelungen schriftlich ergingen. Das gelte auch für Dienstvereinbarungen. Sie habe mit ROAR’in Q1. im Juli 2012 auch keine mündliche Vereinbarung getroffen, dass sie den Dienst bis 09:30 Uhr antrete. Ihre damalige Dezernatsleiterin habe lediglich einen entsprechenden Wunsch geäußert. Zur Erfüllung ihrer – der Klägerin – Bitte, ihr eine schriftliche Dienstanweisung zu erteilen, sei ihre Vorgesetzte nicht bereit gewesen. Ein etwaiger auf dem Zeitnachweis für Juli 2012 angebrachter dahingehender Vermerk – der im Übrigen mit Nichtwissen bestritten werde – sei ohne Bedeutung, weil dieser ihr nicht zugänglich gemacht worden und daher nicht bekannt gewesen sei. Mit ihrer Intranet-Veröffentlichung vom 11. Juli 2012 habe sie lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sie für den Bereich Liegenschaften rund um die Uhr telefonisch erreichbar sei. 16Der Vorwurf, Dienstunfähigkeitsbescheinigungen verspätet vorgelegt zu haben, sei unberechtigt, da sie nicht nur diese sobald wie möglich abgesandt, sondern ihre Dienststelle auch zeitnah telefonisch und per Email informiert habe. 17Es werde zudem bestritten, dass Leistungsmängel vorgelegen hätten, die es gerechtfertigt hätten, die Telearbeit mangels Eignung zu kündigen. Hintergrund für ihre Bitte, sie von der Funktion der Sachgebietsleiterin zu entbinden, sei gewesen, dass ihr aktueller Vorgesetzter, anders als sein Vorgänger, mit ihrer Leistung nicht mehr zufrieden gewesen sei. Die von dem Beklagten gefertigten Aktenvermerke, die ihr im Übrigen entgegen der üblichen Verfahrensweise nicht zugänglich gemacht worden seien, bewiesen insoweit nichts Gegenteiliges. Sämtliche gegen sie erhobene Vorwürfe stünden darüber hinaus in keinem Zusammenhang gerade mit der alternierenden Telearbeit, sondern lediglich mit ihrer Dienstausübung auf der Dienststelle und stellten auch aus diesem Grund keinen wichtigen Grund für die Kündigung der Vereinbarung über die Telearbeit dar. Schließlich stelle die Kündigung einer derartigen Vereinbarung stets die ultima ratio dar. Im Falle der Berechtigung der Vorwürfe hätten zuvor andere Maßnahmen, etwa ein Verweis, getroffen werden müssen. 18Der Beklagte trat diesem Vorbringen in dem Verfahren 4 K 4744/13 entgegen und trug vor: Personalrat, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragte seien vor der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt worden. Seitens des Personalrats gelte die Maßnahme gemäß § 66 Abs. 2 Satz 5 LPVG als gebilligt. 19Die Telearbeitsvereinbarung sei aus wichtigem Grund im Sinne der Nr. 18 Ziffer 1 der Dienstvereinbarung wirksam gekündigt worden. Die Klägerin habe die persönlichen Voraussetzungen nach Nr. 3.1 Abs. 2 der Dienstvereinbarung nicht mehr erfüllt. 20Die Klägerin habe gegen die Vorgabe verstoßen, den Dienst auf der Dienststelle grundsätzlich bis 09:30 Uhr zu beginnen. Nach Nr. 3 der Dienstvereinbarung über die Flexible Arbeitszeit müsse der Geschäftsbetrieb während der Servicezeit von 07:30 bis 15:30 Uhr gewährleistet sein. Die unmittelbare Vorgesetzte könne insoweit konkrete Vorgaben machen. Bei der zwischen der damaligen Dezernatsleiterin und der Klägerin im Juli 2012 mündlich getroffenen Vereinbarung zum Dienstbeginn der Klägerin habe es sich um eine derartige Vorgabe gehandelt. Diese sei in dem Vermerk vom 3. Juli 2012 festgehalten worden. Entgegen der Darstellung der Klägerin habe diese seinerzeit keine persönliche schriftliche Anweisung erbeten, die ihr verweigert worden wäre. Der Klägerin sei auch ohne eine solche schriftliche Anordnung durchaus bewusst gewesen, dass von ihr ab Juli 2012 erwartet worden sei, den Dienst bis spätestens 09:30 Uhr zu beginnen. Das ergebe sich auch aus der eigenen Veröffentlichung der Klägerin im Intranet vom 11. Juli 2012 sowie den Vermerken über die nachfolgend geführten Personalgespräche. Die Dienstaufnahme bis 09:30 Uhr habe mit Blick auf die Funktion der Klägerin als Sachgebietsleiterin und ihren Aufgabenbereich „Liegenschaften“ ein besonderes Entgegenkommen bedeutet, da oftmals auch früh Entscheidungen zu treffen bzw. Rücksprachen zu nehmen gewesen seien. Die Mitarbeiter der Klägerin seien zur Bearbeitung der früh am Morgen eingehenden Anfragen nur bedingt in der Lage gewesen. Aus diesem Grunde sei es umso wichtiger gewesen, dass die Klägerin ihren Dienst jedenfalls bis 09:30 Uhr aufnehme. Die Klägerin habe jedoch auch ab Juli 2012 ihren Dienst in einer Vielzahl von Fällen und ungeachtet von Aufforderungen zur Einhaltung der Vorgabe erst nach 09:30 Uhr angetreten, ohne ihre Dienststelle hierüber vorab in Kenntnis zu setzen. 21Die Klägerin habe seit dem 28. Dezember 2012 entgegen ihrer Verpflichtung aus § 62 LBG NRW, ärztliche Dienstunfähigkeitsbescheinigungen spätestens am darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen, zum Teil deutlich verspätet übersandt. Über die bereits im Kündigungsschreiben angesprochenen Fällen hinaus sei es auch nachfolgend (in den Monaten März, April, Mai und Juni, Juli 2013) trotz entsprechender Pflichtenmahnung zu nicht rechtzeitigen Vorlagen gekommen. 22Die Kündigung der Vereinbarung wegen mangelnder Eignung der Klägerin sei auch aufgrund der in Personalgesprächen des Jahres 2012 thematisierten vielfältigen Leistungsmängel der Klägerin gerechtfertigt gewesen. Wenn die Klägerin sich demgegenüber auf ihre – zudem überwiegend eine andersartige Tätigkeit beim Polizeipräsidium F. betreffende – (positive) dienstliche Beurteilung zum Stichtag 1. Juli 2011 berufe, sei ihr entgegenzuhalten, dass die nunmehr festgestellten Leistungsmängel nach Erstellung dieser Beurteilung aufgetreten seien. 23Soweit die Klägerin fordere, dass vor einer Kündigung der Vereinbarung andere (disziplinare) Maßnahmen hätten angeordnet werden müssen, sei ihr entgegenzuhalten, dass diese nicht Voraussetzung für eine Kündigung und einem gesonderten Verfahren vorbehalten seien. 24Mit E-Mail vom 24. Mai 2013 und Schreiben vom selben Tage beantragte die Klägerin, mit ihr erneut eine Dienstvereinbarung zur alternierenden Telearbeit abzuschließen. 25Unter dem 11. Juli 2013 teilte der Beklagte der Klägerin mit, er leite gegen sie ein Disziplinarverfahren ein und verwies zur Begründung unter anderem auf die verspäteten Dienstantritte der Klägerin und die verspätete Vorlage der Dienstunfähigkeitsbescheinigungen. 26Mit Bescheid vom 5. August 2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf „Teilnahme an der alternierenden Telearbeit“ unter Hinweis auf die mangelnde Zuverlässigkeit der Klägerin ab. 27Am 2. September 2013 hat die Klägerin Klage erhoben. 28Im vorliegenden Verfahren trägt sie zur Begründung vor: Sie erfülle mit Blick auf ihre Schwerbehinderung die Voraussetzungen für den Abschluss der begehrten Dienstvereinbarung. Aufgrund ihrer Persönlichkeit und ihrer fachlichen Qualifikation sei sie zur Ausübung von Telearbeit auch geeignet. Das dem Beklagten eingeräumte Ermessen sei vorliegend auf Null reduziert. Aufgrund ihrer Erkrankung sei sie lediglich in der Lage, ihrem Dienst nachzukommen, soweit ihr für zwei Dienststunden täglich die Möglichkeit eingeräumt werde, alternierende Telearbeit auszuüben. Dies habe die amtsärztliche Begutachtung ergeben, welche dem Abschluss der seinerzeit mit ihr getroffenen Dienstvereinbarung vorausgegangen sei. 29Die Klägerin beantragt, 30den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 5. August 2013 zu verurteilen, mit ihr eine Vereinbarung über die Ausübung alternierender Telearbeit, die sich auf 2 Stunden täglich an fünf Arbeitstagen in der Woche erstrecken soll, abzuschließen. 31Der Beklagte beantragt, 32die Klage abzuweisen. 33Er verweist darauf, dass es der Klägerin aus den im Verfahren 2 K 4744/13 dargelegten Gründen an der erforderlichen Eignung für die alternierende Telearbeit fehle. Ergänzend führt er aus: Die mangelnde Zuverlässigkeit der Klägerin sei erneut durch die verspätete Übersendung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bestätigt worden. Eine auf den Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung Reduzierung des Ermessens ergebe sich keineswegs aus dem amtsärztlichen Gutachten vom 30. Juni 2011. Dieses habe gerade keinen sicheren Anhaltspunkt für eine Erkrankung feststellen können, welche die Nutzung des Telearbeitsplatzes aus amtsärztlicher Sicht eindeutig begründen würde. 34Die Klägerin versieht seit dem 28. Dezember 2012 durchgängig krankheitsbedingt keinen Dienst mehr. Der Beklagte hat unter dem 12. Januar 2015 mitgeteilt, im amtsärztlichen Gutachten vom 26. November 2014 sei festgestellt worden, dass keine Erkrankungen bei der Klägerin vorlägen, die ihre Dienstfähigkeit einschränkten. Sie sei in der Lage, uneingeschränkt Dienst zu verrichten. 35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten, der Streitakte und der Gerichtsakten – 2 K 4744/13 – und – 2 K 5431/13 – Bezug genommen. 36Entscheidungsgründe: 37Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. 38Die Klage ist als Leistungsklage statthaft, weil es sich bei der begehrten Entscheidung des Beklagten, mit der Klägerin eine Telearbeitsvereinbarung abzuschließen, um eine schlichthoheitliche Maßnahme und nicht um einen Verwaltungsakt handelt. 39Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Abschluss einer Vereinbarung zur alternierenden Telearbeit. Die Vereinbarung über die Ausübung alternierender Telearbeit im Polizeipräsidium L. trifft eine Regelung über die Arbeitszeit des Beamten, genauer darüber, dass ein Teil des Dienstes nicht auf der Dienststelle, sondern an der häuslichen Arbeitsstelle erbracht wird. 40Die Regelung eines Rechtsverhältnisses durch einen derartigen öffentlich-rechtlichen Vertrag setzt grundsätzlich die Bereitschaft beider Vertragsparteien zum Abschluss eines Vertrages voraus. Eine Verpflichtung, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag bestimmten Inhalts abzuschließen, besteht grundsätzlich nicht. Abgesehen von den Fällen des sich aus speziellen Rechtsvorschriften ergebenden Kontrahierungszwanges gibt es auch kein subjektives öffentliches Recht eines Verfahrensbeteiligten darauf, dass die Behörde einen solchen Vertrag abschließt. Dementsprechend bestimmt auch Nummer 6 Abs. 1 der Dienstvereinbarung, dass kein Rechtsanspruch auf die Errichtung eines Telearbeitsplatzes besteht. 41Selbst wenn aufgrund der Dienstvereinbarung eine gewisse Selbstbindung hinsichtlich des Verfahrens und der materiellen Voraussetzungen, die vorliegen müssen, damit der Antrag einer Prüfung unterzogen wird, angenommen wird, hat der Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 5. August 2013 zu Recht abgelehnt. Soweit der Beklagte auf die mangelnde Eignung (Zuverlässigkeit) der Klägerin abstellt und diese mit denselben Erwägungen begründet hat, die der Kündigung der vorangegangenen Vereinbarung zugrunde lagen, kann insoweit auf die Gründe der Entscheidung in dem Verfahren 2 K 4744/13 verwiesen werden. Danach ist die Klägerin für Telearbeit nicht geeignet, weil sie unzuverlässig im Sinne der Nr. 3.1. Ziffer 2 der Dienstvereinbarung ist. Sie hat sich in einer Vielzahl von Fällen nicht an die Weisung ihrer damaligen Vorgesetzen gehalten, den Dienst bis spätestens 9:30 Uhr anzutreten. Darüber hinaus hat die Klägerin auch in den Monaten nach der im April 2013 ausgesprochenen Kündigung mehrfach verspätet Dienstunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt. Schließlich hat der Beklagte in der Sache rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Klägerin wegen der massiven – und von ihr im Übrigen nicht bestrittenen - Leistungsdefizite auch fachlich nicht geeignet ist, Telearbeit effektiv auszuüben (vgl. Nr. 3.1. Ziffer 3 der Dienstvereinbarung). 42Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 43Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 44Beschluss: 45Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt. 46Gründe: 47Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 v. h. des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn das beklagte land nicht vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 v. h. des zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die am 00. oktober 1973 geborene klägerin, die seit oktober 1990 im dienst des beklagten landes steht und seit november 2010 dienst bei dem polizeipräsidium l. verrichtet, begehrt die ausübung alternierender telearbeit. 3am 12. april 2000 wurde der klägerin ein ab dem 11. oktober 1999 gültiger schwerbehindertenausweis mit einem grad der behinderung von 50 ausgestellt, dessen gültigkeitsdauer nachfolgend regelmäßig verlängert wurde. im august 2005 wurde sie zur regierungsinspektorin ernannt und im märz 2009 zur regierungsoberinspektorin befördert. im anschluss an eine dreimonatige abordnung wurde sie mit wirkung vom 2. februar 2011 vom polizeipräsidium f. zum polizeipräsidium l. versetzt und mit der leitung des sachgebietes (damals: dezernates) za 12 (heute: haushalts- und wirtschaftsangelegenheiten, liegenschaftsangelegenheiten) betraut. 4die klägerin stellte am 15. märz 2011 aus gesundheitlichen gründen und unter hinweis auf ihre schwerbehinderung einen antrag zur teilnahme an alternierender telearbeit im umfang von täglich „ca. 2 stunden“. in dem beigefügten attest des allgemeinmediziners dr. q. vom 10. februar 2011 heißt es, bei der klägerin bestünde erkrankungsbedingt derzeit eine eingeschränkte belastbarkeit und fahrtauglichkeit, sodass telearbeit im genannten umfang befürwortet werde. 5am 10. mai 2011 schlossen das polizeipräsidium l. und die klägerin auf der grundlage der dienstvereinbarung des polizeipräsidiums und des personalrats zur alternierenden telearbeit vom 13. januar 2010 (nachfolgend: dienstvereinbarung) eine „übergangs-vereinbarung über die ausübung alternierender telearbeit im polizeipräsidium l. “, nach der die klägerin bis auf weiteres an fünf arbeitstagen in der woche zwei stunden täglich (zehn stunden pro woche) telearbeit am häuslichen arbeitsplatz auszuüben und ihre arbeitsleistung während der restlichen wochenstunden am betrieblichen arbeitsplatz zu erbringen hatte. das polizeipräsidium teilte ihr am selben tag mit, es beabsichtige, „von der eigentlichen laufzeit der diesjährigen telearbeit (01.07.2011 – 30.06.2012)“ aufgrund eines ausstehenden amtsärztlichen gutachtens und der derzeit anwachsenden defizitstunden der klägerin abzuweichen, damit bereits vor dem 1. juli 2011 mit der ausübung der telearbeit begonnen werden könne. 6in einer amtsärztlichen stellungnahme des gesundheitsamtes des kreises wesel vom 30. juni 2011 ist ausgeführt, die von der klägerin geschilderten beschwerden ließen in der amtsärztlichen untersuchung keinen sicheren zusammenhang zu den bisher angegebenen vorerkrankungen (lungenerkrankung, polyneuropathie der beine, borreliose-erkrankung) erkennen. auch im fachneurologisch-psychiatrischen gutachten seien die ursachen der geltend gemachten beschwerden nicht eindeutig geklärt worden. psychische erkrankungen seien ebenso wie organische ursachen für die beschwerden nicht festgestellt worden, sodass es keinen sicheren anhaltspunkt für eine erkrankung der klägerin gebe, welche die begehrte nutzung des telearbeitsplatzes aus amtsärztlicher sicht eindeutig begründe. vor dem hintergrund, dass der telearbeitsplatz bereits eingerichtet sei, werde als kompromiss vorgeschlagen, diesen der klägerin für weitere 12 monate zur verfügung zu stellen. im hinblick hierauf teilte das polizeipräsidium l. der klägerin unter dem 28. juli 2011 mit, dass die „übergangs-vereinbarung“ mit ablauf des 30. juni 2012 ihre gültigkeit verliere. 7auf einen weiteren antrag der klägerin hin schlossen die beteiligten am 18. mai/6. juni 2012 für den zeitraum vom 1. juli 2012 bis zum 30. juni 2013 eine weitere „vereinbarung über die ausübung alternierender telearbeit im polizeipräsidium l. “ mit gleichem inhalt. 8aus einem ausdruck des zeitnachweises für den monat juni 2012 ergibt sich, dass die klägerin in diesem monat ihren dienst auf der dienststelle an 9 arbeitstagen erst nach 9.30 uhr angetreten hatte. auf dem ausdruck befindet sich der folgende durch die damalige leiterin des dezernates za 1, roar’in q1. , paraphierte handschriftliche zusatz vom 3. juli 2012: „ab juli dienstaufnahme bis 9.30 oder rechtzeitig mitteilung, wenn es später wird.“ die klägerin veröffentlichte im intranet der behörde am 11. juli 2012 den hinweis, dass sie für den bereich liegenschaften („störungsaufnahme“) bis zum 3. september 2012 in der zeit von 09:30 bis 15:30 uhr erreichbar sei. aus weiteren übersichten ergibt sich, dass die kläger im juli an 13 tagen, im august an 11 tagen, im september an 11 tagen, im oktober an 7 tagen, im november an 11 tagen und im dezember 2012 an 8 tagen später als 9:30 uhr ihren dienst angetreten hat. im gleichen zeitraum versah die klägerin wegen erkrankung an 21 arbeitstagen und wegen urlaubs an 31 tagen keinen dienst. 9am 16. november 2012 fand unter der leitung des leiters der direktion zentrale aufgaben (za), rd i. , ein personalgespräch mit der klägerin statt. in dem hierüber gefertigten vermerk vom 19. november 2012 ist u.a. ausgeführt: rd i. habe die klägerin darauf hingewiesen, dass ihre gesundheitlichen probleme und die damit einhergehenden hohen ausfallzeiten ihre entbindung von der derzeitigen funktion erforderten. die klägerin habe dem zugestimmt und eingeräumt, sie fühle sich mit der führung der organisationseinheit überfordert, wobei sie selbst dies auf die mangelnden personellen ressourcen zurückgeführt habe. über ihre künftige verwendung (versetzung, umsetzung) werde es ein weiteres gespräch geben. 10in einem personalgespräch vom 3. dezember 2012 teilte rd i. der klägerin die absicht mit, sie bis auf weiteres direkt der leiterin za 1 als sachbearbeiterin zu unterstellen. zugleich wurde sie ausweislich des hierüber gefertigten vermerks „nochmals ausdrücklich auf die einhaltung der zu ihren gunsten, d.h. unter berücksichtigung ihrer gesundheitlichen situation 2011 getroffenen vereinbarung hingewiesen (anlage), wonach der dienst regelmäßig bis 09:30 uhr anzutreten ist.“ die klägerin habe diese vereinbarung in einer vielzahl von fällen nicht eingehalten. diese mangelnde zuverlässigkeit stelle auch die weiterführung der telearbeitsvereinbarung in frage. darüber hinaus sei die klägerin auch erneut darauf hingewiesen worden, dass die in der vergangenheit beobachteten mängel in der aufgabenerfüllung sich nicht nur auf die führungsleistung, sondern auch auf die ergebnisse der eigenen sachbearbeitung erstreckten. mit verfügung vom 12. dezember 2012 wurde die klägerin von der funktion der leiterin des sachgebiets za 12 entbunden. anlässlich der aushändigung des schreibens am 14. dezember 2012 sprach die dezernatsleiterin – ausweislich des hierüber gefertigten vermerks – die klägerin nochmals auf das thema „verlässlichkeit“ sowie darauf an, dass seit juli 2012 eine „absprache/weisung“ bestehe, den dienst bis spätestens 09:30 uhr anzutreten. auch am 13. dezember 2012 habe sie den dienst erst um 10:30 uhr angetreten. auf die nachfrage der dezernatsleiterin, warum sie dies nicht vorher mitgeteilt habe, habe die klägerin geantwortet, sie sei gestürzt und könne nicht sagen, warum sie sich nicht gemeldet habe. 11mit schreiben vom 21. januar 2013 beteiligte der beklagte die gleichstellungsbeauftragte, den vertrauensmann der schwerbehinderten und den personalrat im hinblick auf seine absicht, die mit der klägerin geschlossene telearbeitsvereinbarung wegen fehlender zuverlässigkeit der klägerin zu kündigen. der bitte des personalrats vom 30. januar 2013 um fristverlängerung gab das polizeipräsidium l. nicht statt. der vertrauensmann der schwerbehinderten teilte dem polizeipräsidium l. durch schreiben vom 5. februar 2013 mit, dass derzeit keine stellungnahme erfolge, weil die langzeiterkrankte klägerin keinen kontakt zur schwerbehindertenvertretung aufgenommen habe. 12das polizeipräsidium l. gab der klägerin unter dem 20. februar 2013 gelegenheit, zur beabsichtigten kündigung der telearbeitsvereinbarung mit ablauf des monats april 2013 stellung zu nehmen. mit schreiben vom 10. märz 2013 widersprach die klägerin dieser maßnahme. zur begründung führte sie an: ein zur kündigung berechtigender wichtiger grund im sinne der nr. 18 der dienstvereinbarung liege nicht vor. eine verpflichtung, den dienst bis 09:30 uhr anzutreten, sei nicht gegeben, da gleitarbeitszeit bestehe. eine auf einer vereinbarung beruhende schriftliche änderung oder ergänzung der telearbeitsvereinbarung sei nicht erfolgt. die einrichtung ihres telearbeitsplatzes sei gerade aufgrund ihrer bekannten erkrankung erfolgt. die späten dienstantritte in den letzten monaten seien ausfluss der erkrankung mit aktueller krankschreibung und nicht einer mangelnden zuverlässigkeit. im hinblick auf ihre diensttätigkeit bestünden auch keinerlei fehlstunden. ihr könne auch nicht der vorwurf gemacht werden, krankschreibungen verspätet vorgelegt zu haben. sie habe die dienststelle jeweils telefonisch (anrufbeantworter) und/oder per email informiert. nachdem eine arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – auf dem postweg – verloren gegangen sei, habe sie die bescheinigungen in absprache mit der leiterin za 2 zusätzlich eingescannt per email übermittelt. 13mit schreiben vom 29. april 2013 kündigte der beklagte gemäß nr. 18 abs. 1 der dienstvereinbarung die mit der klägerin getroffene vereinbarung über die alternierende telearbeit wegen mangelnder eignung für die alternierende telearbeit zum 31. mai 2013. zur begründung führte er aus: im juli 2012 sei zwischen der damaligen dezernatsleiterin und der klägerin zur gewährleistung des geschäftsbetriebs mündlich vereinbart worden, dass grundsätzlich ein täglicher dienstbeginn im polizeipräsidium um 09:30 uhr einzuhalten sei. an diese vereinbarung habe die klägerin sich in der zeit von juli bis dezember 2012 häufig nicht gehalten; an 13 tagen habe sie ihren dienst sogar erst nach 10:30 uhr angetreten. dieser verstoß gegen die vereinbarung sei von ihren vorgesetzten in zahlreichen kritikgesprächen – zuletzt am 3. dezember 2012 – thematisiert worden, ohne dass die klägerin ihr verhalten geändert habe. sie habe zudem dienstunfähigkeitsbescheinigungen deutlich verspätet übersandt. das am 28. dezember 2012 ausgestellte erstattest sei erst am 16. januar 2013 in der behörde eingegangen. das den zeitraum bis zum 31. januar 2013 erfassende folgeattest vom 7. januar 2013 habe die dienststelle am 15. januar 2013 erreicht. ein weiteres attest sei (zunächst) nicht eingegangen. darüber hinaus seien seit ca. einem jahr zunehmend massive defizite in der dienstlichen leistung der klägerin deutlich geworden. 14gegen die kündigung erhob die klägerin vor der beschließenden kammer am 28. mai 2013 klage – 2 k 4744/13 – mit der sie die feststellung der unwirksamkeit der kündigung begehrt. in diesem verfahren trug die klägerin vor: sie habe ein berechtigtes interesse an der feststellung, dass die vereinbarung über die alternierende telearbeit nicht durch die kündigung beendet worden sei. sie sei aus gesundheitlichen gründen auf den fortbestand der möglichkeit angewiesen, ihren dienst teilweise in telearbeit auszuüben. darüber hinaus beabsichtige sie, auch für die zeit nach dem 30. juni 2013 einen entsprechenden antrag zu stellen. die klage sei auch begründet. die kündigung sei bereits deshalb unwirksam, weil eine vorherige anhörung der personalvertretung und der schwerbehindertenvertretung nicht erfolgt sei. darüber hinaus liege ein nach nr. 18 der dienstvereinbarung für eine kündigung erforderlicher wichtiger grund nicht vor. 15das gelte zunächst bezüglich des vermeintlich verspäteten dienstbeginns. da flexible arbeitszeit bestanden habe, sei sie nicht verpflichtet gewesen, ihren dienst spätestens um 09:30 uhr anzutreten. das sei auch nicht zur aufrechterhaltung des geschäftsbetriebs erforderlich gewesen. zwar sei der geschäftsbetrieb während der servicezeit zwischen 07:30 uhr und 15:30 uhr zu gewährleisten. das müsse aber, zumal angesichts ihrer auf 6 stunden begrenzten präsenzpflicht, nicht durch sie persönlich geschehen. sie habe ihre 10 mitarbeiter so eingeteilt, dass die volle servicezeit immer abgedeckt gewesen sei. dem hinweis des beklagten darauf, dass auch am frühen morgen entscheidungen hätten getroffen werden müssen, sei entgegenzuhalten, dass sich dieses erfordernis tatsächlich nie ergeben habe. im übrigen hätten derartige angelegenheiten auch dann nicht frühzeitig erledigt werden können, wenn sie ihren dienst regelmäßig um 09:30 uhr angetreten hätte. schließlich vergesse der beklagte zu erwähnen, dass sie jederzeit telefonisch erreichbar gewesen sei. sie habe keine schriftliche dienstanweisung erhalten, ihren dienst bis 09:30 uhr zu beginnen. es sei aber im polizeipräsidium l. üblich, dass alle regelungen schriftlich ergingen. das gelte auch für dienstvereinbarungen. sie habe mit roar’in q1. im juli 2012 auch keine mündliche vereinbarung getroffen, dass sie den dienst bis 09:30 uhr antrete. ihre damalige dezernatsleiterin habe lediglich einen entsprechenden wunsch geäußert. zur erfüllung ihrer – der klägerin – bitte, ihr eine schriftliche dienstanweisung zu erteilen, sei ihre vorgesetzte nicht bereit gewesen. ein etwaiger auf dem zeitnachweis für juli 2012 angebrachter dahingehender vermerk – der im übrigen mit nichtwissen bestritten werde – sei ohne bedeutung, weil dieser ihr nicht zugänglich gemacht worden und daher nicht bekannt gewesen sei. mit ihrer intranet-veröffentlichung vom 11. juli 2012 habe sie lediglich zum ausdruck gebracht, dass sie für den bereich liegenschaften rund um die uhr telefonisch erreichbar sei. 16der vorwurf, dienstunfähigkeitsbescheinigungen verspätet vorgelegt zu haben, sei unberechtigt, da sie nicht nur diese sobald wie möglich abgesandt, sondern ihre dienststelle auch zeitnah telefonisch und per email informiert habe. 17es werde zudem bestritten, dass leistungsmängel vorgelegen hätten, die es gerechtfertigt hätten, die telearbeit mangels eignung zu kündigen. hintergrund für ihre bitte, sie von der funktion der sachgebietsleiterin zu entbinden, sei gewesen, dass ihr aktueller vorgesetzter, anders als sein vorgänger, mit ihrer leistung nicht mehr zufrieden gewesen sei. die von dem beklagten gefertigten aktenvermerke, die ihr im übrigen entgegen der üblichen verfahrensweise nicht zugänglich gemacht worden seien, bewiesen insoweit nichts gegenteiliges. sämtliche gegen sie erhobene vorwürfe stünden darüber hinaus in keinem zusammenhang gerade mit der alternierenden telearbeit, sondern lediglich mit ihrer dienstausübung auf der dienststelle und stellten auch aus diesem grund keinen wichtigen grund für die kündigung der vereinbarung über die telearbeit dar. schließlich stelle die kündigung einer derartigen vereinbarung stets die ultima ratio dar. im falle der berechtigung der vorwürfe hätten zuvor andere maßnahmen, etwa ein verweis, getroffen werden müssen. 18der beklagte trat diesem vorbringen in dem verfahren 4 k 4744/13 entgegen und trug vor: personalrat, schwerbehindertenvertretung und gleichstellungsbeauftragte seien vor der kündigung ordnungsgemäß beteiligt worden. seitens des personalrats gelte die maßnahme gemäß § 66 abs. 2 satz 5 lpvg als gebilligt. 19die telearbeitsvereinbarung sei aus wichtigem grund im sinne der nr. 18 ziffer 1 der dienstvereinbarung wirksam gekündigt worden. die klägerin habe die persönlichen voraussetzungen nach nr. 3.1 abs. 2 der dienstvereinbarung nicht mehr erfüllt. 20die klägerin habe gegen die vorgabe verstoßen, den dienst auf der dienststelle grundsätzlich bis 09:30 uhr zu beginnen. nach nr. 3 der dienstvereinbarung über die flexible arbeitszeit müsse der geschäftsbetrieb während der servicezeit von 07:30 bis 15:30 uhr gewährleistet sein. die unmittelbare vorgesetzte könne insoweit konkrete vorgaben machen. bei der zwischen der damaligen dezernatsleiterin und der klägerin im juli 2012 mündlich getroffenen vereinbarung zum dienstbeginn der klägerin habe es sich um eine derartige vorgabe gehandelt. diese sei in dem vermerk vom 3. juli 2012 festgehalten worden. entgegen der darstellung der klägerin habe diese seinerzeit keine persönliche schriftliche anweisung erbeten, die ihr verweigert worden wäre. der klägerin sei auch ohne eine solche schriftliche anordnung durchaus bewusst gewesen, dass von ihr ab juli 2012 erwartet worden sei, den dienst bis spätestens 09:30 uhr zu beginnen. das ergebe sich auch aus der eigenen veröffentlichung der klägerin im intranet vom 11. juli 2012 sowie den vermerken über die nachfolgend geführten personalgespräche. die dienstaufnahme bis 09:30 uhr habe mit blick auf die funktion der klägerin als sachgebietsleiterin und ihren aufgabenbereich „liegenschaften“ ein besonderes entgegenkommen bedeutet, da oftmals auch früh entscheidungen zu treffen bzw. rücksprachen zu nehmen gewesen seien. die mitarbeiter der klägerin seien zur bearbeitung der früh am morgen eingehenden anfragen nur bedingt in der lage gewesen. aus diesem grunde sei es umso wichtiger gewesen, dass die klägerin ihren dienst jedenfalls bis 09:30 uhr aufnehme. die klägerin habe jedoch auch ab juli 2012 ihren dienst in einer vielzahl von fällen und ungeachtet von aufforderungen zur einhaltung der vorgabe erst nach 09:30 uhr angetreten, ohne ihre dienststelle hierüber vorab in kenntnis zu setzen. 21die klägerin habe seit dem 28. dezember 2012 entgegen ihrer verpflichtung aus § 62 lbg nrw, ärztliche dienstunfähigkeitsbescheinigungen spätestens am darauffolgenden arbeitstag vorzulegen, zum teil deutlich verspätet übersandt. über die bereits im kündigungsschreiben angesprochenen fällen hinaus sei es auch nachfolgend (in den monaten märz, april, mai und juni, juli 2013) trotz entsprechender pflichtenmahnung zu nicht rechtzeitigen vorlagen gekommen. 22die kündigung der vereinbarung wegen mangelnder eignung der klägerin sei auch aufgrund der in personalgesprächen des jahres 2012 thematisierten vielfältigen leistungsmängel der klägerin gerechtfertigt gewesen. wenn die klägerin sich demgegenüber auf ihre – zudem überwiegend eine andersartige tätigkeit beim polizeipräsidium f. betreffende – (positive) dienstliche beurteilung zum stichtag 1. juli 2011 berufe, sei ihr entgegenzuhalten, dass die nunmehr festgestellten leistungsmängel nach erstellung dieser beurteilung aufgetreten seien. 23soweit die klägerin fordere, dass vor einer kündigung der vereinbarung andere (disziplinare) maßnahmen hätten angeordnet werden müssen, sei ihr entgegenzuhalten, dass diese nicht voraussetzung für eine kündigung und einem gesonderten verfahren vorbehalten seien. 24mit e-mail vom 24. mai 2013 und schreiben vom selben tage beantragte die klägerin, mit ihr erneut eine dienstvereinbarung zur alternierenden telearbeit abzuschließen. 25unter dem 11. juli 2013 teilte der beklagte der klägerin mit, er leite gegen sie ein disziplinarverfahren ein und verwies zur begründung unter anderem auf die verspäteten dienstantritte der klägerin und die verspätete vorlage der dienstunfähigkeitsbescheinigungen. 26mit bescheid vom 5. august 2013 lehnte die beklagte den antrag der klägerin auf „teilnahme an der alternierenden telearbeit“ unter hinweis auf die mangelnde zuverlässigkeit der klägerin ab. 27am 2. september 2013 hat die klägerin klage erhoben. 28im vorliegenden verfahren trägt sie zur begründung vor: sie erfülle mit blick auf ihre schwerbehinderung die voraussetzungen für den abschluss der begehrten dienstvereinbarung. aufgrund ihrer persönlichkeit und ihrer fachlichen qualifikation sei sie zur ausübung von telearbeit auch geeignet. das dem beklagten eingeräumte ermessen sei vorliegend auf null reduziert. aufgrund ihrer erkrankung sei sie lediglich in der lage, ihrem dienst nachzukommen, soweit ihr für zwei dienststunden täglich die möglichkeit eingeräumt werde, alternierende telearbeit auszuüben. dies habe die amtsärztliche begutachtung ergeben, welche dem abschluss der seinerzeit mit ihr getroffenen dienstvereinbarung vorausgegangen sei. 29die klägerin beantragt, 30den beklagten unter aufhebung seines bescheides vom 5. august 2013 zu verurteilen, mit ihr eine vereinbarung über die ausübung alternierender telearbeit, die sich auf 2 stunden täglich an fünf arbeitstagen in der woche erstrecken soll, abzuschließen. 31der beklagte beantragt, 32die klage abzuweisen. 33er verweist darauf, dass es der klägerin aus den im verfahren 2 k 4744/13 dargelegten gründen an der erforderlichen eignung für die alternierende telearbeit fehle. ergänzend führt er aus: die mangelnde zuverlässigkeit der klägerin sei erneut durch die verspätete übersendung von arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bestätigt worden. eine auf den abschluss einer entsprechenden vereinbarung reduzierung des ermessens ergebe sich keineswegs aus dem amtsärztlichen gutachten vom 30. juni 2011. dieses habe gerade keinen sicheren anhaltspunkt für eine erkrankung feststellen können, welche die nutzung des telearbeitsplatzes aus amtsärztlicher sicht eindeutig begründen würde. 34die klägerin versieht seit dem 28. dezember 2012 durchgängig krankheitsbedingt keinen dienst mehr. der beklagte hat unter dem 12. januar 2015 mitgeteilt, im amtsärztlichen gutachten vom 26. november 2014 sei festgestellt worden, dass keine erkrankungen bei der klägerin vorlägen, die ihre dienstfähigkeit einschränkten. sie sei in der lage, uneingeschränkt dienst zu verrichten. 35wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der verwaltungsakten, der streitakte und der gerichtsakten – 2 k 4744/13 – und – 2 k 5431/13 – bezug genommen. 36 | 37die klage hat keinen erfolg. sie ist zulässig, aber unbegründet. 38die klage ist als leistungsklage statthaft, weil es sich bei der begehrten entscheidung des beklagten, mit der klägerin eine telearbeitsvereinbarung abzuschließen, um eine schlichthoheitliche maßnahme und nicht um einen verwaltungsakt handelt. 39die klage ist unbegründet. die klägerin hat keinen anspruch auf abschluss einer vereinbarung zur alternierenden telearbeit. die vereinbarung über die ausübung alternierender telearbeit im polizeipräsidium l. trifft eine regelung über die arbeitszeit des beamten, genauer darüber, dass ein teil des dienstes nicht auf der dienststelle, sondern an der häuslichen arbeitsstelle erbracht wird. 40die regelung eines rechtsverhältnisses durch einen derartigen öffentlich-rechtlichen vertrag setzt grundsätzlich die bereitschaft beider vertragsparteien zum abschluss eines vertrages voraus. eine verpflichtung, einen öffentlich-rechtlichen vertrag bestimmten inhalts abzuschließen, besteht grundsätzlich nicht. abgesehen von den fällen des sich aus speziellen rechtsvorschriften ergebenden kontrahierungszwanges gibt es auch kein subjektives öffentliches recht eines verfahrensbeteiligten darauf, dass die behörde einen solchen vertrag abschließt. dementsprechend bestimmt auch nummer 6 abs. 1 der dienstvereinbarung, dass kein rechtsanspruch auf die errichtung eines telearbeitsplatzes besteht. 41selbst wenn aufgrund der dienstvereinbarung eine gewisse selbstbindung hinsichtlich des verfahrens und der materiellen voraussetzungen, die vorliegen müssen, damit der antrag einer prüfung unterzogen wird, angenommen wird, hat der beklagte den antrag der klägerin mit bescheid vom 5. august 2013 zu recht abgelehnt. soweit der beklagte auf die mangelnde eignung (zuverlässigkeit) der klägerin abstellt und diese mit denselben erwägungen begründet hat, die der kündigung der vorangegangenen vereinbarung zugrunde lagen, kann insoweit auf die gründe der entscheidung in dem verfahren 2 k 4744/13 verwiesen werden. danach ist die klägerin für telearbeit nicht geeignet, weil sie unzuverlässig im sinne der nr. 3.1. ziffer 2 der dienstvereinbarung ist. sie hat sich in einer vielzahl von fällen nicht an die weisung ihrer damaligen vorgesetzen gehalten, den dienst bis spätestens 9:30 uhr anzutreten. darüber hinaus hat die klägerin auch in den monaten nach der im april 2013 ausgesprochenen kündigung mehrfach verspätet dienstunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt. schließlich hat der beklagte in der sache rechtsfehlerfrei angenommen, dass die klägerin wegen der massiven – und von ihr im übrigen nicht bestrittenen - leistungsdefizite auch fachlich nicht geeignet ist, telearbeit effektiv auszuüben (vgl. nr. 3.1. ziffer 3 der dienstvereinbarung). 42die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 43die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo, §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 44beschluss: 45der streitwert wird auf 5.000 euro festgesetzt. 46gründe: 47die festsetzung des streitwertes beruht auf § 52 abs. 2 gkg. | Verklagte*r | 0 |
143,664 | 1 O 219/15 | 2015-11-05T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten über die Rückforderung einer gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung nach erklärtem Widerruf eines vorzeitig beendeten Darlehens. 3Die Parteien schlossen am 07.11.2005 einen Darlehensvertrag zur Darlehensnummer #####/####. Dem Darlehen war folgende Widerrufsbelehrung beigefügt: 4„Widerrufsrecht 5Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Sofern Sie nicht taggleich mit dem Vertragsabschluss über ihr Widerspruchsrecht belehrt worden sind, beträgt die Frist einen Monat. Der Lauf der Frist beginnt (...)“ 6Weiterhin enthielt die Widerrufsbelehrung einen Passus über finanzierte Geschäfte mit folgendem Inhalt: 7„Finanzierte Geschäfte 8Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind, oder wenn wir uns bei der Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen. Können Sie auch den anderen Vertrag widerrufen, so müssen Sie den Widerruf gegenüber Ihrem diesbezüglichen Vertragspartner bedienen. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstückes oder grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind, oder wenn wir über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinaus Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projektes Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen.“ 9Die Beklagte valutierte das Darlehen vertragsgemäß. Im Frühjahr 2012 baten die Kläger um eine vorzeitige Beendigung des Darlehensvertrags. Daraufhin schlossen die Parteien am 01.02.2012 einen Aufhebungsvertrag. Für die vorzeitige Beendigung berechnete die Beklagte 6.860,85 € Vorfälligkeitsentschädigung, die die Kläger am 02.02.2012 bezahlten. 10Mit Schreiben vom 12.12.2014 erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen und forderten unter Fristsetzung bis zum 01.02.2015 die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung. Auf die erfolgte Zurückweisung der Ansprüche, erklärten die Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 16.04.2015 an dem Widerruf festhalten zu wollen. 11Die Kläger sind der Ansicht, die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft und habe daher die Frist nicht zum Laufen gebracht. Die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft, da in ihr eine Belehrung über ein „Widerspruchsrecht“ enthalten sei, welche zu einer Verwirrung hinsichtlich des Fristbeginns führe. Weiterhin sei die Belehrung fehlerhaft, da sie aufgrund der Tatsache, dass sie einen Passus über finanzierte Geschäfte enthalte, es sich im vorliegenden Fall jedoch nicht um ein solches gehandelt habe, den Verbraucher verwirre. 12Die Kläger beantragen, 131. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 6.860,85 € nebst Zinsen 14in Höhe von 18,85 Prozentpunkten für den Zeitraum vom 02.02.2012 bis 17.05.2012, 15in Höhe von 18,25 Prozentpunkten für den Zeitraum vom 18.05.2012 bis 01.07.2012, 16in Höhe von 18,25 Prozentpunkten für den Zeitraum vom 02.07.2012 bis 28.09.2012, 17in Höhe von 18,00 Prozentpunkten für den Zeitraum vom 29.09.2012 bis 14.03.2013, 18in Höhe von 17,69 Prozentpunkten für den Zeitraum vom 15.03.2013 bis 28.05.2013, 19in Höhe von 17,71 Prozentpunkten für den Zeitraum vom 29.05.2013 bis 22.07.2013, 20in Höhe von 17,71 Prozentpunkten für den Zeitraum vom 23.07.2013 bis 18.11.2013, 21in Höhe von 17,71 Prozentpunkten für den Zeitraum vom 19.11.2013 bis 22.01.2014, 22in Höhe von 17,77 Prozentpunkten für den Zeitraum vom 23.01.2014 bis 16.04.2014, 23in Höhe von 17,81 Prozentpunkten für den Zeitraum vom 17.04.2014 bis 14.07.2014, 24in Höhe von 17,74 Prozentpunkten für den Zeitraum vom 15.07.2014 bis 01.10.2014, 25in Höhe von 17,60 Prozentpunkten für den Zeitraum vom 02.10.2014 bis 03.02.2015, 26in Höhe von 17,58 Prozentpunkten seit dem 04.02.2015 zu zahlen, 272. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1035,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2015 zu zahlen. 28Die Beklagte beantragt, 29 die Klage abzuweisen. 30Die Beklagte meint, sie habe die Kläger ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt. Ein solches stünde ihnen nicht zu. Jedenfalls sei seine Geltendmachung durch den Aufhebungsvertrag und den Zeitablauf verwirkt. 31Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie deren Anlagen Bezug genommen. 32Entscheidungsgründe: 33Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Den Klägern steht ein Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. 34Insbesondere folgt ein solcher Anspruch nicht aus §§ 355 Abs. 1, 357 Abs. 1 S. 1, 346 Abs. 1, 495 Abs. 1 BGB a.F. Der Darlehensvertrag ist nicht wirksam widerrufen worden, da bei Erklärung des Widerrufs am 12.12.2014 die zweiwöchige Widerrufsfrist bereits abgelaufen war. Die Widerrufsbelehrung war nicht fehlerhaft und hat daher nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. die Frist bei Vertragsschluss im Jahre 2005 ins Laufen gebracht. 35Die Belehrung über das Widerrufsrecht muss den Verbraucher in die Lage versetzen, dieses zu verstehen und ausüben zu können (BGH Urteil vom 25.01.2012 – VIII ZR 95/11; BGH Urteil vom 24.03.2009 – XI ZR 456/07). Die Belehrung muss deutlich gestaltet sein, sie darf keine verwirrenden oder ablenkenden Zusätze enthalten (Grüneberg in: Paland, § 355 BGB a. F. Rn. 16). Hierzu gehört, dass der Verbraucher der Belehrung ohne weiteres entnehmen kann, wann für ihn die Widerrufsfrist beginnt (BGH Urteil vom 15.08.2012 – VIII ZR 378/11). Er muss durch eine eindeutige Beschreibung des fristauslösenden Ereignisses in die Lage versetzt werden, die für ihn maßgebliche Frist für den Widerruf mit hinreichender Sicherheit zu bestimmen (BGH Urteil vom 24.03.2009 – XI ZR 456/07). 36Diese Kriterien sind hier erfüllt. Soweit die Kläger geltend machen durch die Verwendung des Begriffes „Widerspruch“ statt „Widerruf“ verwirrt und in ihrer Fristberechnung eingeschränkt zu sein, so dringen sie hiermit nicht durch. Die Belehrung trägt die Überschrift „Widerrufsbelehrung“ und unmittelbar hierunter „Widerrufsrecht“. Im ersten Satz wird der Verbraucher darüber informiert, dass er seine Erklärung innerhalb von zwei Wochen „widerrufen“ kann. Unmittelbar hieran schließt sich die Erläuterung an, dass diese Frist auf einen Monat verlängert wird, sollte er nicht taggleich mit dem Vertragsabschluss über sein „Widerspruchsrecht“ belehrt worden sein. Hierbei handelt es sich offensichtlich um einen Tippfehler. Auch dem fachunkundigen Leser erschließt sich, dass diese beiden Begriffe hier synonym verwendet wurden und es nicht, wie die Kläger vortragen, eine weitere Möglichkeit, einen Widerspruch, gibt, sich vom Vertrag zu lösen. 37Auch aus der Tatsache, dass ein Passus über finanzierte Geschäfte eingefügt wurde, ohne, dass es sich bei dem Darlehensvertrag um ein solches gehandelt hat, führt nicht zur Fehlerhaftigkeit der Belehrung. Eine solche Belehrung kann anhand der Erläuterungen zur Musterbelehrung nach Anlage 2 zu § 14 BGB InfoV entfallen, wenn sie nicht einschlägig ist, sie muss jedoch nicht gestrichen werden. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber den Verwender nicht zwingen wollte, für jede Sachverhaltskonstellation eine gesonderte Belehrung vorzuhalten (LG Bonn, Urteil vom 09.09.2015 – 2 O 370/14). Vielmehr wird es häufig der Beklagten nicht bekannt sein, ob noch weitere Geschäfte vorliegen, die mit dem Darlehensvertrag finanziert werden. Hinzu kommt, dass davon auszugehen ist, dass der Verbraucher die Belehrung liest, bevor er sie unterschreibt. Hierbei konnten die Kläger bereits dem Text entnehmen, dass der Abschnitt über finanzierte Geschäfte mangels Vorliegens eines finanzierten Geschäfts für sie keine Relevanz hatte. Die Belehrung gilt – der Musterbelehrung folgend – nur, „wenn beide Geschäfte eine wirtschaftliche Einheit bilden“ und erläutert diesen Begriff der gesetzlichen Regelung des § 358 BGB folgend. Hierbei handelt es sich um eine klare und verständliche Belehrung. Etwaige Ungewissheiten folgen nicht aus einer behaupteten verwirrenden Widerrufsbelehrung, sondern sind der Komplexität des Gesetzeswortlauts des § 358 BGB geschuldet. 38Darüber hinaus ist die Geltendmachung des Widerrufsrechts vorliegend ebenfalls verwirkt. Der aus den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB abgeleitete Einwand der unzulässigen Rechtsausübung setzt voraus, dass der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre und der Gegner sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde (OLG Köln, Urteil vom 25.01.2012- 13 U 30/11; BGH, Urteil vom 18.10.2004, II ZR 352/02). Es kommt auf die Art und Bedeutung des Anspruchs, die Intensität des von dem Berechtigten geschaffenen Vertrauenstatbestandes und das Ausmaß der Schutzbedürftigkeit des Verpflichteten an (Paland, § 242 BGB, Rn. 93). 39Das erforderliche Zeitmoment ist hier gegeben. Der Darlehensvertrag wurde im Jahr 2005 abgeschlossen. Bis zur Ausübung des Widerrufsrechts im Jahre 2012 waren sieben Jahre vergangen. 40Auch das Umstandsmoment liegt vor. Im Jahr 2012 beendeten die Parteien auf Wunsch der Kläger einvernehmlich ihr Vertragsverhältnis und wickelten den Vertrag vollständig ab. Seit dieser Abwicklung verstrichen zweieinhalb Jahre. Das Vertrauen der Beklagten auf die Nichtausübung des Widerrufsrechts angesichts der vollständigen, wechselseitigen Leistungserbringung zweieinhalb Jahre vor der erfolgten Widerrufserklärung begründet den für das Umstandsmoment erforderlichen Vertrauenstatbestand. Nach der vollständigen Abwicklung der Verträge bestanden zwischen den Parteien keine vertraglichen Beziehungen mehr. Die Beklagte durfte nach den Grundsätzen von Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB davon ausgehen, dass von den Klägern nach so langer Zeit keine Ansprüche mehr geltend gemacht werden würden. 41Ein Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung folgt auch nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB. Die Beklagte hat die Vorfälligkeitsentschädigung nämlich nicht „rechtsgrundlos“ im Sinne der Vorschrift erhalten. 42Ein Rechtsgrund folgt zwar nicht aus dem am 01.02.2012 geschlossenen „Aufhebungsvertrag“. Die Auslegung dieses Vertrages gemäß §§ 133,157 BGB ergibt, dass die Parteien hierdurch lediglich den bestehenden Darlehensvertrag mit neuem Inhalt hinsichtlich der zeitlichen Reichweite füllen wollten. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Parteien den alten Vertrag vollständig zum Erlöschen bringen wollten, zumal sich ihre Rechtsbeziehungen und die Vertragsabwicklung aus dem Darlehensvertrag ergaben. 43Ein Rechtsgrund ist jedoch in dem am 07.11.2005 geschlossenen Darlehensvertrag (§§ 488, 495 BGB) in der Form, die dieser durch den Aufhebungsvertrag erhalten hat, zu sehen. Der Vertrag ist wie bereits ausgeführt nicht gemäß §§ 355 Abs. 1, 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. wirksam widerrufen worden. 44Ein Anspruch auf Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt nicht aus §§ 280 Abs. 2, 286 BGB. Da die Beklagte nicht mit der Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung in Verzug war, können die Kläger einen Verzugsschaden nicht geltend machen. 45Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11 ZPO. 46Der Streitwert wird auf 6.860,85 EUR festgesetzt. 47I2 als Einzelrichterin | die klage wird abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die parteien streiten über die rückforderung einer gezahlten vorfälligkeitsentschädigung nach erklärtem widerruf eines vorzeitig beendeten darlehens. 3die parteien schlossen am 07.11.2005 einen darlehensvertrag zur darlehensnummer #####/####. dem darlehen war folgende widerrufsbelehrung beigefügt: 4„widerrufsrecht 5sie können ihre vertragserklärung innerhalb von zwei wochen ohne angabe von gründen in textform (z.b. brief, fax, e-mail) widerrufen. sofern sie nicht taggleich mit dem vertragsabschluss über ihr widerspruchsrecht belehrt worden sind, beträgt die frist einen monat. der lauf der frist beginnt (...)“ 6weiterhin enthielt die widerrufsbelehrung einen passus über finanzierte geschäfte mit folgendem inhalt: 7„finanzierte geschäfte 8widerrufen sie diesen darlehensvertrag, mit dem sie ihre verpflichtungen aus einem anderen vertrag finanzieren, so sind sie auch an den anderen vertrag nicht gebunden, wenn beide verträge eine wirtschaftliche einheit bilden. dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch ihr vertragspartner im rahmen des anderen vertrages sind, oder wenn wir uns bei der vorbereitung oder abschluss des darlehensvertrags der mitwirkung ihres vertragspartners bedienen. können sie auch den anderen vertrag widerrufen, so müssen sie den widerruf gegenüber ihrem diesbezüglichen vertragspartner bedienen. bei einem finanzierten erwerb eines grundstückes oder grundstücksgleichen rechts ist eine wirtschaftliche einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch ihr vertragspartner im rahmen des anderen vertrags sind, oder wenn wir über die zurverfügungstellung von darlehen hinaus ihr grundstücksgeschäft durch zusammenwirken mit dem veräußerer fördern, indem wir uns dessen veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen machen, bei der planung, werbung oder durchführung des projektes funktionen des veräußerers übernehmen oder den veräußerer einseitig begünstigen.“ 9die beklagte valutierte das darlehen vertragsgemäß. im frühjahr 2012 baten die kläger um eine vorzeitige beendigung des darlehensvertrags. daraufhin schlossen die parteien am 01.02.2012 einen aufhebungsvertrag. für die vorzeitige beendigung berechnete die beklagte 6.860,85 € vorfälligkeitsentschädigung, die die kläger am 02.02.2012 bezahlten. 10mit schreiben vom 12.12.2014 erklärten die kläger den widerruf ihrer auf den abschluss des darlehensvertrags gerichteten willenserklärungen und forderten unter fristsetzung bis zum 01.02.2015 die rückzahlung der vorfälligkeitsentschädigung. auf die erfolgte zurückweisung der ansprüche, erklärten die kläger mit anwaltlichem schreiben vom 16.04.2015 an dem widerruf festhalten zu wollen. 11die kläger sind der ansicht, die widerrufsbelehrung sei fehlerhaft und habe daher die frist nicht zum laufen gebracht. die widerrufsbelehrung sei fehlerhaft, da in ihr eine belehrung über ein „widerspruchsrecht“ enthalten sei, welche zu einer verwirrung hinsichtlich des fristbeginns führe. weiterhin sei die belehrung fehlerhaft, da sie aufgrund der tatsache, dass sie einen passus über finanzierte geschäfte enthalte, es sich im vorliegenden fall jedoch nicht um ein solches gehandelt habe, den verbraucher verwirre. 12die kläger beantragen, 131. die beklagte zu verurteilen, an die kläger 6.860,85 € nebst zinsen 14in höhe von 18,85 prozentpunkten für den zeitraum vom 02.02.2012 bis 17.05.2012, 15in höhe von 18,25 prozentpunkten für den zeitraum vom 18.05.2012 bis 01.07.2012, 16in höhe von 18,25 prozentpunkten für den zeitraum vom 02.07.2012 bis 28.09.2012, 17in höhe von 18,00 prozentpunkten für den zeitraum vom 29.09.2012 bis 14.03.2013, 18in höhe von 17,69 prozentpunkten für den zeitraum vom 15.03.2013 bis 28.05.2013, 19in höhe von 17,71 prozentpunkten für den zeitraum vom 29.05.2013 bis 22.07.2013, 20in höhe von 17,71 prozentpunkten für den zeitraum vom 23.07.2013 bis 18.11.2013, 21in höhe von 17,71 prozentpunkten für den zeitraum vom 19.11.2013 bis 22.01.2014, 22in höhe von 17,77 prozentpunkten für den zeitraum vom 23.01.2014 bis 16.04.2014, 23in höhe von 17,81 prozentpunkten für den zeitraum vom 17.04.2014 bis 14.07.2014, 24in höhe von 17,74 prozentpunkten für den zeitraum vom 15.07.2014 bis 01.10.2014, 25in höhe von 17,60 prozentpunkten für den zeitraum vom 02.10.2014 bis 03.02.2015, 26in höhe von 17,58 prozentpunkten seit dem 04.02.2015 zu zahlen, 272. die beklagte zu verurteilen, an die kläger außergerichtliche anwaltskosten in höhe von 1035,90 € nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 16.04.2015 zu zahlen. 28die beklagte beantragt, 29 die klage abzuweisen. 30die beklagte meint, sie habe die kläger ordnungsgemäß über ihr widerrufsrecht belehrt. ein solches stünde ihnen nicht zu. jedenfalls sei seine geltendmachung durch den aufhebungsvertrag und den zeitablauf verwirkt. 31wegen der weiteren einzelheiten wird auf die schriftsätze der parteien sowie deren anlagen bezug genommen. 32 | 33die klage ist zulässig aber unbegründet. den klägern steht ein anspruch auf rückzahlung der vorfälligkeitsentschädigung aus keinem rechtlichen gesichtspunkt zu. 34insbesondere folgt ein solcher anspruch nicht aus §§ 355 abs. 1, 357 abs. 1 s. 1, 346 abs. 1, 495 abs. 1 bgb a.f. der darlehensvertrag ist nicht wirksam widerrufen worden, da bei erklärung des widerrufs am 12.12.2014 die zweiwöchige widerrufsfrist bereits abgelaufen war. die widerrufsbelehrung war nicht fehlerhaft und hat daher nach § 355 abs. 2 satz 1 bgb a. f. die frist bei vertragsschluss im jahre 2005 ins laufen gebracht. 35die belehrung über das widerrufsrecht muss den verbraucher in die lage versetzen, dieses zu verstehen und ausüben zu können (bgh urteil vom 25.01.2012 – viii zr 95/11; bgh urteil vom 24.03.2009 – xi zr 456/07). die belehrung muss deutlich gestaltet sein, sie darf keine verwirrenden oder ablenkenden zusätze enthalten (grüneberg in: paland, § 355 bgb a. f. rn. 16). hierzu gehört, dass der verbraucher der belehrung ohne weiteres entnehmen kann, wann für ihn die widerrufsfrist beginnt (bgh urteil vom 15.08.2012 – viii zr 378/11). er muss durch eine eindeutige beschreibung des fristauslösenden ereignisses in die lage versetzt werden, die für ihn maßgebliche frist für den widerruf mit hinreichender sicherheit zu bestimmen (bgh urteil vom 24.03.2009 – xi zr 456/07). 36diese kriterien sind hier erfüllt. soweit die kläger geltend machen durch die verwendung des begriffes „widerspruch“ statt „widerruf“ verwirrt und in ihrer fristberechnung eingeschränkt zu sein, so dringen sie hiermit nicht durch. die belehrung trägt die überschrift „widerrufsbelehrung“ und unmittelbar hierunter „widerrufsrecht“. im ersten satz wird der verbraucher darüber informiert, dass er seine erklärung innerhalb von zwei wochen „widerrufen“ kann. unmittelbar hieran schließt sich die erläuterung an, dass diese frist auf einen monat verlängert wird, sollte er nicht taggleich mit dem vertragsabschluss über sein „widerspruchsrecht“ belehrt worden sein. hierbei handelt es sich offensichtlich um einen tippfehler. auch dem fachunkundigen leser erschließt sich, dass diese beiden begriffe hier synonym verwendet wurden und es nicht, wie die kläger vortragen, eine weitere möglichkeit, einen widerspruch, gibt, sich vom vertrag zu lösen. 37auch aus der tatsache, dass ein passus über finanzierte geschäfte eingefügt wurde, ohne, dass es sich bei dem darlehensvertrag um ein solches gehandelt hat, führt nicht zur fehlerhaftigkeit der belehrung. eine solche belehrung kann anhand der erläuterungen zur musterbelehrung nach anlage 2 zu § 14 bgb infov entfallen, wenn sie nicht einschlägig ist, sie muss jedoch nicht gestrichen werden. dies zeigt, dass der gesetzgeber den verwender nicht zwingen wollte, für jede sachverhaltskonstellation eine gesonderte belehrung vorzuhalten (lg bonn, urteil vom 09.09.2015 – 2 o 370/14). vielmehr wird es häufig der beklagten nicht bekannt sein, ob noch weitere geschäfte vorliegen, die mit dem darlehensvertrag finanziert werden. hinzu kommt, dass davon auszugehen ist, dass der verbraucher die belehrung liest, bevor er sie unterschreibt. hierbei konnten die kläger bereits dem text entnehmen, dass der abschnitt über finanzierte geschäfte mangels vorliegens eines finanzierten geschäfts für sie keine relevanz hatte. die belehrung gilt – der musterbelehrung folgend – nur, „wenn beide geschäfte eine wirtschaftliche einheit bilden“ und erläutert diesen begriff der gesetzlichen regelung des § 358 bgb folgend. hierbei handelt es sich um eine klare und verständliche belehrung. etwaige ungewissheiten folgen nicht aus einer behaupteten verwirrenden widerrufsbelehrung, sondern sind der komplexität des gesetzeswortlauts des § 358 bgb geschuldet. 38darüber hinaus ist die geltendmachung des widerrufsrechts vorliegend ebenfalls verwirkt. der aus den grundsätzen von treu und glauben gemäß § 242 bgb abgeleitete einwand der unzulässigen rechtsausübung setzt voraus, dass der berechtigte ein recht längere zeit nicht geltend gemacht hat, obwohl er dazu in der lage gewesen wäre und der gegner sich mit rücksicht auf das gesamte verhalten des berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein recht auch in zukunft nicht mehr geltend machen werde (olg köln, urteil vom 25.01.2012- 13 u 30/11; bgh, urteil vom 18.10.2004, ii zr 352/02). es kommt auf die art und bedeutung des anspruchs, die intensität des von dem berechtigten geschaffenen vertrauenstatbestandes und das ausmaß der schutzbedürftigkeit des verpflichteten an (paland, § 242 bgb, rn. 93). 39das erforderliche zeitmoment ist hier gegeben. der darlehensvertrag wurde im jahr 2005 abgeschlossen. bis zur ausübung des widerrufsrechts im jahre 2012 waren sieben jahre vergangen. 40auch das umstandsmoment liegt vor. im jahr 2012 beendeten die parteien auf wunsch der kläger einvernehmlich ihr vertragsverhältnis und wickelten den vertrag vollständig ab. seit dieser abwicklung verstrichen zweieinhalb jahre. das vertrauen der beklagten auf die nichtausübung des widerrufsrechts angesichts der vollständigen, wechselseitigen leistungserbringung zweieinhalb jahre vor der erfolgten widerrufserklärung begründet den für das umstandsmoment erforderlichen vertrauenstatbestand. nach der vollständigen abwicklung der verträge bestanden zwischen den parteien keine vertraglichen beziehungen mehr. die beklagte durfte nach den grundsätzen von treu und glauben im sinne des § 242 bgb davon ausgehen, dass von den klägern nach so langer zeit keine ansprüche mehr geltend gemacht werden würden. 41ein anspruch auf rückzahlung der vorfälligkeitsentschädigung folgt auch nicht aus § 812 abs. 1 satz 1 alt. 1 bgb. die beklagte hat die vorfälligkeitsentschädigung nämlich nicht „rechtsgrundlos“ im sinne der vorschrift erhalten. 42ein rechtsgrund folgt zwar nicht aus dem am 01.02.2012 geschlossenen „aufhebungsvertrag“. die auslegung dieses vertrages gemäß §§ 133,157 bgb ergibt, dass die parteien hierdurch lediglich den bestehenden darlehensvertrag mit neuem inhalt hinsichtlich der zeitlichen reichweite füllen wollten. es ist nicht davon auszugehen, dass die parteien den alten vertrag vollständig zum erlöschen bringen wollten, zumal sich ihre rechtsbeziehungen und die vertragsabwicklung aus dem darlehensvertrag ergaben. 43ein rechtsgrund ist jedoch in dem am 07.11.2005 geschlossenen darlehensvertrag (§§ 488, 495 bgb) in der form, die dieser durch den aufhebungsvertrag erhalten hat, zu sehen. der vertrag ist wie bereits ausgeführt nicht gemäß §§ 355 abs. 1, 357 abs. 1 satz 1 bgb a.f. wirksam widerrufen worden. 44ein anspruch auf zahlung der außergerichtlichen rechtsanwaltskosten folgt nicht aus §§ 280 abs. 2, 286 bgb. da die beklagte nicht mit der rückzahlung der vorfälligkeitsentschädigung in verzug war, können die kläger einen verzugsschaden nicht geltend machen. 45die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 nr. 11 zpo. 46der streitwert wird auf 6.860,85 eur festgesetzt. 47i2 als einzelrichterin | Verklagte*r | 0 |
173,607 | 6z K 1383/14 | 2014-07-08T00:00:00 | Gerichtsbescheid | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Gerichtsbescheides vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 17. Dezember 1983 geborene Klägerin erwarb im Juli 2013 die Hochschulzugangsberechtigung mit einer Durchschnittsnote von 2,4. 3Mit Zulassungsantrag vom 14. Januar 2014 bewarb sie sich bei der Beklagten um die Zulassung zum Studium der Zahnmedizin. Dabei gab sie an, sie wünsche eine Teilnahme in der Wartezeitquote und am Auswahlverfahren der Hochschulen. Zudem stellte sie einen Härtefallantrag und machte das Vorliegen der Fallgruppe D 2 (Besondere familiäre oder soziale Umstände) geltend. Sie begründete ihren Härtefallantrag damit, dass sie zeitnah die Zahnarztpraxis ihres Vaters übernehmen müsse, um die schwierigen finanziellen Familienverhältnisse zu konsolidieren. Diesem sei wegen kritischer Äußerungen vor zwölf Jahren unberechtigt die kassenzahnärztliche Zulassung entzogen worden. Daher habe er nur eine sehr geringe Rente zu erwarten und sie müsse jederzeit mit der Insolvenz ihrer Eltern rechnen. Nachweise darüber fügte sie dem Zulassungsantrag nicht bei. 4Durch Bescheid vom 14. Februar 2012 lehnte die Beklagte den Zulassungsantrag der Klägerin mit der Begründung ab, mit keiner Wartezeit habe sie die bestehende Auswahlgrenze (Wartezeit von 12 Halbjahren) nicht erreicht. Der Härtefallantrag sei nicht anerkannt worden, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erforderlich sei. 5Die Klägerin hat unter Wiederholung ihres Vorbringens am 17. März 2012 die vorliegende Klage erhoben. 6Die Klägerin beantragt sinngemäß, 7die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 14. Februar 2014 zu verpflichten, ihr einen Studienplatz im Studienfach Zahnmedizin nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2014 zuzuweisen. 8Die Beklagte beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Sie ist der Ansicht, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Zulassung zum Studium habe, da sie einen Härtefall i.S.d. § 15 Satz 2 der Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen (VergabeVO), der eine sofortige Zulassung zum Studium erfordern würde, nicht dargelegt habe. 11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten übersandten Bewerbungsunterlagen. 12Entscheidungsgründe: 13Die Kammer entscheidet über die Klage gemäß § 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, weil sie der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind dazu gehört worden. 14Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 14. Februar 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuweisung eines Studienplatzes im Fach Zahnmedizin nach den für das Sommersemester 2014 maßgeblichen Regen und tatsächlichen Verhältnissen. 15Die Kammer hat in ihrem den Eilantrag der Klägerin betreffenden Beschluss im Verfahren 6 L 531/14 vom 29. April 2014 ausgeführt: 16„Die Antragstellerin hat nicht gemäß § 123 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht, dass ihr ein Anspruch auf Zuteilung des begehrten Studienplatzes im Studiengang Zahnmedizin nach den für das Sommersemester 2014 maßgeblichen Regeln und tatsächlichen Verhältnissen zusteht. 17Studienplätze im Studiengang Zahnmedizin werden gemäß § 1 Satz 2 der Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen durch die Stiftung für Hochschulzulassung – VergabeVO – in Verbindung mit ihrer Anlage 1 in einem zentralen Vergabeverfahren nach Maßgabe der §§ 6 ff. VergabeVO vergeben. Mit einer Durchschnittsnote ihrer Hochschulzugangsberechtigung von 2,4 und ohne Wartezeit erfüllt die Antragstellerin nicht die für sie maßgeblichen Auswahlgrenzen. Die Auswahlgrenze lag für die Auswahl in der Abiturbestenquote (§ 11 VergabeVO), in der sie sich im Übrigen nicht beworben hat, für Hochschulzugangsberechtigte aus Nordrhein-Westfalen bei einer Durchschnittsnote von 1,4. Für die Auswahl nach Wartezeit (§ 14 VergabeVO) waren mindestens zwölf Halbjahre erforderlich. 18Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf Auswahl nach Härtegesichtspunkten (§ 15 VergabeVO) glaubhaft gemacht. Die Studienplätze der Härtefallquote werden an Bewerber vergeben, für die es eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde, wenn sie keine Zulassung erhielten. Eine außergewöhnliche Härte liegt gemäß § 15 Satz 2 VergabeVO vor, wenn in der eigenen Person liegende besondere soziale oder familiäre Gründe die sofortige Aufnahme des Studiums zwingend erfordern. Da die Zulassung im Härtefallwege nach dem System des § 6 VergabeVO zwangsläufig zur Zurückweisung eines anderen, noch nicht zugelassenen Erstbewerbers führt, ist eine strenge Betrachtungsweise geboten. 19Vgl. nur OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Mai 2010 – 13 B 504/10 –, juris, und vom 2. Juli 2012 – 13 B 656/12 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 30. September 2013 ‑ 6z L 1208/13 - und vom 27. März 2013 – 6z L 313/13 –, juris; Berlin, in: Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, § 21 VergabeVO, Rdnr. 1. 20Die Härtefallregelung des § 15 VergabeVO dient zudem nicht der Kompensation von Schicksalsschlägen oder erlittenen Leids und greift daher nicht bei Überschreiten einer bestimmten objektiven oder subjektiven Leidensgrenze. Vielmehr soll sie – wie schon der Wortlaut der Vorschrift zeigt – innerhalb des notwendigerweise schematisierten Massenverfahrens der Studienzulassung einen Ausgleich für besondere Einzelfälle schaffen, in denen die Anwendung der regulären Auswahlkriterien dem Gebot der Chancengleichheit nicht gerecht wird; sie soll verhindern, dass ein Bewerber infolge gesundheitlicher, familiärer oder sonstiger sozialer Benachteiligungen sein Berufsziel nicht erreichen kann. Dementsprechend bedarf es nach der Rechtsprechung einer konkreten Darlegung, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass das Studium im Fall der Ablehnung der Zulassung nicht mehr durchgeführt bzw. beendet werden kann. 21Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2013 – 13 B 440/13 –; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 27. März 2013 – 6 L 313/13 – und vom 14. Dezember 2011 – 6z L 1223/11 –, jeweils www.nrwe.de; Berlin, in: Bahro/ Berlin,Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, Kommentar, 4. Auflage 2003, § 21 VergabeVO, Rdnr. 1 ff. 22Die Antragstellerin hat sich zur Begründung ihres Antrages inhaltlich auf die Fallgruppe D 2 („besondere familiäre oder soziale Gründe“) der auf den Internetseiten der Antragsgegnerin genannten Regelbeispiele begründeter Anträge berufen. 23Die Antragstellerin hat schon nicht plausibel gemacht, geschweige denn durch geeignete Unterlagen nachgewiesen, warum ihr aus familiären oder sozialen Umständen die Verwirklichung ihres Berufswunsches wesentlich erschwert wird, wenn sie keine sofortige Zulassung zum Studium erhält. Die Antragstellerin möchte vielmehr wegen einer zeitnahen Übernahme der Zahnarztpraxis ihres Vaters zwecks Konsolidierung der finanziellen Gesamtsituation der Familie bevorzugt werden. Finanzielle Schwierigkeiten der Eltern oder der Wunsch eines Bewerbers möglichst bald die unter finanziellen Schwierigkeiten leidenden Eltern unterstützen zu wollen, gelten schon nach den auf den Internetseiten der Antragsgegnerin genannten Beispielen zu Recht als unbegründete Anträge. So verständlich ein solcher Wunsch eines Bewerbers auch ist, wird er von der Regelung des § 15 VergabeVO nicht erfasst. § 15 VergabeVO will einem Bewerber die Möglichkeit zum vorzeitigen Studium einräumen, wenn dieser sich ansonsten seinen Berufswunsch aus sozialen oder familiären Gründen voraussichtlich in Zukunft nicht wird erfüllen können. Dafür bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte.“ 24An diesen Überlegungen, denen die Klägerin im Übrigen nicht entgegengetreten ist, ist auch für das Hauptsacheverfahren festzuhalten. 25Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 26Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. der gerichtsbescheid ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des gerichtsbescheides vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die am 17. dezember 1983 geborene klägerin erwarb im juli 2013 die hochschulzugangsberechtigung mit einer durchschnittsnote von 2,4. 3mit zulassungsantrag vom 14. januar 2014 bewarb sie sich bei der beklagten um die zulassung zum studium der zahnmedizin. dabei gab sie an, sie wünsche eine teilnahme in der wartezeitquote und am auswahlverfahren der hochschulen. zudem stellte sie einen härtefallantrag und machte das vorliegen der fallgruppe d 2 (besondere familiäre oder soziale umstände) geltend. sie begründete ihren härtefallantrag damit, dass sie zeitnah die zahnarztpraxis ihres vaters übernehmen müsse, um die schwierigen finanziellen familienverhältnisse zu konsolidieren. diesem sei wegen kritischer äußerungen vor zwölf jahren unberechtigt die kassenzahnärztliche zulassung entzogen worden. daher habe er nur eine sehr geringe rente zu erwarten und sie müsse jederzeit mit der insolvenz ihrer eltern rechnen. nachweise darüber fügte sie dem zulassungsantrag nicht bei. 4durch bescheid vom 14. februar 2012 lehnte die beklagte den zulassungsantrag der klägerin mit der begründung ab, mit keiner wartezeit habe sie die bestehende auswahlgrenze (wartezeit von 12 halbjahren) nicht erreicht. der härtefallantrag sei nicht anerkannt worden, die klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die sofortige aufnahme des studiums zwingend erforderlich sei. 5die klägerin hat unter wiederholung ihres vorbringens am 17. märz 2012 die vorliegende klage erhoben. 6die klägerin beantragt sinngemäß, 7die beklagte unter aufhebung ihres ablehnungsbescheides vom 14. februar 2014 zu verpflichten, ihr einen studienplatz im studienfach zahnmedizin nach den rechtsverhältnissen des sommersemesters 2014 zuzuweisen. 8die beklagte beantragt, 9die klage abzuweisen. 10sie ist der ansicht, dass die klägerin keinen anspruch auf zulassung zum studium habe, da sie einen härtefall i.s.d. § 15 satz 2 der verordnung über die zentrale vergabe von studienplätzen (vergabevo), der eine sofortige zulassung zum studium erfordern würde, nicht dargelegt habe. 11wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf die gerichtsakte sowie die von der beklagten übersandten bewerbungsunterlagen. 12 | 13die kammer entscheidet über die klage gemäß § 84 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid, weil sie der auffassung ist, dass die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. die beteiligten sind dazu gehört worden. 14die klage ist zulässig, aber unbegründet. der ablehnungsbescheid der beklagten vom 14. februar 2014 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. die klägerin hat keinen anspruch auf zuweisung eines studienplatzes im fach zahnmedizin nach den für das sommersemester 2014 maßgeblichen regen und tatsächlichen verhältnissen. 15die kammer hat in ihrem den eilantrag der klägerin betreffenden beschluss im verfahren 6 l 531/14 vom 29. april 2014 ausgeführt: 16„die antragstellerin hat nicht gemäß § 123 vwgo i. v. m. §§ 920 abs. 2, 294 zpo glaubhaft gemacht, dass ihr ein anspruch auf zuteilung des begehrten studienplatzes im studiengang zahnmedizin nach den für das sommersemester 2014 maßgeblichen regeln und tatsächlichen verhältnissen zusteht. 17studienplätze im studiengang zahnmedizin werden gemäß § 1 satz 2 der verordnung über die zentrale vergabe von studienplätzen durch die stiftung für hochschulzulassung – vergabevo – in verbindung mit ihrer anlage 1 in einem zentralen vergabeverfahren nach maßgabe der §§ 6 ff. vergabevo vergeben. mit einer durchschnittsnote ihrer hochschulzugangsberechtigung von 2,4 und ohne wartezeit erfüllt die antragstellerin nicht die für sie maßgeblichen auswahlgrenzen. die auswahlgrenze lag für die auswahl in der abiturbestenquote (§ 11 vergabevo), in der sie sich im übrigen nicht beworben hat, für hochschulzugangsberechtigte aus nordrhein-westfalen bei einer durchschnittsnote von 1,4. für die auswahl nach wartezeit (§ 14 vergabevo) waren mindestens zwölf halbjahre erforderlich. 18die antragstellerin hat auch keinen anspruch auf auswahl nach härtegesichtspunkten (§ 15 vergabevo) glaubhaft gemacht. die studienplätze der härtefallquote werden an bewerber vergeben, für die es eine außergewöhnliche härte bedeuten würde, wenn sie keine zulassung erhielten. eine außergewöhnliche härte liegt gemäß § 15 satz 2 vergabevo vor, wenn in der eigenen person liegende besondere soziale oder familiäre gründe die sofortige aufnahme des studiums zwingend erfordern. da die zulassung im härtefallwege nach dem system des § 6 vergabevo zwangsläufig zur zurückweisung eines anderen, noch nicht zugelassenen erstbewerbers führt, ist eine strenge betrachtungsweise geboten. 19vgl. nur ovg nrw, beschlüsse vom 17. mai 2010 – 13 b 504/10 –, juris, und vom 2. juli 2012 – 13 b 656/12 –, juris; vg gelsenkirchen, beschlüsse vom 30. september 2013 ‑ 6z l 1208/13 - und vom 27. märz 2013 – 6z l 313/13 –, juris; berlin, in: bahro/berlin, das hochschulzulassungsrecht in der bundesrepublik deutschland, 4. aufl. 2003, § 21 vergabevo, rdnr. 1. 20die härtefallregelung des § 15 vergabevo dient zudem nicht der kompensation von schicksalsschlägen oder erlittenen leids und greift daher nicht bei überschreiten einer bestimmten objektiven oder subjektiven leidensgrenze. vielmehr soll sie – wie schon der wortlaut der vorschrift zeigt – innerhalb des notwendigerweise schematisierten massenverfahrens der studienzulassung einen ausgleich für besondere einzelfälle schaffen, in denen die anwendung der regulären auswahlkriterien dem gebot der chancengleichheit nicht gerecht wird; sie soll verhindern, dass ein bewerber infolge gesundheitlicher, familiärer oder sonstiger sozialer benachteiligungen sein berufsziel nicht erreichen kann. dementsprechend bedarf es nach der rechtsprechung einer konkreten darlegung, dass eine hohe wahrscheinlichkeit besteht, dass das studium im fall der ablehnung der zulassung nicht mehr durchgeführt bzw. beendet werden kann. 21vgl. ovg nrw, beschluss vom 14. juni 2013 – 13 b 440/13 –; vg gelsenkirchen, beschlüsse vom 27. märz 2013 – 6 l 313/13 – und vom 14. dezember 2011 – 6z l 1223/11 –, jeweils www.nrwe.de; berlin, in: bahro/ berlin,das hochschulzulassungsrecht in der bundesrepublik deutschland, kommentar, 4. auflage 2003, § 21 vergabevo, rdnr. 1 ff. 22die antragstellerin hat sich zur begründung ihres antrages inhaltlich auf die fallgruppe d 2 („besondere familiäre oder soziale gründe“) der auf den internetseiten der antragsgegnerin genannten regelbeispiele begründeter anträge berufen. 23die antragstellerin hat schon nicht plausibel gemacht, geschweige denn durch geeignete unterlagen nachgewiesen, warum ihr aus familiären oder sozialen umständen die verwirklichung ihres berufswunsches wesentlich erschwert wird, wenn sie keine sofortige zulassung zum studium erhält. die antragstellerin möchte vielmehr wegen einer zeitnahen übernahme der zahnarztpraxis ihres vaters zwecks konsolidierung der finanziellen gesamtsituation der familie bevorzugt werden. finanzielle schwierigkeiten der eltern oder der wunsch eines bewerbers möglichst bald die unter finanziellen schwierigkeiten leidenden eltern unterstützen zu wollen, gelten schon nach den auf den internetseiten der antragsgegnerin genannten beispielen zu recht als unbegründete anträge. so verständlich ein solcher wunsch eines bewerbers auch ist, wird er von der regelung des § 15 vergabevo nicht erfasst. § 15 vergabevo will einem bewerber die möglichkeit zum vorzeitigen studium einräumen, wenn dieser sich ansonsten seinen berufswunsch aus sozialen oder familiären gründen voraussichtlich in zukunft nicht wird erfüllen können. dafür bestehen vorliegend keine anhaltspunkte.“ 24an diesen überlegungen, denen die klägerin im übrigen nicht entgegengetreten ist, ist auch für das hauptsacheverfahren festzuhalten. 25die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 26die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung. | Verklagte*r | 0 |
127,234 | 5 O 267/15 | 2016-01-06T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrages. 3Die Kläger schlossen als Verbraucher mit der Beklagten am 16.12.2010 einen Immobiliendarlehensvertrag, Darlehensnummer xxx, über 290.000,00 € ab (vgl. Bl. 6 ff. d. A.). Die Parteien vereinbarten einen Zinssatz in Höhe von 4,920 % p.a., eine Zinsbindung bis zum 17.11.2025 und eine Tilgung in Höhe von 1,000 % monatlich sowie eine monatliche zu zahlende Rate in Höhe von 1.430,67 €. Durch den hier streitgegenständlichen Darlehensvertrag wurden zwei ältere zwischen den Parteien bestehende Darlehensverträge ersetzt bzw. umgeschuldet und nur in Höhe von 41.370,95 € ein weiteres Darlehen gewährt (vgl. Bl. 39 d. A.). 4Unter Ziffer 14. enthält der Vertrag unter der Überschrift „Widerrufsinformationen“ einen Text zu den weiteren Überschriften „Widerrufsrecht“ und „Widerrufsfolgen“. Wegen des Inhalts wird auf die Prozessakte Bezug genommen (vgl. Bl. 10 d. A.). Die Ziffern 12. bis einschließlich 14. sind in einem schwarzen Kasten eingerahmt (vgl. Bl. 10 ff. d. A.). In dem gesamten Vertragstext sind einzelne Textpassagen mit einem Kästchen versehen, welches bei Bedarf angekreuzt werden kann und auch vereinzelt angekreuzt wurde („Ankreuzmodell“; vgl. Bl. 6 ff. d. A.). 5Mit Schreiben vom 12.05.2015 erklärten die Kläger den Widerruf des vorbezeichneten Darlehensvertrages (vgl. Bl. 13 ff. d. A.). Mit Schreiben vom 19.05.2015 wies die Beklagte den Widerruf zurück (Bl. 16 f. d. A.). Auch auf ein weiteres Schreiben des klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 18.06.2015 (Bl. 42 d. A.) verblieb die Beklagte mit Schreiben vom 30.06.2015 (Bl. 43 d. A.) bei ihrer Auffassung. 6Die Kläger sind der Ansicht, die Widerrufsbelehrung des streitgegenständlichen Darlehensvertrages sei mangelhaft, so dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe und sie daher den Darlehensvertrag noch mit Schreiben vom 12.05.2015 wirksam widerufen hätten. Die Widerrufsbelehrung sei nicht in schriftlich und drucktechnisch deutlicher Form erfolgt, da sie sich weder vom übrigen Text absetzen würde, noch von diesem räumlich getrennt sei und sich auch nicht vom übrigen Fließtext des Vertrages deutlich heraushebe. Die Hervorhebung sei gemeinsam mit den Ziffern 12. und 13. erfolgt, was nicht ausreichend sei. Auch sei der Zeilenabstand zu gering gewählt. Der Zweck der Widerrufserklärung, sicherzustellen, dass der Verbraucher die Informationen über sein Widerrufsrecht wahrnimmt und diese nicht überliest, sei durch die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung nicht erfüllt, so dass diese gegen das „Deutlichkeitsgebot“ verstoße. Aus diesem Grunde habe die Beklagte zuletzt auch selbst die Widerrufsbelehrungen abgeändert. Sie verweisen zudem auf ein Urteil des OLG München vom 21.05.2015 (Az.: 17 U 334/15). 7Sie beantragen, 8festzustellen, dass der Darlehensvertrag vom 16.12.2010 zwischen den Klägern und der Beklagten mit Darlehensnummer xxx durch die Erklärung der Kläger vom 12.05.2015 wirksam widerrufen wurde und rückabzuwickeln ist. 9Die Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Sie ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da den Klägern die Erhebung der Leistungsklage möglich und diese daher vorrangig zu erheben sei. Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung genüge den gesetzlichen Anforderungen, so dass der Widerruf der Kläger verfristet sei. Ferner sei der Widerruf der Kläger rechtsmissbräuchlich, da er aus vertragsfremden Zwecken erfolgt sei. Den Klägern ginge es lediglich um die Ersparung von Zinsen und nicht darum, sich grundsätzlich von dem Darlehensvertrag lösen zu wollen. Dies ergebe sich insbesondere auch daraus, dass der streitgegenständliche Darlehensvertrag vorher abgeschlossene Darlehensverträge ersetzt habe und die Kläger daher grundsätzlich auch an einer Vertragsbeziehung interessiert seien. Jedenfalls hätten die Kläger aufgrund des Zeitablaufs ein ihnen zustehendes Widerrufsrecht verwirkt. Sie verweist auf ein Urteil des OLG Düsseldorf vom 17.04.2015 (Az.: 17 U 127/14). 12Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14I. 15Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 161. 17Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. 18Gegenstand der Feststellungsklage ist das Bestehen eines Rechtsverhältnisses oder die Echtheit einer Urkunde. Das Bestehen eines Rechtsverhältnisses oder die Echtheit der Urkunde wird vom jeweiligen Kläger entweder behauptet (positive Feststellungsklage) oder geleugnet (negative Feststellungsklage) (vgl. MüKo ZPO/Becker – Eberhard, 4. Auflage 2013, § 256 Rn. 9). Vorliegend behaupten die Kläger das Bestehen eines Rückabwicklungsschuldverhältnisses, welches die Beklagte weiterhin leugnet. Dieses stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar. Ferner ist auch – selbst wenn eine Leistungsklage vorliegend möglich sein sollte – zu erwarten, dass die Beklagte nach Rechtskraft der Entscheidung trotz nicht vollstreckungsfähigem Feststellungstenor die Rückabwicklung vornimmt (vgl. insoweit Zöller/Greger, ZPO, 31. Auflage 2016, § 256 Rn. 8). 192. 20Der streitgegenständliche Darlehensvertrag hat sich aber nicht in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, da die Kläger selbigen mit Schreiben vom 12.05.2015 nicht mehr wirksam widerrufen konnten. Der Widerruf erfolgte erst nach Ablauf der Widerrufsfrist. Die Klage war daher als unbegründet abzuweisen. 21a) 22Die Widerrufsfrist von 14 Tagen beginnt gemäß §§ 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2, 355 Abs. 3 BGB jeweils in der Ende 2010 geltenden Fassung (nachstehend nur noch „a. F.“), wenn der Verbraucher die Pflichtangaben zum Widerrufsrecht nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB a. F., die weiteren Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i. V. m. Art 247 §§ 6 – 13 EGBGB a. F. und eine Vertragsurkunde, seinen schriftlichen Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags (§§ 355 Abs. 3 S. 2, 492 Abs. 1 BGB a. F.) vom Vertragspartner erhalten hat. Die Frist beginnt nicht vor Abschluss des Vertrages. 23b) 24Die vorgenannten Voraussetzungen zum Beginn der Widerrufsfrist waren vorliegend am 16.12.2010 erfüllt. 25aa) 26Der streitgegenständliche Vertrag wurde unstreitig am 16.12.2010 abgeschlossen. Die Kläger haben auch am gleichen Tage ein Exemplar der Vertragsurkunde erhalten. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das seitens der Kläger vorgelegte Exemplar der Vertragsurkunde von dem Mitarbeiter der P. unterschrieben wurde, ohne dass über der Unterschrift ein Datum aufgeführt wäre. Dies bedeutet – ausweislich der in Klammern vorhandenen Bemerkung -, dass die Unterschrift an dem in der Urkunde genannten Datum, dem 16.12.2010, erfolgte. Etwas Gegenteiliges wird auch von den Klägern nicht vorgetragen. 27bb) 28Ferner enthält der streitgegenständliche Vertrag sämtliche erforderlichen Angaben, so dass die Kläger ausreichend und ordnungsgemäß über das bestehende Widerrufsrecht belehrt wurden. 29So war insbesondere keine gesonderte Widerrufsbelehrung zu erteilen, sondern musste diese gemäß § 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB i. V. m. Art 247 §§ 6 Abs. 2, 9 Abs. 1 S. 3 EGBGB grundsätzlich in den Darlehensvertrag aufgenommen werden. Die Belehrung enthält auch die Angabe des Zinsbetrages, der pro Tag zu zahlen ist, sollte der Darlehensvertrag widerrufen werden (Bl. 11 d. A.), sowie Angaben zur Frist, die vorliegend zutreffend mit 14 Tagen ab Vertragsschluss angegeben und deren Beginn an den Erhalt sämtlicher Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB geknüpft wurde, und den weiteren Umständen zur Erklärung des Widerrufs, insbesondere wie und gegenüber wem selbiger zu erklären ist. 30cc) 31Die Widerrufsbelehrung genügt auch dem in Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB a. F. aufgestellten Gebot der Klarheit und Verständlichkeit. Eine deutlich hervorgehobene Form ist für die Widerrufsbelehrung ausweislich der vorbezeichneten Regelung nicht (mehr) verlangt gewesen. 32Es schadet insofern nicht, dass die Widerrufsbelehrung gemeinsam mit dem „Hinweis zur Abtretbarkeit der Darlehensforderung und zur Übertragbarkeit des Vertragsverhältnisses“ (Ziffer 12., Bl. 10 d. A.) und das „Einverständnis in die Datenübermittlung bei Abtretung der Darlehensforderung und/oder Übertragung des Kreditrisikos (im Falle von Nr. 12.1a)“ (Ziffer 13., Bl. 10 d. A.) in einem schwarzen Kasten umrahmt abgedruckt wurde. Für die Kläger als Verbraucher war aufgrund der unterschiedlichen Überschriften, welche abgesetzt und in Fettdruck aufgeführt sind, dennoch eindeutig die Widerrufsbelehrung zu erkennen und zu erlesen. 33Ein die Verständlichkeit der Widerrufsbelehrung negativ beeinflussender zu geringer Zeilenabstand ist nicht festzustellen. Auch schadet das verwendete „Ankreuzmodell“ nicht der Verständlichkeit der Widerrufserklärung. Es ist für jeden Verbraucher mit der notwendigen Klarheit festzustellen, dass nur diejenigen Passagen Geltung beanspruchen sollen, bei denen das Kreuzchen – sofern vorhanden – auch tatsächlich gesetzt wurde, und solche, bei denen das Kreuzchen – trotz Möglichkeit – nicht gesetzt wurde, keine Geltung beanspruchen sollen. Die Textpassagen, welche nur bei gesetztem Kreuzchen gelten sollen, sind zudem nochmals deutlich von den weiteren – unabhängig von einem Kreuzchen geltenden – Textpassagen abgesetzt. 34dd) 35Ergänzend wird auf die Gründe des seitens der Beklagten zur Akte gereichten Urteils des OLG Düsseldorf vom 17.04.2015, Az.: 17 U 127/14, Bezug genommen (vgl. Bl. 57 d. A.), denen sich das Gericht nach eigener Würdigung vollumfänglich anschließt. Die Beklagte hat von der Klägerin unbestritten vorgetragen, dass in dem dort zu entscheidenden Fall die vorliegend verwendete Widerrufserklärung zugrunde lag. Hierfür spricht auch, dass der in diesem Verfahren streitgegenständliche Darlehensvertrag vom 20.12.2010 datierte und damit vier Tage nach dem hier streitgegenständlichen Darlehensvertrag abgeschlossen wurde. Ferner passen auch die dortigen Beschreibungen der Widerrufsbelehrung zu der hier Streitgegenständlichen. 36Sofern die Kläger auf ein Urteil des OLG München vom 21.05.2015 (Az.: 17 U 334/15) verweisen, in dem bei einer jedenfalls hinsichtlich des Fristbeginns wohl identischen Widerrufsbelehrung selbige für nicht ausreichend erachtet wurde, weil der Fristbeginn nicht eindeutig beschrieben sei, teilt das Gericht diese Auffassung nicht. Das OLG München stellt in seiner Entscheidung maßgeblich darauf ab, dass hinsichtlich des Fristbeginns in der Widerrufsbelehrung aufgeführt sei, dieser erfolge erst, „nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages, Angabe der für die P. zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat“ (vgl. Bl. 10 d. A.). Die in Klammern aufgeführte Aufzählung sei nicht vollständig, was dazu führen würde, dass der Fristanlauf nicht eindeutig beschrieben sei. Nach hiesiger Auffassung ist der Verweis auf die maßgebliche Vorschrift unter beispielhafter Aufzählung von notwendigen Pflichtangaben ausreichend. Durch die Einleitung „z. B.“ ist ausreichend klargestellt, dass die dann folgenden Angaben nicht abschließend sind und unter der zitierten Vorschrift noch weitere aufgeführt sind. Sofern sich ein Verbraucher ernsthaft dafür interessiert, welche weiteren Angaben Pflichtangaben im Sinne des § 492 Abs. 2 BGB a. F. waren bzw. sind, ist bzw. war es ihm ohne große Mühe möglich, sich die maßgeblichen Gesetzestexte im Internet anzusehen. Darüber hinaus wäre es mit dem Gebot der Klarheit und Verständlichkeit nur schwer zu vereinbaren, wenn sämtliche weiteren Pflichtangaben im Rahmen der Widerrufsbelehrung aufgeführt wären, da diese den ohnehin schon notwendigerweise einigermaßen langen Text zur Widerrufsbelehrung nur noch weiter mit Informationen überfrachten würden, die im Grunde durch einen Verweis auf das Gesetz für jeden daran interessierten Verbraucher zu erlesen sind. 37c) 38Da die Widerrufsfrist am 16.12.2010 begann, endete sie mit Ablauf des 30.12.2010. 39II. 40Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den gesetzlichen Vorschriften der §§ 91, 709 S. 2 ZPO. 41Der Streitwert wird auf 68.000,00 € festgesetzt. | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits tragen die kläger. das urteil ist vorläufig vollstreckbar; für die beklagte gegen sicherheitsleistung in höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden betrages 1 | 2die parteien streiten um die wirksamkeit des widerrufs eines darlehensvertrages. 3die kläger schlossen als verbraucher mit der beklagten am 16.12.2010 einen immobiliendarlehensvertrag, darlehensnummer xxx, über 290.000,00 € ab (vgl. bl. 6 ff. d. a.). die parteien vereinbarten einen zinssatz in höhe von 4,920 % p.a., eine zinsbindung bis zum 17.11.2025 und eine tilgung in höhe von 1,000 % monatlich sowie eine monatliche zu zahlende rate in höhe von 1.430,67 €. durch den hier streitgegenständlichen darlehensvertrag wurden zwei ältere zwischen den parteien bestehende darlehensverträge ersetzt bzw. umgeschuldet und nur in höhe von 41.370,95 € ein weiteres darlehen gewährt (vgl. bl. 39 d. a.). 4unter ziffer 14. enthält der vertrag unter der überschrift „widerrufsinformationen“ einen text zu den weiteren überschriften „widerrufsrecht“ und „widerrufsfolgen“. wegen des inhalts wird auf die prozessakte bezug genommen (vgl. bl. 10 d. a.). die ziffern 12. bis einschließlich 14. sind in einem schwarzen kasten eingerahmt (vgl. bl. 10 ff. d. a.). in dem gesamten vertragstext sind einzelne textpassagen mit einem kästchen versehen, welches bei bedarf angekreuzt werden kann und auch vereinzelt angekreuzt wurde („ankreuzmodell“; vgl. bl. 6 ff. d. a.). 5mit schreiben vom 12.05.2015 erklärten die kläger den widerruf des vorbezeichneten darlehensvertrages (vgl. bl. 13 ff. d. a.). mit schreiben vom 19.05.2015 wies die beklagte den widerruf zurück (bl. 16 f. d. a.). auch auf ein weiteres schreiben des klägerischen prozessbevollmächtigten vom 18.06.2015 (bl. 42 d. a.) verblieb die beklagte mit schreiben vom 30.06.2015 (bl. 43 d. a.) bei ihrer auffassung. 6die kläger sind der ansicht, die widerrufsbelehrung des streitgegenständlichen darlehensvertrages sei mangelhaft, so dass die widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe und sie daher den darlehensvertrag noch mit schreiben vom 12.05.2015 wirksam widerufen hätten. die widerrufsbelehrung sei nicht in schriftlich und drucktechnisch deutlicher form erfolgt, da sie sich weder vom übrigen text absetzen würde, noch von diesem räumlich getrennt sei und sich auch nicht vom übrigen fließtext des vertrages deutlich heraushebe. die hervorhebung sei gemeinsam mit den ziffern 12. und 13. erfolgt, was nicht ausreichend sei. auch sei der zeilenabstand zu gering gewählt. der zweck der widerrufserklärung, sicherzustellen, dass der verbraucher die informationen über sein widerrufsrecht wahrnimmt und diese nicht überliest, sei durch die streitgegenständliche widerrufsbelehrung nicht erfüllt, so dass diese gegen das „deutlichkeitsgebot“ verstoße. aus diesem grunde habe die beklagte zuletzt auch selbst die widerrufsbelehrungen abgeändert. sie verweisen zudem auf ein urteil des olg münchen vom 21.05.2015 (az.: 17 u 334/15). 7sie beantragen, 8festzustellen, dass der darlehensvertrag vom 16.12.2010 zwischen den klägern und der beklagten mit darlehensnummer xxx durch die erklärung der kläger vom 12.05.2015 wirksam widerrufen wurde und rückabzuwickeln ist. 9die beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11sie ist der ansicht, die klage sei bereits unzulässig, da den klägern die erhebung der leistungsklage möglich und diese daher vorrangig zu erheben sei. die streitgegenständliche widerrufsbelehrung genüge den gesetzlichen anforderungen, so dass der widerruf der kläger verfristet sei. ferner sei der widerruf der kläger rechtsmissbräuchlich, da er aus vertragsfremden zwecken erfolgt sei. den klägern ginge es lediglich um die ersparung von zinsen und nicht darum, sich grundsätzlich von dem darlehensvertrag lösen zu wollen. dies ergebe sich insbesondere auch daraus, dass der streitgegenständliche darlehensvertrag vorher abgeschlossene darlehensverträge ersetzt habe und die kläger daher grundsätzlich auch an einer vertragsbeziehung interessiert seien. jedenfalls hätten die kläger aufgrund des zeitablaufs ein ihnen zustehendes widerrufsrecht verwirkt. sie verweist auf ein urteil des olg düsseldorf vom 17.04.2015 (az.: 17 u 127/14). 12wegen des weiteren sach- und streitstandes wird auf die prozessakte, insbesondere die wechselseitigen schriftsätze nebst anlagen, bezug genommen. 13 | 14i. 15die klage ist zulässig, aber unbegründet. 161. 17die klage ist als feststellungsklage gemäß § 256 abs. 1 zpo zulässig. 18gegenstand der feststellungsklage ist das bestehen eines rechtsverhältnisses oder die echtheit einer urkunde. das bestehen eines rechtsverhältnisses oder die echtheit der urkunde wird vom jeweiligen kläger entweder behauptet (positive feststellungsklage) oder geleugnet (negative feststellungsklage) (vgl. müko zpo/becker – eberhard, 4. auflage 2013, § 256 rn. 9). vorliegend behaupten die kläger das bestehen eines rückabwicklungsschuldverhältnisses, welches die beklagte weiterhin leugnet. dieses stellt ein feststellungsfähiges rechtsverhältnis dar. ferner ist auch – selbst wenn eine leistungsklage vorliegend möglich sein sollte – zu erwarten, dass die beklagte nach rechtskraft der entscheidung trotz nicht vollstreckungsfähigem feststellungstenor die rückabwicklung vornimmt (vgl. insoweit zöller/greger, zpo, 31. auflage 2016, § 256 rn. 8). 192. 20der streitgegenständliche darlehensvertrag hat sich aber nicht in ein rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, da die kläger selbigen mit schreiben vom 12.05.2015 nicht mehr wirksam widerrufen konnten. der widerruf erfolgte erst nach ablauf der widerrufsfrist. die klage war daher als unbegründet abzuweisen. 21a) 22die widerrufsfrist von 14 tagen beginnt gemäß §§ 495 abs. 2 s. 1 nr. 1 und nr. 2, 355 abs. 3 bgb jeweils in der ende 2010 geltenden fassung (nachstehend nur noch „a. f.“), wenn der verbraucher die pflichtangaben zum widerrufsrecht nach art. 247 § 6 abs. 2 egbgb a. f., die weiteren pflichtangaben nach § 492 abs. 2 bgb i. v. m. art 247 §§ 6 – 13 egbgb a. f. und eine vertragsurkunde, seinen schriftlichen antrag oder eine abschrift der vertragsurkunde oder des antrags (§§ 355 abs. 3 s. 2, 492 abs. 1 bgb a. f.) vom vertragspartner erhalten hat. die frist beginnt nicht vor abschluss des vertrages. 23b) 24die vorgenannten voraussetzungen zum beginn der widerrufsfrist waren vorliegend am 16.12.2010 erfüllt. 25aa) 26der streitgegenständliche vertrag wurde unstreitig am 16.12.2010 abgeschlossen. die kläger haben auch am gleichen tage ein exemplar der vertragsurkunde erhalten. dies ergibt sich bereits daraus, dass das seitens der kläger vorgelegte exemplar der vertragsurkunde von dem mitarbeiter der p. unterschrieben wurde, ohne dass über der unterschrift ein datum aufgeführt wäre. dies bedeutet – ausweislich der in klammern vorhandenen bemerkung -, dass die unterschrift an dem in der urkunde genannten datum, dem 16.12.2010, erfolgte. etwas gegenteiliges wird auch von den klägern nicht vorgetragen. 27bb) 28ferner enthält der streitgegenständliche vertrag sämtliche erforderlichen angaben, so dass die kläger ausreichend und ordnungsgemäß über das bestehende widerrufsrecht belehrt wurden. 29so war insbesondere keine gesonderte widerrufsbelehrung zu erteilen, sondern musste diese gemäß § 495 abs. 2 s. 1 nr. 1 bgb i. v. m. art 247 §§ 6 abs. 2, 9 abs. 1 s. 3 egbgb grundsätzlich in den darlehensvertrag aufgenommen werden. die belehrung enthält auch die angabe des zinsbetrages, der pro tag zu zahlen ist, sollte der darlehensvertrag widerrufen werden (bl. 11 d. a.), sowie angaben zur frist, die vorliegend zutreffend mit 14 tagen ab vertragsschluss angegeben und deren beginn an den erhalt sämtlicher pflichtangaben nach § 492 abs. 2 bgb geknüpft wurde, und den weiteren umständen zur erklärung des widerrufs, insbesondere wie und gegenüber wem selbiger zu erklären ist. 30cc) 31die widerrufsbelehrung genügt auch dem in art. 247 § 6 abs. 1 egbgb a. f. aufgestellten gebot der klarheit und verständlichkeit. eine deutlich hervorgehobene form ist für die widerrufsbelehrung ausweislich der vorbezeichneten regelung nicht (mehr) verlangt gewesen. 32es schadet insofern nicht, dass die widerrufsbelehrung gemeinsam mit dem „hinweis zur abtretbarkeit der darlehensforderung und zur übertragbarkeit des vertragsverhältnisses“ (ziffer 12., bl. 10 d. a.) und das „einverständnis in die datenübermittlung bei abtretung der darlehensforderung und/oder übertragung des kreditrisikos (im falle von nr. 12.1a)“ (ziffer 13., bl. 10 d. a.) in einem schwarzen kasten umrahmt abgedruckt wurde. für die kläger als verbraucher war aufgrund der unterschiedlichen überschriften, welche abgesetzt und in fettdruck aufgeführt sind, dennoch eindeutig die widerrufsbelehrung zu erkennen und zu erlesen. 33ein die verständlichkeit der widerrufsbelehrung negativ beeinflussender zu geringer zeilenabstand ist nicht festzustellen. auch schadet das verwendete „ankreuzmodell“ nicht der verständlichkeit der widerrufserklärung. es ist für jeden verbraucher mit der notwendigen klarheit festzustellen, dass nur diejenigen passagen geltung beanspruchen sollen, bei denen das kreuzchen – sofern vorhanden – auch tatsächlich gesetzt wurde, und solche, bei denen das kreuzchen – trotz möglichkeit – nicht gesetzt wurde, keine geltung beanspruchen sollen. die textpassagen, welche nur bei gesetztem kreuzchen gelten sollen, sind zudem nochmals deutlich von den weiteren – unabhängig von einem kreuzchen geltenden – textpassagen abgesetzt. 34dd) 35ergänzend wird auf die gründe des seitens der beklagten zur akte gereichten urteils des olg düsseldorf vom 17.04.2015, az.: 17 u 127/14, bezug genommen (vgl. bl. 57 d. a.), denen sich das gericht nach eigener würdigung vollumfänglich anschließt. die beklagte hat von der klägerin unbestritten vorgetragen, dass in dem dort zu entscheidenden fall die vorliegend verwendete widerrufserklärung zugrunde lag. hierfür spricht auch, dass der in diesem verfahren streitgegenständliche darlehensvertrag vom 20.12.2010 datierte und damit vier tage nach dem hier streitgegenständlichen darlehensvertrag abgeschlossen wurde. ferner passen auch die dortigen beschreibungen der widerrufsbelehrung zu der hier streitgegenständlichen. 36sofern die kläger auf ein urteil des olg münchen vom 21.05.2015 (az.: 17 u 334/15) verweisen, in dem bei einer jedenfalls hinsichtlich des fristbeginns wohl identischen widerrufsbelehrung selbige für nicht ausreichend erachtet wurde, weil der fristbeginn nicht eindeutig beschrieben sei, teilt das gericht diese auffassung nicht. das olg münchen stellt in seiner entscheidung maßgeblich darauf ab, dass hinsichtlich des fristbeginns in der widerrufsbelehrung aufgeführt sei, dieser erfolge erst, „nachdem der darlehensnehmer alle pflichtangaben nach § 492 abs. 2 bgb (z. b. angabe des effektiven jahreszinses, angaben zum einzuhaltenden verfahren bei der kündigung des vertrages, angabe der für die p. zuständigen aufsichtsbehörde) erhalten hat“ (vgl. bl. 10 d. a.). die in klammern aufgeführte aufzählung sei nicht vollständig, was dazu führen würde, dass der fristanlauf nicht eindeutig beschrieben sei. nach hiesiger auffassung ist der verweis auf die maßgebliche vorschrift unter beispielhafter aufzählung von notwendigen pflichtangaben ausreichend. durch die einleitung „z. b.“ ist ausreichend klargestellt, dass die dann folgenden angaben nicht abschließend sind und unter der zitierten vorschrift noch weitere aufgeführt sind. sofern sich ein verbraucher ernsthaft dafür interessiert, welche weiteren angaben pflichtangaben im sinne des § 492 abs. 2 bgb a. f. waren bzw. sind, ist bzw. war es ihm ohne große mühe möglich, sich die maßgeblichen gesetzestexte im internet anzusehen. darüber hinaus wäre es mit dem gebot der klarheit und verständlichkeit nur schwer zu vereinbaren, wenn sämtliche weiteren pflichtangaben im rahmen der widerrufsbelehrung aufgeführt wären, da diese den ohnehin schon notwendigerweise einigermaßen langen text zur widerrufsbelehrung nur noch weiter mit informationen überfrachten würden, die im grunde durch einen verweis auf das gesetz für jeden daran interessierten verbraucher zu erlesen sind. 37c) 38da die widerrufsfrist am 16.12.2010 begann, endete sie mit ablauf des 30.12.2010. 39ii. 40die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf den gesetzlichen vorschriften der §§ 91, 709 s. 2 zpo. 41der streitwert wird auf 68.000,00 € festgesetzt. | Verklagte*r | 0 |
326,434 | S 17 U 237/18 | 2020-02-04T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall. 3Die im Jahre XXXX geborene, im K beschäftigte Klägerin nahm am XX.XX.XXXX mit Arbeitskollegen zusammen an einem von der Firma C GmbH veranstalteten Firmenlauf teil, stürzte dabei und erlitt u.a. eine Fraktur des rechten Handgelenkes. 4Die Beklagte führte Ermittlungen durch zu den Modalitäten der Veranstaltung. Mit Bescheid vom 06.07.2017 erklärte die Beklagte dann, Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung könnten der Klägerin nicht gewährt werden. Zur Begründung ist ausgeführt, der Firmenlauf sei kein Betriebssport gewesen. Es habe sich auch nicht um eine Gemeinschaftsveranstaltung des K gehandelt. 5Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein, welchen sie damit begründete, dass insgesamt 80 Kollegen des K an dem Lauf teilgenommen hätten. 120 hätten sich angemeldet gehabt. Ihr Arbeitgeber habe die Veranstaltung beworben und genehmigt. Auch habe er Trikots gestellt und die Startgebühr entrichtet. Von Bedeutung sei auch, dass die Veranstaltung durch den Oberbürgermeister eröffnet worden sei und dieser betont habe, dass jeder Kollege, wenn auch nur als Zuschauer, daran teilnehmen könne. 6Mit Bescheid vom 21.02.2018 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Beklagte begründete ihre Entscheidung damit, dass es sich nicht um eine Betriebsveranstaltung gehandelt habe, weil die Befriedigung sportlicher Interessen im Vordergrund gestanden habe. Die Veranstaltung sei entsprechend auch als Deutsche Firmenlaufmeisterschaft ausgeschrieben gewesen. Eine Veranstaltung, an der im Übrigen prinzipiell jedermann habe teilnehmen können, sei im Übrigen nicht geeignet, das Gemeinschaftsgefühl der Betriebsangehörigen zu stärken. Als Betriebssport könne die Veranstaltung ebenso wenig angesehen werden. Insoweit fehle es an dem erforderlichen Tatbestandsmerkmal der Regelmäßigkeit, worunter die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine Häufigkeit von mindestens einmal im Monat verstehe. 7Hiergegen ist am 26.03.2018 beim erkennenden Gericht Klage erhoben worden. 8Die Klägerin wiederholt zur Begründung der Klage ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, alle Kriterien, welche die Rechtsprechung für die Annahme einer Betriebsveranstaltung aufgestellt habe, seien erfüllt. Maßgebend sei, dass der Personalrat die Teilnahme organisiert habe. Unerheblich sei, dass eine Fremdfirma die Veranstaltung organisiert gehabt habe. Der Veranstalter sei beliebig austauschbar. Wichtig sei hingegen der Inhalt der Veranstaltung. Insofern sei von Bedeutung, dass es nicht um den Leistungsgedanken gegangen sei, sondern um die sportliche Betätigung und damit um die Gesundheit der Mitarbeiter. Die Klägerin beantragt, 9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2018 zu verurteilen, das Ereignis vom XX.XX.XXXX als Arbeitsunfall anzuerkennen. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Die Beklagte hält ihre Entscheidung für rechtmäßig und trägt ergänzend vor, die Argumentation der Klägerin könne nicht überzeugen, nachdem insgesamt 10.000 Menschen an der Veranstaltung teilgenommen hätten und angesichts der Ausschreibung als Deutsche Firmenlaufmeisterschaft sehr wohl die Veranstaltung einen Wettkampf dargestellt habe. 13Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 16Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 06.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2018 ist nicht zu beanstanden. Zur Überzeugung der Kammer hat es sich bei dem streitbefangenen Ereignis vom XX.XX.XXXX nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt. 17Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Die Klägerin ist im vorliegenden Fall nicht als Beschäftigte i.S. des § 2 Abs. 1 N. 1 SGB VII versichert gewesen. Den hier streitbefangenen Unfall hat sie nicht bei Ausübung ihrer Beschäftigung als solcher erlitten und auch nicht bei einer Aktivität, die mit der Beschäftigung in engem rechtlichen Zusammenhang steht. Einer der Tatbestände, die in Rechtsprechung und Literatur als in engem Zusammenhang mit der Beschäftigung als solcher stehend anerkannt sind, besteht in der Durchführung von Betriebssport. Dieser Tatbestand ist im vorliegenden Fall indes im Ergebnis nicht einschlägig. Betriebssport muss Ausgleichs- und nicht Wettkampfcharakter besitzen und diesen Ausgleichszweck durch Regelmäßigkeit anstreben (vgl. Bereiter-Hahn / Mehrtens, Rz. 7.12 zu § 8 SGB VII). Hier hat es sich demgegenüber um ein nur einmal jährlich stattfindendes Ereignis gehandelt, welches zudem mindestens auch einen Wettkampf dargestellt hat. Der Umstand, dass auf dieses Ereignis von den Teilnehmern gemeinschaftlich hintrainiert worden ist, ändert an diesem Ergebnis nichts, denn das Training hat nicht regelmäßig über einen unwesentlichen Zeitraum hinausgehend stattgefunden. 18Ein weiterer Tatbestand ist die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung. Maßgebend ist dabei das arbeitgeberseitig verfolgte Ziel, mit der Veranstaltung die Betriebsgemeinschaft zu fördern (vgl. Bereiter- Hahn / Mehrtens, Rz. 7.20 zu § 8 SGB VII). Die Zurechnung zur versicherten Beschäftigung erfolgt, weil der Beschäftigte wegen seiner Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers durch seine freiwillige, aber vom Unternehmer erwünschte und erbetene Teilnahme das erklärte Unternehmensinteresse unterstützt, durch die Gemeinschaftsveranstaltung den Zusammenhalt in der Belegschaft und mit der Unternehmensführung zu fördern (vgl. BSG, Urteil v. 22.09.2009, Az.: B 2 U 27/08 R, UV-Recht Aktuell 2010, S. 275 ff.). Dieser Tatbestand ist zur Überzeugung der Kammer im vorliegenden Falle ebenso wenig erfüllt. Zwar hat der Arbeitgeber der Klägerin durch bestimmte Fördermaßnahmen, wenn auch nicht durch die Gutschrift von Arbeitszeit, die Teilnahme seiner Mitarbeiter an der streitbefangenen Veranstaltung unterstützt, es hat sich bei der Veranstaltung indes schlechterdings nicht um eine Veranstaltung des K gehandelt, sondern die Veranstaltung als Firmenlauf mit anschließendem gemütlichen Beisammensein stand auch vielen anderen Firmen und Einrichtungen und deren Mitarbeitern offen. Dabei ist es entgegen der Auffassung der Beklagten dem Grunde nach unschädlich, dass das K nicht die Organisation innehatte, sondern die Firma C GmbH, denn auch eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung kann organisatorisch ausgelagert werden. Die hier streitbefangene Veranstaltung wurde indes von der Firma C GmbH nicht allein auf die Mitarbeiter des K abzielend organisiert, sondern für eine Vielzahl anderer Firmen und Organisationen und deren Beschäftigten. Es hat sich um eine groß angelegte Veranstaltung gehandelt, die eine Anzahl von Laufteilnehmern angezogen hat, von denen die Läufer der Einrichtung der Klägerin nicht einmal 1 % ausgemacht haben. Es hat auch innerhalb dieser Großveranstaltung, etwa im Anschluss an den Lauf ersichtlich keine weitere Veranstaltung gegeben, die sich etwa allein an die Mitarbeiter des K gerichtet hätte, um spezifisch deren Zusammenhalt zu fördern. Letzteres wäre im Übrigen misslungen, nachdem bei dem Firmenlauf überhaupt nur etwa 80 von mehr als 1000 Mitarbeitern des K gestartet sind. Der Akte der Beklagten ist in diesem Zusammenhang zu entnehmen, dass der Personalrat des K nicht unerhebliche Schwierigkeiten hatte, eine repräsentative Anzahl von Beschäftigten dafür zu gewinnen, entweder als Läufer an der Veranstaltung teilzunehmen oder auch nur als Fans die Veranstaltung zu besuchen. Soweit der Vortrag der Beklagten zutrifft, dass die Gesamtveranstaltung unter dem Titel "Deutsche Firmenlaufmeisterschaft" ausgeschrieben und beworben war, würde die Kammer auch mit der Beklagten erhebliche Bedenken haben, dem Firmenlauf den Charakter eines Events zum besseren Kennenlernen und Verstehen beizumessen und nicht deutlich überwiegend den eines sportlichen Wettkampfes. Die Kammer konnte es indes dahinstehen lassen, ob dieser Vortrag der Beklagten zutrifft, denn der Tatbestand einer unfallversicherungsrechtlich geschützten Gemeinschaftsveranstaltung des K ist bereits aus genannten anderen Gründen nicht erfüllt. Geradezu abwegig erscheint der Kammer die Auffassung der Klägerin, die Meinung des Oberbürgermeisters der Stadt E, die Veranstaltung sei geeignet, Zusammengehörigkeit darzustellen und zu praktizieren, könne irgendeinen gestaltenden Einfluss auf die Rechtslage haben, Dabei ist der Kammer angesichts der vielen unterschiedlichen Organisationen, die teilgenommen haben, bereits unklar, welche Zusammengehörigkeit konkret gefördert werden sollte. Am nächstliegenden erscheint der Kammer angesichts des Charakters der Veranstaltung der Gedanke, dass eine gewisse Zusammengehörigkeit derjenigen Personen gefördert werden sollte, die sich dem Laufen verschrieben haben. Diese Gruppe stellt indes keine Beschäftigtengruppe dar, sondern eine durch ein gemeinsames Hobby verbundene Gruppe. 19Die Klage war daher abzuweisen, wobei sich die Kostenentscheidung aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes ergibt. | die klage wird abgewiesen. außergerichtliche kosten haben die beteiligten einander nicht zu erstatten. 1 | 2die beteiligten streiten um die anerkennung eines ereignisses als arbeitsunfall. 3die im jahre xxxx geborene, im k beschäftigte klägerin nahm am xx.xx.xxxx mit arbeitskollegen zusammen an einem von der firma c gmbh veranstalteten firmenlauf teil, stürzte dabei und erlitt u.a. eine fraktur des rechten handgelenkes. 4die beklagte führte ermittlungen durch zu den modalitäten der veranstaltung. mit bescheid vom 06.07.2017 erklärte die beklagte dann, leistungen der gesetzlichen unfallversicherung könnten der klägerin nicht gewährt werden. zur begründung ist ausgeführt, der firmenlauf sei kein betriebssport gewesen. es habe sich auch nicht um eine gemeinschaftsveranstaltung des k gehandelt. 5die klägerin legte hiergegen widerspruch ein, welchen sie damit begründete, dass insgesamt 80 kollegen des k an dem lauf teilgenommen hätten. 120 hätten sich angemeldet gehabt. ihr arbeitgeber habe die veranstaltung beworben und genehmigt. auch habe er trikots gestellt und die startgebühr entrichtet. von bedeutung sei auch, dass die veranstaltung durch den oberbürgermeister eröffnet worden sei und dieser betont habe, dass jeder kollege, wenn auch nur als zuschauer, daran teilnehmen könne. 6mit bescheid vom 21.02.2018 wies die beklagte den widerspruch als unbegründet zurück. die beklagte begründete ihre entscheidung damit, dass es sich nicht um eine betriebsveranstaltung gehandelt habe, weil die befriedigung sportlicher interessen im vordergrund gestanden habe. die veranstaltung sei entsprechend auch als deutsche firmenlaufmeisterschaft ausgeschrieben gewesen. eine veranstaltung, an der im übrigen prinzipiell jedermann habe teilnehmen können, sei im übrigen nicht geeignet, das gemeinschaftsgefühl der betriebsangehörigen zu stärken. als betriebssport könne die veranstaltung ebenso wenig angesehen werden. insoweit fehle es an dem erforderlichen tatbestandsmerkmal der regelmäßigkeit, worunter die rechtsprechung des bundessozialgerichts eine häufigkeit von mindestens einmal im monat verstehe. 7hiergegen ist am 26.03.2018 beim erkennenden gericht klage erhoben worden. 8die klägerin wiederholt zur begründung der klage ihr vorbringen aus dem widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, alle kriterien, welche die rechtsprechung für die annahme einer betriebsveranstaltung aufgestellt habe, seien erfüllt. maßgebend sei, dass der personalrat die teilnahme organisiert habe. unerheblich sei, dass eine fremdfirma die veranstaltung organisiert gehabt habe. der veranstalter sei beliebig austauschbar. wichtig sei hingegen der inhalt der veranstaltung. insofern sei von bedeutung, dass es nicht um den leistungsgedanken gegangen sei, sondern um die sportliche betätigung und damit um die gesundheit der mitarbeiter. die klägerin beantragt, 9die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 06.07.2017 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 21.02.2018 zu verurteilen, das ereignis vom xx.xx.xxxx als arbeitsunfall anzuerkennen. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12die beklagte hält ihre entscheidung für rechtmäßig und trägt ergänzend vor, die argumentation der klägerin könne nicht überzeugen, nachdem insgesamt 10.000 menschen an der veranstaltung teilgenommen hätten und angesichts der ausschreibung als deutsche firmenlaufmeisterschaft sehr wohl die veranstaltung einen wettkampf dargestellt habe. 13wegen weiterer einzelheiten wird auf den inhalt der schriftsätze der beteiligten und der beigezogenen verwaltungsakte der beklagten bezug genommen. 14 | 15die klage ist zulässig, aber unbegründet. 16der angefochtene bescheid der beklagten vom 06.07.2017 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 21.02.2018 ist nicht zu beanstanden. zur überzeugung der kammer hat es sich bei dem streitbefangenen ereignis vom xx.xx.xxxx nicht um einen arbeitsunfall gehandelt. 17arbeitsunfälle sind nach § 8 abs. 1 s. 1 des siebten buches des sozialgesetzbuches (sgb vii) unfälle von versicherten infolge einer den versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 sgb vii begründenden tätigkeit. die klägerin ist im vorliegenden fall nicht als beschäftigte i.s. des § 2 abs. 1 n. 1 sgb vii versichert gewesen. den hier streitbefangenen unfall hat sie nicht bei ausübung ihrer beschäftigung als solcher erlitten und auch nicht bei einer aktivität, die mit der beschäftigung in engem rechtlichen zusammenhang steht. einer der tatbestände, die in rechtsprechung und literatur als in engem zusammenhang mit der beschäftigung als solcher stehend anerkannt sind, besteht in der durchführung von betriebssport. dieser tatbestand ist im vorliegenden fall indes im ergebnis nicht einschlägig. betriebssport muss ausgleichs- und nicht wettkampfcharakter besitzen und diesen ausgleichszweck durch regelmäßigkeit anstreben (vgl. bereiter-hahn / mehrtens, rz. 7.12 zu § 8 sgb vii). hier hat es sich demgegenüber um ein nur einmal jährlich stattfindendes ereignis gehandelt, welches zudem mindestens auch einen wettkampf dargestellt hat. der umstand, dass auf dieses ereignis von den teilnehmern gemeinschaftlich hintrainiert worden ist, ändert an diesem ergebnis nichts, denn das training hat nicht regelmäßig über einen unwesentlichen zeitraum hinausgehend stattgefunden. 18ein weiterer tatbestand ist die teilnahme an einer betrieblichen gemeinschaftsveranstaltung. maßgebend ist dabei das arbeitgeberseitig verfolgte ziel, mit der veranstaltung die betriebsgemeinschaft zu fördern (vgl. bereiter- hahn / mehrtens, rz. 7.20 zu § 8 sgb vii). die zurechnung zur versicherten beschäftigung erfolgt, weil der beschäftigte wegen seiner eingliederung in die arbeitsorganisation des arbeitgebers durch seine freiwillige, aber vom unternehmer erwünschte und erbetene teilnahme das erklärte unternehmensinteresse unterstützt, durch die gemeinschaftsveranstaltung den zusammenhalt in der belegschaft und mit der unternehmensführung zu fördern (vgl. bsg, urteil v. 22.09.2009, az.: b 2 u 27/08 r, uv-recht aktuell 2010, s. 275 ff.). dieser tatbestand ist zur überzeugung der kammer im vorliegenden falle ebenso wenig erfüllt. zwar hat der arbeitgeber der klägerin durch bestimmte fördermaßnahmen, wenn auch nicht durch die gutschrift von arbeitszeit, die teilnahme seiner mitarbeiter an der streitbefangenen veranstaltung unterstützt, es hat sich bei der veranstaltung indes schlechterdings nicht um eine veranstaltung des k gehandelt, sondern die veranstaltung als firmenlauf mit anschließendem gemütlichen beisammensein stand auch vielen anderen firmen und einrichtungen und deren mitarbeitern offen. dabei ist es entgegen der auffassung der beklagten dem grunde nach unschädlich, dass das k nicht die organisation innehatte, sondern die firma c gmbh, denn auch eine betriebliche gemeinschaftsveranstaltung kann organisatorisch ausgelagert werden. die hier streitbefangene veranstaltung wurde indes von der firma c gmbh nicht allein auf die mitarbeiter des k abzielend organisiert, sondern für eine vielzahl anderer firmen und organisationen und deren beschäftigten. es hat sich um eine groß angelegte veranstaltung gehandelt, die eine anzahl von laufteilnehmern angezogen hat, von denen die läufer der einrichtung der klägerin nicht einmal 1 % ausgemacht haben. es hat auch innerhalb dieser großveranstaltung, etwa im anschluss an den lauf ersichtlich keine weitere veranstaltung gegeben, die sich etwa allein an die mitarbeiter des k gerichtet hätte, um spezifisch deren zusammenhalt zu fördern. letzteres wäre im übrigen misslungen, nachdem bei dem firmenlauf überhaupt nur etwa 80 von mehr als 1000 mitarbeitern des k gestartet sind. der akte der beklagten ist in diesem zusammenhang zu entnehmen, dass der personalrat des k nicht unerhebliche schwierigkeiten hatte, eine repräsentative anzahl von beschäftigten dafür zu gewinnen, entweder als läufer an der veranstaltung teilzunehmen oder auch nur als fans die veranstaltung zu besuchen. soweit der vortrag der beklagten zutrifft, dass die gesamtveranstaltung unter dem titel "deutsche firmenlaufmeisterschaft" ausgeschrieben und beworben war, würde die kammer auch mit der beklagten erhebliche bedenken haben, dem firmenlauf den charakter eines events zum besseren kennenlernen und verstehen beizumessen und nicht deutlich überwiegend den eines sportlichen wettkampfes. die kammer konnte es indes dahinstehen lassen, ob dieser vortrag der beklagten zutrifft, denn der tatbestand einer unfallversicherungsrechtlich geschützten gemeinschaftsveranstaltung des k ist bereits aus genannten anderen gründen nicht erfüllt. geradezu abwegig erscheint der kammer die auffassung der klägerin, die meinung des oberbürgermeisters der stadt e, die veranstaltung sei geeignet, zusammengehörigkeit darzustellen und zu praktizieren, könne irgendeinen gestaltenden einfluss auf die rechtslage haben, dabei ist der kammer angesichts der vielen unterschiedlichen organisationen, die teilgenommen haben, bereits unklar, welche zusammengehörigkeit konkret gefördert werden sollte. am nächstliegenden erscheint der kammer angesichts des charakters der veranstaltung der gedanke, dass eine gewisse zusammengehörigkeit derjenigen personen gefördert werden sollte, die sich dem laufen verschrieben haben. diese gruppe stellt indes keine beschäftigtengruppe dar, sondern eine durch ein gemeinsames hobby verbundene gruppe. 19die klage war daher abzuweisen, wobei sich die kostenentscheidung aus § 193 des sozialgerichtsgesetzes ergibt. | Verklagte*r | 0 |
341,229 | 2 K 313/21 | 2021-10-19T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist ein Kreisverband der Partei [ … ] und begehrt die Ungültigkeitserklärung der Wahl des Rates der Beklagten vom 13.09.2020 sowie die Anordnung einer Wiederholungswahl. 3Er macht im Kern einen Wahlfehler aufgrund der Zurückweisung seiner Wahlvorschläge durch den Wahlausschuss der Beklagten wegen eines von diesem angenommenen Verstoßes gegen § 17 Abs. 5 KWahlG NRW geltend. 4Am 21.07.2020 hielt der Kläger eine sogenannte Versammlung von Wahlberechtigten (Wahlberechtigtenversammlung) zur Aufstellung der Bewerber/innen der [Parteiname] zur Wahl der Vertretung der Beklagten ab. Zu dieser hatte der Kläger die in [Ort] wohnhaften Mitglieder der [Parteiname] und weitere Personen, die sich zuvor bei anderer Gelegenheit in den E-Mail-Verteiler des Klägers hatten aufnehmen lassen, mit E-Mail vom 08.07.2020 eingeladen (Bl. 18 des Verwaltungsvorgangs der Beklagten). Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob daneben auch an den Informationsständen des Klägers in [Ort] am 11.07.2020 und 18.07.2020 Einladungen zur Wahlberechtigtenversammlung vom 21.07.2020 verteilt worden sind. 5Zur Wahlberechtigtenversammlung am 21.07.2020 erschienen vier Wahlberechtigte aus dem Wahlgebiet der Beklagten, darunter zwei wahlberechtigte Mitglieder der [Parteiname]. Hinsichtlich des Ergebnisses der Wahlgänge wird auf Bl. 2 ff. des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen. 6Die Niederschrift über die Wahl wurde dem Wahlleiter der Beklagten durch den Vorsitzenden des Klägers als Vertrauensperson und Herrn [ … ] als stellvertretende Vertrauensperson am 22.07.2020 überreicht. 7Daraufhin bat die Beklagte um Erläuterung, warum die Bewerber abweichend von§ 17 Abs. 1 KWahlG NRW nicht in einer Mitglieder- oder Vertreterversammlung, sondern in einer Wahlberechtigtenversammlung aufgestellt worden seien. Die Durchführung einer Wahlberechtigtenversammlung stelle einen Sonderfall dar. Es sei hinreichend zu begründen, warum keine Mitglieder- oder Vertreterversammlung stattgefunden habe. 8Am 26.07.2020 führte der Kläger eine Nachwahl im Wege einer weiteren Wahlberechtigtenversammlung durch, zu der am 22.07.2020 ebenfalls per E-Mail in der vorbeschriebenen Weise eingeladen worden war (Bl. 72 der Gerichtsakte). Auch insofern ist streitig, ob auch an den Informationsständen des Klägers in [Ort] Einladungen verteilt worden waren. Hier erschienen ebenfalls vier Wahlberechtigte, darunter ein im Wahlgebiet der Beklagten ansässiges Parteimitglied der [Parteiname]. Hinsichtlich des Ergebnisses der Wahlgänge wird auf die Niederschrift (VV Bl. 5 ff.) verwiesen. 9Mit Schreiben vom 26.07.2020 versicherten die Vertrauenspersonen des Klägers gegenüber dem Wahlleiter der Beklagten an Eides statt, dass sie alle Parteimitglieder der [Parteiname] aus [Ort] im Mai und Juni 2020 mehrfach telefonisch angesprochen hätten. Zu keinem Zeitpunkt seien mehr als zwei Mitglieder bereit gewesen, an einer Mitgliederversammlung zur Aufstellung der Kandidaten für die Kommunalwahl teilzunehmen. Für eine Versammlung seien jedoch mindestens drei Mitglieder erforderlich. Da eine beschlussfähige Mitgliederversammlung trotz mehrmaliger Nachfragen bei den Mitgliedern aussichtslos erschienen sei, sei auf die Einladung zu einer Mitgliederversammlung verzichtet worden. Stattdessen sei bei einem Kreisparteitag am 06.07.2020 mit einer Satzungsänderung die rechtliche Voraussetzung geschaffen worden, um eine Wahlberechtigtenversammlung durchzuführen. Für die Wahlberechtigtenversammlungen am 21.07.2020 und 26.07.2020 seien auch an Einladungen an Informationsständen verteilt worden. 10Der Wahlausschuss der Beklagten wies die eingereichten Wahlvorschläge des Klägers nach Anhörung von dessen Vertrauenspersonen am 30.07.2020 einstimmig bei einer Enthaltung zurück. Im entsprechenden Beschlussvorschlag vom 28.07.2020 war ausgeführt worden, dass zwingende Voraussetzung einer als Sonderfall zulässigen Wahlberechtigtenversammlung nach § 17 Abs. 5 KWahlG NRW sei, dass Versuche, eine Mitglieder- oder Delegiertenversammlung nach Absatz 1 zustande zu bringen, ernsthaft und ggf. satzungsgemäß wiederholt unternommen worden und gescheitert seien. Man könne die Auffassung vertreten, dass erst sicher sei, ob die Wahl in einer Mitgliederversammlung gescheitert sei, wenn tatsächlich zu einer Versammlung eingeladen worden sei, dann aber zu wenige Mitglieder erschienen seien. Es lasse sich aus dem Wortlaut des Gesetzes aber nicht ableiten, dass eine Mitgliederversammlung erfolglos stattfinden müsse, bevor eine Wahlberechtigtenversammlung stattfinden könne. Der Kläger habe nach Auffassung der Verwaltung ausreichend nachgewiesen, dass er ernsthaft und über einen längeren Zeitraum bemüht gewesen sei, eine Mitgliederversammlung durchzuführen, dies aber wegen des Unwillens der Mitglieder gescheitert sei. 11Gegen die Entscheidung des Wahlausschusses der Beklagten legten die Vertrauenspersonen des Klägers unter dem 31.07.2020 Beschwerde zum Kreiswahlausschuss ein und machte sich zur Begründung die Ausführungen in der Beschlussvorlage vom 28.07.2020 zu eigen. 12Der Kreiswahlausschuss wies die Beschwerde in seiner Sitzung am 14.08.2020 ebenfalls einstimmig bei einer Enthaltung zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger hätte wiederholt zu einer Mitglieder- oder Mitgliederversammlung einladen müssen. Erst wenn mehrfache Versuche, eine Mitglieder- oder Vertreterversammlung zustande zu bringen, ernsthaft und satzungsgemäß wiederholt unternommen worden seien und durch diese aufgrund nicht oder nicht in ausreichender Anzahl anwesender Mitglieder gescheitert wären, hätte der Kläger eine Versammlung von Wahlberechtigten durchführen dürfen. Die telefonische Bereitschaftsabfrage sei nicht als Einladung zu verstehen. Dies werde dadurch belegt, dass daraufhin keine Mitglieder- oder Vertreterversammlung tatsächlich stattgefunden habe. 13Am 13.09.2020 fand die Wahl zum Rat der Beklagten statt. Das Ergebnis wurde im Amtsblatt des Kreises [Kreis] Nr. [ … ] am 28.09.2020 bekanntgemacht. 14Der Kläger legte mit Schreiben vom 12.10.2020, eingegangen bei der Beklagten am 13.10.2020, Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl ein. Zur Begründung führte er über sein bisheriges Vorbringen hinaus aus, dass das Gesetz gerade nicht darauf abstelle, dass eine Mitgliederversammlung tatsächlich stattgefunden habe, sondern dass eine solche Versammlung nicht zustande gekommen sei. Zu den Gründen für das Nichtzustandekommen verhalte sich das Gesetz nicht. 15In seiner Sitzung vom 04.02.2021 wies der Rat der Beklagten den Einspruch des Klägers - der Empfehlung des Wahlprüfungsausschusses in dessen Beschluss vom 25.01.2021 folgend - zurück und erklärte die Wahl der Vertretung der Beklagten vom 13.09.2020 für gültig. 16Der Kläger hat am 16.02.2021 Klage erhoben. Er macht geltend, dass die Wahlberechtigtenversammlungen rechtmäßig durchgeführt worden seien, sodass die Wahlvorschläge der [Parteiname] hätten zugelassen werden müssen. Das Gesetz selbst überlasse der jeweiligen Partei einen Ermessensspielraum, wie die Verfahren nach § 17 Abs. 1 und 5 KWahlG NRW ausgestaltet werden können. Insofern normiere § 17 Abs. 5 KWahlG NRW lediglich, dass für eine Wahlberechtigtenversammlung eine Versammlung nach Absatz 1 nicht zustande komme. Die Auffassung, dass die Wahl in einer Mitglieder- oder Vertreterversammlung erst gescheitert sei, wenn tatsächlich zu einer derartigen Versammlung eingeladen worden sei, zu der jedoch zu wenige Mitglieder erschienen seien, gehe über den Wortlaut des Gesetzes hinaus. Insofern müsse rein von einer tatsächlichen Unmöglichkeit einer Versammlung nach § 17 Abs. 1 KWahlG NRW ausgegangen werden. Das Gesetz normiere keine weiteren Voraussetzungen, beispielsweise, dass eine Versammlung nach § 17 Abs. 5 KWahlG NRW erst bei zweimaliger erfolgloser Einberufung einer Mitgliederversammlung möglich sei. Es müsse schon das begründete In-Aussicht-Stellen einer erfolglosen Versammlung nach Absatz 1 ausreichen. Auch im Hinblick auf eventuell laufende Fristen zur Abgabe und Prüfung der Wahlvorschläge würden zwingende Einladungen zu Versammlungen nach Absatz 1 Parteien mit regional schwachen Mitgliederzahlen systematisch schlechter stellen. Die Tatsache, dass auf der Wahlberechtigtenversammlung nur zwei Mitglieder aus [Ort] erschienen seien, zeige, dass eine vorige Mitgliederversammlung aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls nicht beschlussfähig gewesen und somit nicht zustande gekommen wäre. Die Intention des § 17 Abs. 5 KWahlG NRW sei nicht die Einschränkung der Parteien auf die Möglichkeit der Durchführung einer Wahl aufgrund einer Mitglieder- oder Vertretersammlung, sondern die Ermöglichung der Durchführung weiterer Versammlungen in Form der Wahlberechtigtenversammlung, um ordnungsgemäße Wahlvorschläge zur Kommunalwahl einreichen zu können. Insofern erweitere § 17 Abs. 5 KWahlG NRW die rechtlichen Möglichkeiten und schränke sie nicht primär auf die Versammlungsformen nach Abs. 1 ein. Diese Intention zeige sich auch im später eingeführten § 46a Absatz 5 S. 3 KWahlG NRW für die Bezirke einer kreisfreien Stadt. Hierbei würden Mitglieder-, Vertreter- und Wahlberechtigtenversammlungen gleich gestellt. Zwar seien Gemeinden eines Kreises deutlich souveräner als Bezirke einer kreisfreien Gemeinde, doch spreche dies gerade für die Intention, dass die Wahlen in kreisangehörigen Gemeinden keinen höheren Hürden unterfallen könnten, als Wahlen in einem Bezirk einer kreisfreien Gemeinde. Es sei vor diesem Hintergrund eine Neuwahl durchzuführen. Da die Wahlberechtigtenversammlung zulässig gewesen sei, hätte die [Parteiname] in [Ort] zur Kommunalwahl 2020 antreten dürfen. Dementsprechend hätte die Möglichkeit bestanden, dass sie mit einzelnen Vertretern oder einer Fraktion im dortigen Stadtrat vertreten gewesen wäre und sich demgemäß die Zusammensetzung des Stadtrates der Beklagten anders gestalten würde, als der jetzige Stadtrat zusammengesetzt sei. Diese Möglichkeit sei realistisch, da die [Parteiname] in alle anderen Gemeinderäte der kreisangehörigen zehn Gemeinden und auch in den Kreistag des Kreises [Kreis] mit Vertretern eingezogen sei. 17Der Kläger hat zunächst beantragt, 18191. die Beschlüsse der Beklagten durch den Wahlprüfungsausschuss vom 25.01.2021 (Beschlussvorlage 12/2021) sowie den Rat der Beklagten vom 04.02.2021 aufzuheben und die Kommunalwahl für die Stadt [Ort] vom 13.09.2020 für ungültig zu erklären, 20212. die Beklagte zu verpflichten, eine Wiederholungswahl gemäߧ 42 KWahlG NRW zum Stadtrat der Beklagten durchzuführen. 22Nach gerichtlichem Hinweis hat der Kläger seine Klage hinsichtlich des Antrags zu 1. mit Schriftsatz vom 02.09.2021 umgestellt bzw. nach eigenem Bekunden „präzisiert“. 23Er beantragt nunmehr, 24251. die Beklagte unter Aufhebung der Beschlüsse der Beklagten durch den Wahlprüfungsausschuss vom 25.01.2021 (Beschlussvorlage 12/2021) sowie den Rat der Beklagten vom 04.02.2021 zu verpflichten, die Kommunalwahl für die Stadt [Ort] vom 13.09.2020 für ungültig zu erklären, 26272. die Beklagte zu verpflichten, eine Wiederholungswahl gemäß § 42 KWahlG NRW zum Stadtrat der Beklagten durchzuführen. 28Die Beklagte beantragt, 29die Klage abzuweisen. 30Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass an den Informationsständen des Klägers Einladungen für die Wahlberechtigtenversammlungen verteilt worden seien. 31Die Aufstellung der Kandidaten für die Kommunalwahl sei ein sehr formales Verfahren. Die Wahlberechtigtenversammlung sei ein Sonderfall, wenn eine Mitglieder- oder Vertreterversammlung nicht zustande komme. Die Partei könne nicht einfach auswählen, welche Art von Versammlung sie durchführe. Voraussetzung für die Durchführung einer Wahlberechtigtenversammlung sei, dass zuvor ernsthaft der Versuch unternommen worden und gescheitert sei, eine Mitgliederversammlung durchzuführen. Es müsse zwar nicht tatsächlich eine Mitgliederversammlung erfolglos stattfinden, bevor eine Wahlberechtigtenversammlung durchgeführt werden dürfe. Wenn von vornherein klar sei, dass eine beschlussfähige Mitgliederversammlung trotz aller Bemühungen nicht zustande kommen werde, müsse nicht zwingend dazu eingeladen werden. Das sei hier allerdings nicht der Fall, denn grundsätzlich habe die Partei des Klägers in [Ort] genug Mitglieder, um eine beschlussfähige Mitgliederversammlung durchzuführen. Die Einladung zu einer Mitgliederversammlung sei daher nicht von vornherein aussichtslos gewesen. Es fehle der Nachweis, dass bei der tatsächlichen Einladung zu einer Mitgliederversammlung nicht die für die Beschlussfähigkeit erforderliche Anzahl von Mitgliedern erschienen wäre. Denn dass eine beschlussfähige Mitgliederversammlung nicht zustande gekommen sei, stehe erst fest, wenn die Versammlung tatsächlich durchgeführt worden sei und nicht genug Mitglieder erschienen seien. Es sei nicht auszuschließen, dass mehr als zwei Mitglieder zu einer Mitgliederversammlung erschienen wären, wenn formal eingeladen und auf die Bedeutung der Beschlussfähigkeit ausdrücklich hingewiesen worden wäre. Die Einladung zu einer Mitgliederversammlung sei dem Kläger auch ohne weiteres möglich gewesen; Hinderungsgründe seien nicht vorgetragen worden. Letztlich habe der Kläger nicht das ihm Mögliche getan, um eine Mitgliederversammlung durchzuführen. Stattdessen habe man nach telefonischen Gesprächen mit den Mitgliedern entschieden, auf die Durchführung einer Mitgliederversammlung zu verzichten und zu einer Wahlberechtigtenversammlung einzuladen. Die Mitgliederversammlung sei nur deshalb nicht zustande gekommen, weil der Kläger auf die Einladung zu einer solchen Versammlung verzichtet habe. Im Ergebnis würde das bedeuten, dass die Partei entscheide, ob sie eine Mitglieder- oder eine Wahlberechtigtenversammlung durchführe. Im Kommunalwahlgesetz sei aber eine Reihenfolge vorgesehen. Die Wahlberechtigenversammlung sei als Sonderfall nur zulässig, wenn die Mitgliederversammlung zuvor gescheitert sei. 32Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 03.09.2021 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. 33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten (ein Hefter). 34Entscheidungsgründe: 35A. Entgegen der Auffassung des Klägers war in dem Klageantrag zu 1. in seiner ursprünglich gestellten Form noch kein auf die Ungültigkeitserklärung der Wahl nach § 40 Abs. 1 b) KWahlG NRW gerichtetes Verpflichtungsbegehren i.S.d. § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO enthalten, sodass die mit klägerischem Schriftsatz vom 02.09.2021 vorgenommene „Präzisierung“ des Klagebegehrens als eine nach § 264 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 173 S. 1 VwGO zu beurteilende Klageerweiterung zu behandeln ist. 36Der mit der Klageschrift vom 16.02.2021 gestellte Antrag zu 1. auf Aufhebung der Beschlüsse der Beklagten durch den Wahlprüfungsausschuss vom 25.01.2021 (Beschlussvorlage 12/2021) sowie des Rates der Beklagten vom 04.02.2021 kann nicht nach § 88 VwGO dahingehend ausgelegt werden, dass insoweit tatsächlich ein Verpflichtungsbegehren vorliegt. Bei der Auslegung nach § 88 VwGO geht es um das, was der Kläger entschieden haben will, und nicht um das, was er nach Ansicht des Gerichts sinnvoller Weise zur Entscheidung stellen sollte. 37Vgl. Riese, in: Schoch/Schneider, VwGO, 40. EL Februar 2021, § 88, Rn. 5. 38Der Kläger hat durch seinen Prozessbevollmächtigten mit der Klage vom 16.02.2021 lediglich die Aufhebung der oben genannten Beschlüsse beantragt und damit ein Anfechtungsbegehren i.S.d. § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zur Entscheidung gestellt. Grundsätzlich braucht der mit der Klageschrift angekündigte Antrag zwar nicht rechtlich "korrekt" abgefasst zu sein. Insbesondere bei anwaltlicher Vertretung ist aber zu beachten, dass durch den angekündigten Antrag und die hierzu gegebene Begründung der Streitgegenstand festgelegt wird. 39Vgl. Riese, in: Schoch/Schneider, VwGO, 40. EL Februar 2021, § 82, Rn. 24. 40Zur Begründung verweist der Kläger vorliegend auf die Rechtswidrigkeit der von ihm angegriffenen Beschlüsse. Allein aus diesen Ausführungen lässt sich kein Verpflichtungsbegehren ersehen. 41Vgl. auch VG Gießen, Urteil vom 11.08.2020 – 4 K 3353/19.GI –, juris, Rn. 39. 42Nichts anderes folgt daraus, dass der Kläger zugleich beantragt hat, „die Kommunalwahl für die Stadt [Ort] vom 13.09.2020“ für ungültig zu erklären. Dieser Antrag ist nicht als Verpflichtungsbegehren formuliert, sondern zielt offenbar auf ein die Rechtslage unmittelbar änderndes Gestaltungsurteil mittels einer Gestaltungsklage eigener Art ab, die zwar für das Kommunalrecht anderer Bundesländer 43- vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 20.09.2001 – 1 A 15/00 –, juris, Rn. 39, m.w.N. - 44nicht jedoch für das nordrhein-westfälische Kommunalrecht anerkannt ist. 45Vgl. Schneider, in: Kallerhoff/von Lennep/Bätge/Becker/Schneider/ Schnell, Handbuch zum Kommunalwahlrecht in NRW, Praxiskommentar und Ratgeber, 2008, S. 326 (F. 5.4.2), m.w.N. 46Auch der Umstand, dass der Kläger bereits mit Klageerhebung mit seinem Antrag zu 2. die Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung einer Wiederholungswahl nach § 42 KWahlG NRW beantragt hat, führt zu keiner anderen Bewertung, weil sich dieses Begehren ausdrücklich nur auf eben dieses Element eines Wahlprüfungsbeschlusses nach § 40 Abs. 1 b) KWahlG NRW bezieht. Daraus kann indes nicht geschlossen werden, dass auch das weitere Element des Wahlprüfungsbeschlusses nach § 40 Abs. 1 b) KWahlG NRW - die Ungültigkeitserklärung in dem aus § 42 Abs. 1 KWahlG NRW ersichtlichen Umfang - implizit zum Gegenstand des Verpflichtungsbegehrens gemacht werden sollte. Denn der geltend gemachte Anspruch auf Ungültigkeitserklärung der Wahl zum Rat der Beklagten war, wie ausgeführt, schon expliziter Gegenstand der mit dem Antrag zu 1. in seiner ursprünglichen Fassung erhobenen (unstatthaften) Gestaltungsklage eigener Art. 47Die somit vorliegende Erweiterung des ursprünglichen Klagebegehrens ist nicht an den Voraussetzungen des § 91 Abs. 1 und 2 VwGO zu messen. Denn der nachträglich gestellte Antrag, einen Träger öffentlicher Gewalt zur Vornahme eines Verwaltungsakts zu verurteilen, ist jedenfalls dann keine Klageänderung (sondern nur eine nach § 264 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 173 S. 1 VwGO zu beurteilende bloße Klageerweiterung), wenn der Kläger bereits die Aufhebung des die Vornahme ablehnenden Verwaltungsakts mit der Behauptung begehrt hat, er habe einen Rechtsanspruch auf die Vornahme. 48Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.1962 – VI C 164.59 –, Buchholz 310, § 91 VwGO Nr. 1, S. 4; Bay. VGH, Beschluss vom 28.05.2008 – 11 C 08.889 –, juris, Rn. 66. 49So liegt der Fall hier. Der Kläger war erkennbar von Anfang an der Auffassung, einen Anspruch auf die Ungültigkeitserklärung der Wahl zum Rat der Beklagte zu haben, wenngleich er offenbar in Verkennung der Verwaltungsaktqualität der Ungültigkeitserklärung nach § 40 Abs. 1 b) KWahlG NRW davon auszugehen schien, dass eine solche unmittelbar durch das Gericht ausgesprochen werden könne und müsse. Daran ist das Gericht indes wegen des Gewaltenteilungsgrundsatzes (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG) gehindert; das Verwaltungsgericht kann nicht selbst den begehrten Verwaltungsakt erlassen; vielmehr kann es nur die Verpflichtung der Behörde zum Erlass des begehrten Verwaltungsakts aussprechen, wenn kein anderer als der begehrte Verwaltungsakt hätte ergehen dürfen, weil der Kläger hierauf einen Anspruch hat. 50Selbst wenn die Umstellung des Klagantrags zu 1. nicht als Klageerweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 173 S. 1 VwGO, sondern als Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO zu behandeln wäre, wäre diese gemäß § 91 Abs. 1 und 2 VwGO zulässig, weil sich die Beklagte widerspruchslos auf den geänderten Antrag eingelassen hat. 51B. Die somit auf die Ungültigkeitserklärung der Wahl zum Rat der Beklagten und die Anordnung einer Wiederholungswahl durch den Rat der Beklagten gerichtete Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 41 Abs. 1 S. 1 KWahlG NRW statthaft, da es sich bei der erstrebten Wahlprüfungsentscheidung des Rates um einen Verwaltungsakt handelt. 52Vgl. hierzu: OVG NRW, Urteil vom 21.06.2016 – 15 A 816/15 –, juris, Rn. 30 und Urteil vom 28.11.1980 – 15 A 1660/80 –, DVBl. 1981, 874; VG Aachen, Urteil vom 19.02.2015 – 4 K 1911/14 –, juris, Rn. 31; VG Münster, Urteil vom 08.04.2016 – 1 K 2515/14 –, juris, Rn. 29. 53Eine teilweise Unstatthaftigkeit der Verpflichtungsklage folgt nicht daraus, dass mit dem Klageantrag zu 1. auch die Aufhebung des Beschlusses des Wahlprüfungsausschusses vom 25.01.2021 begehrt wird, welcher jedoch im Erfolgsfall der Verpflichtungsklage unter keinem denkbaren Gesichtspunkt der Aufhebung unterläge. Es entspricht allgemeiner Übung der Verwaltungsgerichte, bei einem stattgebenden Verpflichtungsurteil zur Klarstellung neben der Verpflichtung der Behörde, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO), auch den entsprechenden ablehnenden Verwaltungsakt aufzuheben. 54Bei dem Beschluss des Wahlprüfungsausschusses vom 25.01.2021 handelt es sich jedoch mangels Außen- und Regelungswirkung nicht um einen Verwaltungsakt. Denn der Wahlprüfungsausschuss nimmt nur eine Vorprüfung der Einsprüche sowie der Gültigkeit der Wahl vor (§ 40 Abs. 1 KWahlG NRW) und macht entsprechende Beschlussvorschläge; diese haben aber nur den Charakter einer Empfehlung gegenüber dem Rat ohne Bindungswirkung. 55Vgl. Schneider, in: Kallerhoff/von Lennep/Bätge/Becker/Schneider/ Schnell, Handbuch zum Kommunalwahlrecht in NRW, Praxiskommentar und Ratgeber, 2008, S. 295, 297. (F. 5.1); Bätge, Wahlen und Abstimmungen in Nordrhein-Westfalen, Stand: Juli 2021, § 40 KWahlG NRW, Rn. 5. 56Unterliegt der Beschluss des Wahlprüfungsausschusses vom 25.01.2021 als bloßes Verwaltungsinternum hier somit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einer Aufhebung durch das Gericht, führt dies dennoch nicht dazu, dass die Klage insoweit als teilweise unzulässig abzuweisen gewesen wäre. 57Denn der Streitgegenstand einer Verpflichtungsklage ist der geltend gemachte prozessuale Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts. Nicht zum Streitgegenstand einer Verpflichtungsklage gehört hingegen die Aufhebung der ablehnenden Entscheidung. Diese ist ein unselbständiger Anfechtungsannex, der im Interesse der Rechtsklarheit bei einer stattgebenden Entscheidung mittenoriert wird. 58Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 04.08.2010 – 2 A 796/09 –, juris, Rn. 18; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.09.2012 – 9 S 2153/11 –, juris, Rn. 6; Nds. OVG, Urteil vom 24.11.2015 – 5 LB 59/15 – juris, Rn. 62; Bay. VGH, Beschluss vom 10.04.2017 – 15 ZB 16.673 –, juris, Rn. 31, m.w.N. 59Wird aber die ablehnende Entscheidung nicht Teil des Streitgegenstands der Verpflichtungsklage, ist es für die Statthaftigkeit der Klage unschädlich und führt es nicht zu ihrer (teilweisen) Abweisung als unzulässig, wenn und soweit der Kläger den Anfechtungsannex in seiner Antragsformulierung falsch bezeichnet bzw. - wie hier - irrtümlich zu weit fasst und über die ablehnende Entscheidung hinaus auf ein bloßes Verwaltungsinternum erstreckt. 60Der Kläger ist unabhängig davon, ob er durch die Ablehnung der begehrten Maßnahmen in eigenen Rechten verletzt ist, nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Denn er gehört als Gebietsverband der [Parteiname] zum Kreis der nach § 41 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 39 Abs. 1 S.1 KWahlG NRW klageberechtigten. 61Vgl. BVerwG, Urteil vom 07.03.2012 – 8 C 7.11 –, juris, Rn. 28. 62Der Gesetzgeber hat insoweit von der ihm nach § 42 Abs. 2 VwGO eingeräumten Ermächtigung Gebrauch gemacht, für die Wahlprüfungsklage - die in erster Linie die gesetzmäßige Zusammensetzung der gewählten Vertretungskörperschaft, nicht aber einen individuellen Rechtsschutz sicherstellen soll - bei der Klagebefugnis von dem Erfordernis einer individuellen Rechtsverletzung abzusehen. 63Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28.11.1980 – 15 A 1660/80 –, OVGE 35, 144; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 06.03.2007 – 4 L 138/05 –, juris, Rn. 29. 64Der Kläger hat das Einspruchsverfahren des § 39 Abs. 1 S. 1 KWahlG NRW vor der Klageerhebung frist- und formgerecht durchlaufen. Mit Beschluss vom 04.02.2021 hat der Rat der Beklagten sein Einspruchsbegehren, das auf die Feststellung eines Wahlfehlers nach § 40 Abs. 1 b) KWahlG NRW gerichtet ist, zurückgewiesen und die Ratswahl vom 13.09.2020 gemäß § 40 Abs. 1 d) KWahlG NRW für gültig erklärt. 65Dass der Kläger gegen den Beschluss des Wahlausschusses vom 30.07.2020, mit dem seine Wahlvorschläge zurückgewiesen worden sind, zuvor durch seine Vertrauenspersonen - erfolglos - Beschwerde zum Kreiswahlausschuss nach § 18 Abs. 4 KWahlG NRW eingelegt hat, steht der Zulässigkeit des Einspruchs nicht entgegen. Denn gemäß § 39 Abs. 2 S. 2 KWahlG NRW bleibt der Rechtsbehelf nach § 18 Abs. 4 KWahlG NRW vom Einspruchsrecht unberührt, d.h. ein Einspruch ist neben der Beschwerde - kumulativ - zulässig. Die Beschwerdeentscheidung ist für die Aufstellung der Bewerber zur Wahl zwar endgültig (vgl. § 18 Abs. 4 S. 8 KWahlG NRW), sie schließt die Erhebung eines Einspruchs im Wahlprüfungsverfahren jedoch nicht aus (vgl. § 18 Abs. 4 S. 9 KWahlG NRW). Daraus folgt zugleich, dass sie im Wahlprüfungsverfahren auch keine Bindungswirkung entfaltet. 66Vgl. VG Aachen, Urteil vom 06.05.2015 – 4 K 2085/14 –, juris, Rn. 32; Schneider, in: Kallerhoff/von Lennep/Bätge/Becker/Schneider/ Schnell, Handbuch zum Kommunalwahlrecht in NRW, Praxiskommentar und Ratgeber, 2008, S. 292 ff. (F. 4.3). 67Die einmonatige Klagefrist des §§ 74 Abs. 2 VwGO, 41 Abs. 1 S. 1 KWahlG NRW ist gewahrt. Dies gilt auch für den Klageantrag zu 1., obwohl dieser erst nach Ablauf der Monatsfrist im Wege der Klageerweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 173 S. 1 VwGO (oder im Wege der Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO) auf einen Verpflichtungsantrag umgestellt worden ist. 68Sowohl bei einer Klageänderung (§ 91 VwGO) als auch bei einer Klageerweiterung (§ 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO) müssen die Sachurteilsvoraussetzungen auch hinsichtlich des erweiterten Teils der Klage vorliegen und von Amts wegen geprüft werden. Dies gilt insbesondere für die Einhaltung der Klagefrist. 69Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.07.2010 – 8 B 125.09 –, juris, Rn 19, m.w.N.; zu § 91 VwGO: Riese, in: Schoch/Schneider, VwGO, 40. EL Februar 2021, § 91, Rn. 87a; zu §§ 263, 264 ZPO: Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 263 ZPO. 70Maßgeblicher Zeitpunkt für die Einhaltung der Klagefrist ist nicht derjenige der ursprünglichen Klageerhebung, sondern derjenige der Wirksamkeit der Klageänderung beziehungsweise -erweiterung. Eine rechtzeitige Klageerhebung verhindert den Eintritt der Bestandskraft des angefochtenen Verwaltungsaktes. Diese Wirkung ist auf den Klagegegenstand begrenzt. Wird die erhobene Klage später geändert, so ist entscheidend, ob die ursprünglich fristgerecht erhobene Klage den geänderten Klagegegenstand umfasst. 71Vgl. VG Gießen, Urteil vom 11.08.2020 – 4 K 3353/19.GI –, juris, Rn. 43 f., m.w.N. 72Der in dem zunächst angekündigten Antrag zu 1. enthaltene isolierte Anfechtungsantrag hat die Klagefrist vorliegend auch in Bezug auf den nunmehr an seine Stelle gesetzten Verpflichtungsantrag gewahrt. 73Denn § 74 VwGO steht einer Antragsumstellung (wie sie hier in Gestalt des Übergangs von einem ursprünglich reinen Anfechtungs- zu einem Verpflichtungsbegehren erfolgte) dann nicht entgegen, wenn die fristgerecht erhobene Klage den Eintritt der Bestandskraft des Ablehnungsbescheids verhindert hat, es sei denn, aus der ursprünglichen Beschränkung auf ein reines Aufhebungsbegehren ließe sich - was im Zweifel aber nicht der Fall ist und auch hier nicht angenommen werden kann - eindeutig entnehmen, dass ausschließlich die Ablehnung der erstrebten Begünstigung angegriffen werden sollte. 74Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 28.05.2008 – 11 C 08.889 –, jurisn, Rn. 67, m.w.N. 75Hier hat sich der Kläger auch schon mit seinem im Klageantrag zu 1. in seiner ursprünglichen Fassung enthaltenen Anfechtungsantrag gegen die ablehnende Entscheidung, nämlich den Beschluss des Rates der Beklagten vom 04.02.2021, gerichtet und durch die fristgerechte Klageerhebung die Bestandskraft der Ablehnung verhindert. 76Für dieses Ergebnis spricht auch, dass der Klageantrag nach § 82 Abs. 1 VwGO nicht zu den zwingenden Voraussetzungen einer wirksamen Klageerhebung gehört. Weiterhin würde die in § 86 Abs. 3 VwGO enthaltene Pflicht des Vorsitzenden, auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken im Zusammenhang mit der Antragsstellung in der mündlichen Verhandlung nach § 103 Abs. 3 VwGO ad absurdum geführt, wenn eine Klageänderung betreffend den Wechsel zwischen Verpflichtungs- und Anfechtungsbegehren stets nur innerhalb der Klagefrist des § 74 VwGO möglich wäre. Die Klagefrist dient regelmäßig dem unerfahrenen Rechtsuchenden als ausreichende Überlegungsfrist und als Möglichkeit, Rechtsrat einzuholen und die Klage formgerecht einzureichen. Eine gerichtliche Tätigkeit nach § 86 Abs. 3 VwGO ist in dieser Zeitspanne regelmäßig nicht mehr möglich, gerade wenn Klagen erst gegen Ende der Klagefrist anhängig gemacht werden. 77Vgl. VG Gießen, Urteil vom 11.08.2020 – 4 K 3353/19.GI –, juris, Rn. 45, m.w.N. 78Die Klage ist zu Recht gegen die Beklagte und nicht gegen deren Rat gerichtet (vgl. § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Denn es handelt sich hier nicht um ein sog. Organstreitverfahren, bei dem der Rat als entscheidendes Organ der richtige Beklagte wäre. Ein solches läge nur dann vor, wenn die Beteiligten über die sich aus dem kommunalen Verfassungsrecht ergebenden Rechte und Pflichten im Bereich kommunaler Organe streiten würden. Um einen solchen Rechtsstreit geht es hier jedoch nicht. Die Wahlprüfungsklage stellt sich vielmehr als Fortsetzung des Wahlprüfungsverfahrens dar, das dazu bestimmt ist, im öffentlichen Interesse die gesetzmäßige Zusammensetzung der Volksvertretung zu gewährleisten. 79Vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.05.2012 – 8 B 27.12 –, juris, Rn. 3 ff.; OVG NRW, Urteil vom 15.12.2011 – 15 A 876/11 –, juris, Rn. 48 ff.; VG Aachen, Urteil vom 19.02.2015 – 4 K 1911/14 –, juris, Rn. 35. 80C. Die Klage ist jedoch unbegründet. 81Dem Kläger steht kein Anspruch darauf zu, dass der Rat der Beklagten einen Wahlprüfungsbeschluss dahingehend fasst, dass die Wahl zum Rat der Beklagten vom 13.09.2021 insgesamt für ungültig erklärt und eine Wiederholungswahl für das ganze Wahlgebiet angeordnet wird. Die Zurückweisung des Einspruchs des Klägers und die Gültigkeitserklärung der Wahl im Ratsbeschluss vom 04.02.2021 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). 82Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Wahlprüfungsanspruch ist§ 40 Abs. 1 b) KWahlG NRW. Nach dieser Vorschrift ist eine Wahl für ungültig zu erklären und eine Wiederholungswahl anzuordnen, wenn festgestellt wird, dass bei der Vorbereitung der Wahl oder bei der Wahlhandlung Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind, die im jeweils vorliegenden Einzelfall auf das Wahlergebnis im Wahlbezirk oder auf die Zuteilung der Sitze aus der Reserveliste von entscheidendem Einfluss gewesen sein können. Dabei ist der Begriff der Unregelmäßigkeit (Wahlfehler) unter Berücksichtigung des Zwecks des Wahlprüfungsverfahrens, im öffentlichen Interesse die gesetzmäßige Zusammensetzung der Volksvertretung zu gewährleisten, weit zu verstehen. Er erfasst alle Umstände, die dem Schutzzweck der wahlrechtlichen Bestimmungen und Grundsätze zuwiderlaufen 83- vgl. OVG NRW, Urteile vom 15.12.2011 – 15 A 876/11 –,juris, Rn. 65, und vom 19.02.1982 – 15 A 1452/81 –, NVwZ 1983, 627 -, 84insbesondere Verstöße gegen das KWahlG NRW, die KWahlO NRW oder die allgemeinen Wahlrechtsgrundsätze des Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG. 85Vgl. VG Aachen, Urteil vom 14.07.2015 – 4 K 2104/14 –, juris, Rn. 47 ff. 86Prüfungsmaßstab für die gerichtliche Überprüfung der Wahlprüfungsentscheidung des Rates der Beklagten bilden dabei allein die vom Kläger zuvor im gemeindlichen Wahlprüfungsverfahren fristgerecht und hinreichend substantiiert vorgebrachten Einspruchsgründe. Dies beruht darauf, dass eine gerichtliche Wahlanfechtung nur auf Beanstandungen gestützt werden kann, die schon Gegenstand des vorangegangenen Einspruchsverfahrens gewesen sind. Das Wahlprüfungsgericht darf nicht von Amts wegen neue Wahlanfechtungsgründe, die nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens und der Klage gewesen sind, seiner Entscheidung zugrunde legen. 87Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15.12.2011 – 15 A 876/11 –, juris, Rn. 79, und vom 15.12.1971 – III A 35/71 –, OVGE MüLü 27, 209 ff.; VG Aachen, Urteil vom 19.02.2015 – 4 K 1911/14 –, juris, Rn. 39. 88Bei der Wahl zum Rat der Beklagten sind im Prüfungsrahmen der fristgerecht und hinreichend substantiiert vorgebrachten Einspruchsgründe keine - hier allein in Betracht zu ziehenden - Unregelmäßigkeiten bei der Vorbereitung der Wahl im Sinne von § 40 Abs. 1 b) KWahlG NRW vorgekommen. Eine Unregelmäßigkeit bei der Vorbereitung der Wahl kann insbesondere in einer zu Unrecht erfolgten Zurückweisung eines Wahlvorschlags durch den Wahlausschuss liegen (vgl. § 39 Abs. 2, § 67 Abs. 4 S. 1 KWahlG NRW). Wird nämlich ein Wahlvorschlag unter Verletzung wahlrechtlicher Vorschriften und damit zu Unrecht zurückgewiesen, führt dies in der Sache zu einer Verletzung des Grundsatzes der Gleichheit der Wahl (vgl. Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG), weil dadurch das Recht der Wahlbewerber auf chancengleiche Teilnahme an der Kommunalwahl, das auch für die Wahlvorbereitung Geltung beansprucht 89vgl. hierzu: BVerfG, Beschluss vom 17.10.1990 – 2 BvE 6,7/90 –, BVerfGE 82, 353, 90unzulässig beeinträchtigt wird. 91Vgl. VG Aachen, Urteil vom 14.07.2015 – 4 K 2104/14 –, juris, Rn. 51 ff. 92Soweit der Kläger geltend macht, der Wahlausschuss des Beklagten habe die Wahlvorschläge der [Parteiname] zu Unrecht zurückgewiesen, greift diese Rüge nicht durch. Der Beschluss des Wahlausschusses der Beklagten vom 30.07.2020, mit dem dieser die Wahlvorschläge der [Parteiname] zurückgewiesen hat, weil die Voraussetzungen für die Durchführung einer Wahlberechtigtenversammlung nach § 17 Abs. 5 KWahlG NRW nicht vorgelegen hätten, ist jedenfalls im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. 93Gemäß § 18 Abs. 3 S. 2 KWahlG NRW hat der Wahlausschuss Wahlvorschläge zurückzuweisen, wenn sie verspätet eingereicht sind, den durch dieses Gesetz oder durch die Wahlordnung aufgestellten Anforderungen nicht entsprechen oder aufgrund einer Entscheidung nach Art. 9 Abs. 2, Art. 21 Abs. 2 GG oder Art. 32 Abs. 2 der Landesverfassung NRW unzulässig sind. 94Die wahlrechtlichen Anforderungen an die Aufstellung von Wahlbewerbern durch eine Partei - wie sie hier in Rede steht - ergeben sich aus § 17 KWahlG NRW. Nach Abs. 1 der Vorschrift kann als Bewerber einer Partei in einem Wahlvorschlag nur benannt werden, wer in einer Mitglieder- oder Vertreterversammlung im Wahlgebiet hierzu gewählt worden ist. Nach Abs. 2 S. 1 sind die Bewerber und die Vertreter für die Vertreterversammlungen in geheimer Wahl zu wählen. Entsprechendes gilt für die Festlegung der Reihenfolge der Bewerber auf der Reserveliste und für die Bestimmung der Ersatzbewerber (Abs. 2 S. 2). Stimmberechtigt ist nur, wer am Tage des Zusammentritts der Versammlung im Wahlgebiet wahlberechtigt ist (Abs. 2 S. 3). Jeder stimmberechtigte Teilnehmer der Versammlung ist vorschlagsberechtigt (Abs. 2 S. 4). Den Bewerbern und Ersatzbewerbern ist Gelegenheit zu geben, sich und ihr Programm der Versammlung in angemessener Zeit vorzustellen (S. 5). Nach Abs. 6 S. 1 kann die in der Satzung der Partei oder Wählergruppe hierfür vorgesehene Stelle gegen den Beschluss einer Mitglieder- oder Vertreterversammlung Einspruch erheben. Auf einen solchen Einspruch ist die Abstimmung zu wiederholen (S. 2). Ihr Ergebnis ist endgültig (S. 3). Nach Abs. 7 regeln die Parteien und Wählergruppen das Nähere über die Wahl der Vertreter für die Vertreterversammlung, über die Einberufung und Beschlussfähigkeit der Mitglieder- oder Vertreterversammlung sowie über das Verfahren für die Wahl des Bewerbers durch ihre Satzungen. § 17 Abs. 8 KWahlG NRW enthält schließlich Vorgaben für die mit dem Wahlvorschlag einzureichenden Nachweise über die ordnungsgemäße Durchführung der Aufstellungsversammlung. 95Damit liegt die Aufgabe, im Rahmen der Wahlvorbereitung Kandidatenvorschläge für die Wahl einzureichen, in den Händen der Parteien. Die Aufstellung der Wahlkandidaten bildet die Nahtstelle zwischen den von den Parteien weitgehend autonom zu gestaltenden Angelegenheiten ihrer inneren Ordnung und dem auf die Staatsbürger bezogenen Wahlrecht. Nicht allen Maßnahmen der Parteien im Zusammenhang mit der Kandidatenaufstellung kommt daher auch wahlrechtliche Bedeutung zu. So ist grundsätzlich nur die Beachtung der in den Wahlgesetzen enthaltenen Vorschriften wahlrechtlich erheblich, nicht aber die Einhaltung der daneben nur nach der Parteisatzung für die Kandidatenaufstellung geltenden Bestimmungen. 96Vgl. zum Bundeswahlrecht BVerfG, Beschluss vom 20.10.1993 – 2 BvC 2/91 –, juris, Rn. 39 und 41. 97Aus der Funktion der wahlrechtlichen Regelungen, die personale Grundlage einer demokratischen Wahl zu schaffen, ergibt sich jedoch, dass mit der Anforderung einer "Wahl" die Einhaltung eines Kernbestandes an Verfahrensgrundsätzen gefordert ist, ohne den ein Kandidatenvorschlag schlechterdings nicht Grundlage eines demokratischen Wahlvorgangs sein kann. Hieraus folgt: Halten die Parteien bei der Wahl der Vertreterversammlung oder der Wahlkreis- und Listenkandidaten diese elementaren Regeln nicht ein, so begründet das die Gefahr der Verfälschung des demokratischen Charakters der Wahl als solcher und damit einen Wahlfehler. Ereignen sich hingegen bei der Kandidatenaufstellung der Parteien Verstöße gegen Regeln, die nach diesem Maßstab nicht elementar sind, so berührt dies die Voraussetzung einer "Wahl" nicht und scheidet daher von vornherein als Wahlfehler aus. Diese Abgrenzung entspricht der Nahtstelle zwischen parteiinternen Angelegenheiten und staatlicher Wahlvorbereitung. Sie sichert unverzichtbare Voraussetzungen für einen demokratischen Wahlvorgang, wahrt aber mit der Beschränkung auf Verstöße gegen elementare Regeln zugleich die Autonomie der Parteien, die berührt wird, wenn es darum geht, deren Verfahren bei der Kandidatenaufstellung durch staatliche Wahlorgane und im Wahlprüfungsverfahren zu kontrollieren und zu bewerten. 98Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.10.1993 – 2 BvC 2/91 –, juris Rn. 41 f. zu § 21 BWahlG; OVG NRW, Beschluss vom 15.09.2016 – 15 A 1934/15 –, juris, Rn. 10 ff.; siehe außerdem VerfGH Saarland, Urteil vom 29.09.2011 – Lv 4/11 –, juris, Rn. 90 ff.; VerfGH Sachsen, Urteil vom 25.11.2005 – Vf. 67–V– 05 –, juris, Rn. 83; Hamb. VerfG, Urteil vom 04.05.1993 – 3/92 –, juris, Rn. 126 ff.; Hess. VGH, Urteil vom 27.01.2005 – 8 UE 211/04 –, juris, Rn. 104. 99Diese grundsätzlichen Erwägungen zur Kandidatenaufstellung im Wahlverfahren sind auf das nordrhein-westfälische Kommunalwahlrecht übertragbar. 100Denn zum einen entsprechen die Anforderungen des § 17 KWahlG NRW mit dem Erfordernis einer - geheimen - Wahl der Kandidaten (Abs. 1 und 2 S. 1), mit den Regelungen über die Stimm- und Vorschlagsberechtigung (Abs. 2 S. 3 und 4), mit der Zuweisung der Regelungsbefugnis für Einsprüche gegen Beschlüsse der Mitgliederversammlung und für Einzelheiten der Einberufung und Beschlussfähigkeit der Versammlungen und das Wahlverfahren an die Parteien (Abs. 6 und 7) sowie mit den beizubringenden Nachweisen (Abs. 8) im Wesentlichen den bundesrechtlichen Anforderungen in § 21 BWahlG. Der Kommunalwahlgesetzgeber hat gerade auch mit den durch Änderungsgesetz vom 09.10.2007 (GV.NRW. S. 374) in § 17 Abs. 2 KWahlG NRW aufgenommenen Sätzen 3 und 4 der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Wahlvorschlagsberechtigung und zur Gleichbehandlung der Bewerber bei der Vorstellung Rechnung getragen und die Vorschriften für die Kandidatenaufstellung im Sinne weiter gehender Gewährleistung innerparteilicher Demokratie ergänzt. Zum anderen stellt die Kandidatenaufstellung durch die Parteien auch auf der Ebene der Kommunalwahl die Schnittstelle zwischen den von ihnen weitgehend autonom zu gestaltenden Angelegenheiten ihrer inneren Ordnung und dem auf die Staatsbürger bezogenen Wahlrecht dar. 101Vgl. VG Aachen, Urteil vom 14.07.2015 – 4 K 2104/14 –, juris, Rn. 58 - 63; im Ergebnis ebenso: OVG NRW, Beschluss vom 15.09.2016 – 15 A 1934/15 –, juris, Rn. 10 ff.; Bätge, in: Kallerhoff/von Lennep/Bätge/Becker/Schneider/Schnell, Handbuch zum Kommunalwahlrecht in NRW, Praxiskommentar und Ratgeber, 2008, S. 206 und 208 f. (B III 2.4); Bätge, Wahlen und Abstimmungen in Nordrhein-Westfalen, Stand: Juli 2021, § 17 KWahlG NRW, Rn. 1. 102Die Kandidatenaufstellung des Klägers in den Wahlberechtigtenversammlungen vom 21.07.2020 und 26.07.2020 ist unter Verstoß gegen elementare Verfahrensanforderungen an eine demokratische Kandidatenaufstellung erfolgt. 103Nach § 17 Abs. 5 S. 1 KWahlG NRW kann die Partei oder Wählergruppe ihre Bewerber in einer Versammlung von Wahlberechtigten aufstellen lassen, wenn eine Versammlung nach Absatz 1 nicht zustande kommt. Die Wahlberechtigten müssen nicht Mitglieder der Partei oder Wählergruppe sein, jedoch, wie sich aus dem Verweis auf Absatz 2 ergibt, am Tag der Wahlberechtigtenversammlung im Wahlgebiet wahlberechtigt sein 104- vgl. Tiedtke/Mörs, Kommunalwahlgesetz Nordrhein-Westfalen, 1. Auflage 2020, § 17 Nr. 9 (S. 130) -, 105also die Voraussetzungen des § 7 KWahlG NRW erfüllen und dürfen nicht nach § 8 KWahlG NRW vom Wahlrecht ausgeschlossen sein. 106Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ist unerheblich, ob die Wahlvorschläge der Partei des Klägers schon deshalb nach§ 18 Abs. 3 S. 2 KWahlG NRW zurückgewiesen werden durften, weil, wie die Beklagte meint, die tatbestandliche Voraussetzung für die Durchführung einer Wahlberechtigtenversammlung nach § 17 Abs. 5 KWahlG NRW, dass eine Versammlung nach Abs. 1 nicht zustande kommt, nicht erfüllt gewesen wäre. Unter welchen Voraussetzungen das Nichtzustandekommen einer Mitglieder- oder Vertreterversammlung nach § 17 Abs. 1 KWahlG NRW anzunehmen ist und ob diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt waren, muss hier nicht geklärt werden. 107Denn der Kläger hat jedenfalls dadurch gegen Mindestregeln einer demokratischen Kandidatenaufstellung verstoßen, dass er nicht ordnungsgemäß zu den durchgeführten Wahlberechtigtenversammlungen eingeladen hat. 108Zum Kernbestand an demokratischen Verfahrensgrundsätzen, ohne deren Einhaltung ein Wahlvorschlag nicht Grundlage eines demokratischen Wahlvorgangs sein kann, gehört nämlich, dass Parteien zu Versammlungen, auf denen Kandidaten aufgestellt werden sollen, grundsätzlich alle wahlberechtigten Parteimitglieder einzuladen haben. Eine ordnungsgemäße Einladung grundsätzlich aller wahlberechtigter Parteimitglieder im Rahmen des der Partei Möglichen und Zumutbaren ist unabdingbare Grundvoraussetzung für einen demokratischen, repräsentativen Wahlvorgang i.S.v. § 17 Abs. 1 KWahlG NRW. Andernfalls wäre insbesondere nicht sichergestellt, dass möglichst viele Parteimitglieder an der Wahl teilnehmen und sich auf diese hinreichend vorbereiten können. 109Vgl. für das nordrhein-westfälische Kommunalwahlrecht: OVG NRW, Beschluss vom 15.0.2016 – 15 A 1934/15 –, juris, Rn. 14; VG Aachen, Urteil vom 14.07.2015 – 4 K 2104/14 –, juris, Rn. 67; Bätge, in: Kallerhoff/von Lennep/Bätge/Becker/ Schneider/Schnell, Handbuch zum Kommunalwahlrecht in NRW, Praxiskommentar und Ratgeber, 2008, S. 209 (B III 2.4.1); ebenso zu § 21 Abs. 1 S. 2 BWahlG: BVerfG, Beschluss vom 20.10.1993 – 2 BvC 2/91 –, juris, Rn. 49 ff. 110Dieses Erfordernis folgt für die Kommunalwahlen in NRW (auch) unmittelbar aus den Regelungen in § 17 Abs. 2 S. 3 bis 5 KWahlG NRW. Der Gesamtinhalt dieser Regelungen wirkt darauf hin, dass jedes wahlberechtigte Parteimitglied (bzw. Mitglied der Wählergruppe) auf der untersten Stufe der Parteiorganisation die rechtliche Möglichkeit hat - jedenfalls mittelbar durch die Wahl von Vertretern -, auf die Auswahl der Wahlkandidaten Einfluss zu nehmen. Dies ist aber nur dann gewährleistet, wenn alle wahlberechtigten und damit teilnahmeberechtigten Mitglieder zu der Aufstellungsversammlung eingeladen werden. 111Vgl. VG Aachen, Urteil vom 14.07.2015 – 4 K 2104/14 –, juris, Rn. 69. 112Die vorstehenden Grundsätze sind schon deshalb auch bei einer Wahlberechtigtenversammlung nach § 17 Abs. 5 KWahlG NRW zu beachten, weil § 17 Abs. 5 S. 2 KWahlG NRW die entsprechende Geltung des Absatz 2 ausdrücklich anordnet und somit den zur Teilnahme an der Wahlberechtigtenversammlung Berechtigten dieselben Einflussmöglichkeiten auf die Auswahl der Wahlkandidaten zugesteht, wie den wahlberechtigten Mitgliedern einer Partei oder Wählergruppe bei einer Versammlung nach Absatz 1. Unabhängig davon gehören die Voraussetzungen des Absatzes 2 zum Kernbestand eines demokratischen Aufstellungsverfahrens. 113Vgl. Bätge, Wahlen und Abstimmungen in Nordrhein-Westfalen, Stand: Juli 2021, § 17 KWahlG NRW, Rn. 10. 114Demnach müssen zur Wahlberechtigtenversammlung alle Wahlberechtigten des Wahlgebiets eingeladen werden. Die Einladung hat dabei in einer Art und Weise zu erfolgen, die potentiell allen Wahlberechtigten des Wahlgebiets die Möglichkeit gibt, von ihr tatsächlich Kenntnis zu nehmen. Nur wenn potentiell allen Wahlberechtigten die Teilnahme an der Wahlberechtigtenversammlung tatsächlich offen steht, kann der Beschluss der Wahlberechtigtenversammlung den aufgestellten Kandidaten die erforderliche demokratische Legitimation verleihen. 115Dass in § 17 Abs. 5 KWahlG NRW ein solches Erfordernis nicht ausdrücklich erwähnt wird, ist unschädlich. Denn wie ausgeführt, ist ohne die ordnungsgemäße Einladung aller Wahlberechtigten ein demokratisch legitimierter Wahlakt bei der Wahlberechtigtenversammlung nicht denkbar, sodass der Ordnungsgemäßheit der Einladung eine originär wahlrechtliche Erheblichkeit zukommt. 116Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 15.09.2016 – 15 A 1934/15 –, juris, Rn. 16, zur wahlrechtlichen Beachtlichkeit der Nichteinhaltung einer ausreichenden (aber gesetzlich ebenfalls nicht explizit angeordneten) Ladungsfrist. 117Allerdings ist nicht jede unterlassene Einladung teilnahmeberechtigter Personen wahlrechtlich relevant. Eine lückenlose Einladung aller Teilnahmeberechtigten ist auch bei Anwendung zumutbarer Sorgfalt nicht möglich. Ein die Gültigkeit der Wahl berührender Verstoß gegen § 17 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 S. 3 bis 5 KWahlG NRW ist daher nur dann gegeben, wenn die Parteien oder Wählergruppen entweder den rechtlichen Gehalt dieser Vorschriften verkennen oder sie rechtlich mögliche und zumutbare organisatorische Maßnahmen unterlassen, um alle teilnahmeberechtigten Personen zu der Wahlberechtigtenversammlung einzuladen. 118Vgl. auch VG Aachen, Urteil vom 14.07.2015 – 4 K 2104/14 –, juris, Rn. 70, zu § 17 Abs. 1 KWahlG NRW, ebenso zu § 21 Abs. 1 S. 2 BWahlG: BVerfG, Beschluss vom 20.10.1993 – 2 BvC 2/91 –, juris, Rn. 49 ff. 119Tatsächliche Grenzen sind den Parteien oder Wählergruppen bei der Einladung zur Wahlberechtigtenversammlung schon dadurch gesetzt, dass sie - anders als bei ihren Mitgliedern - regelmäßig nicht über die Anschrift oder sonstige Kontaktdaten sämtlicher Wahlberechtigten verfügen und diese auch nicht beschaffen können, sodass den Parteien oder Wählergruppen eine persönliche Einladung sämtlicher Wahlberechtigter offenkundig nicht abverlangt werden kann. Dann ist aber eine öffentliche Einladung aller Wahlberechtigten zu verlangen. 120Die Form der öffentlichen Einladung zur Wahlberechtigtenversammlung hat dem Umstand Rechnung zu tragen, dass unterschiedslos alle Wahlberechtigten des Wahlgebiets, also insbesondere ungeachtet ihrer politischen Präferenzen und ihrer Haltung zur einladenden Partei oder Wählergruppe, teilnahmeberechtigt sind. Die Einladung muss deshalb zunächst so formuliert sein, dass sich alle wahlberechtigten Personen des Wahlgebietes angesprochen fühlen. 121Ferner muss durch die Art und Weise der Einladung ausgeschlossen sein, dass die Partei oder Wählergruppe die Zusammensetzung des Adressaten- und damit auch des potentiellen Teilnehmerkreises der Wahlberechtigtenversammlung willkürlich beeinflussen und etwa nur auf ihr zugeneigte Personen begrenzen kann. Die Partei oder Wählergruppe muss sich der Möglichkeit begeben, durch eine nur selektive Kundgabe der Einladung einzelne Wahlberechtigte, die ihr nicht „genehm“ sind, faktisch von der Teilnahme auszuschließen. Der gewählte Verbreitungsweg der Einladung darf deshalb nicht so ausgestaltet sein, dass die Kenntnisnahme durch den jeweiligen Wahlberechtigten im Einzelfall noch von einem zwischengeschalteten Willensakt der Partei oder Wählergruppe abhängt. Deshalb muss sich die Partei oder Wählergruppe der Einladung dergestalt entäußern und sie der Öffentlichkeit zugänglich machen, dass es ihr nicht mehr möglich ist, im Einzelfall in Ansehung der Person des jeweiligen Wahlberechtigten zu entscheiden, ob sie ihm eine Einladung ausspricht. Die Wahlberechtigtenversammlung bestünde sonst nur aus „handverlesenen“ Personen, deren Teilnahmemöglichkeit auf dem Willen der einladenden Partei oder Wählergruppe beruht. 122Die Kenntnisnahme der Wahlberechtigten von der geplanten Wahlberechtigtenversammlung darf auch nicht durch Barrieren erschwert werden, die sich aus einer möglicherweise ablehnenden Haltung gegenüber der einladenden Partei oder Wählergruppe ergeben. Die gewählte Form der Einladung muss daher das Recht der Wahlberechtigten respektieren, nicht mit der einladenden Partei oder Wählergruppe - erst Recht nicht in öffentlich wahrnehmbarer Weise - in Kontakt treten zu müssen. Der Erhalt einer Einladung darf auch nicht daran gekoppelt sein, dass der Wahlberechtigte in einen von ihm möglicherweise unerwünschten kommunikativen Prozess mit der Partei oder Wählergruppe eintritt. Das verbietet es, die Einladung ausschließlich innerhalb eines von der Partei oder Wählergruppe beherrschten Kommunikationsraums auszusprechen. Denn dann muss der Wahlberechtigte bei lebensnaher Betrachtung damit rechnen, bei dieser Gelegenheit der direkten Wahlwerbung der Partei oder Wählergruppe in einem Maße ausgesetzt zu sein, das er mit Blick auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG - anders als etwa den Einwurf von Wahlwerbung in seinen Briefkasten 123- vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15.01.1991 – 1 BvR 867/90 –, juris, Rn. 4, anders für den Fall des erkennbar entgegenstehenden Willen des Adressaten BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 01.08.2002 – 2 BvR 2135/01 –, juris, Rn. 8 -, 124nicht hinnehmen muss. 125Zweckmäßig und regelmäßig ausreichend dürfte es vor diesem Hintergrund sein, wenn sich die Einladungsform an der für die Gebietskörperschaft vorgeschriebenen Form für eine öffentliche Bekanntmachung – hier: das Amtsblatt für den Kreis [Kreis] – orientiert. Ein solches Amtsblatt kann gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 der Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht vom 26.08.1999 (GV. NRW 1999, 516) i.d.F. der Änderung vom 29.04.2003 (GV. NRW 2003, 254) neben öffentlichen Bekanntmachungen und sonstigen amtlichen Mitteilungen (amtlicher Teil) einen örtlichen Nachrichten- und Veranstaltungsteil (nichtamtlicher Teil) enthalten. Da die Durchführung der Einladung zur Wahlberechtigtenversammlung i.S.v. § 17 Abs. 5 KWahlG NRW der Partei oder Wählergruppe und nicht der Gebietskörperschaft obliegt, ist deren Veröffentlichung im nichtamtlichen Teil des Bekanntmachungsorgans geboten. Alternativ oder ergänzend dürfte eine Veröffentlichung in elektronischen oder Printmedien, etwa in der Tageszeitung, zu den rechtlich möglichen und zumutbaren organisatorischen Maßnahmen gehören. 126Von diesen Möglichkeiten hat der Kläger keinen Gebrauch gemacht. Die von ihm stattdessen gewählte Form der Einladung wird den oben genannten Anforderungen indes nicht gerecht. Die per E-Mail versandten Einladungen sind bereits deshalb unzureichend, weil sie nur an einen kleinen, von dem Kläger bestimmten Adressatenkreis gerichtet waren, der sich zudem - neben den Parteimitgliedern aus [Ort] - jedenfalls weit überwiegend aus Anhängern der [Parteiname] zusammengesetzt haben dürfte. Denn bei realistischer Betrachtung ist anzunehmen, dass sich nur oder jedenfalls überwiegend solche Personen in den E-Mail-Verteiler einer Partei oder Wählergruppe aufnehmen lassen, die dieser Partei oder Wählergruppe nahestehen. 127Dass der Kläger an seinen Informationsständen Einladungen in Papierform verteilt hat, kann als wahr unterstellt werden, genügt den dargestellten Anforderungen aber ebenfalls nicht. Zwar dürften sich durch den Wortlaut dieser Einladungen alle Wahlberechtigten angesprochen fühlen (GA Bl. 72 und 74). Doch lag es bei dieser Form der Einladung entgegen den obigen Anforderungen letzten Endes in der Entscheidungsmacht des Klägers, wem eine Einladung ausgehändigt wurde. Es spricht außerdem vieles dafür, dass regelmäßig nur solche wahlberechtigte Bürger an den Informationsstand einer Partei oder Wählergruppe herantreten, die ihr zustimmend oder offen gegenüberstehen, wohingegen ihr gegenüber ablehnend eingestellte (aber gleichwohl teilnahmeberechtigte) Wahlberechtigte den Informationsstand - abgesehen von Fällen der gesuchten konfrontativen Auseinandersetzung - überwiegend meiden dürften. Der durchschnittliche, kommunalpolitisch interessierte, wahlberechtigte Bürger muss auch nicht damit rechnen, an Informationsständen von Parteien oder Wählergruppen über eine geplante Wahlberechtigtenversammlung unterrichtet zu werden, sodass er auch nicht allein aus diesem Grund an den Informationsstand herantreten wird. Damit hat aber schon der von dem Kläger gewählte Verbreitungsweg einen Selektionseffekt hinsichtlich des mit den Einladungen erreichten Adressatenkreises. 128Außerdem verlangt die Kenntnisnahme von der Einladung hier die für andere wahrnehmbare Kontaktaufnahme mit der Partei durch das Herantreten an den Informationsstand, die dem Wahlberechtigten nach den obigen Ausführungen nicht zuzumuten ist. Es ist zudem bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen, dass Wahlberechtigten an Informationsständen nicht unmittelbar und kommentarlos Einladungen zu einer etwaigen Wahlberechtigtenversammlung ausgehändigt werden, sondern vielmehr - dem Zweck solcher Informationsstände entsprechend - versucht wird, diese in ein Gespräch zu verwickeln und von dem politischen Programm der Partei bzw. Wählergruppe zu überzeugen. Die „Gegenleistung“ für die Einladung ist in diesem Fall daher, dass sich der Wahlberechtigte der Wahlwerbung für die jeweilige Partei bzw. Wählergruppe aussetzen muss. 129Der Hinweis des Klägers in der mündlichen Verhandlung, es sei auf Facebook auf die Kandidatensuche und die Informationsstände, an denen es weitere Informationen gebe, hingewiesen worden, führt zu keiner anderen Bewertung. Denn damit werden die Wahlberechtigten gerade noch nicht über eine geplante Wahlberechtigtenversammlung unterrichtet. Ebenso wenig stellt die Bitte des Klägers an die von ihm nominierten Kandidaten, die Einladung zu verbreiten, eine ausreichende Form der öffentlichen Einladung aller Wahlberechtigten dar, weil es dabei vom Willen des jeweiligen Kandidaten abhängt, wem er eine Einladung ausspricht. 130Nur ergänzend sei noch angemerkt, dass die Verteilung von Einladungen an Informationsständen an einigen wenigen Tagen auch wegen der begrenzten Reichweite dieses Verbreitungsweges ein ausreichendes Bemühen um die Einladung möglichst aller Wahlberechtigten zweifelhaft erscheinen lässt. Dies gilt vor allem deshalb, weil beispielweise wahlberechtigte Personen, die aufgrund körperlicher Gebrechen nicht mobil sind und deshalb die Informationsstände des Klägers nicht aufsuchen konnten, von der Kenntnisnahme der Einladung praktisch ausgeschlossen waren. 131Nach alledem besteht auch der geltend gemachte Anspruch auf die Anordnung einer Wiederholungswahl nach § 42 Abs. 1 KWahlG NRW nicht. 132D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708, 711 Nr. 11 ZPO. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der kläger ist ein kreisverband der partei [ … ] und begehrt die ungültigkeitserklärung der wahl des rates der beklagten vom 13.09.2020 sowie die anordnung einer wiederholungswahl. 3er macht im kern einen wahlfehler aufgrund der zurückweisung seiner wahlvorschläge durch den wahlausschuss der beklagten wegen eines von diesem angenommenen verstoßes gegen § 17 abs. 5 kwahlg nrw geltend. 4am 21.07.2020 hielt der kläger eine sogenannte versammlung von wahlberechtigten (wahlberechtigtenversammlung) zur aufstellung der bewerber/innen der [parteiname] zur wahl der vertretung der beklagten ab. zu dieser hatte der kläger die in [ort] wohnhaften mitglieder der [parteiname] und weitere personen, die sich zuvor bei anderer gelegenheit in den e-mail-verteiler des klägers hatten aufnehmen lassen, mit e-mail vom 08.07.2020 eingeladen (bl. 18 des verwaltungsvorgangs der beklagten). zwischen den beteiligten ist streitig, ob daneben auch an den informationsständen des klägers in [ort] am 11.07.2020 und 18.07.2020 einladungen zur wahlberechtigtenversammlung vom 21.07.2020 verteilt worden sind. 5zur wahlberechtigtenversammlung am 21.07.2020 erschienen vier wahlberechtigte aus dem wahlgebiet der beklagten, darunter zwei wahlberechtigte mitglieder der [parteiname]. hinsichtlich des ergebnisses der wahlgänge wird auf bl. 2 ff. des verwaltungsvorgangs der beklagten verwiesen. 6die niederschrift über die wahl wurde dem wahlleiter der beklagten durch den vorsitzenden des klägers als vertrauensperson und herrn [ … ] als stellvertretende vertrauensperson am 22.07.2020 überreicht. 7daraufhin bat die beklagte um erläuterung, warum die bewerber abweichend von§ 17 abs. 1 kwahlg nrw nicht in einer mitglieder- oder vertreterversammlung, sondern in einer wahlberechtigtenversammlung aufgestellt worden seien. die durchführung einer wahlberechtigtenversammlung stelle einen sonderfall dar. es sei hinreichend zu begründen, warum keine mitglieder- oder vertreterversammlung stattgefunden habe. 8am 26.07.2020 führte der kläger eine nachwahl im wege einer weiteren wahlberechtigtenversammlung durch, zu der am 22.07.2020 ebenfalls per e-mail in der vorbeschriebenen weise eingeladen worden war (bl. 72 der gerichtsakte). auch insofern ist streitig, ob auch an den informationsständen des klägers in [ort] einladungen verteilt worden waren. hier erschienen ebenfalls vier wahlberechtigte, darunter ein im wahlgebiet der beklagten ansässiges parteimitglied der [parteiname]. hinsichtlich des ergebnisses der wahlgänge wird auf die niederschrift (vv bl. 5 ff.) verwiesen. 9mit schreiben vom 26.07.2020 versicherten die vertrauenspersonen des klägers gegenüber dem wahlleiter der beklagten an eides statt, dass sie alle parteimitglieder der [parteiname] aus [ort] im mai und juni 2020 mehrfach telefonisch angesprochen hätten. zu keinem zeitpunkt seien mehr als zwei mitglieder bereit gewesen, an einer mitgliederversammlung zur aufstellung der kandidaten für die kommunalwahl teilzunehmen. für eine versammlung seien jedoch mindestens drei mitglieder erforderlich. da eine beschlussfähige mitgliederversammlung trotz mehrmaliger nachfragen bei den mitgliedern aussichtslos erschienen sei, sei auf die einladung zu einer mitgliederversammlung verzichtet worden. stattdessen sei bei einem kreisparteitag am 06.07.2020 mit einer satzungsänderung die rechtliche voraussetzung geschaffen worden, um eine wahlberechtigtenversammlung durchzuführen. für die wahlberechtigtenversammlungen am 21.07.2020 und 26.07.2020 seien auch an einladungen an informationsständen verteilt worden. 10der wahlausschuss der beklagten wies die eingereichten wahlvorschläge des klägers nach anhörung von dessen vertrauenspersonen am 30.07.2020 einstimmig bei einer enthaltung zurück. im entsprechenden beschlussvorschlag vom 28.07.2020 war ausgeführt worden, dass zwingende voraussetzung einer als sonderfall zulässigen wahlberechtigtenversammlung nach § 17 abs. 5 kwahlg nrw sei, dass versuche, eine mitglieder- oder delegiertenversammlung nach absatz 1 zustande zu bringen, ernsthaft und ggf. satzungsgemäß wiederholt unternommen worden und gescheitert seien. man könne die auffassung vertreten, dass erst sicher sei, ob die wahl in einer mitgliederversammlung gescheitert sei, wenn tatsächlich zu einer versammlung eingeladen worden sei, dann aber zu wenige mitglieder erschienen seien. es lasse sich aus dem wortlaut des gesetzes aber nicht ableiten, dass eine mitgliederversammlung erfolglos stattfinden müsse, bevor eine wahlberechtigtenversammlung stattfinden könne. der kläger habe nach auffassung der verwaltung ausreichend nachgewiesen, dass er ernsthaft und über einen längeren zeitraum bemüht gewesen sei, eine mitgliederversammlung durchzuführen, dies aber wegen des unwillens der mitglieder gescheitert sei. 11gegen die entscheidung des wahlausschusses der beklagten legten die vertrauenspersonen des klägers unter dem 31.07.2020 beschwerde zum kreiswahlausschuss ein und machte sich zur begründung die ausführungen in der beschlussvorlage vom 28.07.2020 zu eigen. 12der kreiswahlausschuss wies die beschwerde in seiner sitzung am 14.08.2020 ebenfalls einstimmig bei einer enthaltung zurück. zur begründung wurde ausgeführt, der kläger hätte wiederholt zu einer mitglieder- oder mitgliederversammlung einladen müssen. erst wenn mehrfache versuche, eine mitglieder- oder vertreterversammlung zustande zu bringen, ernsthaft und satzungsgemäß wiederholt unternommen worden seien und durch diese aufgrund nicht oder nicht in ausreichender anzahl anwesender mitglieder gescheitert wären, hätte der kläger eine versammlung von wahlberechtigten durchführen dürfen. die telefonische bereitschaftsabfrage sei nicht als einladung zu verstehen. dies werde dadurch belegt, dass daraufhin keine mitglieder- oder vertreterversammlung tatsächlich stattgefunden habe. 13am 13.09.2020 fand die wahl zum rat der beklagten statt. das ergebnis wurde im amtsblatt des kreises [kreis] nr. [ … ] am 28.09.2020 bekanntgemacht. 14der kläger legte mit schreiben vom 12.10.2020, eingegangen bei der beklagten am 13.10.2020, einspruch gegen die gültigkeit der wahl ein. zur begründung führte er über sein bisheriges vorbringen hinaus aus, dass das gesetz gerade nicht darauf abstelle, dass eine mitgliederversammlung tatsächlich stattgefunden habe, sondern dass eine solche versammlung nicht zustande gekommen sei. zu den gründen für das nichtzustandekommen verhalte sich das gesetz nicht. 15in seiner sitzung vom 04.02.2021 wies der rat der beklagten den einspruch des klägers - der empfehlung des wahlprüfungsausschusses in dessen beschluss vom 25.01.2021 folgend - zurück und erklärte die wahl der vertretung der beklagten vom 13.09.2020 für gültig. 16der kläger hat am 16.02.2021 klage erhoben. er macht geltend, dass die wahlberechtigtenversammlungen rechtmäßig durchgeführt worden seien, sodass die wahlvorschläge der [parteiname] hätten zugelassen werden müssen. das gesetz selbst überlasse der jeweiligen partei einen ermessensspielraum, wie die verfahren nach § 17 abs. 1 und 5 kwahlg nrw ausgestaltet werden können. insofern normiere § 17 abs. 5 kwahlg nrw lediglich, dass für eine wahlberechtigtenversammlung eine versammlung nach absatz 1 nicht zustande komme. die auffassung, dass die wahl in einer mitglieder- oder vertreterversammlung erst gescheitert sei, wenn tatsächlich zu einer derartigen versammlung eingeladen worden sei, zu der jedoch zu wenige mitglieder erschienen seien, gehe über den wortlaut des gesetzes hinaus. insofern müsse rein von einer tatsächlichen unmöglichkeit einer versammlung nach § 17 abs. 1 kwahlg nrw ausgegangen werden. das gesetz normiere keine weiteren voraussetzungen, beispielsweise, dass eine versammlung nach § 17 abs. 5 kwahlg nrw erst bei zweimaliger erfolgloser einberufung einer mitgliederversammlung möglich sei. es müsse schon das begründete in-aussicht-stellen einer erfolglosen versammlung nach absatz 1 ausreichen. auch im hinblick auf eventuell laufende fristen zur abgabe und prüfung der wahlvorschläge würden zwingende einladungen zu versammlungen nach absatz 1 parteien mit regional schwachen mitgliederzahlen systematisch schlechter stellen. die tatsache, dass auf der wahlberechtigtenversammlung nur zwei mitglieder aus [ort] erschienen seien, zeige, dass eine vorige mitgliederversammlung aller wahrscheinlichkeit nach ebenfalls nicht beschlussfähig gewesen und somit nicht zustande gekommen wäre. die intention des § 17 abs. 5 kwahlg nrw sei nicht die einschränkung der parteien auf die möglichkeit der durchführung einer wahl aufgrund einer mitglieder- oder vertretersammlung, sondern die ermöglichung der durchführung weiterer versammlungen in form der wahlberechtigtenversammlung, um ordnungsgemäße wahlvorschläge zur kommunalwahl einreichen zu können. insofern erweitere § 17 abs. 5 kwahlg nrw die rechtlichen möglichkeiten und schränke sie nicht primär auf die versammlungsformen nach abs. 1 ein. diese intention zeige sich auch im später eingeführten § 46a absatz 5 s. 3 kwahlg nrw für die bezirke einer kreisfreien stadt. hierbei würden mitglieder-, vertreter- und wahlberechtigtenversammlungen gleich gestellt. zwar seien gemeinden eines kreises deutlich souveräner als bezirke einer kreisfreien gemeinde, doch spreche dies gerade für die intention, dass die wahlen in kreisangehörigen gemeinden keinen höheren hürden unterfallen könnten, als wahlen in einem bezirk einer kreisfreien gemeinde. es sei vor diesem hintergrund eine neuwahl durchzuführen. da die wahlberechtigtenversammlung zulässig gewesen sei, hätte die [parteiname] in [ort] zur kommunalwahl 2020 antreten dürfen. dementsprechend hätte die möglichkeit bestanden, dass sie mit einzelnen vertretern oder einer fraktion im dortigen stadtrat vertreten gewesen wäre und sich demgemäß die zusammensetzung des stadtrates der beklagten anders gestalten würde, als der jetzige stadtrat zusammengesetzt sei. diese möglichkeit sei realistisch, da die [parteiname] in alle anderen gemeinderäte der kreisangehörigen zehn gemeinden und auch in den kreistag des kreises [kreis] mit vertretern eingezogen sei. 17der kläger hat zunächst beantragt, 18191. die beschlüsse der beklagten durch den wahlprüfungsausschuss vom 25.01.2021 (beschlussvorlage 12/2021) sowie den rat der beklagten vom 04.02.2021 aufzuheben und die kommunalwahl für die stadt [ort] vom 13.09.2020 für ungültig zu erklären, 20212. die beklagte zu verpflichten, eine wiederholungswahl gemäߧ 42 kwahlg nrw zum stadtrat der beklagten durchzuführen. 22nach gerichtlichem hinweis hat der kläger seine klage hinsichtlich des antrags zu 1. mit schriftsatz vom 02.09.2021 umgestellt bzw. nach eigenem bekunden „präzisiert“. 23er beantragt nunmehr, 24251. die beklagte unter aufhebung der beschlüsse der beklagten durch den wahlprüfungsausschuss vom 25.01.2021 (beschlussvorlage 12/2021) sowie den rat der beklagten vom 04.02.2021 zu verpflichten, die kommunalwahl für die stadt [ort] vom 13.09.2020 für ungültig zu erklären, 26272. die beklagte zu verpflichten, eine wiederholungswahl gemäß § 42 kwahlg nrw zum stadtrat der beklagten durchzuführen. 28die beklagte beantragt, 29die klage abzuweisen. 30sie bestreitet mit nichtwissen, dass an den informationsständen des klägers einladungen für die wahlberechtigtenversammlungen verteilt worden seien. 31die aufstellung der kandidaten für die kommunalwahl sei ein sehr formales verfahren. die wahlberechtigtenversammlung sei ein sonderfall, wenn eine mitglieder- oder vertreterversammlung nicht zustande komme. die partei könne nicht einfach auswählen, welche art von versammlung sie durchführe. voraussetzung für die durchführung einer wahlberechtigtenversammlung sei, dass zuvor ernsthaft der versuch unternommen worden und gescheitert sei, eine mitgliederversammlung durchzuführen. es müsse zwar nicht tatsächlich eine mitgliederversammlung erfolglos stattfinden, bevor eine wahlberechtigtenversammlung durchgeführt werden dürfe. wenn von vornherein klar sei, dass eine beschlussfähige mitgliederversammlung trotz aller bemühungen nicht zustande kommen werde, müsse nicht zwingend dazu eingeladen werden. das sei hier allerdings nicht der fall, denn grundsätzlich habe die partei des klägers in [ort] genug mitglieder, um eine beschlussfähige mitgliederversammlung durchzuführen. die einladung zu einer mitgliederversammlung sei daher nicht von vornherein aussichtslos gewesen. es fehle der nachweis, dass bei der tatsächlichen einladung zu einer mitgliederversammlung nicht die für die beschlussfähigkeit erforderliche anzahl von mitgliedern erschienen wäre. denn dass eine beschlussfähige mitgliederversammlung nicht zustande gekommen sei, stehe erst fest, wenn die versammlung tatsächlich durchgeführt worden sei und nicht genug mitglieder erschienen seien. es sei nicht auszuschließen, dass mehr als zwei mitglieder zu einer mitgliederversammlung erschienen wären, wenn formal eingeladen und auf die bedeutung der beschlussfähigkeit ausdrücklich hingewiesen worden wäre. die einladung zu einer mitgliederversammlung sei dem kläger auch ohne weiteres möglich gewesen; hinderungsgründe seien nicht vorgetragen worden. letztlich habe der kläger nicht das ihm mögliche getan, um eine mitgliederversammlung durchzuführen. stattdessen habe man nach telefonischen gesprächen mit den mitgliedern entschieden, auf die durchführung einer mitgliederversammlung zu verzichten und zu einer wahlberechtigtenversammlung einzuladen. die mitgliederversammlung sei nur deshalb nicht zustande gekommen, weil der kläger auf die einladung zu einer solchen versammlung verzichtet habe. im ergebnis würde das bedeuten, dass die partei entscheide, ob sie eine mitglieder- oder eine wahlberechtigtenversammlung durchführe. im kommunalwahlgesetz sei aber eine reihenfolge vorgesehen. die wahlberechtigenversammlung sei als sonderfall nur zulässig, wenn die mitgliederversammlung zuvor gescheitert sei. 32die kammer hat den rechtsstreit mit beschluss vom 03.09.2021 dem berichterstatter als einzelrichter zur entscheidung übertragen. 33wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs der beklagten (ein hefter). 34 | 35a. entgegen der auffassung des klägers war in dem klageantrag zu 1. in seiner ursprünglich gestellten form noch kein auf die ungültigkeitserklärung der wahl nach § 40 abs. 1 b) kwahlg nrw gerichtetes verpflichtungsbegehren i.s.d. § 42 abs. 1 alt. 2 vwgo enthalten, sodass die mit klägerischem schriftsatz vom 02.09.2021 vorgenommene „präzisierung“ des klagebegehrens als eine nach § 264 nr. 2 zpo i.v.m. § 173 s. 1 vwgo zu beurteilende klageerweiterung zu behandeln ist. 36der mit der klageschrift vom 16.02.2021 gestellte antrag zu 1. auf aufhebung der beschlüsse der beklagten durch den wahlprüfungsausschuss vom 25.01.2021 (beschlussvorlage 12/2021) sowie des rates der beklagten vom 04.02.2021 kann nicht nach § 88 vwgo dahingehend ausgelegt werden, dass insoweit tatsächlich ein verpflichtungsbegehren vorliegt. bei der auslegung nach § 88 vwgo geht es um das, was der kläger entschieden haben will, und nicht um das, was er nach ansicht des gerichts sinnvoller weise zur entscheidung stellen sollte. 37vgl. riese, in: schoch/schneider, vwgo, 40. el februar 2021, § 88, rn. 5. 38der kläger hat durch seinen prozessbevollmächtigten mit der klage vom 16.02.2021 lediglich die aufhebung der oben genannten beschlüsse beantragt und damit ein anfechtungsbegehren i.s.d. § 42 abs. 1 alt. 1 vwgo zur entscheidung gestellt. grundsätzlich braucht der mit der klageschrift angekündigte antrag zwar nicht rechtlich "korrekt" abgefasst zu sein. insbesondere bei anwaltlicher vertretung ist aber zu beachten, dass durch den angekündigten antrag und die hierzu gegebene begründung der streitgegenstand festgelegt wird. 39vgl. riese, in: schoch/schneider, vwgo, 40. el februar 2021, § 82, rn. 24. 40zur begründung verweist der kläger vorliegend auf die rechtswidrigkeit der von ihm angegriffenen beschlüsse. allein aus diesen ausführungen lässt sich kein verpflichtungsbegehren ersehen. 41vgl. auch vg gießen, urteil vom 11.08.2020 – 4 k 3353/19.gi –, juris, rn. 39. 42nichts anderes folgt daraus, dass der kläger zugleich beantragt hat, „die kommunalwahl für die stadt [ort] vom 13.09.2020“ für ungültig zu erklären. dieser antrag ist nicht als verpflichtungsbegehren formuliert, sondern zielt offenbar auf ein die rechtslage unmittelbar änderndes gestaltungsurteil mittels einer gestaltungsklage eigener art ab, die zwar für das kommunalrecht anderer bundesländer 43- vgl. ovg brandenburg, urteil vom 20.09.2001 – 1 a 15/00 –, juris, rn. 39, m.w.n. - 44nicht jedoch für das nordrhein-westfälische kommunalrecht anerkannt ist. 45vgl. schneider, in: kallerhoff/von lennep/bätge/becker/schneider/ schnell, handbuch zum kommunalwahlrecht in nrw, praxiskommentar und ratgeber, 2008, s. 326 (f. 5.4.2), m.w.n. 46auch der umstand, dass der kläger bereits mit klageerhebung mit seinem antrag zu 2. die verpflichtung der beklagten zur durchführung einer wiederholungswahl nach § 42 kwahlg nrw beantragt hat, führt zu keiner anderen bewertung, weil sich dieses begehren ausdrücklich nur auf eben dieses element eines wahlprüfungsbeschlusses nach § 40 abs. 1 b) kwahlg nrw bezieht. daraus kann indes nicht geschlossen werden, dass auch das weitere element des wahlprüfungsbeschlusses nach § 40 abs. 1 b) kwahlg nrw - die ungültigkeitserklärung in dem aus § 42 abs. 1 kwahlg nrw ersichtlichen umfang - implizit zum gegenstand des verpflichtungsbegehrens gemacht werden sollte. denn der geltend gemachte anspruch auf ungültigkeitserklärung der wahl zum rat der beklagten war, wie ausgeführt, schon expliziter gegenstand der mit dem antrag zu 1. in seiner ursprünglichen fassung erhobenen (unstatthaften) gestaltungsklage eigener art. 47die somit vorliegende erweiterung des ursprünglichen klagebegehrens ist nicht an den voraussetzungen des § 91 abs. 1 und 2 vwgo zu messen. denn der nachträglich gestellte antrag, einen träger öffentlicher gewalt zur vornahme eines verwaltungsakts zu verurteilen, ist jedenfalls dann keine klageänderung (sondern nur eine nach § 264 nr. 2 zpo i.v.m. § 173 s. 1 vwgo zu beurteilende bloße klageerweiterung), wenn der kläger bereits die aufhebung des die vornahme ablehnenden verwaltungsakts mit der behauptung begehrt hat, er habe einen rechtsanspruch auf die vornahme. 48vgl. bverwg, urteil vom 17.01.1962 – vi c 164.59 –, buchholz 310, § 91 vwgo nr. 1, s. 4; bay. vgh, beschluss vom 28.05.2008 – 11 c 08.889 –, juris, rn. 66. 49so liegt der fall hier. der kläger war erkennbar von anfang an der auffassung, einen anspruch auf die ungültigkeitserklärung der wahl zum rat der beklagte zu haben, wenngleich er offenbar in verkennung der verwaltungsaktqualität der ungültigkeitserklärung nach § 40 abs. 1 b) kwahlg nrw davon auszugehen schien, dass eine solche unmittelbar durch das gericht ausgesprochen werden könne und müsse. daran ist das gericht indes wegen des gewaltenteilungsgrundsatzes (art. 20 abs. 2 s. 2 gg) gehindert; das verwaltungsgericht kann nicht selbst den begehrten verwaltungsakt erlassen; vielmehr kann es nur die verpflichtung der behörde zum erlass des begehrten verwaltungsakts aussprechen, wenn kein anderer als der begehrte verwaltungsakt hätte ergehen dürfen, weil der kläger hierauf einen anspruch hat. 50selbst wenn die umstellung des klagantrags zu 1. nicht als klageerweiterung nach § 264 nr. 2 zpo i.v.m. § 173 s. 1 vwgo, sondern als klageänderung nach § 91 abs. 1 vwgo zu behandeln wäre, wäre diese gemäß § 91 abs. 1 und 2 vwgo zulässig, weil sich die beklagte widerspruchslos auf den geänderten antrag eingelassen hat. 51b. die somit auf die ungültigkeitserklärung der wahl zum rat der beklagten und die anordnung einer wiederholungswahl durch den rat der beklagten gerichtete klage ist als verpflichtungsklage gemäß § 42 abs. 1 vwgo i.v.m. § 41 abs. 1 s. 1 kwahlg nrw statthaft, da es sich bei der erstrebten wahlprüfungsentscheidung des rates um einen verwaltungsakt handelt. 52vgl. hierzu: ovg nrw, urteil vom 21.06.2016 – 15 a 816/15 –, juris, rn. 30 und urteil vom 28.11.1980 – 15 a 1660/80 –, dvbl. 1981, 874; vg aachen, urteil vom 19.02.2015 – 4 k 1911/14 –, juris, rn. 31; vg münster, urteil vom 08.04.2016 – 1 k 2515/14 –, juris, rn. 29. 53eine teilweise unstatthaftigkeit der verpflichtungsklage folgt nicht daraus, dass mit dem klageantrag zu 1. auch die aufhebung des beschlusses des wahlprüfungsausschusses vom 25.01.2021 begehrt wird, welcher jedoch im erfolgsfall der verpflichtungsklage unter keinem denkbaren gesichtspunkt der aufhebung unterläge. es entspricht allgemeiner übung der verwaltungsgerichte, bei einem stattgebenden verpflichtungsurteil zur klarstellung neben der verpflichtung der behörde, den beantragten verwaltungsakt zu erlassen (§ 113 abs. 5 s. 1 vwgo), auch den entsprechenden ablehnenden verwaltungsakt aufzuheben. 54bei dem beschluss des wahlprüfungsausschusses vom 25.01.2021 handelt es sich jedoch mangels außen- und regelungswirkung nicht um einen verwaltungsakt. denn der wahlprüfungsausschuss nimmt nur eine vorprüfung der einsprüche sowie der gültigkeit der wahl vor (§ 40 abs. 1 kwahlg nrw) und macht entsprechende beschlussvorschläge; diese haben aber nur den charakter einer empfehlung gegenüber dem rat ohne bindungswirkung. 55vgl. schneider, in: kallerhoff/von lennep/bätge/becker/schneider/ schnell, handbuch zum kommunalwahlrecht in nrw, praxiskommentar und ratgeber, 2008, s. 295, 297. (f. 5.1); bätge, wahlen und abstimmungen in nordrhein-westfalen, stand: juli 2021, § 40 kwahlg nrw, rn. 5. 56unterliegt der beschluss des wahlprüfungsausschusses vom 25.01.2021 als bloßes verwaltungsinternum hier somit unter keinem denkbaren gesichtspunkt einer aufhebung durch das gericht, führt dies dennoch nicht dazu, dass die klage insoweit als teilweise unzulässig abzuweisen gewesen wäre. 57denn der streitgegenstand einer verpflichtungsklage ist der geltend gemachte prozessuale anspruch auf erlass des begehrten verwaltungsakts. nicht zum streitgegenstand einer verpflichtungsklage gehört hingegen die aufhebung der ablehnenden entscheidung. diese ist ein unselbständiger anfechtungsannex, der im interesse der rechtsklarheit bei einer stattgebenden entscheidung mittenoriert wird. 58vgl. ovg nrw, beschluss vom 04.08.2010 – 2 a 796/09 –, juris, rn. 18; vgh baden-württemberg, beschluss vom 13.09.2012 – 9 s 2153/11 –, juris, rn. 6; nds. ovg, urteil vom 24.11.2015 – 5 lb 59/15 – juris, rn. 62; bay. vgh, beschluss vom 10.04.2017 – 15 zb 16.673 –, juris, rn. 31, m.w.n. 59wird aber die ablehnende entscheidung nicht teil des streitgegenstands der verpflichtungsklage, ist es für die statthaftigkeit der klage unschädlich und führt es nicht zu ihrer (teilweisen) abweisung als unzulässig, wenn und soweit der kläger den anfechtungsannex in seiner antragsformulierung falsch bezeichnet bzw. - wie hier - irrtümlich zu weit fasst und über die ablehnende entscheidung hinaus auf ein bloßes verwaltungsinternum erstreckt. 60der kläger ist unabhängig davon, ob er durch die ablehnung der begehrten maßnahmen in eigenen rechten verletzt ist, nach § 42 abs. 2 vwgo klagebefugt. denn er gehört als gebietsverband der [parteiname] zum kreis der nach § 41 abs. 1 s. 1 i.v.m. § 39 abs. 1 s.1 kwahlg nrw klageberechtigten. 61vgl. bverwg, urteil vom 07.03.2012 – 8 c 7.11 –, juris, rn. 28. 62der gesetzgeber hat insoweit von der ihm nach § 42 abs. 2 vwgo eingeräumten ermächtigung gebrauch gemacht, für die wahlprüfungsklage - die in erster linie die gesetzmäßige zusammensetzung der gewählten vertretungskörperschaft, nicht aber einen individuellen rechtsschutz sicherstellen soll - bei der klagebefugnis von dem erfordernis einer individuellen rechtsverletzung abzusehen. 63vgl. ovg nrw, urteil vom 28.11.1980 – 15 a 1660/80 –, ovge 35, 144; ovg sachsen-anhalt, urteil vom 06.03.2007 – 4 l 138/05 –, juris, rn. 29. 64der kläger hat das einspruchsverfahren des § 39 abs. 1 s. 1 kwahlg nrw vor der klageerhebung frist- und formgerecht durchlaufen. mit beschluss vom 04.02.2021 hat der rat der beklagten sein einspruchsbegehren, das auf die feststellung eines wahlfehlers nach § 40 abs. 1 b) kwahlg nrw gerichtet ist, zurückgewiesen und die ratswahl vom 13.09.2020 gemäß § 40 abs. 1 d) kwahlg nrw für gültig erklärt. 65dass der kläger gegen den beschluss des wahlausschusses vom 30.07.2020, mit dem seine wahlvorschläge zurückgewiesen worden sind, zuvor durch seine vertrauenspersonen - erfolglos - beschwerde zum kreiswahlausschuss nach § 18 abs. 4 kwahlg nrw eingelegt hat, steht der zulässigkeit des einspruchs nicht entgegen. denn gemäß § 39 abs. 2 s. 2 kwahlg nrw bleibt der rechtsbehelf nach § 18 abs. 4 kwahlg nrw vom einspruchsrecht unberührt, d.h. ein einspruch ist neben der beschwerde - kumulativ - zulässig. die beschwerdeentscheidung ist für die aufstellung der bewerber zur wahl zwar endgültig (vgl. § 18 abs. 4 s. 8 kwahlg nrw), sie schließt die erhebung eines einspruchs im wahlprüfungsverfahren jedoch nicht aus (vgl. § 18 abs. 4 s. 9 kwahlg nrw). daraus folgt zugleich, dass sie im wahlprüfungsverfahren auch keine bindungswirkung entfaltet. 66vgl. vg aachen, urteil vom 06.05.2015 – 4 k 2085/14 –, juris, rn. 32; schneider, in: kallerhoff/von lennep/bätge/becker/schneider/ schnell, handbuch zum kommunalwahlrecht in nrw, praxiskommentar und ratgeber, 2008, s. 292 ff. (f. 4.3). 67die einmonatige klagefrist des §§ 74 abs. 2 vwgo, 41 abs. 1 s. 1 kwahlg nrw ist gewahrt. dies gilt auch für den klageantrag zu 1., obwohl dieser erst nach ablauf der monatsfrist im wege der klageerweiterung nach § 264 nr. 2 zpo i.v.m. § 173 s. 1 vwgo (oder im wege der klageänderung nach § 91 abs. 1 vwgo) auf einen verpflichtungsantrag umgestellt worden ist. 68sowohl bei einer klageänderung (§ 91 vwgo) als auch bei einer klageerweiterung (§ 173 s. 1 vwgo i.v.m. § 264 nr. 2 zpo) müssen die sachurteilsvoraussetzungen auch hinsichtlich des erweiterten teils der klage vorliegen und von amts wegen geprüft werden. dies gilt insbesondere für die einhaltung der klagefrist. 69vgl. bverwg, beschluss vom 30.07.2010 – 8 b 125.09 –, juris, rn 19, m.w.n.; zu § 91 vwgo: riese, in: schoch/schneider, vwgo, 40. el februar 2021, § 91, rn. 87a; zu §§ 263, 264 zpo: greger, in: zöller, zpo, 33. aufl. 2020, § 263 zpo. 70maßgeblicher zeitpunkt für die einhaltung der klagefrist ist nicht derjenige der ursprünglichen klageerhebung, sondern derjenige der wirksamkeit der klageänderung beziehungsweise -erweiterung. eine rechtzeitige klageerhebung verhindert den eintritt der bestandskraft des angefochtenen verwaltungsaktes. diese wirkung ist auf den klagegegenstand begrenzt. wird die erhobene klage später geändert, so ist entscheidend, ob die ursprünglich fristgerecht erhobene klage den geänderten klagegegenstand umfasst. 71vgl. vg gießen, urteil vom 11.08.2020 – 4 k 3353/19.gi –, juris, rn. 43 f., m.w.n. 72der in dem zunächst angekündigten antrag zu 1. enthaltene isolierte anfechtungsantrag hat die klagefrist vorliegend auch in bezug auf den nunmehr an seine stelle gesetzten verpflichtungsantrag gewahrt. 73denn § 74 vwgo steht einer antragsumstellung (wie sie hier in gestalt des übergangs von einem ursprünglich reinen anfechtungs- zu einem verpflichtungsbegehren erfolgte) dann nicht entgegen, wenn die fristgerecht erhobene klage den eintritt der bestandskraft des ablehnungsbescheids verhindert hat, es sei denn, aus der ursprünglichen beschränkung auf ein reines aufhebungsbegehren ließe sich - was im zweifel aber nicht der fall ist und auch hier nicht angenommen werden kann - eindeutig entnehmen, dass ausschließlich die ablehnung der erstrebten begünstigung angegriffen werden sollte. 74vgl. bay. vgh, beschluss vom 28.05.2008 – 11 c 08.889 –, jurisn, rn. 67, m.w.n. 75hier hat sich der kläger auch schon mit seinem im klageantrag zu 1. in seiner ursprünglichen fassung enthaltenen anfechtungsantrag gegen die ablehnende entscheidung, nämlich den beschluss des rates der beklagten vom 04.02.2021, gerichtet und durch die fristgerechte klageerhebung die bestandskraft der ablehnung verhindert. 76für dieses ergebnis spricht auch, dass der klageantrag nach § 82 abs. 1 vwgo nicht zu den zwingenden voraussetzungen einer wirksamen klageerhebung gehört. weiterhin würde die in § 86 abs. 3 vwgo enthaltene pflicht des vorsitzenden, auf die stellung sachdienlicher anträge hinzuwirken im zusammenhang mit der antragsstellung in der mündlichen verhandlung nach § 103 abs. 3 vwgo ad absurdum geführt, wenn eine klageänderung betreffend den wechsel zwischen verpflichtungs- und anfechtungsbegehren stets nur innerhalb der klagefrist des § 74 vwgo möglich wäre. die klagefrist dient regelmäßig dem unerfahrenen rechtsuchenden als ausreichende überlegungsfrist und als möglichkeit, rechtsrat einzuholen und die klage formgerecht einzureichen. eine gerichtliche tätigkeit nach § 86 abs. 3 vwgo ist in dieser zeitspanne regelmäßig nicht mehr möglich, gerade wenn klagen erst gegen ende der klagefrist anhängig gemacht werden. 77vgl. vg gießen, urteil vom 11.08.2020 – 4 k 3353/19.gi –, juris, rn. 45, m.w.n. 78die klage ist zu recht gegen die beklagte und nicht gegen deren rat gerichtet (vgl. § 78 abs. 1 nr. 1 vwgo). denn es handelt sich hier nicht um ein sog. organstreitverfahren, bei dem der rat als entscheidendes organ der richtige beklagte wäre. ein solches läge nur dann vor, wenn die beteiligten über die sich aus dem kommunalen verfassungsrecht ergebenden rechte und pflichten im bereich kommunaler organe streiten würden. um einen solchen rechtsstreit geht es hier jedoch nicht. die wahlprüfungsklage stellt sich vielmehr als fortsetzung des wahlprüfungsverfahrens dar, das dazu bestimmt ist, im öffentlichen interesse die gesetzmäßige zusammensetzung der volksvertretung zu gewährleisten. 79vgl. bverwg, beschluss vom 09.05.2012 – 8 b 27.12 –, juris, rn. 3 ff.; ovg nrw, urteil vom 15.12.2011 – 15 a 876/11 –, juris, rn. 48 ff.; vg aachen, urteil vom 19.02.2015 – 4 k 1911/14 –, juris, rn. 35. 80c. die klage ist jedoch unbegründet. 81dem kläger steht kein anspruch darauf zu, dass der rat der beklagten einen wahlprüfungsbeschluss dahingehend fasst, dass die wahl zum rat der beklagten vom 13.09.2021 insgesamt für ungültig erklärt und eine wiederholungswahl für das ganze wahlgebiet angeordnet wird. die zurückweisung des einspruchs des klägers und die gültigkeitserklärung der wahl im ratsbeschluss vom 04.02.2021 sind rechtmäßig und verletzen den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 5 s. 1 vwgo). 82rechtsgrundlage für den geltend gemachten wahlprüfungsanspruch ist§ 40 abs. 1 b) kwahlg nrw. nach dieser vorschrift ist eine wahl für ungültig zu erklären und eine wiederholungswahl anzuordnen, wenn festgestellt wird, dass bei der vorbereitung der wahl oder bei der wahlhandlung unregelmäßigkeiten vorgekommen sind, die im jeweils vorliegenden einzelfall auf das wahlergebnis im wahlbezirk oder auf die zuteilung der sitze aus der reserveliste von entscheidendem einfluss gewesen sein können. dabei ist der begriff der unregelmäßigkeit (wahlfehler) unter berücksichtigung des zwecks des wahlprüfungsverfahrens, im öffentlichen interesse die gesetzmäßige zusammensetzung der volksvertretung zu gewährleisten, weit zu verstehen. er erfasst alle umstände, die dem schutzzweck der wahlrechtlichen bestimmungen und grundsätze zuwiderlaufen 83- vgl. ovg nrw, urteile vom 15.12.2011 – 15 a 876/11 –,juris, rn. 65, und vom 19.02.1982 – 15 a 1452/81 –, nvwz 1983, 627 -, 84insbesondere verstöße gegen das kwahlg nrw, die kwahlo nrw oder die allgemeinen wahlrechtsgrundsätze des art. 28 abs. 1 s. 2 gg. 85vgl. vg aachen, urteil vom 14.07.2015 – 4 k 2104/14 –, juris, rn. 47 ff. 86prüfungsmaßstab für die gerichtliche überprüfung der wahlprüfungsentscheidung des rates der beklagten bilden dabei allein die vom kläger zuvor im gemeindlichen wahlprüfungsverfahren fristgerecht und hinreichend substantiiert vorgebrachten einspruchsgründe. dies beruht darauf, dass eine gerichtliche wahlanfechtung nur auf beanstandungen gestützt werden kann, die schon gegenstand des vorangegangenen einspruchsverfahrens gewesen sind. das wahlprüfungsgericht darf nicht von amts wegen neue wahlanfechtungsgründe, die nicht gegenstand des einspruchsverfahrens und der klage gewesen sind, seiner entscheidung zugrunde legen. 87vgl. ovg nrw, urteile vom 15.12.2011 – 15 a 876/11 –, juris, rn. 79, und vom 15.12.1971 – iii a 35/71 –, ovge mülü 27, 209 ff.; vg aachen, urteil vom 19.02.2015 – 4 k 1911/14 –, juris, rn. 39. 88bei der wahl zum rat der beklagten sind im prüfungsrahmen der fristgerecht und hinreichend substantiiert vorgebrachten einspruchsgründe keine - hier allein in betracht zu ziehenden - unregelmäßigkeiten bei der vorbereitung der wahl im sinne von § 40 abs. 1 b) kwahlg nrw vorgekommen. eine unregelmäßigkeit bei der vorbereitung der wahl kann insbesondere in einer zu unrecht erfolgten zurückweisung eines wahlvorschlags durch den wahlausschuss liegen (vgl. § 39 abs. 2, § 67 abs. 4 s. 1 kwahlg nrw). wird nämlich ein wahlvorschlag unter verletzung wahlrechtlicher vorschriften und damit zu unrecht zurückgewiesen, führt dies in der sache zu einer verletzung des grundsatzes der gleichheit der wahl (vgl. art. 28 abs. 1 s. 2 gg), weil dadurch das recht der wahlbewerber auf chancengleiche teilnahme an der kommunalwahl, das auch für die wahlvorbereitung geltung beansprucht 89vgl. hierzu: bverfg, beschluss vom 17.10.1990 – 2 bve 6,7/90 –, bverfge 82, 353, 90unzulässig beeinträchtigt wird. 91vgl. vg aachen, urteil vom 14.07.2015 – 4 k 2104/14 –, juris, rn. 51 ff. 92soweit der kläger geltend macht, der wahlausschuss des beklagten habe die wahlvorschläge der [parteiname] zu unrecht zurückgewiesen, greift diese rüge nicht durch. der beschluss des wahlausschusses der beklagten vom 30.07.2020, mit dem dieser die wahlvorschläge der [parteiname] zurückgewiesen hat, weil die voraussetzungen für die durchführung einer wahlberechtigtenversammlung nach § 17 abs. 5 kwahlg nrw nicht vorgelegen hätten, ist jedenfalls im ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. 93gemäß § 18 abs. 3 s. 2 kwahlg nrw hat der wahlausschuss wahlvorschläge zurückzuweisen, wenn sie verspätet eingereicht sind, den durch dieses gesetz oder durch die wahlordnung aufgestellten anforderungen nicht entsprechen oder aufgrund einer entscheidung nach art. 9 abs. 2, art. 21 abs. 2 gg oder art. 32 abs. 2 der landesverfassung nrw unzulässig sind. 94die wahlrechtlichen anforderungen an die aufstellung von wahlbewerbern durch eine partei - wie sie hier in rede steht - ergeben sich aus § 17 kwahlg nrw. nach abs. 1 der vorschrift kann als bewerber einer partei in einem wahlvorschlag nur benannt werden, wer in einer mitglieder- oder vertreterversammlung im wahlgebiet hierzu gewählt worden ist. nach abs. 2 s. 1 sind die bewerber und die vertreter für die vertreterversammlungen in geheimer wahl zu wählen. entsprechendes gilt für die festlegung der reihenfolge der bewerber auf der reserveliste und für die bestimmung der ersatzbewerber (abs. 2 s. 2). stimmberechtigt ist nur, wer am tage des zusammentritts der versammlung im wahlgebiet wahlberechtigt ist (abs. 2 s. 3). jeder stimmberechtigte teilnehmer der versammlung ist vorschlagsberechtigt (abs. 2 s. 4). den bewerbern und ersatzbewerbern ist gelegenheit zu geben, sich und ihr programm der versammlung in angemessener zeit vorzustellen (s. 5). nach abs. 6 s. 1 kann die in der satzung der partei oder wählergruppe hierfür vorgesehene stelle gegen den beschluss einer mitglieder- oder vertreterversammlung einspruch erheben. auf einen solchen einspruch ist die abstimmung zu wiederholen (s. 2). ihr ergebnis ist endgültig (s. 3). nach abs. 7 regeln die parteien und wählergruppen das nähere über die wahl der vertreter für die vertreterversammlung, über die einberufung und beschlussfähigkeit der mitglieder- oder vertreterversammlung sowie über das verfahren für die wahl des bewerbers durch ihre satzungen. § 17 abs. 8 kwahlg nrw enthält schließlich vorgaben für die mit dem wahlvorschlag einzureichenden nachweise über die ordnungsgemäße durchführung der aufstellungsversammlung. 95damit liegt die aufgabe, im rahmen der wahlvorbereitung kandidatenvorschläge für die wahl einzureichen, in den händen der parteien. die aufstellung der wahlkandidaten bildet die nahtstelle zwischen den von den parteien weitgehend autonom zu gestaltenden angelegenheiten ihrer inneren ordnung und dem auf die staatsbürger bezogenen wahlrecht. nicht allen maßnahmen der parteien im zusammenhang mit der kandidatenaufstellung kommt daher auch wahlrechtliche bedeutung zu. so ist grundsätzlich nur die beachtung der in den wahlgesetzen enthaltenen vorschriften wahlrechtlich erheblich, nicht aber die einhaltung der daneben nur nach der parteisatzung für die kandidatenaufstellung geltenden bestimmungen. 96vgl. zum bundeswahlrecht bverfg, beschluss vom 20.10.1993 – 2 bvc 2/91 –, juris, rn. 39 und 41. 97aus der funktion der wahlrechtlichen regelungen, die personale grundlage einer demokratischen wahl zu schaffen, ergibt sich jedoch, dass mit der anforderung einer "wahl" die einhaltung eines kernbestandes an verfahrensgrundsätzen gefordert ist, ohne den ein kandidatenvorschlag schlechterdings nicht grundlage eines demokratischen wahlvorgangs sein kann. hieraus folgt: halten die parteien bei der wahl der vertreterversammlung oder der wahlkreis- und listenkandidaten diese elementaren regeln nicht ein, so begründet das die gefahr der verfälschung des demokratischen charakters der wahl als solcher und damit einen wahlfehler. ereignen sich hingegen bei der kandidatenaufstellung der parteien verstöße gegen regeln, die nach diesem maßstab nicht elementar sind, so berührt dies die voraussetzung einer "wahl" nicht und scheidet daher von vornherein als wahlfehler aus. diese abgrenzung entspricht der nahtstelle zwischen parteiinternen angelegenheiten und staatlicher wahlvorbereitung. sie sichert unverzichtbare voraussetzungen für einen demokratischen wahlvorgang, wahrt aber mit der beschränkung auf verstöße gegen elementare regeln zugleich die autonomie der parteien, die berührt wird, wenn es darum geht, deren verfahren bei der kandidatenaufstellung durch staatliche wahlorgane und im wahlprüfungsverfahren zu kontrollieren und zu bewerten. 98vgl. bverfg, beschluss vom 20.10.1993 – 2 bvc 2/91 –, juris rn. 41 f. zu § 21 bwahlg; ovg nrw, beschluss vom 15.09.2016 – 15 a 1934/15 –, juris, rn. 10 ff.; siehe außerdem verfgh saarland, urteil vom 29.09.2011 – lv 4/11 –, juris, rn. 90 ff.; verfgh sachsen, urteil vom 25.11.2005 – vf. 67–v– 05 –, juris, rn. 83; hamb. verfg, urteil vom 04.05.1993 – 3/92 –, juris, rn. 126 ff.; hess. vgh, urteil vom 27.01.2005 – 8 ue 211/04 –, juris, rn. 104. 99diese grundsätzlichen erwägungen zur kandidatenaufstellung im wahlverfahren sind auf das nordrhein-westfälische kommunalwahlrecht übertragbar. 100denn zum einen entsprechen die anforderungen des § 17 kwahlg nrw mit dem erfordernis einer - geheimen - wahl der kandidaten (abs. 1 und 2 s. 1), mit den regelungen über die stimm- und vorschlagsberechtigung (abs. 2 s. 3 und 4), mit der zuweisung der regelungsbefugnis für einsprüche gegen beschlüsse der mitgliederversammlung und für einzelheiten der einberufung und beschlussfähigkeit der versammlungen und das wahlverfahren an die parteien (abs. 6 und 7) sowie mit den beizubringenden nachweisen (abs. 8) im wesentlichen den bundesrechtlichen anforderungen in § 21 bwahlg. der kommunalwahlgesetzgeber hat gerade auch mit den durch änderungsgesetz vom 09.10.2007 (gv.nrw. s. 374) in § 17 abs. 2 kwahlg nrw aufgenommenen sätzen 3 und 4 der bundesverfassungsgerichtlichen rechtsprechung zur wahlvorschlagsberechtigung und zur gleichbehandlung der bewerber bei der vorstellung rechnung getragen und die vorschriften für die kandidatenaufstellung im sinne weiter gehender gewährleistung innerparteilicher demokratie ergänzt. zum anderen stellt die kandidatenaufstellung durch die parteien auch auf der ebene der kommunalwahl die schnittstelle zwischen den von ihnen weitgehend autonom zu gestaltenden angelegenheiten ihrer inneren ordnung und dem auf die staatsbürger bezogenen wahlrecht dar. 101vgl. vg aachen, urteil vom 14.07.2015 – 4 k 2104/14 –, juris, rn. 58 - 63; im ergebnis ebenso: ovg nrw, beschluss vom 15.09.2016 – 15 a 1934/15 –, juris, rn. 10 ff.; bätge, in: kallerhoff/von lennep/bätge/becker/schneider/schnell, handbuch zum kommunalwahlrecht in nrw, praxiskommentar und ratgeber, 2008, s. 206 und 208 f. (b iii 2.4); bätge, wahlen und abstimmungen in nordrhein-westfalen, stand: juli 2021, § 17 kwahlg nrw, rn. 1. 102die kandidatenaufstellung des klägers in den wahlberechtigtenversammlungen vom 21.07.2020 und 26.07.2020 ist unter verstoß gegen elementare verfahrensanforderungen an eine demokratische kandidatenaufstellung erfolgt. 103nach § 17 abs. 5 s. 1 kwahlg nrw kann die partei oder wählergruppe ihre bewerber in einer versammlung von wahlberechtigten aufstellen lassen, wenn eine versammlung nach absatz 1 nicht zustande kommt. die wahlberechtigten müssen nicht mitglieder der partei oder wählergruppe sein, jedoch, wie sich aus dem verweis auf absatz 2 ergibt, am tag der wahlberechtigtenversammlung im wahlgebiet wahlberechtigt sein 104- vgl. tiedtke/mörs, kommunalwahlgesetz nordrhein-westfalen, 1. auflage 2020, § 17 nr. 9 (s. 130) -, 105also die voraussetzungen des § 7 kwahlg nrw erfüllen und dürfen nicht nach § 8 kwahlg nrw vom wahlrecht ausgeschlossen sein. 106für die entscheidung des vorliegenden rechtsstreits ist unerheblich, ob die wahlvorschläge der partei des klägers schon deshalb nach§ 18 abs. 3 s. 2 kwahlg nrw zurückgewiesen werden durften, weil, wie die beklagte meint, die tatbestandliche voraussetzung für die durchführung einer wahlberechtigtenversammlung nach § 17 abs. 5 kwahlg nrw, dass eine versammlung nach abs. 1 nicht zustande kommt, nicht erfüllt gewesen wäre. unter welchen voraussetzungen das nichtzustandekommen einer mitglieder- oder vertreterversammlung nach § 17 abs. 1 kwahlg nrw anzunehmen ist und ob diese voraussetzungen im vorliegenden fall erfüllt waren, muss hier nicht geklärt werden. 107denn der kläger hat jedenfalls dadurch gegen mindestregeln einer demokratischen kandidatenaufstellung verstoßen, dass er nicht ordnungsgemäß zu den durchgeführten wahlberechtigtenversammlungen eingeladen hat. 108zum kernbestand an demokratischen verfahrensgrundsätzen, ohne deren einhaltung ein wahlvorschlag nicht grundlage eines demokratischen wahlvorgangs sein kann, gehört nämlich, dass parteien zu versammlungen, auf denen kandidaten aufgestellt werden sollen, grundsätzlich alle wahlberechtigten parteimitglieder einzuladen haben. eine ordnungsgemäße einladung grundsätzlich aller wahlberechtigter parteimitglieder im rahmen des der partei möglichen und zumutbaren ist unabdingbare grundvoraussetzung für einen demokratischen, repräsentativen wahlvorgang i.s.v. § 17 abs. 1 kwahlg nrw. andernfalls wäre insbesondere nicht sichergestellt, dass möglichst viele parteimitglieder an der wahl teilnehmen und sich auf diese hinreichend vorbereiten können. 109vgl. für das nordrhein-westfälische kommunalwahlrecht: ovg nrw, beschluss vom 15.0.2016 – 15 a 1934/15 –, juris, rn. 14; vg aachen, urteil vom 14.07.2015 – 4 k 2104/14 –, juris, rn. 67; bätge, in: kallerhoff/von lennep/bätge/becker/ schneider/schnell, handbuch zum kommunalwahlrecht in nrw, praxiskommentar und ratgeber, 2008, s. 209 (b iii 2.4.1); ebenso zu § 21 abs. 1 s. 2 bwahlg: bverfg, beschluss vom 20.10.1993 – 2 bvc 2/91 –, juris, rn. 49 ff. 110dieses erfordernis folgt für die kommunalwahlen in nrw (auch) unmittelbar aus den regelungen in § 17 abs. 2 s. 3 bis 5 kwahlg nrw. der gesamtinhalt dieser regelungen wirkt darauf hin, dass jedes wahlberechtigte parteimitglied (bzw. mitglied der wählergruppe) auf der untersten stufe der parteiorganisation die rechtliche möglichkeit hat - jedenfalls mittelbar durch die wahl von vertretern -, auf die auswahl der wahlkandidaten einfluss zu nehmen. dies ist aber nur dann gewährleistet, wenn alle wahlberechtigten und damit teilnahmeberechtigten mitglieder zu der aufstellungsversammlung eingeladen werden. 111vgl. vg aachen, urteil vom 14.07.2015 – 4 k 2104/14 –, juris, rn. 69. 112die vorstehenden grundsätze sind schon deshalb auch bei einer wahlberechtigtenversammlung nach § 17 abs. 5 kwahlg nrw zu beachten, weil § 17 abs. 5 s. 2 kwahlg nrw die entsprechende geltung des absatz 2 ausdrücklich anordnet und somit den zur teilnahme an der wahlberechtigtenversammlung berechtigten dieselben einflussmöglichkeiten auf die auswahl der wahlkandidaten zugesteht, wie den wahlberechtigten mitgliedern einer partei oder wählergruppe bei einer versammlung nach absatz 1. unabhängig davon gehören die voraussetzungen des absatzes 2 zum kernbestand eines demokratischen aufstellungsverfahrens. 113vgl. bätge, wahlen und abstimmungen in nordrhein-westfalen, stand: juli 2021, § 17 kwahlg nrw, rn. 10. 114demnach müssen zur wahlberechtigtenversammlung alle wahlberechtigten des wahlgebiets eingeladen werden. die einladung hat dabei in einer art und weise zu erfolgen, die potentiell allen wahlberechtigten des wahlgebiets die möglichkeit gibt, von ihr tatsächlich kenntnis zu nehmen. nur wenn potentiell allen wahlberechtigten die teilnahme an der wahlberechtigtenversammlung tatsächlich offen steht, kann der beschluss der wahlberechtigtenversammlung den aufgestellten kandidaten die erforderliche demokratische legitimation verleihen. 115dass in § 17 abs. 5 kwahlg nrw ein solches erfordernis nicht ausdrücklich erwähnt wird, ist unschädlich. denn wie ausgeführt, ist ohne die ordnungsgemäße einladung aller wahlberechtigten ein demokratisch legitimierter wahlakt bei der wahlberechtigtenversammlung nicht denkbar, sodass der ordnungsgemäßheit der einladung eine originär wahlrechtliche erheblichkeit zukommt. 116vgl. auch ovg nrw, beschluss vom 15.09.2016 – 15 a 1934/15 –, juris, rn. 16, zur wahlrechtlichen beachtlichkeit der nichteinhaltung einer ausreichenden (aber gesetzlich ebenfalls nicht explizit angeordneten) ladungsfrist. 117allerdings ist nicht jede unterlassene einladung teilnahmeberechtigter personen wahlrechtlich relevant. eine lückenlose einladung aller teilnahmeberechtigten ist auch bei anwendung zumutbarer sorgfalt nicht möglich. ein die gültigkeit der wahl berührender verstoß gegen § 17 abs. 5 i.v.m. abs. 2 s. 3 bis 5 kwahlg nrw ist daher nur dann gegeben, wenn die parteien oder wählergruppen entweder den rechtlichen gehalt dieser vorschriften verkennen oder sie rechtlich mögliche und zumutbare organisatorische maßnahmen unterlassen, um alle teilnahmeberechtigten personen zu der wahlberechtigtenversammlung einzuladen. 118vgl. auch vg aachen, urteil vom 14.07.2015 – 4 k 2104/14 –, juris, rn. 70, zu § 17 abs. 1 kwahlg nrw, ebenso zu § 21 abs. 1 s. 2 bwahlg: bverfg, beschluss vom 20.10.1993 – 2 bvc 2/91 –, juris, rn. 49 ff. 119tatsächliche grenzen sind den parteien oder wählergruppen bei der einladung zur wahlberechtigtenversammlung schon dadurch gesetzt, dass sie - anders als bei ihren mitgliedern - regelmäßig nicht über die anschrift oder sonstige kontaktdaten sämtlicher wahlberechtigten verfügen und diese auch nicht beschaffen können, sodass den parteien oder wählergruppen eine persönliche einladung sämtlicher wahlberechtigter offenkundig nicht abverlangt werden kann. dann ist aber eine öffentliche einladung aller wahlberechtigten zu verlangen. 120die form der öffentlichen einladung zur wahlberechtigtenversammlung hat dem umstand rechnung zu tragen, dass unterschiedslos alle wahlberechtigten des wahlgebiets, also insbesondere ungeachtet ihrer politischen präferenzen und ihrer haltung zur einladenden partei oder wählergruppe, teilnahmeberechtigt sind. die einladung muss deshalb zunächst so formuliert sein, dass sich alle wahlberechtigten personen des wahlgebietes angesprochen fühlen. 121ferner muss durch die art und weise der einladung ausgeschlossen sein, dass die partei oder wählergruppe die zusammensetzung des adressaten- und damit auch des potentiellen teilnehmerkreises der wahlberechtigtenversammlung willkürlich beeinflussen und etwa nur auf ihr zugeneigte personen begrenzen kann. die partei oder wählergruppe muss sich der möglichkeit begeben, durch eine nur selektive kundgabe der einladung einzelne wahlberechtigte, die ihr nicht „genehm“ sind, faktisch von der teilnahme auszuschließen. der gewählte verbreitungsweg der einladung darf deshalb nicht so ausgestaltet sein, dass die kenntnisnahme durch den jeweiligen wahlberechtigten im einzelfall noch von einem zwischengeschalteten willensakt der partei oder wählergruppe abhängt. deshalb muss sich die partei oder wählergruppe der einladung dergestalt entäußern und sie der öffentlichkeit zugänglich machen, dass es ihr nicht mehr möglich ist, im einzelfall in ansehung der person des jeweiligen wahlberechtigten zu entscheiden, ob sie ihm eine einladung ausspricht. die wahlberechtigtenversammlung bestünde sonst nur aus „handverlesenen“ personen, deren teilnahmemöglichkeit auf dem willen der einladenden partei oder wählergruppe beruht. 122die kenntnisnahme der wahlberechtigten von der geplanten wahlberechtigtenversammlung darf auch nicht durch barrieren erschwert werden, die sich aus einer möglicherweise ablehnenden haltung gegenüber der einladenden partei oder wählergruppe ergeben. die gewählte form der einladung muss daher das recht der wahlberechtigten respektieren, nicht mit der einladenden partei oder wählergruppe - erst recht nicht in öffentlich wahrnehmbarer weise - in kontakt treten zu müssen. der erhalt einer einladung darf auch nicht daran gekoppelt sein, dass der wahlberechtigte in einen von ihm möglicherweise unerwünschten kommunikativen prozess mit der partei oder wählergruppe eintritt. das verbietet es, die einladung ausschließlich innerhalb eines von der partei oder wählergruppe beherrschten kommunikationsraums auszusprechen. denn dann muss der wahlberechtigte bei lebensnaher betrachtung damit rechnen, bei dieser gelegenheit der direkten wahlwerbung der partei oder wählergruppe in einem maße ausgesetzt zu sein, das er mit blick auf sein allgemeines persönlichkeitsrecht aus art. 2 abs. 1 in verbindung mit art. 1 abs. 1 gg - anders als etwa den einwurf von wahlwerbung in seinen briefkasten 123- vgl. bverfg, kammerbeschluss vom 15.01.1991 – 1 bvr 867/90 –, juris, rn. 4, anders für den fall des erkennbar entgegenstehenden willen des adressaten bverfg, nichtannahmebeschluss vom 01.08.2002 – 2 bvr 2135/01 –, juris, rn. 8 -, 124nicht hinnehmen muss. 125zweckmäßig und regelmäßig ausreichend dürfte es vor diesem hintergrund sein, wenn sich die einladungsform an der für die gebietskörperschaft vorgeschriebenen form für eine öffentliche bekanntmachung – hier: das amtsblatt für den kreis [kreis] – orientiert. ein solches amtsblatt kann gemäß § 5 abs. 1 s. 2 der verordnung über die öffentliche bekanntmachung von kommunalem ortsrecht vom 26.08.1999 (gv. nrw 1999, 516) i.d.f. der änderung vom 29.04.2003 (gv. nrw 2003, 254) neben öffentlichen bekanntmachungen und sonstigen amtlichen mitteilungen (amtlicher teil) einen örtlichen nachrichten- und veranstaltungsteil (nichtamtlicher teil) enthalten. da die durchführung der einladung zur wahlberechtigtenversammlung i.s.v. § 17 abs. 5 kwahlg nrw der partei oder wählergruppe und nicht der gebietskörperschaft obliegt, ist deren veröffentlichung im nichtamtlichen teil des bekanntmachungsorgans geboten. alternativ oder ergänzend dürfte eine veröffentlichung in elektronischen oder printmedien, etwa in der tageszeitung, zu den rechtlich möglichen und zumutbaren organisatorischen maßnahmen gehören. 126von diesen möglichkeiten hat der kläger keinen gebrauch gemacht. die von ihm stattdessen gewählte form der einladung wird den oben genannten anforderungen indes nicht gerecht. die per e-mail versandten einladungen sind bereits deshalb unzureichend, weil sie nur an einen kleinen, von dem kläger bestimmten adressatenkreis gerichtet waren, der sich zudem - neben den parteimitgliedern aus [ort] - jedenfalls weit überwiegend aus anhängern der [parteiname] zusammengesetzt haben dürfte. denn bei realistischer betrachtung ist anzunehmen, dass sich nur oder jedenfalls überwiegend solche personen in den e-mail-verteiler einer partei oder wählergruppe aufnehmen lassen, die dieser partei oder wählergruppe nahestehen. 127dass der kläger an seinen informationsständen einladungen in papierform verteilt hat, kann als wahr unterstellt werden, genügt den dargestellten anforderungen aber ebenfalls nicht. zwar dürften sich durch den wortlaut dieser einladungen alle wahlberechtigten angesprochen fühlen (ga bl. 72 und 74). doch lag es bei dieser form der einladung entgegen den obigen anforderungen letzten endes in der entscheidungsmacht des klägers, wem eine einladung ausgehändigt wurde. es spricht außerdem vieles dafür, dass regelmäßig nur solche wahlberechtigte bürger an den informationsstand einer partei oder wählergruppe herantreten, die ihr zustimmend oder offen gegenüberstehen, wohingegen ihr gegenüber ablehnend eingestellte (aber gleichwohl teilnahmeberechtigte) wahlberechtigte den informationsstand - abgesehen von fällen der gesuchten konfrontativen auseinandersetzung - überwiegend meiden dürften. der durchschnittliche, kommunalpolitisch interessierte, wahlberechtigte bürger muss auch nicht damit rechnen, an informationsständen von parteien oder wählergruppen über eine geplante wahlberechtigtenversammlung unterrichtet zu werden, sodass er auch nicht allein aus diesem grund an den informationsstand herantreten wird. damit hat aber schon der von dem kläger gewählte verbreitungsweg einen selektionseffekt hinsichtlich des mit den einladungen erreichten adressatenkreises. 128außerdem verlangt die kenntnisnahme von der einladung hier die für andere wahrnehmbare kontaktaufnahme mit der partei durch das herantreten an den informationsstand, die dem wahlberechtigten nach den obigen ausführungen nicht zuzumuten ist. es ist zudem bei lebensnaher betrachtung davon auszugehen, dass wahlberechtigten an informationsständen nicht unmittelbar und kommentarlos einladungen zu einer etwaigen wahlberechtigtenversammlung ausgehändigt werden, sondern vielmehr - dem zweck solcher informationsstände entsprechend - versucht wird, diese in ein gespräch zu verwickeln und von dem politischen programm der partei bzw. wählergruppe zu überzeugen. die „gegenleistung“ für die einladung ist in diesem fall daher, dass sich der wahlberechtigte der wahlwerbung für die jeweilige partei bzw. wählergruppe aussetzen muss. 129der hinweis des klägers in der mündlichen verhandlung, es sei auf facebook auf die kandidatensuche und die informationsstände, an denen es weitere informationen gebe, hingewiesen worden, führt zu keiner anderen bewertung. denn damit werden die wahlberechtigten gerade noch nicht über eine geplante wahlberechtigtenversammlung unterrichtet. ebenso wenig stellt die bitte des klägers an die von ihm nominierten kandidaten, die einladung zu verbreiten, eine ausreichende form der öffentlichen einladung aller wahlberechtigten dar, weil es dabei vom willen des jeweiligen kandidaten abhängt, wem er eine einladung ausspricht. 130nur ergänzend sei noch angemerkt, dass die verteilung von einladungen an informationsständen an einigen wenigen tagen auch wegen der begrenzten reichweite dieses verbreitungsweges ein ausreichendes bemühen um die einladung möglichst aller wahlberechtigten zweifelhaft erscheinen lässt. dies gilt vor allem deshalb, weil beispielweise wahlberechtigte personen, die aufgrund körperlicher gebrechen nicht mobil sind und deshalb die informationsstände des klägers nicht aufsuchen konnten, von der kenntnisnahme der einladung praktisch ausgeschlossen waren. 131nach alledem besteht auch der geltend gemachte anspruch auf die anordnung einer wiederholungswahl nach § 42 abs. 1 kwahlg nrw nicht. 132d. die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo, die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708, 711 nr. 11 zpo. | Verklagte*r | 0 |
126,518 | 115 C 395/15 | 2016-02-03T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.129,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 986,50 € seit dem 11.03.2015 und aus einem Betrag von 142,50 € seit dem 02.06.2015 zu zahlen sowie an die Klägerin außergerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 169,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2015 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1 Tatbestand: 2Die Klägerin verlangt von der Beklagten aus abgetretenem Recht Ersatz des restlichen Fahrzeugschadens, welcher dem Geschädigten anlässlich eines Verkehrsunfalls am XX.XX.XXXX in B-Stadt entstanden ist. 3Der Versicherungsnehmer der Beklagten beschädigte bei diesem Schadensereignis das geparkte Fahrzeug des geschädigten Zedenten. 4Das geschädigte Fahrzeug wurde nach dem schadensursächlichen Ereignis durch den Sachverständigen T begutachtet. Sein daraufhin erstelltes Gutachten weist Brutto-Reparaturkosten in einer markengebundenen Fachwerkstatt in Höhe von 2.667,99 € aus, darin Enthalten sind u.a. Kosten für eine Beilackierung angrenzender (nicht beschädigter) Fahrzeugteile. 5Der Geschädigte ließ sein Fahrzeug gemäß Gutachten bei der Klägerin reparieren. Mit Rechnung vom XX.XX.XXXX stellte die Klägerin für diese Arbeiten mit 2.584,60 € in Rechnung. Die Beklagte erstattete unter Verweis auf ein von ihr eingeholtes privatgutachten lediglich einen Betrag in Höhe von 1.598,10 €. 6Die Beklagte bestritt in ihrem Abrechnungsschreiben die Angemessenheit der angesetzten Stundenlöhne sowie die Erforderlichkeit einer Beilackierung angrenzenden Fahrzeugsteile, da eine Farbdifferenz nicht zu erwarten sei. Ferner wandte sie sich ein, dass Gutachten und Rechnung hinsichtlich bestimmter Teile nicht deckungsgleich seien und die Rechnung als solche nicht spezifiziert genug und deshalb nicht nachvollziehbar sei. Auch auf nochmalige anwaltliche Aufforderung unter ausdrücklicher Klarstellung, dass nicht - wie versehentlich in dem Gutachten erwähnt - der Scheinwerfer sonder die Blinkleuchte beschädigt worden sei, lieb die Beklagte bei ihrer Rechtsauffassung und übersandte eine weitere Stellungnahme des von ihr beauftragten Sachverständigenbüros. 7Die Klägerin holte daraufhin eine auf den XX.XX.XXXX datierende ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen T ein, in welcher dieser sich nochmal intensiv mit den Einwendungen der Beklagten auseinandersetze, insbesondere mit dem Einwand der mangelnden Erforderlichkeit einer Beilackierung. 8Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage nunmehr die verbliebene Differenz zwischen den angefallenen und den von der Beklagten erstatteten Reparaturkosten sowie die ihr von dem Sachverständigen T für die ergänzenden Stellungahme in Rechnung gestellten 142,50 €. 9Die Klägerin behauptet, dass der Geschädigte, P, seine Schadensersatzansprüche aus dem streitgegenständlichen Unfallereignis in Höhe der Rechnungsansprüche der Klägerin am XX.XX.XXXX an die Klägerin abgetreten habe. 10Sie ist ferner der Ansicht, wegen der nach den Vorgaben des Sachverständigen durchgeführten Reparatur komme es auf die Erforderlichkeit der Beilackierungskosten im konkreten Fall nicht an. Im Übrigen sei en diese hier aber auch erforderlich, da selbst bei intensivsten Bemühungen eines Fachmannes zur Farbtonbestimmung, Nachnuancierung und Musterblecherstellung, Farbtonunterschiede bei den unterschiedlichsten Lichteinflüssen ohne Beilackieren nicht zu verhindern seien. 11Die Klägerin beantragt, 121. die Beklagte zu verurteilen an sie 1.129,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 986,50 € seit dem 11.03.2015 und aus einem Betrag von 142,50 € seit dem 02.06.2015 zu zahlen. 132. die Beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 169,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 14Die Beklagte beantragt, 15 die Klage abzuweisen. 16Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen. 17Weiter ist die Beklagte der Ansicht, die Kosten der Beilackierung der vorderen linken Fahrzeugtüre gehörten hier nicht zu den erforderlichen Herstellungskosten. Eine Ersatzfähigkeit einer Beilackierung sei nur gegeben, wenn diese tatsächlich notwendig sei, was erst nach einer ohne dieselbe durchgeführten Reparatur festzustellen sei. 18Nehme der Sachverständige vorsorglich eine Beilackierung mit in die Kalkulation auf, so ist der Betrieb auf der Seite nicht daran gebunden, wenn diese offensichtlich nicht erforderlich ist. 19Auch habe im Hinblick auf Alter und Laufleistung des Fahrzeugs kein Anspruch auf Reparatur in einer Fachwerkstatt bestanden. 20Die Kosten der zusätzlichen Stellungnahme des Sachverständigen T seien schon deshalb nicht ersatzfähig, weil die Beklagte lediglich Einwände gegen die Rechnung und nicht gegen das Gutachten selbst vorgebracht habe. 21Entscheidungsgründe: 22Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet. 23Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer 1.129,00 € aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 S. 1 StVG, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, 249 Abs. 2 S. 1, 398 BGB. Hiernach kann die Klägerin von der Beklagten weiteren Ersatz der Reparaturkosten von insgesamt 986,50 € (Kosten für die Beilackierung der vorderen linken Türe und Stundenlohn einer markengebundenen Fachwerkstatt) sowie die Kosten für die eingeholte ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen T in Höhe von 142,50 € verlangen. 24I. 25Die Klägerin ist im Hinblick auf die geltend gemachte Klageforderung aktivlegitimiert. Ihr wurde der Schadensersatzanspruch in Höhe der Reparaturrechnung wirksam durch den Geschädigten P abgetreten. 26Das diesbezügliche Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO wertet das Gericht als unzulässig. Der Kläger hat eine Abtretungserklärung des Geschädigten P zugunsten der hiesigen Klägerin vorgelegt, datierend auf den XX.XX.XXXX und damit achte Tage nach dem streitgegenständlichen Unfallereignis, zwei Tage nach Anfertigung des Gutachten des Sachverständigen T und zwei Tage vor der einschlägigen Rechnungsstellung. Aufgrund dieses engen zeitlichen Zusammenhangs und der vorliegenden Personenidentität ist ein hinreichender Zusammenhang mit dem Streitverfahren gegeben. Zudem wird von keiner der Parteien vorgetragen, noch ist sonst ersichtlich, dass es in einem derart kurzen Zeitraum noch zu einem weiteren Schadensereignis mit den denselben Beteiligten, einschließlich der Reparaturwerkstatt der Klägerin gekommen sein soll. Schließlich hat die Beklagte auß0erprozessual bereits den größten Teil der Forderung gegenüber der jetzigen Klägerin reguliert, weshalb sie nunmehr mit diesem Einwand ebenfalls ausgeschlossen ist. 27II. 28Die vollumfängliche Haftung der Beklagten dem Grunde nach für die durch das Schadensereignis vom XX.XX.XXXX in B-Stadt entstandenen Schäden ist zwischen den Parteien unstreitig. 29Allein Gegenstand dieses Rechtsstreits ist die Höhe des erstattungsfähigen Schadens und die damit einhergehende Frage nach der Erforderlichkeit der von der Klägerin angesetzten Kosten im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. 30Der Geschädigte kann vom Schädiger bzw. von dessen Haftpflichtversicherung im Rahmen des Schadensersatzes alle anfallenden Kosten anlässlich des Schadensereignisses insoweit ersetzt verlangen, als sie nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlich waren. Erforderlich sind solche Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH, Urt. v. 12. 04. 2011, VI ZR 300/09). Er ist dabei ebenso wie in anderen Fällen, in denen der Geschädigte die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg zu wählen. Darüber hinaus findet das Wahlrecht des Geschädigten seine Schranke an dem Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Er soll zwar vollen Ersatz verlangen können, aber an dem Schadensfall nicht verdienen (st. Rspr., vgl nur BGH, Urt. v. 18. 10. 2011, VI ZR 17/11 m. w. N.) 31Nimmt der Geschädigte gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die Schadensbehebung selbst in die Hand, ist der zur Wiederherstellung erforderliche Aufwand nach der besonderen Situation zu bemessen, in der sich der Geschädigte befindet. Es ist also Rücksicht auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (BGH, a. a. O. m. w. N.). Diese „subjektbezogene Schadensbetrachtung“ gilt auch für die Frage, in welcher Höhe dem Geschädigten wegen der ihm in seiner individuellen Lage möglichen und zumutbaren Reparatur ein Schaden entstanden ist (BGH, a. a. O.) 32Hiernach kann die Klägerin vollen Ersatz der ihr tatsächlich entstandenen Reparaturkosten in Höhe von insgesamt 2.584,60 € verlangen. Es besteht insoweit ein Restanspruch in Höhe der geltend gemachten 986,50 € fort. Erfüllung ist gemäß § 362 Abs. 1 BGB nur in Höhe der unstreitig gezahlten 1.598,10 € eingetreten. 33Die Beklagte kann hier mit den von ihr erhobenen Einwendungen im Verhältnis zum Geschädigten und der ihr rechtlich durch die Abtretung in die Forderungsinhaberschaft nachfolgenden Klägerin nicht gehört werden. 341. Die Klägerin rechnet den ihr entstandenen Sachschaden vorliegend konkret nach Maßgabe der tatsächlich entstandenen Reparaturkosten ab. Es handelt sich also gerade nicht um einen Fall einer bloß fiktiven Abrechnung auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens. Der Einwand der Beklagten, die Beilackierung der vorderen rechten Türe des klägerischen Fahrzeugs sei im konkreten Fall aus technischer Sicht zur Behebung des Unfalls nicht erforderlich gewesen greift deshalb hier nicht durch. Die Frage der Notwendigkeit der von der Beklagten gerügten Reparaturmaßnahmen kann daher hier dahinstehen. Es bedurfte insoweit insbesondere keiner Beweisaufnahme zu der letztlich nur durch einen Sachverständigen zu beantwortenden Frage nach der Notwendigkeit einer Beilackierung im konkreten Fall, weshalb den diesbezüglichen Beweisantritten nicht nachzugehen war. 35Die entsprechenden Kosten waren unstreitig in dem Gutachten des Sachverständigen T vom XX.XX.XXXX kalkuliert worden. Ebenfalls unstreitig wurde das Fahrzeug des Geschädigten durch die Klägerin gemäß Gutachten repariert. Insoweit macht die Klägerin auch lediglich die tatsächlich angefallenen - etwas unter den ursprünglich durch den Sachverständigen kalkulierten - Kosten für die Reparatur geltend. 36Dabei darf ein Geschädigter nach der oben angesprochenen subjektbezogenen Schadensbetrachtung grundsätzlich darauf vertrauen, dass die in dem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten kalkulierten Arbeitsschritte und das hierfür benötigten Material zur Schadensbeseitigung erforderlich sind und darf demgemäß – wie hier - einer Werkstatt den Auftrag erteilen, gemäß Gutachten zu reparieren. Das entsprechende Werkstatt- und Prognoserisiko trägt der Schädiger, falls dem Geschädigten nicht ausnahmsweise hinsichtlich der gewählten Fachwerkstatt ein Auswahlverschulden trifft (BGH, NJW, 302, 304; AG Düsseldorf, Urt. vom 21.11.2014- 37 C 11789/11). Die Werkstatt handelt nicht als Erfüllungsgehilfe des Geschädigten gemäß § 278 BGB, vielmehr vollzieht sich die Reparatur auch im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in der Verantwortungssphäre des Schädigers. Insbesondere ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, das Werkstattrisiko insoweit abweichend von der im Falle des § 249 Abs. 1 BGB geltenden Risikoverteilung zulasten des Schädigers hier dem Geschädigten aufzuerlegen. Auch bei Reparatur in Eigenregie träfe den Schädiger das Werkstattrisiko (so auch AG Düsseldorf, a.a.O.). 37Die Ersatzfähigkeit von unnötigen Mehraufwendungen ist nur ausnahmsweise dann ausgeschlossen, wenn dem Dritten ein äußerst grobes Verschulden zur Last fällt, so dass etwaige Mehraufwendungen dem Schädiger nicht mehr zuzurechnen sind (AG Düsseldorf, a.a.O. m. w. N.). Hierfür sind vorliegend keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich. 38Etwas anderes ist für den hiesigen Fall auch der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Landgerichts Aachen (LG Aachen, Urteil vom 24.08.2012 - 6 S 60/12) nicht zu entnehmen. Diese verhält sich unmittelbar überhaupt nur zu dem Fall einer fiktiven Abrechnung auf Gutachtenbasis. Im konkreten Fall hat das Landgericht einen Anspruch des dortigen Klägers mit der Begründung abgelehnt, dass erst nach den Ausführungen des dortigen Sachverständigen einer durchgeführten Reparatur tatsächlich feststellbar sei, ob tatsächlich eine Farbtonabweichung von der Lackierung des streitbefangenen Fahrzeugs vorliege. 39Hieraus kann indes nicht der Schluss gezogen werden, dass auch im Falle einer konkreten Abrechnung der tatsächlich entstandenen Reparaturkosten zunächst eine Reparatur unter Verzicht auf eine Beilackierung erfolgen müsse, um sodann deren Notwendigkeit abschließend beurteilen zu können. Eine solche gestufte Vorgehensweise würde regelmäßig schon dem Wirtschaftlichkeitsgebot widersprechen, dann nämlich, wenn eine Beilackierung im Falle eines Tatsächlich eintretenden Farbunterschieds nachgeholt werden müsste. Vor allem aber sind in dieser Konstellation die Beilackierungskosten aus der Sicht des Geschädigten, auf die es ungeachtet einer späteren Abtretung alleine ankommt, im Verhältnis zum Schädiger von vornherein erforderlich. Es kann dem Geschädigten als Laien nicht zugemutet werden, die von dem Sachverständigen kalkulierten Reparaturschritte einer kritischen Erforderlichkeitsprüfung zu unterziehen, zumal nicht zuletzt im hier streitgegenständlichen Bereich der Beilackierung selbst die Auffassungen der Fachbetriebe bisweilen weit auseinander liegen. 40Auch das Landgericht Aachen führt in seinem Urteil weiter aus, dass der Schutz des durch einen Verkehrsunfall Geschädigten schon dadurch bewerkstelligt werde, dass dieser nach erfolgter Reparatur grundsätzlich zur konkreten Schadensabrechnung übergehen und nunmehr Ersatz der tatsächlich angefallenen Kosten verlangen könne, auch wenn zunächst fiktiv auf der Grundlage der vom Sachverständigen geschätzten Kosten abrechnet hat (LG Aachen, Urteil vom 24.08.2012 - 6 S 60/12 unter Verweis auf BGH, Urt. v. 18. 10. 2011, VI ZR 17/11 m. w. N). 41Der Schädiger ist auch in der Konstellation, dass der Geschädigte den Anspruch - wie hier - unmittelbar an die reparierende Werkstatt abgetreten hat nicht schutzlos gestellt. Der zwischen Gutachter und Geschädigtem geschlossene Gutachtervertrag entfaltet vielmehr Schutzwirkungen zugunsten des Schädigers, so dass dieser einen etwaigen Schadensersatzanspruch wegen einer Kalkulation von unnötigen oder überteuerten Maßnahmen unmittelbar gegenüber dem Gutachter geltend machen kann, wobei er dann eine fehlende Erforderlichkeit einzelner Reparaturschritte zu beweisen hat. 42Aus den vorstehenden Erwägungen ist auch der Verweis der Klägerin auf eine günstigere Reparaturwerkstatt hier von vornherein unbeachtlich. 432. Die Klägerin hat gegen die Beklagten im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auch Anspruch auf Ersatz der durch die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen T entstandenen Kosten in Höhe von 142,50 €. Die diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung geäußerten Zweifel hält nach Gericht nach nochmaliger Würdigung der Umstände des konkreten Falles nicht mehr aufrecht. 44Ob die Kosten für die Einholung eines Ergänzungsgutachtens im Kfz-Schadensfall zu dem ersatzfähigen Schaden zählen, beurteilt sich nach den Grundsätzen zur Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten. Danach sind die Kosten für die Einholung eines Ergänzungsgutachtens ersatzfähig, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches oder zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig sind (Palandt/Grüneberg, BGB, 75 Aufl., § 249 Rn. 58 f.). Ein solcher Fall liegt hier vor. Die zusätzliche gutachterliche Stellungnahme zur Bemessung und Ermittlung der Kosten für die Position „Beilackieren“ sowie zur Deckungsgleichheit von Kalkulation und Rechnung war zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig, denn die Beklagte hat außergerichtlich insbesondere die Ersatzfähigkeit der Position Beilackieren sowie die Angemessenheit der zugrunde gelegten Stundensätze abgelehnt. Insofern war eine weitere gutachtliche Stellungnahme - welcher als qualifizierter Parteivortrag zu bewerten ist - in der vorgerichtlichen Auseinandersetzung mit der Beklagten zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsdurchsetzung angemessen. 45Vorliegend ist die Einholung der ergänzenden Stellungnahme auch durch die Beklagte selbst veranlasst worden. Anders als sie nunmehr meint, hat sie nämlich nicht ausschließlich Einwände gegen die Schlüssigkeit der vorgelegten Rechnung der Klägerin vorgebracht. Vielmehr hat sie auch konkret die Erstattungsfähigkeit einzelner Positionen, allen voran der Beilackierungskosten, aus technischer Sicht in Zweifel gezogen. In einem solchen Fall muss es dem technischen Laien jedoch möglich sein, seinerseits einen von ihn beauftragten Gutachter um Stellungnahme zu bitten. Nach dem auch insoweit geltenden subjektbezogenen Maßstab kommt es maßgeblich darauf an, ob der Geschädigte ein Ergänzungsgutachten im Zeitpunkt der Beauftragung für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung für erforderlich halten durfte, um dadurch einen langwierigen und kostenintensiven Rechtsstreit zu vermeiden. Dies war hier der Fall, zumal die Beklagte wie aufgezeigt neben der notwendigen Beilackierung noch andere Punkte gegen das Gutachten eingewandt hat. 46III. 47Der Anspruch auf Erstattung der außergerichtlich entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 169,50 € folgt aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG. Die Kosten der Rechtsverfolgung sind neben dem unmittelbar entstehenden Schaden als dem Schädiger zurechenbarer Folgeschaden im Rahmen der Geltendmachung eines deliktischen oder vertraglichen Schadensersatzanspruches nach § 249 Abs. 2 BGB erstattungsfähig, sofern sie aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Diese Voraussetzungen sind hier zu bejahen. Die Klägerin macht insoweit wegen ihrer Vorsteuerabzugsberechtigung nur die Netto-Kosten geltend. 48Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 286, 288 BGB. 49Die Kostenentscheidung basiert auf § 91 Abs. 1 S. 1, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 798 Nr. 11, 711 S. 1, S. 2, 709 S. 2 ZPO. Der Streitwert wird auf 1.129,00 EUR festgesetzt. 50Rechtsbehelfsbelehrung: 51Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 521. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 532. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 54Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Aachen, Adalbertsteinweg 90, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 55Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Aachen zu begründen. 56Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Aachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 57Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. | die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 1.129,00 € nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz aus einem betrag von 986,50 € seit dem 11.03.2015 und aus einem betrag von 142,50 € seit dem 02.06.2015 zu zahlen sowie an die klägerin außergerichtlich entstandene rechtsanwaltskosten in höhe von 169,50 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 15.09.2015 zu zahlen. die kosten des rechtsstreits trägt die beklagte. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1 | 2die klägerin verlangt von der beklagten aus abgetretenem recht ersatz des restlichen fahrzeugschadens, welcher dem geschädigten anlässlich eines verkehrsunfalls am xx.xx.xxxx in b-stadt entstanden ist. 3der versicherungsnehmer der beklagten beschädigte bei diesem schadensereignis das geparkte fahrzeug des geschädigten zedenten. 4das geschädigte fahrzeug wurde nach dem schadensursächlichen ereignis durch den sachverständigen t begutachtet. sein daraufhin erstelltes gutachten weist brutto-reparaturkosten in einer markengebundenen fachwerkstatt in höhe von 2.667,99 € aus, darin enthalten sind u.a. kosten für eine beilackierung angrenzender (nicht beschädigter) fahrzeugteile. 5der geschädigte ließ sein fahrzeug gemäß gutachten bei der klägerin reparieren. mit rechnung vom xx.xx.xxxx stellte die klägerin für diese arbeiten mit 2.584,60 € in rechnung. die beklagte erstattete unter verweis auf ein von ihr eingeholtes privatgutachten lediglich einen betrag in höhe von 1.598,10 €. 6die beklagte bestritt in ihrem abrechnungsschreiben die angemessenheit der angesetzten stundenlöhne sowie die erforderlichkeit einer beilackierung angrenzenden fahrzeugsteile, da eine farbdifferenz nicht zu erwarten sei. ferner wandte sie sich ein, dass gutachten und rechnung hinsichtlich bestimmter teile nicht deckungsgleich seien und die rechnung als solche nicht spezifiziert genug und deshalb nicht nachvollziehbar sei. auch auf nochmalige anwaltliche aufforderung unter ausdrücklicher klarstellung, dass nicht - wie versehentlich in dem gutachten erwähnt - der scheinwerfer sonder die blinkleuchte beschädigt worden sei, lieb die beklagte bei ihrer rechtsauffassung und übersandte eine weitere stellungnahme des von ihr beauftragten sachverständigenbüros. 7die klägerin holte daraufhin eine auf den xx.xx.xxxx datierende ergänzende stellungnahme des sachverständigen t ein, in welcher dieser sich nochmal intensiv mit den einwendungen der beklagten auseinandersetze, insbesondere mit dem einwand der mangelnden erforderlichkeit einer beilackierung. 8die klägerin begehrt mit ihrer klage nunmehr die verbliebene differenz zwischen den angefallenen und den von der beklagten erstatteten reparaturkosten sowie die ihr von dem sachverständigen t für die ergänzenden stellungahme in rechnung gestellten 142,50 €. 9die klägerin behauptet, dass der geschädigte, p, seine schadensersatzansprüche aus dem streitgegenständlichen unfallereignis in höhe der rechnungsansprüche der klägerin am xx.xx.xxxx an die klägerin abgetreten habe. 10sie ist ferner der ansicht, wegen der nach den vorgaben des sachverständigen durchgeführten reparatur komme es auf die erforderlichkeit der beilackierungskosten im konkreten fall nicht an. im übrigen sei en diese hier aber auch erforderlich, da selbst bei intensivsten bemühungen eines fachmannes zur farbtonbestimmung, nachnuancierung und musterblecherstellung, farbtonunterschiede bei den unterschiedlichsten lichteinflüssen ohne beilackieren nicht zu verhindern seien. 11die klägerin beantragt, 121. die beklagte zu verurteilen an sie 1.129,00 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz aus einem betrag von 986,50 € seit dem 11.03.2015 und aus einem betrag von 142,50 € seit dem 02.06.2015 zu zahlen. 132. die beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtlich entstandene rechtsanwaltskosten in höhe von 169,50 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 14die beklagte beantragt, 15 die klage abzuweisen. 16die beklagte bestreitet die aktivlegitimation der klägerin mit nichtwissen. 17weiter ist die beklagte der ansicht, die kosten der beilackierung der vorderen linken fahrzeugtüre gehörten hier nicht zu den erforderlichen herstellungskosten. eine ersatzfähigkeit einer beilackierung sei nur gegeben, wenn diese tatsächlich notwendig sei, was erst nach einer ohne dieselbe durchgeführten reparatur festzustellen sei. 18nehme der sachverständige vorsorglich eine beilackierung mit in die kalkulation auf, so ist der betrieb auf der seite nicht daran gebunden, wenn diese offensichtlich nicht erforderlich ist. 19auch habe im hinblick auf alter und laufleistung des fahrzeugs kein anspruch auf reparatur in einer fachwerkstatt bestanden. 20die kosten der zusätzlichen stellungnahme des sachverständigen t seien schon deshalb nicht ersatzfähig, weil die beklagte lediglich einwände gegen die rechnung und nicht gegen das gutachten selbst vorgebracht habe. 21 | 22die zulässige klage ist in vollem umfang begründet. 23der kläger hat gegen die beklagte einen anspruch auf zahlung weiterer 1.129,00 € aus §§ 7 abs. 1, 18 abs. 1 s. 1 stvg, 115 abs. 1 s. 1 nr. 1 vvg, 249 abs. 2 s. 1, 398 bgb. hiernach kann die klägerin von der beklagten weiteren ersatz der reparaturkosten von insgesamt 986,50 € (kosten für die beilackierung der vorderen linken türe und stundenlohn einer markengebundenen fachwerkstatt) sowie die kosten für die eingeholte ergänzenden stellungnahme des sachverständigen t in höhe von 142,50 € verlangen. 24i. 25die klägerin ist im hinblick auf die geltend gemachte klageforderung aktivlegitimiert. ihr wurde der schadensersatzanspruch in höhe der reparaturrechnung wirksam durch den geschädigten p abgetreten. 26das diesbezügliche bestreiten der beklagten mit nichtwissen gemäß § 138 abs. 4 zpo wertet das gericht als unzulässig. der kläger hat eine abtretungserklärung des geschädigten p zugunsten der hiesigen klägerin vorgelegt, datierend auf den xx.xx.xxxx und damit achte tage nach dem streitgegenständlichen unfallereignis, zwei tage nach anfertigung des gutachten des sachverständigen t und zwei tage vor der einschlägigen rechnungsstellung. aufgrund dieses engen zeitlichen zusammenhangs und der vorliegenden personenidentität ist ein hinreichender zusammenhang mit dem streitverfahren gegeben. zudem wird von keiner der parteien vorgetragen, noch ist sonst ersichtlich, dass es in einem derart kurzen zeitraum noch zu einem weiteren schadensereignis mit den denselben beteiligten, einschließlich der reparaturwerkstatt der klägerin gekommen sein soll. schließlich hat die beklagte auß0erprozessual bereits den größten teil der forderung gegenüber der jetzigen klägerin reguliert, weshalb sie nunmehr mit diesem einwand ebenfalls ausgeschlossen ist. 27ii. 28die vollumfängliche haftung der beklagten dem grunde nach für die durch das schadensereignis vom xx.xx.xxxx in b-stadt entstandenen schäden ist zwischen den parteien unstreitig. 29allein gegenstand dieses rechtsstreits ist die höhe des erstattungsfähigen schadens und die damit einhergehende frage nach der erforderlichkeit der von der klägerin angesetzten kosten im sinne des § 249 abs. 2 s. 1 bgb. 30der geschädigte kann vom schädiger bzw. von dessen haftpflichtversicherung im rahmen des schadensersatzes alle anfallenden kosten anlässlich des schadensereignisses insoweit ersetzt verlangen, als sie nach § 249 abs. 2 s. 1 bgb erforderlich waren. erforderlich sind solche kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender mensch in seiner lage für zweckmäßig und notwendig halten darf (bgh, urt. v. 12. 04. 2011, vi zr 300/09). er ist dabei ebenso wie in anderen fällen, in denen der geschädigte die schadensbeseitigung selbst in die hand nimmt, nach dem wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im rahmen des ihm zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren weg zu wählen. darüber hinaus findet das wahlrecht des geschädigten seine schranke an dem verbot, sich durch schadensersatz zu bereichern. er soll zwar vollen ersatz verlangen können, aber an dem schadensfall nicht verdienen (st. rspr., vgl nur bgh, urt. v. 18. 10. 2011, vi zr 17/11 m. w. n.) 31nimmt der geschädigte gem. § 249 abs. 2 s. 1 bgb die schadensbehebung selbst in die hand, ist der zur wiederherstellung erforderliche aufwand nach der besonderen situation zu bemessen, in der sich der geschädigte befindet. es ist also rücksicht auf seine individuellen erkenntnis- und einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden schwierigkeiten zu nehmen (bgh, a. a. o. m. w. n.). diese „subjektbezogene schadensbetrachtung“ gilt auch für die frage, in welcher höhe dem geschädigten wegen der ihm in seiner individuellen lage möglichen und zumutbaren reparatur ein schaden entstanden ist (bgh, a. a. o.) 32hiernach kann die klägerin vollen ersatz der ihr tatsächlich entstandenen reparaturkosten in höhe von insgesamt 2.584,60 € verlangen. es besteht insoweit ein restanspruch in höhe der geltend gemachten 986,50 € fort. erfüllung ist gemäß § 362 abs. 1 bgb nur in höhe der unstreitig gezahlten 1.598,10 € eingetreten. 33die beklagte kann hier mit den von ihr erhobenen einwendungen im verhältnis zum geschädigten und der ihr rechtlich durch die abtretung in die forderungsinhaberschaft nachfolgenden klägerin nicht gehört werden. 341. die klägerin rechnet den ihr entstandenen sachschaden vorliegend konkret nach maßgabe der tatsächlich entstandenen reparaturkosten ab. es handelt sich also gerade nicht um einen fall einer bloß fiktiven abrechnung auf grundlage eines sachverständigengutachtens. der einwand der beklagten, die beilackierung der vorderen rechten türe des klägerischen fahrzeugs sei im konkreten fall aus technischer sicht zur behebung des unfalls nicht erforderlich gewesen greift deshalb hier nicht durch. die frage der notwendigkeit der von der beklagten gerügten reparaturmaßnahmen kann daher hier dahinstehen. es bedurfte insoweit insbesondere keiner beweisaufnahme zu der letztlich nur durch einen sachverständigen zu beantwortenden frage nach der notwendigkeit einer beilackierung im konkreten fall, weshalb den diesbezüglichen beweisantritten nicht nachzugehen war. 35die entsprechenden kosten waren unstreitig in dem gutachten des sachverständigen t vom xx.xx.xxxx kalkuliert worden. ebenfalls unstreitig wurde das fahrzeug des geschädigten durch die klägerin gemäß gutachten repariert. insoweit macht die klägerin auch lediglich die tatsächlich angefallenen - etwas unter den ursprünglich durch den sachverständigen kalkulierten - kosten für die reparatur geltend. 36dabei darf ein geschädigter nach der oben angesprochenen subjektbezogenen schadensbetrachtung grundsätzlich darauf vertrauen, dass die in dem von ihm eingeholten sachverständigengutachten kalkulierten arbeitsschritte und das hierfür benötigten material zur schadensbeseitigung erforderlich sind und darf demgemäß – wie hier - einer werkstatt den auftrag erteilen, gemäß gutachten zu reparieren. das entsprechende werkstatt- und prognoserisiko trägt der schädiger, falls dem geschädigten nicht ausnahmsweise hinsichtlich der gewählten fachwerkstatt ein auswahlverschulden trifft (bgh, njw, 302, 304; ag düsseldorf, urt. vom 21.11.2014- 37 c 11789/11). die werkstatt handelt nicht als erfüllungsgehilfe des geschädigten gemäß § 278 bgb, vielmehr vollzieht sich die reparatur auch im rahmen des § 249 abs. 2 s. 1 bgb in der verantwortungssphäre des schädigers. insbesondere ist kein vernünftiger grund ersichtlich, das werkstattrisiko insoweit abweichend von der im falle des § 249 abs. 1 bgb geltenden risikoverteilung zulasten des schädigers hier dem geschädigten aufzuerlegen. auch bei reparatur in eigenregie träfe den schädiger das werkstattrisiko (so auch ag düsseldorf, a.a.o.). 37die ersatzfähigkeit von unnötigen mehraufwendungen ist nur ausnahmsweise dann ausgeschlossen, wenn dem dritten ein äußerst grobes verschulden zur last fällt, so dass etwaige mehraufwendungen dem schädiger nicht mehr zuzurechnen sind (ag düsseldorf, a.a.o. m. w. n.). hierfür sind vorliegend keinerlei anhaltspunkte ersichtlich. 38etwas anderes ist für den hiesigen fall auch der von der beklagten zitierten entscheidung des landgerichts aachen (lg aachen, urteil vom 24.08.2012 - 6 s 60/12) nicht zu entnehmen. diese verhält sich unmittelbar überhaupt nur zu dem fall einer fiktiven abrechnung auf gutachtenbasis. im konkreten fall hat das landgericht einen anspruch des dortigen klägers mit der begründung abgelehnt, dass erst nach den ausführungen des dortigen sachverständigen einer durchgeführten reparatur tatsächlich feststellbar sei, ob tatsächlich eine farbtonabweichung von der lackierung des streitbefangenen fahrzeugs vorliege. 39hieraus kann indes nicht der schluss gezogen werden, dass auch im falle einer konkreten abrechnung der tatsächlich entstandenen reparaturkosten zunächst eine reparatur unter verzicht auf eine beilackierung erfolgen müsse, um sodann deren notwendigkeit abschließend beurteilen zu können. eine solche gestufte vorgehensweise würde regelmäßig schon dem wirtschaftlichkeitsgebot widersprechen, dann nämlich, wenn eine beilackierung im falle eines tatsächlich eintretenden farbunterschieds nachgeholt werden müsste. vor allem aber sind in dieser konstellation die beilackierungskosten aus der sicht des geschädigten, auf die es ungeachtet einer späteren abtretung alleine ankommt, im verhältnis zum schädiger von vornherein erforderlich. es kann dem geschädigten als laien nicht zugemutet werden, die von dem sachverständigen kalkulierten reparaturschritte einer kritischen erforderlichkeitsprüfung zu unterziehen, zumal nicht zuletzt im hier streitgegenständlichen bereich der beilackierung selbst die auffassungen der fachbetriebe bisweilen weit auseinander liegen. 40auch das landgericht aachen führt in seinem urteil weiter aus, dass der schutz des durch einen verkehrsunfall geschädigten schon dadurch bewerkstelligt werde, dass dieser nach erfolgter reparatur grundsätzlich zur konkreten schadensabrechnung übergehen und nunmehr ersatz der tatsächlich angefallenen kosten verlangen könne, auch wenn zunächst fiktiv auf der grundlage der vom sachverständigen geschätzten kosten abrechnet hat (lg aachen, urteil vom 24.08.2012 - 6 s 60/12 unter verweis auf bgh, urt. v. 18. 10. 2011, vi zr 17/11 m. w. n). 41der schädiger ist auch in der konstellation, dass der geschädigte den anspruch - wie hier - unmittelbar an die reparierende werkstatt abgetreten hat nicht schutzlos gestellt. der zwischen gutachter und geschädigtem geschlossene gutachtervertrag entfaltet vielmehr schutzwirkungen zugunsten des schädigers, so dass dieser einen etwaigen schadensersatzanspruch wegen einer kalkulation von unnötigen oder überteuerten maßnahmen unmittelbar gegenüber dem gutachter geltend machen kann, wobei er dann eine fehlende erforderlichkeit einzelner reparaturschritte zu beweisen hat. 42aus den vorstehenden erwägungen ist auch der verweis der klägerin auf eine günstigere reparaturwerkstatt hier von vornherein unbeachtlich. 432. die klägerin hat gegen die beklagten im rahmen des § 249 abs. 2 s. 1 bgb auch anspruch auf ersatz der durch die ergänzende stellungnahme des sachverständigen t entstandenen kosten in höhe von 142,50 €. die diesbezüglich in der mündlichen verhandlung geäußerten zweifel hält nach gericht nach nochmaliger würdigung der umstände des konkreten falles nicht mehr aufrecht. 44ob die kosten für die einholung eines ergänzungsgutachtens im kfz-schadensfall zu dem ersatzfähigen schaden zählen, beurteilt sich nach den grundsätzen zur erstattungsfähigkeit von sachverständigenkosten. danach sind die kosten für die einholung eines ergänzungsgutachtens ersatzfähig, soweit die begutachtung zur geltendmachung des schadensersatzanspruches oder zur tatsächlichen durchführung der wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig sind (palandt/grüneberg, bgb, 75 aufl., § 249 rn. 58 f.). ein solcher fall liegt hier vor. die zusätzliche gutachterliche stellungnahme zur bemessung und ermittlung der kosten für die position „beilackieren“ sowie zur deckungsgleichheit von kalkulation und rechnung war zur geltendmachung des schadensersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig, denn die beklagte hat außergerichtlich insbesondere die ersatzfähigkeit der position beilackieren sowie die angemessenheit der zugrunde gelegten stundensätze abgelehnt. insofern war eine weitere gutachtliche stellungnahme - welcher als qualifizierter parteivortrag zu bewerten ist - in der vorgerichtlichen auseinandersetzung mit der beklagten zu einer zweckentsprechenden rechtsverfolgung und rechtsdurchsetzung angemessen. 45vorliegend ist die einholung der ergänzenden stellungnahme auch durch die beklagte selbst veranlasst worden. anders als sie nunmehr meint, hat sie nämlich nicht ausschließlich einwände gegen die schlüssigkeit der vorgelegten rechnung der klägerin vorgebracht. vielmehr hat sie auch konkret die erstattungsfähigkeit einzelner positionen, allen voran der beilackierungskosten, aus technischer sicht in zweifel gezogen. in einem solchen fall muss es dem technischen laien jedoch möglich sein, seinerseits einen von ihn beauftragten gutachter um stellungnahme zu bitten. nach dem auch insoweit geltenden subjektbezogenen maßstab kommt es maßgeblich darauf an, ob der geschädigte ein ergänzungsgutachten im zeitpunkt der beauftragung für eine zweckentsprechende rechtsverfolgung für erforderlich halten durfte, um dadurch einen langwierigen und kostenintensiven rechtsstreit zu vermeiden. dies war hier der fall, zumal die beklagte wie aufgezeigt neben der notwendigen beilackierung noch andere punkte gegen das gutachten eingewandt hat. 46iii. 47der anspruch auf erstattung der außergerichtlich entstandenen anwaltskosten in höhe von 169,50 € folgt aus §§ 7 abs. 1, 18 abs. 1 stvg. die kosten der rechtsverfolgung sind neben dem unmittelbar entstehenden schaden als dem schädiger zurechenbarer folgeschaden im rahmen der geltendmachung eines deliktischen oder vertraglichen schadensersatzanspruches nach § 249 abs. 2 bgb erstattungsfähig, sofern sie aus sicht des geschädigten zur wahrnehmung und durchsetzung seiner rechte erforderlich und zweckmäßig waren. diese voraussetzungen sind hier zu bejahen. die klägerin macht insoweit wegen ihrer vorsteuerabzugsberechtigung nur die netto-kosten geltend. 48die zinsentscheidung folgt aus §§ 286, 288 bgb. 49die kostenentscheidung basiert auf § 91 abs. 1 s. 1, diejenige über die vorläufige vollstreckbarkeit auf §§ 798 nr. 11, 711 s. 1, s. 2, 709 s. 2 zpo. der streitwert wird auf 1.129,00 eur festgesetzt. 50rechtsbehelfsbelehrung: 51gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 521. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 532. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 54die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht aachen, adalbertsteinweg 90, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 55die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht aachen zu begründen. 56die parteien müssen sich vor dem landgericht aachen durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 57mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. | Klaeger*in | 1 |
125,950 | 20 C 322/15 | 2016-02-26T00:00:00 | Urteil | Tenor I.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 519,11 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.10.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 72 % und die Beklagte zu 28 %. III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten über restliche von der Klägerin geltend gemachte Schadensansprüche anlässlich eines Verkehrsunfalls vom 02.11.2013, welcher durch den Fahrer eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten Kraftfahrzeugs allein verursacht und verschuldet wurde 3Bei dem gegenständlichen Unfall wurde das Kraftfahrzeug des Herrn U, Typ Q, nicht unerheblich beschädigt. Dieses Fahrzeug ist nach der EurotaxSchwacke-Klassifikation der Fahrzeugklasse 10 zuzuordnen. Herr U wohnte zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls in dem Postleitzahlengebiet, welches mit den Ziffern 452- beginnt. Vom 18.11.2013 bis zum 27.11.2013 wurde das unfallbedingt beschädigte Fahrzeug repariert. Herrn U war die Nutzung des Fahrzeugs in dieser Zeit nicht möglich. 4Am 18.11.2013 mietete Herr U, anlässlich der Reparatur seines Fahrzeuges bei der Klägerin einen Mietwagen der Fahrzeugklasse 10 der EurotaxSchwacke-Klassifikation an. In dem Mietvertrag vereinbarte die Klägerin mit Herrn U eine erweiterte Haftungsbefreiung ohne Selbstbeteiligung. Das Mietfahrzeug war mit Winterreifen ausgestattet und wurde Herrn U zugestellt sowie auch wieder abgeholt. Aus Anlass der Anmietung trat Herr U die angebliche Schadenersatzforderung auf Erstattung der Mietwagenkosten gegen die Beklagte erfüllungshalber an die Klägerin ab. Die Klägerin stellte Herrn U mit Rechnung vom 29.04.2014 einen Bruttobetrag in Höhe von EUR 2.517,14 in Rechnung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgenannten Mietvertrag, Anlage zur Klageschrift K 2 (Blatt 6 der Akte), die vorgenannte Abtretungserklärung, Anlage zur Klageschrift K 1 (Blatt 5 der Akte), sowie die vorgenannte Mietwagenrechnung, Anlage zur Klageschrift K 4 (Blatt 9 der Akte), Bezug genommen. Eine Zahlung des betreffenden Betrages durch Herrn U erfolgte nicht. 5Die Beklagte zahlte vorprozessual einen Betrag von EUR 736,61. Mit anwaltlichem Schreiben vom 06.10.2014 forderte die Klägerin die Beklagte unter Frissetzung zum 14.10.2014 zur Zahlung der weiteren, Herrn U infolge des Unfalls entstandenen Mietwagenkosten auf. Eine weitere Zahlung durch die Beklagte erfolgte indes nicht. 6Die Klägerin ist der Auffassung, dass die von ihr de Herrn U in Rechnung gestellten Mietwagenkosten abzüglich eines Abzuges in Höhe von EUR 128,61 für ersparte Eigenaufwendungen erstattungsfähig seien. 7Die Klägerin beantragt mit der der Beklagten am 27.10.2015 zugestellten Klage, 8die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 1.651,92 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshändigkeit sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 215,00 zu zahlen. 9Die Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin könne vorliegend die erstattungsfähigen Mietwagenkosten allenfalls nach dem Marktpreisspiegel Mietwagen von Fraunhofer abrechnen. Zudem seien die zusätzlichen Kosten für die Ausstattung des Mietfahrzeugs mit Winterreifen nicht erstattungsfähig. 12Die Parteien haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO erklärt. 13Entscheidungsgründe: 14Die Entscheidung ergeht nach Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO. 15Die zulässige Klage ist in dem aus dem Urteilsausspruch ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. 16Die Klägerin hat aufgrund des Verkehrsunfalles vom 02.11.2013 gemäß §§ 7 Abs. 1, 17, 18 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 4 VVG i.V.m. § 1 PflVG, § 823 Abs. 1 BGB einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung weiterer Mietwagenkosten in der ausgeurteilten Höhe aus abgetretenem Recht. 17I. 18Der anspruchsbegründende Tatbestand ist erfüllt. Die Voraussetzungen der §§ 7 Abs. 1, 17, 18 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 1 PflVG sind vorliegend zwischen den Parteien unstreitig. Des Weiteren unstreitig ist die alleinige Haftung der Beklagten aufgrund des Verkehrsunfalls vom 02.11.2013. Die von der Klägerin geltend gemachten weiteren Mietwagenkosten sind indes der Höhe nach nicht voll erstattungsfähig. 19Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist der Schadensersatz auf den erforderlichen Herstellungsaufwand begrenzt, mithin auf die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.2008, Az. VI ZR 308/07). Nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten und im Schadensersatzrecht herrschenden Wirtschaftlichkeitsgebot hat der Geschädigte im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass der Geschädigten von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich - in einem gewissen Rahmen - nur den günstigeren Mietpreis erstattet verlangen kann. Daraus ergibt sich, dass der Geschädigte nur Anspruch auf Erstattung des Normaltarifs für den örtlich relevanten Markt hat. Diesen Normaltarif kann das Gericht ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens im Rahmen seines richterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO schätzen. Hierbei hat das Gericht die Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beachten. Es war dennoch nach obergerichtlicher Rechtsprechung nicht gehindert, in Fällen wie dem hiesigen, Listen oder Tabellen bei der Schadensersatzschätzung zu verwenden (vgl. BGH Urteil vom 17.05.2011, Az. VI ZR 142/10, BGH, Urteil vom 12.04.2011, Az. VI ZR 300/09). Hat das Gericht jedoch Bedenken an der grundsätzlichen Eignung der Listen als Grundlage der Schadensschätzung, so kann es die Heranziehung bestimmter Listen ablehnen (vgl. BGH, Urteil vom 12.04.2011, Az. VI ZR 300/09; BGH, Urteil vom 14.10.2008, Az. VI ZR 308/07). 201. 21Aufgrund der grundsätzlichen Bedenken, die gegen die Erhebungsmethoden sowohl des Schwacke-Automietpreisspiegels als auch gegen den Marktpreisspiegel Mietwagen von Fraunhofer bestehen, hält es das Gericht für sachgerecht, sich bei der Schätzung der als Normaltarif ersatzfähigen Mietwagenkosten an den Tarifen des Marktpreisspiegels Mietwagen 2013 von Fraunhofer als Untergrenze und denjenigen des Schwacke-Automietpreisspiegels 2013 als Obergrenze des am regionalen Markt üblichen Normaltarifs zu orientieren. Nur so können die Schwächen der beiden Erhebungen ausgeglichen werden, um so zu einem der tatsächlichen Anmietsituation eines Normalkunden am ehesten vergleichbarem Ergebnis zu kommen (vgl. BGH, Urteil vom 18.05.2010, Az. VI ZR 293/08; OLG Zweibrücken, Urteil vom 22.01.2014, Az. 1 U 165/11; OLG Celle, Urteil vom 09.10.2013, Az. 14 U 51/13; OLG Köln, Urteil vom 01.08.2013, Az. 15 U 9/12; OLG Karlsruhe, Urteil vom 01.02.2013, Az. 1 U 130/12; OLG Hamm, Urteil vom 20.07.2011, Az. 13 U 108/10; OLG Saarbrücken, Urteil vom 22.12.2009, Az. 1 U 165/11). 22a) 23Bedenken gegen den Marktpreisspiegel Mietwagen von Fraunhofer werden insoweit vorgebracht, als dass ein möglicher Preisanstieg bei erforderlicher sofortiger Verfügbarkeit des Fahrzeugs sowie höhere Wochentarife bei telefonischer Anmietung gegenüber einer Anmietung über das Internet scheinbar nicht ausreichend berücksichtigt werden. Des Weiteren werden in der Befragung lediglich die sechs größten Autovermietungsfirmen berücksichtigt. Außerdem erscheint sich aufgrund der Aufgliederung in lediglich zweistellige Postleitzahlengebiete ein gröberes Raster als beim Schwacke-Automietpreisspiegel zu ergeben (vgl. OLG Saarbrücken, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.). 24Demgegenüber wird gegen den Schwacke-Automietpreisspiegel – insoweit auch von der Beklagten – vorgebracht, dass diese auf einer reinen Angebotserhebung beruhe, bei welcher den befragten Unternehmen jeweils bekannt war, dass ihre Angebote zur Grundlage einer entsprechenden Marktuntersuchung gemacht werden sollen. Zudem entsprächen die von den Unternehmen zur Erstellung des Schwacke-Automietpreisspiegel übermittelten Preislisten – in Hinblick auf den starken Druck der Konkurrenz – nicht realisierbaren Preisen auf dem Markt (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2015, Az. 1 U 42/14; LG Essen, Urteil vom 29.07.2010, Az. 10 S 87/10). 25Hinsichtlich dieser grundsätzlichen Bedenken bezüglich der methodischen Erhebung sieht sich das Gericht außer Stande zu entscheiden, welche der empirischen Erhebungsmethoden zutreffend ist. Die hierfür erforderliche vollständige Aufklärung aller entscheidenden Umstände ist mit erheblichen Schwierigkeiten und Kosten verbunden, die zur Bedeutung der Mietkostenforderung unverhältnismäßig erscheinen. Um diesen Bedenken und Schwierigkeiten Rechnung zu tragen, erachtet es das Gericht für sachgerecht, den im Einzelfall erstattungsfähigen Mietzins durch das arithmetische Mittel aus beiden Erhebungen zu berechnen und den Umständen des Einzelfalls im Übrigen dadurch gerecht zu werden, dass gegebenenfalls pauschale Ab- und - für Gebrauchsvorteile von wesentlicher Bedeutung - Aufschläge vorgenommen werden (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2012, Az. VI ZR 316/11; BGH, Urteil vom 27.03.2012, Az. VI ZR 40/10; BGH, Urteil vom 12.04.2011, Az. VI ZR 300/09; OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.08.2011, Az. 1 U 27/11; LG Essen, Urteil vom 28.08.2014, Az. 10 S 184/14). 26b) 27Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob durch die Parteien konkrete Tatsachen aufgezeigt werden, aus denen sich Mängel der als Schätzungsgrundlage herangezogenen Erhebungen ergeben und welche sich gleichfalls auf den zu entscheidenden Einzelfall erheblich auswirken (vgl. BGH, Urteil vom 12.04.2011, Az. VI ZR 300/09; OLG Hamm, a.a.O.). In diesem Fall kann das Gericht nach der Rechtsprechung des BGH nicht ohne Weiteres die entsprechende Erhebung als Schätzgrundlage verwenden, sondern ist vielmehr gehalten sich mit dem entsprechendem Vortrag der Parteien, etwa durch eine Beweiserhebung, auseinanderzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 18.05.2010, Az. VI ZR 293/08; BGH, Urteil v. 17.05.2011, Az. VI ZR 142/10). Ob dies auch für den Fall gilt, dass konkrete Zweifel an der Eignung einer der zur Ermittlung des arithmetischen Mittels zugrunde zulegenden Liste vorgebracht werden, brauchte das Gericht nicht zu entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2012, Az. VI ZR 316/11, OLG Hamm, a.a.O.; a.A. wohl OLG Köln, Urteil vom 11.08.2010, Az. 11 U 106/09). Denn vorliegend hat die Beklagte solche konkreten Zweifel nicht ausreichend dargelegt. Zweifel an der Eignung einer bestimmten Erhebung als Schätzungsgrundlage ergeben sich nämlich erst dann, wenn feststeht, dass ein dem jeweiligen konkreten Mietfahrzeug mit allen Kategorisierungsmerkmalen der Erhebung nebst der entsprechenden Zusatzleistungen für Sonderausstattungen vergleichbares Fahrzeug eines anderen Vermieters zu einem in erheblicher Weise niedrigerem Gesamtentgelt in dem exakt gleichen Zeitraum anzumieten gewesen wäre (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 28.01.2014, Az. 15 U 137/13, OLG Stuttgart, Urteil vom 18.08.2011, Az. 7 U 109/11; OLG Celle, Urteil vom 29.02.2012, Az. 14 U 49/11, a.A. OLG Hamm a.a.O.). An einer so gearteten Darlegung von Zweifeln durch die Beklagte fehlt es indes vorliegend. Die in der Klageerwiderung aufgeführten Mietwagenpreise sind nach Auffassung des Gerichts nicht geeignet, solche konkreten Zweifel an der Eignung des Schwacke-Automietpreisspiegels als Schätzungsgrundlage hervorzurufen. Aus diesen Angeboten ergibt sich nicht, dass die dort aufgeführten Fahrzeuge für den Zedenten am 18.11.2013 tatsächlich verfügbar gewesen sind, weil sich die Angebote zum Teil auf einen anderen Zeitpunkt (Oktober 2013, Januar 2014 bzw. November 2015) beziehen (vergleiche bereits insoweit zur fehlenden Eignung OLG Zweibrücken, Urteil vom 22.01.2014; Az. 1 U 165/11) und zudem eine Kenntnis des konkreten Mietzeitendes voraussetzen. Desweiteren enthalten die Angebote zum Teil eine Kilometerbeschränkung, sodass auch aus diesem Grund eine Vergleichbarkeit der Mietpreise nicht gegeben ist (OLG Dresden, Urteil vom 26.03.2014, Az. 7 U 1110/13). Soweit die Beklagte zum Beweis dafür, dass die von ihr genannten Tarife auch zum Unfallzeitpunkt marktüblich und zugänglich gewesen wären, pauschal die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten hat, handelt es sich um ein untaugliches Beweismittel (OLG Dresden, a.a.O.). 28c) 29Die konkrete Berechnung erfolgt unter Anwendung der für das Anmietungsjahr zeitnächsten Tabellen, wobei für den anzuwendenden PLZ-Bereich grundsätzlich der Wohnsitz des Geschädigten maßgebend ist. 30Der Zedent war vorliegend in dem Postleitzahlengebiet, das mit 452- beginnt, wohnhaft. Da der Schwacke-Automietpreisspiegel für das Jahr 2013 für das benannte PLZ-Gebiet in der Mietwagenklasse 10 keine Feststellungen getroffen hat bzw. den Moduswert der Wochenpauschale für das besagte Gebiet in allen Mietwagengruppen nicht erhoben hat, greift das Gericht für den vorliegenden Fall auf die Erhebung zu dem PLZ-Gebiet 451- zurück. Dieses grenzt zum einen unmittelbar an das vorgenannte PLZ-Gebiet an. Zum anderen hat die Mietstation der Klägerin in diesem Gebiet ihren Sitz, sodass sich auch insoweit ein unmittelbarer Bezug zu dem vorliegend streitgegenständlichen Anmietvorgang ergibt. 31Bei der Bemessung des Normaltarifs nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel ist grundsätzlich vom gewichteten Mittel (sog. „Modus“) auszugehen. Das gewichtete Mittel gibt im Gegensatz zum ebenfalls ausgewiesenen arithmetischen Mittel die tatsächlich angebotenen Preise wieder. Beim Marktpreisspiegel Mietwagen von Fraunhofer ist mangels Angabe eines Moduswertes von dem Mittelwert der Ergebnisse nach zweistelligen Postleitzahlenbereichen auszugehen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.08.2011, Az. 1 U 27/11). 32Im Übrigen hat das Gericht zur Berechnung des Normaltarifs von der Gesamtmietdauer auszugehen und daraus dann den jeweiligen Tagesmietpreis zu errechnen und diesen Wert mit der Gesamtmietdauer zu multiplizieren (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 20.07.2011, Az. 13 U 108/10). Insoweit sind nicht die jeweiligen Tages- beziehungsweise Wochenpauschalen entsprechend der Mietzeit zu addieren (vgl. LG Essen, Urteil vom 28.08.2014, Az. 10 S 184/14). Dies ergibt sich nach Auffassung des Gerichts bereits daraus, dass im Marktpreisspiegel Mietwagen von Fraunhofer der jeweilige Tagespreis konkret ausgewiesen wird (vergleiche Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2015). Des Weiteren weist auch der Schwacke-Automietpreisspiegel ausdrücklich darauf hin, dass die Wochenpauschale häufig deutlich unter den Mietpreisen für eine Spanne von sechs Tagen liegt. 33Zwar rechtfertigen sich die höheren Kosten für die geringere Anmietdauer dadurch, dass die Verwaltungsaufgaben unabhängig von der Anmietdauer des Fahrzeuges in gleichem Maße anfallen und diese somit auf jeweils weniger Tage zu verteilen sind. Daraus folgt dann aber auch, dass bei einer längeren Anmietdauer von der jeweiligen Pauschale auszugehen und der sich daraus ergebende Tagesmietpreis mit der Mietdauer zu multiplizieren ist. Zumal die in den Erhebungen angegeben Mietpreise sich allein auf die Anmietung eines Fahrzeugs für den jeweiligen Zeitraum (z.B. 5 Tage) beziehen und eine daran anschließende Verlängerung der Mietdauer nicht erfasst ist. Auch dass die Mietdauer bei Anmietung im Rahmen von Verkehrsunfällen zu Beginn unbestimmt ist und der Vermieter somit keine weiteren Dispositionen über das Fahrzeug treffen kann, rechtfertigt nach Auffassung des Gerichts kein anderes Ergebnis. Denn gerade diese fehlende Dispositionsmöglichkeit des Vermieters ist allenfalls im Rahmen von Zuschlägen auf den hierzu lediglich zu ermittelnden Normaltarif beachtlich. 342. 35Die Klägerin kann Ersatz derjenigen Kosten verlangen, die für die Anmietung eines Mietwagens der Fahrzeugklasse 10 im Jahr 2013 als angemessen zu erachten waren. 36Nach Auffassung des Gerichts darf ein Geschädigter grundsätzlich eine gleichartige und gleichwertige Sache, insbesondere ein nach Typ, Komfort, Größe, Bequemlichkeit und Leistung vergleichbares Fahrzeug, anmieten (vgl. Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl. 2011, Kapitel 3, Rn. 68 m.w.N.). 37Vorliegend war das verunfallte Fahrzeug unstreitig der Fahrzeuggruppe 10 zuzuordnen. Der Zedent mietete – zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig – für das verunfallte Fahrzeug ersatzweise einen Mietwagen an, der ebenfalls der Fahrzeuggruppe 10 zuzuordnen ist. Die Anmietung eines klassengleichen Fahrzeuges ist nach den vorstehend dargestellten Grundsätzen nicht zu beanstanden. 383. 39Die Klägerin kann Ersatz der angemessenen Mietwagenkosten für einen Zeitraum von 9 Tagen verlangen. 40Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Zedent das verunfallte Fahrzeug über den Zeitraum vom 18.–27.11.2013 unfallbedingt nicht nutzen konnten. Für diesen Zeitraum war der Zedent daher auf die Nutzung des streitgegenständlichen Mietfahrzeuges angewiesen. 414. 42Der Normaltarif der Mietwagenkosten berechnet sich auf Grundlage der Fahrzeugklasse 10 für 9 Tage wie folgt: 43Schwacke (PLZ-Gebiet 451-) 449 x Wochenpauschale Modus (EUR 1.209,00) : 7 EUR 1.554,43 459 x erweiterte Haftungsbefreiung Modus (EUR 16,00) EUR 144,00 46GESAMT EUR 1.698,43 47Fraunhofer (PLZ 45-) 489 x Wochenpauschale Mittelwert (EUR 673,07) : 7 EUR 865,38 49Arithmetisches Mittel 50(EUR 1.698,43 + EUR 865,38) : 2 EUR 1.281,91 515. 52Von den auf diese Weise berechneten, angemessenen und daher erstattungsfähigen Mietwagenkosten ist ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 10 % vorzunehmen. 53Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen ist immer dann anzunehmen, wenn der Eigentümer des verunfallten Fahrzeugs für die Zeit der Nichtnutzbarkeit des verunfallten Fahrzeugs ein Mietfahrzeug anmietet, das in die gleiche Fahrzeuggruppe wie das verunfallte Fahrzeug einzuordnen ist (Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Auflage 2015, § 249 BGB Rn. 36; vgl. OLG Hamm, Urteil v. 21.04.2008, Az. 6 U 188/07). Der Zedent hat vorliegend ein gleichwertiges Fahrzeug angemietet. Die Voraussetzungen für einen Abzug in Höhe von 10 % für ersparte Eigenaufwendungen sind damit vorliegend erfüllt. Der erstattungsfähige Betrag beträgt dementsprechend EUR 1.153,72. 546. 55Die Klägerin kann weiterhin die Kosten für die Zustellung und Abholung des Mietfahrzeugs, die Kosten der erweiterten Haftungsbefreiung sowie die Kosten für die Ausstattung des Mietfahrzeuges mit Winterreifen von der Beklagten ersetzt verlangen. 56a) 57Die Kosten für die Zustellung und Abholung des Fahrzeuges sind erstattungsfähig. 58Dem Geschädigten kann auch unter Gesichtspunkten der Schadenminderungspflicht nicht zugemutet werden, ein Ersatzfahrzeug bei einer Mietwagenstation abzuholen, da er nach § 249 BGB gerade so zu stellen ist wie er ohne das schadensstiftende Ereignis stehen würde. Ein Unfallbeteiligter kann daher auch Ersatz für die Kosten verlangen, die durch die Zustellung des angemieteten Ersatzfahrzeuges entstehen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 02.03.2007, Az. 19 U 181/06). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Zedent die Leistung der Zustellung bzw. Abholung in Anspruch genommen hat. 59b) 60Erstattungsfähig sind ferner diejenigen Kosten, die durch Inanspruchnahme der erweiterten Haftungsbefreiung entstanden sind. 61Der durch einen fremdverschuldeten Unfall Geschädigte – im vorliegenden Fall der Zedent – kann, wenn er auf die Anmietung eines Mietwagens angewiesen ist, grundsätzlich Ersatz derjenigen Aufwendungen verlangen, die für eine der Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung entsprechende Haftungsfreistellung anfallen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Geschädigte während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt ist (vgl. BGH, Urteil v. 15.02.2005, Az. VI ZR 74/04). Dabei ist unerheblich, ob eine vergleichbare Versicherung für das verunfallte Fahrzeug besteht, da es dem Geschädigten nicht zumutbar ist, bei der notwendigen Nutzung eines fremden Fahrzeugs einem Schadensrisiko ausgesetzt zu sein (vgl. OLG Koblenz, Urteil v. 02.02.2015, Az. 12 U 1429/13). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Ein erhöhtes wirtschaftliches Risiko erwuchs dem Zedenten bereits daraus, dass er aufgrund der Anmietung eines hochwertigen Fahrzeugs der Gefahr ausgesetzt war, bei einer Beschädigung desselben ohne vorherige Inanspruchnahme einer entsprechenden Haftungsbefreiung, erheblichen Schadensersatzforderungen der Vermieterin ausgesetzt zu sein. 62c) 63Weiterhin erstattungsfähig sind die zusätzlichen Kosten, die für die Ausstattung des Mietfahrzeugs mit Winterreifen angefallen sind. 64Seitens des Autovermieters besteht zuvorderst die Pflicht, dem Kunden ein verkehrssicheres Auto zur Verfügung zu stellen, zu welchem in den Wintermonaten auch Winterreifen gehören. Es kann dabei allerdings nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die hierauf entfallenden Kosten als Preisbestandteil des Normaltarifs anzusehen sind. Vielmehr liegt es im kalkulatorischen Ermessen des Autovermieters, ob er die durch Vorhaltung der Winterreifen begründeten Mehrkosten bei der Preisgestaltung als Bestandteil des Normaltarifs berücksichtigt oder als Zusatzkosten in Rechnung stellt (vgl. BGH, Urteil vom 04.05.2012, Az. VI ZR 245/11, OLG Dresden, Urteil vom 18.07.2012, Az. 7 U 269/12, OLG Celle, Urteil vom 29.12.2012, Az. 14 U 49/11). Die Anmietung des Ersatzfahrzeugs erfolgte im vorliegenden Fall für den Monat November und damit zu einer Jahreszeit, in der regelmäßig mit eis- bzw. schneeglatten Straßen zu rechnen ist. 657. 66Allerdings kann die Klägerin die zuvor aufgeführten Nebenkosten nicht in voller Höhe ersetzt verlangen. Der Umfang der Erstattungsfähigkeit der Kostenpositionen bemisst sich in Ermangelung entsprechender Angaben im Marktpreisspiegels Mietwagen von Fraunhofer zunächst an den im Schwacke-Automietpreisspiegel genannten Beträgen. Allerdings bedarf es insoweit einer Reduzierung der angeführten Beträge, die sich daran bemisst, wie weit sich der nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel zugrunde zu legende Normaltarif prozentual von dem vorstehend berechneten arithmetischen Mittel unterscheidet. 67a) 68Der Schwacke-Automietpreisspiegel enthält, im Gegensatz zum Marktpreisspiegel Mietwagen von Fraunhofer, Angaben zu den hier geltend gemachten Nebenkosten für die Anmietung eines Fahrzeugs. Eine Mittelwertbildung zwischen den beiden Erhebungen, wie sie zuvor in Hinblick auf den Normaltarif der Anmietung erfolgt ist, ist aus diesem Grunde nicht möglich. Es erscheint zudem unbillig, den Versuch einer Mittelwertbildung zu betreiben, indem man annähme, die von Fraunhofer ermittelten Werte betrügen jeweils EUR 0,00, sodass letztlich sämtliche Werte der im Schwacke-Automietpreisspiegel aufgeführten Nebenkosten zu halbieren seien. Eine solche Herangehensweise würde den Umstand unberücksichtigt lassen, dass der Marktpreisspiegel Mietwagen von Fraunhofer nicht davon ausgeht, dass die genannten Nebenkosten der Anmietung kostenfrei wären. Vielmehr trifft die Erhebung des Fraunhofer Instituts gar keine Aussage zu den fraglichen Positionen. 69Dennoch erscheint es auch im Rahmen der Ermittlung der angemessenen Nebenkosten für die Anmietung aufgrund der bereits zuvor in Bezug genommenen Vor- und Nachteile der Erhebungen nach Schwacke bzw. Fraunhofer als sachgerecht, einen Ausgleich zwischen den beiden Erhebungen vorzunehmen. Die Tatsache, dass lediglich eine der beiden Erhebungen, nämlich Schwacke, Feststellungen zu den hier in Streit stehenden Nebenkosten getroffen hat, rechtfertigt nicht, allein die Angaben dieser Erhebung zugrunde zu legen. Denn die Bedenken, die gegen die alleinige Anwendung des Normaltarifs des Schwacke-Automietpreisspiegels und zu der Anwendung des arithmetischen Mittels zwischen beiden Erhebungen führen, bestehen grundsätzlich in gleicher Form hinsichtlich der Höhe der Nebenkosten der Anmietung. Es erscheint aus diesem Grunde geboten, eine Reduzierung der nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel zugrunde zu legenden Kosten vorzunehmen, um so die angemessenen und daher erstattungsfähigen Aufwendungen für die jeweiligen Nebenkostenpositionen zu ermitteln. Dabei kann das Gericht die Angemessenheit der Aufwendungen für Nebenkostenpositionen ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens im Rahmen seines richterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO schätzen. 70Das Gericht folgt daher im Zuge seiner Schätzung der Auffassung, dass sich die Art und Weise der Erhebung durch Schwacke bzw. Fraunhofer sowohl auf die Ermittlung des angemessenen Normaltarifs als auch auf die Ermittlung der angemessenen Aufwendungen für Nebenkosten der Anmietung auswirkt. Der angemessene, erstattungsfähige Preis liegt somit, wie auch beim Normaltarif der Anmietung, zwischen den jeweiligen Werten der beiden Erhebungen. Das Gericht nimmt an, dass der relative Abstand der erstattungsfähigen Aufwendungen von den im Schwacke-Automietpreisspiegel genannten Preisen sowohl in Bezug auf den Normaltarif als auch in Bezug auf die Nebenkostenpositionen jeweils gleich groß ausfällt (vgl. LG Arnsberg, Urteil vom 26.02.2013, Az. 5 S 46/11). 71Aus diesem Grunde nimmt das Gericht einen prozentualen Abschlag hinsichtlich der nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel erstattungsfähigen Nebenkosten vor. Dieser bemisst sich an der relativen Abweichung des im vorliegenden Fall erstattungsfähigen Normaltarifs von dem nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel zugrunde zu legenden Normaltarif (vgl. LG Arnsberg, a.a.O.). 72b) 73Die gegen diese Art der Berechnung zuweilen vorgebrachten Einwendungen sind nicht geeignet, die Geeignetheit dieser Art der Berechnung zur Ermittlung der angemessenen und somit erstattungsfähigen Kosten in Zweifel zu ziehen. Soweit vorgetragen wird, dass die von Fraunhofer verwandte Preissuchmaschine die hier in Streit stehenden Nebenforderungen nicht ermitteln könne, lässt sich hieraus noch kein Grund ersehen, der zur uneingeschränkten Anwendung des Schwacke-Automietpreisspiegels führte. Es wäre vielmehr substantiiert darzulegen, dass die im Schwacke-Automietpreisspiegel genannten Preise für die einzelnen Kostenpositionen zwingend zugrunde zu legen sind, etwa weil sich unter keinen Umständen günstigere Angebote finden lassen. Dies hat die Klägerin vorliegend nicht getan. 74Der weitere zuweilen vorgebrachte Einwand, dass die erstattungsfähigen Nebenkosten durch die angewandte Form der Berechnung im einzelnen Fall unterschiedlich hoch ausfielen, ist tatsächlich ein Argument, dass für diese Art der Berechnung durch das Gericht spricht. Denn es erscheint dem Gericht unbillig, für Mietwagen gleich welcher Klasse stets die gleichen Nebenkosten als ersatzfähig anzusehen. Berücksichtigt man allein die nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel zugrunde zu legenden Werte, so wären beispielsweise für die Ausstattung eines Mietfahrzeugs der Fahrzeuggruppe 1 mit einem Navigationsgerät die gleichen Kosten zu erstatten wie für einen Mietwagen der Fahrzeuggruppe 10. Die Qualität der zusätzlichen Ausstattung des Mietwagens unterliegt jedoch entsprechend der jeweiligen Fahrzeuggruppe ebenfalls erheblichen Schwankungen. Aus diesem Grund wäre es unbillig, in jedem Fall die gleichen Kosten als erstattungsfähig anzusehen, vielmehr bedarf es einer einzelfallbezogenen Betrachtung. 75Eine Ausnahme von dieser fahrzeuggruppenunabhängigen Bewertung der Nebenkosten durch den Schwacke-Automietpreisspiegel stellen allein die zusätzlichen Kosten einer erweiterten Haftungsbefreiung dar. Die Kosten einer erweiterten Haftungsbefreiung werden im Schwacke-Automietpreisspiegel abhängig von der jeweiligen Fahrzeuggruppe aufgeführt. Die Kosten der erweiterten Haftungsbefreiung werden aus diesem Grunde bereits im Rahmen der Berechnung des Mittelwerts zwischen beiden Erhebungen berücksichtigt. Eine anteilige Kürzung unterbleibt daher in diesem Fall. 76c) 77Der vorstehend nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel zu berücksichtigende Mietpreis beläuft sich auf EUR 1.698,43. Der Mittelwert zwischen beiden Erhebungen beläuft sich auf EUR 1.281,91. Der erstattungsfähige Mittelwert zwischen beiden Erhebungen beträgt somit lediglich ca. 75 % des Wertes, der nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel für den Normaltarif zugrunde zu legen wäre. Die auf der Grundlage des Schwacke-Automietpreisspiegels berechneten Aufwendungen für Nebenkosten sind daher gemäß dem Vorstehenden im gleichen Maße zu kürzen. 78Die Kosten für die Zustellung und Abholung des Mietfahrzeugs betragen laut dem Schwacke-Automietpreisspiegel 2013 je EUR 23,00, mithin zusammengenommen EUR 46,00. Hiervon sind nach dem Vorstehenden EUR 34,50 erstattungsfähig. Die Kosten der Ausstattung des Mietfahrzeugs mit Winterreifen betragen laut dem Schwacke-Automietpreisspiegel 2013 EUR 10,00 pro Tag, für 9 Tage somit EUR 90,00. Hiervon sind EUR 67,50 erstattungsfähig. 79d) 80Insgesamt ergibt sich damit folgende Berechnung: 81Mittelwert Normaltarif Fahrzeuggruppe 10 für 9 Tage EUR 1.153,72 82Zustellung und Abholung (reduzierter Modus-Wert) EUR 34,50 83Winterreifen (reduzierter Modus-Wert) EUR 67,50 84 85Gesamt EUR 1.255,72 868. 87In Höhe eines Betrages von EUR 736,61 ist gemäß § 362 Abs. 1 BGB Erfüllung des Anspruchs der Klägerin eingetreten. 88Zwischen den Parteien ist insoweit unstreitig, dass die Beklagte vorprozessual einen Teilbetrag in Höhe von EUR 736,61 an die Klägerin gezahlt hat. Der Klägerin steht nach Abzug dieser Summe noch ein Anspruch auf Ersatz weiterer Mietwagenkosten in Höhe von EUR 519,11 zu. 89III. 90Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 S. 1 Hs. 1, S. 2 i.V.m. § 288 Abs. 1 S. 1, 2 BGB. 91Der Anspruch der Klägerin ist ab dem 28.10.2015 zu verzinsen. Die Klage ist der Beklagten am 27.10.2015 zugestellt worden. 92IV. 93Die Klägerin hat daneben keinen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gegen die Beklagten. 941. 95Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aufgrund eines Verzuges der Beklagten aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB. 96Bei den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten handelt es sich nicht um einen Verzugsschaden der Klägerin. Bei der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten handelt es sich nicht um Aufwendungen, die die Klägerin aufgrund des Verzuges der Beklagten getätigt hätte. Zum Zeitpunkt der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten befand sich die Beklagte noch nicht in Verzug mit der von ihr geschuldeten Leistung. Der Verzug der Beklagten konnte erst mit Ablauf der zum 14.10.2014 gesetzten Frist eintreten. Soweit die Klägerin auf das als Anlage K 5 überreichte Schreiben vom 06.10.2014 verweist, ist dieses nicht geeignet, einen Verzugsschadensersatzanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten in Bezug auf die Kosten der vorgerichtlichen anwaltlichen Vertretung der Klägerin zu begründen. Ausweislich dieses Schreibens war der Prozessbevollmächtigte der Klägerin der Verfasser dieses Schreibens und somit bei Eintritt des Verzuges von der Klägerin bereits beauftragt worden. 972. 98Die Rechtsanwaltskosten sind auch nicht als Schaden des Zedenten als dem ursprünglich Geschädigten gemäß § 249 Abs. 1 BGB erstattungsfähig. 99Zwar erstreckt sich der Schadensersatzanspruch des bei dem Unfall unmittelbar Geschädigten auch auf ihm die im Rahmen der vorprozessualen Rechtsverfolgung entstandenen Anwaltskosten, soweit sie nach der berechtigten Schadensersatzforderung angefallen wären. Soweit es die rein zivilrechtliche Verfolgung der eigenen Ansprüche angeht, darf sich der Geschädigte auch schon vorprozessual eines Rechtsanwalts bedienen (vgl. BGH, Urteil v. 08.01.1962, Az. III ZR 210/60), nicht etwa nur dann, wenn ein Rechtsanwalt erforderlich war. Bei derartigen im Rahmen der Geltendmachung des Schadens angefallenen Anwaltskosten handelt es sich um einen adäquaten Schaden, der aus der Schädigungshandlung erwächst, sodass die entsprechenden Kosten im Rahmen des Erforderlichen zu ersetzen sind (vgl. OLG Hamm, Urteil v. 19.06.2008, Az. 6 U 48/08). Der Gegner muss in diesem Fall vor Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe nicht in Verzug gesetzt worden sein (Grüneberg in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 72. Auflage 2013, § 249 Rn. 57). 100Vorliegend handelt es sich indes nicht um die vorprozessual entstandenen Rechtsanwaltskosten des Zedenten, die die Klägerin ersetzt verlangt, sondern diejenigen Kosten, die ihr selbst entstanden sind. Sie macht insoweit nicht etwa Ansprüche aus abgetretenem Recht, sondern vielmehr einen eigenen Anspruch geltend. Auch hat der Zedent der Klägerin nicht die ihm entstandenen Rechtsanwaltskosten zur eigenen Geltendmachung abgetreten, sondern lediglich die ihm entstanden Mietwagenkosten. 101Die vorprozessualen Rechtsanwaltskosten können auch nicht etwa für die Klägerin als ein adäquater Schaden infolge des ursprünglichen Unfallgeschehens angesehen werden. Zum einen handelt es sich bei der vorstehend dargestellten Rechtsprechung um eine Ausnahme zugunsten des bei dem Verkehrsunfall Geschädigten, sodass es insoweit einer eher restriktiven Handhabung bedarf. Darüber hinaus würde eine solche großzügige Anwendung § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zuwiderlaufen, nach welchem der Schadensersatz auf den erforderlichen Herstellungsaufwand begrenzt ist. Würde man jedoch dem Geschädigten und denjenigen Personen und Unternehmen, an die der Geschädigte nach dem Unfall etwaige Forderungen erfüllungshalber abgetreten hat, zugestehen, vorprozessuale Rechtsanwaltskosten ohne das Erfordernis des Verzuges geltend zu machen, würden die von dem Schädiger zu ersetzenden Rechtsanwaltskosten – aufgrund der Beauftragung unterschiedlicher Rechtsanwälte – vervielfacht. Auf diesen Prozess hätte der ursprüngliche Schädiger indes keinen Einfluss, die Vervielfachung der zu erstattenden Rechtsanwaltskosten beruht vielmehr allein auf der Entscheidung des Geschädigten, einzelne seiner Forderungen, z.B. Sachverständigen- oder, wie vorliegend, Mietwagenkosten, an die beauftragten Personen und Unternehmen abzutreten. 102V. 103Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB. 104Die Kostenentscheidung ist eine sogenannte gemischte Kostenentscheidung. Zwar betraf das teilweise Unterliegen der Klägerin zum Teil einen nicht streitwerterhöhenden Anspruchsteil, soweit es die geltend gemachten Nebenforderungen angeht. Bei teilweisem Unterliegen sind die Kosten aber dennoch entsprechend § 92 Abs. 1 S. 1 Var. 2 ZPO quotenmäßig zu verteilen, wenn das Unterliegen mit einer Nebenforderung nicht nur auf einer verhältnismäßig geringen Zuvielforderung im Sinne des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO beruht. 105Eine verhältnismäßig geringe Zuvielforderung ist in der Regel dann anzunehmen, wenn diese nicht mehr als 10 % des dazu zu bildenden fiktiven Gesamtstreitwerts ausmacht (Greger in: Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 269 Rn. 19a, Herget in: Zöller, a.a.O., § 92 Rn. 3 a.E., 11). Dies ist vorliegend bei einer Hauptforderung in Höhe von EUR 1.651,92 und einer Nebenforderungen in Höhe von EUR 215,00 nicht mehr der Fall. Das Unterliegen mit der geltend gemachten Forderungen ist nicht mehr als geringfügig anzusehen. Denn die Klägerin ist hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Nebenforderungen in voller Höhe, mithin in Höhe eines Anteils von insgesamt 12 % (des dazu zu bildenden fiktiven Gesamtstreitwerts von EUR 1.866,92), unterlegen. 106VI. 107Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO. 108VII. 109Der Streitwert wird auf EUR 1.651,92 festgesetzt. 110Rechtsbehelfsbelehrung: 111A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 1121. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 1132. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 114Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Essen, Zweigertstr. 52, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 115Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Essen zu begründen. 116Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Essen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 117Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 118B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Essen statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Essen, Zweigertstr. 52, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. 119Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. | i.die beklagte wird verurteilt, an die klägerin eur 519,11 nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 28.10.2015 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. ii. die kosten des rechtsstreits tragen die klägerin zu 72 % und die beklagte zu 28 %. iii. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgegner vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die parteien streiten über restliche von der klägerin geltend gemachte schadensansprüche anlässlich eines verkehrsunfalls vom 02.11.2013, welcher durch den fahrer eines bei der beklagten haftpflichtversicherten kraftfahrzeugs allein verursacht und verschuldet wurde 3bei dem gegenständlichen unfall wurde das kraftfahrzeug des herrn u, typ q, nicht unerheblich beschädigt. dieses fahrzeug ist nach der eurotaxschwacke-klassifikation der fahrzeugklasse 10 zuzuordnen. herr u wohnte zum zeitpunkt des verkehrsunfalls in dem postleitzahlengebiet, welches mit den ziffern 452- beginnt. vom 18.11.2013 bis zum 27.11.2013 wurde das unfallbedingt beschädigte fahrzeug repariert. herrn u war die nutzung des fahrzeugs in dieser zeit nicht möglich. 4am 18.11.2013 mietete herr u, anlässlich der reparatur seines fahrzeuges bei der klägerin einen mietwagen der fahrzeugklasse 10 der eurotaxschwacke-klassifikation an. in dem mietvertrag vereinbarte die klägerin mit herrn u eine erweiterte haftungsbefreiung ohne selbstbeteiligung. das mietfahrzeug war mit winterreifen ausgestattet und wurde herrn u zugestellt sowie auch wieder abgeholt. aus anlass der anmietung trat herr u die angebliche schadenersatzforderung auf erstattung der mietwagenkosten gegen die beklagte erfüllungshalber an die klägerin ab. die klägerin stellte herrn u mit rechnung vom 29.04.2014 einen bruttobetrag in höhe von eur 2.517,14 in rechnung. wegen der weiteren einzelheiten wird auf den vorgenannten mietvertrag, anlage zur klageschrift k 2 (blatt 6 der akte), die vorgenannte abtretungserklärung, anlage zur klageschrift k 1 (blatt 5 der akte), sowie die vorgenannte mietwagenrechnung, anlage zur klageschrift k 4 (blatt 9 der akte), bezug genommen. eine zahlung des betreffenden betrages durch herrn u erfolgte nicht. 5die beklagte zahlte vorprozessual einen betrag von eur 736,61. mit anwaltlichem schreiben vom 06.10.2014 forderte die klägerin die beklagte unter frissetzung zum 14.10.2014 zur zahlung der weiteren, herrn u infolge des unfalls entstandenen mietwagenkosten auf. eine weitere zahlung durch die beklagte erfolgte indes nicht. 6die klägerin ist der auffassung, dass die von ihr de herrn u in rechnung gestellten mietwagenkosten abzüglich eines abzuges in höhe von eur 128,61 für ersparte eigenaufwendungen erstattungsfähig seien. 7die klägerin beantragt mit der der beklagten am 27.10.2015 zugestellten klage, 8die beklagte zu verurteilen, an die klägerin eur 1.651,92 nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshändigkeit sowie vorgerichtliche rechtsanwaltskosten in höhe von eur 215,00 zu zahlen. 9die beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11die beklagte ist der auffassung, die klägerin könne vorliegend die erstattungsfähigen mietwagenkosten allenfalls nach dem marktpreisspiegel mietwagen von fraunhofer abrechnen. zudem seien die zusätzlichen kosten für die ausstattung des mietfahrzeugs mit winterreifen nicht erstattungsfähig. 12die parteien haben ihr einverständnis mit einer entscheidung im schriftlichen verfahren gemäß § 128 abs. 2 zpo erklärt. 13 | 14die entscheidung ergeht nach zustimmung der parteien im schriftlichen verfahren gemäß § 128 abs. 2 zpo. 15die zulässige klage ist in dem aus dem urteilsausspruch ersichtlichen umfang begründet. im übrigen ist die klage unbegründet. 16die klägerin hat aufgrund des verkehrsunfalles vom 02.11.2013 gemäß §§ 7 abs. 1, 17, 18 abs. 1 stvg, § 115 abs. 1 s. 1 nr. 1, s. 4 vvg i.v.m. § 1 pflvg, § 823 abs. 1 bgb einen anspruch gegen die beklagte auf erstattung weiterer mietwagenkosten in der ausgeurteilten höhe aus abgetretenem recht. 17i. 18der anspruchsbegründende tatbestand ist erfüllt. die voraussetzungen der §§ 7 abs. 1, 17, 18 abs. 1 stvg, 115 abs. 1 nr. 1 vvg i.v.m. § 1 pflvg sind vorliegend zwischen den parteien unstreitig. des weiteren unstreitig ist die alleinige haftung der beklagten aufgrund des verkehrsunfalls vom 02.11.2013. die von der klägerin geltend gemachten weiteren mietwagenkosten sind indes der höhe nach nicht voll erstattungsfähig. 19gemäß § 249 abs. 2 s. 1 bgb ist der schadensersatz auf den erforderlichen herstellungsaufwand begrenzt, mithin auf die aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender mensch in der lage des geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (vgl. bgh, urteil vom 14.10.2008, az. vi zr 308/07). nach dem aus dem grundsatz der erforderlichkeit hergeleiteten und im schadensersatzrecht herrschenden wirtschaftlichkeitsgebot hat der geschädigte im rahmen des ihm zumutbaren stets den wirtschaftlicheren weg der schadensbehebung zu wählen. das bedeutet für den bereich der mietwagenkosten, dass der geschädigten von mehreren auf dem örtlich relevanten markt erhältlichen tarifen für die anmietung eines vergleichbaren ersatzfahrzeuges grundsätzlich - in einem gewissen rahmen - nur den günstigeren mietpreis erstattet verlangen kann. daraus ergibt sich, dass der geschädigte nur anspruch auf erstattung des normaltarifs für den örtlich relevanten markt hat. diesen normaltarif kann das gericht ohne einholung eines sachverständigengutachtens im rahmen seines richterlichen ermessens gemäß § 287 zpo schätzen. hierbei hat das gericht die umstände des jeweiligen einzelfalls zu beachten. es war dennoch nach obergerichtlicher rechtsprechung nicht gehindert, in fällen wie dem hiesigen, listen oder tabellen bei der schadensersatzschätzung zu verwenden (vgl. bgh urteil vom 17.05.2011, az. vi zr 142/10, bgh, urteil vom 12.04.2011, az. vi zr 300/09). hat das gericht jedoch bedenken an der grundsätzlichen eignung der listen als grundlage der schadensschätzung, so kann es die heranziehung bestimmter listen ablehnen (vgl. bgh, urteil vom 12.04.2011, az. vi zr 300/09; bgh, urteil vom 14.10.2008, az. vi zr 308/07). 201. 21aufgrund der grundsätzlichen bedenken, die gegen die erhebungsmethoden sowohl des schwacke-automietpreisspiegels als auch gegen den marktpreisspiegel mietwagen von fraunhofer bestehen, hält es das gericht für sachgerecht, sich bei der schätzung der als normaltarif ersatzfähigen mietwagenkosten an den tarifen des marktpreisspiegels mietwagen 2013 von fraunhofer als untergrenze und denjenigen des schwacke-automietpreisspiegels 2013 als obergrenze des am regionalen markt üblichen normaltarifs zu orientieren. nur so können die schwächen der beiden erhebungen ausgeglichen werden, um so zu einem der tatsächlichen anmietsituation eines normalkunden am ehesten vergleichbarem ergebnis zu kommen (vgl. bgh, urteil vom 18.05.2010, az. vi zr 293/08; olg zweibrücken, urteil vom 22.01.2014, az. 1 u 165/11; olg celle, urteil vom 09.10.2013, az. 14 u 51/13; olg köln, urteil vom 01.08.2013, az. 15 u 9/12; olg karlsruhe, urteil vom 01.02.2013, az. 1 u 130/12; olg hamm, urteil vom 20.07.2011, az. 13 u 108/10; olg saarbrücken, urteil vom 22.12.2009, az. 1 u 165/11). 22a) 23bedenken gegen den marktpreisspiegel mietwagen von fraunhofer werden insoweit vorgebracht, als dass ein möglicher preisanstieg bei erforderlicher sofortiger verfügbarkeit des fahrzeugs sowie höhere wochentarife bei telefonischer anmietung gegenüber einer anmietung über das internet scheinbar nicht ausreichend berücksichtigt werden. des weiteren werden in der befragung lediglich die sechs größten autovermietungsfirmen berücksichtigt. außerdem erscheint sich aufgrund der aufgliederung in lediglich zweistellige postleitzahlengebiete ein gröberes raster als beim schwacke-automietpreisspiegel zu ergeben (vgl. olg saarbrücken, a.a.o.; olg hamm, a.a.o.). 24demgegenüber wird gegen den schwacke-automietpreisspiegel – insoweit auch von der beklagten – vorgebracht, dass diese auf einer reinen angebotserhebung beruhe, bei welcher den befragten unternehmen jeweils bekannt war, dass ihre angebote zur grundlage einer entsprechenden marktuntersuchung gemacht werden sollen. zudem entsprächen die von den unternehmen zur erstellung des schwacke-automietpreisspiegel übermittelten preislisten – in hinblick auf den starken druck der konkurrenz – nicht realisierbaren preisen auf dem markt (vgl. olg düsseldorf, urteil vom 24.03.2015, az. 1 u 42/14; lg essen, urteil vom 29.07.2010, az. 10 s 87/10). 25hinsichtlich dieser grundsätzlichen bedenken bezüglich der methodischen erhebung sieht sich das gericht außer stande zu entscheiden, welche der empirischen erhebungsmethoden zutreffend ist. die hierfür erforderliche vollständige aufklärung aller entscheidenden umstände ist mit erheblichen schwierigkeiten und kosten verbunden, die zur bedeutung der mietkostenforderung unverhältnismäßig erscheinen. um diesen bedenken und schwierigkeiten rechnung zu tragen, erachtet es das gericht für sachgerecht, den im einzelfall erstattungsfähigen mietzins durch das arithmetische mittel aus beiden erhebungen zu berechnen und den umständen des einzelfalls im übrigen dadurch gerecht zu werden, dass gegebenenfalls pauschale ab- und - für gebrauchsvorteile von wesentlicher bedeutung - aufschläge vorgenommen werden (vgl. bgh, urteil vom 18.12.2012, az. vi zr 316/11; bgh, urteil vom 27.03.2012, az. vi zr 40/10; bgh, urteil vom 12.04.2011, az. vi zr 300/09; olg karlsruhe, urteil vom 11.08.2011, az. 1 u 27/11; lg essen, urteil vom 28.08.2014, az. 10 s 184/14). 26b) 27davon zu unterscheiden ist die frage, ob durch die parteien konkrete tatsachen aufgezeigt werden, aus denen sich mängel der als schätzungsgrundlage herangezogenen erhebungen ergeben und welche sich gleichfalls auf den zu entscheidenden einzelfall erheblich auswirken (vgl. bgh, urteil vom 12.04.2011, az. vi zr 300/09; olg hamm, a.a.o.). in diesem fall kann das gericht nach der rechtsprechung des bgh nicht ohne weiteres die entsprechende erhebung als schätzgrundlage verwenden, sondern ist vielmehr gehalten sich mit dem entsprechendem vortrag der parteien, etwa durch eine beweiserhebung, auseinanderzusetzen (vgl. bgh, urteil vom 18.05.2010, az. vi zr 293/08; bgh, urteil v. 17.05.2011, az. vi zr 142/10). ob dies auch für den fall gilt, dass konkrete zweifel an der eignung einer der zur ermittlung des arithmetischen mittels zugrunde zulegenden liste vorgebracht werden, brauchte das gericht nicht zu entscheiden (vgl. bgh, urteil vom 18.12.2012, az. vi zr 316/11, olg hamm, a.a.o.; a.a. wohl olg köln, urteil vom 11.08.2010, az. 11 u 106/09). denn vorliegend hat die beklagte solche konkreten zweifel nicht ausreichend dargelegt. zweifel an der eignung einer bestimmten erhebung als schätzungsgrundlage ergeben sich nämlich erst dann, wenn feststeht, dass ein dem jeweiligen konkreten mietfahrzeug mit allen kategorisierungsmerkmalen der erhebung nebst der entsprechenden zusatzleistungen für sonderausstattungen vergleichbares fahrzeug eines anderen vermieters zu einem in erheblicher weise niedrigerem gesamtentgelt in dem exakt gleichen zeitraum anzumieten gewesen wäre (vgl. olg köln, beschluss vom 28.01.2014, az. 15 u 137/13, olg stuttgart, urteil vom 18.08.2011, az. 7 u 109/11; olg celle, urteil vom 29.02.2012, az. 14 u 49/11, a.a. olg hamm a.a.o.). an einer so gearteten darlegung von zweifeln durch die beklagte fehlt es indes vorliegend. die in der klageerwiderung aufgeführten mietwagenpreise sind nach auffassung des gerichts nicht geeignet, solche konkreten zweifel an der eignung des schwacke-automietpreisspiegels als schätzungsgrundlage hervorzurufen. aus diesen angeboten ergibt sich nicht, dass die dort aufgeführten fahrzeuge für den zedenten am 18.11.2013 tatsächlich verfügbar gewesen sind, weil sich die angebote zum teil auf einen anderen zeitpunkt (oktober 2013, januar 2014 bzw. november 2015) beziehen (vergleiche bereits insoweit zur fehlenden eignung olg zweibrücken, urteil vom 22.01.2014; az. 1 u 165/11) und zudem eine kenntnis des konkreten mietzeitendes voraussetzen. desweiteren enthalten die angebote zum teil eine kilometerbeschränkung, sodass auch aus diesem grund eine vergleichbarkeit der mietpreise nicht gegeben ist (olg dresden, urteil vom 26.03.2014, az. 7 u 1110/13). soweit die beklagte zum beweis dafür, dass die von ihr genannten tarife auch zum unfallzeitpunkt marktüblich und zugänglich gewesen wären, pauschal die einholung eines sachverständigengutachtens angeboten hat, handelt es sich um ein untaugliches beweismittel (olg dresden, a.a.o.). 28c) 29die konkrete berechnung erfolgt unter anwendung der für das anmietungsjahr zeitnächsten tabellen, wobei für den anzuwendenden plz-bereich grundsätzlich der wohnsitz des geschädigten maßgebend ist. 30der zedent war vorliegend in dem postleitzahlengebiet, das mit 452- beginnt, wohnhaft. da der schwacke-automietpreisspiegel für das jahr 2013 für das benannte plz-gebiet in der mietwagenklasse 10 keine feststellungen getroffen hat bzw. den moduswert der wochenpauschale für das besagte gebiet in allen mietwagengruppen nicht erhoben hat, greift das gericht für den vorliegenden fall auf die erhebung zu dem plz-gebiet 451- zurück. dieses grenzt zum einen unmittelbar an das vorgenannte plz-gebiet an. zum anderen hat die mietstation der klägerin in diesem gebiet ihren sitz, sodass sich auch insoweit ein unmittelbarer bezug zu dem vorliegend streitgegenständlichen anmietvorgang ergibt. 31bei der bemessung des normaltarifs nach dem schwacke-automietpreisspiegel ist grundsätzlich vom gewichteten mittel (sog. „modus“) auszugehen. das gewichtete mittel gibt im gegensatz zum ebenfalls ausgewiesenen arithmetischen mittel die tatsächlich angebotenen preise wieder. beim marktpreisspiegel mietwagen von fraunhofer ist mangels angabe eines moduswertes von dem mittelwert der ergebnisse nach zweistelligen postleitzahlenbereichen auszugehen (vgl. olg karlsruhe, urteil vom 11.08.2011, az. 1 u 27/11). 32im übrigen hat das gericht zur berechnung des normaltarifs von der gesamtmietdauer auszugehen und daraus dann den jeweiligen tagesmietpreis zu errechnen und diesen wert mit der gesamtmietdauer zu multiplizieren (vgl. olg hamm, urteil vom 20.07.2011, az. 13 u 108/10). insoweit sind nicht die jeweiligen tages- beziehungsweise wochenpauschalen entsprechend der mietzeit zu addieren (vgl. lg essen, urteil vom 28.08.2014, az. 10 s 184/14). dies ergibt sich nach auffassung des gerichts bereits daraus, dass im marktpreisspiegel mietwagen von fraunhofer der jeweilige tagespreis konkret ausgewiesen wird (vergleiche marktpreisspiegel mietwagen deutschland 2015). des weiteren weist auch der schwacke-automietpreisspiegel ausdrücklich darauf hin, dass die wochenpauschale häufig deutlich unter den mietpreisen für eine spanne von sechs tagen liegt. 33zwar rechtfertigen sich die höheren kosten für die geringere anmietdauer dadurch, dass die verwaltungsaufgaben unabhängig von der anmietdauer des fahrzeuges in gleichem maße anfallen und diese somit auf jeweils weniger tage zu verteilen sind. daraus folgt dann aber auch, dass bei einer längeren anmietdauer von der jeweiligen pauschale auszugehen und der sich daraus ergebende tagesmietpreis mit der mietdauer zu multiplizieren ist. zumal die in den erhebungen angegeben mietpreise sich allein auf die anmietung eines fahrzeugs für den jeweiligen zeitraum (z.b. 5 tage) beziehen und eine daran anschließende verlängerung der mietdauer nicht erfasst ist. auch dass die mietdauer bei anmietung im rahmen von verkehrsunfällen zu beginn unbestimmt ist und der vermieter somit keine weiteren dispositionen über das fahrzeug treffen kann, rechtfertigt nach auffassung des gerichts kein anderes ergebnis. denn gerade diese fehlende dispositionsmöglichkeit des vermieters ist allenfalls im rahmen von zuschlägen auf den hierzu lediglich zu ermittelnden normaltarif beachtlich. 342. 35die klägerin kann ersatz derjenigen kosten verlangen, die für die anmietung eines mietwagens der fahrzeugklasse 10 im jahr 2013 als angemessen zu erachten waren. 36nach auffassung des gerichts darf ein geschädigter grundsätzlich eine gleichartige und gleichwertige sache, insbesondere ein nach typ, komfort, größe, bequemlichkeit und leistung vergleichbares fahrzeug, anmieten (vgl. geigel, der haftpflichtprozess, 26. aufl. 2011, kapitel 3, rn. 68 m.w.n.). 37vorliegend war das verunfallte fahrzeug unstreitig der fahrzeuggruppe 10 zuzuordnen. der zedent mietete – zwischen den parteien ebenfalls unstreitig – für das verunfallte fahrzeug ersatzweise einen mietwagen an, der ebenfalls der fahrzeuggruppe 10 zuzuordnen ist. die anmietung eines klassengleichen fahrzeuges ist nach den vorstehend dargestellten grundsätzen nicht zu beanstanden. 383. 39die klägerin kann ersatz der angemessenen mietwagenkosten für einen zeitraum von 9 tagen verlangen. 40es ist zwischen den parteien unstreitig, dass der zedent das verunfallte fahrzeug über den zeitraum vom 18.–27.11.2013 unfallbedingt nicht nutzen konnten. für diesen zeitraum war der zedent daher auf die nutzung des streitgegenständlichen mietfahrzeuges angewiesen. 414. 42der normaltarif der mietwagenkosten berechnet sich auf grundlage der fahrzeugklasse 10 für 9 tage wie folgt: 43schwacke (plz-gebiet 451-) 449 x wochenpauschale modus (eur 1.209,00) : 7 eur 1.554,43 459 x erweiterte haftungsbefreiung modus (eur 16,00) eur 144,00 46gesamt eur 1.698,43 47fraunhofer (plz 45-) 489 x wochenpauschale mittelwert (eur 673,07) : 7 eur 865,38 49arithmetisches mittel 50(eur 1.698,43 + eur 865,38) : 2 eur 1.281,91 515. 52von den auf diese weise berechneten, angemessenen und daher erstattungsfähigen mietwagenkosten ist ein abzug für ersparte eigenaufwendungen in höhe von 10 % vorzunehmen. 53ein abzug für ersparte eigenaufwendungen ist immer dann anzunehmen, wenn der eigentümer des verunfallten fahrzeugs für die zeit der nichtnutzbarkeit des verunfallten fahrzeugs ein mietfahrzeug anmietet, das in die gleiche fahrzeuggruppe wie das verunfallte fahrzeug einzuordnen ist (palandt/grüneberg, bgb, 74. auflage 2015, § 249 bgb rn. 36; vgl. olg hamm, urteil v. 21.04.2008, az. 6 u 188/07). der zedent hat vorliegend ein gleichwertiges fahrzeug angemietet. die voraussetzungen für einen abzug in höhe von 10 % für ersparte eigenaufwendungen sind damit vorliegend erfüllt. der erstattungsfähige betrag beträgt dementsprechend eur 1.153,72. 546. 55die klägerin kann weiterhin die kosten für die zustellung und abholung des mietfahrzeugs, die kosten der erweiterten haftungsbefreiung sowie die kosten für die ausstattung des mietfahrzeuges mit winterreifen von der beklagten ersetzt verlangen. 56a) 57die kosten für die zustellung und abholung des fahrzeuges sind erstattungsfähig. 58dem geschädigten kann auch unter gesichtspunkten der schadenminderungspflicht nicht zugemutet werden, ein ersatzfahrzeug bei einer mietwagenstation abzuholen, da er nach § 249 bgb gerade so zu stellen ist wie er ohne das schadensstiftende ereignis stehen würde. ein unfallbeteiligter kann daher auch ersatz für die kosten verlangen, die durch die zustellung des angemieteten ersatzfahrzeuges entstehen (vgl. olg köln, urteil vom 02.03.2007, az. 19 u 181/06). zwischen den parteien ist unstreitig, dass der zedent die leistung der zustellung bzw. abholung in anspruch genommen hat. 59b) 60erstattungsfähig sind ferner diejenigen kosten, die durch inanspruchnahme der erweiterten haftungsbefreiung entstanden sind. 61der durch einen fremdverschuldeten unfall geschädigte – im vorliegenden fall der zedent – kann, wenn er auf die anmietung eines mietwagens angewiesen ist, grundsätzlich ersatz derjenigen aufwendungen verlangen, die für eine der vollkaskoversicherung ohne selbstbeteiligung entsprechende haftungsfreistellung anfallen. dies gilt jedenfalls dann, wenn der geschädigte während der mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen risiko ausgesetzt ist (vgl. bgh, urteil v. 15.02.2005, az. vi zr 74/04). dabei ist unerheblich, ob eine vergleichbare versicherung für das verunfallte fahrzeug besteht, da es dem geschädigten nicht zumutbar ist, bei der notwendigen nutzung eines fremden fahrzeugs einem schadensrisiko ausgesetzt zu sein (vgl. olg koblenz, urteil v. 02.02.2015, az. 12 u 1429/13). diese voraussetzungen sind erfüllt. ein erhöhtes wirtschaftliches risiko erwuchs dem zedenten bereits daraus, dass er aufgrund der anmietung eines hochwertigen fahrzeugs der gefahr ausgesetzt war, bei einer beschädigung desselben ohne vorherige inanspruchnahme einer entsprechenden haftungsbefreiung, erheblichen schadensersatzforderungen der vermieterin ausgesetzt zu sein. 62c) 63weiterhin erstattungsfähig sind die zusätzlichen kosten, die für die ausstattung des mietfahrzeugs mit winterreifen angefallen sind. 64seitens des autovermieters besteht zuvorderst die pflicht, dem kunden ein verkehrssicheres auto zur verfügung zu stellen, zu welchem in den wintermonaten auch winterreifen gehören. es kann dabei allerdings nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die hierauf entfallenden kosten als preisbestandteil des normaltarifs anzusehen sind. vielmehr liegt es im kalkulatorischen ermessen des autovermieters, ob er die durch vorhaltung der winterreifen begründeten mehrkosten bei der preisgestaltung als bestandteil des normaltarifs berücksichtigt oder als zusatzkosten in rechnung stellt (vgl. bgh, urteil vom 04.05.2012, az. vi zr 245/11, olg dresden, urteil vom 18.07.2012, az. 7 u 269/12, olg celle, urteil vom 29.12.2012, az. 14 u 49/11). die anmietung des ersatzfahrzeugs erfolgte im vorliegenden fall für den monat november und damit zu einer jahreszeit, in der regelmäßig mit eis- bzw. schneeglatten straßen zu rechnen ist. 657. 66allerdings kann die klägerin die zuvor aufgeführten nebenkosten nicht in voller höhe ersetzt verlangen. der umfang der erstattungsfähigkeit der kostenpositionen bemisst sich in ermangelung entsprechender angaben im marktpreisspiegels mietwagen von fraunhofer zunächst an den im schwacke-automietpreisspiegel genannten beträgen. allerdings bedarf es insoweit einer reduzierung der angeführten beträge, die sich daran bemisst, wie weit sich der nach dem schwacke-automietpreisspiegel zugrunde zu legende normaltarif prozentual von dem vorstehend berechneten arithmetischen mittel unterscheidet. 67a) 68der schwacke-automietpreisspiegel enthält, im gegensatz zum marktpreisspiegel mietwagen von fraunhofer, angaben zu den hier geltend gemachten nebenkosten für die anmietung eines fahrzeugs. eine mittelwertbildung zwischen den beiden erhebungen, wie sie zuvor in hinblick auf den normaltarif der anmietung erfolgt ist, ist aus diesem grunde nicht möglich. es erscheint zudem unbillig, den versuch einer mittelwertbildung zu betreiben, indem man annähme, die von fraunhofer ermittelten werte betrügen jeweils eur 0,00, sodass letztlich sämtliche werte der im schwacke-automietpreisspiegel aufgeführten nebenkosten zu halbieren seien. eine solche herangehensweise würde den umstand unberücksichtigt lassen, dass der marktpreisspiegel mietwagen von fraunhofer nicht davon ausgeht, dass die genannten nebenkosten der anmietung kostenfrei wären. vielmehr trifft die erhebung des fraunhofer instituts gar keine aussage zu den fraglichen positionen. 69dennoch erscheint es auch im rahmen der ermittlung der angemessenen nebenkosten für die anmietung aufgrund der bereits zuvor in bezug genommenen vor- und nachteile der erhebungen nach schwacke bzw. fraunhofer als sachgerecht, einen ausgleich zwischen den beiden erhebungen vorzunehmen. die tatsache, dass lediglich eine der beiden erhebungen, nämlich schwacke, feststellungen zu den hier in streit stehenden nebenkosten getroffen hat, rechtfertigt nicht, allein die angaben dieser erhebung zugrunde zu legen. denn die bedenken, die gegen die alleinige anwendung des normaltarifs des schwacke-automietpreisspiegels und zu der anwendung des arithmetischen mittels zwischen beiden erhebungen führen, bestehen grundsätzlich in gleicher form hinsichtlich der höhe der nebenkosten der anmietung. es erscheint aus diesem grunde geboten, eine reduzierung der nach dem schwacke-automietpreisspiegel zugrunde zu legenden kosten vorzunehmen, um so die angemessenen und daher erstattungsfähigen aufwendungen für die jeweiligen nebenkostenpositionen zu ermitteln. dabei kann das gericht die angemessenheit der aufwendungen für nebenkostenpositionen ohne einholung eines sachverständigengutachtens im rahmen seines richterlichen ermessens gemäß § 287 zpo schätzen. 70das gericht folgt daher im zuge seiner schätzung der auffassung, dass sich die art und weise der erhebung durch schwacke bzw. fraunhofer sowohl auf die ermittlung des angemessenen normaltarifs als auch auf die ermittlung der angemessenen aufwendungen für nebenkosten der anmietung auswirkt. der angemessene, erstattungsfähige preis liegt somit, wie auch beim normaltarif der anmietung, zwischen den jeweiligen werten der beiden erhebungen. das gericht nimmt an, dass der relative abstand der erstattungsfähigen aufwendungen von den im schwacke-automietpreisspiegel genannten preisen sowohl in bezug auf den normaltarif als auch in bezug auf die nebenkostenpositionen jeweils gleich groß ausfällt (vgl. lg arnsberg, urteil vom 26.02.2013, az. 5 s 46/11). 71aus diesem grunde nimmt das gericht einen prozentualen abschlag hinsichtlich der nach dem schwacke-automietpreisspiegel erstattungsfähigen nebenkosten vor. dieser bemisst sich an der relativen abweichung des im vorliegenden fall erstattungsfähigen normaltarifs von dem nach dem schwacke-automietpreisspiegel zugrunde zu legenden normaltarif (vgl. lg arnsberg, a.a.o.). 72b) 73die gegen diese art der berechnung zuweilen vorgebrachten einwendungen sind nicht geeignet, die geeignetheit dieser art der berechnung zur ermittlung der angemessenen und somit erstattungsfähigen kosten in zweifel zu ziehen. soweit vorgetragen wird, dass die von fraunhofer verwandte preissuchmaschine die hier in streit stehenden nebenforderungen nicht ermitteln könne, lässt sich hieraus noch kein grund ersehen, der zur uneingeschränkten anwendung des schwacke-automietpreisspiegels führte. es wäre vielmehr substantiiert darzulegen, dass die im schwacke-automietpreisspiegel genannten preise für die einzelnen kostenpositionen zwingend zugrunde zu legen sind, etwa weil sich unter keinen umständen günstigere angebote finden lassen. dies hat die klägerin vorliegend nicht getan. 74der weitere zuweilen vorgebrachte einwand, dass die erstattungsfähigen nebenkosten durch die angewandte form der berechnung im einzelnen fall unterschiedlich hoch ausfielen, ist tatsächlich ein argument, dass für diese art der berechnung durch das gericht spricht. denn es erscheint dem gericht unbillig, für mietwagen gleich welcher klasse stets die gleichen nebenkosten als ersatzfähig anzusehen. berücksichtigt man allein die nach dem schwacke-automietpreisspiegel zugrunde zu legenden werte, so wären beispielsweise für die ausstattung eines mietfahrzeugs der fahrzeuggruppe 1 mit einem navigationsgerät die gleichen kosten zu erstatten wie für einen mietwagen der fahrzeuggruppe 10. die qualität der zusätzlichen ausstattung des mietwagens unterliegt jedoch entsprechend der jeweiligen fahrzeuggruppe ebenfalls erheblichen schwankungen. aus diesem grund wäre es unbillig, in jedem fall die gleichen kosten als erstattungsfähig anzusehen, vielmehr bedarf es einer einzelfallbezogenen betrachtung. 75eine ausnahme von dieser fahrzeuggruppenunabhängigen bewertung der nebenkosten durch den schwacke-automietpreisspiegel stellen allein die zusätzlichen kosten einer erweiterten haftungsbefreiung dar. die kosten einer erweiterten haftungsbefreiung werden im schwacke-automietpreisspiegel abhängig von der jeweiligen fahrzeuggruppe aufgeführt. die kosten der erweiterten haftungsbefreiung werden aus diesem grunde bereits im rahmen der berechnung des mittelwerts zwischen beiden erhebungen berücksichtigt. eine anteilige kürzung unterbleibt daher in diesem fall. 76c) 77der vorstehend nach dem schwacke-automietpreisspiegel zu berücksichtigende mietpreis beläuft sich auf eur 1.698,43. der mittelwert zwischen beiden erhebungen beläuft sich auf eur 1.281,91. der erstattungsfähige mittelwert zwischen beiden erhebungen beträgt somit lediglich ca. 75 % des wertes, der nach dem schwacke-automietpreisspiegel für den normaltarif zugrunde zu legen wäre. die auf der grundlage des schwacke-automietpreisspiegels berechneten aufwendungen für nebenkosten sind daher gemäß dem vorstehenden im gleichen maße zu kürzen. 78die kosten für die zustellung und abholung des mietfahrzeugs betragen laut dem schwacke-automietpreisspiegel 2013 je eur 23,00, mithin zusammengenommen eur 46,00. hiervon sind nach dem vorstehenden eur 34,50 erstattungsfähig. die kosten der ausstattung des mietfahrzeugs mit winterreifen betragen laut dem schwacke-automietpreisspiegel 2013 eur 10,00 pro tag, für 9 tage somit eur 90,00. hiervon sind eur 67,50 erstattungsfähig. 79d) 80insgesamt ergibt sich damit folgende berechnung: 81mittelwert normaltarif fahrzeuggruppe 10 für 9 tage eur 1.153,72 82zustellung und abholung (reduzierter modus-wert) eur 34,50 83winterreifen (reduzierter modus-wert) eur 67,50 84 85gesamt eur 1.255,72 868. 87in höhe eines betrages von eur 736,61 ist gemäß § 362 abs. 1 bgb erfüllung des anspruchs der klägerin eingetreten. 88zwischen den parteien ist insoweit unstreitig, dass die beklagte vorprozessual einen teilbetrag in höhe von eur 736,61 an die klägerin gezahlt hat. der klägerin steht nach abzug dieser summe noch ein anspruch auf ersatz weiterer mietwagenkosten in höhe von eur 519,11 zu. 89iii. 90der zinsanspruch ergibt sich aus § 291 s. 1 hs. 1, s. 2 i.v.m. § 288 abs. 1 s. 1, 2 bgb. 91der anspruch der klägerin ist ab dem 28.10.2015 zu verzinsen. die klage ist der beklagten am 27.10.2015 zugestellt worden. 92iv. 93die klägerin hat daneben keinen anspruch auf freistellung von vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten gegen die beklagten. 941. 95ein solcher anspruch ergibt sich insbesondere nicht aufgrund eines verzuges der beklagten aus §§ 280 abs. 1, 2, 286 bgb. 96bei den vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten handelt es sich nicht um einen verzugsschaden der klägerin. bei der beauftragung des prozessbevollmächtigten handelt es sich nicht um aufwendungen, die die klägerin aufgrund des verzuges der beklagten getätigt hätte. zum zeitpunkt der beauftragung des prozessbevollmächtigten befand sich die beklagte noch nicht in verzug mit der von ihr geschuldeten leistung. der verzug der beklagten konnte erst mit ablauf der zum 14.10.2014 gesetzten frist eintreten. soweit die klägerin auf das als anlage k 5 überreichte schreiben vom 06.10.2014 verweist, ist dieses nicht geeignet, einen verzugsschadensersatzanspruch der klägerin gegenüber der beklagten in bezug auf die kosten der vorgerichtlichen anwaltlichen vertretung der klägerin zu begründen. ausweislich dieses schreibens war der prozessbevollmächtigte der klägerin der verfasser dieses schreibens und somit bei eintritt des verzuges von der klägerin bereits beauftragt worden. 972. 98die rechtsanwaltskosten sind auch nicht als schaden des zedenten als dem ursprünglich geschädigten gemäß § 249 abs. 1 bgb erstattungsfähig. 99zwar erstreckt sich der schadensersatzanspruch des bei dem unfall unmittelbar geschädigten auch auf ihm die im rahmen der vorprozessualen rechtsverfolgung entstandenen anwaltskosten, soweit sie nach der berechtigten schadensersatzforderung angefallen wären. soweit es die rein zivilrechtliche verfolgung der eigenen ansprüche angeht, darf sich der geschädigte auch schon vorprozessual eines rechtsanwalts bedienen (vgl. bgh, urteil v. 08.01.1962, az. iii zr 210/60), nicht etwa nur dann, wenn ein rechtsanwalt erforderlich war. bei derartigen im rahmen der geltendmachung des schadens angefallenen anwaltskosten handelt es sich um einen adäquaten schaden, der aus der schädigungshandlung erwächst, sodass die entsprechenden kosten im rahmen des erforderlichen zu ersetzen sind (vgl. olg hamm, urteil v. 19.06.2008, az. 6 u 48/08). der gegner muss in diesem fall vor inanspruchnahme anwaltlicher hilfe nicht in verzug gesetzt worden sein (grüneberg in: palandt, bürgerliches gesetzbuch, 72. auflage 2013, § 249 rn. 57). 100vorliegend handelt es sich indes nicht um die vorprozessual entstandenen rechtsanwaltskosten des zedenten, die die klägerin ersetzt verlangt, sondern diejenigen kosten, die ihr selbst entstanden sind. sie macht insoweit nicht etwa ansprüche aus abgetretenem recht, sondern vielmehr einen eigenen anspruch geltend. auch hat der zedent der klägerin nicht die ihm entstandenen rechtsanwaltskosten zur eigenen geltendmachung abgetreten, sondern lediglich die ihm entstanden mietwagenkosten. 101die vorprozessualen rechtsanwaltskosten können auch nicht etwa für die klägerin als ein adäquater schaden infolge des ursprünglichen unfallgeschehens angesehen werden. zum einen handelt es sich bei der vorstehend dargestellten rechtsprechung um eine ausnahme zugunsten des bei dem verkehrsunfall geschädigten, sodass es insoweit einer eher restriktiven handhabung bedarf. darüber hinaus würde eine solche großzügige anwendung § 249 abs. 2 s. 1 bgb zuwiderlaufen, nach welchem der schadensersatz auf den erforderlichen herstellungsaufwand begrenzt ist. würde man jedoch dem geschädigten und denjenigen personen und unternehmen, an die der geschädigte nach dem unfall etwaige forderungen erfüllungshalber abgetreten hat, zugestehen, vorprozessuale rechtsanwaltskosten ohne das erfordernis des verzuges geltend zu machen, würden die von dem schädiger zu ersetzenden rechtsanwaltskosten – aufgrund der beauftragung unterschiedlicher rechtsanwälte – vervielfacht. auf diesen prozess hätte der ursprüngliche schädiger indes keinen einfluss, die vervielfachung der zu erstattenden rechtsanwaltskosten beruht vielmehr allein auf der entscheidung des geschädigten, einzelne seiner forderungen, z.b. sachverständigen- oder, wie vorliegend, mietwagenkosten, an die beauftragten personen und unternehmen abzutreten. 102v. 103die kostenentscheidung beruht auf § 92 abs. 1 s. 1 var. 2 bgb. 104die kostenentscheidung ist eine sogenannte gemischte kostenentscheidung. zwar betraf das teilweise unterliegen der klägerin zum teil einen nicht streitwerterhöhenden anspruchsteil, soweit es die geltend gemachten nebenforderungen angeht. bei teilweisem unterliegen sind die kosten aber dennoch entsprechend § 92 abs. 1 s. 1 var. 2 zpo quotenmäßig zu verteilen, wenn das unterliegen mit einer nebenforderung nicht nur auf einer verhältnismäßig geringen zuvielforderung im sinne des § 92 abs. 2 nr. 1 zpo beruht. 105eine verhältnismäßig geringe zuvielforderung ist in der regel dann anzunehmen, wenn diese nicht mehr als 10 % des dazu zu bildenden fiktiven gesamtstreitwerts ausmacht (greger in: zöller, zpo, 30. aufl. 2014, § 269 rn. 19a, herget in: zöller, a.a.o., § 92 rn. 3 a.e., 11). dies ist vorliegend bei einer hauptforderung in höhe von eur 1.651,92 und einer nebenforderungen in höhe von eur 215,00 nicht mehr der fall. das unterliegen mit der geltend gemachten forderungen ist nicht mehr als geringfügig anzusehen. denn die klägerin ist hinsichtlich der von ihr geltend gemachten nebenforderungen in voller höhe, mithin in höhe eines anteils von insgesamt 12 % (des dazu zu bildenden fiktiven gesamtstreitwerts von eur 1.866,92), unterlegen. 106vi. 107die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 nr. 11, 711, 709 s. 2 zpo. 108vii. 109der streitwert wird auf eur 1.651,92 festgesetzt. 110rechtsbehelfsbelehrung: 111a) gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 1121. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 1132. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 114die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht essen, zweigertstr. 52, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 115die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht essen zu begründen. 116die parteien müssen sich vor dem landgericht essen durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 117mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 118b) gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das amtsgericht essen statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt oder das amtsgericht die beschwerde zugelassen hat. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem amtsgericht essen, zweigertstr. 52, schriftlich in deutscher sprache oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden. 119ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann die beschwerde noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. | Klaeger*in | 1 |
126,486 | 9 S 14/15 | 2016-02-04T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung des Klägers gegen das am 07.01.2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Langenfeld, Az. 32 C 87/14, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Rechtsstreit auf den im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrag des Klägers unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das örtlich zuständige Amtsgericht München verwiesen wird. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Urteil des Amtsgerichts München vorzubehalten. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beklagte mit Sitz in München vermittelt Mietwagen in Europa. Der Kläger buchte über die Beklagte einen Mietwagen der Firma I in Dublin zu einem Mietpreis von 303,86 €. Nach Abschluss des Buchungsvorgangs, in dessen Verlauf der Kläger die AGB der Beklagten durch Anklicken einer Schaltfläche bestätigte, erstellte die Beklagte einen sog. Voucher, gegen dessen Vorlage bei dem Mietwagenunternehmen der Mietwagen in Empfang genommen werden konnte. 3Aus dem Voucher ergibt sich, dass im Mietpreis eine Haftungsbeschränkung und Diebstahlschutz für das Mietfahrzeug mit einer Selbstbeteiligung von ca. 2.500,00 € und eine Erstattung der Selbstbeteiligung im Schadensfall enthalten sind. Zudem enthält er den Hinweis, dass eine optionale Reduzierung der Selbstbeteiligung gegen zusätzliche Gebühr mit dem Mietwagenunternehmen vor Ort vereinbart werden kann. 4In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ist hinsichtlich der Erstattung der Selbstbeteiligung unter anderem bestimmt, dass es sich insoweit um keine Versicherung, sondern um einen Service der Beklagten handelt, über den diese nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet, und dass bestimmte Dokumente im Schadensfall einzureichen sind, u.a. Unfall-/Schadensprotokoll der örtlichen Polizei oder Anzeige, falls kein Unfallgegner beteiligt oder dieser nicht zu ermitteln war. 5Bei Übernahme des Fahrzeugs zahlte der Kläger an die Vermieterfirma eine Kaution i.H.v. 2.500,00 €. Der Kläger teilte dem Mietwagenunternehmen und der Beklagten mit, mit dem Mietwagen einen Verkehrsunfall mit einem Fahrzeugschaden von mehr als 3.000,00 € erlitten zu haben. Eine polizeiliche Aufnahme des Unfalls und eine Anzeigeerstattung erfolgten nicht. Die Beklagte verweigerte daraufhin die Erstattung der Selbstbeteiligung. 6Der Kläger hat in erster Instanz die Auffassung vertreten, das Amtsgericht Langenfeld sei gemäß § 215 Abs. 1 VVG örtlich zuständig, weil die Parteien über Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag streiten würden. Das Versprechen der Beklagten über die Erstattung der Selbstbeteiligung stelle eine Versicherungsleistung dar. Die Allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten seien nicht wirksam Vertragsbestandteil geworden. Jedenfalls seien die Bestimmungen über die Voraussetzungen der Erstattung der Selbstbeteiligung unwirksam. 7Erstinstanzlich hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.500,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 11.07.2013 zu zahlen. 8Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. 9Die Beklagte hat die örtliche Unzuständigkeit des Amtsgerichts Langenfeld gerügt und vorgetragen, sie habe mit der Erstattung der Selbstbeteiligung keine Versicherung gestellt. 10Das Amtsgericht Langenfeld hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil die örtliche Zuständigkeit nicht begründet sei. Insbesondere finde § 215 VVG keine Anwendung, weil es sich bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag nicht um einen Versicherungsvertrag handele. 11Mit der Berufung verfolgt der Kläger das erstinstanzliche Begehren weiter. Er ist weiterhin der Auffassung, dass es um Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag gehe. Es sei unerheblich, ob die Beklagte über eine Zulassung nach § 7 VAG verfüge. Maßgeblich sei, dass die wesentlichen Charakteristika eines Versicherungsvertrags erfüllt seien. Dem stehe insbesondere nicht entgegen, dass die Erbringung einer Leistung im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten stehe. Diese in den Geschäftsbedingungen befindliche Klausel sei bereits nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Die Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien zumindest intransparent. Es handele sich bei dem Versprechen, die Selbstbeteiligung zu übernehmen, auch nicht bloß um eine untergeordnete Nebenleistung der Beklagten. Indem die Beklagte für die Vermittlung des Mietvertrags eine Provision erhalten habe, habe sie auch eine Versicherungsprämie vereinnahmt. 12Der Kläger beantragt, 131. die Beklagte unter Abänderung des am 07.01.2015 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Langenfeld, Az.: 32 C 87/14, zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 2.500,00 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.07.2013 zu zahlen; 142. hilfsweise die Sache gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO an das Amtsgericht Langenfeld zur weiteren Aufklärung zurückzuverweisen; 153. äußerst hilfsweise die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen. 16Die Beklagte beantragt, 17die Berufung zurückzuweisen. 18Die Beklagte und Berufungsbeklagte ist der Auffassung, dass es sich bei der Erstattung der Selbstbeteiligung um ein selbständiges Vertragsversprechen handele, das allenfalls als Garantie, nicht jedoch als Versicherung zu qualifizieren sei. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien auch wirksam vereinbart worden. Selbst wenn sie nicht wirksam vereinbart worden sein sollten – diese klägerische Auffassung macht sich die Beklagte hilfsweise zu eigen –, könnten die Regelungen zur Erstattung der Selbstbeteiligung nicht greifen, weil diese ausschließlich in den (dann nicht in den Vertrag einbezogenen) AGB enthalten seien. Der Voucher werde erst nach Vertragsabschluss erstellt, könne also insoweit nicht Vertragsgrundlage sein. Es sei auch keine Versicherungsprämie geschuldet. Die Beklagte erhalte lediglich über ihre Muttergesellschaft, die B, pauschal verhandelte Provisionen für die Vermittlung, die weder für eine einzelne Vermittlung gezahlt noch in ihrer Höhe mit der eigenen Zusage, die Selbstbeteiligung zu Erstatten, im Zusammenhang stehe. 19Für die weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Langenfeld hat nur hinsichtlich des hilfsweise gestellten Antrags auf Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht München Erfolg. Das Amtsgericht Langenfeld hat seine örtliche Zuständigkeit zutreffend verneint. 22I. 23Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich nicht aus § 215 Abs. 1 VVG. Zwar hat der Kläger seinen Wohnsitz in Hilden und damit im Bezirk des Amtsgerichts Langenfeld. Jedoch findet § 215 Abs. 1 VVG keine Anwendung, weil die Parteien nicht über Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag streiten. 24Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Aspekt, ob ein Versicherungsverhältnis vorliegt, nicht als doppelrelevante Tatsache zu qualifizieren, bei der im Rahmen der Zulässigkeit die schlüssigen Behauptungen der klagenden Partei als wahr zu unterstellen sind und eine Beweisaufnahme erforderlichenfalls im Rahmen der Begründetheit erfolgt (vgl. etwa BGH NJW 2010, 873). Die Frage, ob ein Versicherungsvertrag vorliegt, spielt zunächst allein für die Zulässigkeit (örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Langenfeld) eine Rolle. Der materiell-rechtliche Anspruch des Klägers setzt jedoch nicht zwingend das Bestehen eines Versicherungsvertrags voraus; er könnte sich bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen z.B. auch aus einem Garantieversprechen der Beklagten ergeben. Daher hat im Rahmen der Zulässigkeit eine vollständige Prüfung hinsichtlich der Frage, ob ein Versicherungsvertrag vorliegt, zu erfolgen. 25Maßgeblich für die Bestimmung, ob ein Versicherungsvertrag vorliegt, sind die Inhalte der vertraglichen Vereinbarungen. Die vorzunehmende Auslegung der Vertragserklärungen ergibt nicht, dass zwischen den Parteien ein Versicherungsvertrag zustande gekommen ist. Ein Versicherungsvertrag setzt maßgeblich voraus, dass – wie die Parteien im Ausgangspunkt auch zutreffend und übereinstimmend ausführen – der Versicherer sich verpflichtet, ein bestimmtes Risiko des Versicherungsnehmers oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalls zu erbringen hat, vgl. § 1 VVG. Dabei soll das übernommene Risiko auf eine Vielzahl durch die gleiche Gefahr bedrohter Personen verteilt werden und der Risikoübernahme eine auf dem Gesetz der großen Zahl beruhende Kalkulation zugrunde liegen. Nach § 1 Satz 2 VVG ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, an den Versicherer die vereinbarte Zahlung (Prämie) zu erbringen. Eine Versicherung liegt jedoch nicht bei Vereinbarungen vor, die in einem inneren Zusammenhang mit einem anderen Rechtsgeschäft anderer Art stehen und von dort ihr eigentliches rechtliches Gepräge erhalten (vgl. nur BVerwG VersR 1992, 1381, 1382; Armbrüster, VersR 2015, 1453 ff. m.w.N.). 26Die vorstehend genannten Voraussetzungen für eine Versicherung sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. 27Entscheidend ist dabei nicht, dass die Beklagte kein Versicherungsunternehmen i.S.v. § 7 VAG ist. Danach darf die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb einer Versicherung nur einer AG oder SE bzw. Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit oder Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts erteilt werden. Bei der Beklagten handelt es sich um eine GmbH, die unstreitig auch nicht über eine Erlaubnis nach § 5 VAG verfügt. Das Fehlen dieser Voraussetzungen bedeutet jedoch nicht, dass von der Beklagten abgeschlossene Verträge keine Versicherungsverträge i.S.v. § 1 VVG darstellen können. 28Von entscheidender Bedeutung ist, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sein eigentliches rechtliches Gepräge von einem anderen Vertrag erhält und ihm wesentliche Merkmale eines Versicherungsvertrags fehlen. 29Die zentrale vertragliche Vereinbarung, von der die Vertragsbeziehung ihr eigentliches rechtliches Gepräge erhält, liegt in der Vermittlung von Mietwagen. Die Vermittlung stellt – auch aus Sicht des Klägers – die zentrale Leistung der Beklagten dar, denn der Kunde nimmt primär die Vermittlungsleistung der Beklagten in Anspruch. Im Rahmen dieser Vermittlungstätigkeit unterhält die Beklagte ausweislich ihrer Darstellung, welcher der Kläger letztlich nicht mehr dezidiert entgegengetreten ist, (über die US-amerikanische Muttergesellschaft, die B) Rahmenverträge einerseits mit verschiedenen Mietwagenkonzernen (z.B. I, G oder J) und andererseits mit Buchungsportalen (z.B. C oder D) und kann ihren Kunden aufgrund der großen Kontingente günstige Konditionen anbieten. Die Angebotsinhalte werden jeweils elektronisch über Schnittstellen zur Verfügung gestellt. 30Im Rahmen der durch die Beklagte vermittelten Verträge bietet diese ihren Kunden unter bestimmten Voraussetzungen – letztlich als besonderes Verkaufsargument – die Erstattung einer Selbstbeteiligung an. Dieser Erstattung kommt neben der Vermittlung von Mietwagen jedoch keine eigenständige Bedeutung zu. Wählt ein Kunde auf einem Vergleichsportal die Option „Ohne Selbstbeteiligung“, erhält er in der Ergebnisliste u.a. Angebote der Beklagten, weil er aufgrund der Erstattung im Ergebnis keine Selbstbeteiligung tragen muss. Dabei mag der Umstand, dass im Ergebnis eine Selbstbeteiligung nicht zu zahlen ist (bzw. diese erstattet wird) aus Sicht des Kunden zwar von nicht unerheblicher Bedeutung sein. Jedoch handelt es sich hierbei nach der Überzeugung der Kammer nicht um ein eigenständiges Leistungsversprechen der Beklagten, sondern lediglich um ein zusätzliches Verkaufsargument als Ergänzung zur eigentlichen Hauptpflicht, nämlich der Vermittlung von Mietwagen. Dass die Vermittlung von Mietwagen die eigentliche Hauptleistung der Beklagten darstellt, ergibt sich auch daraus, dass ein Kunde allein im Falle der Vermittlung eines Mietwagens in den Genuss der Erstattung der Selbstbeteiligung kommen kann. 31Der Umstand, dass diese Erstattung aus Sicht des Kunden im Ergebnis vergleichbar sein mag mit einer Versicherung mit einer Selbstbeteiligung von 0,00 €, führt zu keinem abweichenden Ergebnis. Denn es fehlt zudem an einem wesentlichen Merkmal einer Versicherung, denn der Kunde erbringt für die Erstattung der Selbstbeteiligung weder unmittelbar noch mittelbar über die seitens der Mietwagenunternehmen gezahlten Provisionen eine Gegenleistung. Die Prämienzahlungspflicht des Versicherungsnehmers stellt jedoch dessen Hauptleistungspflicht in einem Versicherungsvertragsverhältnis dar (Looschelders in: Münchener Kommentar VVG, 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 51). Insbesondere zahlt der Kunde – im vorliegenden Fall also der Kläger – keine Gegenleistung in Form eines erhöhten Entgelts. Unstreitig entrichtet der Kunde den gesamten, an das Mietwagenunternehmen zahlbaren Mietpreis an die Beklagte (i.d.R. via Kreditkarte). Die Beklagte leitet die eingezogenen Mietzahlungen gebündelt (also nicht für jede einzelne Buchung) über die Muttergesellschaft an die jeweilige Mietwagenfirma weiter. Dabei fällt der vom Kunden zu entrichtende Endpreis aufgrund der seitens der Beklagten angebotenen Erstattung der Selbstbeteiligung nicht höher aus. Denn diese ist stets Vertragsbestandteil und hat auf die Höhe des Mietpreises keinen Einfluss. 32Die Beklagte erhält für Verträge, in denen die Erstattung der Selbstbeteiligung vorgesehen ist, auch von den Mietwagenunternehmen keine erhöhte Provision. Die Vermittlung des einzelnen Vertrags löst schon keinen gesonderten Provisionsanspruch der Beklagten (bzw. der Konzernmutter) gegenüber den Mietwagenunternehmen aus. Vielmehr vereinnahmt die Beklagte (über ihre Muttergesellschaft) für die unter dem jeweiligen Rahmenvertrag vermittelten Mietverträge Provisionen von dem jeweiligen Vermieter, die laufend neu und in Bezug auf die insgesamt weltweit vermittelten Verträge verhandelt werden. Zudem ist im Konzern der Beklagten kein Pool von Geldern eingerichtet, aus dem Erstattungen von Selbstbeteiligungen im Schadensfall bedient werden. 33Soweit der Kläger gemeint hat, dass die Beklagte nähere Angaben zu diesen internen Vorgängen machen müsse, da er selbst keinen Einblick habe, hat die Beklagte dies spätestens im Termin zur mündlichen Verhandlung getan. Anhaltspunkte, die gegen die Richtigkeit dieser Angaben der Beklagten sprechen, sind für die Kammer nicht ersichtlich; der Kläger ist ihnen letztlich auch nicht mehr entgegengetreten. 34Gegen die Bejahung eines Versicherungsvertrags spricht auch die gefestigte Rechtsprechung in Bezug auf Versicherungsschutz im Zusammenhang mit dem Abschluss von Mietwagenverträgen. Dort ist es ständige Rechtsprechung, dass Regelungen des VVG auf das Vertragsverhältnis zwischen Kunden und gewerblichem Mietwagenanbieter keine unmittelbare Anwendung finden, sondern dass der Vermieter, der gegen zusätzliches Entgelt eine Haftungsfreistellung verspricht, einem Versicherer insoweit gleichzustellen ist, dass Vertragslücken, die durch unwirksame AGB-Klauseln entstehen, durch Heranziehung z.B. von § 28 Abs. 2 und 3 VVG geschlossen werden können (BGH VersR 2012, 1573, 1574 ff.) Der Kunde wird dort ausdrücklich als „Quasi-VN“ bezeichnet; als Leitbild wird die Kaskoversicherung herangezogen (BGH a.a.O.). 35Stellt dieses Verhältnis zwischen Kunden und Mietwagenunternehmen jedoch trotz der vom BGH aufgezeigten Nähe zur Kaskoversicherung selbst kein Versicherungsverhältnis dar, sondern erfolgt eine Füllung von Vertragslücken lediglich „nach dem Leitbild der Kaskoversicherung“, kann die Vermittlung von Mietwagen, auch wenn in diesem Zusammenhang eine Erstattung der Selbstbeteiligung zugesagt wird, erst recht nicht als Versicherung angesehen werden. In beiden Fällen besteht die Hauptleistungspflicht (Vermietung bzw. Vermittlung von Mietwagen) nicht in der Absicherung eines Risikos. Zudem betraf u.a. die zitierte BGH-Entscheidung Fälle, in denen eine Haftungsfreistellung gegen zusätzliches Entgelt versprochen wurde. Es stand der Leistung des Vermieters (Haftungsfreistellung) also eine (konkret bezifferbare) Gegenleistung in Form eines höheren Entgelts gegenüber – vergleichbar mit einer Versicherungsprämie. Ein derartiges (zusätzliches) Entgelt ist hier nach dem Vorstehenden jedoch nicht ersichtlich. Daher bestehen sogar Zweifel, ob im Falle der Unwirksamkeit einzelner AGB-Klauseln auf Regelungen des VVG zurückgegriffen werden könnte. Diese Frage bedarf allerdings keiner Entscheidung. Denn selbst wenn eine analoge Anwendung einzelner Regelungen des VVG zur Schließung von Vertragslücken in Betracht kommen sollte, hätte dies nicht die analoge Anwendbarkeit des gesamten VVG einschließlich § 215 Abs. 1 VVG zur Folge, weil gerade kein Versicherungsvertrag vorliegt. 36II. 37Da die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Langenfeld nach alledem nicht gegeben ist, ist der Rechtsstreit auf den erstmals in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag des Klägers an das örtlich zuständige Amtsgericht München zu verweisen. Eine Verweisung nach § 281 ZPO kann auch in der Berufungsinstanz erfolgen, insbesondere dann, wenn das Erstgericht die Klage wegen Unzuständigkeit abgewiesen und der Kläger den Verweisungsantrag erstmals – auch hilfsweise – in der Berufungsinstanz gestellt hat (OLG Köln, Urteil vom 26.05.2008, 5 U 238/07). 38III. 39Die Kosten des Berufungsverfahrens waren bereits jetzt dem Kläger aufzuerlegen. Er hat diese Kosten ungeachtet des Ausgangs des Rechtsstreits zu tragen. Soweit sein Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist, beruht die Entscheidung auf § 97 Abs. 1 ZPO. Soweit das Rechtsmittel auf den in zweiter Instanz gestellten Hilfsantrag zur Verweisung an das örtlich zuständige Amtsgericht München führt, ergibt sich die Kostentragungspflicht des Klägers aus §§ 97 Abs. 2, 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Im Übrigen war die Kostenentscheidung dem Urteil des Amtsgerichts München vorzubehalten. 40Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO. 41Die Revision wird zugelassen. Die zentrale Frage, ob eine Zusage eines Mietwagenvermittlers, im Schadensfall die Selbstbeteiligung zu erstatten, eine Versicherung darstellt, ist bislang – soweit ersichtlich – nicht höchstrichterlich entschieden. Sie ist auch klärungsbedürftig und kann für eine Vielzahl von Fällen von Bedeutung sein, soweit dem klagenden Kunden gemäß § 215 VVG die Möglichkeit eröffnet wird, vor dem Wohnortgericht zu klagen, sofern ein Versicherungsvertrag zu bejahen ist. 42Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 2.500,00 € festgesetzt. | die berufung des klägers gegen das am 07.01.2015 verkündete urteil des amtsgerichts langenfeld, az. 32 c 87/14, wird mit der maßgabe zurückgewiesen, dass der rechtsstreit auf den im berufungsverfahren gestellten hilfsantrag des klägers unter aufhebung des angefochtenen urteils an das örtlich zuständige amtsgericht münchen verwiesen wird. die kosten des berufungsverfahrens werden dem kläger auferlegt. im übrigen bleibt die kostenentscheidung dem urteil des amtsgerichts münchen vorzubehalten. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die zwangsvollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrags abzuwenden, wenn nicht die beklagten vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leisten. die revision wird zugelassen. 1 | 2die beklagte mit sitz in münchen vermittelt mietwagen in europa. der kläger buchte über die beklagte einen mietwagen der firma i in dublin zu einem mietpreis von 303,86 €. nach abschluss des buchungsvorgangs, in dessen verlauf der kläger die agb der beklagten durch anklicken einer schaltfläche bestätigte, erstellte die beklagte einen sog. voucher, gegen dessen vorlage bei dem mietwagenunternehmen der mietwagen in empfang genommen werden konnte. 3aus dem voucher ergibt sich, dass im mietpreis eine haftungsbeschränkung und diebstahlschutz für das mietfahrzeug mit einer selbstbeteiligung von ca. 2.500,00 € und eine erstattung der selbstbeteiligung im schadensfall enthalten sind. zudem enthält er den hinweis, dass eine optionale reduzierung der selbstbeteiligung gegen zusätzliche gebühr mit dem mietwagenunternehmen vor ort vereinbart werden kann. 4in den allgemeinen geschäftsbedingungen der beklagten ist hinsichtlich der erstattung der selbstbeteiligung unter anderem bestimmt, dass es sich insoweit um keine versicherung, sondern um einen service der beklagten handelt, über den diese nach pflichtgemäßem ermessen entscheidet, und dass bestimmte dokumente im schadensfall einzureichen sind, u.a. unfall-/schadensprotokoll der örtlichen polizei oder anzeige, falls kein unfallgegner beteiligt oder dieser nicht zu ermitteln war. 5bei übernahme des fahrzeugs zahlte der kläger an die vermieterfirma eine kaution i.h.v. 2.500,00 €. der kläger teilte dem mietwagenunternehmen und der beklagten mit, mit dem mietwagen einen verkehrsunfall mit einem fahrzeugschaden von mehr als 3.000,00 € erlitten zu haben. eine polizeiliche aufnahme des unfalls und eine anzeigeerstattung erfolgten nicht. die beklagte verweigerte daraufhin die erstattung der selbstbeteiligung. 6der kläger hat in erster instanz die auffassung vertreten, das amtsgericht langenfeld sei gemäß § 215 abs. 1 vvg örtlich zuständig, weil die parteien über ansprüche aus einem versicherungsvertrag streiten würden. das versprechen der beklagten über die erstattung der selbstbeteiligung stelle eine versicherungsleistung dar. die allgemeinen vertragsbedingungen der beklagten seien nicht wirksam vertragsbestandteil geworden. jedenfalls seien die bestimmungen über die voraussetzungen der erstattung der selbstbeteiligung unwirksam. 7erstinstanzlich hat der kläger beantragt, die beklagte zu verurteilen, an ihn 2.500,00 € nebst zinsen i.h.v. 5 % über dem basiszinssatz seit dem 11.07.2013 zu zahlen. 8die beklagte hat beantragt, die klage abzuweisen. 9die beklagte hat die örtliche unzuständigkeit des amtsgerichts langenfeld gerügt und vorgetragen, sie habe mit der erstattung der selbstbeteiligung keine versicherung gestellt. 10das amtsgericht langenfeld hat die klage als unzulässig abgewiesen, weil die örtliche zuständigkeit nicht begründet sei. insbesondere finde § 215 vvg keine anwendung, weil es sich bei dem zwischen den parteien geschlossenen vertrag nicht um einen versicherungsvertrag handele. 11mit der berufung verfolgt der kläger das erstinstanzliche begehren weiter. er ist weiterhin der auffassung, dass es um ansprüche aus einem versicherungsvertrag gehe. es sei unerheblich, ob die beklagte über eine zulassung nach § 7 vag verfüge. maßgeblich sei, dass die wesentlichen charakteristika eines versicherungsvertrags erfüllt seien. dem stehe insbesondere nicht entgegen, dass die erbringung einer leistung im pflichtgemäßen ermessen der beklagten stehe. diese in den geschäftsbedingungen befindliche klausel sei bereits nicht wirksam in den vertrag einbezogen worden. die klauseln in den allgemeinen geschäftsbedingungen seien zumindest intransparent. es handele sich bei dem versprechen, die selbstbeteiligung zu übernehmen, auch nicht bloß um eine untergeordnete nebenleistung der beklagten. indem die beklagte für die vermittlung des mietvertrags eine provision erhalten habe, habe sie auch eine versicherungsprämie vereinnahmt. 12der kläger beantragt, 131. die beklagte unter abänderung des am 07.01.2015 verkündeten urteils des amtsgerichts langenfeld, az.: 32 c 87/14, zu verurteilen, an den kläger einen betrag i.h.v. 2.500,00 € zuzüglich zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 11.07.2013 zu zahlen; 142. hilfsweise die sache gemäß § 538 abs. 2 nr. 3 zpo an das amtsgericht langenfeld zur weiteren aufklärung zurückzuverweisen; 153. äußerst hilfsweise die sache an das zuständige gericht zu verweisen. 16die beklagte beantragt, 17die berufung zurückzuweisen. 18die beklagte und berufungsbeklagte ist der auffassung, dass es sich bei der erstattung der selbstbeteiligung um ein selbständiges vertragsversprechen handele, das allenfalls als garantie, nicht jedoch als versicherung zu qualifizieren sei. die allgemeinen geschäftsbedingungen seien auch wirksam vereinbart worden. selbst wenn sie nicht wirksam vereinbart worden sein sollten – diese klägerische auffassung macht sich die beklagte hilfsweise zu eigen –, könnten die regelungen zur erstattung der selbstbeteiligung nicht greifen, weil diese ausschließlich in den (dann nicht in den vertrag einbezogenen) agb enthalten seien. der voucher werde erst nach vertragsabschluss erstellt, könne also insoweit nicht vertragsgrundlage sein. es sei auch keine versicherungsprämie geschuldet. die beklagte erhalte lediglich über ihre muttergesellschaft, die b, pauschal verhandelte provisionen für die vermittlung, die weder für eine einzelne vermittlung gezahlt noch in ihrer höhe mit der eigenen zusage, die selbstbeteiligung zu erstatten, im zusammenhang stehe. 19für die weiteren einzelheiten wird auf die wechselseitigen schriftsätze der parteien nebst anlagen sowie auf das sitzungsprotokoll bezug genommen. 20 | 21die berufung des klägers gegen das urteil des amtsgerichts langenfeld hat nur hinsichtlich des hilfsweise gestellten antrags auf verweisung des rechtsstreits an das amtsgericht münchen erfolg. das amtsgericht langenfeld hat seine örtliche zuständigkeit zutreffend verneint. 22i. 23die örtliche zuständigkeit ergibt sich nicht aus § 215 abs. 1 vvg. zwar hat der kläger seinen wohnsitz in hilden und damit im bezirk des amtsgerichts langenfeld. jedoch findet § 215 abs. 1 vvg keine anwendung, weil die parteien nicht über ansprüche aus einem versicherungsvertrag streiten. 24entgegen der auffassung des klägers ist der aspekt, ob ein versicherungsverhältnis vorliegt, nicht als doppelrelevante tatsache zu qualifizieren, bei der im rahmen der zulässigkeit die schlüssigen behauptungen der klagenden partei als wahr zu unterstellen sind und eine beweisaufnahme erforderlichenfalls im rahmen der begründetheit erfolgt (vgl. etwa bgh njw 2010, 873). die frage, ob ein versicherungsvertrag vorliegt, spielt zunächst allein für die zulässigkeit (örtliche zuständigkeit des amtsgerichts langenfeld) eine rolle. der materiell-rechtliche anspruch des klägers setzt jedoch nicht zwingend das bestehen eines versicherungsvertrags voraus; er könnte sich bei vorliegen der anspruchsvoraussetzungen z.b. auch aus einem garantieversprechen der beklagten ergeben. daher hat im rahmen der zulässigkeit eine vollständige prüfung hinsichtlich der frage, ob ein versicherungsvertrag vorliegt, zu erfolgen. 25maßgeblich für die bestimmung, ob ein versicherungsvertrag vorliegt, sind die inhalte der vertraglichen vereinbarungen. die vorzunehmende auslegung der vertragserklärungen ergibt nicht, dass zwischen den parteien ein versicherungsvertrag zustande gekommen ist. ein versicherungsvertrag setzt maßgeblich voraus, dass – wie die parteien im ausgangspunkt auch zutreffend und übereinstimmend ausführen – der versicherer sich verpflichtet, ein bestimmtes risiko des versicherungsnehmers oder eines dritten durch eine leistung abzusichern, die er bei eintritt des vereinbarten versicherungsfalls zu erbringen hat, vgl. § 1 vvg. dabei soll das übernommene risiko auf eine vielzahl durch die gleiche gefahr bedrohter personen verteilt werden und der risikoübernahme eine auf dem gesetz der großen zahl beruhende kalkulation zugrunde liegen. nach § 1 satz 2 vvg ist der versicherungsnehmer verpflichtet, an den versicherer die vereinbarte zahlung (prämie) zu erbringen. eine versicherung liegt jedoch nicht bei vereinbarungen vor, die in einem inneren zusammenhang mit einem anderen rechtsgeschäft anderer art stehen und von dort ihr eigentliches rechtliches gepräge erhalten (vgl. nur bverwg versr 1992, 1381, 1382; armbrüster, versr 2015, 1453 ff. m.w.n.). 26die vorstehend genannten voraussetzungen für eine versicherung sind im vorliegenden fall nicht erfüllt. 27entscheidend ist dabei nicht, dass die beklagte kein versicherungsunternehmen i.s.v. § 7 vag ist. danach darf die erlaubnis zum geschäftsbetrieb einer versicherung nur einer ag oder se bzw. versicherungsvereinen auf gegenseitigkeit oder körperschaften und anstalten des öffentlichen rechts erteilt werden. bei der beklagten handelt es sich um eine gmbh, die unstreitig auch nicht über eine erlaubnis nach § 5 vag verfügt. das fehlen dieser voraussetzungen bedeutet jedoch nicht, dass von der beklagten abgeschlossene verträge keine versicherungsverträge i.s.v. § 1 vvg darstellen können. 28von entscheidender bedeutung ist, dass der zwischen den parteien geschlossene vertrag sein eigentliches rechtliches gepräge von einem anderen vertrag erhält und ihm wesentliche merkmale eines versicherungsvertrags fehlen. 29die zentrale vertragliche vereinbarung, von der die vertragsbeziehung ihr eigentliches rechtliches gepräge erhält, liegt in der vermittlung von mietwagen. die vermittlung stellt – auch aus sicht des klägers – die zentrale leistung der beklagten dar, denn der kunde nimmt primär die vermittlungsleistung der beklagten in anspruch. im rahmen dieser vermittlungstätigkeit unterhält die beklagte ausweislich ihrer darstellung, welcher der kläger letztlich nicht mehr dezidiert entgegengetreten ist, (über die us-amerikanische muttergesellschaft, die b) rahmenverträge einerseits mit verschiedenen mietwagenkonzernen (z.b. i, g oder j) und andererseits mit buchungsportalen (z.b. c oder d) und kann ihren kunden aufgrund der großen kontingente günstige konditionen anbieten. die angebotsinhalte werden jeweils elektronisch über schnittstellen zur verfügung gestellt. 30im rahmen der durch die beklagte vermittelten verträge bietet diese ihren kunden unter bestimmten voraussetzungen – letztlich als besonderes verkaufsargument – die erstattung einer selbstbeteiligung an. dieser erstattung kommt neben der vermittlung von mietwagen jedoch keine eigenständige bedeutung zu. wählt ein kunde auf einem vergleichsportal die option „ohne selbstbeteiligung“, erhält er in der ergebnisliste u.a. angebote der beklagten, weil er aufgrund der erstattung im ergebnis keine selbstbeteiligung tragen muss. dabei mag der umstand, dass im ergebnis eine selbstbeteiligung nicht zu zahlen ist (bzw. diese erstattet wird) aus sicht des kunden zwar von nicht unerheblicher bedeutung sein. jedoch handelt es sich hierbei nach der überzeugung der kammer nicht um ein eigenständiges leistungsversprechen der beklagten, sondern lediglich um ein zusätzliches verkaufsargument als ergänzung zur eigentlichen hauptpflicht, nämlich der vermittlung von mietwagen. dass die vermittlung von mietwagen die eigentliche hauptleistung der beklagten darstellt, ergibt sich auch daraus, dass ein kunde allein im falle der vermittlung eines mietwagens in den genuss der erstattung der selbstbeteiligung kommen kann. 31der umstand, dass diese erstattung aus sicht des kunden im ergebnis vergleichbar sein mag mit einer versicherung mit einer selbstbeteiligung von 0,00 €, führt zu keinem abweichenden ergebnis. denn es fehlt zudem an einem wesentlichen merkmal einer versicherung, denn der kunde erbringt für die erstattung der selbstbeteiligung weder unmittelbar noch mittelbar über die seitens der mietwagenunternehmen gezahlten provisionen eine gegenleistung. die prämienzahlungspflicht des versicherungsnehmers stellt jedoch dessen hauptleistungspflicht in einem versicherungsvertragsverhältnis dar (looschelders in: münchener kommentar vvg, 2. aufl. 2016, § 1 rn. 51). insbesondere zahlt der kunde – im vorliegenden fall also der kläger – keine gegenleistung in form eines erhöhten entgelts. unstreitig entrichtet der kunde den gesamten, an das mietwagenunternehmen zahlbaren mietpreis an die beklagte (i.d.r. via kreditkarte). die beklagte leitet die eingezogenen mietzahlungen gebündelt (also nicht für jede einzelne buchung) über die muttergesellschaft an die jeweilige mietwagenfirma weiter. dabei fällt der vom kunden zu entrichtende endpreis aufgrund der seitens der beklagten angebotenen erstattung der selbstbeteiligung nicht höher aus. denn diese ist stets vertragsbestandteil und hat auf die höhe des mietpreises keinen einfluss. 32die beklagte erhält für verträge, in denen die erstattung der selbstbeteiligung vorgesehen ist, auch von den mietwagenunternehmen keine erhöhte provision. die vermittlung des einzelnen vertrags löst schon keinen gesonderten provisionsanspruch der beklagten (bzw. der konzernmutter) gegenüber den mietwagenunternehmen aus. vielmehr vereinnahmt die beklagte (über ihre muttergesellschaft) für die unter dem jeweiligen rahmenvertrag vermittelten mietverträge provisionen von dem jeweiligen vermieter, die laufend neu und in bezug auf die insgesamt weltweit vermittelten verträge verhandelt werden. zudem ist im konzern der beklagten kein pool von geldern eingerichtet, aus dem erstattungen von selbstbeteiligungen im schadensfall bedient werden. 33soweit der kläger gemeint hat, dass die beklagte nähere angaben zu diesen internen vorgängen machen müsse, da er selbst keinen einblick habe, hat die beklagte dies spätestens im termin zur mündlichen verhandlung getan. anhaltspunkte, die gegen die richtigkeit dieser angaben der beklagten sprechen, sind für die kammer nicht ersichtlich; der kläger ist ihnen letztlich auch nicht mehr entgegengetreten. 34gegen die bejahung eines versicherungsvertrags spricht auch die gefestigte rechtsprechung in bezug auf versicherungsschutz im zusammenhang mit dem abschluss von mietwagenverträgen. dort ist es ständige rechtsprechung, dass regelungen des vvg auf das vertragsverhältnis zwischen kunden und gewerblichem mietwagenanbieter keine unmittelbare anwendung finden, sondern dass der vermieter, der gegen zusätzliches entgelt eine haftungsfreistellung verspricht, einem versicherer insoweit gleichzustellen ist, dass vertragslücken, die durch unwirksame agb-klauseln entstehen, durch heranziehung z.b. von § 28 abs. 2 und 3 vvg geschlossen werden können (bgh versr 2012, 1573, 1574 ff.) der kunde wird dort ausdrücklich als „quasi-vn“ bezeichnet; als leitbild wird die kaskoversicherung herangezogen (bgh a.a.o.). 35stellt dieses verhältnis zwischen kunden und mietwagenunternehmen jedoch trotz der vom bgh aufgezeigten nähe zur kaskoversicherung selbst kein versicherungsverhältnis dar, sondern erfolgt eine füllung von vertragslücken lediglich „nach dem leitbild der kaskoversicherung“, kann die vermittlung von mietwagen, auch wenn in diesem zusammenhang eine erstattung der selbstbeteiligung zugesagt wird, erst recht nicht als versicherung angesehen werden. in beiden fällen besteht die hauptleistungspflicht (vermietung bzw. vermittlung von mietwagen) nicht in der absicherung eines risikos. zudem betraf u.a. die zitierte bgh-entscheidung fälle, in denen eine haftungsfreistellung gegen zusätzliches entgelt versprochen wurde. es stand der leistung des vermieters (haftungsfreistellung) also eine (konkret bezifferbare) gegenleistung in form eines höheren entgelts gegenüber – vergleichbar mit einer versicherungsprämie. ein derartiges (zusätzliches) entgelt ist hier nach dem vorstehenden jedoch nicht ersichtlich. daher bestehen sogar zweifel, ob im falle der unwirksamkeit einzelner agb-klauseln auf regelungen des vvg zurückgegriffen werden könnte. diese frage bedarf allerdings keiner entscheidung. denn selbst wenn eine analoge anwendung einzelner regelungen des vvg zur schließung von vertragslücken in betracht kommen sollte, hätte dies nicht die analoge anwendbarkeit des gesamten vvg einschließlich § 215 abs. 1 vvg zur folge, weil gerade kein versicherungsvertrag vorliegt. 36ii. 37da die örtliche zuständigkeit des amtsgerichts langenfeld nach alledem nicht gegeben ist, ist der rechtsstreit auf den erstmals in der berufungsinstanz gestellten hilfsantrag des klägers an das örtlich zuständige amtsgericht münchen zu verweisen. eine verweisung nach § 281 zpo kann auch in der berufungsinstanz erfolgen, insbesondere dann, wenn das erstgericht die klage wegen unzuständigkeit abgewiesen und der kläger den verweisungsantrag erstmals – auch hilfsweise – in der berufungsinstanz gestellt hat (olg köln, urteil vom 26.05.2008, 5 u 238/07). 38iii. 39die kosten des berufungsverfahrens waren bereits jetzt dem kläger aufzuerlegen. er hat diese kosten ungeachtet des ausgangs des rechtsstreits zu tragen. soweit sein rechtsmittel ohne erfolg geblieben ist, beruht die entscheidung auf § 97 abs. 1 zpo. soweit das rechtsmittel auf den in zweiter instanz gestellten hilfsantrag zur verweisung an das örtlich zuständige amtsgericht münchen führt, ergibt sich die kostentragungspflicht des klägers aus §§ 97 abs. 2, 281 abs. 3 satz 2 zpo. im übrigen war die kostenentscheidung dem urteil des amtsgerichts münchen vorzubehalten. 40die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 708 nr. 10, 711 zpo. 41die revision wird zugelassen. die zentrale frage, ob eine zusage eines mietwagenvermittlers, im schadensfall die selbstbeteiligung zu erstatten, eine versicherung darstellt, ist bislang – soweit ersichtlich – nicht höchstrichterlich entschieden. sie ist auch klärungsbedürftig und kann für eine vielzahl von fällen von bedeutung sein, soweit dem klagenden kunden gemäß § 215 vvg die möglichkeit eröffnet wird, vor dem wohnortgericht zu klagen, sofern ein versicherungsvertrag zu bejahen ist. 42der streitwert für die berufungsinstanz wird auf 2.500,00 € festgesetzt. | Verklagte*r | 0 |
168,387 | 3 Ca 2173/14 | 2015-01-27T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt. 3. Der Streitwert wird auf 22.779,00 € festgesetzt. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten über die Berechnung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld nach einem Gesamtsozialplan. 3Der Kläger wurde am 01. September 1977 auf der damaligen Schachtanlage T angelegt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer des Rheinisch/Westfälischen Steinkohlebergbaus Anwendung. Zuletzt war der Kläger als Aufsichtshauer auf der Schachtanlage B tätig. 4Die Beklagte ist ein Bergbauunternehmen. Aufgrund berufsgenossenschaftlicher Vorgaben ist sie verpflichtet, auf ihren Bergwerken eine Grubenwehr vorzuhalten. Die Organisation der Grubenwehr ist bei der Beklagten durch den Plan für das Grubenrettungswesen der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen I geregelt. Der Kläger war bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Mitglied der Grubenwehr. 5Unter dem 25. Juni 2003 vereinbarten die Beklagte und der gesamte Betriebsrat der E AG einen Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm der E AG. Dieser Sozialplan sah vor, dass Arbeitnehmer, die aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und Anspruch auf die Gewährung von Anpassungsgeld nach den jeweils gültigen Richtlinien über die Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer des Steinkohle Bergbaus des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie haben, u.a. von der Beklagten einen Zuschuss zum Anpassungsgeld erhalten sollten, wenn das Anpassungsgeld ein Garantieeinkommen nicht erreicht. Das Garantieeinkommen wurde in § 2 Ziffer 7 Absatz 3 des Gesamtsozialplan wie folgt definiert: 6… 7(3) Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze. 8Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen bleiben bei der Ermittlung außer Betracht. Weiterhin bleiben Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, bei der Ermittlung außer Betracht. Der so ermittelte Betrag wird durch die Anzahl der im 12-Monatszeitraum angefallenen Versicherungstage dividiert und mit dem Faktor 30 multipliziert. 9Bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 berücksichtigt. 10…“ 11Unter dem 02. Dezember 2010 vereinbarten die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat eine Änderungsvereinbarung zum Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm vom 25. Juni 2003. Hierin heißt es u.a. wörtlich: 12 … 131.14§ 2 Ziffer 7 („Zuschuss zum Anpassungsgeld“) Absatz 3 des Gesamtsozialplans wird wie folgt neu gefasst: 15„Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze. 16a) Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird bei Arbeitern die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdiente Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer Betracht. In dem 12-Monatszeitraum erfolgte allgemeine Entwicklungen der Tariflöhne sowie individuelle Umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. Der so berechnete Betrag wird mit 21,75 multipliziert und ergibt den Bruttomonatslohn. 17Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens werden dem Bruttomonatslohn die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, jeweils mit einem monatlichen Anteil von ½ hinzugerechnet. 18b) Bei Angestellten wird das Brutto-Monatseinkommen auf der Grundlage der während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher Arbeitszeit durchschnittlich verdienten Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus ermittelt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer Betracht. In dem 12-Monatszeitraum erfolgte allgemeine Entwicklungen der Tarifgehälter, Stufensteigerungen sowie individuelle Umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. Der so berechnete Betrag ergibt das Bruttomonatsgehalt. 19Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens werden dem Bruttomonatsgehalt die während der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden durchschnittlich pro Monat verdienten sozialversicherungspflichtigen Mehrarbeitszuschläge sowie das im Jahr des Ausscheidens gültige Weihnachtsgeld und die im Jahr des Ausscheidens gültige Treueprämie, jeweils mit einem monatlichen Anteil von 1/12 hinzugerechnet. 20c) Bei außertariflichen Angestellten wird das Brutto-Monatseinkommen auf der Grundlage von 1/12 der individuellen arbeitsvertraglichen festen Bruttojahresbezüge vor dem Ausscheiden ermittelt. Die festen Bruttojahresbezüge errechnen sich aus dem Jahresfixeinkommen, ggfs. dem Besitzstand und sowie ggfs. dem Garantieeinkommen, jeweils ohne Einzahlungen, Zulagen und Aufwendungsersatz. 21Zur Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird diesem so berechneten Betrag 1/12 der individuell vertraglich vereinbarten variablen Vergütung hinzugerechnet. Dabei wird der Gesamtzielerreichungsgrad des Vorjahres, mindestens jedoch 100 %, und ein Faktor von 1,0 zugrunde gelegt. Dieser Betrag wird auf 1/12 der im Zeitpunkt des Ausscheidens für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze begrenzt.“ 22… 23Mit Schreiben vom 07. März 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. März 2012. Ferner wies die Beklagte im Kündigungsschreiben darauf hin, dass sie dem Kläger betriebliche Leistungen nach Maßgabe des Gesamtsozialplanes zum Anpassungsprogramm der E AG in der jeweils gültigen Fassung zum Zeitpunkt des Ausscheidens gewähre. 24Nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bezieht der Kläger seit dem 01. April 2012 Anpassungsgeld. Zusätzlich zahlt die Beklagte an den Kläger einen Zuschuss zum Anpassungsgeld auf der Grundlage des Gesamtsozialplans zur sozialverträglich Beendigung des deutschen Steinkohlebergbaus zum 31.12.2018 vom 06.03.2012 in Höhe von 279,07 € brutto monatlich. 25Mit seiner am 20. Mai 2011 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Zahlung eines weiteren Zuschusses zum Anpassungsgeld. 26Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe bei der Berechnung des Zuschusses des Anpassungsgeldes ein zu geringes Garantieeinkommen zugrunde gelegt. Nach § 2 Ziffer 7 Absatz 3 des Gesamtsozialplans sei das gesamte vom Arbeitnehmer im Referenzzeitraum bezogene Entgelt bei der Berechnung des Garantieeinkommens zugrunde zu legen. Lediglich Mehrarbeitsvergütung, Einmalzahlungen und Lohn- und Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, dürften unberücksichtigt bleiben. Dieses gelte auch nach der Veränderungsvereinbarung zum Gesamtsozialplan vom 02. Dezember 2010 und nach Abschluss des neuen Gesamtsozialplans. Bei der Zuschussleistung zum Anpassungsgeld handele es sich um eine Versorgungsleistung der Beklagten. Eine Verschlechterung von Versorgungsleistungen sei nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, die hier nicht gegeben seien. In jedem Falle habe die Beklagte bei der Berechnung des Garantieeinkommens die Lohnart 1015 Grubenwehr außerhalb zu berücksichtigen, da es sich hierbei um Arbeitsentgelt handele. Auch die Lohnart 1150 - Vergütung für entgangene Mehrarbeit Tarifurlaub – dürfe nicht unberücksichtigt bleiben. 27Der Kläger beantragt zuletzt, 28291. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 19.615,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 632,75 €, erstmals ab dem 1. Mai 2012, letztmals ab dem 01. November 2014, zu zahlen; 30312. die Beklagte zu verurteilen, ihm beginnend ab Dezember 2014 bis März 2017 über den Zuschuss zum Anpassungsgeld in Höhe von 279,02 € hinaus einen weiteren Zuschuss in Höhe von 632,75 € monatlich nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 632,75 €, erstmals ab dem 01.12.2014 und letztmals ab dem 01.05.2017 zu zahlen. 32Die Beklagte beantragt, 33 die Klage abzuweisen. 34Sie ist der Ansicht, der Zuschuss zum Anpassungsgeld sei auf der Grundlage des Gesamtsozialplans zur sozialverträglichen Beendigung des deutschen Steinkohlebergbaus zum 31.12.2018 vom 06.03.2012 zu ermitteln, da der Kläger nach dem Inkrafttreten des neuen Gesamtsozialplans aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. In jedem Fall finde aber die Änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 zum Gesamtsozialplan vom 25.06.2003 Anwendung, da diese am 01.01.2011 in Kraft getreten sei. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Schon aufgrund der klarstellenden Protokollnotiz vom 27. Mai 2010 habe er nicht ernsthaft davon ausgehen können, dass bei der Ermittlung des Garantieeinkommens Zulagen für Grubenwehrübungen außerhalb der Arbeitszeit berücksichtigt würden. Zudem habe der Kläger in dem Beratungsgespräch im März 2011 die mitgeteilten Daten beanstandungslos hingenommen und nicht moniert, dass sein ermitteltes Einkommen erheblich von seinem bisherigen abweiche. Der Kläger habe auch nach Zugang der Kündigung ausreichend Zeit und Gelegenheit gehabt, den Sachverhalt noch überprüfen zu lassen und entsprechenden Rechtsrat einzuholen. Als er die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses akzeptiert habe, habe er nicht davon ausgehen können, dass die Vergütung für die Teilnahme an Grubenwehrübungen außerhalb der Arbeitszeit berücksichtigt würden. 35Bezüglich des weiteren Vorbringens wird auf die wechselseitigen schriftsätzlichen Ausführungen der Parteien einschließlich der Anlagen Bezug genommen. 36Entscheidungsgründe: 37I. 38Die zulässige Klage ist unbegründet. 39Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Zuschusses zum Anpassungsgeld. Soweit der Kläger unstreitig einen Anspruch auf Leistungen erworben hat, werden diese durch die monatlichen Leistungen der Beklagten erfüllt. Ein darüber hinaus gehenden Anspruch hat der insoweit darlegungspflichtige Kläger nicht schlüssig dargelegt. 401. 41Der an den Kläger zu zahlende Zuschuss zum Anpassungsgeld ist auf der Grundlage des Gesamtsozialplans vom 25. Juni 2003 in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 02. Dezember 2010 zu ermitteln. Durch die Änderungsvereinbarung vom 02. Dezember 2010 wurde § 2 Ziffer 7 des Gesamtsozialplans wirksam für Arbeitnehmer geändert, die ab dem 01. Januar 2011 aus dem Arbeitsverhältnis zur Beklagten ausscheiden. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Ablauf des 31. März 2012 beendet worden ist. Keiner abschließenden Erklärung bedarf hier die Frage, ob die Ansicht des Klägers zutreffend ist, dass zwischen Abkehr und Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zu unterscheiden sei. Auch nach dem Vortrag des Klägers würden sowohl Abkehr als auch Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auf den 31. März 2012 fallen. 42a) 43Die Änderungsvereinbarung vom 02. Dezember 2010 ist wirksam. Die Parteien eines Sozialplanes können die von ihnen getroffene Regelung wie auch bei anderen Betriebsvereinbarungen grundsätzlich jederzeit für die Zukunft abändern. Der neue Sozialplan kann auch Regelungen enthalten, die für die Arbeitnehmer ungünstiger sind. Im Verhältnis zweier gleichrangiger Normen gilt nicht das Günstigkeitsprinzip, sondern die Zeitkollisionsregel (Ablöseprinzip). Danach geht die jüngere Norm der älteren vor (BAG, Urteil vom 23. Januar 2008 – 1 AZR 988/06 – EZA § 77 BetrVG 2001 Nr. 24; Urteil vom 02. Oktober 2007 – 1 AZR 815/06 – EZA § 77 BetrVG 2001 Nr. 20; LAG, Urteil vom 14. Februar 2013 – 11 SA 1439/12 – juris). 44Die ablösende Betriebsvereinbarung muss sich aber an die Grenzen von Recht und Billigkeit halten (§ 75 Absatz 1 BetrVG). Betriebsvereinbarungen unterliegen deshalb einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle. 45b) 46Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Billigkeitskontrolle nicht auf der Grundlage des vom Bundesarbeitsgericht für die Ablösung von Versorgungszusagen entwickelten Prüfungsschemas zu erfolgen (z.B. BAG, Urteil vom 12. Februar 2013 – 3 AZR 414/12 – juris). Die streitgegenständliche Zahlung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld ist keine Versorgungsleistung im Sinne des Betriebsrentengesetztes. 47Ob eine versprochene Leistung als betriebliche Altersversorgung im Sinne des § 1 Absatz 1 BetrVG einzuordnen ist, richtet sich allein danach, ob die im Betriebsrentengesetz abschließend aufgezählten Voraussetzungen einer betrieblichen Altersversorgung erfüllt sind. Die Zusage muss einem Versorgungszweck dienen, die Leistungspflicht muss nach dem Inhalt der Zusage durch ein im Gesetz genanntes biologisches Ereignis (Alter, Invalidität oder Tod) ausgelöst werden und es muss sich um die Zusage eines Arbeitgebers aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses handeln (z.B. BAG, Urteil vom 14. Februar 2012 – 3 AZR 260/10 – EZA § 1 BetrVG Nr. 94; Urteil vom 10. Februar 2009 – 3 AZR 783,07 – juris; Urteil vom 28. Oktober 2008 – 3 AZR 317/03 – EZA § 1 BetrVG Nr. 92). Ein betriebsrentenrechtlicher Versorgungszweck wird erfüllt, wenn durch die vorgesehene Leistung ein im Betriebsrentengesetz angesprochenes Risiko teilweise übernommen wird. Die Altersversorgung deckt einen Teil der „Langlebigkeitsrisiken“, die Hinterbliebenenversorgung einen Teil der Todesfallrisiken und die Invaliditätsversorgung einen Teil der Invaliditätsrisiken (vgl. BAG, Urteil vom 12. Dezember 2006 – 3 AZR 476/05 – EZA § 1 BetrVG Nr. 89). Eine Altersversorgung setzt demgemäß voraus, dass die vereinbarte Leistung auf das Alter zugeschnitten ist und nicht einem anderen Zweck dient. Von der Altersversorgung sind Übergangsgelder abzugrenzen, durch deren Zahlung die Zeit bis zum Eintritt in den Ruhestand oder in ein neues Arbeitsverhältnis überbrückt werden soll. Entscheidend ist der objektive Inhalt der zugesagten Leistungen. Er ist den Leistungsvoraussetzungen zu entnehmen, wobei insbesondere eine Anknüpfung mit einem betriebsrentlichen Versorgungsfall zu berücksichtigen ist. Dabei kommt dem Leistungsbeginn große Bedeutung zu (BAG, Urteil vom 10. Februar 2009 – 3 AZR 783/07 – a.a.O., m.w.N.). 48Der Zuschuss zum Anpassungsgeld knüpft nach § 2 des Gesamtsozialplans nicht an den Eintritt in den Ruhestand an. Er setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vor Erreichen der Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis zur Beklagten ausscheidet und Anspruch auf die Gewährung von Anpassungsgeld nach den jeweils gültigen Richtlinien hat. Der Zuschuss soll demnach die mit dem Arbeitsplatzverlust verbundenen Nachteile der Arbeitnehmer abmildern. Dabei handelt es sich nicht um ein „Langlebigkeitsrisiko“, sondern um ein Arbeitsplatzrisiko. Der Zuschuss wird ergänzend zum Anpassungsgeld geleistet, welches seinerseits nach den gültigen Richtlinien die geordnete Durchführung des Anpassungsprogramms im Steinkohlebergbau sozial flankieren soll. Beide Leistungen sind so ausgestaltet, dass sie lediglich den Übergang in den Ruhestand erleichtern und mit dem Bezug der gesetzlichen Altersrente entfallen. Der Zuschuss zum Anpassungsgeld ist mithin lediglich eine Übergangsversorgung und keine betriebliche Altersversorgung (vgl. BAG, a.a.O., m.w.N.). 49c) 50Die Änderungsvereinbarung vom 02. Dezember 2010 hat auch nicht in unzulässiger Weise in die rechtlich geschützte Position des Klägers eingegriffen. 51Neue Betriebsvereinbarungen bzw. Sozialpläne können bereits entstandene Ansprüche der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht schmälern oder entfallen lassen. Die Möglichkeit einer Rückwirkung normativer Regelungen ist durch das Vertrauensschutz- und das Verhältnismäßigkeitsprinzip beschränkt (BAG, Urteil vom 02. Oktober 2007 – 1 AZR 815/06 – EZA § 77 BetrVG 2001 Nr. 20; Urteil vom 19. Juni 2007 – 1 AZR 340/06 – EZA § 1 a KSchG Nr. 2). 52Die Änderungsvereinbarung vom 02. Dezember 2010 entfaltet im Verhältnis zum Kläger keine Rückwirkung. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung am 02. Dezember 2010 war der Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld noch nicht entstanden; nach § 2 Ziffer 7 Absatz 1 des Gesamtsozialplans entsteht der Zahlungsanspruch erstmals mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Bezug von Anpassungsgeld. Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger erst zum 01. März 2012. 53Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Änderungsvereinbarung war der Anspruch des Klägers auch noch nicht im Sinne einer Anwartschaft angelegt. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers erfolgte erst nach Abschluss der Änderungsvereinbarung mit Schreiben der Beklagten vom 7. März 2011. Sofern der Kläger irrtümlich davon ausgegangen sein sollte, dass der Zuschuss zum Anpassungsgeld noch auf der Grundlage der alten Fassung des Gesamtsozialplans berechnet würde, wäre dieses Vertrauen nicht schutzwürdig, da es dem Kläger möglich und zumutbar gewesen wäre, sich in diesem Zeitraum selbst Klarheit über die Rechtslage zu verschaffen. Demnach entfaltet die Änderungsvereinbarung vom 02. Dezember 2010 jedenfalls im Verhältnis zum Kläger keine echte oder unechte Rückwirkung. 542. 55Der an den Kläger zu zahlende Zuschuss zum Anpassungsgeld wurde von der Beklagten auf der Grundlage von § 2 Nr. 7 Absatz 3 des Gesamtsozialplans vom 26. Juni 2003 in der Fassung vom 02. Dezember 2010 zutreffend berechnet. Hiervon geht die Kammer mit dem Vortrag der Beklagten aus, da es dem insoweit darlegungspflichtigen Kläger nicht gelungen ist, seine gegenteilige Auffassung schlüssig darzulegen. 56a) 57Entgegen der Ansicht des Klägers sind nach § 2 Ziffer 7 Absatz 3 Buchstabe b des Gesamtsozialplans bei der Berechnung des Garantieeinkommens nicht alle im Referenzzeitraum an den Kläger erbrachten Leistungen der Beklagten zu berücksichtigen, soweit es sich nicht um Mehrarbeitsvergütung, Einmalzahlung oder Lohn- und Gehaltsbestandteile handelt, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Diese Auffassung findet in dem Gesamtsozialplan keine hinreichende Stütze. § 2 Ziffer 7 Absatz 3 b bezieht sich ausdrücklich auf die Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohle Bergbaus. § 41 Absatz 1 MTV stellt dabei maßgeblich auf die durchschnittliche Grundvergütung (§ 31 Absatz 2 MTV) ab. Nach § 31 Absatz 2 MTV ist die Grundvergütung der Schichtlohn oder das Gehalt, ggfs. einschließlich Leistungszulage. Daraus folgt, dass Vergütungsbestandteile nur dann gemäß § 2 Ziffer 7 Absatz 3 b des Gesamtsozialplans bei der Ermittlung des Garantieeinkommens berücksichtigt werden können, wenn sie der Grundvergütung im Sinne der tarifrechtlichen Vorschriften zuzuordnen sind. Diese anspruchsbegründenden Umstände hat der Kläger darzulegen. 58b) 59Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Lohnart 1015 – Grubenwehr-Übung außerhalb – nicht bei der Berechnung des Garantieeinkommens zu berücksichtigen. Dabei teilt die Kammer zwar die Auffassung des Klägers, dass es sich bei dieser Zulage um Arbeitsentgelt handele. Keine abschließende Entscheidung bedarf hier die Frage, ob dieses Entgelt die Grundvergütung im Sinne der tarifvertraglichen Vorschriften zuzuordnen ist. Denn das Entgelt kann bereits deshalb nicht berücksichtigt werden, weil die Zulage nicht während der regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit verdient wurde. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Lohnart 1015 vom Kläger nur dann in Verdienst gebracht wurde, wenn er während des Referenzzeitraums an einer Übung der Grubenwehr außerhalb der regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit teilgenommen hat. 60c) 61Entgegen der Ansicht des Klägers war auch die Lohnart 1150 – Vergütung für entgangene Mehrarbeit – Tarifurlaub – nicht bei der Berechnung des Garantieeinkommens zu berücksichtigen. Nach § 2 Ziffer 7 Absatz 3 b des Gesamtsozialplans ist bei der Ermittlung des Garantieeinkommens nur die Vergütung im Sinne des § 41 Absatz 1 Satz 1 MTV zu berücksichtigen. Grundlage der Lohnart 1150 ist hingegen § 41 Absatz 2 MTV. Aus der systematischen Erstellung der Tarifvertragsnorm wird deutlich, dass die Vergütung für entgangene Mehrarbeit eine Leistung der Beklagten ist, die zusätzlich zur Grundvergütung nach § 41 Absatz 1 MTV bei der Berechnung des Urlaubsentgeltes zu berücksichtigen ist, die Vergütung für entgangene Mehrarbeit ist mithin nicht bereits Bestandteil der Grundvergütung. 622. 63Auch die weitergehende Klage auf zukünftig wiederkehrende Leistung (§ 258 ZPO) ist unbegründet. 64Wie oben dargelegt hat der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Zuschusses zum Anpassungsgeld aus § 2 Ziffer 7 Abs. 1 und 3 des Gesamtsozialplans. 65II. 66Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Absatz 1 ZPO. Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 67Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Absatz 1 ArbGG i.V.m. § 3 ff. ZPO. | 1. die klage wird abgewiesen. 2. die kosten des rechtsstreits werden dem kläger auferlegt. 3. der streitwert wird auf 22.779,00 € festgesetzt. 1 | 2die parteien streiten über die berechnung eines zuschusses zum anpassungsgeld nach einem gesamtsozialplan. 3der kläger wurde am 01. september 1977 auf der damaligen schachtanlage t angelegt. auf das arbeitsverhältnis der parteien fanden die bestimmungen des manteltarifvertrages für die arbeitnehmer des rheinisch/westfälischen steinkohlebergbaus anwendung. zuletzt war der kläger als aufsichtshauer auf der schachtanlage b tätig. 4die beklagte ist ein bergbauunternehmen. aufgrund berufsgenossenschaftlicher vorgaben ist sie verpflichtet, auf ihren bergwerken eine grubenwehr vorzuhalten. die organisation der grubenwehr ist bei der beklagten durch den plan für das grubenrettungswesen der hauptstelle für das grubenrettungswesen i geregelt. der kläger war bis zur beendigung seines arbeitsverhältnisses mitglied der grubenwehr. 5unter dem 25. juni 2003 vereinbarten die beklagte und der gesamte betriebsrat der e ag einen gesamtsozialplan zum anpassungsprogramm der e ag. dieser sozialplan sah vor, dass arbeitnehmer, die aus dem arbeitsverhältnis ausscheiden und anspruch auf die gewährung von anpassungsgeld nach den jeweils gültigen richtlinien über die gewährung von anpassungsgeld an arbeitnehmer des steinkohle bergbaus des bundesministerium für wirtschaft und technologie haben, u.a. von der beklagten einen zuschuss zum anpassungsgeld erhalten sollten, wenn das anpassungsgeld ein garantieeinkommen nicht erreicht. das garantieeinkommen wurde in § 2 ziffer 7 absatz 3 des gesamtsozialplan wie folgt definiert: 6… 7(3) das garantieeinkommen beträgt 60 % des brutto-monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im zeitpunkt der entlassung für monatsbezüge in der knappschaftlichen rentenversicherung geltenden beitragsbemessungsgrenze. 8für die ermittlung des brutto-monatseinkommens wird das entgelt der letzten 12 abgerechneten monate vor dem ausscheiden zugrunde gelegt. einmalzahlungen und mehrarbeitsgrundvergütungen bleiben bei der ermittlung außer betracht. weiterhin bleiben lohn- bzw. gehaltsbestandteile, die nicht der sozialversicherungspflicht unterliegen, bei der ermittlung außer betracht. der so ermittelte betrag wird durch die anzahl der im 12-monatszeitraum angefallenen versicherungstage dividiert und mit dem faktor 30 multipliziert. 9bei der ermittlung des brutto-monatseinkommens wird das im jahr des ausscheidens jeweils gültige weihnachtsgeld mit einem monatlichen anteil von 1/12 berücksichtigt. 10…“ 11unter dem 02. dezember 2010 vereinbarten die beklagte und der gesamtbetriebsrat eine änderungsvereinbarung zum gesamtsozialplan zum anpassungsprogramm vom 25. juni 2003. hierin heißt es u.a. wörtlich: 12 … 131.14§ 2 ziffer 7 („zuschuss zum anpassungsgeld“) absatz 3 des gesamtsozialplans wird wie folgt neu gefasst: 15„das garantieeinkommen beträgt 60 % des brutto-monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im zeitpunkt der entlassung für monatsbezüge in der knappschaftlichen rentenversicherung geltenden beitragsbemessungsgrenze. 16a) für die ermittlung des brutto-monatseinkommens wird bei arbeitern die während der letzten 12 abgerechneten monate vor dem ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher arbeitszeit durchschnittlich verdiente vergütung im sinne des § 41 absatz 1 satz 1 des manteltarifvertrags für die arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen steinkohlenbergbaus zugrunde gelegt. einmalzahlungen und mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer betracht. in dem 12-monatszeitraum erfolgte allgemeine entwicklungen der tariflöhne sowie individuelle umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. der so berechnete betrag wird mit 21,75 multipliziert und ergibt den bruttomonatslohn. 17zur ermittlung des brutto-monatseinkommens werden dem bruttomonatslohn die während der letzten 12 abgerechneten monate vor dem ausscheiden durchschnittlich pro monat verdienten sozialversicherungspflichtigen mehrarbeitszuschläge sowie das im jahr des ausscheidens gültige weihnachtsgeld und die im jahr des ausscheidens gültige treueprämie, jeweils mit einem monatlichen anteil von ½ hinzugerechnet. 18b) bei angestellten wird das brutto-monatseinkommen auf der grundlage der während der letzten 12 abgerechneten monate vor dem ausscheiden bei regelmäßiger betrieblicher arbeitszeit durchschnittlich verdienten vergütung im sinne des § 41 absatz 1 satz 1 des manteltarifvertrags für die arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen steinkohlenbergbaus ermittelt. einmalzahlungen und mehrarbeitsvergütungen bleiben dabei außer betracht. in dem 12-monatszeitraum erfolgte allgemeine entwicklungen der tarifgehälter, stufensteigerungen sowie individuelle umgruppierungen werden entsprechend berücksichtigt. der so berechnete betrag ergibt das bruttomonatsgehalt. 19zur ermittlung des brutto-monatseinkommens werden dem bruttomonatsgehalt die während der letzten 12 abgerechneten monate vor dem ausscheiden durchschnittlich pro monat verdienten sozialversicherungspflichtigen mehrarbeitszuschläge sowie das im jahr des ausscheidens gültige weihnachtsgeld und die im jahr des ausscheidens gültige treueprämie, jeweils mit einem monatlichen anteil von 1/12 hinzugerechnet. 20c) bei außertariflichen angestellten wird das brutto-monatseinkommen auf der grundlage von 1/12 der individuellen arbeitsvertraglichen festen bruttojahresbezüge vor dem ausscheiden ermittelt. die festen bruttojahresbezüge errechnen sich aus dem jahresfixeinkommen, ggfs. dem besitzstand und sowie ggfs. dem garantieeinkommen, jeweils ohne einzahlungen, zulagen und aufwendungsersatz. 21zur ermittlung des brutto-monatseinkommens wird diesem so berechneten betrag 1/12 der individuell vertraglich vereinbarten variablen vergütung hinzugerechnet. dabei wird der gesamtzielerreichungsgrad des vorjahres, mindestens jedoch 100 %, und ein faktor von 1,0 zugrunde gelegt. dieser betrag wird auf 1/12 der im zeitpunkt des ausscheidens für monatsbezüge in der knappschaftlichen rentenversicherung geltenden beitragsbemessungsgrenze begrenzt.“ 22… 23mit schreiben vom 07. märz 2011 kündigte die beklagte das arbeitsverhältnis des klägers zum 31. märz 2012. ferner wies die beklagte im kündigungsschreiben darauf hin, dass sie dem kläger betriebliche leistungen nach maßgabe des gesamtsozialplanes zum anpassungsprogramm der e ag in der jeweils gültigen fassung zum zeitpunkt des ausscheidens gewähre. 24nach seinem ausscheiden aus dem arbeitsverhältnis bezieht der kläger seit dem 01. april 2012 anpassungsgeld. zusätzlich zahlt die beklagte an den kläger einen zuschuss zum anpassungsgeld auf der grundlage des gesamtsozialplans zur sozialverträglich beendigung des deutschen steinkohlebergbaus zum 31.12.2018 vom 06.03.2012 in höhe von 279,07 € brutto monatlich. 25mit seiner am 20. mai 2011 bei gericht eingegangenen klage begehrt der kläger die zahlung eines weiteren zuschusses zum anpassungsgeld. 26der kläger ist der ansicht, die beklagte habe bei der berechnung des zuschusses des anpassungsgeldes ein zu geringes garantieeinkommen zugrunde gelegt. nach § 2 ziffer 7 absatz 3 des gesamtsozialplans sei das gesamte vom arbeitnehmer im referenzzeitraum bezogene entgelt bei der berechnung des garantieeinkommens zugrunde zu legen. lediglich mehrarbeitsvergütung, einmalzahlungen und lohn- und gehaltsbestandteile, die nicht der sozialversicherungspflicht unterliegen, dürften unberücksichtigt bleiben. dieses gelte auch nach der veränderungsvereinbarung zum gesamtsozialplan vom 02. dezember 2010 und nach abschluss des neuen gesamtsozialplans. bei der zuschussleistung zum anpassungsgeld handele es sich um eine versorgungsleistung der beklagten. eine verschlechterung von versorgungsleistungen sei nur unter bestimmten voraussetzungen möglich, die hier nicht gegeben seien. in jedem falle habe die beklagte bei der berechnung des garantieeinkommens die lohnart 1015 grubenwehr außerhalb zu berücksichtigen, da es sich hierbei um arbeitsentgelt handele. auch die lohnart 1150 - vergütung für entgangene mehrarbeit tarifurlaub – dürfe nicht unberücksichtigt bleiben. 27der kläger beantragt zuletzt, 28291. die beklagte zu verurteilen, an ihn 19.615,25 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz aus jeweils 632,75 €, erstmals ab dem 1. mai 2012, letztmals ab dem 01. november 2014, zu zahlen; 30312. die beklagte zu verurteilen, ihm beginnend ab dezember 2014 bis märz 2017 über den zuschuss zum anpassungsgeld in höhe von 279,02 € hinaus einen weiteren zuschuss in höhe von 632,75 € monatlich nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz aus jeweils 632,75 €, erstmals ab dem 01.12.2014 und letztmals ab dem 01.05.2017 zu zahlen. 32die beklagte beantragt, 33 die klage abzuweisen. 34sie ist der ansicht, der zuschuss zum anpassungsgeld sei auf der grundlage des gesamtsozialplans zur sozialverträglichen beendigung des deutschen steinkohlebergbaus zum 31.12.2018 vom 06.03.2012 zu ermitteln, da der kläger nach dem inkrafttreten des neuen gesamtsozialplans aus dem arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. in jedem fall finde aber die änderungsvereinbarung vom 02.12.2010 zum gesamtsozialplan vom 25.06.2003 anwendung, da diese am 01.01.2011 in kraft getreten sei. der kläger könne sich auch nicht auf vertrauensschutz berufen. schon aufgrund der klarstellenden protokollnotiz vom 27. mai 2010 habe er nicht ernsthaft davon ausgehen können, dass bei der ermittlung des garantieeinkommens zulagen für grubenwehrübungen außerhalb der arbeitszeit berücksichtigt würden. zudem habe der kläger in dem beratungsgespräch im märz 2011 die mitgeteilten daten beanstandungslos hingenommen und nicht moniert, dass sein ermitteltes einkommen erheblich von seinem bisherigen abweiche. der kläger habe auch nach zugang der kündigung ausreichend zeit und gelegenheit gehabt, den sachverhalt noch überprüfen zu lassen und entsprechenden rechtsrat einzuholen. als er die kündigung seines arbeitsverhältnisses akzeptiert habe, habe er nicht davon ausgehen können, dass die vergütung für die teilnahme an grubenwehrübungen außerhalb der arbeitszeit berücksichtigt würden. 35bezüglich des weiteren vorbringens wird auf die wechselseitigen schriftsätzlichen ausführungen der parteien einschließlich der anlagen bezug genommen. 36 | 37i. 38die zulässige klage ist unbegründet. 39der kläger hat gegen die beklagte keinen anspruch auf zahlung eines weiteren zuschusses zum anpassungsgeld. soweit der kläger unstreitig einen anspruch auf leistungen erworben hat, werden diese durch die monatlichen leistungen der beklagten erfüllt. ein darüber hinaus gehenden anspruch hat der insoweit darlegungspflichtige kläger nicht schlüssig dargelegt. 401. 41der an den kläger zu zahlende zuschuss zum anpassungsgeld ist auf der grundlage des gesamtsozialplans vom 25. juni 2003 in der fassung der änderungsvereinbarung vom 02. dezember 2010 zu ermitteln. durch die änderungsvereinbarung vom 02. dezember 2010 wurde § 2 ziffer 7 des gesamtsozialplans wirksam für arbeitnehmer geändert, die ab dem 01. januar 2011 aus dem arbeitsverhältnis zur beklagten ausscheiden. zwischen den parteien ist unstreitig, dass das arbeitsverhältnis mit dem ablauf des 31. märz 2012 beendet worden ist. keiner abschließenden erklärung bedarf hier die frage, ob die ansicht des klägers zutreffend ist, dass zwischen abkehr und ausscheiden aus dem arbeitsverhältnis zu unterscheiden sei. auch nach dem vortrag des klägers würden sowohl abkehr als auch ausscheiden aus dem arbeitsverhältnis auf den 31. märz 2012 fallen. 42a) 43die änderungsvereinbarung vom 02. dezember 2010 ist wirksam. die parteien eines sozialplanes können die von ihnen getroffene regelung wie auch bei anderen betriebsvereinbarungen grundsätzlich jederzeit für die zukunft abändern. der neue sozialplan kann auch regelungen enthalten, die für die arbeitnehmer ungünstiger sind. im verhältnis zweier gleichrangiger normen gilt nicht das günstigkeitsprinzip, sondern die zeitkollisionsregel (ablöseprinzip). danach geht die jüngere norm der älteren vor (bag, urteil vom 23. januar 2008 – 1 azr 988/06 – eza § 77 betrvg 2001 nr. 24; urteil vom 02. oktober 2007 – 1 azr 815/06 – eza § 77 betrvg 2001 nr. 20; lag, urteil vom 14. februar 2013 – 11 sa 1439/12 – juris). 44die ablösende betriebsvereinbarung muss sich aber an die grenzen von recht und billigkeit halten (§ 75 absatz 1 betrvg). betriebsvereinbarungen unterliegen deshalb einer gerichtlichen billigkeitskontrolle. 45b) 46entgegen der ansicht des klägers hat die billigkeitskontrolle nicht auf der grundlage des vom bundesarbeitsgericht für die ablösung von versorgungszusagen entwickelten prüfungsschemas zu erfolgen (z.b. bag, urteil vom 12. februar 2013 – 3 azr 414/12 – juris). die streitgegenständliche zahlung eines zuschusses zum anpassungsgeld ist keine versorgungsleistung im sinne des betriebsrentengesetztes. 47ob eine versprochene leistung als betriebliche altersversorgung im sinne des § 1 absatz 1 betrvg einzuordnen ist, richtet sich allein danach, ob die im betriebsrentengesetz abschließend aufgezählten voraussetzungen einer betrieblichen altersversorgung erfüllt sind. die zusage muss einem versorgungszweck dienen, die leistungspflicht muss nach dem inhalt der zusage durch ein im gesetz genanntes biologisches ereignis (alter, invalidität oder tod) ausgelöst werden und es muss sich um die zusage eines arbeitgebers aus anlass eines arbeitsverhältnisses handeln (z.b. bag, urteil vom 14. februar 2012 – 3 azr 260/10 – eza § 1 betrvg nr. 94; urteil vom 10. februar 2009 – 3 azr 783,07 – juris; urteil vom 28. oktober 2008 – 3 azr 317/03 – eza § 1 betrvg nr. 92). ein betriebsrentenrechtlicher versorgungszweck wird erfüllt, wenn durch die vorgesehene leistung ein im betriebsrentengesetz angesprochenes risiko teilweise übernommen wird. die altersversorgung deckt einen teil der „langlebigkeitsrisiken“, die hinterbliebenenversorgung einen teil der todesfallrisiken und die invaliditätsversorgung einen teil der invaliditätsrisiken (vgl. bag, urteil vom 12. dezember 2006 – 3 azr 476/05 – eza § 1 betrvg nr. 89). eine altersversorgung setzt demgemäß voraus, dass die vereinbarte leistung auf das alter zugeschnitten ist und nicht einem anderen zweck dient. von der altersversorgung sind übergangsgelder abzugrenzen, durch deren zahlung die zeit bis zum eintritt in den ruhestand oder in ein neues arbeitsverhältnis überbrückt werden soll. entscheidend ist der objektive inhalt der zugesagten leistungen. er ist den leistungsvoraussetzungen zu entnehmen, wobei insbesondere eine anknüpfung mit einem betriebsrentlichen versorgungsfall zu berücksichtigen ist. dabei kommt dem leistungsbeginn große bedeutung zu (bag, urteil vom 10. februar 2009 – 3 azr 783/07 – a.a.o., m.w.n.). 48der zuschuss zum anpassungsgeld knüpft nach § 2 des gesamtsozialplans nicht an den eintritt in den ruhestand an. er setzt voraus, dass der arbeitnehmer vor erreichen der altersgrenze aus dem arbeitsverhältnis zur beklagten ausscheidet und anspruch auf die gewährung von anpassungsgeld nach den jeweils gültigen richtlinien hat. der zuschuss soll demnach die mit dem arbeitsplatzverlust verbundenen nachteile der arbeitnehmer abmildern. dabei handelt es sich nicht um ein „langlebigkeitsrisiko“, sondern um ein arbeitsplatzrisiko. der zuschuss wird ergänzend zum anpassungsgeld geleistet, welches seinerseits nach den gültigen richtlinien die geordnete durchführung des anpassungsprogramms im steinkohlebergbau sozial flankieren soll. beide leistungen sind so ausgestaltet, dass sie lediglich den übergang in den ruhestand erleichtern und mit dem bezug der gesetzlichen altersrente entfallen. der zuschuss zum anpassungsgeld ist mithin lediglich eine übergangsversorgung und keine betriebliche altersversorgung (vgl. bag, a.a.o., m.w.n.). 49c) 50die änderungsvereinbarung vom 02. dezember 2010 hat auch nicht in unzulässiger weise in die rechtlich geschützte position des klägers eingegriffen. 51neue betriebsvereinbarungen bzw. sozialpläne können bereits entstandene ansprüche der arbeitnehmer grundsätzlich nicht schmälern oder entfallen lassen. die möglichkeit einer rückwirkung normativer regelungen ist durch das vertrauensschutz- und das verhältnismäßigkeitsprinzip beschränkt (bag, urteil vom 02. oktober 2007 – 1 azr 815/06 – eza § 77 betrvg 2001 nr. 20; urteil vom 19. juni 2007 – 1 azr 340/06 – eza § 1 a kschg nr. 2). 52die änderungsvereinbarung vom 02. dezember 2010 entfaltet im verhältnis zum kläger keine rückwirkung. zum zeitpunkt des abschlusses der vereinbarung am 02. dezember 2010 war der anspruch des klägers auf zahlung eines zuschusses zum anpassungsgeld noch nicht entstanden; nach § 2 ziffer 7 absatz 1 des gesamtsozialplans entsteht der zahlungsanspruch erstmals mit beendigung des arbeitsverhältnisses und dem bezug von anpassungsgeld. diese voraussetzungen erfüllte der kläger erst zum 01. märz 2012. 53zum zeitpunkt des abschlusses der änderungsvereinbarung war der anspruch des klägers auch noch nicht im sinne einer anwartschaft angelegt. die kündigung des arbeitsverhältnisses des klägers erfolgte erst nach abschluss der änderungsvereinbarung mit schreiben der beklagten vom 7. märz 2011. sofern der kläger irrtümlich davon ausgegangen sein sollte, dass der zuschuss zum anpassungsgeld noch auf der grundlage der alten fassung des gesamtsozialplans berechnet würde, wäre dieses vertrauen nicht schutzwürdig, da es dem kläger möglich und zumutbar gewesen wäre, sich in diesem zeitraum selbst klarheit über die rechtslage zu verschaffen. demnach entfaltet die änderungsvereinbarung vom 02. dezember 2010 jedenfalls im verhältnis zum kläger keine echte oder unechte rückwirkung. 542. 55der an den kläger zu zahlende zuschuss zum anpassungsgeld wurde von der beklagten auf der grundlage von § 2 nr. 7 absatz 3 des gesamtsozialplans vom 26. juni 2003 in der fassung vom 02. dezember 2010 zutreffend berechnet. hiervon geht die kammer mit dem vortrag der beklagten aus, da es dem insoweit darlegungspflichtigen kläger nicht gelungen ist, seine gegenteilige auffassung schlüssig darzulegen. 56a) 57entgegen der ansicht des klägers sind nach § 2 ziffer 7 absatz 3 buchstabe b des gesamtsozialplans bei der berechnung des garantieeinkommens nicht alle im referenzzeitraum an den kläger erbrachten leistungen der beklagten zu berücksichtigen, soweit es sich nicht um mehrarbeitsvergütung, einmalzahlung oder lohn- und gehaltsbestandteile handelt, die nicht der sozialversicherungspflicht unterliegen. diese auffassung findet in dem gesamtsozialplan keine hinreichende stütze. § 2 ziffer 7 absatz 3 b bezieht sich ausdrücklich auf die vergütung im sinne des § 41 absatz 1 satz 1 des manteltarifvertrages für die arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen steinkohle bergbaus. § 41 absatz 1 mtv stellt dabei maßgeblich auf die durchschnittliche grundvergütung (§ 31 absatz 2 mtv) ab. nach § 31 absatz 2 mtv ist die grundvergütung der schichtlohn oder das gehalt, ggfs. einschließlich leistungszulage. daraus folgt, dass vergütungsbestandteile nur dann gemäß § 2 ziffer 7 absatz 3 b des gesamtsozialplans bei der ermittlung des garantieeinkommens berücksichtigt werden können, wenn sie der grundvergütung im sinne der tarifrechtlichen vorschriften zuzuordnen sind. diese anspruchsbegründenden umstände hat der kläger darzulegen. 58b) 59entgegen der ansicht des klägers ist die lohnart 1015 – grubenwehr-übung außerhalb – nicht bei der berechnung des garantieeinkommens zu berücksichtigen. dabei teilt die kammer zwar die auffassung des klägers, dass es sich bei dieser zulage um arbeitsentgelt handele. keine abschließende entscheidung bedarf hier die frage, ob dieses entgelt die grundvergütung im sinne der tarifvertraglichen vorschriften zuzuordnen ist. denn das entgelt kann bereits deshalb nicht berücksichtigt werden, weil die zulage nicht während der regelmäßigen betrieblichen arbeitszeit verdient wurde. zwischen den parteien steht außer streit, dass die lohnart 1015 vom kläger nur dann in verdienst gebracht wurde, wenn er während des referenzzeitraums an einer übung der grubenwehr außerhalb der regelmäßigen betrieblichen arbeitszeit teilgenommen hat. 60c) 61entgegen der ansicht des klägers war auch die lohnart 1150 – vergütung für entgangene mehrarbeit – tarifurlaub – nicht bei der berechnung des garantieeinkommens zu berücksichtigen. nach § 2 ziffer 7 absatz 3 b des gesamtsozialplans ist bei der ermittlung des garantieeinkommens nur die vergütung im sinne des § 41 absatz 1 satz 1 mtv zu berücksichtigen. grundlage der lohnart 1150 ist hingegen § 41 absatz 2 mtv. aus der systematischen erstellung der tarifvertragsnorm wird deutlich, dass die vergütung für entgangene mehrarbeit eine leistung der beklagten ist, die zusätzlich zur grundvergütung nach § 41 absatz 1 mtv bei der berechnung des urlaubsentgeltes zu berücksichtigen ist, die vergütung für entgangene mehrarbeit ist mithin nicht bereits bestandteil der grundvergütung. 622. 63auch die weitergehende klage auf zukünftig wiederkehrende leistung (§ 258 zpo) ist unbegründet. 64wie oben dargelegt hat der kläger gegen die beklagte keinen anspruch auf zahlung eines weiteren zuschusses zum anpassungsgeld aus § 2 ziffer 7 abs. 1 und 3 des gesamtsozialplans. 65ii. 66die kostenentscheidung folgt aus § 91 absatz 1 zpo. die unterliegende partei hat die kosten des rechtsstreits zu tragen. 67die streitwertfestsetzung beruht auf § 61 absatz 1 arbgg i.v.m. § 3 ff. zpo. | Verklagte*r | 0 |
184,920 | 8 K 5649/12 | 2014-01-24T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand:2Der Kläger ist Eigentümer eines am linken Rheinufer gelegenen Grundstücks in der Gemeinde L. (Gemarkung C. , Flur 1, Flurstück 648; Teil der landwirtschaftlichen Nutzungsfläche „E. “). Stromauf- und stromabwärts unterteilen vorgelagerte, in den Rhein hineinragende Buhnen die Uferbereiche in Buhnenfelder. Der Kläger macht geltend, wegen mangelnder Unterhaltung des Rheinufers einen erheblichen Verlust an Grundstücksfläche erlitten zu haben, und begehrt von der Beklagten die Befestigung des betreffenden Uferabschnitts.3Das streitbefangene Grundstück hat nach Aufmaß vom 10. November 2011 eine Gesamtfläche von 14.470 qm, die sich zusammensetzt aus 8.297 qm Weide/Grünland, 953 qm Übergangsbereich mit Bäumen und Sträuchern und 5.220 qm Böschung/Kies/Ufer. Die Böschung verläuft parallel zum Flussverlauf; die Böschungskante hat eine Höhe von ca. 3 m.4Der Kläger machte bereits vorprozessual einen Landverlust durch Uferabbrüche gegenüber der Beklagten geltend. Das Rheinufer sei früher nicht auf seinem Grundstück, sondern jenseits der Grundstücksgrenze verlaufen. Ursprünglich habe es sich um 14.470 qm Nutzfläche gehandelt, von der nun bereits mehr als 1/3 (5.520 qm) verloren gegangen sei. Zurückzuführen sei der Landverlust auf den Sog und Wellenschlag vorbeifahrender Schiffe. Hierzu legte der Kläger eine gutachterliche Stellungnahme des von ihm beauftragten, öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen der Landwirtschaftskammer NRW, Dr. I. I1. , vor, der auf der Grundlage einer Ortsbegehung am 29. Juni 2010 folgende Feststellungen getroffen hatte: Die Fläche liege offensichtlich nicht mehr in den ursprünglichen Senken; die natürliche, zum Rhein ablaufende Böschung sei nicht mehr vorhanden; es habe sich ein Steilhang gebildet, von dem große Einzelaggregate abbrechen würden und durch den Rhein weggespült worden seien; die vorhandene Vegetation lasse darauf schließen, dass dies insbesondere in den vergangenen Monaten geschehen sein müsse; diese Abspülungen seien Folge des Sog und Wellenschlages; in den vergangenen Monaten habe kein Hochwasserereignis in diesem Bereich stattgefunden; bei der Begehung sei festgestellt worden, dass durch – insbesondere flussaufwärts – vorbeifahrende Schiffe starker Wellenschlag verursacht werde.5Hierauf beauftragte die Beklagte ihrerseits die Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) mit der Klärung der Kausalitätsfrage. In ihrer Stellungnahme vom 15. März 2011 befand die BAW, dass die Schifffahrt mit hoher Wahrscheinlichkeit als Ursache für die geltend gemachten Schäden ausscheide bzw. offensichtlich nicht relevant sei.6Nachdem die Beklagte jede Verantwortung für etwaige Uferabbrüche von sich wies, hat der Kläger unter dem 24. Februar 2012 beim Landgericht Kleve Klage erhoben mit dem Begehren, die Beklagte zur Befestigung des Ufers sowie zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 20.880 Euro und außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 930,94 Euro zu verurteilen.7Das Landgericht Kleve hat am 20. Juli 2012 den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Düsseldorf verwiesen, soweit der Kläger die Befestigung des Rheinufers begehrt. Im Übrigen hat es das dortige Verfahren bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im vorliegenden Verfahren ausgesetzt.8Zur Klagebegründung trägt der Kläger ergänzend vor, den Landverlust von über 5.000 qm in den vergangenen Jahren könnten sowohl der Pächter der Flächen als auch der Inhaber des Nießbrauchrechts und Vater des Klägers bezeugen. Anders als mit der heutigen Böschungskante von 3 m Höhe sei die Böschung ursprünglich landwirtschaftlich nutzbar gewesen, da sie sanft zum Ufer abgefallen sei. Zum Beleg der ursprünglichen Grundstücksgröße hat der Kläger einen notariellen Kaufvertrag aus dem Jahre 1974 vorgelegt, in dem die im Grundbuch verzeichnete Größe der Fläche mit 144,60 Ar (= 14.460 qm) benannt wird. In Ziffer 1 der weiteren Vereinbarungen zum Kaufvertrag heißt es ausdrücklich: „Der Grundbesitz wird verkauft ohne Gewähr für eine bestimmte Flächengröße.“ Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe ihre Unterhaltungspflicht gemäß § 8 Abs. 4 WaStrG verletzt, indem sie das Ufer nicht durch große Steinblöcke o.ä. befestigt habe. In den befestigten Bereichen des Ufers, wie z.B. am gegenüberliegenden Ufer, gebe es keine entsprechenden Abbrüche oder Abspülungen.9Die Kammer hat die Angelegenheit bereits am 21. November 2013 mit den Beteiligten erörtert und zugleich die Örtlichkeit in Augenschein genommen.10Der Kläger beantragt,11die Beklagte zu verurteilen, sein Grundstück Grünfläche Gemarkung C. , Grundbuchblatt 0016, Flurstück 648 „E. “ im Uferbereich links und rechts der Buhne so zu befestigen, dass Uferabbrüche nicht mehr eintreten.12Die Beklagte beantragt,13die Klage abzuweisen.14Sie hält dem Kläger im Wesentlichen entgegen: Aus Archivunterlagen sei zu ersehen, dass sich bereits im Jahr 1960 Ufer- und Böschungsbereiche in einer Größenordnung von 4.300 qm auf dem betreffenden Grundstück befunden hätten, so dass es in den letzten Jahren nicht annähernd zu einem Landverlust in dem behaupteten Umfang gekommen sein könne. Lediglich in einem Umfang von 730 qm seien weitere Ufer- und Böschungsflächen hinzugetreten, wobei jedoch völlig offen sei, wann dies geschehen sei. Der Kläger liefere selbst keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte für die Annahme, die behaupteten Schäden seien auf die Schifffahrt zurückzuführen. Die gutachterliche Stellungnahme des Dr. I1. sei unbrauchbar, weil die getroffenen Feststellungen in keiner Weise begründet würden. Insbesondere aus einem fehlenden Hochwasserereignis in den letzten Monaten könne nicht darauf geschlossen werden, dass das Grundstück keiner erosionsfördernden Wasserwirkung durch den Rhein ausgesetzt gewesen sei. Bezogen auf den Pegel Emmerich sei ein Hochwasserereignis bei einem Wasserstand von etwa 7,00 m erreicht. Pegelstände unter Hochwasserniveau, aber von mehr als 4,0 m, die den Rhein an die Böschung des klägerischen Grundstücks herantreten ließen, würden im Laufe des Jahres dagegen verschiedentlich erreicht. Andere potentielle Ursachen für entsprechende erosionsbedingte Abbrüche (geologische Beschaffenheit und konkrete Nutzung der Grundstücke, kräftigere Niederschlagsereignisse) seien nicht einmal in Betracht gezogen worden. Darüber hinaus habe die von ihr – der Beklagten – mit der Kausalitätsklärung beauftragte Bundesanstalt für Wasserbau festgestellt, dass die behaupteten Abbruchereignisse nicht ursächlich auf den Sog und Wellenschlag vorbeifahrender Schiffe zurückzuführen sein könnten. Für diese Annahme gebe es gleich mehrere belastbare Anhaltspunkte. Wie eine Fotodokumentation zeige, sei der Wellenschlag vorbeifahrender Schiffe so gering, dass er optisch kaum wahrnehmbar sei. Die Fahrrinne verlaufe am rechten Ufer, so dass vorbeifahrende Schiffe in der Regel mindestens einen Abstand von 100 m zu dem linken Rheinufer einhielten – dies bestreitet der Kläger, der meint, die Schiffe führen deutlich näher am linken Rheinufer vorbei, auch weil dort die Strömung nicht so stark sei. Auf den Böschungsbereich des klägerischen Grundstücks wirke sich der Wellenschlag überhaupt nur bei entsprechend hohem Wasserstand aus; ansonsten werde nicht einmal der vorgelagerte Uferbereich überschwemmt. Vor allem aber zeige der Vergleich mit den unmittelbar vor und nach dem klägerischen Grundstück am linken Rheinufer gelegenen Grundstücken, dass die Schifffahrt als Schadensursache ausscheide. Wenn die Schifffahrt einen signifikanten Einfluss auf die behaupteten Uferabbrüche hätte, müssten solche auch in den benachbarten Buhnenfeldern auftreten. Denn die Uferbereiche seien identischen Belastungen durch den Schifffahrtsverkehr ausgesetzt. Weder liege in diesem Bereich eine Wechselstelle zum anderen Rheinufer noch gebe es irgendwelche Besonderheiten wie wechselnde Querschnitte bei schifffahrtsrelevanten Abflusszuständen. Entsprechende Uferabbrüche seien jedoch – was der Kläger bestreitet – nur an dem klägerischen Grundstück zu verzeichnen. An den unmittelbar angrenzenden Grundstücken flussauf- und flussabwärts seien keine Uferabbrüche zu verzeichnen. Dass entsprechende Uferabbrüche trotz identischer Bedingungen nur an dem klägerischen Grundstück aufträten, lenke den Blick auf eine andere mögliche Schadensursache. Das klägerische Grundstück weise im Vergleich zu den angrenzenden Grundstücken gerade im Bereich der Schadensstelle eine hydraulische Besonderheit auf. Der im Inland liegende Hochwasserschutzdeich weise gerade in Höhe der Schadensstelle einen deutlichen Knick in Richtung Vorland auf. Ab dieser Knickstelle weite sich der Querschnitt des Hochwasserbettes zunehmend auf. In diese Erweiterung drücke die Hochwasserströmung hinein. Der Knick führe damit zu einer verstärkten Hochwassereinwirkung auf das klägerische Grundstück.15Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung den bei der BAW beschäftigten Sachverständigen Prof. Dr. T. gehört.16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der – auch beigezogenen – Gerichtsakten Bezug genommen.17Entscheidungsgründe:18Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.19Gemäß § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG ist der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Kleve hinsichtlich des Rechtsweges für das erkennende Gericht bindend. Unbeschadet dessen folgt die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs aus § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Soweit der Kläger Befestigungsmaßnahmen an seinem Grundstück begehrt, handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Der Kläger macht mit seinem Begehren einen Folgenbeseitigungsanspruch geltend, für dessen Rechtscharakter die Rechtsqualität des behaupteten Eingriffs maßgeblich ist. Als schadensursächlich und damit als Eingriff sieht der Kläger eine fehlerhafte Unterhaltung der Bundeswasserstraße „Rhein“ durch die Beklagte an. Die Unterhaltung der Bundeswasserstraßen ist gemäß § 7 Abs. 1 WaStrG eine Hoheitsaufgabe des Bundes und der geltend gemachte Abwehranspruch damit öffentlich-rechtlicher Natur.20Der Kläger ist auch klagebefugt. Er kann sein Begehren zwar nicht schon unter bloßer Berufung auf die öffentlich-rechtlichen Pflichten durchsetzen, die der Beklagten nach dem Bundeswasserstraßengesetz obliegen (hier: erweiterte Unterhaltungspflicht gemäß § 8 Abs. 4 WaStrG). Die Unterhaltung der Bundeswasserstraßen ist gemäß § 7 Abs. 1 WaStrG eine Hoheitsaufgabe und dient als solche ausschließlich dem Allgemeinwohl. Sie geschieht nicht in Erfüllung einer (auch) Dritten gegenüber bestehenden Rechtspflicht, sondern allein in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe des Trägers der Unterhaltungslast. Ein klagbarer Rechtsanspruch Dritter auf die Erfüllung der Unterhaltungspflicht folgt demnach hieraus nicht. Dem Betroffenen steht aber ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Abwehr oder (Folgen-)Beseitigung zu, soweit die Verletzung der Unterhaltungspflicht zu einem Eingriff in das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsrecht Dritter führt. Rechtliche Grundlage des Anspruchs ist das verfassungsrechtlich gesicherte Eigentumsrecht selbst.21Vgl. zum Wasserrecht BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1973 – IV C 50.71 –, BVerwGE 44, 235 ff., juris Rn.17 f.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29. April 1993 – 8 S 2834/92 –, juris Rn. 15.22Einen solchen Eingriff in sein Eigentum macht der Kläger geltend, nämlich einen Landverlust infolge von Uferabbrüchen.23Den öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Beseitigung des rechtswidrigen Zustands gegenüber dem Unterhaltungspflichtigen24- so ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1973 – IV C 50.71 –, BVerwGE 44, 235 ff., juris Rn.17 f.; vgl. auch VGH Kassel, Urteil vom 23. September 1985 – VIII OE 77/82 –, NuR 1987, 134 -; Friesecke, Kommentar zum Bundeswasserstraßengesetz, 2009, § 8 Rn. 3 -25kann der Kläger im Wege der allgemeinen Leistungsklage verfolgen. Die Feststellungsklage ist demgegenüber subsidiär (§ 43 Abs. 2 VwGO).26Anders OVG Lüneburg, Urteil vom 14. Februar 1985 – 3 OVG A 48/82 –, aU S. 10/11; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29. April 1993 – 8 S 2834/92 –.27Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht kein Folgenbeseitigungsanspruch gegenüber der Beklagten zu. Er hat keinen Anspruch auf die begehrte Uferbefestigung.28Voraussetzung hierfür wäre, dass die Beklagte die ihr gemäß §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 4 WaStrG obliegende wasserstraßenrechtliche Unterhaltungspflicht verletzt hat und dadurch das Eigentum des Klägers beeinträchtigt worden ist. Ein derartiger Ursachenzusammenhang lässt sich jedoch nicht feststellen.29Gemäß § 8 Abs. 4 WaStrG gehören zur Unterhaltung auch Arbeiten zur Beseitigung oder Verhütung von Schäden an Ufergrundstücken, die durch die Schifffahrt entstanden sind oder entstehen können, soweit die Schäden den Bestand der Ufergrundstücke gefährden. Eine Bestandsgefährdung liegt dann vor, wenn zu erwarten ist, dass das Landgrundstück ganz oder teilweise durch die Einwirkung des Wassers zum Wassergrundstück wird, z.B. bei Unterspülungen oder Uferabbrüchen.30Vgl. Friesecke, Kommentar zum Bundeswasserstraßengesetz, 2009, § 8 Rn. 17; Wirth/Schulze, Handkommentar zum Bundeswasserstraßengesetz, 1998, Anm. zu § 8 Abs. 4.31Dass auf dem Grundstück des Klägers, welches zweifellos ein Ufergrundstück ist, Uferabbrüche aufgetreten sind, ist zwischen den Beteiligten unstreitig, wird durch die im Verfahren vorgelegte Fotodokumentation der Beklagten belegt (vgl. Bl. 123 GA) und war auch ohne Weiteres bei Inaugenscheinnahme durch das Gericht für dieses erkennbar. Ein Vergleich von Archivunterlagen (Planunterlage des Deichverbandes H. -H1. aus dem Jahre 1960, Beiakte Heft 1 Bl. 89) mit der von der Beklagten bearbeiteten Luftbildaufnahme neueren Datums (Beiakte Heft 1 Bl. 91) zeigt zudem, dass hinsichtlich des klägerischen Grundstücks ein Landverlust eingetreten ist. Ausweislich der Karte im Jahre 1960 hat sich jenseits der klägerischen Grundstücksgrenze Richtung Rhein noch Wiesenfläche mit angrenzendem Sandstreifen befunden (Zustand bei Mittelwasser). Diese Fläche ist auf dem Luftbild nicht mehr als Land zu erkennen. Vielmehr ist nach dieser Aufnahme, die den Zustand deutlich unterhalb von Mittelwasserstand wiedergibt, der Rhein an die früher bereits vorhandene, aber weiter im Landesinneren gelegene Böschung auf dem Grundstück des Klägers „herangerückt“. Der auf dem Luftbild lila schraffierte – heute zu Böschung und Ufer zählende – Bereich ist nach den Unterlagen als abgängiges Gelände im Hinblick auf die Weide- und Wiesennutzung des klägerischen Grundstücks anzusehen.32Wann und in welchem konkreten Umfang die besagten Schäden an dem Grundstück des Klägers entstanden sind, ist im vorliegenden Verfahren nicht rechtserheblich.33Entscheidungserheblich ist hier allein die Frage, ob – und gegebenenfalls inwieweit – die Schäden auf die Schifffahrt zurückzuführen sind. Nur durch die Schifffahrt verursachte Schäden sind im Rahmen der erweiterten Unterhaltungspflicht nach § 8 Abs. 4 WaStrG zu beseitigen oder zu verhüten. Die Beseitigung von durch andere Einflüsse verursachten Schäden zu Lasten des Bundes lässt das Gesetz nicht zu. Soweit andere Ursachen wie natürliche Einflüsse (Wind, natürlicher Wellenschlag, Strömung, Gezeiten) bestehen, ist die Verhütung oder Beseitigung der darauf beruhenden Schäden in erster Linie Sache des Grundstückseigentümers und fällt jedenfalls nicht in den Aufgabenkreis des Unterhaltungspflichtigen der Wasserstraße. Diese Einschränkung zwingt dazu, vor der Durchführung von Arbeiten an Ufergrundstücken den Schadensursachen und ihren Wirkungen nachzugehen. Für das Zusammenwirken mehrerer Ursachen gilt: Eine Beseitigung der Schäden zu Lasten des Bundes kommt grundsätzlich nur in dem Umfang in Betracht, der dem Anteil der Schifffahrt entspricht; dasselbe gilt für die Verhütung von zukünftigen Schäden. Soweit Schäden auch auf andere Ursachen als die Schifffahrt zurückzuführen sind, kommt eine vollständige Beseitigung der Schäden durch den Bund nur dann in Frage, wenn die Eigentümer der Ufergrundstücke sich entsprechend beteiligen.34Vgl. Wirth/Schulze, a.a.O., Anm. zu § 8 Abs. 4; Friesecke, a.a.O., § 8 Rn. 17.35Durch die Schifffahrt verursachte Schäden sind solche, die auf dem Sog und/oder Wellenschlag beruhen, der von fahrenden Wasserfahrzeugen ausgeht.36Vgl. Friesecke, a.a.O., § 8 Rn. 17.37Für das Vorliegen des erforderlichen Ursachenzusammenhangs ist nach allgemeinen Grundsätzen der anspruchstellende Kläger darlegungs- und beweispflichtig.38Auf der Grundlage der im Verfahren gewonnenen Erkenntnisse lässt sich nicht feststellen, dass die Schäden an dem Grundstück des Klägers maßgeblich auf den Sog und/oder Wellenschlag vorüberfahrender Schiffe zurückzuführen sind. Mit dem in der mündlichen Verhandlung angehörten Sachverständigen der BAW, Prof. Dr. T. , ist vielmehr davon auszugehen, dass die Schifffahrt nur einen unbedeutenden Einfluss auf die Uferstruktur des klägerischen Grundstücks genommen hat und für die geltend gemachten Uferabbrüche und Abspülungen am Grundstück nicht bedeutsam verantwortlich ist. Der Sachverständige hat auf Anforderung des Gerichts sehr anschaulich und überzeugend ausgeführt, wie er und seine vor Ort gewesenen Kollegen auf Grund einer Gesamtbetrachtung anhand der verfügbaren Unterlagen sowie der unmittelbaren und mittelbaren Eindrücke von den örtlichen Gegebenheiten zu der fachlichen Einschätzung gelangt sind, dass vorliegend die morphologischen Prozesse maßgebend für die in Rede stehenden Uferstrukturen sind, während der Schifffahrt nur eine untergeordnete Bedeutung beizumessen ist. Die Fragen, die auch unter Berücksichtigung der schriftlichen Stellungnahme der BAW vom 15. März 2011 aus Sicht der Kammer nach Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit noch offen waren, hat der Sachverständige erschöpfend beantwortet und dabei mögliche Ungereimtheiten vollständig ausgeräumt.39Der Sachverständige hat grundlegend erläutert, dass die Uferstruktur in Buhnenfeldern Besonderheiten unterliegt, die Buhnenfelder daher Ausgangspunkt für die vorzunehmende Bewertung sein müssen und jedes Buhnenfeld gesondert zu betrachten ist. Er hat auch deutlich gemacht, dass als Ursache für die Erosion bzw. Verlandung von Buhnenfeldern Zufallseffekte nicht ausgeschlossen werden können und es unter Umständen schwierig sein kann, Erklärungen für bestehende örtliche Verhältnisse zu finden. Schon dies spricht für seine Neutralität in der Bewertung, an der das Gericht nicht den geringsten Zweifel hat.40Auf dem klägerischen Grundstück befinden sich zwei Buhnenfelder. In diesen beiden Buhnenfeldern sind – anders als in den benachbarten Buhnenfeldern stromauf- und stromabwärts und anders als grundsätzlich in Innenuferlage zu erwarten – ausweislich der im Termin überreichten Kartenausschnitte und Satellitenbilder (Anlage 1 zum Protokoll) keine bzw. kaum Anlandungen zu verzeichnen. Der Sachverständige hat hierzu nachvollziehbar erläutert, dass die Ursache für diese nachweislich unterschiedlichen Strukturen nicht maßgeblich in der Schifffahrt zu finden sein dürfte. Zwar – so der Sachverständige – bestehe in Buhnenfeldern mit – wie hier – verhältnismäßig großen Buhnenabständen grundsätzlich eine Neigung zu geringerer Sedimentation, angesichts der nahezu identischen schifffahrtlichen Verhältnisse stromauf- und stromabwärts – in etwa konstanter Fahrrinnenabstand, keine Wechselstelle zum anderen Rheinufer – sollte der Einfluss der Schifffahrt jedoch in allen Buhnenfeldern in etwa gleich sein. Der Umstand, dass sich die Uferstruktur in den Buhnenfeldern auf dem klägerischen Grundstück von derjenigen in den benachbarten Buhnenfeldern gleichwohl deutlich unterscheidet, legt den Schluss nahe, dass die Ursache hierfür an anderer Stelle liegt.41Wenngleich es im vorliegenden Verfahren nicht darum geht, die tatsächliche Ursache zu klären, untermauert die von dem Sachverständigen aufgezeigte Erklärung für die örtlichen Verhältnisse die Plausibilität seiner fachlichen Einschätzung. Bereits in seiner schriftlichen Stellungnahme hat der Sachverständige als Alleinstellungsmerkmal in Bezug auf das klägerische Grundstück dessen Lage zu dem im Inland verlaufenden und etwa in Höhe von Stromkilometer 000 abknickenden Deich angeführt. Hierzu hat er in der mündlichen Verhandlung näher erläutert, dass das Grundstück des Klägers einen vergleichsweise deutlich geringeren Vorlandabstand zum Deich aufweise als die benachbarten Grundstücke. Bei Hochwasser sei der Abstand von Ufer zu Ufer daher in diesem Bereich schmaler, so dass hier und insbesondere vor der Querschnittserweiterung durch den Deichknick größere Strömungskräfte wirkten. Unterstützt wird diese Aussage durch das im Termin vorgelegte Strömungsmodell, dem ein stark gekrümmtes Strömungsfeld im Bereich der beiden Buhnenfelder auf dem klägerischen Grundstück zu entnehmen ist. Vor diesem Hintergrund erscheint es ohne Weiteres nachvollziehbar, dass sich gerade an der Stelle, an der auch im Ortstermin der Kammer die deutlichsten Abbrüche zu sehen waren (am Rande des klägerischen Grundstücks zu Rheinkilometer 000), die stärkeren Strömungskräfte auswirken. Diese Erklärung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass es – wie der Kläger meint – Hochwasserereignisse bezogen auf den Pegel F. mit einem Wasserstand ab 7 m nur vergleichsweise selten gegeben habe. Wie der Sachverständige anhand einer graphischen Auswertung der Wasserstände im Zeitraum von 2005 bis 2013 (Anlage 2 zum Protokoll) belegt hat, sind höhere Wasserstände, die zwar unter Hochwasserniveau liegen, aber gleichwohl zu Überschwemmungen des Vorlandes geführt haben, regelmäßig aufgetreten.42Bei alledem hat der Sachverständige betont, dass die Ermittlung der Ursachen für Schäden an Ufergrundstücken ausgesprochen schwierig sei und er einen Einfluss der Schifffahrt auf die Ufergestaltung nicht grundsätzlich ausschließen könne. Vielmehr liege es in der Natur der Sache, dass ein Einfluss bestehe. Dieser sei in Bezug auf den hier zu bewertenden Sachverhalt aus seiner Sicht jedoch von untergeordneter Bedeutung und nicht ohne Weiteres bezifferbar. Seine Einschätzung führt der Sachverständige nachvollziehbar auf die Breite des Flusses und darauf zurück, dass es vorliegend eine Erklärung für die bestehenden örtlichen Verhältnisse gebe, nämlich die beschriebenen morphologischen Prozesse, d.h. die bettformenden Prozesse des Flusses. Dass der Sachverständige selbst nicht vor Ort war, schmälert nicht die Überzeugungskraft seiner Aussagen. Die örtlichen Verhältnisse, insbesondere die unterschiedliche Uferstruktur in den – auch benachbarten – Buhnenfeldern ergeben sich schon aus den als Anlage 1 zum Protokoll überreichten Unterlagen. Zu dem Wellenschlag vorüberfahrender Schiffe wurde nach Angaben des Sachverständigen von den vor Ort gewesenen Kollegen eine Videosequenz angefertigt, so dass sich seine Einschätzung, selbst im ungünstigsten Belastungsfall würden keine signifikanten Wellenhöhen induziert, nicht allein an dem gefertigten Bildmaterial orientierte.43Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegen halten, der Sachverständige der Landwirtschaftskammer NRW, Dr. I. I1. , sei in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 16. August 2010 zu einem anderen Ergebnis gelangt. Die dort getroffenen Feststellungen sind – wie die Beklagte zu Recht eingewendet hat – in keiner Weise erläutert worden. Auch unter Berücksichtigung seiner Erläuterungen im Erörterungstermin vom 21. November 2013 und der dort ausgehändigten Lichtbildausdrucke vermag die Schlussfolgerung des Dr. I1. , die Böschungsabbrüche müssten durch die Schifffahrt verursacht sein und ließen sich nicht auf Hochwasserereignisse zurückführen, nicht zu überzeugen. Er stützt seine Annahme im Wesentlichen auf das Fehlen eines vorangegangenen Hochwasserereignisses und die Trockenheit der damals vorgefundenen frischen Abbrüche. Da jedoch – wie ausgeführt – nachweislich auch Pegelstände unter Hochwasserniveau den Rhein an die Böschung des klägerischen Grundstücks herantreten lassen konnten und können, lässt sich eine erosionsfördernde natürliche Wasserwirkung durch den Rhein nicht von vorneherein ausschließen. Sie liegt vielmehr durchaus nahe.44Auf der Grundlage der in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel, die das Gericht für ausreichend hält, ist nach alledem davon auszugehen, dass die Schifffahrt nur einen untergeordneten Beitrag zu den geltend gemachten Uferabbrüchen und Abspülungen am Grundstück des Klägers leistet. Der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens, wie seitens des Klägers beantragt, bedurfte es im Hinblick auf die auf den vorliegenden Erkenntnissen beruhende eigene Sachkunde des Gerichts nicht. Nach § 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO kann das Gericht eine neue Begutachtung durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet. Dies ist mit Blick auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. T. in der mündlichen Verhandlung nicht der Fall. Die Verpflichtung zur Einholung eines weiteren Gutachtens folgt im Übrigen nicht schon daraus, dass ein Beteiligter das vorliegende Gutachten als Erkenntnisquelle für unzureichend hält.45Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. März 2013 – 10 B 34/12 –, juris Rn. 4; Beschluss vom 3. Februar 2010 – 2 B 73/09 –, juris Rn. 946Eine Verpflichtung zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens ergibt sich vorliegend auch nicht daraus, dass der Sachverständige Prof. Dr. T. aus Sicht des Klägers im Lager der Beklagten steht. Die Bundesanstalt für Wasserbau, bei der der Sachverständige beschäftigt ist, ist zwar eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Die Annahme, der Sachverständige könnte bei seinen Ausführungen auf Weisung gehandelt oder sich von behördlichen Vorgaben leiten lassen haben, liegt jedoch völlig fern. Der Sachverständige hat sich nicht gescheut, seine fachlichen Einschätzungen, die mitunter auch wenig vorteilhaft für die Beklagte waren, frei zu äußern. Nicht zuletzt die offene Bekundung, dass die Schifffahrt einen gewissen, in der Natur der Sache liegenden Einfluss auf die Ufergestaltung hat, untermauert seine wissenschaftliche Unabhängigkeit.47Die geringe Bedeutung, die der Sachverständige Prof. Dr. T. den Auswirkungen der Schifffahrt auf die Ufergestaltung am Grundstück des Klägers beimisst, reicht in rechtlicher Hinsicht nicht dafür aus, dass der Kläger weitere Unterhaltungsmaßnahmen der Beklagten einfordern könnte. Die Schäden am Grundstück des Klägers sind nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nicht in erster Linie oder zumindest zu einem signifikanten Anteil durch die Schifffahrt entstanden. Nur dann aber kann der Aufgabenkreis der Beklagten als Unterhaltungspflichtiger der Wasserstraße eröffnet sein und eine Beteiligung des Grundstückseigentümers an den Kosten im Hinblick auf anderweitige zusätzliche Ursachen in Betracht kommen. Dagegen kann der Kläger nicht von der Beklagten verlangen, sein Grundstück durch kostenintensive Maßnahmen vor weiteren, ganz überwiegend nicht in den Verantwortungsbereich der Beklagten fallenden Beeinträchtigungen zu schützen.48Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.49Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.50Beschluss:51Der Streitwert wird auf 100.000,- Euro festgesetzt.52Gründe:53Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG erfolgt und berücksichtigt die voraussichtlichen Kosten der begehrten Befestigungsmaßnahmen, die der Kläger selbst in der Klageschrift auf 50.000,- bis 100.000,- Euro beziffert hat, die aus Sicht der Beklagten jedoch viel höher liegen. Nach deren Einschätzung würde der Kostenrahmen bis 100.000,‑ Euro bereits durch weniger geeignete Maßnahmen in Form von bloßen Steinaufschüttungen entlang des Ufers ausgefüllt. Vor diesem Hintergrund hält die Kammer einen Streitwert von 100.000,- Euro für angemessen. | die klage wird abgewiesen.der kläger trägt die kosten des verfahrens.das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2der kläger ist eigentümer eines am linken rheinufer gelegenen grundstücks in der gemeinde l. (gemarkung c. , flur 1, flurstück 648; teil der landwirtschaftlichen nutzungsfläche „e. “). stromauf- und stromabwärts unterteilen vorgelagerte, in den rhein hineinragende buhnen die uferbereiche in buhnenfelder. der kläger macht geltend, wegen mangelnder unterhaltung des rheinufers einen erheblichen verlust an grundstücksfläche erlitten zu haben, und begehrt von der beklagten die befestigung des betreffenden uferabschnitts.3das streitbefangene grundstück hat nach aufmaß vom 10. november 2011 eine gesamtfläche von 14.470 qm, die sich zusammensetzt aus 8.297 qm weide/grünland, 953 qm übergangsbereich mit bäumen und sträuchern und 5.220 qm böschung/kies/ufer. die böschung verläuft parallel zum flussverlauf; die böschungskante hat eine höhe von ca. 3 m.4der kläger machte bereits vorprozessual einen landverlust durch uferabbrüche gegenüber der beklagten geltend. das rheinufer sei früher nicht auf seinem grundstück, sondern jenseits der grundstücksgrenze verlaufen. ursprünglich habe es sich um 14.470 qm nutzfläche gehandelt, von der nun bereits mehr als 1/3 (5.520 qm) verloren gegangen sei. zurückzuführen sei der landverlust auf den sog und wellenschlag vorbeifahrender schiffe. hierzu legte der kläger eine gutachterliche stellungnahme des von ihm beauftragten, öffentlich bestellten und vereidigten sachverständigen der landwirtschaftskammer nrw, dr. i. i1. , vor, der auf der grundlage einer ortsbegehung am 29. juni 2010 folgende feststellungen getroffen hatte: die fläche liege offensichtlich nicht mehr in den ursprünglichen senken; die natürliche, zum rhein ablaufende böschung sei nicht mehr vorhanden; es habe sich ein steilhang gebildet, von dem große einzelaggregate abbrechen würden und durch den rhein weggespült worden seien; die vorhandene vegetation lasse darauf schließen, dass dies insbesondere in den vergangenen monaten geschehen sein müsse; diese abspülungen seien folge des sog und wellenschlages; in den vergangenen monaten habe kein hochwasserereignis in diesem bereich stattgefunden; bei der begehung sei festgestellt worden, dass durch – insbesondere flussaufwärts – vorbeifahrende schiffe starker wellenschlag verursacht werde.5hierauf beauftragte die beklagte ihrerseits die bundesanstalt für wasserbau (baw) mit der klärung der kausalitätsfrage. in ihrer stellungnahme vom 15. märz 2011 befand die baw, dass die schifffahrt mit hoher wahrscheinlichkeit als ursache für die geltend gemachten schäden ausscheide bzw. offensichtlich nicht relevant sei.6nachdem die beklagte jede verantwortung für etwaige uferabbrüche von sich wies, hat der kläger unter dem 24. februar 2012 beim landgericht kleve klage erhoben mit dem begehren, die beklagte zur befestigung des ufers sowie zur zahlung von schadensersatz in höhe von 20.880 euro und außergerichtlicher rechtsverfolgungskosten in höhe von 930,94 euro zu verurteilen.7das landgericht kleve hat am 20. juli 2012 den rechtsstreit an das verwaltungsgericht düsseldorf verwiesen, soweit der kläger die befestigung des rheinufers begehrt. im übrigen hat es das dortige verfahren bis zu einer rechtskräftigen entscheidung im vorliegenden verfahren ausgesetzt.8zur klagebegründung trägt der kläger ergänzend vor, den landverlust von über 5.000 qm in den vergangenen jahren könnten sowohl der pächter der flächen als auch der inhaber des nießbrauchrechts und vater des klägers bezeugen. anders als mit der heutigen böschungskante von 3 m höhe sei die böschung ursprünglich landwirtschaftlich nutzbar gewesen, da sie sanft zum ufer abgefallen sei. zum beleg der ursprünglichen grundstücksgröße hat der kläger einen notariellen kaufvertrag aus dem jahre 1974 vorgelegt, in dem die im grundbuch verzeichnete größe der fläche mit 144,60 ar (= 14.460 qm) benannt wird. in ziffer 1 der weiteren vereinbarungen zum kaufvertrag heißt es ausdrücklich: „der grundbesitz wird verkauft ohne gewähr für eine bestimmte flächengröße.“ der kläger macht geltend, die beklagte habe ihre unterhaltungspflicht gemäß § 8 abs. 4 wastrg verletzt, indem sie das ufer nicht durch große steinblöcke o.ä. befestigt habe. in den befestigten bereichen des ufers, wie z.b. am gegenüberliegenden ufer, gebe es keine entsprechenden abbrüche oder abspülungen.9die kammer hat die angelegenheit bereits am 21. november 2013 mit den beteiligten erörtert und zugleich die örtlichkeit in augenschein genommen.10der kläger beantragt,11die beklagte zu verurteilen, sein grundstück grünfläche gemarkung c. , grundbuchblatt 0016, flurstück 648 „e. “ im uferbereich links und rechts der buhne so zu befestigen, dass uferabbrüche nicht mehr eintreten.12die beklagte beantragt,13die klage abzuweisen.14sie hält dem kläger im wesentlichen entgegen: aus archivunterlagen sei zu ersehen, dass sich bereits im jahr 1960 ufer- und böschungsbereiche in einer größenordnung von 4.300 qm auf dem betreffenden grundstück befunden hätten, so dass es in den letzten jahren nicht annähernd zu einem landverlust in dem behaupteten umfang gekommen sein könne. lediglich in einem umfang von 730 qm seien weitere ufer- und böschungsflächen hinzugetreten, wobei jedoch völlig offen sei, wann dies geschehen sei. der kläger liefere selbst keine nachvollziehbaren anhaltspunkte für die annahme, die behaupteten schäden seien auf die schifffahrt zurückzuführen. die gutachterliche stellungnahme des dr. i1. sei unbrauchbar, weil die getroffenen feststellungen in keiner weise begründet würden. insbesondere aus einem fehlenden hochwasserereignis in den letzten monaten könne nicht darauf geschlossen werden, dass das grundstück keiner erosionsfördernden wasserwirkung durch den rhein ausgesetzt gewesen sei. bezogen auf den pegel emmerich sei ein hochwasserereignis bei einem wasserstand von etwa 7,00 m erreicht. pegelstände unter hochwasserniveau, aber von mehr als 4,0 m, die den rhein an die böschung des klägerischen grundstücks herantreten ließen, würden im laufe des jahres dagegen verschiedentlich erreicht. andere potentielle ursachen für entsprechende erosionsbedingte abbrüche (geologische beschaffenheit und konkrete nutzung der grundstücke, kräftigere niederschlagsereignisse) seien nicht einmal in betracht gezogen worden. darüber hinaus habe die von ihr – der beklagten – mit der kausalitätsklärung beauftragte bundesanstalt für wasserbau festgestellt, dass die behaupteten abbruchereignisse nicht ursächlich auf den sog und wellenschlag vorbeifahrender schiffe zurückzuführen sein könnten. für diese annahme gebe es gleich mehrere belastbare anhaltspunkte. wie eine fotodokumentation zeige, sei der wellenschlag vorbeifahrender schiffe so gering, dass er optisch kaum wahrnehmbar sei. die fahrrinne verlaufe am rechten ufer, so dass vorbeifahrende schiffe in der regel mindestens einen abstand von 100 m zu dem linken rheinufer einhielten – dies bestreitet der kläger, der meint, die schiffe führen deutlich näher am linken rheinufer vorbei, auch weil dort die strömung nicht so stark sei. auf den böschungsbereich des klägerischen grundstücks wirke sich der wellenschlag überhaupt nur bei entsprechend hohem wasserstand aus; ansonsten werde nicht einmal der vorgelagerte uferbereich überschwemmt. vor allem aber zeige der vergleich mit den unmittelbar vor und nach dem klägerischen grundstück am linken rheinufer gelegenen grundstücken, dass die schifffahrt als schadensursache ausscheide. wenn die schifffahrt einen signifikanten einfluss auf die behaupteten uferabbrüche hätte, müssten solche auch in den benachbarten buhnenfeldern auftreten. denn die uferbereiche seien identischen belastungen durch den schifffahrtsverkehr ausgesetzt. weder liege in diesem bereich eine wechselstelle zum anderen rheinufer noch gebe es irgendwelche besonderheiten wie wechselnde querschnitte bei schifffahrtsrelevanten abflusszuständen. entsprechende uferabbrüche seien jedoch – was der kläger bestreitet – nur an dem klägerischen grundstück zu verzeichnen. an den unmittelbar angrenzenden grundstücken flussauf- und flussabwärts seien keine uferabbrüche zu verzeichnen. dass entsprechende uferabbrüche trotz identischer bedingungen nur an dem klägerischen grundstück aufträten, lenke den blick auf eine andere mögliche schadensursache. das klägerische grundstück weise im vergleich zu den angrenzenden grundstücken gerade im bereich der schadensstelle eine hydraulische besonderheit auf. der im inland liegende hochwasserschutzdeich weise gerade in höhe der schadensstelle einen deutlichen knick in richtung vorland auf. ab dieser knickstelle weite sich der querschnitt des hochwasserbettes zunehmend auf. in diese erweiterung drücke die hochwasserströmung hinein. der knick führe damit zu einer verstärkten hochwassereinwirkung auf das klägerische grundstück.15das gericht hat in der mündlichen verhandlung den bei der baw beschäftigten sachverständigen prof. dr. t. gehört.16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der – auch beigezogenen – gerichtsakten bezug genommen.17 | 18die klage ist zulässig, aber unbegründet.19gemäß § 17a abs. 2 satz 3 gvg ist der verweisungsbeschluss des landgerichts kleve hinsichtlich des rechtsweges für das erkennende gericht bindend. unbeschadet dessen folgt die eröffnung des verwaltungsrechtswegs aus § 40 abs. 1 satz 1 vwgo. soweit der kläger befestigungsmaßnahmen an seinem grundstück begehrt, handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher art. der kläger macht mit seinem begehren einen folgenbeseitigungsanspruch geltend, für dessen rechtscharakter die rechtsqualität des behaupteten eingriffs maßgeblich ist. als schadensursächlich und damit als eingriff sieht der kläger eine fehlerhafte unterhaltung der bundeswasserstraße „rhein“ durch die beklagte an. die unterhaltung der bundeswasserstraßen ist gemäß § 7 abs. 1 wastrg eine hoheitsaufgabe des bundes und der geltend gemachte abwehranspruch damit öffentlich-rechtlicher natur.20der kläger ist auch klagebefugt. er kann sein begehren zwar nicht schon unter bloßer berufung auf die öffentlich-rechtlichen pflichten durchsetzen, die der beklagten nach dem bundeswasserstraßengesetz obliegen (hier: erweiterte unterhaltungspflicht gemäß § 8 abs. 4 wastrg). die unterhaltung der bundeswasserstraßen ist gemäß § 7 abs. 1 wastrg eine hoheitsaufgabe und dient als solche ausschließlich dem allgemeinwohl. sie geschieht nicht in erfüllung einer (auch) dritten gegenüber bestehenden rechtspflicht, sondern allein in erfüllung einer öffentlichen aufgabe des trägers der unterhaltungslast. ein klagbarer rechtsanspruch dritter auf die erfüllung der unterhaltungspflicht folgt demnach hieraus nicht. dem betroffenen steht aber ein öffentlich-rechtlicher anspruch auf abwehr oder (folgen-)beseitigung zu, soweit die verletzung der unterhaltungspflicht zu einem eingriff in das durch art. 14 abs. 1 gg geschützte eigentumsrecht dritter führt. rechtliche grundlage des anspruchs ist das verfassungsrechtlich gesicherte eigentumsrecht selbst.21vgl. zum wasserrecht bverwg, urteil vom 14. dezember 1973 – iv c 50.71 –, bverwge 44, 235 ff., juris rn.17 f.; vgh bad.-württ., urteil vom 29. april 1993 – 8 s 2834/92 –, juris rn. 15.22einen solchen eingriff in sein eigentum macht der kläger geltend, nämlich einen landverlust infolge von uferabbrüchen.23den öffentlich-rechtlichen anspruch auf beseitigung des rechtswidrigen zustands gegenüber dem unterhaltungspflichtigen24- so ausdrücklich bverwg, urteil vom 14. dezember 1973 – iv c 50.71 –, bverwge 44, 235 ff., juris rn.17 f.; vgl. auch vgh kassel, urteil vom 23. september 1985 – viii oe 77/82 –, nur 1987, 134 -; friesecke, kommentar zum bundeswasserstraßengesetz, 2009, § 8 rn. 3 -25kann der kläger im wege der allgemeinen leistungsklage verfolgen. die feststellungsklage ist demgegenüber subsidiär (§ 43 abs. 2 vwgo).26anders ovg lüneburg, urteil vom 14. februar 1985 – 3 ovg a 48/82 –, au s. 10/11; vgh bad.-württ., urteil vom 29. april 1993 – 8 s 2834/92 –.27die klage hat jedoch in der sache keinen erfolg. dem kläger steht kein folgenbeseitigungsanspruch gegenüber der beklagten zu. er hat keinen anspruch auf die begehrte uferbefestigung.28voraussetzung hierfür wäre, dass die beklagte die ihr gemäß §§ 7 abs. 1, 8 abs. 4 wastrg obliegende wasserstraßenrechtliche unterhaltungspflicht verletzt hat und dadurch das eigentum des klägers beeinträchtigt worden ist. ein derartiger ursachenzusammenhang lässt sich jedoch nicht feststellen.29gemäß § 8 abs. 4 wastrg gehören zur unterhaltung auch arbeiten zur beseitigung oder verhütung von schäden an ufergrundstücken, die durch die schifffahrt entstanden sind oder entstehen können, soweit die schäden den bestand der ufergrundstücke gefährden. eine bestandsgefährdung liegt dann vor, wenn zu erwarten ist, dass das landgrundstück ganz oder teilweise durch die einwirkung des wassers zum wassergrundstück wird, z.b. bei unterspülungen oder uferabbrüchen.30vgl. friesecke, kommentar zum bundeswasserstraßengesetz, 2009, § 8 rn. 17; wirth/schulze, handkommentar zum bundeswasserstraßengesetz, 1998, anm. zu § 8 abs. 4.31dass auf dem grundstück des klägers, welches zweifellos ein ufergrundstück ist, uferabbrüche aufgetreten sind, ist zwischen den beteiligten unstreitig, wird durch die im verfahren vorgelegte fotodokumentation der beklagten belegt (vgl. bl. 123 ga) und war auch ohne weiteres bei inaugenscheinnahme durch das gericht für dieses erkennbar. ein vergleich von archivunterlagen (planunterlage des deichverbandes h. -h1. aus dem jahre 1960, beiakte heft 1 bl. 89) mit der von der beklagten bearbeiteten luftbildaufnahme neueren datums (beiakte heft 1 bl. 91) zeigt zudem, dass hinsichtlich des klägerischen grundstücks ein landverlust eingetreten ist. ausweislich der karte im jahre 1960 hat sich jenseits der klägerischen grundstücksgrenze richtung rhein noch wiesenfläche mit angrenzendem sandstreifen befunden (zustand bei mittelwasser). diese fläche ist auf dem luftbild nicht mehr als land zu erkennen. vielmehr ist nach dieser aufnahme, die den zustand deutlich unterhalb von mittelwasserstand wiedergibt, der rhein an die früher bereits vorhandene, aber weiter im landesinneren gelegene böschung auf dem grundstück des klägers „herangerückt“. der auf dem luftbild lila schraffierte – heute zu böschung und ufer zählende – bereich ist nach den unterlagen als abgängiges gelände im hinblick auf die weide- und wiesennutzung des klägerischen grundstücks anzusehen.32wann und in welchem konkreten umfang die besagten schäden an dem grundstück des klägers entstanden sind, ist im vorliegenden verfahren nicht rechtserheblich.33entscheidungserheblich ist hier allein die frage, ob – und gegebenenfalls inwieweit – die schäden auf die schifffahrt zurückzuführen sind. nur durch die schifffahrt verursachte schäden sind im rahmen der erweiterten unterhaltungspflicht nach § 8 abs. 4 wastrg zu beseitigen oder zu verhüten. die beseitigung von durch andere einflüsse verursachten schäden zu lasten des bundes lässt das gesetz nicht zu. soweit andere ursachen wie natürliche einflüsse (wind, natürlicher wellenschlag, strömung, gezeiten) bestehen, ist die verhütung oder beseitigung der darauf beruhenden schäden in erster linie sache des grundstückseigentümers und fällt jedenfalls nicht in den aufgabenkreis des unterhaltungspflichtigen der wasserstraße. diese einschränkung zwingt dazu, vor der durchführung von arbeiten an ufergrundstücken den schadensursachen und ihren wirkungen nachzugehen. für das zusammenwirken mehrerer ursachen gilt: eine beseitigung der schäden zu lasten des bundes kommt grundsätzlich nur in dem umfang in betracht, der dem anteil der schifffahrt entspricht; dasselbe gilt für die verhütung von zukünftigen schäden. soweit schäden auch auf andere ursachen als die schifffahrt zurückzuführen sind, kommt eine vollständige beseitigung der schäden durch den bund nur dann in frage, wenn die eigentümer der ufergrundstücke sich entsprechend beteiligen.34vgl. wirth/schulze, a.a.o., anm. zu § 8 abs. 4; friesecke, a.a.o., § 8 rn. 17.35durch die schifffahrt verursachte schäden sind solche, die auf dem sog und/oder wellenschlag beruhen, der von fahrenden wasserfahrzeugen ausgeht.36vgl. friesecke, a.a.o., § 8 rn. 17.37für das vorliegen des erforderlichen ursachenzusammenhangs ist nach allgemeinen grundsätzen der anspruchstellende kläger darlegungs- und beweispflichtig.38auf der grundlage der im verfahren gewonnenen erkenntnisse lässt sich nicht feststellen, dass die schäden an dem grundstück des klägers maßgeblich auf den sog und/oder wellenschlag vorüberfahrender schiffe zurückzuführen sind. mit dem in der mündlichen verhandlung angehörten sachverständigen der baw, prof. dr. t. , ist vielmehr davon auszugehen, dass die schifffahrt nur einen unbedeutenden einfluss auf die uferstruktur des klägerischen grundstücks genommen hat und für die geltend gemachten uferabbrüche und abspülungen am grundstück nicht bedeutsam verantwortlich ist. der sachverständige hat auf anforderung des gerichts sehr anschaulich und überzeugend ausgeführt, wie er und seine vor ort gewesenen kollegen auf grund einer gesamtbetrachtung anhand der verfügbaren unterlagen sowie der unmittelbaren und mittelbaren eindrücke von den örtlichen gegebenheiten zu der fachlichen einschätzung gelangt sind, dass vorliegend die morphologischen prozesse maßgebend für die in rede stehenden uferstrukturen sind, während der schifffahrt nur eine untergeordnete bedeutung beizumessen ist. die fragen, die auch unter berücksichtigung der schriftlichen stellungnahme der baw vom 15. märz 2011 aus sicht der kammer nach inaugenscheinnahme der örtlichkeit noch offen waren, hat der sachverständige erschöpfend beantwortet und dabei mögliche ungereimtheiten vollständig ausgeräumt.39der sachverständige hat grundlegend erläutert, dass die uferstruktur in buhnenfeldern besonderheiten unterliegt, die buhnenfelder daher ausgangspunkt für die vorzunehmende bewertung sein müssen und jedes buhnenfeld gesondert zu betrachten ist. er hat auch deutlich gemacht, dass als ursache für die erosion bzw. verlandung von buhnenfeldern zufallseffekte nicht ausgeschlossen werden können und es unter umständen schwierig sein kann, erklärungen für bestehende örtliche verhältnisse zu finden. schon dies spricht für seine neutralität in der bewertung, an der das gericht nicht den geringsten zweifel hat.40auf dem klägerischen grundstück befinden sich zwei buhnenfelder. in diesen beiden buhnenfeldern sind – anders als in den benachbarten buhnenfeldern stromauf- und stromabwärts und anders als grundsätzlich in innenuferlage zu erwarten – ausweislich der im termin überreichten kartenausschnitte und satellitenbilder (anlage 1 zum protokoll) keine bzw. kaum anlandungen zu verzeichnen. der sachverständige hat hierzu nachvollziehbar erläutert, dass die ursache für diese nachweislich unterschiedlichen strukturen nicht maßgeblich in der schifffahrt zu finden sein dürfte. zwar – so der sachverständige – bestehe in buhnenfeldern mit – wie hier – verhältnismäßig großen buhnenabständen grundsätzlich eine neigung zu geringerer sedimentation, angesichts der nahezu identischen schifffahrtlichen verhältnisse stromauf- und stromabwärts – in etwa konstanter fahrrinnenabstand, keine wechselstelle zum anderen rheinufer – sollte der einfluss der schifffahrt jedoch in allen buhnenfeldern in etwa gleich sein. der umstand, dass sich die uferstruktur in den buhnenfeldern auf dem klägerischen grundstück von derjenigen in den benachbarten buhnenfeldern gleichwohl deutlich unterscheidet, legt den schluss nahe, dass die ursache hierfür an anderer stelle liegt.41wenngleich es im vorliegenden verfahren nicht darum geht, die tatsächliche ursache zu klären, untermauert die von dem sachverständigen aufgezeigte erklärung für die örtlichen verhältnisse die plausibilität seiner fachlichen einschätzung. bereits in seiner schriftlichen stellungnahme hat der sachverständige als alleinstellungsmerkmal in bezug auf das klägerische grundstück dessen lage zu dem im inland verlaufenden und etwa in höhe von stromkilometer 000 abknickenden deich angeführt. hierzu hat er in der mündlichen verhandlung näher erläutert, dass das grundstück des klägers einen vergleichsweise deutlich geringeren vorlandabstand zum deich aufweise als die benachbarten grundstücke. bei hochwasser sei der abstand von ufer zu ufer daher in diesem bereich schmaler, so dass hier und insbesondere vor der querschnittserweiterung durch den deichknick größere strömungskräfte wirkten. unterstützt wird diese aussage durch das im termin vorgelegte strömungsmodell, dem ein stark gekrümmtes strömungsfeld im bereich der beiden buhnenfelder auf dem klägerischen grundstück zu entnehmen ist. vor diesem hintergrund erscheint es ohne weiteres nachvollziehbar, dass sich gerade an der stelle, an der auch im ortstermin der kammer die deutlichsten abbrüche zu sehen waren (am rande des klägerischen grundstücks zu rheinkilometer 000), die stärkeren strömungskräfte auswirken. diese erklärung wird nicht dadurch in frage gestellt, dass es – wie der kläger meint – hochwasserereignisse bezogen auf den pegel f. mit einem wasserstand ab 7 m nur vergleichsweise selten gegeben habe. wie der sachverständige anhand einer graphischen auswertung der wasserstände im zeitraum von 2005 bis 2013 (anlage 2 zum protokoll) belegt hat, sind höhere wasserstände, die zwar unter hochwasserniveau liegen, aber gleichwohl zu überschwemmungen des vorlandes geführt haben, regelmäßig aufgetreten.42bei alledem hat der sachverständige betont, dass die ermittlung der ursachen für schäden an ufergrundstücken ausgesprochen schwierig sei und er einen einfluss der schifffahrt auf die ufergestaltung nicht grundsätzlich ausschließen könne. vielmehr liege es in der natur der sache, dass ein einfluss bestehe. dieser sei in bezug auf den hier zu bewertenden sachverhalt aus seiner sicht jedoch von untergeordneter bedeutung und nicht ohne weiteres bezifferbar. seine einschätzung führt der sachverständige nachvollziehbar auf die breite des flusses und darauf zurück, dass es vorliegend eine erklärung für die bestehenden örtlichen verhältnisse gebe, nämlich die beschriebenen morphologischen prozesse, d.h. die bettformenden prozesse des flusses. dass der sachverständige selbst nicht vor ort war, schmälert nicht die überzeugungskraft seiner aussagen. die örtlichen verhältnisse, insbesondere die unterschiedliche uferstruktur in den – auch benachbarten – buhnenfeldern ergeben sich schon aus den als anlage 1 zum protokoll überreichten unterlagen. zu dem wellenschlag vorüberfahrender schiffe wurde nach angaben des sachverständigen von den vor ort gewesenen kollegen eine videosequenz angefertigt, so dass sich seine einschätzung, selbst im ungünstigsten belastungsfall würden keine signifikanten wellenhöhen induziert, nicht allein an dem gefertigten bildmaterial orientierte.43dem kann der kläger nicht mit erfolg entgegen halten, der sachverständige der landwirtschaftskammer nrw, dr. i. i1. , sei in seiner gutachterlichen stellungnahme vom 16. august 2010 zu einem anderen ergebnis gelangt. die dort getroffenen feststellungen sind – wie die beklagte zu recht eingewendet hat – in keiner weise erläutert worden. auch unter berücksichtigung seiner erläuterungen im erörterungstermin vom 21. november 2013 und der dort ausgehändigten lichtbildausdrucke vermag die schlussfolgerung des dr. i1. , die böschungsabbrüche müssten durch die schifffahrt verursacht sein und ließen sich nicht auf hochwasserereignisse zurückführen, nicht zu überzeugen. er stützt seine annahme im wesentlichen auf das fehlen eines vorangegangenen hochwasserereignisses und die trockenheit der damals vorgefundenen frischen abbrüche. da jedoch – wie ausgeführt – nachweislich auch pegelstände unter hochwasserniveau den rhein an die böschung des klägerischen grundstücks herantreten lassen konnten und können, lässt sich eine erosionsfördernde natürliche wasserwirkung durch den rhein nicht von vorneherein ausschließen. sie liegt vielmehr durchaus nahe.44auf der grundlage der in das verfahren eingeführten erkenntnismittel, die das gericht für ausreichend hält, ist nach alledem davon auszugehen, dass die schifffahrt nur einen untergeordneten beitrag zu den geltend gemachten uferabbrüchen und abspülungen am grundstück des klägers leistet. der einholung eines weiteren sachverständigengutachtens, wie seitens des klägers beantragt, bedurfte es im hinblick auf die auf den vorliegenden erkenntnissen beruhende eigene sachkunde des gerichts nicht. nach § 98 vwgo i.v.m. § 412 abs. 1 zpo kann das gericht eine neue begutachtung durch andere sachverständige anordnen, wenn es das gutachten für ungenügend erachtet. dies ist mit blick auf die überzeugenden ausführungen des sachverständigen prof. dr. t. in der mündlichen verhandlung nicht der fall. die verpflichtung zur einholung eines weiteren gutachtens folgt im übrigen nicht schon daraus, dass ein beteiligter das vorliegende gutachten als erkenntnisquelle für unzureichend hält.45vgl. bverwg, beschluss vom 27. märz 2013 – 10 b 34/12 –, juris rn. 4; beschluss vom 3. februar 2010 – 2 b 73/09 –, juris rn. 946eine verpflichtung zur einholung eines weiteren sachverständigengutachtens ergibt sich vorliegend auch nicht daraus, dass der sachverständige prof. dr. t. aus sicht des klägers im lager der beklagten steht. die bundesanstalt für wasserbau, bei der der sachverständige beschäftigt ist, ist zwar eine bundesoberbehörde im geschäftsbereich des bundesministeriums für verkehr und digitale infrastruktur. die annahme, der sachverständige könnte bei seinen ausführungen auf weisung gehandelt oder sich von behördlichen vorgaben leiten lassen haben, liegt jedoch völlig fern. der sachverständige hat sich nicht gescheut, seine fachlichen einschätzungen, die mitunter auch wenig vorteilhaft für die beklagte waren, frei zu äußern. nicht zuletzt die offene bekundung, dass die schifffahrt einen gewissen, in der natur der sache liegenden einfluss auf die ufergestaltung hat, untermauert seine wissenschaftliche unabhängigkeit.47die geringe bedeutung, die der sachverständige prof. dr. t. den auswirkungen der schifffahrt auf die ufergestaltung am grundstück des klägers beimisst, reicht in rechtlicher hinsicht nicht dafür aus, dass der kläger weitere unterhaltungsmaßnahmen der beklagten einfordern könnte. die schäden am grundstück des klägers sind nach den überzeugenden ausführungen des sachverständigen nicht in erster linie oder zumindest zu einem signifikanten anteil durch die schifffahrt entstanden. nur dann aber kann der aufgabenkreis der beklagten als unterhaltungspflichtiger der wasserstraße eröffnet sein und eine beteiligung des grundstückseigentümers an den kosten im hinblick auf anderweitige zusätzliche ursachen in betracht kommen. dagegen kann der kläger nicht von der beklagten verlangen, sein grundstück durch kostenintensive maßnahmen vor weiteren, ganz überwiegend nicht in den verantwortungsbereich der beklagten fallenden beeinträchtigungen zu schützen.48die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo.49die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 abs. 1 satz 1 vwgo i.v.m. § 709 sätze 1 und 2 zpo.50beschluss:51der streitwert wird auf 100.000,- euro festgesetzt.52gründe:53die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 gkg erfolgt und berücksichtigt die voraussichtlichen kosten der begehrten befestigungsmaßnahmen, die der kläger selbst in der klageschrift auf 50.000,- bis 100.000,- euro beziffert hat, die aus sicht der beklagten jedoch viel höher liegen. nach deren einschätzung würde der kostenrahmen bis 100.000,‑ euro bereits durch weniger geeignete maßnahmen in form von bloßen steinaufschüttungen entlang des ufers ausgefüllt. vor diesem hintergrund hält die kammer einen streitwert von 100.000,- euro für angemessen. | Verklagte*r | 0 |
346,915 | 3 K 7947/21 | 2022-10-13T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bescheid des Oberbürgermeisters der Beklagten über den Widerruf der Zuweisung von Großmarktflächen vom 16. November 2021 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollsteckbar. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin betreibt seit inzwischen mehreren Jahrzehnten einen Obst- und Gemüsegroßhandel mit derzeit 28 Mitarbeitern auf dem Großmarkt der Beklagten; die Ware für die rund 280 Kunden, darunter Großkantinen, Krankenhäuser, Altenheime, Catering, Schulen und Kindergärten, wird jede Nacht bei den insgesamt etwa 30 Zulieferbetrieben auf dem Großmarkt frisch eingekauft und noch am selben Tage ausgeliefert. 3Nachdem die ursprünglichen Zuweisungen von Flächen in der Halle 00 bzw. davor („Halle 00X“) des Großmarktes seitens des Oberbürgermeisters der Beklagten mit Bescheid vom 17. November 2015 (aus Gründen der Hallenstatik sowie wegen der Werksmodernisierung des benachbarten Sprinterwerks der Firma E. AG) widerrufen worden waren, erhielt die Klägerin mit Bescheid vom 6. April 2016 ersatzweise die Standplätze Nr. 00 bis 00 in der Halle 0 des Großmarktes neu zugewiesen; die seitens der Klägerin angestrengten gerichtlichen Verfahren (3 K 7996/15 und 3 L 49/16) wurden übereinstimmend für erledigt erklärt. 4Zwecks Neuausrichtung zu einem privat – ohne städtischen Einfluss in Eigenregie der Großmarkthändlerinnen und Großmarkthändler – geführten Großmarkt (auf dem dann der städtischen Tochtergesellschaft J. AG gehörenden Großmarktgelände mit neu zu errichtenden Großmarkthallen) beschloss der Rat der Beklagten am 12. Juli 2018 die Auflösung der öffentlichen Einrichtung Großmarkt (zum 31. Dezember 2018). In Umsetzung dieser Entscheidung widerrief der Oberbürgermeister der Beklagten gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 17. September 2018 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die oben genannte Zuweisung der sieben Standplätze in Halle 0 des Großmarktes zum 31. Dezember 2018. Dem hiergegen von der Klägerin seinerzeit gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (3 L 2854/18) gab die Kammer durch Beschluss vom 27. November 2018 wegen mangelnder Vereinbarkeit des Widerrufes und des ihm zu Grunde liegenden Ratsbeschlusses mit höherrangigem Recht in Gestalt der durch das Bundesverwaltungsgericht in seinem „Weihnachtsmarkturteil“ vom 27. Mai 2009 (8 C 10.08) zu Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG erarbeiteten Grundsätze statt. Gegen diesen sowie gegen eine Parallelentscheidung der Kammer legte die Beklagte keine Rechtsmittel ein. Vielmehr verfolgte sie das Ziel eines zukunftsfähigen Großmarktes in Eigenregie der Händlerinnen und Händler in zahlreichen Verhandlungsgesprächen zunächst weiter, verwarf es jedoch, als sich abzeichnete, dass eine Lösung auf der Basis eines breiten Konsenses aussichtslos erschien. Sie setzte den Ratsbeschluss von 2018 nicht um, sondern hob die gerichtlich angegriffenen Widerrufsbescheide im April 2021 allesamt auf; die zahlreichen Klageverfahren wurden einschließlich des der Klägerin (3 K 7827/18) übereinstimmend für erledigt erklärt. 5Im Folgenden prüfte die Beklagte die Optionen „Fortführung der öffentlichen Einrichtung Großmarkt“ und „Auflösung der öffentlichen Einrichtung Großmarkt“ (ohne Möglichkeit der Weiterführung durch die Großmarkthändlerinnen und -händler in Eigenregie im Anschluss an die Auflösung). Am 1. Juli 2021 entschied sich der Rat der Beklagten für die zweite Option und beschloss die Auflösung der öffentlichen Einrichtung Großmarkt zum 31. Dezember 2024. Zur Begründung wurde in der Beschlussvorlage (XXX/000/2021) insbesondere die ineffiziente Struktur auf dem Großmarktgelände, die nicht mehr heutigen Maßstäben der Flächennutzung entspreche, ein enormer Investitionsbedarf bzw. hoher Sanierungsaufwand und ein hohes Defizit angeführt; ferner sei mit einzubeziehen, dass das Großmarktgelände als eine der wenigen großen, zusammenhängen und attraktiven Flächen im Stadtgebiet einer neuen und sinnvolleren Nutzung zugeführt werden solle. Der Großmarkt sei für die Versorgung der Düsseldorfer Bürgerinnen und Bürger auch nicht unabdingbar, denn seine Funktion als Einrichtung der Daseinsvorsorge habe er längst verloren. In Umsetzung dieses Ratsbeschlusses widerrief der Oberbürgermeister der Beklagten mit Bescheid vom 16. November 2021 die Zuweisungen für die Stände Nr. 00 bis 00 in der Halle 0 des Großmarktes zum 31. Dezember 2024 (Ziffer 1), ordnete die Räumung und saubere Zur-Verfügung-Stellung der Flächen zu diesem Zeitpunkt (Ziffer 2) und drohte widrigenfalls die Durchführung im Wege der Ersatzvornahme bei vorläufig veranschlagten Kosten in Höhe von 3.000,00 Euro (Ziffer 3) an. Sie stützte den Widerruf auf § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW: § 6 Abs. 4 Großmarktsatzung (GMS) lasse den Widerruf aus sachlich gerechtfertigtem Grund zu; ebenso sei in der Zuweisung ein Widerruf vorbehalten. 6Gegen den Bescheid vom 16. November 2021 hat die Klägerin am 22. November 2021 Klage erhoben. 7Zu deren Begründung führt sie im Wesentlichen an, dass es an einem „sachlich gerechtfertigten Grund“ im Sinne von § 6 Abs. 4 GMS fehle, weil die Vorschrift nur „bauliche Änderungen“ zu Gunsten der öffentlichen Einrichtung Großmarkt, nicht aber Baumaßnahmen Privater erfasse, zu deren Umsetzung die öffentliche Einrichtung aufgelöst werden müsse.Überdies sei die Entscheidung, den Großmarkt als öffentliche Einrichtung zum 31. Dezember 2024 aufzulösen, mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Erneut habe die Beklagte insoweit das in Art. 28 Abs. 2 GG wurzelnde Gebot der Sicherung und Wahrung des Aufgabenbestandes der Gemeinden missachtet. Das „Weihnachtsmarkturteil“ des Bundesverwaltungsgerichts gelte nicht nur für die materielle Privatisierung öffentlicher Einrichtungen, sondern erst recht für deren vollständige Auflösung, wie sie die Beklagte hier verfolge. Auch seien nicht nur Einrichtungen erfasst, die – kumulativ – sozial, kulturell oder traditionell geprägt seien, sondern es genüge zur Anerkennung einer grundsätzlichen Aufgabenwahrnehmungspflicht, wenn die von der Gemeinde geschaffene öffentliche Einrichtung – alternativ – sozial, kulturell oder traditionell geprägt sei. Dass es sich bei dem Großmarkt Düsseldorf um eine derartige öffentliche Einrichtung im Sinne des „Weihnachtsmarkturteils“ und eben nicht um eine ausschließlich wirtschaftliche Betätigung der Beklagten handele, habe die Kammer im November 2018 völlig zu Recht festgestellt; maßgebliche Änderungen hätten sich in den Jahren danach nicht ergeben. Zudem habe die Beklagte im Rahmen ihrer Auflösungsentscheidung die berechtigten Interessen der Händler und Marktbeschicker völlig außer Acht gelassen.Jedenfalls sei der Widerruf – noch dazu innerhalb einer so kurz bemessenen Frist – ermessensfehlerhaft, weil dessen existenzbedrohende Wirkung für die Klägerin nicht hinreichend berücksichtigt worden sei.Könne der Widerruf mithin offensichtlich keinen Bestand haben, so gelte dies auch für die Räumungsanordnung, zumal die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 GMS nicht erfüllt seien. Die Androhung der Ersatzvornahme sei schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil ihr – der Klägerin – nicht nur vertretbare Handlungen aufgegeben worden seien. 8Die Klägerin beantragt, 9den Bescheid des Oberbürgermeisters der Beklagten über den Widerruf der Zuweisung von Großmarktflächen vom 16. November 2021 aufzuheben. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Sie verteidigt die Entscheidung ihres Rates vom 1. Juli 2021 und den diese umsetzenden Widerrufsbescheid ihres Oberbürgermeisters:Die Argumentation der Klägerin zu § 6 Abs. 4 GMS sei ein Zirkelschluss, denn in der dortigen Nummer 2 stünden die öffentlichen Zwecke sprachlich dem Großmarkt gegenüber und sollten ihn ersetzen und nicht ihm dienen. Das in dem Ratsbeschluss dargestellte Ziel, das Großmarktgelände neuen Planungen zugänglich zu machen, stelle sich als Vorhaben der Stadtentwicklung und damit eindeutig als öffentlicher Zweck dar. Hilfsweise werde darauf hingewiesen, dass die Aufzählung in § 6 Abs. 4 GMS nicht abschließend sei und die Auflösung des Großmarktes jedenfalls einen ungeschriebenen Widerrufsgrund darstelle.Das „Weihnachtsmarkturteil“ stehe dem Ratsbeschluss zur Auflösung sowie dem streitgegenständlichen Widerrufsbescheid nicht entgegen. Der Großmarkt sei keine öffentliche Einrichtung mit kulturellem, sozialem und traditionsbildendem Hintergrund im Sinne der höchstrichterlichen Entscheidung. Hinsichtlich der Umschreibungen des Bundesverwaltungsgerichts „gemeinschaftsbezogene Gemeinwohlbelange“, das „örtliche Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Gemeindebürgern“ und die „Förderung der Kontakte der Gemeindebürger untereinander“ sei vielmehr zu betonen, dass dem Großmarkt eine solche Funktion nicht zukomme. Dieser sei ein abgeschlossenes Gelände, zu dem allein zugelassene Händlerinnen und Händler sowie gewerbliche Großmarktkundinnen und -kunden Zutritt erhielten. Der Handel beginne nach Mitternacht und ende in den frühen Morgenstunden. Der Großmarktbetrieb finde damit unter weitgehendem Ausschluss der Gemeindebürgerinnen und -bürger statt und besitze damit weder kulturelle, soziale oder traditionsbildende Funktion für die örtliche Gemeinschaft, noch diene er in irgendeiner Weise der Förderung der Kontakte der Gemeindebürger untereinander oder stelle sich als sozial und kulturell prägend dar. Er stelle, auch im Sinne des § 107 GO NRW, eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde dar, in dem er allein als Markt und damit als Ort des Warenaustauschs diene. Die Bedeutung des Großmarktes habe sich gewandelt: Er habe sich von der Daseinsvorsorgeeinrichtung zu einem reinen Handelsplatz entwickelt, der in Konkurrenz zur Vielzahl anderer Anbieter stehe. Nicht zuletzt als Folge der Digitalisierung sei die Ortsnähe für die Versorgung der örtlichen Bevölkerung nicht mehr notwendig. Hinzu komme, dass ein erheblicher Anteil der Großmarktkunden gar nicht aus Düsseldorf, sondern aus der näheren und weiteren Umgebung stamme. Gerade wegen dieser mit einer rückläufigen Nachfrage einhergehenden Entwicklung hätten diverse Händler selbst die Umstrukturierung des Großmarktes gewollt. Die Anwendung der im „Weihnachtsmarkturteil“ entwickelten Grundsätze scheitere überdies an einer fehlenden Fortführung des Großmarktes. Die von diesem als unzulässig erachtete Konstellation einer materiellen Privatisierung liege gerade nicht vor. Die Sorge des Gerichts gelte einer aus seiner Sicht potentiell schädlichen Kommerzialisierung der öffentlichen Einrichtung, nicht hingegen deren reinem Fortbestand. In diesem Zusammenhang sei das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 26. September 2011 (Au 7 K 10.1951) zu nennen, mit dem sich die Kammer auch in ihrem Beschluss von November 2018 befasst habe. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müsse auch so einschränkend verstanden und könne auf keinen Fall auch auf andere Konstellationen wie die ersatzlose Auflösung einer öffentlichen Einrichtung erweitert werden. Die kritischen Literaturstimmen zeigten, dass die vom Senat erkannte Figur der Selbstverwaltungspflicht nur in sehr engen Grenzen angewendet werden könne. Das von der Klägerin nahegelegte Verständnis würde die Pervertierung des Selbstverwaltungsrechts bedeuten. Denn die Verwaltung der Gemeinde richte sich allein nach dem Willen der Bürgerschaft, die wiederum durch den demokratisch gewählten Rat vertreten werde. Soweit also keine schutzwürdigen Individualrechtspositionen der Auflösung der freiwilligen öffentlichen Einrichtung Großmarkt entgegenstünden, sei nicht ersichtlich, warum eine andere Instanz als ebendieser Rat, seien es Händlerinnen und Händler, ein Gericht oder eine staatliche Stelle, über diese Auflösung entscheiden und sie – die Beklagte – damit entgegen dem Willen der Bürgerschaft auf ewig an den Betrieb des Großmarktes binden solle. Auch sei keine Verdichtung von einer freiwilligen zu einer pflichtigen Einrichtung erfolgt, zumal die Grundversorgung der Bevölkerung auch nach Schließung des Großmarktes nicht gefährdet sei, wie ein Blick in die umliegenden Städte zeige, welche keine kommunalen Großmärkte bereithielten und deren Bevölkerung gleichwohl keinen Hunger leiden müsse. Ermessensfehler hafteten weder dem Ratsbeschluss noch dem streitgegenständlichen Widerrufsbescheid an. Denn die Interessen der wirtschaftlich tätigen Händlerinnen und Händler seien jeweils in die Abwägung eingestellt worden. Dem Rat komme bei der Entscheidung über die Auflösung einer freiwilligen Einrichtung ein sehr weiter Ermessensspielraum zu. Es gebe weder ein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand des Großmarktes noch einen individuellen Vertrauensschutz im Hinblick auf Investitionen in den Aus- oder Umbau des Standes. Schließlich zeige auch ein Vergleich mit zivilrechtlichen Gewerbemietverhältnissen und der dort üblichen Kündigungsfrist von maximal 12 Monaten, dass die Widerrufsfrist keinesfalls als unverhältnismäßig eingestuft werden könne. 13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte – insbesondere auch auf das Protokoll des am 16. August 2022 durchgeführten Erörterungstermins – nebst der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (einschließlich der „Ratsunterlagen“) Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch den (Vorsitzenden als) Berichterstatter entscheiden, weil die Beteiligten sich in dem oben genannten Erörterungstermin jeweils hiermit (gemäß §§ 101 Abs. 2, 87a Abs. 2 und 3 VwGO) einverstanden erklärt haben. 16Die Klage hat Erfolg. 17Sie ist als Anfechtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zulässig und auch begründet; der Bescheid des Oberbürgermeisters der Beklagten über den Widerruf der Zuweisung von Großmarktflächen vom 16. November 2021 ist rechtwidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 18Der in Ziffer 1. des angegriffenen – zugleich den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt markierenden – Bescheides vorgenannten Datums enthaltene Widerruf der Zuweisung von sieben Standplätzen in Halle 8 des Großmarktes ist – ebenso wie der diesem zu Grunde liegende Beschluss des Rates der Landeshauptstadt Düsseldorf vom 1. Juli 2021 über die Auflösung der öffentlichen Einrichtung Großmarkt (zum 31. Dezember 2024) – mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. 19Wie bereits 2018 bei der Umstrukturierungsentscheidung liegt bei der nunmehrigen Auflösungsentscheidung wiederum ein Verstoß gegen die aus der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) abgeleiteten Grundsätze vor, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem sogenannten „Weihnachtsmarkturteil“ (vom 27. Mai 2009 - 8 C 10.08 -, juris) aufgestellt hat. Demnach sind die Gemeinden durch die Selbstverwaltungsgarantie nicht nur vor staatlichen Eingriffen in ihren Aufgabenbereich geschützt, sondern aus der Verfassungsnorm folgt auch eine Bindung der Gemeinden in Bezug auf die Aufrechterhaltung ihres Aufgabenbestandes, wenn dieser in den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft wurzelt. 20Bei dem Großmarkt der Beklagten handelt es sich um eine „öffentliche Einrichtung mit kulturellem, sozialem und traditionsbildendem Hintergrund“ im Sinne der vorgenannten höchstrichterlichen Entscheidung und nicht um eine primär wirtschaftliche Betätigung, bei der „eine verfassungsrechtliche Aufgabenverpflichtung der Gemeinden bereits tatbestandlich ausscheiden“ soll. 21Vgl. Stepanek, Diss. Würzburg 2013, Verfassungsunmittelbare Pflichtaufgaben der Gemeinden, Berlin 2014, S. 22 f. 22Hierzu hat die Kammer bereits in ihrem Beschluss vom 27. November 2018 in dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren selbigen Rubrums Folgendes ausgeführt: 23„(…) Denn bei dem seit 1936 existierenden Großmarkt der Antragsgegnerin (vgl. die auf §§ 69 RGewO und 58 Abs. b PolVwG PR gestützte Marktordnung vom 15. Juni 1936) handelt es sich nach der bisherigen Konzeption um eine kommunale öffentliche Einrichtung im Sinne von § 8 GO NRW (vgl. auch § 1 der Großmarktsatzung). Bereits in ihrer Widerrufsverfügung (…) weist die Antragsgegnerin zutreffend darauf hin, dass es sich bei einem Großmarkt – anders als beispielsweise bei Schulen und Friedhöfen – nicht um eine Pflichtaufgabe handelt, d. h. eine Kommune eine derartige öffentliche Einrichtung „zur wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Betreuung ihrer Einwohner“ im Sinne von § 8 Abs. 1 GO NRW nicht schaffen muss. Entgegen der (bereits in der Widerrufsverfügung) zum Ausdruck gebrachten Annahme der Antragsgegnerin folgt hieraus aber nicht, dass eine Gemeinde (unbeschränkt) über die Abschaffung bzw. Privatisierung eines Großmarktes entscheiden kann. Vielmehr sind dabei die aus der bundesverfassungsrechtlichen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) abgeleiteten Grundsätze zu beachten, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem sogenannten „Weihnachtsmarkturteil“ aufgestellt hat. Nach dieser Entscheidung steht es nicht im freien Ermessen der Gemeinde, „freie Selbstverwaltungsangelegenheiten“ zu übernehmen oder sich auch jeder Zeit wieder dieser Aufgaben zu entledigen. Gehören Aufgaben zu den Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises, so darf sich die Gemeinde im Interesse einer wirksamen Wahrnehmung dieses örtlichen Wirkungskreises, der ausschließlich der Gemeinde, letztlich zum Wohle der Gemeindeangehörigen, anvertraut ist, nicht ihrer gemeinwohlorientierten Handlungsspielräume begeben. Der Gemeinde steht es damit nicht grundsätzlich zu, sich ohne Weiteres der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu entledigen. Andernfalls hätten es die Gemeinden selbst in der Hand, den Inhalt der kommunalen Selbstverwaltung durch Abstoßen oder Nichtwahrnehmung ihrer ureigenen Aufgaben auszuhöhlen. Um ein Unterlaufen des ihr anvertrauten Aufgabenbereichs zu verhindern, muss sich die Gemeinde grundsätzlich zumindest Einwirkungs- und Steuerungsmöglichkeiten vorbehalten, wenn sie die Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises anderen übertragen will. Sie kann sich damit nicht ihres genuinen Verantwortungsbereichs für die Wahrnehmung ihrer Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises entziehen. Will sie Dritte bei der Verwaltung bestimmter Bereiche ihres eigenen Aufgabenbereichs einschalten, die gerade das Zusammenleben und Zusammenwohnen der Menschen in der politischen Gemeinschaft betreffen, so muss sie ihren Einflussbereich über die Entscheidung etwa über die Zulassung im Grundsatz behalten. Der Gemeinde ist es verwehrt, gewissermaßen den Inhalt der Selbstverwaltungsaufgaben selbst zu beschneiden oder an Dritte abzugeben. 24Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2009 - 8 C 10.08 -, juris, Rn. 29. 25(…) 26Die Geltung der im „Weihnachtsmarkturteil“ aufgestellten Grundsätze kann entgegen der Ausführungen in der angegriffenen Widerrufsverfügung (…) und der Argumentation der Antragsgegnerin in dem vorliegenden Verfahren (…) auch nicht unter Verweis auf die „wirtschaftliche Funktion“, die „rein wirtschaftlichen Belange“, die „vorrangige wirtschaftliche Betätigung“ bzw. die „Subsidiaritätsklausel des § 107 Abs. 1 GO NRW“ in Abrede gestellt werden. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung deutlich gemacht, dass die Pflicht der gemeindlichen Wahrung und Sicherung ihres eigenen Aufgabenbestandes für öffentliche Einrichtungen mit kulturellem, sozialen und traditionsbildenden Hintergrund gilt, die schon lange Zeit in der bisherigen kommunalen Alleinverantwortung lagen. Nur wenn es allein um eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde geht, bei der von vornherein zweifelhaft sein kann, ob es sich um eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft handelt, die das Zusammenleben und Zusammenwohnen der Menschen in der politischen Gemeinschaft betrifft, so ist die Frage einer Pflicht der gemeindlichen Wahrung und Sicherung ihres eigenen Aufgabenbestandes nach Auffassung des 8. Senats anders zu beantworten. 27Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2009 - 8 C 10.08 -, juris, Rn. 30. 28Bei dem Großmarkt Düsseldorf handelt es sich nicht um eine derartige allein wirtschaftliche Betätigung, sondern um eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG. Dies sind nach dem „Rastede-Beschluss“ des Bundesverfassungsgerichts diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und Zusammenwohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen; auf die Verwaltungskraft der Gemeinde kommt es hierfür nicht an. 29Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619/83 u. a. -, juris, Ls. 4 und Rn. 59. 30Die Antragstellerin hat hierzu in ihrer Antragsbegründung überzeugend ausgeführt, dass die Antragsgegnerin mit dem Großmarkt ihre hoheitliche Aufgabe erfülle, die Versorgung der Bevölkerung und örtlichen Unternehmen mit hochwertigen, gesunden und frischen Lebensmitteln (vorrangig Obst und Gemüse) sicherzustellen und darüber hinaus Düsseldorf als attraktiven Standort für den Handel, das Handwerk, die Produktion und den Gastronomiebedarf zu stärken. Der Großmarkt führe Erzeuger, Großhandel und mittelständischen Lebensmitteleinzelhandel sowie die Gastronomie und die Wochenmarktbeschicker zum Vorteil der Verbraucher regional zusammen und gewährleiste darüber hinaus eine transparente Preisgestaltung. Es handele sich mithin um eine Einrichtung mit stark sozial geprägtem Hintergrund im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge. Dieser Bewertung ist beizupflichten. Hinzu kommt der vom Bundesverwaltungsgericht betonte Gesichtspunkt der „traditionellen Prägung“. 31Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2009 - 8 C 10.08 -, juris, Rn. 31. 32Denn immerhin gehört der Großmarkt seit über achtzig Jahren zum Aufgabenbestand der (jetzigen) Landeshauptstadt, die sich gern ihrer hochwertigen und vielfältigen Gastronomie rühmt. Der Versuch der Antragsgegnerin, den Großmarkt unter Hinweis auf den Bedeutungswandel zu einem rein wirtschaftlichen Belang herabzustufen, verfängt nicht, zumal das von ihr zum Beleg herangezogene (recht aktuelle) Gutachten der Firma Belius (…) die Bedeutung der Großmärkte auch als Versorgungsfaktor (und nicht nur als Wirtschaftsfaktor) als Ergebnis festhält. Dass nicht nur die Düsseldorfer Gastronomie, sondern auch die über die Stadtgrenze hinaus seitens des Großmarktes beliefert wird, deckt sich mit dem Befund der überregionalen Bedeutung der Großmärkte in dem vorgenannten Gutachten und unterstreicht den immensen – einer Einrichtung des Messe- und Ausstellungswesens im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GO NRW ähnlichen – Standortfaktor, entkoppelt diese Einrichtung aber nicht von der örtlichen Gemeinschaft.“ 33An dieser für den seinerzeitigen Zeitpunkt im dritten Quartal des Jahres 2018 vorgenommenen Einstufung hält die Kammer ungeachtet vereinzelter Kritik in der Rechtsprechung, 34vgl. den stark von hauptstädtischem Impetus getragenen Beschluss des VG Berlin vom 17. Juni 2020 - 4 L 171/20 -, juris, Rn. 24, 35und insbesondere auch angesichts des Vorbringens der Beklagten für den jetzt maßgeblichen Zeitpunkt im zweiten Halbjahr des Jahres 2021 (und darüber hinaus bis zum aktuellen Datum) fest. 36Entgegen der von der Klägerin in ihrem jüngsten Schriftsatz geäußerten Auffassung geht sie – die Kammer – dabei davon aus, dass die vom Bundesverwaltungsgericht in dem „Weihnachtsmarkturteil“ formulierte verfassungsrechtliche Aufgabenverpflichtung der Gemeinden (nur) für solche öffentliche Einrichtungen gilt, die kumulativ einen kulturellen, sozialen und traditionsbildenden Hintergrund aufweisen. 37Vgl. Sing, Diss. Würzburg 2018, Zulässigkeit der Privatisierung öffentlicher Einrichtungen mit kulturellem, sozialem und traditionsbildendem Hintergrund am Beispiel der Privatisierung eines Weihnachtsmarktes, München 2019, S. 226 und 265. 38Dass die genannten Merkmale jeweils nicht im Sinne einer mathematisierenden Betrachtungsweise zu gleichen „Anteilen“ erfüllt sein müssen, versteht sich angesichts der Vielgestaltigkeit der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen von selbst und bedarf keiner weiteren Darlegung. 39Dies vorausgeschickt vermochte und vermag dem Großmarkt der Beklagten der Charakter einer öffentlichen Einrichtung mit kulturellem, sozialem und traditionsbildendem Hintergrund nicht abgesprochen zu werden: Zunächst ist zu betonen, dass auch die Beklagte die (ihrer Auffassung nach ehemalige) Funktion als Einrichtung der Daseinsvorsorge ausweislich der maßgeblichen Beschlussvorlage (dort Seite 5 oben) und ihrer Ausführungen im Erörterungstermin – der Großmarkt sei vor fünfundachtzig Jahren eine Maßnahme der Stadthygiene und ein geordneter Rahmen für die Versorgung der Bevölkerung durch den deutlich regionalen Handel (auch in schwierigen Zeiten) gewesen – anerkennt. Dass die mehr als acht Jahrzehnte existierende öffentliche Einrichtung Großmarkt Düsseldorf in dieser Zeit einen gewissen Bedeutungswandel erfahren hat (und weiter erfährt) stellt die Kammer nicht in Frage; die Dimension dieses Bedeutungswandels bleibt jedoch unscharf, zumal auch die Beklagte im Erörterungstermin eingeräumt hat, dass der Großmarkt sicherlich immer noch einen Anteil „x“ habe. Wie sich dieser Anteil gerade angesichts der durch die Digitalisierung pp. eröffneten alternativen Möglichkeiten der Versorgung mit frischem Obst und Gemüse entwickelt hat, ist für die Kammer allerdings nicht nachvollziehbar. Die in der Beschlussvorlage AUS/051/2021 (dort erster Absatz auf Seite 5) aufgestellte Behauptung, die 33 Zuweisungsinhaber und 7 Mieter auf dem Großmarkt fielen gegenüber dem Großmarkt Venlo, den allein 159 Lebensmittelgroßhändlern mit eigener Lagerhaltung auf Düsseldorfer Stadtgebiet sowie den zahlreichen Agenturen nicht erheblich ins Gewicht, ist zwar numerisch beeindruckend, besagt über Höhe und Entwicklung des Großmarktanteils aber noch nichts Konkretes. Derartiges lässt sich auch dem von der Beklagten im Nachgang zum Erörterungstermin in Bezug genommenen – bei Beschlussfassung 2021 immerhin schon mehr als sechs Jahre alten – Gutachten des Instituts für I. (L. ) vom 11. Mai 2015 nicht entnehmen: Auf Seite 22 des Gutachtens (= Bl. 12 der Heftung 4 der „Ratsunterlagen“) heißt es zwar, dass der Großmarkt eher eine Einkaufsstätte für Gastronomen mit besonderer Frischeaffinität und kleine Unternehmungen sei; Kernzielgruppe seien die knapp 75.000 Restaurants mit Bedienung, die allerdings auch den Strukturwandel in der Gastronomie (mit einer rückläufigen Zahl bei stagnierenden Umsätzen) verspürten; diese Zahlen beziehen sich aber auf ganz Deutschland und lassen keinen Rückschluss auf die besonderen Düsseldorfer Verhältnisse mit ihrer „hochwertigen und vielfältigen Gastronomie“ sowie dem für seine Frische, Qualität und Vielfalt weit über die Landeshauptstadt hinaus bekannten (u. a. durch die Klägerin belieferten) Markt auf dem Carlsplatz zu. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass das neuerlich vorgebrachte Argument der Beklagten, ein erheblicher Anteil der Großmarktkunden stamme gar nicht aus Düsseldorf, sondern aus der näheren und weiteren Umgebung bis in das europäische Ausland, die Bedeutung des Großmarktes für die hiesige Gastro- und Marktkultur nicht zu schmälern vermag. Abgesehen davon liegt der Anteil der Düsseldorfer Lebensmittelkunden ausweislich des vorgenannten J1. -Gutachtens (dort Seite 50 = Bl. 11 der Heftung 4 der „Ratsunterlagen“) bei über 50 % bzw. mit Rheinland und Niederrhein sogar bei 75 %, während die Niederlande nur zu 1 % vertreten sind. Im Übrigen sei zur rechtlichen Bewertung dieses Arguments zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die einschlägigen Ausführungen am Ende des obigen Auszuges aus dem Beschluss der Kammer von November 2018 verwiesen. Ist der Großmarkt für die Versorgung gerade mit frischen Lebensmitteln – auch in Zeiten ohne Hungersnöte und Versorgungsengpässe – demnach immer noch von Bedeutung, so lässt er sich – trotz der sicherlich gegebenen Konkurrenzsituation – nicht zu einem (beliebigen) „reinen Handelsplatz“ degradieren.Der soziale Hintergrund vermag dem Großmarkt ebenfalls nicht abgesprochen zu werden, denn dieses Kriterium ist nicht auf die „Veranstaltung von Altennachmittagen, das Auftreten von Musikkapellen und das Bestehen von Kindernachmittagen“, 40vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2009 - 8 C 10.08 -, juris, Rn. 36, 41beschränkt. Abgesehen von den bereits in dem Beschluss von November 2018 genannten Aspekten fördert die in Rede stehende öffentliche Einrichtung durchaus auch die Kommunikation und den Kontakt der Gemeindebürgerinnen und -bürger untereinander. Dies gilt zunächst unmittelbar für das „muntere Feilschen“, 42vgl. Internetseite der Beklagten zum „Großmarkt Düsseldorf“ (heutiger Aufruf), 43des aus „Wiederverkäufern und Großverbrauchern“ bestehenden „Kundenstammes“ mit den „Händlern“ sowie für deren Gespräche über Frische und den Bezug zum Beispiel von tropisch-exotischen Köstlichkeiten, „für deren Angebot der Großmarkt bekannt ist“ und das „nicht bei Kiwis, Mangos oder Ananas aufhört“, sondern auch „Mangostan oder Rambutan oder Platarinas“ umfasst. 44Vgl. Internetseite der Beklagten zum „Großmarkt Düsseldorf“ (heutiger Aufruf). 45Die durch den Großmarkt geförderte Kommunikation reicht jedoch über den Kreis der Händlerinnen und Händler sowie der gewerblichen Großmarktkundinnen und -kunden hinaus, denn sie erfasst mittelbar auch die Gäste sowie Kundinnen und Kunden der zuletzt genannten Kategorie, namentlich der Gastronomie und der Marktbeschicker (insbesondere des Carlsplatzes); nach nicht nur einmaliger Beobachtung der Kammer ist die durch den Großmarkt vermittelte Frische und (auch exotische) Vielfalt insbesondere des Obst- und Gemüseangebotes dort (auch untereinander) durchaus ein Thema, bei dem gerade bei qualitätsbewussten Gästen sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern ein gewisser (traditionsbildender und das örtliche Zusammengehörigkeitsgefühl stärkender) Stolz mitschwingt. Das von der Beklagten gezeichnete Bild eines abgeschlossenen Geländes mit allein zutrittsberechtigten Händlerinnen und Händlern sowie gewerblichen Großmarktkundinnen und -kunden, die in der Nacht und am frühen Morgen unter weitgehendem Ausschuss der Gemeindebürgerinnen und -bürger handeln, mag zwar von der Beschreibung her zutreffend sein, lässt die gezogene Schlussfolgerung vor dem aufgezeigten Hintergrund jedoch nicht zu. 46Ist der Düsseldorfer Großmarkt (trotz Bedeutungswandels) auch im Beschlussjahr 2021 noch als die Kriterien des Bundesverwaltungsgerichts erfüllende traditionelle öffentliche Einrichtung der Daseinsvorsorge einzustufen, so kann die Geltung der Grundsätze des „Weihnachtsmarkturteils“ nach Auffassung der Kammer entgegen der Beklagten nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass vorliegend – anders als 2018 – keine Umstrukturierung, sondern eine Auflösung des Großmarktes in Rede steht. Denn ungeachtet des seinerzeitigen konkreten Falles – der Privatisierung des Offenbacher Weihnachtsmarktes – gilt die verpflichtende Zielrichtung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nach der Begründung der höchstrichterlichen Entscheidung auch für den Fall der mangelnden Fortführung, also auch für den „Auflösungsfall“. Soweit das schon seinerzeit von der Beklagten angeführte Verwaltungsgericht Augsburg in seinem Urteil vom 26. September 2011 47- Au 7 K 10.1951 -, juris, Rn. 73 ff., 48(bezüglich des seit mehr als einhundert Jahren veranstalteten Volksfestes der Stadt Neu-Ulm) zu einer abweichenden Auffassung gelangt, so vermag dies nicht zu überzeugen, 49vgl. Stepanek, a. a. O., S. 25 Fn. 49, 50weil die Aussage der dortigen Kammer den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts klar widerspricht, 51vgl. Sing, a. a. O, S. 247 mit dem zutreffenden Hinweis, die genaue Lektüre der Entscheidungsgründe (des „Weihnachtsmarkturteils“) ergebe, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung auch auf die Frage der gänzlichen Einstellung einer kommunalen Einrichtung angewendet sehen wollte, 52und auch der Hinweis des – die 1. Instanz bestätigenden – Berufungsgerichts, 53vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 21. Dezember 2012 - 4 ZB 11.2496 -, juris, Rn. 8, 54auf die mangelnde Vergleichbarkeit so nicht richtig ist. 55Vgl. Sing, a. a. O., S. 249 unter Berufung auf Schoch, der unter Verweis auf das Bundesverwaltungsgericht, das mehrfach von der Unzulässigkeit der „Entledigung“ von (…) Aufgaben spricht und nicht nur von der Unzulässigkeit materieller Privatisierungen, allein die Tatsache der Aufgabenentledigung für maßgeblich hält. 56Der Vollständigkeit halber sei angeführt, dass die vorstehende Bewertung der Augsburger Entscheidung nicht im Widerspruch zu den Ausführungen in dem Beschluss vom 27. November 2018 steht: Seinerzeit hat die Kammer lediglich betont, dass die Grundsätze zur Disponibilität gemeinwohlorientierter Handlungsspielräume in der vorliegenden Konstellation Geltung beanspruchten, weil es sich (bei der Umstrukturierung) um einen „Privatisierungsfall“ handele und es anders als bei dem Neu-Ulmer Sachverhalt nicht um einen „Auflösungsfall“ gehe; den Umkehrschluss hat sie hingegen (mangels jeglicher Veranlassung) nicht gezogen. 57Dies heißt aber nicht gleichsam automatisch, dass der hier in Rede stehende grundlegende Ratsbeschluss vom 1. Juli 2021 wegen Verstoßes gegen die aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG abgeleitete Aufgabenwahrnehmungspflicht mit höherrangigem Recht unvereinbar ist. Wenn dies der Fall wäre, also der Beklagten keinerlei Spielraum mehr verbliebe und sie die öffentliche Einrichtung Großmarkt bis „in alle Ewigkeit“ fortführen müsste, träfe die von ihr bemühte (zahlreiche) Kritik der Literatur, in der von „Versteinerung“ oder „Zementierung“ die Rede ist, 58vgl. nur den in dem Schriftsatz vom 28. Juni 2022 zitierten BeckOK Kommunalrecht NRW, Dietlein/Heusch, Systematische Einführung zum Kommunalrecht Deutschlands, Rn. 91 f. m. w. N., 59tatsächlich zu. Bei genauer Betrachtung hat der 8. Senat eine derartige ausnahmslose Aufgabenwahrnehmungspflicht allerdings nicht festgeschrieben: Wie in ihrer abwehrrechtlichen Dimension muss die Selbstverwaltungsgarantie vielmehr in ihrer verpflichtenden Zielrichtung der Abwägung mit anderen Belangen zugänglich sein, was das Bundesverwaltungsgericht selbst andeutet, indem es lediglich von der Pflicht der Gemeinde zur „grundsätzlichen“ Sicherung und Wahrung ihres Aufgabenbestandes spricht. 60Vgl. (offenbar unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2009 - 8 C 10.08 -, juris, Rn. 38) Stein, DVBl. 2010, S. 563, 569; Sing, a. a. O., S. 264 m. w. N. 61Jedoch ergibt sich bei einem „Rückzug“ der Kommune eine besondere Begründungspflicht. 62Vgl. Stein, a. a. O. 63Dieser Anforderung ist die Beklagte schon deshalb nicht gerecht geworden, weil sie die verpflichtende Zielrichtung der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG offenbar gar nicht als Ausgangspunkt und gewichtigen Belang in ihre Entscheidung eingestellt hat. Ihre Ausführungen in der Ratsvorlage AUS/051/2021 zeigen (trotz der Worte „Interessenabwägung“ und „Abwägung“ im Zusammenhang mit der „auskömmlichen Frist“ im zweiten Absatz auf deren Seite 5) ebenso wie ihre Schriftsätze in dem vorliegenden Verfahren (möglicherweise auch im Hinblick auf die angenommene Einschlägigkeit des Augsburger Urteils) vielmehr, dass man sich dieser verfassungsrechtlichen Dimension der getroffenen Entscheidung nicht (hinreichend) bewusst gewesen ist. Insbesondere der von der Beklagten (in dem Schriftsatz vom 28. Juni 2022) reklamierte „sehr weite Ermessensspielraum“ des Rates bei der Entscheidung über die Auflösung einer freiwilligen Einrichtung belegt dies eindrucksvoll. Aus Sicht des Rates ist das konsequent, zumal in der maßgeblichen Ratsvorlage trotz der auf deren Seite 3 oben referierten fortbestehenden – in dem vorliegenden Urteil bestätigten – Bewertung der Kammer ausweislich deren Seite 5 oben im ersten Absatz sinngemäß davon ausgegangen wird, dass es sich bei dem Großmarkt (wegen des angenommenen Verlustes der Funktion als Einrichtung der Daseinsvorsorge) nicht (mehr) um eine die Kriterien des „Weihnachtsmarkturteils“ erfüllende öffentliche Einrichtung handelt. 64Verstößt Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides nach alledem gegen höherrangiges Recht, so ist eine Auseinandersetzung mit den „einfachrechtlichen“ Argumenten der Klägerin entbehrlich, wobei die Kammer durchaus anmerkt, dass (bei unterstellter Einhaltung der verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) Gewichtiges für die Annahme jedenfalls eines ungeschriebenen Widerrufsgrundes und die Verhältnismäßigkeit der mehr als dreijährigen (Auflösungs- und) Widerrufsfrist spräche. 65Schließlich teilen die Ziffern 2 und 3 des angefochtenen Bescheides des Oberbürgermeisters der Beklagten unabhängig von der durch die Klägerin weiter aufgeworfenen vollstreckungsrechtlichen Frage deren rechtliches Schicksal. 66Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 167 Abs. 2 VwGO sowie 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 709 ZPO. 67Die Berufung war gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil die Rechtssache mindestens zwei Fragen aufwirft, die im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung bedürfen: An erster Stelle, ob die in dem „Weihnachtsmarkturteil“ des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Grundsätze nur für den „Privatisierungsfall“ – so offenbar das Verwaltungsgericht Augsburg und der dieses bestätigende Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den oben genannten Entscheidungen – oder auch für den „Auflösungsfall“ gelten; und bejahendenfalls an zweiter Stelle, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen sowie mit welchen Anforderungen die Auflösung einer öffentlichen Einrichtung im Sinne des „Weihnachtsmarkturteils“ (ausnahmsweise) verfassungsrechtlich zulässig ist.Eine Zulassung (auch) gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen Abweichens von dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. Juni 2017 - 15 B 664/17 -, juris, Rn. 7 ff., hält die Kammer nicht für geboten, weil der dortige Senat zwar die grundsätzliche – nur durch das Willkürverbot begrenzte – Entscheidungsfreiheit einer Gemeinde bei der Schaffung und Beibehaltung einer öffentlichen Einrichtung (dort einer von mehreren gemeindlichen Sportplätzen) betont, sich dabei aber nicht mit dem „Weihnachtsmarkturteil“ auseinandergesetzt hat. 68Rechtsmittelbelehrung: 69Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 70Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 71Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. 72Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). 73Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 74Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 75Beschluss 76Der Streitwert wird auf 30.000,00 Euro festgesetzt. 77Gründe: 78Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Sie ist wegen der vergleichbaren wirtschaftlichen Bedeutung an der obergerichtlichen gewerberechtlichen Streitwertpraxis, 79vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Oktober 2004 - 4 B 1637/04 -, GewArch 2005, 77, 80sowie an Ziff. 54.1 und 54.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 orientiert. Wie schon in den seinerzeitigen Klageverfahren 3 K 7996/15 und 3 K 7827/18 ist dort genannte Betrag (in Höhe von 15.000,00 Euro) wegen des besonderen Zuschnitts der Klägerin zu verdoppeln. 81Rechtsmittelbelehrung: 82Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 83Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 84Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 85Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro nicht übersteigt. 86Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 87War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | der bescheid des oberbürgermeisters der beklagten über den widerruf der zuweisung von großmarktflächen vom 16. november 2021 wird aufgehoben. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollsteckbar. die berufung wird zugelassen. 1 | 2die klägerin betreibt seit inzwischen mehreren jahrzehnten einen obst- und gemüsegroßhandel mit derzeit 28 mitarbeitern auf dem großmarkt der beklagten; die ware für die rund 280 kunden, darunter großkantinen, krankenhäuser, altenheime, catering, schulen und kindergärten, wird jede nacht bei den insgesamt etwa 30 zulieferbetrieben auf dem großmarkt frisch eingekauft und noch am selben tage ausgeliefert. 3nachdem die ursprünglichen zuweisungen von flächen in der halle 00 bzw. davor („halle 00x“) des großmarktes seitens des oberbürgermeisters der beklagten mit bescheid vom 17. november 2015 (aus gründen der hallenstatik sowie wegen der werksmodernisierung des benachbarten sprinterwerks der firma e. ag) widerrufen worden waren, erhielt die klägerin mit bescheid vom 6. april 2016 ersatzweise die standplätze nr. 00 bis 00 in der halle 0 des großmarktes neu zugewiesen; die seitens der klägerin angestrengten gerichtlichen verfahren (3 k 7996/15 und 3 l 49/16) wurden übereinstimmend für erledigt erklärt. 4zwecks neuausrichtung zu einem privat – ohne städtischen einfluss in eigenregie der großmarkthändlerinnen und großmarkthändler – geführten großmarkt (auf dem dann der städtischen tochtergesellschaft j. ag gehörenden großmarktgelände mit neu zu errichtenden großmarkthallen) beschloss der rat der beklagten am 12. juli 2018 die auflösung der öffentlichen einrichtung großmarkt (zum 31. dezember 2018). in umsetzung dieser entscheidung widerrief der oberbürgermeister der beklagten gegenüber der klägerin mit bescheid vom 17. september 2018 unter anordnung der sofortigen vollziehung die oben genannte zuweisung der sieben standplätze in halle 0 des großmarktes zum 31. dezember 2018. dem hiergegen von der klägerin seinerzeit gestellten antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes (3 l 2854/18) gab die kammer durch beschluss vom 27. november 2018 wegen mangelnder vereinbarkeit des widerrufes und des ihm zu grunde liegenden ratsbeschlusses mit höherrangigem recht in gestalt der durch das bundesverwaltungsgericht in seinem „weihnachtsmarkturteil“ vom 27. mai 2009 (8 c 10.08) zu art. 28 abs. 2 satz 1 gg erarbeiteten grundsätze statt. gegen diesen sowie gegen eine parallelentscheidung der kammer legte die beklagte keine rechtsmittel ein. vielmehr verfolgte sie das ziel eines zukunftsfähigen großmarktes in eigenregie der händlerinnen und händler in zahlreichen verhandlungsgesprächen zunächst weiter, verwarf es jedoch, als sich abzeichnete, dass eine lösung auf der basis eines breiten konsenses aussichtslos erschien. sie setzte den ratsbeschluss von 2018 nicht um, sondern hob die gerichtlich angegriffenen widerrufsbescheide im april 2021 allesamt auf; die zahlreichen klageverfahren wurden einschließlich des der klägerin (3 k 7827/18) übereinstimmend für erledigt erklärt. 5im folgenden prüfte die beklagte die optionen „fortführung der öffentlichen einrichtung großmarkt“ und „auflösung der öffentlichen einrichtung großmarkt“ (ohne möglichkeit der weiterführung durch die großmarkthändlerinnen und -händler in eigenregie im anschluss an die auflösung). am 1. juli 2021 entschied sich der rat der beklagten für die zweite option und beschloss die auflösung der öffentlichen einrichtung großmarkt zum 31. dezember 2024. zur begründung wurde in der beschlussvorlage (xxx/000/2021) insbesondere die ineffiziente struktur auf dem großmarktgelände, die nicht mehr heutigen maßstäben der flächennutzung entspreche, ein enormer investitionsbedarf bzw. hoher sanierungsaufwand und ein hohes defizit angeführt; ferner sei mit einzubeziehen, dass das großmarktgelände als eine der wenigen großen, zusammenhängen und attraktiven flächen im stadtgebiet einer neuen und sinnvolleren nutzung zugeführt werden solle. der großmarkt sei für die versorgung der düsseldorfer bürgerinnen und bürger auch nicht unabdingbar, denn seine funktion als einrichtung der daseinsvorsorge habe er längst verloren. in umsetzung dieses ratsbeschlusses widerrief der oberbürgermeister der beklagten mit bescheid vom 16. november 2021 die zuweisungen für die stände nr. 00 bis 00 in der halle 0 des großmarktes zum 31. dezember 2024 (ziffer 1), ordnete die räumung und saubere zur-verfügung-stellung der flächen zu diesem zeitpunkt (ziffer 2) und drohte widrigenfalls die durchführung im wege der ersatzvornahme bei vorläufig veranschlagten kosten in höhe von 3.000,00 euro (ziffer 3) an. sie stützte den widerruf auf § 49 abs. 2 nr. 1 vwvfg nrw: § 6 abs. 4 großmarktsatzung (gms) lasse den widerruf aus sachlich gerechtfertigtem grund zu; ebenso sei in der zuweisung ein widerruf vorbehalten. 6gegen den bescheid vom 16. november 2021 hat die klägerin am 22. november 2021 klage erhoben. 7zu deren begründung führt sie im wesentlichen an, dass es an einem „sachlich gerechtfertigten grund“ im sinne von § 6 abs. 4 gms fehle, weil die vorschrift nur „bauliche änderungen“ zu gunsten der öffentlichen einrichtung großmarkt, nicht aber baumaßnahmen privater erfasse, zu deren umsetzung die öffentliche einrichtung aufgelöst werden müsse.überdies sei die entscheidung, den großmarkt als öffentliche einrichtung zum 31. dezember 2024 aufzulösen, mit höherrangigem recht nicht vereinbar. erneut habe die beklagte insoweit das in art. 28 abs. 2 gg wurzelnde gebot der sicherung und wahrung des aufgabenbestandes der gemeinden missachtet. das „weihnachtsmarkturteil“ des bundesverwaltungsgerichts gelte nicht nur für die materielle privatisierung öffentlicher einrichtungen, sondern erst recht für deren vollständige auflösung, wie sie die beklagte hier verfolge. auch seien nicht nur einrichtungen erfasst, die – kumulativ – sozial, kulturell oder traditionell geprägt seien, sondern es genüge zur anerkennung einer grundsätzlichen aufgabenwahrnehmungspflicht, wenn die von der gemeinde geschaffene öffentliche einrichtung – alternativ – sozial, kulturell oder traditionell geprägt sei. dass es sich bei dem großmarkt düsseldorf um eine derartige öffentliche einrichtung im sinne des „weihnachtsmarkturteils“ und eben nicht um eine ausschließlich wirtschaftliche betätigung der beklagten handele, habe die kammer im november 2018 völlig zu recht festgestellt; maßgebliche änderungen hätten sich in den jahren danach nicht ergeben. zudem habe die beklagte im rahmen ihrer auflösungsentscheidung die berechtigten interessen der händler und marktbeschicker völlig außer acht gelassen.jedenfalls sei der widerruf – noch dazu innerhalb einer so kurz bemessenen frist – ermessensfehlerhaft, weil dessen existenzbedrohende wirkung für die klägerin nicht hinreichend berücksichtigt worden sei.könne der widerruf mithin offensichtlich keinen bestand haben, so gelte dies auch für die räumungsanordnung, zumal die voraussetzungen des § 6 abs. 5 gms nicht erfüllt seien. die androhung der ersatzvornahme sei schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil ihr – der klägerin – nicht nur vertretbare handlungen aufgegeben worden seien. 8die klägerin beantragt, 9den bescheid des oberbürgermeisters der beklagten über den widerruf der zuweisung von großmarktflächen vom 16. november 2021 aufzuheben. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12sie verteidigt die entscheidung ihres rates vom 1. juli 2021 und den diese umsetzenden widerrufsbescheid ihres oberbürgermeisters:die argumentation der klägerin zu § 6 abs. 4 gms sei ein zirkelschluss, denn in der dortigen nummer 2 stünden die öffentlichen zwecke sprachlich dem großmarkt gegenüber und sollten ihn ersetzen und nicht ihm dienen. das in dem ratsbeschluss dargestellte ziel, das großmarktgelände neuen planungen zugänglich zu machen, stelle sich als vorhaben der stadtentwicklung und damit eindeutig als öffentlicher zweck dar. hilfsweise werde darauf hingewiesen, dass die aufzählung in § 6 abs. 4 gms nicht abschließend sei und die auflösung des großmarktes jedenfalls einen ungeschriebenen widerrufsgrund darstelle.das „weihnachtsmarkturteil“ stehe dem ratsbeschluss zur auflösung sowie dem streitgegenständlichen widerrufsbescheid nicht entgegen. der großmarkt sei keine öffentliche einrichtung mit kulturellem, sozialem und traditionsbildendem hintergrund im sinne der höchstrichterlichen entscheidung. hinsichtlich der umschreibungen des bundesverwaltungsgerichts „gemeinschaftsbezogene gemeinwohlbelange“, das „örtliche zusammengehörigkeitsgefühl unter den gemeindebürgern“ und die „förderung der kontakte der gemeindebürger untereinander“ sei vielmehr zu betonen, dass dem großmarkt eine solche funktion nicht zukomme. dieser sei ein abgeschlossenes gelände, zu dem allein zugelassene händlerinnen und händler sowie gewerbliche großmarktkundinnen und -kunden zutritt erhielten. der handel beginne nach mitternacht und ende in den frühen morgenstunden. der großmarktbetrieb finde damit unter weitgehendem ausschluss der gemeindebürgerinnen und -bürger statt und besitze damit weder kulturelle, soziale oder traditionsbildende funktion für die örtliche gemeinschaft, noch diene er in irgendeiner weise der förderung der kontakte der gemeindebürger untereinander oder stelle sich als sozial und kulturell prägend dar. er stelle, auch im sinne des § 107 go nrw, eine wirtschaftliche betätigung der gemeinde dar, in dem er allein als markt und damit als ort des warenaustauschs diene. die bedeutung des großmarktes habe sich gewandelt: er habe sich von der daseinsvorsorgeeinrichtung zu einem reinen handelsplatz entwickelt, der in konkurrenz zur vielzahl anderer anbieter stehe. nicht zuletzt als folge der digitalisierung sei die ortsnähe für die versorgung der örtlichen bevölkerung nicht mehr notwendig. hinzu komme, dass ein erheblicher anteil der großmarktkunden gar nicht aus düsseldorf, sondern aus der näheren und weiteren umgebung stamme. gerade wegen dieser mit einer rückläufigen nachfrage einhergehenden entwicklung hätten diverse händler selbst die umstrukturierung des großmarktes gewollt. die anwendung der im „weihnachtsmarkturteil“ entwickelten grundsätze scheitere überdies an einer fehlenden fortführung des großmarktes. die von diesem als unzulässig erachtete konstellation einer materiellen privatisierung liege gerade nicht vor. die sorge des gerichts gelte einer aus seiner sicht potentiell schädlichen kommerzialisierung der öffentlichen einrichtung, nicht hingegen deren reinem fortbestand. in diesem zusammenhang sei das urteil des verwaltungsgerichts augsburg vom 26. september 2011 (au 7 k 10.1951) zu nennen, mit dem sich die kammer auch in ihrem beschluss von november 2018 befasst habe. die rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts müsse auch so einschränkend verstanden und könne auf keinen fall auch auf andere konstellationen wie die ersatzlose auflösung einer öffentlichen einrichtung erweitert werden. die kritischen literaturstimmen zeigten, dass die vom senat erkannte figur der selbstverwaltungspflicht nur in sehr engen grenzen angewendet werden könne. das von der klägerin nahegelegte verständnis würde die pervertierung des selbstverwaltungsrechts bedeuten. denn die verwaltung der gemeinde richte sich allein nach dem willen der bürgerschaft, die wiederum durch den demokratisch gewählten rat vertreten werde. soweit also keine schutzwürdigen individualrechtspositionen der auflösung der freiwilligen öffentlichen einrichtung großmarkt entgegenstünden, sei nicht ersichtlich, warum eine andere instanz als ebendieser rat, seien es händlerinnen und händler, ein gericht oder eine staatliche stelle, über diese auflösung entscheiden und sie – die beklagte – damit entgegen dem willen der bürgerschaft auf ewig an den betrieb des großmarktes binden solle. auch sei keine verdichtung von einer freiwilligen zu einer pflichtigen einrichtung erfolgt, zumal die grundversorgung der bevölkerung auch nach schließung des großmarktes nicht gefährdet sei, wie ein blick in die umliegenden städte zeige, welche keine kommunalen großmärkte bereithielten und deren bevölkerung gleichwohl keinen hunger leiden müsse. ermessensfehler hafteten weder dem ratsbeschluss noch dem streitgegenständlichen widerrufsbescheid an. denn die interessen der wirtschaftlich tätigen händlerinnen und händler seien jeweils in die abwägung eingestellt worden. dem rat komme bei der entscheidung über die auflösung einer freiwilligen einrichtung ein sehr weiter ermessensspielraum zu. es gebe weder ein schutzwürdiges vertrauen in den fortbestand des großmarktes noch einen individuellen vertrauensschutz im hinblick auf investitionen in den aus- oder umbau des standes. schließlich zeige auch ein vergleich mit zivilrechtlichen gewerbemietverhältnissen und der dort üblichen kündigungsfrist von maximal 12 monaten, dass die widerrufsfrist keinesfalls als unverhältnismäßig eingestuft werden könne. 13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakte – insbesondere auch auf das protokoll des am 16. august 2022 durchgeführten erörterungstermins – nebst der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten (einschließlich der „ratsunterlagen“) bezug genommen. 14 | 15die kammer konnte ohne mündliche verhandlung durch den (vorsitzenden als) berichterstatter entscheiden, weil die beteiligten sich in dem oben genannten erörterungstermin jeweils hiermit (gemäß §§ 101 abs. 2, 87a abs. 2 und 3 vwgo) einverstanden erklärt haben. 16die klage hat erfolg. 17sie ist als anfechtungsklage im sinne des § 42 abs. 1 alt. 1 vwgo zulässig und auch begründet; der bescheid des oberbürgermeisters der beklagten über den widerruf der zuweisung von großmarktflächen vom 16. november 2021 ist rechtwidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 18der in ziffer 1. des angegriffenen – zugleich den maßgeblichen entscheidungszeitpunkt markierenden – bescheides vorgenannten datums enthaltene widerruf der zuweisung von sieben standplätzen in halle 8 des großmarktes ist – ebenso wie der diesem zu grunde liegende beschluss des rates der landeshauptstadt düsseldorf vom 1. juli 2021 über die auflösung der öffentlichen einrichtung großmarkt (zum 31. dezember 2024) – mit höherrangigem recht nicht vereinbar. 19wie bereits 2018 bei der umstrukturierungsentscheidung liegt bei der nunmehrigen auflösungsentscheidung wiederum ein verstoß gegen die aus der garantie der kommunalen selbstverwaltung (art. 28 abs. 2 satz 1 gg) abgeleiteten grundsätze vor, die das bundesverwaltungsgericht in seinem sogenannten „weihnachtsmarkturteil“ (vom 27. mai 2009 - 8 c 10.08 -, juris) aufgestellt hat. demnach sind die gemeinden durch die selbstverwaltungsgarantie nicht nur vor staatlichen eingriffen in ihren aufgabenbereich geschützt, sondern aus der verfassungsnorm folgt auch eine bindung der gemeinden in bezug auf die aufrechterhaltung ihres aufgabenbestandes, wenn dieser in den angelegenheiten der örtlichen gemeinschaft wurzelt. 20bei dem großmarkt der beklagten handelt es sich um eine „öffentliche einrichtung mit kulturellem, sozialem und traditionsbildendem hintergrund“ im sinne der vorgenannten höchstrichterlichen entscheidung und nicht um eine primär wirtschaftliche betätigung, bei der „eine verfassungsrechtliche aufgabenverpflichtung der gemeinden bereits tatbestandlich ausscheiden“ soll. 21vgl. stepanek, diss. würzburg 2013, verfassungsunmittelbare pflichtaufgaben der gemeinden, berlin 2014, s. 22 f. 22hierzu hat die kammer bereits in ihrem beschluss vom 27. november 2018 in dem vorläufigen rechtsschutzverfahren selbigen rubrums folgendes ausgeführt: 23„(…) denn bei dem seit 1936 existierenden großmarkt der antragsgegnerin (vgl. die auf §§ 69 rgewo und 58 abs. b polvwg pr gestützte marktordnung vom 15. juni 1936) handelt es sich nach der bisherigen konzeption um eine kommunale öffentliche einrichtung im sinne von § 8 go nrw (vgl. auch § 1 der großmarktsatzung). bereits in ihrer widerrufsverfügung (…) weist die antragsgegnerin zutreffend darauf hin, dass es sich bei einem großmarkt – anders als beispielsweise bei schulen und friedhöfen – nicht um eine pflichtaufgabe handelt, d. h. eine kommune eine derartige öffentliche einrichtung „zur wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen betreuung ihrer einwohner“ im sinne von § 8 abs. 1 go nrw nicht schaffen muss. entgegen der (bereits in der widerrufsverfügung) zum ausdruck gebrachten annahme der antragsgegnerin folgt hieraus aber nicht, dass eine gemeinde (unbeschränkt) über die abschaffung bzw. privatisierung eines großmarktes entscheiden kann. vielmehr sind dabei die aus der bundesverfassungsrechtlichen garantie der kommunalen selbstverwaltung (art. 28 abs. 2 satz 1 gg) abgeleiteten grundsätze zu beachten, die das bundesverwaltungsgericht in seinem sogenannten „weihnachtsmarkturteil“ aufgestellt hat. nach dieser entscheidung steht es nicht im freien ermessen der gemeinde, „freie selbstverwaltungsangelegenheiten“ zu übernehmen oder sich auch jeder zeit wieder dieser aufgaben zu entledigen. gehören aufgaben zu den angelegenheiten des örtlichen wirkungskreises, so darf sich die gemeinde im interesse einer wirksamen wahrnehmung dieses örtlichen wirkungskreises, der ausschließlich der gemeinde, letztlich zum wohle der gemeindeangehörigen, anvertraut ist, nicht ihrer gemeinwohlorientierten handlungsspielräume begeben. der gemeinde steht es damit nicht grundsätzlich zu, sich ohne weiteres der angelegenheiten der örtlichen gemeinschaft zu entledigen. andernfalls hätten es die gemeinden selbst in der hand, den inhalt der kommunalen selbstverwaltung durch abstoßen oder nichtwahrnehmung ihrer ureigenen aufgaben auszuhöhlen. um ein unterlaufen des ihr anvertrauten aufgabenbereichs zu verhindern, muss sich die gemeinde grundsätzlich zumindest einwirkungs- und steuerungsmöglichkeiten vorbehalten, wenn sie die angelegenheiten des örtlichen wirkungskreises anderen übertragen will. sie kann sich damit nicht ihres genuinen verantwortungsbereichs für die wahrnehmung ihrer angelegenheiten des örtlichen wirkungskreises entziehen. will sie dritte bei der verwaltung bestimmter bereiche ihres eigenen aufgabenbereichs einschalten, die gerade das zusammenleben und zusammenwohnen der menschen in der politischen gemeinschaft betreffen, so muss sie ihren einflussbereich über die entscheidung etwa über die zulassung im grundsatz behalten. der gemeinde ist es verwehrt, gewissermaßen den inhalt der selbstverwaltungsaufgaben selbst zu beschneiden oder an dritte abzugeben. 24vgl. bverwg, urteil vom 27. mai 2009 - 8 c 10.08 -, juris, rn. 29. 25(…) 26die geltung der im „weihnachtsmarkturteil“ aufgestellten grundsätze kann entgegen der ausführungen in der angegriffenen widerrufsverfügung (…) und der argumentation der antragsgegnerin in dem vorliegenden verfahren (…) auch nicht unter verweis auf die „wirtschaftliche funktion“, die „rein wirtschaftlichen belange“, die „vorrangige wirtschaftliche betätigung“ bzw. die „subsidiaritätsklausel des § 107 abs. 1 go nrw“ in abrede gestellt werden. denn das bundesverwaltungsgericht hat in seiner entscheidung deutlich gemacht, dass die pflicht der gemeindlichen wahrung und sicherung ihres eigenen aufgabenbestandes für öffentliche einrichtungen mit kulturellem, sozialen und traditionsbildenden hintergrund gilt, die schon lange zeit in der bisherigen kommunalen alleinverantwortung lagen. nur wenn es allein um eine wirtschaftliche betätigung der gemeinde geht, bei der von vornherein zweifelhaft sein kann, ob es sich um eine angelegenheit der örtlichen gemeinschaft handelt, die das zusammenleben und zusammenwohnen der menschen in der politischen gemeinschaft betrifft, so ist die frage einer pflicht der gemeindlichen wahrung und sicherung ihres eigenen aufgabenbestandes nach auffassung des 8. senats anders zu beantworten. 27vgl. bverwg, urteil vom 27. mai 2009 - 8 c 10.08 -, juris, rn. 30. 28bei dem großmarkt düsseldorf handelt es sich nicht um eine derartige allein wirtschaftliche betätigung, sondern um eine angelegenheit der örtlichen gemeinschaft im sinne von art. 28 abs. 2 satz 1 gg. dies sind nach dem „rastede-beschluss“ des bundesverfassungsgerichts diejenigen bedürfnisse und interessen, die in der örtlichen gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen bezug haben, die also den gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das zusammenleben und zusammenwohnen der menschen in der (politischen) gemeinde betreffen; auf die verwaltungskraft der gemeinde kommt es hierfür nicht an. 29vgl. bverfg, beschluss vom 23. november 1988 - 2 bvr 1619/83 u. a. -, juris, ls. 4 und rn. 59. 30die antragstellerin hat hierzu in ihrer antragsbegründung überzeugend ausgeführt, dass die antragsgegnerin mit dem großmarkt ihre hoheitliche aufgabe erfülle, die versorgung der bevölkerung und örtlichen unternehmen mit hochwertigen, gesunden und frischen lebensmitteln (vorrangig obst und gemüse) sicherzustellen und darüber hinaus düsseldorf als attraktiven standort für den handel, das handwerk, die produktion und den gastronomiebedarf zu stärken. der großmarkt führe erzeuger, großhandel und mittelständischen lebensmitteleinzelhandel sowie die gastronomie und die wochenmarktbeschicker zum vorteil der verbraucher regional zusammen und gewährleiste darüber hinaus eine transparente preisgestaltung. es handele sich mithin um eine einrichtung mit stark sozial geprägtem hintergrund im rahmen der kommunalen daseinsvorsorge. dieser bewertung ist beizupflichten. hinzu kommt der vom bundesverwaltungsgericht betonte gesichtspunkt der „traditionellen prägung“. 31vgl. bverwg, urteil vom 27. mai 2009 - 8 c 10.08 -, juris, rn. 31. 32denn immerhin gehört der großmarkt seit über achtzig jahren zum aufgabenbestand der (jetzigen) landeshauptstadt, die sich gern ihrer hochwertigen und vielfältigen gastronomie rühmt. der versuch der antragsgegnerin, den großmarkt unter hinweis auf den bedeutungswandel zu einem rein wirtschaftlichen belang herabzustufen, verfängt nicht, zumal das von ihr zum beleg herangezogene (recht aktuelle) gutachten der firma belius (…) die bedeutung der großmärkte auch als versorgungsfaktor (und nicht nur als wirtschaftsfaktor) als ergebnis festhält. dass nicht nur die düsseldorfer gastronomie, sondern auch die über die stadtgrenze hinaus seitens des großmarktes beliefert wird, deckt sich mit dem befund der überregionalen bedeutung der großmärkte in dem vorgenannten gutachten und unterstreicht den immensen – einer einrichtung des messe- und ausstellungswesens im sinne von § 107 abs. 2 satz 1 nr. 4 go nrw ähnlichen – standortfaktor, entkoppelt diese einrichtung aber nicht von der örtlichen gemeinschaft.“ 33an dieser für den seinerzeitigen zeitpunkt im dritten quartal des jahres 2018 vorgenommenen einstufung hält die kammer ungeachtet vereinzelter kritik in der rechtsprechung, 34vgl. den stark von hauptstädtischem impetus getragenen beschluss des vg berlin vom 17. juni 2020 - 4 l 171/20 -, juris, rn. 24, 35und insbesondere auch angesichts des vorbringens der beklagten für den jetzt maßgeblichen zeitpunkt im zweiten halbjahr des jahres 2021 (und darüber hinaus bis zum aktuellen datum) fest. 36entgegen der von der klägerin in ihrem jüngsten schriftsatz geäußerten auffassung geht sie – die kammer – dabei davon aus, dass die vom bundesverwaltungsgericht in dem „weihnachtsmarkturteil“ formulierte verfassungsrechtliche aufgabenverpflichtung der gemeinden (nur) für solche öffentliche einrichtungen gilt, die kumulativ einen kulturellen, sozialen und traditionsbildenden hintergrund aufweisen. 37vgl. sing, diss. würzburg 2018, zulässigkeit der privatisierung öffentlicher einrichtungen mit kulturellem, sozialem und traditionsbildendem hintergrund am beispiel der privatisierung eines weihnachtsmarktes, münchen 2019, s. 226 und 265. 38dass die genannten merkmale jeweils nicht im sinne einer mathematisierenden betrachtungsweise zu gleichen „anteilen“ erfüllt sein müssen, versteht sich angesichts der vielgestaltigkeit der gemeindlichen öffentlichen einrichtungen von selbst und bedarf keiner weiteren darlegung. 39dies vorausgeschickt vermochte und vermag dem großmarkt der beklagten der charakter einer öffentlichen einrichtung mit kulturellem, sozialem und traditionsbildendem hintergrund nicht abgesprochen zu werden: zunächst ist zu betonen, dass auch die beklagte die (ihrer auffassung nach ehemalige) funktion als einrichtung der daseinsvorsorge ausweislich der maßgeblichen beschlussvorlage (dort seite 5 oben) und ihrer ausführungen im erörterungstermin – der großmarkt sei vor fünfundachtzig jahren eine maßnahme der stadthygiene und ein geordneter rahmen für die versorgung der bevölkerung durch den deutlich regionalen handel (auch in schwierigen zeiten) gewesen – anerkennt. dass die mehr als acht jahrzehnte existierende öffentliche einrichtung großmarkt düsseldorf in dieser zeit einen gewissen bedeutungswandel erfahren hat (und weiter erfährt) stellt die kammer nicht in frage; die dimension dieses bedeutungswandels bleibt jedoch unscharf, zumal auch die beklagte im erörterungstermin eingeräumt hat, dass der großmarkt sicherlich immer noch einen anteil „x“ habe. wie sich dieser anteil gerade angesichts der durch die digitalisierung pp. eröffneten alternativen möglichkeiten der versorgung mit frischem obst und gemüse entwickelt hat, ist für die kammer allerdings nicht nachvollziehbar. die in der beschlussvorlage aus/051/2021 (dort erster absatz auf seite 5) aufgestellte behauptung, die 33 zuweisungsinhaber und 7 mieter auf dem großmarkt fielen gegenüber dem großmarkt venlo, den allein 159 lebensmittelgroßhändlern mit eigener lagerhaltung auf düsseldorfer stadtgebiet sowie den zahlreichen agenturen nicht erheblich ins gewicht, ist zwar numerisch beeindruckend, besagt über höhe und entwicklung des großmarktanteils aber noch nichts konkretes. derartiges lässt sich auch dem von der beklagten im nachgang zum erörterungstermin in bezug genommenen – bei beschlussfassung 2021 immerhin schon mehr als sechs jahre alten – gutachten des instituts für i. (l. ) vom 11. mai 2015 nicht entnehmen: auf seite 22 des gutachtens (= bl. 12 der heftung 4 der „ratsunterlagen“) heißt es zwar, dass der großmarkt eher eine einkaufsstätte für gastronomen mit besonderer frischeaffinität und kleine unternehmungen sei; kernzielgruppe seien die knapp 75.000 restaurants mit bedienung, die allerdings auch den strukturwandel in der gastronomie (mit einer rückläufigen zahl bei stagnierenden umsätzen) verspürten; diese zahlen beziehen sich aber auf ganz deutschland und lassen keinen rückschluss auf die besonderen düsseldorfer verhältnisse mit ihrer „hochwertigen und vielfältigen gastronomie“ sowie dem für seine frische, qualität und vielfalt weit über die landeshauptstadt hinaus bekannten (u. a. durch die klägerin belieferten) markt auf dem carlsplatz zu. in diesem zusammenhang ist zu betonen, dass das neuerlich vorgebrachte argument der beklagten, ein erheblicher anteil der großmarktkunden stamme gar nicht aus düsseldorf, sondern aus der näheren und weiteren umgebung bis in das europäische ausland, die bedeutung des großmarktes für die hiesige gastro- und marktkultur nicht zu schmälern vermag. abgesehen davon liegt der anteil der düsseldorfer lebensmittelkunden ausweislich des vorgenannten j1. -gutachtens (dort seite 50 = bl. 11 der heftung 4 der „ratsunterlagen“) bei über 50 % bzw. mit rheinland und niederrhein sogar bei 75 %, während die niederlande nur zu 1 % vertreten sind. im übrigen sei zur rechtlichen bewertung dieses arguments zwecks vermeidung von wiederholungen auf die einschlägigen ausführungen am ende des obigen auszuges aus dem beschluss der kammer von november 2018 verwiesen. ist der großmarkt für die versorgung gerade mit frischen lebensmitteln – auch in zeiten ohne hungersnöte und versorgungsengpässe – demnach immer noch von bedeutung, so lässt er sich – trotz der sicherlich gegebenen konkurrenzsituation – nicht zu einem (beliebigen) „reinen handelsplatz“ degradieren.der soziale hintergrund vermag dem großmarkt ebenfalls nicht abgesprochen zu werden, denn dieses kriterium ist nicht auf die „veranstaltung von altennachmittagen, das auftreten von musikkapellen und das bestehen von kindernachmittagen“, 40vgl. bverwg, urteil vom 27. mai 2009 - 8 c 10.08 -, juris, rn. 36, 41beschränkt. abgesehen von den bereits in dem beschluss von november 2018 genannten aspekten fördert die in rede stehende öffentliche einrichtung durchaus auch die kommunikation und den kontakt der gemeindebürgerinnen und -bürger untereinander. dies gilt zunächst unmittelbar für das „muntere feilschen“, 42vgl. internetseite der beklagten zum „großmarkt düsseldorf“ (heutiger aufruf), 43des aus „wiederverkäufern und großverbrauchern“ bestehenden „kundenstammes“ mit den „händlern“ sowie für deren gespräche über frische und den bezug zum beispiel von tropisch-exotischen köstlichkeiten, „für deren angebot der großmarkt bekannt ist“ und das „nicht bei kiwis, mangos oder ananas aufhört“, sondern auch „mangostan oder rambutan oder platarinas“ umfasst. 44vgl. internetseite der beklagten zum „großmarkt düsseldorf“ (heutiger aufruf). 45die durch den großmarkt geförderte kommunikation reicht jedoch über den kreis der händlerinnen und händler sowie der gewerblichen großmarktkundinnen und -kunden hinaus, denn sie erfasst mittelbar auch die gäste sowie kundinnen und kunden der zuletzt genannten kategorie, namentlich der gastronomie und der marktbeschicker (insbesondere des carlsplatzes); nach nicht nur einmaliger beobachtung der kammer ist die durch den großmarkt vermittelte frische und (auch exotische) vielfalt insbesondere des obst- und gemüseangebotes dort (auch untereinander) durchaus ein thema, bei dem gerade bei qualitätsbewussten gästen sowie verbraucherinnen und verbrauchern ein gewisser (traditionsbildender und das örtliche zusammengehörigkeitsgefühl stärkender) stolz mitschwingt. das von der beklagten gezeichnete bild eines abgeschlossenen geländes mit allein zutrittsberechtigten händlerinnen und händlern sowie gewerblichen großmarktkundinnen und -kunden, die in der nacht und am frühen morgen unter weitgehendem ausschuss der gemeindebürgerinnen und -bürger handeln, mag zwar von der beschreibung her zutreffend sein, lässt die gezogene schlussfolgerung vor dem aufgezeigten hintergrund jedoch nicht zu. 46ist der düsseldorfer großmarkt (trotz bedeutungswandels) auch im beschlussjahr 2021 noch als die kriterien des bundesverwaltungsgerichts erfüllende traditionelle öffentliche einrichtung der daseinsvorsorge einzustufen, so kann die geltung der grundsätze des „weihnachtsmarkturteils“ nach auffassung der kammer entgegen der beklagten nicht dadurch in frage gestellt werden, dass vorliegend – anders als 2018 – keine umstrukturierung, sondern eine auflösung des großmarktes in rede steht. denn ungeachtet des seinerzeitigen konkreten falles – der privatisierung des offenbacher weihnachtsmarktes – gilt die verpflichtende zielrichtung des art. 28 abs. 2 satz 1 gg nach der begründung der höchstrichterlichen entscheidung auch für den fall der mangelnden fortführung, also auch für den „auflösungsfall“. soweit das schon seinerzeit von der beklagten angeführte verwaltungsgericht augsburg in seinem urteil vom 26. september 2011 47- au 7 k 10.1951 -, juris, rn. 73 ff., 48(bezüglich des seit mehr als einhundert jahren veranstalteten volksfestes der stadt neu-ulm) zu einer abweichenden auffassung gelangt, so vermag dies nicht zu überzeugen, 49vgl. stepanek, a. a. o., s. 25 fn. 49, 50weil die aussage der dortigen kammer den vorgaben des bundesverwaltungsgerichts klar widerspricht, 51vgl. sing, a. a. o, s. 247 mit dem zutreffenden hinweis, die genaue lektüre der entscheidungsgründe (des „weihnachtsmarkturteils“) ergebe, dass das bundesverwaltungsgericht seine rechtsprechung auch auf die frage der gänzlichen einstellung einer kommunalen einrichtung angewendet sehen wollte, 52und auch der hinweis des – die 1. instanz bestätigenden – berufungsgerichts, 53vgl. bayerischer verwaltungsgerichtshof, beschluss vom 21. dezember 2012 - 4 zb 11.2496 -, juris, rn. 8, 54auf die mangelnde vergleichbarkeit so nicht richtig ist. 55vgl. sing, a. a. o., s. 249 unter berufung auf schoch, der unter verweis auf das bundesverwaltungsgericht, das mehrfach von der unzulässigkeit der „entledigung“ von (…) aufgaben spricht und nicht nur von der unzulässigkeit materieller privatisierungen, allein die tatsache der aufgabenentledigung für maßgeblich hält. 56der vollständigkeit halber sei angeführt, dass die vorstehende bewertung der augsburger entscheidung nicht im widerspruch zu den ausführungen in dem beschluss vom 27. november 2018 steht: seinerzeit hat die kammer lediglich betont, dass die grundsätze zur disponibilität gemeinwohlorientierter handlungsspielräume in der vorliegenden konstellation geltung beanspruchten, weil es sich (bei der umstrukturierung) um einen „privatisierungsfall“ handele und es anders als bei dem neu-ulmer sachverhalt nicht um einen „auflösungsfall“ gehe; den umkehrschluss hat sie hingegen (mangels jeglicher veranlassung) nicht gezogen. 57dies heißt aber nicht gleichsam automatisch, dass der hier in rede stehende grundlegende ratsbeschluss vom 1. juli 2021 wegen verstoßes gegen die aus art. 28 abs. 2 satz 1 gg abgeleitete aufgabenwahrnehmungspflicht mit höherrangigem recht unvereinbar ist. wenn dies der fall wäre, also der beklagten keinerlei spielraum mehr verbliebe und sie die öffentliche einrichtung großmarkt bis „in alle ewigkeit“ fortführen müsste, träfe die von ihr bemühte (zahlreiche) kritik der literatur, in der von „versteinerung“ oder „zementierung“ die rede ist, 58vgl. nur den in dem schriftsatz vom 28. juni 2022 zitierten beckok kommunalrecht nrw, dietlein/heusch, systematische einführung zum kommunalrecht deutschlands, rn. 91 f. m. w. n., 59tatsächlich zu. bei genauer betrachtung hat der 8. senat eine derartige ausnahmslose aufgabenwahrnehmungspflicht allerdings nicht festgeschrieben: wie in ihrer abwehrrechtlichen dimension muss die selbstverwaltungsgarantie vielmehr in ihrer verpflichtenden zielrichtung der abwägung mit anderen belangen zugänglich sein, was das bundesverwaltungsgericht selbst andeutet, indem es lediglich von der pflicht der gemeinde zur „grundsätzlichen“ sicherung und wahrung ihres aufgabenbestandes spricht. 60vgl. (offenbar unter bezugnahme auf bverwg, urteil vom 27. mai 2009 - 8 c 10.08 -, juris, rn. 38) stein, dvbl. 2010, s. 563, 569; sing, a. a. o., s. 264 m. w. n. 61jedoch ergibt sich bei einem „rückzug“ der kommune eine besondere begründungspflicht. 62vgl. stein, a. a. o. 63dieser anforderung ist die beklagte schon deshalb nicht gerecht geworden, weil sie die verpflichtende zielrichtung der selbstverwaltungsgarantie des art. 28 abs. 2 satz 1 gg offenbar gar nicht als ausgangspunkt und gewichtigen belang in ihre entscheidung eingestellt hat. ihre ausführungen in der ratsvorlage aus/051/2021 zeigen (trotz der worte „interessenabwägung“ und „abwägung“ im zusammenhang mit der „auskömmlichen frist“ im zweiten absatz auf deren seite 5) ebenso wie ihre schriftsätze in dem vorliegenden verfahren (möglicherweise auch im hinblick auf die angenommene einschlägigkeit des augsburger urteils) vielmehr, dass man sich dieser verfassungsrechtlichen dimension der getroffenen entscheidung nicht (hinreichend) bewusst gewesen ist. insbesondere der von der beklagten (in dem schriftsatz vom 28. juni 2022) reklamierte „sehr weite ermessensspielraum“ des rates bei der entscheidung über die auflösung einer freiwilligen einrichtung belegt dies eindrucksvoll. aus sicht des rates ist das konsequent, zumal in der maßgeblichen ratsvorlage trotz der auf deren seite 3 oben referierten fortbestehenden – in dem vorliegenden urteil bestätigten – bewertung der kammer ausweislich deren seite 5 oben im ersten absatz sinngemäß davon ausgegangen wird, dass es sich bei dem großmarkt (wegen des angenommenen verlustes der funktion als einrichtung der daseinsvorsorge) nicht (mehr) um eine die kriterien des „weihnachtsmarkturteils“ erfüllende öffentliche einrichtung handelt. 64verstößt ziffer 1 des streitgegenständlichen bescheides nach alledem gegen höherrangiges recht, so ist eine auseinandersetzung mit den „einfachrechtlichen“ argumenten der klägerin entbehrlich, wobei die kammer durchaus anmerkt, dass (bei unterstellter einhaltung der verfassungsrechtlichen anforderungen des art. 28 abs. 2 satz 1 gg) gewichtiges für die annahme jedenfalls eines ungeschriebenen widerrufsgrundes und die verhältnismäßigkeit der mehr als dreijährigen (auflösungs- und) widerrufsfrist spräche. 65schließlich teilen die ziffern 2 und 3 des angefochtenen bescheides des oberbürgermeisters der beklagten unabhängig von der durch die klägerin weiter aufgeworfenen vollstreckungsrechtlichen frage deren rechtliches schicksal. 66die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo, die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit auf §§ 167 abs. 2 vwgo sowie 167 abs. 1 vwgo i. v. m. § 709 zpo. 67die berufung war gemäß §§ 124a abs. 1 satz 1, 124 abs. 2 nr. 3 vwgo wegen grundsätzlicher bedeutung zuzulassen, weil die rechtssache mindestens zwei fragen aufwirft, die im sinne der rechtseinheit einer klärung bedürfen: an erster stelle, ob die in dem „weihnachtsmarkturteil“ des bundesverwaltungsgerichts aufgestellten grundsätze nur für den „privatisierungsfall“ – so offenbar das verwaltungsgericht augsburg und der dieses bestätigende bayerische verwaltungsgerichtshof in den oben genannten entscheidungen – oder auch für den „auflösungsfall“ gelten; und bejahendenfalls an zweiter stelle, ob und ggf. unter welchen voraussetzungen sowie mit welchen anforderungen die auflösung einer öffentlichen einrichtung im sinne des „weihnachtsmarkturteils“ (ausnahmsweise) verfassungsrechtlich zulässig ist.eine zulassung (auch) gemäß § 124 abs. 2 nr. 4 vwgo wegen abweichens von dem beschluss des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen vom 27. juni 2017 - 15 b 664/17 -, juris, rn. 7 ff., hält die kammer nicht für geboten, weil der dortige senat zwar die grundsätzliche – nur durch das willkürverbot begrenzte – entscheidungsfreiheit einer gemeinde bei der schaffung und beibehaltung einer öffentlichen einrichtung (dort einer von mehreren gemeindlichen sportplätzen) betont, sich dabei aber nicht mit dem „weihnachtsmarkturteil“ auseinandergesetzt hat. 68rechtsmittelbelehrung: 69gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich berufung eingelegt werden. die berufung muss das angefochtene urteil bezeichnen. 70auf die seit dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 71die berufung ist innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils zu begründen. die begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der einlegung der berufung erfolgt, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich einzureichen. 72die begründungsfrist kann auf einen vor ihrem ablauf gestellten antrag von dem vorsitzenden des senats verlängert werden. die begründung muss einen bestimmten antrag enthalten sowie die im einzelnen anzuführenden gründe der anfechtung (berufungsgründe). 73im berufungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 74die berufungsschrift und die berufungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 75beschluss 76der streitwert wird auf 30.000,00 euro festgesetzt. 77gründe: 78die streitwertfestsetzung beruht auf § 52 abs. 1 gkg. sie ist wegen der vergleichbaren wirtschaftlichen bedeutung an der obergerichtlichen gewerberechtlichen streitwertpraxis, 79vgl. ovg nrw, beschluss vom 1. oktober 2004 - 4 b 1637/04 -, gewarch 2005, 77, 80sowie an ziff. 54.1 und 54.2 des streitwertkataloges für die verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 orientiert. wie schon in den seinerzeitigen klageverfahren 3 k 7996/15 und 3 k 7827/18 ist dort genannte betrag (in höhe von 15.000,00 euro) wegen des besonderen zuschnitts der klägerin zu verdoppeln. 81rechtsmittelbelehrung: 82gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 83auf die seit dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 84die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 85die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 euro nicht übersteigt. 86die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 87war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | Klaeger*in | 1 |
188,907 | 20 O 56/13 | 2013-10-16T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus seiner mittelbaren Beteiligung als Treuhandkommanditist an dem geschlossenen Immobilienfonds G2 KG (nachfolgend „G2“ genannt) unter dem Gesichtspunkt der Berater- und Prospekthaftung geltend. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: 3Anfang September 1997 erhielt der damals 41-jährige Kläger einen Anruf des für die Beklagte tätigen Zeugen G, der ihn nach seinem Interesse an einer Kapitalanlage zur Steuerersparnis fragte. Der Kläger war Elektrosteiger und hatte keine Vorerfahrungen mit Kapitalanlagen. Für seinen Lebensabend beabsichtigte er, eine Immobilie in B zu erwerben. Am 10.09.1997 kam es dann im Haus des Klägers und im Beisein seiner Ehefrau, der Zeugin W, zu einem Gespräch zwischen dem Kläger und dem Zeugen G, in dessen Verlauf der Kläger eine Treuhandbeteiligung i.H.v. 60.000,00 DM zuzüglich 5 % Agio an dem G2 (Anlage K 9) zeichnete. 4Nach Seite 53 des Emissionsprospektes zum G2 (Anlage K 1) waren die Treugeber über den Treuhandkommanditisten an dem Gesellschaftsvermögen der Eigentümer-Kommanditgesellschaft beteiligt. Der Treuhandkommanditist erwarb und verwaltete seine Gesellschaftsbeteiligung im eigenen Namen, aber für Rechnung der beigetretenen Beteiligten. Der Treuhandkommanditist vermittelte somit den Treugebern das wirtschaftliche Eigentum am L. Nach dem Gesellschaftsvertrag wurden die treuhänderisch Beteiligten im Innenverhältnis wie unmittelbar beteiligte Kommanditisten behandelt. Die Beteiligung des Treugebers am Gewinn und Verlust der Eigentümer-Kommanditgesellschaft sowie am Gesellschaftsvermögen bestimmte sich dabei nach der Höhe des treuhänderisch gezeichneten Kapitalanteiles. Laut den Risikohinweisen auf Seite 58 des Emissionsprospektes handelte es sich bei der Beteiligung an geschlossenen Immobilienfonds um eine langfristig angelegte Investition, bei der die Anleger die mit der wirtschaftlichen Entwicklung verbundenen Risiken trugen. 5Nach Zeichnung der Beteiligung kümmerte sich der Zeuge G um die Vermittlung eines Darlehens zur Finanzierung des Anteilserwerbs. Mit Datum vom 15.09.1997 unterbreitete die E AG dem Kläger dazu ein Angebot über ein Darlehen über einen auszuzahlenden Kreditbetrag i.H.v. 63.000,00 DM, das der Zeuge G diesem am 26.09.1997 zur Gegenzeichnung nach Hause brachte. Das Darlehen bei der E AG löste der Kläger im Juli 2002 sodann durch ein Darlehen bei der C AG ab. 6In der Folgezeit blieben die vorgenommenen Ausschüttungen aus dem G2 hinter den ursprünglich prospektierten zurück. Ausweislich des Emissionsprospekts des G2 (Seiten 4 und 40 - Anlage K 1) sollte eine Anfangsausschüttung von 4,75 % und von 1998 - 2020 eine Durchschnittsausschüttung von 5,31 % bezogen auf das Nominalkapital erfolgen. Aus den Rechenschaftsberichten des G2 (Anlagenkonvolut B 4 - B 8), die der Kläger jährlich erhielt, ergab sich dann aber, dass der Bewirtschaftungsüberschuss 2002 wegen der schweren Krise im Einzelhandel nur eine Barausschüttung i.H.v. 3,0 % des Gesellschaftskapitals zuließ und für das Geschäftsjahr 2003 eine Ausschüttung i.H.v. 2,5 % bezogen auf das Gesellschaftskapital kalkuliert wurde. Dementsprechend waren in den Geschäftsberichten für die Jahre 2003, 2004, 2005 und 2006 Ausschüttungen i.H.v. jeweils 2,5 % des Gesellschaftskapitals aufgeführt. Ab dem Jahr 2009 erhielt der Kläger keine Ausschüttungen mehr. 7Unter dem 22.12.2011 (Anlage B 1) beantragte der Kläger bei der Gütestelle S die Einleitung eines Güteverfahrens. In seinem Güteantrag rügte der Kläger, dass ihm bei Vorstellung der Beteiligung am G2 durch einen Mitarbeiter der Beklagten suggeriert worden sei, es handele sich um eine sichere und gewinnbringende Anlage, ohne die Risiken und Nachteile der Beteiligung an diesem Immobilienfonds mit ihm zu erörtern, und dass er nicht darüber aufgeklärt worden sei, ob und in welcher Höhe die Beklagte oder der Berater Provisionen erhalten habe. Mit Schreiben vom 16.08.2012 (Anlage K 27), eingegangen bei den jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20.08.2012, stellte die Gütestelle das Scheitern des Güteverfahrens fest. 8Der Kläger behauptet, er habe eine sichere Anlage tätigen wollen, um von dem eingesetzten Kapital später für den Lebensabend eine Immobilie in B kaufen zu können. Der Zeuge G habe ihm in dem einzigen Beratungsgespräch vom 10.09.1997 die Beteiligung am G2 vor diesem Hintergrund als sichere Möglichkeit vorgestellt, Steuern zu sparen. Dabei habe ihm der Zeuge G weder Wesen und Funktionsweise des Fonds erläutert noch klargestellt, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung mitsamt den damit verbundenen Risiken handele. Auch über das Totalverlustrisiko, die eingeschränkte Veräußerbarkeit der Beteiligung oder die Gefahr des Wiederauflebens der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB habe der Zeuge G ihn nicht aufgeklärt. Vielmehr habe dieser lediglich davon abgeraten, die Beteiligung vor Ablauf von 10 Jahren zu veräußern, um die Steuerersparnisse nicht zu gefährden. Zudem habe der Zeuge G ihm gegenüber nicht klargestellt, dass und in welcher Höhe aus dem von ihm zu zahlenden Betrag Provisionen fließen würden. Seine Beratung habe der Zeuge G dabei nur anhand eines Werbeflyers zum G2 (Anlage K 2) vorgenommen. Den eigentlichen Emissionsprospekt habe er bis heute nicht erhalten. Dieser sei im Übrigen fehlerhaft, da er nicht auf ein Totalverlustrisiko oder auf die Fungibilität hinweise, der Investitions- und Kostenplan nicht transparent und die Renditeberechnung anhand der IRR-Methode vorgenommen worden sei. 9Weiter behauptet der Kläger, er habe aus der streitgegenständlichen Beteiligung insgesamt 9.364,36 € an Ausschüttungen erhalten, nämlich für das Jahr 1999 einen Betrag von 2.850,00 DM (1.457,18 €), für das Jahr 2000 einen Betrag von 2.850,00 DM (1.457,18 €), für das Jahr 2001 einen Betrag von 1.200,00 €, für das Jahr 2002 einen Betrag von 900,00 €, für das Jahr 2003 einen Betrag von 750,00 €, für das Jahr 2004 einen Betrag von 750,00 €, für das Jahr 2005 einen Betrag von 750,00 €, für das Jahr 2006 einen Betrag von 750,00 €, für das Jahr 2007 einen Betrag von 675,00 € und zuletzt für das Jahr 2008 einen Betrag von 675,00 €. Außergewöhnliche Steuervorteile, die seinen durch die Beteiligung am G2 entstandenen Schaden minderten, habe er nicht erlangt. 10Mit seinem Hauptantrag möchte der Kläger nunmehr so gestellt werden, als habe er die Beteiligung am G2 sowie die zu deren Finanzierung abgeschlossenen Darlehensverträge nie getätigt. Hilfsweise macht er den Zeichnungsschaden i.H.v. 63.000,00 DM (32.211,39 €) abzüglich der erhaltenen Ausschüttungen geltend. 11Mit seiner am 04.02.2013 bei Gericht eingereichten und der Beklagten am 21.02.2013 zugestellten Klage beantragt der Kläger, 12I. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag i.H.v. 24.623,36 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, 13II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von sämtlichen weiteren Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag mit der C AG vom 17.11.2009, Darlehensnummer # ### ### ### über einen Bruttokreditbetrag von 38.000,00 € und aus dem Darlehensvertrag mit der C AG vom 17.11.2009, Darlehensnummer # ### ### ### über einen Bruttokreditbetrag von 4.739,35 € freizustellen, 14III. die Verurteilung gemäß Ziffer I. und II. Zug um Zug gegen Abtretung seiner Ansprüche aus dem Treuhandvertrag mit der Treuhandgesellschaft K Steuerberatungsgesellschaft mbH, C-Straße, ##### W2, betreffend seine Beteiligung an der G2 KG, an die Beklagte zu tenorieren und 15IV. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Abtretung seiner Ansprüche aus dem Treuhandvertrag mit der Treuhandgesellschaft K Steuerberatungsgesellschaft mbH, C-Straße, ##### W2, betreffend seine Beteiligung an der G2 KG in Verzug befindet. 16Hilfsweise beantragt der Kläger, 17I. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag i.H.v. 22.847,03 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, 18II. die Verurteilung Zug um Zug gegen Abtretung seiner Ansprüche aus dem Treuhandvertrag mit der Treuhandgesellschaft K Steuerberatungsgesellschaft mbH, C-Straße, ##### W2, betreffend seine Beteiligung an der G2 KG, an die Beklagte zu tenorieren und 19III. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Abtretung seiner Ansprüche aus dem Treuhandvertrag mit der Treuhandgesellschaft K Steuerberatungsgesellschaft mbH, C-Straße, ##### W2, betreffend seine Beteiligung an der G2 KG in Verzug befindet. 20Die Beklagte beantragt, 21die Klage abzuweisen. 22Die Beklagte behauptet, der Zeuge G habe dem Kläger die Beteiligung am G2 bereits mehr als eine Woche vor dem 10.09.1997 in einem ersten Vermittlungsgespräch ausführlich anhand des Emissionsprospektes vorgestellt und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handele, die mit entsprechenden Verlustrisiken verbunden sei. Am Ende dieses ersten Vermittlungsgesprächs habe der Zeuge G dem Kläger den Prospekt übergeben und ihn aufgefordert, den Prospekt durchzusehen und ggfs. ergänzende Fragen im nächsten Vermittlungsgespräch zu stellen. In dem zweiten Vermittlungsgespräch vom 10.09.1997 habe der Zeuge G mit dem Kläger dann nochmals die mit der Beteiligung am G2 verbundenen Chancen und Risiken erörtert, bevor der Kläger gezeichnet habe. Schließlich erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung. 23Der Kläger vertritt dazu die Auffassung, sein Güteantrag vom 22.12.2011 genüge zur Hemmung der Verjährung für sämtliche im Klageverfahren nunmehr geltend gemachten Beratungsfehler. 24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2013 (Bl. ###-### d.A.) Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen W und G. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 17.09.2013 verwiesen. 25Entscheidungsgründe: 26Die Klage ist unbegründet. 271) Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz des durch die Beteiligung am G2 erlittenen Schadens. Ein solcher Anspruch folgt weder aus dem Gesichtspunkt einer Verletzung eines Anlageberatungs- oder Anlagevermittlungsvertrages (pVV) i.V.m. Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB noch aus einem sonstigen Rechtsgrund. 28a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass der Zeuge G den Kläger nicht anlagegerecht beraten bzw. über die Beteiligung an dem G2 aufgeklärt und damit eine Pflicht aus dem Anlageberatungs- bzw. Anlagevermittlungsvertrag verletzt hat. 29Sowohl der Anlageberater (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.2007 – III ZR 44/06, WM 2007, 542, Rn. 10), als auch der bloße Anlagevermittler (vgl. BGH, Urteil vom 13.05.1993 - III ZR 25/92, NJW-RR 1993, 1114 – beck-online) sind zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind, verpflichtet. Eine objektgerechte Beratung bzw. Aufklärung erfordert demnach eine Aufklärung des Kunden über die allgemeinen Risiken sowie die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjekts ergeben (vgl. BGH NJW 2006, 2041 und BGH WM 2000, 1441). Grundsätzlich ist es ausreichend, wenn der Berater dem Kunden dazu einen vollständigen und richtigen (den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden) Prospekt aushändigt (BGH, Urt. v. 11.05.2006 - III ZR 205/05, juris Rn. 9; BGH, Urt. v. 12.07.2007 - III ZR 145/06, juris Rn. 9). Allerdings muss der Prospekt dem Interessenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss überreicht werden, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (BGH, Urt. v. 21.03.2005 - II ZR 310/03, juris Rn. 39; BGH, Urt. v. 12.07.2007 - III ZR 145/06, juris Rn. 9; BGH, Urt. v. 27.10.2009 - XI ZR 338/08, juris Rn. 31). Ist der Prospekt rechtzeitig überlassen worden, kann eine Haftung begründet sein, wenn der Anlageberater den Anleger vor Zeichnung der Anlage im Gespräch dadurch irreführt, dass er die im Prospekt angesprochenen Risiken abschwächt oder verharmlost (BGH, Urt. v. 12.07.2007 - III ZR 83/06, juris Rn. 10). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trägt dabei derjenige, der eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung behauptet, dafür die Darlegungs- und Beweislast. Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll. Dem Anspruchsteller obliegt dann der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 14.07.2009 - XI ZR 152/08, Rn. 38 und BGH, Urteil vom 05.05.2011 - III ZR 84/10, Rn. 17, jeweils m.w.N.). 30Aus dem Emissionsprospekt zum G2 (Anlage K 1) ergibt sich hinreichend deutlich, dass der Kläger mit dieser Anlage eine gesellschaftliche Beteiligung mitsamt den damit verbundenen Risiken einging. Nach Seite 53 des Prospektes waren die Treugeber über den Treuhandkommanditisten an dem Gesellschaftsvermögen der Eigentümer-Kommanditgesellschaft beteiligt. Der Treuhandkommanditist erwarb und verwaltete seine Gesellschaftsbeteiligung im eigenen Namen, aber für Rechnung der beigetretenen Beteiligten. Der Treuhandkommanditist vermittelte somit den Treugebern das wirtschaftliche Eigentum am L. Nach dem Gesellschaftsvertrag wurden die treuhänderisch Beteiligten im Innenverhältnis wie unmittelbar beteiligte Kommanditisten behandelt. Die Beteiligung des Treugebers am Gewinn und Verlust der Eigentümer-Kommanditgesellschaft sowie am Gesellschaftsvermögen bestimmte sich dabei nach der Höhe des treuhänderisch gezeichneten Kapitalanteiles. Laut den Risikohinweisen auf Seite 58 des Emissionsprospektes handelte es sich bei der Beteiligung an geschlossenen Immobilienfonds um eine langfristig angelegte Investition, bei der die Anleger die mit der wirtschaftlichen Entwicklung verbundenen Risiken trugen. 31Dass der Zeuge G dem Kläger vor Zeichnung seiner Beteiligung am G2 den zugehörigen Emissionsprospekt nicht rechtzeitig übergeben und weder Wesen und Funktionsweise des Fonds erläutert noch klargestellt hätte, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung mitsamt den damit verbundenen Risiken handele, kann nach Vernehmung der von dem Kläger dazu benannten Zeugen in der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2013 nicht angenommen werden. 32Die Ehefrau des Klägers - die Zeugin W - hat zwar bekundet, dass der Zeuge G bei der Vorstellung der Beteiligung am G2 keine Risiken oder Verlustmöglichkeiten erwähnt, sondern die Anlage als „sichere Geschichte“ dargestellt habe. Einen Emmissionsprospekt habe sie bei dem Beratungsgespräch, bei dem sie die ganze Zeit dabei gewesen sei, nicht gesehen. Der Zeuge G habe dem Kläger lediglich eine kleine Broschüre da gelassen. Von den Parteien übereinstimmend anders vorgetragen ist dann jedoch die ausdrückliche Bekundung der Zeugin W, dass der Kläger „im ersten Termin (dem unstreitigen Gesprächs- und Zeichnungstermin vom 10.09.1997) nichts unterschrieben“ habe. Dass der Zeugin W zwar die einzelnen Schilderungen des Zeugen G nach Ablauf von 16 Jahren noch gegenwärtig sein sollten, ihr dann aber die eigentlich bedeutsame und verbindliche Unterschrift unter die Beitrittserklärung völlig entgangen sein sollte, erscheint nicht nachvollziehbar. 33Zudem steht die Aussage der Zeugin W im Widerspruch zu den Bekundungen des Zeugen G, wonach er mit hundertprozentiger Sicherheit sagen könne, dass es bei ihm eine Zeichnung weder ohne Prospekt noch direkt im ersten Termin gegeben habe. Üblicherweise habe er vielmehr nach der Bestandsaufnahme im ersten Gesprächstermin den Prospekt ausgepackt und anhand dessen die Beteiligung erläutert. Ungefähr 8 bis 14 Tage später sei die Zeichnung dann in einem zweiten Gesprächstermin erfolgt. Der Kunde habe sich so selbst an dem Emissionsprospekt orientieren und danach verbleibende Fragen im zweiten Gesprächstermin stellen sollen. Auf die Frage nach der Sicherheit der Anlage habe er routinemäßig geantwortet: „Meinen sie sicher im Sinne von Garantie? Da kann ich nur sagen, im Leben gibt es keine Garantie; es gibt immer nur Einschränkungen von Risiken. Sie wissen ja auch nicht, ob sie nächstes Jahr Weihnachten noch leben.“ Der Zeuge G räumte zu Beginn seiner Aussage offen ein, nach all den Jahren und Gesprächen keine konkrete Erinnerung mehr an die einzelnen Gespräche mit dem Kläger zu haben. Dennoch schilderte er seine übliche Vorgehensweise sehr anschaulich und gut nachvollziehbar. 34Nach Vernehmung dieser beiden klägerseits benannten Zeugen und nach der persönlichen Anhörung des Klägers im Termin verbleiben der Kammer Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Sachverhaltsschilderung. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass seine Ehefrau - die Zeugin W - doch nicht das komplette Gespräch mit dem Zeugen G mitbekommen bzw. nach Ablauf von 16 Jahren nicht mehr vollständig und in allen Einzelheiten in Erinnerung hat. Dafür würde auch sprechen, dass die Anlage letztlich nicht ihre, sondern die Sache ihres Ehemannes war, da es sich um sein Geld (aus der ersten Ehe) handelte. Dies haben sowohl die Zeugin W, als auch der Kläger in seiner persönlichen Anhörung so geschildert. Nach alledem kann die Kammer aber nicht mit einer für die Überzeugungsbildung erforderlichen Sicherheit annehmen, dass der Zeuge G den Kläger vor Zeichnung der Treuhandbeteiligung am G2 nicht richtig und vollständig über diejenigen tatsächlichen Umstände informiert hätte, die für seinen Anlageentschluss von besonderer Bedeutung waren. 35b) Soweit der Kläger rügt, dass der Zeuge G ihn nicht darüber aufgeklärt habe, dass und in welcher Höhe Provisionen aus dem von ihm zu zahlenden Betrag an die Beklagte fließen würden, so liegt darin keine zur Haftung der Beklagten führende Pflichtverletzung. 36Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Aufklärungspflicht über Kick-Back-Zahlungen, die der XI. Zivilsenat für Banken aufgestellt hat (wonach eine Aufklärungspflicht für diese bejaht wird), ist insoweit nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung (Grundsatzentscheidung vom 15.04.2010, III ZR 196/09, BGHZ 185, 185; diese bestätigend: Urteile jeweils vom III. Senat vom 03.03.2011, III ZR 170/10; 05.05.2011, III ZR 84/10; 10.11.2011, III ZR 245/10; 19.01.2012 III ZR 48/11; 19.07.2012, III ZR 308/11 und zuletzt 06.12.2012, III ZR 307/11; so auch der II. Zivilsenat in Urteilen jeweils vom 20.09.2011, II ZR 39/10 und 11/10) des für freie Anlageberater zuständigen III. Zivilsenats nicht anzuwenden. Für diese besteht im Fall von solchen Rückvergütungen grundsätzlich keine Aufklärungspflicht, solange etwa ein Agio offen ausgewiesen ist (vgl. Grundsatzentscheidung a.a.O. und BGH Urteil vom 10.11.2011, III ZR 245/10), wovon der III. Zivilsenat nur zwei Ausnahmen macht: Es ist vom Kunden direkt an den Berater eine Vergütung gezahlt worden (denn dann muss der Kunde nicht mehr damit rechnen, dass der Berater sich durch Rückvergütungen finanziert (vgl. Grundsatzentscheidung a.a.O.) oder es handelt sich um Rückvergütungen, die 15 % des Anlagebetrags überschreiten (vgl. BGH, Urteil vom 03.03.2011, III ZR 170/10). Vorliegend war das Agio auf der Beitrittserklärung zum G2 mit 5 % deutlich ausgewiesen. Einen Anlass zu der Annahme, dass die Beklagten ihre Dienste kostenlos erbringen würden, hatte der Kläger nicht. 37Dieses Ergebnis erscheint auch sachgerecht, da sich bei typisierender Betrachtungsweise die Gestaltung der Anlageberatung durch einen freien Anlageberater grundlegend von der Anlageberatung durch eine Bank unterscheidet (vgl. BGH, Urteil vom 15.04.2010 - III ZR 196/09 -, WM 2010, 885 ff.). Das Vertragsverhältnis zwischen dem Kunden und seiner Bank ist üblicherweise auf eine gewisse Beständigkeit und Dauer angelegt und regelmäßig davon geprägt, dass die Bank für die jeweiligen Dienstleistungen vom Kunden selbst Entgelte oder Provision erhält. Es handelt sich im Allgemeinen um ein entgeltliches Geschäftsbesorgungsverhältnis (§§ 611, 675 Abs. 1 BGB), das vom Gedanken der Fremdnützlichkeit der Geschäftsbesorgung und den Pflichten des Geschäftsbesorgers nach den §§ 666, 667 BGB maßgeblich mit geprägt und bestimmt wird. Aus diesem Verhältnis ergeben sich einerseits eine besondere Pflicht der Bank, die Interessen ihres Kunden zu wahren und in den Mittelpunkt ihrer Beratung zu stellen, und andererseits ein damit korrespondierendes schützenswertes Kundenvertrauen. Der von seiner Bank bezüglich einer Kapitalanlage beratene Kunde muss nicht damit rechnen, dass die Bank bei der Anlageberatung vornehmlich eigene Interessen an der Einnahme von (nicht offen gelegten) Rückvergütungen verfolgt. Ihm ist nicht ohne weiteres erkennbar, dass die Anlageberatung von der Erwartung des Zuflusses von Rückvergütungen bestimmt sein könnte (vgl. BGH, Urteil vom 03.03.2011 - III ZR 170/10 -, zitiert nach juris, Rn.19 und OLG Köln, Urteil vom 24.05.2011 – 24 U 57/10, zitiert nach juris, Rn. 40). 38So liegt der Fall hier jedoch nicht. Ist bei der Anlageberatung durch einen freien Anlageberater ein Agio für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen, so liegt es für den Anleger klar erkennbar zu Tage, dass aus diesen Mitteln auch Vertriebsprovisionen gezahlt werden, an denen sein Anlageberater partizipiert (vgl. BGH, Urteil vom 03.03.2011- III ZR 170/10 , zitiert nach juris, Rn. 20 und OLG Köln, Urteil vom 24.05.2011 – 24 U 57/10, zitiert nach juris, Rn. 40). Damit war aber offensichtlich, dass die Beklagte ihr Geld mit Leistungen von Seiten der Kapitalsuchenden verdiente. Ein schützenswertes Vertrauen darauf, dass die Beklagte keine Provisionen von der Vorgesellschaft erhielt, bestand nach alledem auf Seiten des Klägers nicht. Der auf Seiten der Beklagten – möglicherweise - bestehende vertragswidrige Interessenkonflikt lag vielmehr auf der Hand. Gleiches gilt für den Umstand, dass die Beklagte einer doppelten vertraglichen Bindung unterlag, nämlich aus der Vertriebsvereinbarung mit der Fondsgesellschaft und deren Hauptvertriebsbeauftragten einerseits und aus dem Beratungsvertrag andererseits. Es geschah in dieser Hinsicht mithin nichts „hinter dem Rücken“ des Klägers oder „heimlich“. Danach wäre die Beklagte nur dann verpflichtet gewesen, den Kläger, der selbst keine Provision zahlte, ungefragt über ihr zufließenden Provisionen zu informieren, wenn ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung, aus den ihrerseits die Vertriebsprovision aufgebracht werden, nicht offen ausgewiesen worden wären. Dagegen kann von dem Anlageberater in Anbetracht der berechtigten Wahrung seines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses grundsätzlich nicht verlangt werden, dass er seine Kunden ohne Anlass oder Nachfrage über die Höhe gegebenenfalls sämtlicher Provisionen für die Vermittlung der in seinem Beratungsprogramm enthaltenen Anlagen aufklärt (vgl. BGH, Urteil vom 03.03.2011- III ZR 170/10 -, zitiert nach juris, Rn. 21 und OLG Köln, Urteil vom 24.05.2011 – 24 U 57/10, zitiert nach juris, Rn. 40). 39c) Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass der Zeuge G ihn vor Zeichnung der Beteiligung am G2 nicht über das Totalverlustrisiko, über die eingeschränkte Veräußerbarkeit der Beteiligung (Fungibilität) oder die Gefahr des Wiederauflebens der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB aufgeklärt habe, wären solche Beratungsfehler bzw. Aufklärungspflichtverletzungen jedenfalls absolut verjährt. 40Ein darauf gründender Schadensersatzanspruch ist nämlich bereits mit der Zeichnung der Beteiligung durch den Kläger am 10.09.1997 entstanden. Für diesen - nach dem bis zum 31.01.2001 geltenden Recht - aus pVV herzuleitenden Anspruch galt zunächst die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. An deren Stelle trat gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB neben der dreijährigen Regelverjährung des §§ 195 BGB n.F. die absolute Verjährung nach 10 Jahren gemäß § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB, gerechnet ab dem 01.01.2002, mit der Folge, dass mit Ablauf des 31.12.2011 Verjährung eingetreten ist. 41Insoweit hat der Kläger die Verjährung auch nicht rechtzeitig durch die Einleitung des Güteverfahrens nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB gehemmt. Denn der Kläger hat in seinem Güteantrag vom 22.12.2011 (Anlage B 1) nur gerügt, dass ihm bei Vorstellung der Beteiligung am G2 durch einen Mitarbeiter der Beklagten suggeriert worden sei, es handele sich um eine sichere und gewinnbringende Anlage, ohne die Risiken und Nachteile der Beteiligung an diesem Immobilienfonds mit ihm zu erörtern, und dass er nicht darüber aufgeklärt worden sei, dass und in welcher Höhe Provisionen aus dem von ihm zu zahlenden Betrag an die Beklagte fließen würden. Damit hat er aber die hier streitgegenständlichen weiteren Beratungs- bzw. Aufklärungsfehler des Zeugen G - nämlich die mangelnde Hinweise auf das Totalverlustrisiko, auf die eingeschränkte Veräußerbarkeit der Beteiligung und die Gefahr des Wiederauflebens der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB - nicht hinreichend spezifiziert und die Verjährung hinsichtlich dieser drei Beratungs- bzw. Aufklärungsfehler nicht rechtzeitig gehemmt. 42Anders als der Kläger meint, müssen auch schon im Güteantrag i.S.d. § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB die dem Antragsgegner vorgeworfenen Pflichtverletzungen so individualisiert werden, dass diese von anderen möglichen, aber nicht zum Gegenstand des Güteverfahrens gemachten Pflichtverletzungen abgegrenzt werden können und dem Antragsgegner so die Beurteilung ermöglicht wird, ob er sich gegen die geltend gemachten Ansprüche zur Wehr setzen will. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 09.11.2007 - V ZR 25/07 und BGH, Urteil vom 24.03.2011 – III ZR 81/10) beginnt die kenntnisabhängige Verjährungsfrist für jeden Beratungsfehler gesondert zu laufen, wenn sich - wie hier - ein Schadensersatzanspruch auf mehrere Aufklärungs- bzw. Beratungsfehler stützen lässt. Soweit das Oberlandesgericht Dresden mit Urteil vom 25.09.2012 (5 U 245/12) ausgeführt hat, dass diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sich nur auf den Beginn der Verjährung, nicht aber auf ihre Hemmung beziehe, ist dem nicht zu folgen. Vielmehr können die verschiedenen in Betracht kommenden Pflichtverletzungen eines Anlageberaters, soweit sie einen je eigenen, abgrenzbaren Lebenssachverhalt betreffen, auch nur als (zumindest) abgrenzbare Teile des Streitgegenstandes angesehen werden. Eine andere Sichtweise führte dazu, dass hinsichtlich der unterschiedlichen in Betracht kommenden Pflichtverletzungen zwar die Verjährung jeweils eigenständig liefe, die Rechtskraft eines klageabweisenden Urteils jedoch auch im Rechtsstreit nicht vorgetragene, verjährungsrechtlich selbstständige Pflichtverletzung erfassen würde (vgl. OLG Köln, Urteil vom 04.09.2012 - 24 U 65/11, zitiert nach juris, Rn. 19). Dieses Ergebnis überzeugt nicht. Dem Gläubiger muss es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unbenommen bleiben, eine ihm bekannt gewordene Aufklärungspflichtverletzung - selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrages erfolgversprechend wäre - hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Aufklärungspflichtverletzungen zu verjähren beginnen (vgl. BGH Urteil vom 19.11.2009 – III ZR 169/08, BKR 2010, 118 ff.). Nichts anderes kann dann für den Fall gelten, dass ein Anleger eine einzelne, abgrenzbare Aufklärungspflichtverletzung zum Anlass nimmt, gerichtlich gegen den Anlagevermittler oder Anlageberater vorzugehen. Auch in diesem Fall darf der Anleger nicht befürchten müssen, dass er im Fall einer Klageabweisung auch aller Ansprüche verlustig geht, die gegebenenfalls auf anderen, ihm womöglich noch gar nicht bekannt gewordenen Pflichtverletzungen beruhen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 04.09.2012 - 24 U 65/11, zitiert nach juris, Rn. 19). Nichts anderes kann dann aber für die vorgerichtliche Geltendmachung der Ansprüche im vorgelagerten Güteverfahren gelten, das eine solche Rechtskrafterstreckung zwar nicht kennt, aber dem Antragsgegner hinreichend deutlich vor Augen führen muss, mit welchen Ansprüchen er konfrontiert wird und welche Fehler ihm im Einzelnen vorgeworfen werden. 43d) Soweit der Kläger schließlich geltend macht, der Emissionsprospekt zum G2 sei fehlerhaft, da er nicht auf ein Totalverlustrisiko oder auf die Fungibilität hinweise, der Investitions- und Kostenplan nicht transparent und die Renditeberechnung anhand der IRR-Methode vorgenommen worden sei, führt auch dies zu keiner Haftung der Beklagten. 44Zum einen kann sich der Kläger schon deswegen nicht auf Prospektfehler berufen, weil nicht ersichtlich ist, dass er seine Anlageentscheidung auf der Grundlage des Prospekts getroffen hätte. Nach seinem eigenen schriftsätzlichen Vortrag, den er bei seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2013 bestätigt hat, hat der Kläger den Emissionsprospekt zum G2 nie – und schon gar nicht vor der Zeichnung der Beteiligung – von dem Zeugen G erhalten. Der Anwendungsbereich der Prospekthaftung ist aber erst dann eröffnet, wenn der Prospekt, aufgrund dessen Fehlerhaftigkeit ein Kapitalanleger Schadensersatzansprüche stellt, Grundlage der Anlageentscheidung gewesen ist (vgl. BGHZ 71, 284, 288; BGH NJW-RR 1991, 1246; BGH ZIP 2000, 1296; BGH NJW 2002, 1711). Nur in diesem Fall ist dem Anleger derjenige Schaden zu ersetzen, den er dadurch erlitten hat, dass er den Angaben vertraut hat, mit denen in dem Prospekt für die betreffende Anlage geworben wurde (vgl. BGH NJW 1993, 2865, 2866). Die Vertrauenshaftung knüpft damit in objektiver Hinsicht an den unmittelbar durch den Prospekt geschaffenen Vertrauenstatbestand an, von dem in subjektiver Hinsicht der Kapitalanleger, der einen Anspruch geltend macht, zum Zeitpunkt seiner Anlageentscheidung Kenntnis gehabt haben muss (vgl. BGHZ 72, 382, 387). Ohne diese Kenntnis vertraut der Vertrauende gleichermaßen blind und ist nicht schutzwürdig (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 15.12.2005 – 8 U 330/04 – 72, 8 U 330/04 – zitiert nach juris, Rn. 60). 45Zum anderen wären Ansprüche des Klägers wegen fehlerhafter Prospektangaben bereits absolut verjährt, da auch sie im Güteantrag vom 22.12.2011 nicht enthalten waren (s.o. unter 1)c). 462) Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 S. 1 und 2 ZPO. 47Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt: 48Hauptantrag zu I: 24.623,36 € 49Hauptantrag zu II: 42.739,35 € (38.000,00 € + 4.739,35 €) 50Hilfsantrag: --- (§ 45 Abs. 1 S. 2 und 3 GKG) 51insgesamt: 67.362,71 € | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist gegen sicherheitsleistung i.h.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2der kläger macht gegen die beklagte schadensersatzansprüche aus seiner mittelbaren beteiligung als treuhandkommanditist an dem geschlossenen immobilienfonds g2 kg (nachfolgend „g2“ genannt) unter dem gesichtspunkt der berater- und prospekthaftung geltend. dem liegt folgender sachverhalt zugrunde: 3anfang september 1997 erhielt der damals 41-jährige kläger einen anruf des für die beklagte tätigen zeugen g, der ihn nach seinem interesse an einer kapitalanlage zur steuerersparnis fragte. der kläger war elektrosteiger und hatte keine vorerfahrungen mit kapitalanlagen. für seinen lebensabend beabsichtigte er, eine immobilie in b zu erwerben. am 10.09.1997 kam es dann im haus des klägers und im beisein seiner ehefrau, der zeugin w, zu einem gespräch zwischen dem kläger und dem zeugen g, in dessen verlauf der kläger eine treuhandbeteiligung i.h.v. 60.000,00 dm zuzüglich 5 % agio an dem g2 (anlage k 9) zeichnete. 4nach seite 53 des emissionsprospektes zum g2 (anlage k 1) waren die treugeber über den treuhandkommanditisten an dem gesellschaftsvermögen der eigentümer-kommanditgesellschaft beteiligt. der treuhandkommanditist erwarb und verwaltete seine gesellschaftsbeteiligung im eigenen namen, aber für rechnung der beigetretenen beteiligten. der treuhandkommanditist vermittelte somit den treugebern das wirtschaftliche eigentum am l. nach dem gesellschaftsvertrag wurden die treuhänderisch beteiligten im innenverhältnis wie unmittelbar beteiligte kommanditisten behandelt. die beteiligung des treugebers am gewinn und verlust der eigentümer-kommanditgesellschaft sowie am gesellschaftsvermögen bestimmte sich dabei nach der höhe des treuhänderisch gezeichneten kapitalanteiles. laut den risikohinweisen auf seite 58 des emissionsprospektes handelte es sich bei der beteiligung an geschlossenen immobilienfonds um eine langfristig angelegte investition, bei der die anleger die mit der wirtschaftlichen entwicklung verbundenen risiken trugen. 5nach zeichnung der beteiligung kümmerte sich der zeuge g um die vermittlung eines darlehens zur finanzierung des anteilserwerbs. mit datum vom 15.09.1997 unterbreitete die e ag dem kläger dazu ein angebot über ein darlehen über einen auszuzahlenden kreditbetrag i.h.v. 63.000,00 dm, das der zeuge g diesem am 26.09.1997 zur gegenzeichnung nach hause brachte. das darlehen bei der e ag löste der kläger im juli 2002 sodann durch ein darlehen bei der c ag ab. 6in der folgezeit blieben die vorgenommenen ausschüttungen aus dem g2 hinter den ursprünglich prospektierten zurück. ausweislich des emissionsprospekts des g2 (seiten 4 und 40 - anlage k 1) sollte eine anfangsausschüttung von 4,75 % und von 1998 - 2020 eine durchschnittsausschüttung von 5,31 % bezogen auf das nominalkapital erfolgen. aus den rechenschaftsberichten des g2 (anlagenkonvolut b 4 - b 8), die der kläger jährlich erhielt, ergab sich dann aber, dass der bewirtschaftungsüberschuss 2002 wegen der schweren krise im einzelhandel nur eine barausschüttung i.h.v. 3,0 % des gesellschaftskapitals zuließ und für das geschäftsjahr 2003 eine ausschüttung i.h.v. 2,5 % bezogen auf das gesellschaftskapital kalkuliert wurde. dementsprechend waren in den geschäftsberichten für die jahre 2003, 2004, 2005 und 2006 ausschüttungen i.h.v. jeweils 2,5 % des gesellschaftskapitals aufgeführt. ab dem jahr 2009 erhielt der kläger keine ausschüttungen mehr. 7unter dem 22.12.2011 (anlage b 1) beantragte der kläger bei der gütestelle s die einleitung eines güteverfahrens. in seinem güteantrag rügte der kläger, dass ihm bei vorstellung der beteiligung am g2 durch einen mitarbeiter der beklagten suggeriert worden sei, es handele sich um eine sichere und gewinnbringende anlage, ohne die risiken und nachteile der beteiligung an diesem immobilienfonds mit ihm zu erörtern, und dass er nicht darüber aufgeklärt worden sei, ob und in welcher höhe die beklagte oder der berater provisionen erhalten habe. mit schreiben vom 16.08.2012 (anlage k 27), eingegangen bei den jetzigen prozessbevollmächtigten des klägers am 20.08.2012, stellte die gütestelle das scheitern des güteverfahrens fest. 8der kläger behauptet, er habe eine sichere anlage tätigen wollen, um von dem eingesetzten kapital später für den lebensabend eine immobilie in b kaufen zu können. der zeuge g habe ihm in dem einzigen beratungsgespräch vom 10.09.1997 die beteiligung am g2 vor diesem hintergrund als sichere möglichkeit vorgestellt, steuern zu sparen. dabei habe ihm der zeuge g weder wesen und funktionsweise des fonds erläutert noch klargestellt, dass es sich um eine unternehmerische beteiligung mitsamt den damit verbundenen risiken handele. auch über das totalverlustrisiko, die eingeschränkte veräußerbarkeit der beteiligung oder die gefahr des wiederauflebens der haftung nach § 172 abs. 4 hgb habe der zeuge g ihn nicht aufgeklärt. vielmehr habe dieser lediglich davon abgeraten, die beteiligung vor ablauf von 10 jahren zu veräußern, um die steuerersparnisse nicht zu gefährden. zudem habe der zeuge g ihm gegenüber nicht klargestellt, dass und in welcher höhe aus dem von ihm zu zahlenden betrag provisionen fließen würden. seine beratung habe der zeuge g dabei nur anhand eines werbeflyers zum g2 (anlage k 2) vorgenommen. den eigentlichen emissionsprospekt habe er bis heute nicht erhalten. dieser sei im übrigen fehlerhaft, da er nicht auf ein totalverlustrisiko oder auf die fungibilität hinweise, der investitions- und kostenplan nicht transparent und die renditeberechnung anhand der irr-methode vorgenommen worden sei. 9weiter behauptet der kläger, er habe aus der streitgegenständlichen beteiligung insgesamt 9.364,36 € an ausschüttungen erhalten, nämlich für das jahr 1999 einen betrag von 2.850,00 dm (1.457,18 €), für das jahr 2000 einen betrag von 2.850,00 dm (1.457,18 €), für das jahr 2001 einen betrag von 1.200,00 €, für das jahr 2002 einen betrag von 900,00 €, für das jahr 2003 einen betrag von 750,00 €, für das jahr 2004 einen betrag von 750,00 €, für das jahr 2005 einen betrag von 750,00 €, für das jahr 2006 einen betrag von 750,00 €, für das jahr 2007 einen betrag von 675,00 € und zuletzt für das jahr 2008 einen betrag von 675,00 €. außergewöhnliche steuervorteile, die seinen durch die beteiligung am g2 entstandenen schaden minderten, habe er nicht erlangt. 10mit seinem hauptantrag möchte der kläger nunmehr so gestellt werden, als habe er die beteiligung am g2 sowie die zu deren finanzierung abgeschlossenen darlehensverträge nie getätigt. hilfsweise macht er den zeichnungsschaden i.h.v. 63.000,00 dm (32.211,39 €) abzüglich der erhaltenen ausschüttungen geltend. 11mit seiner am 04.02.2013 bei gericht eingereichten und der beklagten am 21.02.2013 zugestellten klage beantragt der kläger, 12i. die beklagte zu verurteilen, an ihn einen betrag i.h.v. 24.623,36 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen, 13ii. festzustellen, dass die beklagte verpflichtet ist, ihn von sämtlichen weiteren verbindlichkeiten aus dem darlehensvertrag mit der c ag vom 17.11.2009, darlehensnummer # ### ### ### über einen bruttokreditbetrag von 38.000,00 € und aus dem darlehensvertrag mit der c ag vom 17.11.2009, darlehensnummer # ### ### ### über einen bruttokreditbetrag von 4.739,35 € freizustellen, 14iii. die verurteilung gemäß ziffer i. und ii. zug um zug gegen abtretung seiner ansprüche aus dem treuhandvertrag mit der treuhandgesellschaft k steuerberatungsgesellschaft mbh, c-straße, ##### w2, betreffend seine beteiligung an der g2 kg, an die beklagte zu tenorieren und 15iv. festzustellen, dass sich die beklagte mit der annahme der abtretung seiner ansprüche aus dem treuhandvertrag mit der treuhandgesellschaft k steuerberatungsgesellschaft mbh, c-straße, ##### w2, betreffend seine beteiligung an der g2 kg in verzug befindet. 16hilfsweise beantragt der kläger, 17i. die beklagte zu verurteilen, an ihn einen betrag i.h.v. 22.847,03 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen, 18ii. die verurteilung zug um zug gegen abtretung seiner ansprüche aus dem treuhandvertrag mit der treuhandgesellschaft k steuerberatungsgesellschaft mbh, c-straße, ##### w2, betreffend seine beteiligung an der g2 kg, an die beklagte zu tenorieren und 19iii. festzustellen, dass sich die beklagte mit der annahme der abtretung seiner ansprüche aus dem treuhandvertrag mit der treuhandgesellschaft k steuerberatungsgesellschaft mbh, c-straße, ##### w2, betreffend seine beteiligung an der g2 kg in verzug befindet. 20die beklagte beantragt, 21die klage abzuweisen. 22die beklagte behauptet, der zeuge g habe dem kläger die beteiligung am g2 bereits mehr als eine woche vor dem 10.09.1997 in einem ersten vermittlungsgespräch ausführlich anhand des emissionsprospektes vorgestellt und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um eine unternehmerische beteiligung handele, die mit entsprechenden verlustrisiken verbunden sei. am ende dieses ersten vermittlungsgesprächs habe der zeuge g dem kläger den prospekt übergeben und ihn aufgefordert, den prospekt durchzusehen und ggfs. ergänzende fragen im nächsten vermittlungsgespräch zu stellen. in dem zweiten vermittlungsgespräch vom 10.09.1997 habe der zeuge g mit dem kläger dann nochmals die mit der beteiligung am g2 verbundenen chancen und risiken erörtert, bevor der kläger gezeichnet habe. schließlich erhebt die beklagte die einrede der verjährung. 23der kläger vertritt dazu die auffassung, sein güteantrag vom 22.12.2011 genüge zur hemmung der verjährung für sämtliche im klageverfahren nunmehr geltend gemachten beratungsfehler. 24wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen sowie auf das protokoll der mündlichen verhandlung vom 17.09.2013 (bl. ###-### d.a.) bezug genommen. das gericht hat beweis erhoben durch vernehmung der zeugen w und g. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf den inhalt der sitzungsniederschrift vom 17.09.2013 verwiesen. 25 | 26die klage ist unbegründet. 271) der kläger hat gegen die beklagte keinen anspruch auf ersatz des durch die beteiligung am g2 erlittenen schadens. ein solcher anspruch folgt weder aus dem gesichtspunkt einer verletzung eines anlageberatungs- oder anlagevermittlungsvertrages (pvv) i.v.m. art. 229 § 5 s. 1 egbgb noch aus einem sonstigen rechtsgrund. 28a) nach dem ergebnis der beweisaufnahme ist die kammer nicht davon überzeugt, dass der zeuge g den kläger nicht anlagegerecht beraten bzw. über die beteiligung an dem g2 aufgeklärt und damit eine pflicht aus dem anlageberatungs- bzw. anlagevermittlungsvertrag verletzt hat. 29sowohl der anlageberater (vgl. bgh, urteil vom 18.01.2007 – iii zr 44/06, wm 2007, 542, rn. 10), als auch der bloße anlagevermittler (vgl. bgh, urteil vom 13.05.1993 - iii zr 25/92, njw-rr 1993, 1114 – beck-online) sind zu richtiger und vollständiger information über diejenigen tatsächlichen umstände, die für den anlageentschluss des interessenten von besonderer bedeutung sind, verpflichtet. eine objektgerechte beratung bzw. aufklärung erfordert demnach eine aufklärung des kunden über die allgemeinen risiken sowie die speziellen risiken, die sich aus den besonderen umständen des anlageobjekts ergeben (vgl. bgh njw 2006, 2041 und bgh wm 2000, 1441). grundsätzlich ist es ausreichend, wenn der berater dem kunden dazu einen vollständigen und richtigen (den gesetzlichen vorgaben entsprechenden) prospekt aushändigt (bgh, urt. v. 11.05.2006 - iii zr 205/05, juris rn. 9; bgh, urt. v. 12.07.2007 - iii zr 145/06, juris rn. 9). allerdings muss der prospekt dem interessenten so rechtzeitig vor dem vertragsschluss überreicht werden, dass sein inhalt noch zur kenntnis genommen werden kann (bgh, urt. v. 21.03.2005 - ii zr 310/03, juris rn. 39; bgh, urt. v. 12.07.2007 - iii zr 145/06, juris rn. 9; bgh, urt. v. 27.10.2009 - xi zr 338/08, juris rn. 31). ist der prospekt rechtzeitig überlassen worden, kann eine haftung begründet sein, wenn der anlageberater den anleger vor zeichnung der anlage im gespräch dadurch irreführt, dass er die im prospekt angesprochenen risiken abschwächt oder verharmlost (bgh, urt. v. 12.07.2007 - iii zr 83/06, juris rn. 10). nach ständiger rechtsprechung des bundesgerichtshofs trägt dabei derjenige, der eine aufklärungs- oder beratungspflichtverletzung behauptet, dafür die darlegungs- und beweislast. die mit dem nachweis einer negativen tatsache verbundenen schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere partei die behauptete fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll. dem anspruchsteller obliegt dann der nachweis, dass diese darstellung nicht zutrifft (st. rspr.; vgl. nur bgh, urteil vom 14.07.2009 - xi zr 152/08, rn. 38 und bgh, urteil vom 05.05.2011 - iii zr 84/10, rn. 17, jeweils m.w.n.). 30aus dem emissionsprospekt zum g2 (anlage k 1) ergibt sich hinreichend deutlich, dass der kläger mit dieser anlage eine gesellschaftliche beteiligung mitsamt den damit verbundenen risiken einging. nach seite 53 des prospektes waren die treugeber über den treuhandkommanditisten an dem gesellschaftsvermögen der eigentümer-kommanditgesellschaft beteiligt. der treuhandkommanditist erwarb und verwaltete seine gesellschaftsbeteiligung im eigenen namen, aber für rechnung der beigetretenen beteiligten. der treuhandkommanditist vermittelte somit den treugebern das wirtschaftliche eigentum am l. nach dem gesellschaftsvertrag wurden die treuhänderisch beteiligten im innenverhältnis wie unmittelbar beteiligte kommanditisten behandelt. die beteiligung des treugebers am gewinn und verlust der eigentümer-kommanditgesellschaft sowie am gesellschaftsvermögen bestimmte sich dabei nach der höhe des treuhänderisch gezeichneten kapitalanteiles. laut den risikohinweisen auf seite 58 des emissionsprospektes handelte es sich bei der beteiligung an geschlossenen immobilienfonds um eine langfristig angelegte investition, bei der die anleger die mit der wirtschaftlichen entwicklung verbundenen risiken trugen. 31dass der zeuge g dem kläger vor zeichnung seiner beteiligung am g2 den zugehörigen emissionsprospekt nicht rechtzeitig übergeben und weder wesen und funktionsweise des fonds erläutert noch klargestellt hätte, dass es sich um eine unternehmerische beteiligung mitsamt den damit verbundenen risiken handele, kann nach vernehmung der von dem kläger dazu benannten zeugen in der mündlichen verhandlung vom 17.09.2013 nicht angenommen werden. 32die ehefrau des klägers - die zeugin w - hat zwar bekundet, dass der zeuge g bei der vorstellung der beteiligung am g2 keine risiken oder verlustmöglichkeiten erwähnt, sondern die anlage als „sichere geschichte“ dargestellt habe. einen emmissionsprospekt habe sie bei dem beratungsgespräch, bei dem sie die ganze zeit dabei gewesen sei, nicht gesehen. der zeuge g habe dem kläger lediglich eine kleine broschüre da gelassen. von den parteien übereinstimmend anders vorgetragen ist dann jedoch die ausdrückliche bekundung der zeugin w, dass der kläger „im ersten termin (dem unstreitigen gesprächs- und zeichnungstermin vom 10.09.1997) nichts unterschrieben“ habe. dass der zeugin w zwar die einzelnen schilderungen des zeugen g nach ablauf von 16 jahren noch gegenwärtig sein sollten, ihr dann aber die eigentlich bedeutsame und verbindliche unterschrift unter die beitrittserklärung völlig entgangen sein sollte, erscheint nicht nachvollziehbar. 33zudem steht die aussage der zeugin w im widerspruch zu den bekundungen des zeugen g, wonach er mit hundertprozentiger sicherheit sagen könne, dass es bei ihm eine zeichnung weder ohne prospekt noch direkt im ersten termin gegeben habe. üblicherweise habe er vielmehr nach der bestandsaufnahme im ersten gesprächstermin den prospekt ausgepackt und anhand dessen die beteiligung erläutert. ungefähr 8 bis 14 tage später sei die zeichnung dann in einem zweiten gesprächstermin erfolgt. der kunde habe sich so selbst an dem emissionsprospekt orientieren und danach verbleibende fragen im zweiten gesprächstermin stellen sollen. auf die frage nach der sicherheit der anlage habe er routinemäßig geantwortet: „meinen sie sicher im sinne von garantie? da kann ich nur sagen, im leben gibt es keine garantie; es gibt immer nur einschränkungen von risiken. sie wissen ja auch nicht, ob sie nächstes jahr weihnachten noch leben.“ der zeuge g räumte zu beginn seiner aussage offen ein, nach all den jahren und gesprächen keine konkrete erinnerung mehr an die einzelnen gespräche mit dem kläger zu haben. dennoch schilderte er seine übliche vorgehensweise sehr anschaulich und gut nachvollziehbar. 34nach vernehmung dieser beiden klägerseits benannten zeugen und nach der persönlichen anhörung des klägers im termin verbleiben der kammer zweifel am wahrheitsgehalt seiner sachverhaltsschilderung. es kann nicht ausgeschlossen werden, dass seine ehefrau - die zeugin w - doch nicht das komplette gespräch mit dem zeugen g mitbekommen bzw. nach ablauf von 16 jahren nicht mehr vollständig und in allen einzelheiten in erinnerung hat. dafür würde auch sprechen, dass die anlage letztlich nicht ihre, sondern die sache ihres ehemannes war, da es sich um sein geld (aus der ersten ehe) handelte. dies haben sowohl die zeugin w, als auch der kläger in seiner persönlichen anhörung so geschildert. nach alledem kann die kammer aber nicht mit einer für die überzeugungsbildung erforderlichen sicherheit annehmen, dass der zeuge g den kläger vor zeichnung der treuhandbeteiligung am g2 nicht richtig und vollständig über diejenigen tatsächlichen umstände informiert hätte, die für seinen anlageentschluss von besonderer bedeutung waren. 35b) soweit der kläger rügt, dass der zeuge g ihn nicht darüber aufgeklärt habe, dass und in welcher höhe provisionen aus dem von ihm zu zahlenden betrag an die beklagte fließen würden, so liegt darin keine zur haftung der beklagten führende pflichtverletzung. 36die rechtsprechung des bundesgerichtshofs zur aufklärungspflicht über kick-back-zahlungen, die der xi. zivilsenat für banken aufgestellt hat (wonach eine aufklärungspflicht für diese bejaht wird), ist insoweit nach der mittlerweile gefestigten rechtsprechung (grundsatzentscheidung vom 15.04.2010, iii zr 196/09, bghz 185, 185; diese bestätigend: urteile jeweils vom iii. senat vom 03.03.2011, iii zr 170/10; 05.05.2011, iii zr 84/10; 10.11.2011, iii zr 245/10; 19.01.2012 iii zr 48/11; 19.07.2012, iii zr 308/11 und zuletzt 06.12.2012, iii zr 307/11; so auch der ii. zivilsenat in urteilen jeweils vom 20.09.2011, ii zr 39/10 und 11/10) des für freie anlageberater zuständigen iii. zivilsenats nicht anzuwenden. für diese besteht im fall von solchen rückvergütungen grundsätzlich keine aufklärungspflicht, solange etwa ein agio offen ausgewiesen ist (vgl. grundsatzentscheidung a.a.o. und bgh urteil vom 10.11.2011, iii zr 245/10), wovon der iii. zivilsenat nur zwei ausnahmen macht: es ist vom kunden direkt an den berater eine vergütung gezahlt worden (denn dann muss der kunde nicht mehr damit rechnen, dass der berater sich durch rückvergütungen finanziert (vgl. grundsatzentscheidung a.a.o.) oder es handelt sich um rückvergütungen, die 15 % des anlagebetrags überschreiten (vgl. bgh, urteil vom 03.03.2011, iii zr 170/10). vorliegend war das agio auf der beitrittserklärung zum g2 mit 5 % deutlich ausgewiesen. einen anlass zu der annahme, dass die beklagten ihre dienste kostenlos erbringen würden, hatte der kläger nicht. 37dieses ergebnis erscheint auch sachgerecht, da sich bei typisierender betrachtungsweise die gestaltung der anlageberatung durch einen freien anlageberater grundlegend von der anlageberatung durch eine bank unterscheidet (vgl. bgh, urteil vom 15.04.2010 - iii zr 196/09 -, wm 2010, 885 ff.). das vertragsverhältnis zwischen dem kunden und seiner bank ist üblicherweise auf eine gewisse beständigkeit und dauer angelegt und regelmäßig davon geprägt, dass die bank für die jeweiligen dienstleistungen vom kunden selbst entgelte oder provision erhält. es handelt sich im allgemeinen um ein entgeltliches geschäftsbesorgungsverhältnis (§§ 611, 675 abs. 1 bgb), das vom gedanken der fremdnützlichkeit der geschäftsbesorgung und den pflichten des geschäftsbesorgers nach den §§ 666, 667 bgb maßgeblich mit geprägt und bestimmt wird. aus diesem verhältnis ergeben sich einerseits eine besondere pflicht der bank, die interessen ihres kunden zu wahren und in den mittelpunkt ihrer beratung zu stellen, und andererseits ein damit korrespondierendes schützenswertes kundenvertrauen. der von seiner bank bezüglich einer kapitalanlage beratene kunde muss nicht damit rechnen, dass die bank bei der anlageberatung vornehmlich eigene interessen an der einnahme von (nicht offen gelegten) rückvergütungen verfolgt. ihm ist nicht ohne weiteres erkennbar, dass die anlageberatung von der erwartung des zuflusses von rückvergütungen bestimmt sein könnte (vgl. bgh, urteil vom 03.03.2011 - iii zr 170/10 -, zitiert nach juris, rn.19 und olg köln, urteil vom 24.05.2011 – 24 u 57/10, zitiert nach juris, rn. 40). 38so liegt der fall hier jedoch nicht. ist bei der anlageberatung durch einen freien anlageberater ein agio für die eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen, so liegt es für den anleger klar erkennbar zu tage, dass aus diesen mitteln auch vertriebsprovisionen gezahlt werden, an denen sein anlageberater partizipiert (vgl. bgh, urteil vom 03.03.2011- iii zr 170/10 , zitiert nach juris, rn. 20 und olg köln, urteil vom 24.05.2011 – 24 u 57/10, zitiert nach juris, rn. 40). damit war aber offensichtlich, dass die beklagte ihr geld mit leistungen von seiten der kapitalsuchenden verdiente. ein schützenswertes vertrauen darauf, dass die beklagte keine provisionen von der vorgesellschaft erhielt, bestand nach alledem auf seiten des klägers nicht. der auf seiten der beklagten – möglicherweise - bestehende vertragswidrige interessenkonflikt lag vielmehr auf der hand. gleiches gilt für den umstand, dass die beklagte einer doppelten vertraglichen bindung unterlag, nämlich aus der vertriebsvereinbarung mit der fondsgesellschaft und deren hauptvertriebsbeauftragten einerseits und aus dem beratungsvertrag andererseits. es geschah in dieser hinsicht mithin nichts „hinter dem rücken“ des klägers oder „heimlich“. danach wäre die beklagte nur dann verpflichtet gewesen, den kläger, der selbst keine provision zahlte, ungefragt über ihr zufließenden provisionen zu informieren, wenn ein agio oder kosten für die eigenkapitalbeschaffung, aus den ihrerseits die vertriebsprovision aufgebracht werden, nicht offen ausgewiesen worden wären. dagegen kann von dem anlageberater in anbetracht der berechtigten wahrung seines betriebs- und geschäftsgeheimnisses grundsätzlich nicht verlangt werden, dass er seine kunden ohne anlass oder nachfrage über die höhe gegebenenfalls sämtlicher provisionen für die vermittlung der in seinem beratungsprogramm enthaltenen anlagen aufklärt (vgl. bgh, urteil vom 03.03.2011- iii zr 170/10 -, zitiert nach juris, rn. 21 und olg köln, urteil vom 24.05.2011 – 24 u 57/10, zitiert nach juris, rn. 40). 39c) soweit sich der kläger darauf beruft, dass der zeuge g ihn vor zeichnung der beteiligung am g2 nicht über das totalverlustrisiko, über die eingeschränkte veräußerbarkeit der beteiligung (fungibilität) oder die gefahr des wiederauflebens der haftung nach § 172 abs. 4 hgb aufgeklärt habe, wären solche beratungsfehler bzw. aufklärungspflichtverletzungen jedenfalls absolut verjährt. 40ein darauf gründender schadensersatzanspruch ist nämlich bereits mit der zeichnung der beteiligung durch den kläger am 10.09.1997 entstanden. für diesen - nach dem bis zum 31.01.2001 geltenden recht - aus pvv herzuleitenden anspruch galt zunächst die dreißigjährige verjährungsfrist des § 195 bgb a.f. an deren stelle trat gemäß art. 229 § 6 abs. 4 s. 1 egbgb neben der dreijährigen regelverjährung des §§ 195 bgb n.f. die absolute verjährung nach 10 jahren gemäß § 199 abs. 3 s. 1 nr. 1 bgb, gerechnet ab dem 01.01.2002, mit der folge, dass mit ablauf des 31.12.2011 verjährung eingetreten ist. 41insoweit hat der kläger die verjährung auch nicht rechtzeitig durch die einleitung des güteverfahrens nach § 204 abs. 1 nr. 4 bgb gehemmt. denn der kläger hat in seinem güteantrag vom 22.12.2011 (anlage b 1) nur gerügt, dass ihm bei vorstellung der beteiligung am g2 durch einen mitarbeiter der beklagten suggeriert worden sei, es handele sich um eine sichere und gewinnbringende anlage, ohne die risiken und nachteile der beteiligung an diesem immobilienfonds mit ihm zu erörtern, und dass er nicht darüber aufgeklärt worden sei, dass und in welcher höhe provisionen aus dem von ihm zu zahlenden betrag an die beklagte fließen würden. damit hat er aber die hier streitgegenständlichen weiteren beratungs- bzw. aufklärungsfehler des zeugen g - nämlich die mangelnde hinweise auf das totalverlustrisiko, auf die eingeschränkte veräußerbarkeit der beteiligung und die gefahr des wiederauflebens der haftung nach § 172 abs. 4 hgb - nicht hinreichend spezifiziert und die verjährung hinsichtlich dieser drei beratungs- bzw. aufklärungsfehler nicht rechtzeitig gehemmt. 42anders als der kläger meint, müssen auch schon im güteantrag i.s.d. § 204 abs. 1 nr. 4 bgb die dem antragsgegner vorgeworfenen pflichtverletzungen so individualisiert werden, dass diese von anderen möglichen, aber nicht zum gegenstand des güteverfahrens gemachten pflichtverletzungen abgegrenzt werden können und dem antragsgegner so die beurteilung ermöglicht wird, ob er sich gegen die geltend gemachten ansprüche zur wehr setzen will. nach der rechtsprechung des bundesgerichtshofs (vgl. bgh, urteil vom 09.11.2007 - v zr 25/07 und bgh, urteil vom 24.03.2011 – iii zr 81/10) beginnt die kenntnisabhängige verjährungsfrist für jeden beratungsfehler gesondert zu laufen, wenn sich - wie hier - ein schadensersatzanspruch auf mehrere aufklärungs- bzw. beratungsfehler stützen lässt. soweit das oberlandesgericht dresden mit urteil vom 25.09.2012 (5 u 245/12) ausgeführt hat, dass diese rechtsprechung des bundesgerichtshofs sich nur auf den beginn der verjährung, nicht aber auf ihre hemmung beziehe, ist dem nicht zu folgen. vielmehr können die verschiedenen in betracht kommenden pflichtverletzungen eines anlageberaters, soweit sie einen je eigenen, abgrenzbaren lebenssachverhalt betreffen, auch nur als (zumindest) abgrenzbare teile des streitgegenstandes angesehen werden. eine andere sichtweise führte dazu, dass hinsichtlich der unterschiedlichen in betracht kommenden pflichtverletzungen zwar die verjährung jeweils eigenständig liefe, die rechtskraft eines klageabweisenden urteils jedoch auch im rechtsstreit nicht vorgetragene, verjährungsrechtlich selbstständige pflichtverletzung erfassen würde (vgl. olg köln, urteil vom 04.09.2012 - 24 u 65/11, zitiert nach juris, rn. 19). dieses ergebnis überzeugt nicht. dem gläubiger muss es nach der rechtsprechung des bundesgerichtshofs unbenommen bleiben, eine ihm bekannt gewordene aufklärungspflichtverletzung - selbst wenn eine darauf gestützte klage auf rückabwicklung des vertrages erfolgversprechend wäre - hinzunehmen, ohne gefahr zu laufen, dass deshalb ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten aufklärungspflichtverletzungen zu verjähren beginnen (vgl. bgh urteil vom 19.11.2009 – iii zr 169/08, bkr 2010, 118 ff.). nichts anderes kann dann für den fall gelten, dass ein anleger eine einzelne, abgrenzbare aufklärungspflichtverletzung zum anlass nimmt, gerichtlich gegen den anlagevermittler oder anlageberater vorzugehen. auch in diesem fall darf der anleger nicht befürchten müssen, dass er im fall einer klageabweisung auch aller ansprüche verlustig geht, die gegebenenfalls auf anderen, ihm womöglich noch gar nicht bekannt gewordenen pflichtverletzungen beruhen (vgl. olg köln, urteil vom 04.09.2012 - 24 u 65/11, zitiert nach juris, rn. 19). nichts anderes kann dann aber für die vorgerichtliche geltendmachung der ansprüche im vorgelagerten güteverfahren gelten, das eine solche rechtskrafterstreckung zwar nicht kennt, aber dem antragsgegner hinreichend deutlich vor augen führen muss, mit welchen ansprüchen er konfrontiert wird und welche fehler ihm im einzelnen vorgeworfen werden. 43d) soweit der kläger schließlich geltend macht, der emissionsprospekt zum g2 sei fehlerhaft, da er nicht auf ein totalverlustrisiko oder auf die fungibilität hinweise, der investitions- und kostenplan nicht transparent und die renditeberechnung anhand der irr-methode vorgenommen worden sei, führt auch dies zu keiner haftung der beklagten. 44zum einen kann sich der kläger schon deswegen nicht auf prospektfehler berufen, weil nicht ersichtlich ist, dass er seine anlageentscheidung auf der grundlage des prospekts getroffen hätte. nach seinem eigenen schriftsätzlichen vortrag, den er bei seiner persönlichen anhörung in der mündlichen verhandlung vom 17.09.2013 bestätigt hat, hat der kläger den emissionsprospekt zum g2 nie – und schon gar nicht vor der zeichnung der beteiligung – von dem zeugen g erhalten. der anwendungsbereich der prospekthaftung ist aber erst dann eröffnet, wenn der prospekt, aufgrund dessen fehlerhaftigkeit ein kapitalanleger schadensersatzansprüche stellt, grundlage der anlageentscheidung gewesen ist (vgl. bghz 71, 284, 288; bgh njw-rr 1991, 1246; bgh zip 2000, 1296; bgh njw 2002, 1711). nur in diesem fall ist dem anleger derjenige schaden zu ersetzen, den er dadurch erlitten hat, dass er den angaben vertraut hat, mit denen in dem prospekt für die betreffende anlage geworben wurde (vgl. bgh njw 1993, 2865, 2866). die vertrauenshaftung knüpft damit in objektiver hinsicht an den unmittelbar durch den prospekt geschaffenen vertrauenstatbestand an, von dem in subjektiver hinsicht der kapitalanleger, der einen anspruch geltend macht, zum zeitpunkt seiner anlageentscheidung kenntnis gehabt haben muss (vgl. bghz 72, 382, 387). ohne diese kenntnis vertraut der vertrauende gleichermaßen blind und ist nicht schutzwürdig (vgl. olg saarbrücken, urteil vom 15.12.2005 – 8 u 330/04 – 72, 8 u 330/04 – zitiert nach juris, rn. 60). 45zum anderen wären ansprüche des klägers wegen fehlerhafter prospektangaben bereits absolut verjährt, da auch sie im güteantrag vom 22.12.2011 nicht enthalten waren (s.o. unter 1)c). 462) die kostenentscheidung beruht auf § 91 abs. 1 zpo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 s. 1 und 2 zpo. 47der streitwert wird wie folgt festgesetzt: 48hauptantrag zu i: 24.623,36 € 49hauptantrag zu ii: 42.739,35 € (38.000,00 € + 4.739,35 €) 50hilfsantrag: --- (§ 45 abs. 1 s. 2 und 3 gkg) 51insgesamt: 67.362,71 € | Verklagte*r | 0 |
344,676 | 8 K 3255/19 | 2022-04-01T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladene allerdings nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Kläger wenden sich gegen die der vormals beigeladenen N. - Q. GmbH erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die - mittlerweile erfolgte - Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage auf der Bergehalde N1. in H. . 3Die vormals beigeladene N. - Q. GmbH beantragte unter dem 19. Juli 2018 bei dem Beklagten die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage des Typs ENERCON E‑138 EP3 mit einer Nabenhöhe von 131 m und einem Rotordurchmesser von 138,6 m auf dem Grundstück Gemarkung H. , Flur 00, Flurstück 000 (Halde N1. ). Diesem Antrag beigefügt waren unter anderem eine Schallimmissionsprognose der S. GmbH & Co. KG vom 11. Juli 2018 in der überarbeiteten Fassung vom 31. Januar 2019 (nachfolgend: Schallimmissionsprognose vom 31. Januar 2019) sowie eine Sichtbeziehungsuntersuchung zur Beurteilung der optisch bedrängenden Wirkung der Windenergieanlage der S. GmbH & Co. KG vom 11. September 2018 nebst Stellungnahme zum Schreiben der Stadt H. vom 14. Dezember 2018. 4Bei dem Vorhabengrundstück handelt es sich um eine Bergehalde, die im Rahmen der bergbaulichen Tätigkeiten im nördlichen Ruhrgebiet aufgeschüttet wurde. Der konkrete Standort der Windenergieanlage befindet sich nach den Angaben, die über das Internetangebot des Landes Nordrhein-Westfalen für amtliche Karten und sonstige amtliche Daten (TIM-online) abgerufen werden können, etwa 98,5 m über Normalnull. 5Der Kläger zu 1. ist Eigentümer und Bewohner des westlich der N1 2 . gelegenen Wohnhauses X. Straße 171. Die Entfernung zwischen dem Wohnhaus und der beklagten Windenergieanlage beträgt etwa 440 m, der Höhenunterschied etwa 60 m. Das Wohngrundstück des Klägers zu 1. liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Die Bebauung nördlich des Wohnhauses besteht aus einem weiteren Wohnhaus (X. Straße 165), einer etwa 1.200 qm großen - dem Kläger zu 1. gehörenden - Halle sowie kleineren Nebengebäuden. An diese Wohnhäuser schließt sich im nord-östlichen Bereich eine etwa 28.000 bis 30.000 qm große Freifläche an. Nordwestlich der vorgenannten Wohnhäuser befindet sich hinter der X. Straße und einer Baumreihe ebenfalls eine etwa 10.000 qm große Freifläche. In östlicher und südlicher Richtung grenzt das Wohnhaus des Klägers zu 1. an eine bewaldete Fläche, durch die der O. fließt. In südwestlicher Richtung befindet sich zwischen dem Wohngrundstück des Klägers zu 1. und den Wohnhäusern X. Straße 175/177, 190 und 192 ein Baumbestand, dazwischen fließt der X1. N3. . 6Die Klägerin zu 2. ist Eigentümerin und Bewohnerin des südöstlich der N1 2 . gelegenen Wohnhauses C.--straße 106. Die Entfernung zwischen dem Wohnhaus und der beklagten Windenergieanlage beträgt etwa 570 m, der Höhenunterschied etwa 60 m. Das Wohngrundstück der Klägerin zu 2. liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 002 der Stadt H. . Dieser weist für diesen Bereich ein allgemeines Wohngebiet aus. In der Begründung zum Bebauungsplan Nr. 002 (dort Seite 23) wird ausgeführt, dass es sich bei der städtebaulichen Situation des Plangebietes überwiegend um Gemengelagen handele, die im Laufe der Zeit gewachsen seien. Deshalb sei bei der Betrachtung der immissionsrechtlichen Situation unter Berücksichtigung der vorhandenen Betriebe und der hierdurch bedingten Immissionsvorbelastung für die Baugebiete im Bebauungsplangebiet das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme anzuwenden. Daher werde den angrenzenden allgemeinen Wohngebieten immissionsschutzrechtlich der Störgrad von Mischgebieten zugewiesen. 7Durch Bescheid vom 11. Februar 2019, dem Kläger zu 1. am 20. Februar 2019, der Klägerin zu 2. am 16. Februar 2019 zugestellt, erteilte der Beklagte der vormals beigeladenen N. - Q. GmbH unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Diese enthält unter anderem Nebenbestimmungen zum Lärmschutz sowie zur Standsicherheit der Windenergieanlage. 8Mit Schreiben vom 25. Februar 2019 zeigte die vormals beigeladene N. - Q. GmbH dem Beklagten entsprechend Ziffer IV. 1.7 des Genehmigungsbescheides an, dass nunmehr die Beigeladene Betreiber der Windenergieanlage sei. 9Die mit Schreiben vom 14. März 2019 erhobenen Widersprüche der Kläger wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheide vom 24. Juni 2019 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Kläger seien keinen unzumutbaren Schall-immissionen ausgesetzt. Auf der Grundlage der Schallimmissionsprognose vom 31. Januar 2019 sei eine Überschreitung der - für beide Kläger - maßgeblichen Immissionsrichtwerte von 45 dB(A) nachts und 60 dB(A) tags mit Sicherheit auszuschließen. Die Kläger würden auch durch den von der Windenergieanlage ausgehenden bewegten Schattenwurf nicht erheblich belästigt. Eine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Kläger gehe von der Windenergieanlage nicht aus. Die Wohnhäuser der Kläger seien wegen ihres Abstandes zur Windenergieanlage entsprechend der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen einer intensiven Prüfung des Einzelfalls unterzogen worden. Aufgrund der Lage und der Nutzung der Räume des jeweiligen Wohnhauses, des topografischen Höhenunterschiedes, der Vorbelastung durch den Hochspannungsmast (nur Klägerin zu 2.), der Sichtverstellung durch (Garten)bewuchs sowie der Hauptwindrichtungsverteilung sei insgesamt nicht von einer optisch bedrängenden Wirkung der Windenergieanlage auszugehen. Es seien ferner keine Erschütterungseinwirkungen an den Wohnhäusern der Kläger zu erwarten. Die von den Klägern geltend gemachte Wertminderung ihrer jeweiligen Grundstücke werde bereits nicht nachprüfbar dargelegt. Abgesehen davon sei die weitere Nutzung als Wohngrundstück nicht unmöglich oder unzumutbar, weil von der Windenergieanlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen zu Lasten der Kläger ausgingen. Die weiteren von den Klägern angeführten Aspekte - Landesplanung, Regionalplanung, Planung der Stadt H. sowie die Standsicherheit der Windenergieanlage - hätten keinen drittschützenden Charakter und seien daher nicht Gegenstand des vorliegenden Widerspruchsverfahrens. Im Übrigen ergäben sich aber auch insoweit keine rechtlichen Bedenken gegen die erteilte Genehmigung. 10Die Kläger haben am 16. Juli 2019 Klage erhoben und bereits am 8. April 2019 einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt, den die Kammer durch Beschluss vom 4. November 2019 - 8 L 547/19 - abgelehnt hat. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers zu 1. hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen durch Beschluss vom 29. September 2020 - 8 B 1576/19 - zurückgewiesen. 11Auf entsprechende Anträge der Beigeladenen hat der Beklagte durch Bescheid vom 28. Januar 2021 die Nebenbestimmung IV. 6.1.2 des angefochtenen Genehmigungsbescheides aufgehoben und durch Bescheid vom 9. November 2021 festgestellt, dass die beklagte Windenergieanlage entsprechend der Nebenbestimmung IV. 3.1.6 des Genehmigungsbescheides vom 11. Februar 2019 zur Nachtzeit (22:00 bis 06:00 Uhr) im Betriebsmodus 100dB mit einer Leistung von 2350 kW betrieben werden darf. Zur Begründung ist ausgeführt, dass nach dem Vermessungsbericht der Deutsche X2. D. GmbH E. vom 20. August 2020 die in Ziffer IV. 3.1.5 des Genehmigungsbescheides vom 11. Februar 2019 festgelegten Oktavschallleistungspegel für 1000, 2000, 4000 und 8000 Hertz Lo,Okt zwar überschritten seien, der Nachweis für die Aufnahme des Nachtbetriebs aber durch eine erneute Ausbreitungsberechnung in der Schallimmissionsprognose der S. GmbH & Co. KG vom 27. Oktober 2021 erbracht worden sei. 12Zur Begründung ihrer Klage machen die Kläger im Wesentlichen geltend: Auf der Grundlage der Schallimmissionsprognose vom 31. Januar 2019 könne nicht hinreichend verlässlich beurteilt werden, dass sie keinen unzumutbaren Lärmimmissionen durch den Betrieb der Windenergieanlage ausgesetzt seien. Entgegen der Annahme des Beklagten bzw. der Beigeladenen liege das Wohngrundstück des Klägers zu 1. nicht im Außenbereich, sondern im unbeplanten Innenbereich und sei als allgemeines bzw. reines Wohngebiet zu qualifizieren, weshalb als maßgeblicher Immissionsrichtwert 40 dB(A) bzw. 35 dB(A) und nicht 45 dB(A) während der Nachtzeit zugrunde zu legen sei. Die in der Schallimmissionsprognose vom 31. Januar 2019 zugrunde gelegten Eingangsdaten beruhten lediglich auf Herstellerangaben und seien zudem widersprüchlich. Der angenommene Sicherheitszuschlag sei nicht ausreichend. Es sei auch nicht erkennbar, welches Berechnungsprogramm benutzt worden sei. Ferner sei die erforderliche Sonderfallprüfung wegen möglicher Schallreflexionen („Amphitheatereffekt“) nicht durchgeführt worden. Der Verzicht auf eine separate Beurteilung der Schallimmissionsbelastung während der Tagzeit sei nicht vertretbar. Die Belastung durch Infraschall sei nicht betrachtet worden, dies stelle ein Ermittlungsdefizit dar. Die Schallimmissionsprognose vom 27. Oktober 2021 sei ebenfalls nicht zum Nachweis geeignet, dass die zulässigen Immissionsrichtwerte eingehalten seien. Der dieser Ausbreitungsrechnung zugrunde liegende Vermessungsbericht vom 20. August 2020 sei nicht aussagekräftig, weil sich das Geländeprofil der dort vermessenen Windenergieanlage von dem im vorliegenden Einzelfall gegebenen Geländeprofil deutlich unterscheide. Zudem sei die Schallimmissionsprognose vom 27. Oktober 2021 nicht hinreichend transparent bzw. nachvollziehbar, insbesondere hinsichtlich der angenommenen Messunsicherheiten sowie des Ergebnisses, dass trotz höherer Messwerte in einigen Frequenzbereichen die ermittelten Pegel vielfach geringer seien. Von der genehmigten Windenergieanlage gehe zudem eine optisch bedrängende Wirkung aus. Der Abstand zwischen dem Wohnhaus des Klägers zu 1. und der Windenergieanlage liege sehr nah an der regelmäßigen Dominanzschwelle der zweifachen Gesamthöhe der Anlage. Sichtbeziehungen zu der Windenergieanlage, die das zumutbare Maß überschritten, bestünden aus verschiedenen Räumen ihrer Wohnhäuser sowie aus dem Garten- bzw. Terrassenbereich. Insoweit gehe die im Verwaltungsverfahren vorgelegte Sichtbeziehungsuntersuchung von unzutreffenden tatsächlichen Annahmen aus. Durch die Errichtung auf der etwa 100 m hohen N1 2 . habe die Windenergieanlage die optische Wirkung einer 300 m hohen Anlage. Aufgrund der Dimensionierung der Windenergieanlage richte sich der Blick nicht - wie vom Beklagten angenommen - zunächst in den Hang bzw. Haldenkörper, sondern direkt auf die Windenergieanlage. Entgegen der Annahme des Beklagten bzw. der Beigeladenen könne die Hochspannungsleitung der Klägerin zu 2. nicht als Vorbelastung entgegen gehalten werden. Diese sei - anders als der Rotor der Windenergieanlage - statisch und werde von ihr daher nicht mehr wahrgenommen. Es bestünden auch keine zumutbaren Ausweich- oder Abschirmungsmöglichkeiten. Es seien keine von der Windenergieanlage möglicherweise ausgehenden Erschütterungen betrachtet worden. Die Windenergieanlage sei mit den Zielen der Landesplanung, der Regionalplanung und den städtebaulichen Zielen für die Haldenwelt und die angrenzenden Stadtteile nicht vereinbar. Sie widerspreche auch dem Bebauungsplan Nr. 000, Gebiet: „N1 2 . “ vom 4. April 2019. 13Die Kläger beantragen, 14den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid vom 11. Februar 2019 in der Fassung des jeweiligen Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2019 sowie des Bescheides vom 9. November 2021 aufzuheben, 15hilfsweise, 16den vorgenannten Bescheid für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären. 17Der Beklagte beantragt, 18die Klage abzuweisen. 19Zur Begründung wiederholt bzw. vertieft er seine Ausführungen in den Widerspruchsbescheiden und führt ergänzend aus: Erhebliche Belästigungen oder gar Gesundheitsgefahren durch Infraschall von Windenergieanlagen seien nicht gegeben. Entsprechendes gelte in Bezug auf den von den Klägern angesprochenen Körperschall. 20Die Beigeladene beantragt, 21die Klage abzuweisen. 22Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf die Ausführungen des Beklagten in den streitgegenständlichen Widerspruchsbescheiden bzw. im gerichtlichen Verfahren sowie auf die gerichtlichen Entscheidungen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. 23Die Kammer hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 6. Dezember 2021 auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen. Dieser hat am 16. Februar 2022 einen Ortstermin mit den Beteiligten zwecks Feststellung der örtlichen Gegebenheiten am Wohngrundstück des Klägers zu 1. sowie zur Beurteilung der optisch bedrängenden Wirkung durchgeführt. Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Inaugenscheinnahme wird auf das zugehörige Terminsprotokoll Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich in dem Ortstermin am 16. Februar 2022 übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung einverstanden erklärt. 24Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Verfahrens 8 L 547/19 sowie die dort und im Verfahren 8 K 1199/19 beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. 25Entscheidungsgründe: 26Die Klage, über die der nach § 6 Abs. 1 VwGO zuständige Einzelrichter im Einverständnis der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) entscheidet, hat keinen Erfolg. 27Der Bescheid vom 9. November 2021 konnte noch in das laufende Klageverfahren einbezogen werden (dazu A.). Die von den Klägern in der nunmehrigen Form fortgeführte Klage ist zwar zulässig (dazu B.), aber unbegründet (dazu C.). 28A. Die Kläger konnten den Bescheid vom 9. November 2021 in das laufende Klageverfahren einbeziehen. Durch diesen Bescheid hat der Beklagte verbindlich festgestellt, dass der durch den Genehmigungsbescheid vom 11. Februar 2019 (vgl. Ziffer IV. 3.1.6 i. V. m. 3.1.5) zunächst aufschiebend bedingt zugelassene schallreduzierte Nachtbetrieb im Betriebsmodus 100 dB mit einer Leistung von 2350 kW nunmehr aufgenommen werden darf, weil die Beigeladene den Eintritt der aufschiebenden Bedingung nachgewiesen habe. Damit bilden dieser Bescheid und der Genehmigungsbescheid ‑ ebenso wie die dem Genehmigungsbescheid zur Sicherstellung der Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen (vgl. § 12 Abs. 1 BImSchG) nachträglich beigefügten Nebenbestimmungen -, 29vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 22. November 2021 - 8 A 973/15 -, juris Rn. 49 ff., m. w. N., 30einen unteilbaren Regelungsgegenstand und stellt dessen Einbeziehung schon keine Klageänderung dar. 31Eine Änderung des Streitgegenstands liegt mithin im Rechtssinne nicht vor, sondern lediglich eine nach § 173 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 3 ZPO ohne Weiteres zulässige Anpassung des Klageantrags aufgrund einer nachträglichen Veränderung. Selbst wenn man die Einbeziehung des Bescheides vom 9. November 2021 als Klageänderung im Sinne von § 91 VwGO ansieht, ist diese Klageänderung aber aus Gründen der Prozessökonomie jedenfalls als sachdienlich einzustufen. 32B. Die von den Klägern in der nunmehrigen Form fortgeführte und als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthafte Klage ist zulässig. Insbesondere sind die Kläger gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass der Betrieb der streitbefangenen Anlage schädliche Umwelteinwirkungen insbesondere in Form von Lärmimmissionen hervorruft (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) bzw. von ihr eine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Kläger ausgeht und sie jedenfalls insoweit möglicherweise in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sind. 33C. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Genehmigungsbescheid vom 11. Februar 2019 in der Fassung des jeweiligen Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2019 sowie des Bescheides vom 9. November 2021 für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage verletzen die Kläger jedenfalls nicht in ihren subjektiven Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 34Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. 35Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Kläger werden weder durch Lärm (dazu I.) noch durch die optischen Auswirkungen der streitgegenständlichen Anlage (dazu II.) oder durch von ihr ausgehende Erschütterungen (dazu III.) unzumutbar beeinträchtigt. Der Genehmigungsbescheid vom 11. Februar 2019 enthält ferner ausreichende Vorgaben zur Sicherstellung der Standsicherheit der Windenergieanlage (dazu IV.). Auf die weiteren gerügten Aspekte - Unvereinbarkeit mit dem Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen, dem Gebietsentwicklungsplan Regierungsbezirk N4. - Teilabschnitt „F. - M. “ - und dem Bebauungsplan Nr. 000 der Stadt H. - können sich die Kläger aus Rechtsgründen nicht berufen (dazu V.). 36I. Ausgehend von den Immissionsrichtwerten der TA Lärm (dazu 1.) sind die Kläger keinen unzumutbaren Lärmimmissionen ausgesetzt (dazu 2.). 371. Der Immissionsrichtwert beträgt sowohl für das Wohngrundstück des Klägers zu 1. (dazu a)) als auch der Klägerin zu 2. (dazu b)) für die Tagzeit 60 dB(A) und für die Nachtzeit 45 dB(A). 38a) Das Wohngrundstück des Klägers zu 1. liegt im bauplanungsrechtlichen Außenbereich, weshalb ihm in Anlehnung an die für Dorf- und Mischgebiete nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchstabe d TA Lärm festgelegten Grenzwerte 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts zuzumuten sind. 39Ständige Rechtsprechung, vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 22. November 2021 - 8 A 973/15 -, juris Rn. 119 f., m. w. N. 40Auf der Grundlage des im Internet verfügbaren Karten- bzw. Bildmaterials (TIM-online; Google Maps) sowie der am 16. Februar 2022 durchgeführten Inaugenscheinnahme der örtlichen Verhältnisse ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass das Wohngrundstück des Klägers zu 1. nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB liegt und damit bauplanungsrechtlich dem Außenbereich gemäß § 35 BauGB zuzuordnen ist. 41aa) Die Anwendung des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB setzt einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil voraus. Die Tatbestandsmerkmale „im Zusammenhang bebaut“ und „Ortsteil“ gehen nicht ineinander auf, sondern sind kumulativer Natur. „Ortsteil“ im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Ein „Bebauungszusammenhang“ ist gegeben, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. 42Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2015 - 4 C 5.14 -, juris Rn. 11, m. w. N. 43Vermittelt eine aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit, liegt mithin ein Bebauungszusammenhang vor, an dem das in Rede stehende Grundstück teilnimmt, ist in einem weiteren Schritt - in Abgrenzung zur Splittersiedlung - zu klären, ob dieser Bebauungszusammenhang Teil eines Bebauungskomplexes im Gebiet einer Gemeinde ist, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Für die Frage, ob ein Bebauungskomplex nach seinem Gewicht als Ortsteil oder aber als Splittersiedlung anzusehen ist, kommt es auf die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde an. 44Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2016 - 4 B 47.14 -, juris Rn. 10, 14, m. w. N., und Urteil vom 17. Februar 1984 ‑ 4 C 56.79 -, juris Rn. 9. 45Grundsätzlich ist weder die Zahl der Wohnhäuser in einem Bebauungskomplex noch die Häufigkeit von Splittersiedlungen in einem Gemeindegebiet allein maßgebend für diese Bewertung. Ein Bebauungskomplex ist - allerdings nicht rein quantitativ - sowohl mit Ortsteilen als auch mit Splittersiedlungen zu vergleichen. Sind deutliche Siedlungsschwerpunkte in näherer Umgebung vorhanden, ist eine Streubebauung mit erheblich weniger Wohnhäusern als Splittersiedlung zu werten und damit insgesamt dem Außenbereich zugeordnet. Ein weiteres Kriterium für die Annahme eines Ortsteils können Infrastruktureinrichtungen sein. 46Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. April 1994 - 4 B 77.94 -, juris Rn. 2 f.; OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2020 ‑ 8 B 857/19 -, juris Rn. 14 f., m. w. N. 47Eine Ansammlung von nur vier Wohngebäuden besitzt regelmäßig nicht das für eine eigenständige Siedlungseinheit erforderliche Gewicht. 48Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. April 1994 ‑ 4 B 77.94 -, juris Rn. 2. 49bb) Hiervon ausgehend ist das Wohngrundstück des Klägers zu 1. dem Außenbereich zuzuordnen. Dabei kann dahinstehen, ob diese Einordnung wie die Kammer und nachfolgend das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes angenommen haben, bereits daraus folgt, dass dieses Wohngrundstück wegen des unmittelbar südwestlich angrenzenden Baumbestandes sowie des dazwischen verlaufenden X1. N 3 . und der davon ausgehenden Zäsurwirkung bereits keinen Bebauungszusammenhang mit den südlich gelegenen Wohnhäusern X. Straße 175/177, 190 und 192 bildet. Insoweit ist nach der Inaugenscheinnahme der örtlichen Verhältnisse am 16. Februar 2022 festzustellen, dass das Wohnhaus des Klägers zu 1. und insbesondere die Doppelhaushälfte X. Straße 175/177 - zumindest außerhalb der Vegetationsperiode - nicht durch den vorhandenen Baumbestand optisch voneinander abgegrenzt werden. Jedenfalls bildet die Bebauung entlang der X. Straße, die im Norden von der Straße L. und im Westen von der Bundesstraße 000 eingegrenzt wird, keinen Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Es handelt sich vielmehr um eine dem Außenbereich zuzuordnende (Streu‑)Bebauung. 50Zu dieser Einordnung bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes tendierend: OVG NRW, Beschluss vom 29. September 2020 - 8 B 1576/19 -, juris Rn. 17. 51Hierfür spricht zunächst der Vergleich zu der übrigen Siedlungsstruktur der Stadt H. und hier insbesondere den umliegenden Ortsteilen C1. , F1. und H. Mitte. Diese zeichnen sich überwiegend durch eine linear-gleichmäßige („perlenschnurartige“) Wohnbebauung aus, die anders als die hier in Rede stehende Wohnbebauung an der X. Straße kaum durch (große) Baulücken unterbrochen wird. Zudem fehlt es an jeglichen Infrastruktureinrichtungen. Für die Einordnung als Außenbereich spricht ferner, dass die nördlich des Wohnhauses des Klägers zu 1. angrenzende etwa 1.200 m² große Halle nach den Angaben seiner Ehefrau in dem Ortstermin am 16. Februar 2022 ursprünglich zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt wurde. Landwirtschaftliche Nutzungen sind aber gerade dem Außenbereich vorbehalten, vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Demgegenüber lassen sich keine Gesichtspunkte für die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur finden, der dem hier in Rede stehenden Bebauungskomplex das Gewicht eines Ortsteils verleiht. Hierfür reicht nach den dargestellten Maßstäben alleine die Überschreitung der Untergrenze des Bundesverwaltungsgerichts für die Annahme eines „gewissen Gewichts“ eines Bebauungszusammenhangs für sich genommen nicht aus. 52b) Der Klägerin zu 2. sind ebenfalls die in Nr. 6.1 Satz 1 Buchstabe d TA Lärm festgelegten Lärmimmissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts zuzumuten. Zwar liegt ihr Wohngrundstück im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 002 der Stadt H. , der für diesen Bereich ein allgemeines Wohngebiet ausweist. Allerdings wird in der Begründung zum Bebauungsplan Nr. 002 (dort Seite 23) ausgeführt, dass es sich bei der städtebaulichen Situation des Plangebietes überwiegend um Gemengelagen handele, die im Laufe der Zeit gewachsen seien. Deshalb sei bei der Betrachtung der immissionsrechtlichen Situation unter Berücksichtigung der vorhandenen Betriebe (gemeint sind Gewerbebetriebe) und der hierdurch bedingten Immissionsvorbelastung für die Baugebiete im Bebauungsplangebiet das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme anzuwenden. Daher werde den angrenzenden allgemeinen Wohngebieten immissionsschutzrechtlich der Störgrad von Mischgebieten zugewiesen, weshalb hier Buchstabe d und nicht e von Nr. 6.1 Satz 1 TA Lärm Anwendung findet. Diese immissionsschutzrechtliche Einordnung des zulässigen Störgrades wird durch die Klägerin zu 2. nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen. 532. Die hiernach maßgeblichen Immissionsrichtwerte werden durch den Betrieb der streitgegenständlichen Windenergieanlage hinreichend sicher eingehalten. Dies folgt aus den auf der Grundlage des Interimsverfahrens durchgeführten Berechnungen in den Schallimmissionsprognosen vom 31. Januar 2019 bzw. 27. Oktober 2021. Danach werden die zulässigen Immissionsrichtwerte an den jeweiligen Wohnhäusern der Kläger weder während des nunmehr zugelassenen Nachtbetriebs (dazu a)) noch des Tagbetriebs (dazu b)) überschritten. 54a) Der Beklagte hat durch Bescheid vom 9. November 2021 verbindlich festgestellt, dass der durch den Genehmigungsbescheid vom 11. Februar 2019 (vgl. Ziffer IV. 3.1.6 i. V. m. 3.1.5) zunächst aufschiebend bedingt zugelassene schallreduzierte Nachtbetrieb im Betriebsmodus 100 dB mit einer Leistung von 2350 kW ab sofort aufgenommen werden darf, weil die Beigeladene den Eintritt der aufschiebenden Bedingung nachgewiesen habe. In diesem Betriebsmodus wird der rechtlich zulässige Immissionsrichtwert an den beiden Wohnhäusern der Kläger von 45 dB(A) nachts hinreichend verlässlich eingehalten. 55In der Schallimmissionsprognose vom 31. Januar 2019, bei der für die Ausbreitungsrechnung - mangels eines zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Vermessungsberichts des hier genehmigten Anlagentyps - der höchste vom Hersteller für den Betriebsmodus 100 dB angegebene Schallleistungspegel von 100 dB(A) zuzüglich eines Sicherheitszuschlags in Höhe von 2,1 dB(A) für den oberen Vertrauensbereich, wurde die von der Windenergieanlage ausgehende Zusatzbelastung am Wohnhaus des Klägers zu 1. (= IP 03) mit 39,1 dB(A) angegeben, was zugleich der Gesamtbelastung entspricht. Am Wohnhaus der Klägerin zu 2. (= IP 41 WA) wurde eine Zusatzbelastung von 36,7 dB(A) berechnet, die zusammen mit der Vorbelastung durch den nächtlichen Betrieb der U. G. GmbH eine Gesamtbelastung von 40,1 dB(A) ergibt. 56Dass die Windenergieanlage im Betriebsmodus 100 dB mit einer Leistung von 2350 kW den maßgeblichen Immissionsrichtwert von 45 dB(A) nachts einhält, wird bestätigt durch die Schallimmissionsprognose vom 27. Oktober 2021. Diese Ausbreitungsberechnung beruht nicht auf den Herstellerangaben, sondern auf dem Vermessungsbericht der Deutsche X2. D. GmbH E. vom 20. August 2020, dessen Emissionsansätze auf einer unter anderem nach Maßgabe der FGW-Richtlinie (Fördergesellschaft Windenergie e. V.: Technische Richtlinie zur Bestimmung der Leistungskurve, des Schallleistungspegels und der elektrischen Eigenschaften von Windenergieanlagen - Teil 1: Bestimmung der Schallemissionswerte, Rev. 18 vom 1. Februar 2008) erfolgten Einfachvermessung des hier in Rede stehenden Anlagentyps ENERCON E‑138 EP3 basieren. Danach wurde im Betriebsmodus 100 dB und einer Leistung von 2350 kW ein maximaler Schallleistungspegel von 100,4 dB(A) ermittelt (vgl. Seite 6 und 29 des Vermessungsberichts der Deutsche X2. D. GmbH E. vom 20. August 2020). Unter Zugrundelegung dieses höchsten Summenschallleistungspegels einschließlich eines Sicherheitszuschlags für den oberen Vertrauensbereich von 2,3 dB(A) wurde in der Schallimmissionsprognose vom 27. Oktober 2021 eine von der Windenergieanlage ausgehende Zusatzbelastung von 39,1 dB(A) in Bezug auf das Wohnhaus des Klägers zu 1. (= IP 03) berechnet, die mangels vorhandener Vorbelastung während der Nachtzeit zugleich der Gesamtbelastung entspricht. In Bezug auf das Wohnhaus der Klägerin zu 2. (= IP 41 WA) wurde in der Schallimmissionsprognose vom 27. Oktober 2021 eine Zusatzbelastung von 36,6 dB(A) berechnet. Dass diese Schallimmissionsprognose auf eine Berechnung der Gesamtbelastung am Wohnhaus der Klägerin zu 2. unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch den Betrieb der U. G. GmbH verzichtet, ist in der vorliegenden Konstellation unschädlich. Denn eine entsprechende Berechnung der Gesamtbelastung wurde - wie bereits ausgeführt - in der Schallimmissionsprognose vom 31. Januar 2019 vorgenommen und mit 40,1 dB(A) angegeben. Da diese Berechnung (auf der Grundlage der vom Hersteller angegebenen Emissionsansätze) eine Zusatzbelastung durch die Windenergieanlage von 36,7 dB(A) berücksichtigte, kann die Gesamtbelastung ausgehend von der in der Schallimmissionsprognose vom 27. Oktober 2021 errechneten Zusatzbelastung von 36,6 dB(A) rechnerisch jedenfalls nicht mehr als 40,1 dB(A) betragen. 57Die gegen die vorstehenden Berechnungsansätze erhobenen Bedenken der Kläger greifen nicht durch. 58aa) Sowohl der Schallimmissionsprognose vom 31. Januar 2019 als auch derjenigen vom 27. Oktober 2021 kann das jeweils verwendete Berechnungsprogramm, namentlich das Programm WindPRO, Modul DECIBEL, Versionsnummer 3.2.737 (Schallimmissionsprognose vom 31. Januar 2019) bzw. 3.3.294 (Schallimmissionsprognose vom 27. Oktober 2021) entnommen werden. 59bb) Der Einwand, die Eingangsdaten in der Schallimmissionsprognose vom 31. Januar 2019 beruhten ausschließlich auf Herstellerangaben und nicht auf standardisierten Vermessungen, trifft zwar im Ausgangspunkt zu, ist aber jedenfalls durch die Vorlage der Schallimmissionsprognose vom 27. Oktober 2021, die gerade auf Emissionsdaten der im Jahr 2020 erfolgten Einfachvermessung des hier genehmigten Anlagentyps basiert, als überholt anzusehen. Dass der dort zusätzlich in die Berechnung eingestellte Sicherheitszuschlag von 2,3 dB(A) - wegen der Unsicherheit des Prognosemodells, der Unsicherheit durch Serienstreuung, der Unsicherheit der Typenvermessung bei einfach vermessenen Anlagen sowie einer angenommenen Irrtumswahrscheinlichkeit von 10 % (vgl. Seite 36 f. der Schallimmissionsprognose vom 31. Januar 2019 und Seite 2 der Schallimmissionsprognose vom 27. Oktober 2021) - nicht ausreichend wäre, um eine „auf der sicheren Seite“ liegende Schallimmissionsprognose anzunehmen, haben die Kläger nicht hinreichend begründet in Zweifel gezogen. 60cc) Der von den Klägern angesprochene Widerspruch zwischen den den Berechnungen in der Schallimmissionsprognose vom 31. Januar 2019 (bzw. vom 27. Oktober 2021) zugrunde gelegten Emissionswerten und den Herstellerangaben, wonach von der Windenergieanlage im Volllastbetrieb ein Schallleistungspegel von 106 dB(A) ausgehe, liegt ersichtlich nicht vor. Die Berechnungen in den beiden vorgenannten Schallimmissionsprognosen beziehen sich ausdrücklich allein auf den schallreduzierten Betrieb im Betriebsmodus 100 dB und einer Leistung von 2350 kW. Nur ein solcher Betrieb wird durch die Genehmigung vom 11. Februar 2019 in der Fassung des Bescheides vom 9. November 2021 während der Nachtzeit zugelassen. Ist ein Volllastbetrieb während der Nachtzeit nicht Genehmigungsinhalt, bedarf es insoweit auch keines schalltechnischen Nachweises, ob ein solcher Betrieb die maßgeblichen Immissionsrichtwerte während der Nachtzeit einhielte. 61dd) Es bedurfte vorliegend entgegen der Annahme der Kläger auch keiner Sonderfallprüfung wegen möglicher Schallreflexionen (insbesondere in Form eines sog. „Amphitheatereffekts“). Zum einen sind die diesbezüglichen Ausführungen jedenfalls in Bezug auf die Klägerin zu 2. mit Blick darauf, dass die Schallimmissionsprognose vom 31. Januar 2019 eine Reflexionsbetrachtung an ihrem Wohnhaus vorgenommen und im Ergebnis verneint hat (dort Seite 39), unsubstantiiert. Zum anderen kann die Richtigkeit der Annahme der Kläger im vorliegenden Fall dahinstehen. Denn nach den von den Klägern nicht in Zweifel gezogenen Angaben des Beklagten, die sich wiederum auf die Ausführungen in dem schalltechnischen Gutachten vom 31. Januar 2019 (dort Seite 38) stützen, können Schallreflexionen theoretisch Pegelerhöhungen von bis zu 3 dB(A) verursachen, wobei in der Praxis Werte oberhalb von 2 dB(A) nicht zu erwarten seien. Selbst wenn man hiernach - zu Gunsten der Kläger - von einer Erhöhung des Beurteilungspegels am „IP 03“ bzw. „IP 41 WA“ um 3 dB(A) auf 42,1 dB(A) bzw. 43,1 dB(A) ausginge, wäre der zulässige Immissionsrichtwert von 45 dB(A) nachts nicht annähernd erreicht und erst recht nicht überschritten. 62ee) Ohne Erfolg bleiben auch die Einwände der Kläger gegen die Schallimmissionsprognose vom 27. Oktober 2021. 63aaa) Dies gilt zunächst hinsichtlich der Annahme, die der Ausbreitungsrechnung zugrunde gelegten Emissionsansätze aus dem Vermessungsbericht der Deutsche X2. D. GmbH E. vom 20. August 2020 seien nicht aussagekräftig, weil das Geländeprofil im näheren Umfeld der dort vermessenen Windenergieanlage nicht ansatzweise mit dem hier gegebenen Geländeprofil vergleichbar sei. Es fänden sich dort weder in der Umgebungsbebauung noch in der topografischen Struktur des Geländes Elemente, die Schallreflexionen bewirken könnten. 64Insoweit ist in der Stellungnahme der S. GmbH & Co. KG vom 18. März 2022 ausgeführt, dass der in dem vorgenannten Vermessungsbericht ermittelte Schall-leistungspegel auf der Halde N1. verwendet werden könne. In der Ausbreitungsberechnung (gemeint ist offensichtlich die Schallimmissionsprognose vom 27. Oktober 2021) sei genau das an der Halde N1. vorherrschende Geländeprofil durch die Verwendung eines digitalen Geländemodells simuliert und somit entsprechend berücksichtigt worden. Das Gericht hat keine begründeten Anhaltspunkte, an der Richtigkeit dieser Ausführungen zu zweifeln; solche wurden auch von den Klägern nicht substantiiert geltend gemacht. Mit ihrem Hinweis auf Schallreflexionen zielen sie auf einen Aspekt im Zusammenhang mit der Ausbreitungsrechnung und nicht der Vermessung des Schallleistungspegels der Windenergieanlage. 65Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang die Berücksichtigung zusätzlicher Messunsicherheiten postulieren, wird bereits in der Schallimmissionsprognose vom 27. Oktober 2021 angegeben, dass im Vergleich zur Schallimmissionsprognose vom 31. Januar 2019 eine Erhöhung des Sicherheitszuschlags für den oberen Vertrauensbereich um 0,2 dB(A) auf 2,3 dB(A) erfolgt ist. 66bbb) Der Einwand der Kläger, die im Vermessungsbericht vom 20. August 2020 angenommene Unsicherheit von 0,90 dB erscheine zu klein, aus den angegebenen Einzelwerten folge ein Wert von 0,96 dB, führt ebenfalls nicht weiter. Mit Blick auf die berechnete Gesamtbelastung, die auch in Ansehung etwaiger Reflexionen die rechtlich zulässigen Immissionsrichtwerte an den Wohnhäusern beider Kläger nicht ansatzweise erreichen, kann eine Erhöhung der jeweiligen Beurteilungspegel um 0,06 dB unterstellt werden, ohne dass sich am Ergebnis etwas ändert. 67ccc) Die von den Klägern aufgeworfene Frage hinsichtlich tonhaltiger Anlagengeräusche bedarf keiner weiteren Vertiefung. 68Der Beklagte hat in Ziffer IV. 3.1.2 des Genehmigungsbescheides vom 11. Februar 2019 geregelt, dass die genehmigte Windenergieanlage nicht tonhaltig sein darf. Ob die Windenergieanlage im tatsächlichen Betrieb tonhaltig ist, beeinflusst nicht die Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern ist eine Frage der Anlagenüberwachung. 69ddd) Die Schallimmissionsprognose vom 27. Oktober 2021 ist entgegen der Annahme der Kläger auch nicht deswegen unplausibel, weil die dort berechnete von der Windenergieanlage ausgehende Zusatzbelastung vielfach niedriger sei, obwohl bei dem in dem Vermessungsbericht vom 20. August 2020 vermessenen Anlagentyp in einigen Frequenzbereichen die vom Hersteller angegebenen Werte überschritten worden seien. 70Die damit angesprochene fehlende Nachvollziehbarkeit der Ausbreitungsrechnung liegt nicht vor. Im Vergleich zum „Alternativen Verfahren“ nach der DIN ISO 9613-2 verzichtet das Interimsverfahren, das den Ausbreitungsberechnungen in den Schall-immissionsprognosen vom 31. Januar 2019 und 27. Oktober 2021 zugrunde liegt, im Kern auf die Berücksichtigung von Bodendämpfungen sowie einer meteorologischen Korrektur. Zudem stellt das Interimsverfahren das Berechnungsverfahren auf eine frequenzabhängige Berechnung um mit der Folge, dass auch die Dämpfung aufgrund der Luftabsorption (Aatm) frequenzabhängig erfolgt. Hochfrequente Geräuschanteile werden aber stärker gedämpft als die tieffrequenten. 71Vgl. das im Internet abrufbare Faktenpapier Schallprognosen für Windenergieanlagen nach dem „Interimsverfahren“ des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV), Seite 2. 72Ausweislich des Vermessungsberichts vom 20. August 2020 wurden die vom Hersteller angegebenen und in Ziffer IV. 3.1.5 des Genehmigungsbescheides vom 11. Februar 2019 festgelegten Oktavschallleistungspegel für 1000, 2000, 4000 und 8000 Hertz überschritten. Diese Überschreitung führt ausweislich der Stellungnahme der S. GmbH & Co. KG vom 18. März 2022 zwar dazu, dass der Schallleistungspegel mit 100,4 dB(A) geringfügig höher ist als die vom Hersteller angegebenen 100 dB(A). Da die höherfrequenten Oktavwerte ab 1000 Hertz in der Ausbreitungsrechnung aufgrund der höheren Luftabsorption aber nicht so stark bewertet werden, ergeben sich keine höheren Beurteilungspegel bzw. wird es an einigen Immissionspunkten sogar leiser. 73ff) Die Kläger haben auch durch ihren umfangreichen, im Wesentlichen aber allgemein und abstrakt gehaltenen Vortrag zu den Auswirkungen von tieffrequentem Schall und Infraschall auf den menschlichen Körper eine unzumutbare Beeinträchtigung nicht hinreichend substantiiert aufgezeigt. Daher bleibt auch ihre in diesem Zusammenhang stehende Rüge ohne Erfolg, die auf die TA Lärm und die DIN 45680 gestützten Immissionsprognosen seien lücken- und fehlerhaft, weil diese Normen keine Messmethode enthielten, die eine beeinträchtigende Wirkung von tieffrequentem Schall und Infraschall berücksichtigen könne. 74Die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen und anderer Obergerichte geht davon aus, dass tieffrequenter Schall und Infraschall durch Windenergieanlagen im Allgemeinen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs liegt und nach dem bisherigen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse grundsätzlich nicht zu Gesundheitsgefahren führt. 75Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 22. November 2021 ‑ 8 A 973/15 -, juris Rn. 160 ff., mit umfangreichen weiteren Nachweisen. 76Soweit die Kläger sich zur Begründung ihrer Annahme im Schriftsatz vom 29. August 2019 auf einzelne Studien beziehen, sind sie, soweit sie überhaupt in der Gerichtssprache deutsch (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 184 Satz 1 GVG) vorliegen und damit vom Gericht zu berücksichtigen sind, lediglich Teil eines wissenschaftlichen Diskurses, ergeben allerdings bisher keinen begründeten Ansatz für relevante tieffrequente Immissionen oder Infraschall durch Windenergieanlagen oder nachweisbare gesundheitsschädliche Auswirkungen. 77Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Oktober 2020 - 8 A 894/17 -, juris Rn. 240 f., m. w. N. 78Angesichts des trotz zahlreicher Studien insoweit unsicheren Erkenntnisstandes in der Wissenschaft ist es auch nicht Aufgabe der Gerichte, weitere wissenschaftliche Forschung zu betreiben. 79Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2021 ‑ 8 A 500/20 -, juris Rn. 66 f., m. w. N. 80Entgegen der Auffassung der Kläger handelt es sich hierbei auch nicht um eine unangemessene Beweislastumkehr. Ob im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sichergestellt ist, dass die dort geregelten Betreiberpflichten erfüllt werden, insbesondere durch den Betrieb der Anlage keine Immissionen verursacht werden, die gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen, beruht auf einer Prognoseentscheidung der Genehmigungsbehörde, die uneingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Überprüfung unterliegt. Diese Prognoseentscheidung verlangt allerdings nicht, dass jedes nur denkbare Risiko der Herbeiführung von schädlichen Umwelteinwirkungen ausgeschlossen sein müsste. 81Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1978 - I C 102.76 -, juris Rn. 33. 82Können demnach Risiken, die allenfalls theoretisch denkbar sind, im Rahmen der Prognoseentscheidung außer Betracht bleiben, obliegt es auch nicht dem Anlagenbetreiber im Genehmigungsverfahren den diesbezüglichen Nachweis ihres Nichtvorliegens zu erbringen. Es ist daher Sache desjenigen, der die Realisierung eines lediglich als entfernt anzusehenden Risikos geltend macht, hierfür hinreichend konkrete Anknüpfungstatsachen zu benennen. 83Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. November 2021 ‑ 8 A 973/15 -, juris Rn. 177. 84Solche haben die Kläger in Bezug auf den von ihnen geltend gemachten Infraschall bzw. tieffrequenten Schall indes nicht substantiiert dargelegt. 85b) Es ist zudem hinreichend verlässlich sichergestellt, dass die für beide Kläger maßgeblichen Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) während des Tagbetriebs der Windenergieanlage eingehalten werden. Diese Feststellung kann entgegen der Auffassung der Kläger auch ohne entsprechende Schallimmissionsprognose für die Tagzeit getroffen werden und ergibt sich aus folgenden Erwägungen: 86Ausweislich der Herstellerangaben erhöht sich der von der Windenergieanlage des hier in Rede stehenden Typs ausgehende Schallleistungspegel im (leistungsoptimierten) Volllastbetrieb im Betriebsmodus 0 s mit der Nennleistung von 3500 kW im Vergleich zum schallreduzierten Betrieb im Betriebsmodus 100 dB mit einer Leistung von 2350 kW, der den Berechnungen in den Schallimmissionsprognosen vom 31. Januar 2019 und vom 27. Oktober 2021 zugrunde gelegt wurde, um (lediglich) 6 dB(A). Dementsprechend kann die durch die Windenergieanlage verursachte Zusatzbelastung tagsüber maximal 45,1 dB(A) am Wohnhaus des Klägers zu 1. und 43,7 dB(A) am Wohnhaus der Klägerin zu 2. betragen. 87aa) Unter dieser Annahme war eine separate Betrachtung des Tagbetriebs nicht erforderlich, weil dieser um mehr als 10 dB(A) unter dem maßgebenden Immissionsrichtwert von 60 dB(A) und die Wohnhäuser der Kläger damit während der Tagzeit gemäß Nr. 2.2 Buchstabe a TA Lärm nicht im Einwirkungsbereich der Windenergieanlage liegen. Es handelt sich demnach - jedenfalls zur Tagzeit - schon nicht um maßgebliche Immissionsorte im Sinne von Nr. 2.3 Abs. 1 TA Lärm. Diese Feststellung gilt auch für den Fall, dass eine Erhöhung des Beurteilungspegels wegen der geltend gemachten Reflexionen um maximal 3 dB(A) unterstellt würde. Etwas anderes folgt auch nicht aus Nr. 6.5 Sätze 1 und 2 TA Lärm, wonach für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit - an Werktagen für die Zeiten zwischen 6 und 7 Uhr und 20 bis 22 Uhr (Nr. 1) sowie an Sonn- und Feiertagen für die Zeiten zwischen 6 bis 9 Uhr, 13 bis 15 Uhr und 20 bis 22 Uhr (Nr. 2) - bei der Ermittlung des Beurteilungspegels die erhöhte Störwirkung von Geräuschen im Regelfall durch einen Zuschlag von 6 dB(A) zu berücksichtigen ist. 88aaa) Dies gilt für das Wohngrundstück des Klägers zu 1. bereits deshalb, weil es schon nicht in einem besonders schutzwürdigen Gebiet im Sinne von Nr. 6.5 Satz 1 TA Lärm liegt. Zwar verweist diese Vorschrift auch in der Fassung der Änderung vom 1. Juni 2017 (vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der TA Lärm vom 1. Juni 2017, BAnz AT 8. Juni 2017 B5) ihrem Wortlaut nach auf „Gebiete nach Nummer 6.1 Buchstaben d bis f“ und fordert demnach Zuschläge auch in Kern-, Dorf- und Mischgebieten gemäß Nr. 6.1 Satz 1 Buchstabe d TA Lärm, die für den vorliegend betroffenen Außenbereich - wie bereits ausgeführt - entsprechende Anwendung findet. Hierbei handelt es sich allerdings um ein bei Anwendung der Verwaltungsvorschrift zu berichtigendes offensichtliches Redaktionsversehen, worauf das zuständige Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit bereits mit Schreiben vom 7. Juli 2017 ‑ Az. IG I 7 – 501‑1/2 - hingewiesen hat. Nach der bis zum 8. Juni 2017 geltenden Fassung der TA Lärm vom 26. August 1998 (GMBl. Nr. 26/1998 S. 503) wurden Ruhezeitenzuschläge nach Nr. 6.5 Satz 1 TA Lärm für „Gebiete nach Nummer 6.1 Buchstaben d bis f“ vergeben. Das waren allgemeine Wohngebiete und Kleinsiedlungsgebiete (Buchstabe d), reine Wohngebiete (Buchstabe e) und Kurgebiete (Buchstabe f). Mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift vom 1. Juni 2017 wurden in Nr. 6.1 Satz 1 TA Lärm die urbanen Gebiete als neuer Buchstabe c eingefügt und die Buchstaben c bis f zu Buchstaben d bis g geändert. Die sich hieraus ergebende Anpassung des Verweises in Nr. 6.5 Satz 1 TA Lärm wurde im Rechtssetzungsverfahren nicht nachvollzogen, was indes geboten gewesen wäre. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Änderung der TA Lärm auch die erstmalige Einführung eines Ruhezeitenzuschlags für Misch-, Dorf- und Kerngebiete beinhalten sollte. Dieses Ergebnis wäre mit Blick auf die im Kerngebiet regelmäßig zugelassenen störenden Gewerbebetriebe (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO) ebenso wenig nachvollziehbar wie die - konsequenterweise anzunehmende - Herausnahme der besonders lärmempfindlichen Kurgebiete (als neuer Buchstabe g). Dies kann offensichtlich nicht gewollt sein. 89Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 8. September 2021 ‑ 1 KN 150/19 -, juris Rn. 96; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28. November 2019 - 5 S 1790/17 -, juris Rn. 68; VG Ansbach, Beschluss vom 13. Dezember 2021 ‑ AN 17 S 21.01515 -, juris Rn. 133; VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 13. August 2020 ‑ 5 L 637/20.NW ‑, juris Rn. 95; VG Augsburg, Beschluss vom 16. August 2018 - Au 4 S 18.1058 -, juris Rn. 81. 90bbb) Im Ergebnis nichts anderes gilt für das Wohngrundstück der Klägerin zu 2. Auch wenn es in einem durch den Bebauungsplan Nr. 002 der Stadt H. ausgewiesenen allgemeinen Wohngebiet und damit in einem besonders schutzwürdigen Gebiet im Sinne von Nr. 6.5 Satz 1 i. V. m. Nr. 6.1 Satz 1 Buchstabe e TA Lärm liegt, kann es - wie bereits ausgeführt - immissionsschutzrechtlich (lediglich) den Schutzanspruch eines Mischgebiets geltend machen. Damit unterfällt es ebenfalls nicht dem Anwendungsbereich von Nr. 6.5 Satz 1 TA Lärm. 91bb) Es bedurfte keiner weiteren Aufklärung durch das Gericht hinsichtlich möglicher Vorbelastungen im Sinne von Nr. 2.4 Abs. 1 TA Lärm während der Tagzeit. Gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm darf die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage - hier die beklagte Windenergieanlage - auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist nach Satz 2 der vorgenannten Vorschrift in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Dies ist hier in Bezug auf den Tagbetrieb - wie bereits aufgezeigt - der Fall. 92II. Von der genehmigten Windenergieanlage geht keine unzumutbare optisch bedrängende Wirkung auf die Wohngrundstücke der Kläger aus. 93Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen bedarf es einer Einzelfallprüfung, um beurteilen zu können, ob Windenergieanlagen optisch bedrängend auf die Umgebung wirken. Dabei sind insbesondere die folgend genannten Aspekte zu berücksichtigen, und zwar für die Anlage: Gesamthöhe, Standort mit topographischer Situation, Größe des Rotordurchmessers; für das Grundstück: Lage, Ausrichtung bestimmter Räumlichkeiten und deren Fenster und Terrassen zur Windenergieanlage, etwaige Abschirmung zur Anlage, Blickwinkel auf die Anlage, Hauptwindrichtung. Unter Berücksichtigung (insbesondere) der vorstehenden Kriterien lassen sich für die Ergebnisse der Einzelfallprüfungen grobe Anhaltswerte prognostizieren: Beträgt der Abstand zwischen einem Wohngebäude und einer Windenergieanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe der geplanten Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht. Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windenergieanlage das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls. Diesem groben Raster liegt die Überlegung zu Grunde, dass die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage mit zunehmendem Abstand regelmäßig abnimmt. Diese Grundsätze gelten auch für moderne Typen von Windenergieanlagen, die durch einen höheren Turm und einen größeren Rotordurchmesser gekennzeichnet sind. 94Vgl. zum Ganzen mit ausführlicher Begründung OVG NRW, Urteil vom 20. Dezember 2018 - 8 A 2971/17 -, juris Rn. 195 ff., m. w. N. 95Dass der genehmigte Standort der Windenergieanlage etwa 60 m oberhalb der Wohnhäuser der Kläger befindet, bewirkt nicht, dass diese Höhendifferenz bei der Abstandsbewertung zu der Gesamthöhe der Anlage zu addieren wäre. Denn eine auf höherem Gelände stehende Windenergieanlage wirkt weniger bedrängend als eine Windenergieanlage, die sich auf der gleichen Ebene wie ein Wohngebäude befindet, aber eine Höhe aufweist, die der Summe aus der Höhendifferenz und der Höhe der erstgenannten Anlage entspricht. Zudem berücksichtigt der grobe, pauschalierende Anhaltswert mittelbar auch, dass der Rotor der Anlage tendenziell umso größer ist, je höher die Anlage ist. Ein Geländeunterschied vergrößert jedoch nicht den Rotorumfang, sondern hat auf diesen keinen Einfluss. Der Höhenunterschied ist daher (nur) im Rahmen der Einzelfallprüfung zu berücksichtigen, weil er die optischen Wirkungen der Windenergieanlage verstärken kann. 96Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Oktober 2021 ‑ 8 A 2790/18 -, juris Rn. 54 f., m. w. N. 97Um von einer optisch bedrängenden Wirkung zu sprechen, reicht es für sich gesehen nicht aus, dass die Windenergieanlage von den Wohnräumen aus überhaupt wahrnehmbar ist. Das Gebot der Rücksichtnahme vermittelt dem Nachbarn keinen Anspruch auf eine von technischen Bauwerken freie Sicht. Die optisch bedrängende Wirkung einer Windenergieanlage entfällt daher nicht erst dann, wenn die Sicht auf die Windenergieanlage durch Abschirm- oder Ausweichmaßnahmen völlig gehindert wird. Ausreichend ist vielmehr, dass die Anlage in ihrer Wirkung durch eine vorhandene Abschirmung optisch abgemildert wird oder dass eine solche Abschirmung in zumutbarer Weise hergestellt werden kann. Dies gilt insbesondere für Außenbereichsgrundstücke oder für unmittelbar an den Außenbereich angrenzende Wohngrundstücke. Denn in diesen Fällen sind dem Betroffenen wegen des verminderten Schutzanspruchs eher Maßnahmen zuzumuten, durch die er den Wirkungen der Windenergieanlage ausweicht oder sich vor ihnen schützt. 98Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2021 - 8 A 2790/18 -, juris Rn. 56 f., m. w. N. 99Ausgehend von diesen Maßgaben ist das Gericht auf der Grundlage der Sichtbeziehungsuntersuchung zur Beurteilung der optisch bedrängenden Wirkung der Windenergieanlage vom 11. September 2018 sowie der am 16. Februar 2022 durchgeführten Inaugenscheinnahme zur Überzeugung gelangt, dass von der genehmigten Windenergieanlage keine unzumutbare optisch bedrängende Wirkung auf die Wohngrundstücke der Kläger ausgeht. 1001. Diese Feststellung gilt zunächst in Bezug auf das Wohnhaus des Klägers zu 1., das etwa 440 m vom Anlagenstandort entfernt ist, was ausgehend von einer Gesamthöhe der Anlage von etwa 200 m (vgl. insoweit die Herstellerangaben) einem Abstandsquotienten von etwa dem 2,2-fachen der Anlagenhöhe entspricht. Trotz dieses relativ geringen Abstands spricht eine Reihe von einzelfallbezogenen Faktoren gegen die Annahme einer optisch bedrängenden Wirkung. 101Aufgrund der Lage und Ausrichtung des Wohnhauses bestehen Sichtbeziehungen zu der Windenergieanlage (nur) aus den Fenstern der Südostfassade und aus dem Giebelfenster der Nordostfassade. An der südostlich ausgerichteten Seite des Wohnhauses befinden sich im Erdgeschoss das Schlafzimmer und ein größerer Raum, der als Wohn-/Ess- bzw. Empfangszimmer genutzt wird (vgl. auch Seite 20 der Sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. September 2018). Aus diesem Zimmer ist die Windenergieanlage in ihrer vollen Ausdehnung, d. h. einschließlich des Rotors, allerdings nur dann zu sehen, wenn man sich direkt vor die Fensterfront begibt. Von den Stühlen, die am großen, parallel zur Fensterfront ausgerichteten Esstisch aufgestellt sind, ist von der Windenergieanlage infolge der hier gegebenen topografischen Besonderheit - der Höhenunterschied zwischen dem Wohnhaus des Klägers zu 1. und dem Vorhabenstandort beträgt etwa 60 m - allenfalls der Turm zu sehen. Der Hinweis des Klägers zu 1. im Schriftsatz vom 7. Januar 2022, wonach von den Stühlen, die mit ihrer Rückseite zur Fensterfront ausgerichtet sind, der Turm „in voller Ausdehnung“ und der untere Bereich der Rotorblätter zu sehen seien, lässt unberücksichtigt, dass der Blick der auf diesen Stühlen sitzenden Personen regelmäßig zu der von der Fensterfront abgewandten Zimmerseite gerichtet sein wird. Diese Personen müssen ihren Kopf demnach erst nach hinten drehen, um überhaupt einen Teil der Anlage sehen zu können. Insgesamt ist daher in Bezug auf das Wohn-/Esszimmer im Erdgeschoss von allenfalls kurzfristigen und somit zumutbaren Sichtbeziehungen auszugehen. Zu einer anderen Einschätzung zwingt auch nicht der während des Ortstermins am 16. Februar 2022 in unmittelbarer Nähe der Fensterfront positionierte Sessel, von dem aus die Windenergieanlage in Gänze sichtbar ist. Diesbezüglich ist festzustellen, dass diese Sitzgelegenheit weder in der Sichtbeziehungsbeziehungsuntersuchung vom 11. September 2018 erwähnt noch vom Kläger zu 1. schriftsätzlich thematisiert wurde. Letzteres mag ein Hinweis darauf sein, dass die dortigen Sichtbeziehungen bereits von ihm selbst nicht als unzumutbar eingeordnet werden. Unabhängig davon ist aber weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich, dass eine Positionierung des Sessels nicht möglich bzw. zumutbar ist, die eben jene Sichtbeziehungen möglichst vermeidet bzw. auf ein zumutbares Maß beschränkt. 102In Bezug auf das Schlafzimmer im Erdgeschoss und das Kinderzimmer im zweiten Obergeschoss (Giebelfenster der Nordostfassade) macht der Kläger zu 1. eine optisch bedrängende Wirkung bereits nicht (Schlafzimmer) bzw. nicht mehr (Kinderzimmer, vgl. zuletzt Schriftsatz vom 7. Januar 2022) geltend. Im Übrigen dient das Schlafzimmer nicht dem Aufenthalt und der Erholung am Tag und ist daher nicht in gleicher Weise schutzbedürftig wie etwa ein Wohnzimmer. 103Die Annahme einer optisch bedrängenden Wirkung rechtfertigt auch nicht der Umstand, dass sich im ersten Obergeschoss mit dem „Wohnzimmer der Familie“ ein besonders schutzwürdiger Bereich befindet, aus dem heraus die streitgegenständliche Windenergieanlage zu sehen ist. Nach den Feststellungen im Ortstermin am 16. Februar 2022, die insoweit mit den Angaben in der Sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. September 2018 übereinstimmen, beschränken sich die Sichtbeziehungen ‑ neben der Position direkt vor der Fensterfront - (lediglich) auf den rechten (= Kameraperspektive, d. h. stehend vor dem Sofa aus betrachtet) Schenkel des Sofas. Die übrigen Sitzmöglichkeiten auf dem Sofa bzw. dem links daneben aufgestellten Sessel sind von der Fensterfront abgewandt und daher bereits so angeordnet, dass die Windenergieanlage in sitzender Position nicht wahrgenommen wird. Insgesamt sind das Sofa und der Sessel so ausgerichtet, dass sie den Blick zuvörderst auf den Fernseher und damit gerade nicht auf die Fensterfront lenken. Es bestehen folglich offensichtlich bereits innerhalb des Wohnzimmers hinreichend Ausweichmöglichkeiten, auf die der Kläger zu 1. bzw. seine Familie zu verweisen sind. Weiter ist zu berücksichtigen, dass es sich um vergleichsweise kleine Fenster handelt, die zudem mit Vorhängen ausgestattet sind, welche für einen gewissen Sichtschutz sorgen und daher die Sichtbeziehungen abschwächen. 104Die Feststellung einer optisch bedrängenden Wirkung rechtfertigen schließlich auch nicht die Sichtbeziehungen aus dem Terrassen-/Gartenbereich. Zwar wird von einigen Punkten aus die gesamte Windenergieanlage zu sehen sein. Allerdings treten Nutzungen im Freien, die im Regelfall ohnehin nur in den Sommermonaten stattfinden, im Hinblick auf ihre Schutzwürdigkeit hinter derjenigen von Wohngebäuden zurück. 105Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 3. November 2016 ‑ 12 ME 131/16 -, juris Rn. 21. 106Darüber hinaus bietet der Terrassen-/Gartenbereich nach den Feststellungen während des Ortstermins am 16. Februar 2022 offensichtlich genügend Platz, um durch Ortsveränderung bzw. durch entsprechende räumliche Ausrichtung von Sitzgelegenheiten und sonstigen Freizeiteinrichtungen die Wahrnehmung des Vorhabens bzw. der Rotordrehbewegungen zu vermeiden bzw. zu minimieren. Überdies ließe sich eine Abschirmung durch das Aufstellen von Sichtblenden, Sonnenschirmen etc. weiter verstärken. 107Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Juli 2017 ‑ 8 B 396/17 -, juris Rn. 48. 108Als weiterer, die optische Wirkung der Windenergieanlage abschwächender Gesichtspunkt kommt hinsichtlich sämtlicher Sichtbeziehungen hinzu, dass diese nach den Ausführungen der Sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. September 2018 aufgrund der in dem hier in Rede stehenden Bereich vorherrschenden Hauptwindrichtung Westsüdwest voraussichtlich überwiegend nur lateral/seitlich als schmale Sichel und nur selten frontal zu sehen sein wird. Eine zusätzliche die Sichtbeziehung zum Teil vollständig, jedenfalls teilweise unterbrechende/abschwächende Wirkung kommt dem Baumbewuchs im Gartenbereich zu (vgl. die Fotos auf Seite 21/22 der Sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. September 2018 bzw. vom Ortstermin am 16. Februar 2022). Diese Feststellung gilt in Bezug auf die immergrünen Koniferen ganzjährig und hinsichtlich des großen Baumes in der Mitte des Gartens mindestens während der Vegetationsperiode, wobei dessen Ästen auch im unbelaubten Zustand eine abschirmende Wirkung zukommt. 109In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen kann offen bleiben, ob im vorliegenden Einzelfall die hier gegebene topographische (Sonder-)situation in Form eines Höhenunterschieds zwischen dem Vorhabenstandort und dem Wohngrundstück des Klägers zu 1. von etwa 60 m eher eine optische Abschirmung - so der Beklagte und die Beigeladene im Anschluss an die Annahme in der Sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. September 2018 - oder aber - so der Kläger zu 1. - eine Verstärkung der visuellen Wahrnehmbarkeit der Windenergieanlage bewirkt. Weder die eine noch die andere Annahme führte zu einer vom dargestellten Ergebnis abweichenden Beurteilung. 1102. Im Ergebnis nichts anderes gilt in Bezug auf das Wohngrundstück der Klägerin zu 2., das etwa 570 m vom Anlagenstandort entfernt ist, was ausgehend von einer Gesamthöhe der Anlage von etwa 200 m einem Abstandsquotienten von etwa dem 2,8-fachen der Anlagenhöhe entspricht. 111Aufgrund der Lage des Wohnhauses ist die Windenergieanlage (nur) aus den Fenstern der Nordwestfassade zu sehen. An dieser Seite befinden sich im Erdgeschoss die Küche und das Esszimmer, im ersten Obergeschoss das Badezimmer sowie ein Zimmer, das als Büro genutzt wird. Nach den Feststellungen in der Sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. September 2018 sowie während des am 16. Februar 2022 durchgeführten Ortstermins ist die Windenergieanlage, insbesondere der Rotor, aus dem Badezimmer - wegen des blickdichten Fensters - überhaupt nicht und aus den Fenstern der übrigen Räume lediglich dann zu sehen, wenn man sich direkt vor das jeweilige Fenster begibt. Von den jeweiligen Sitzgelegenheiten in den vorgenannten Räumlichkeiten ist die Anlage bzw. deren Rotor hingegen nicht zu sehen. 112Hinsichtlich der Sichtbeziehungen aus dem Gartenbereich gilt das zum Kläger zu 1. Ausgeführte in entsprechender Weise. 113Darüber hinaus wird die optische Wirkung dadurch abgeschwächt, dass die Windenergieanlage nach den Ausführungen der Sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. September 2018 aufgrund der in dem hier in Rede stehenden Bereich vorherrschenden Hauptwindrichtung Westsüdwest voraussichtlich überwiegend nur lateral/seitlich als schmale Sichel zu sehen sein wird. Die Annahme der Hauptwindrichtung „Westsüdwest“ beruht nicht - wie die Klägerin zu 2. offenbar meint - auf den Winddaten in dem „Gutachten zur Standorteignung von WEA am Standort Halde N1. “ vom 16. Mai 2018 (dort Seite 17), sondern auf einer Windrichtungsanalyse der S. GmbH & Co. KG , die auf Seite 83/84 der Sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. September 2018 im Einzelnen erläutert wird. Soweit die Klägerin zu 2. mit Verweis auf die Winddaten in dem vorgenannten Gutachten vom 16. Mai 2018 davon ausgeht, dass die dortige „Verteilung der relativen Häufigkeiten der Windrichtung und Windgeschwindigkeiten ein nahezu gleichlautendes Bild in mehreren Windrichtungen Süd/Südwest (0,13), West/Südwest (0,156) und West (0,114)“ ergäben, steht dies nicht in einem unauflösbaren Widerspruch zu der Windrichtungsverteilung in der Sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. September 2018. Denn auch hier haben die Windrichtungen Südsüdwest und West relativ große Anteile an der Gesamtverteilung. Auch wenn hiernach mit der Klägerin zu 2. „von einer größeren Bandbreite“ der Rotorstellungen auszugehen wäre, bleibt festzuhalten, dass in beiden Betrachtungen der Windrichtungsverteilung der Anteil der Windrichtungen, bei denen der Rotor aus dem Wohnhaus bzw. Terrassen-/Gartenbereich in seiner vollen Ausdehnung zu sehen sein wird (Westnordwest bzw. Nordnordwest), deutlich hinter der/n Hauptwindrichtung/en (Westsüdwest bzw. Südsüdwest) zurückbleibt. 114Mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen braucht nicht weiter vertieft werden, ob - wie vom Beklagten und der Beigeladenen angenommen und von der Klägerin zu 2. in Abrede gestellt - dem Hochspannungsmast sowie den quer verlaufenden Hochspannungsleitungen (vgl. die Bilder auf Seite 41 und 43 der Sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. September 2018) Bedeutung hinsichtlich der Sichtbeziehungen zu der Windenergieanlage aus den Fenstern der Nordwestfassade zukommt. Ebenso wenig kommt der hier gegebenen topographischen (Sonder-)situation eine ausschlaggebende Bedeutung in die eine oder die andere Richtung zu. Insoweit gelten die diesbezüglichen Ausführungen zum Wohngrundstück des Klägers zu 1. in gleicher Weise. 115III. Die Kläger zeigen auch nicht substantiiert auf, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf ihr jeweiliges Wohngrundstück durch Erschütterungen zu erwarten sind. 116Ausweislich der vom Beklagten in diesem Zusammenhang während der jeweiligen Widerspruchsverfahren eingeholten Stellungnahme des LANUV vom 24. April 2019 träten nach dokumentierten Messergebnissen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) in 285 m Entfernung von der Windenergieanlage Erschütterungsimmissionen von maximal 0.01 mm/s auf. Damit seien - so der Beklagte - die von Windenergieanlagen ausgehenden Schwingungen im Boden bereits in weniger als 300 m Abstand von der Windenergieanlage so weit abgesunken, dass sie sich aus dem permanent vorhandenen Grundrauschen nicht mehr herausheben würden. Eine weitere Abnahme der Schwinggeschwindigkeit erfolge über die Entfernung. Zudem sei die Halde N1. auf einer gewachsenen Geländeoberfläche aufgeschüttet worden, die einen schlechteren Übertragungsweg als Keupergestein habe, das den Messungen des LUBW zugrunde gelegen habe. Diesen plausiblen und nachvollziehbaren Ausführungen des Beklagten bzw. des LANUV haben die Kläger, deren Wohnhäuser etwa 440 m bzw. 570 m vom Anlagenstandort entfernt liegen, nichts von Substanz entgegen gesetzt. 117IV. Die von den Klägern geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der Standsicherheit der Windenergieanlage führen ebenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Genehmigung. 118Zwar kommt der Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW in der zum 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Fassung, wonach die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen und die Tragfähigkeit des Baugrundes des Nachbargrundstücks nicht gefährdet werden dürfen, grundsätzlich drittschützende Wirkung zu. 119Vgl. zu der bis zum 31. Dezember 2018 geltenden inhaltsgleichen Vorgängervorschrift in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW: OVG NRW, Urteil vom 9. Juni 2011 ‑ 7 A 1494/09 -, juris Rn. 54 f., m. w. N. 120Der Beklagte hat indes in der Genehmigung vom 11. Februar 2019 in hinreichender Weise sichergestellt, dass die Windenergieanlage nur errichtet werden darf, wenn ihre Standsicherheit gewährleistet ist. Nach Ziffer III. 3. der angefochtenen Genehmigung darf mit dem Bau der Windenergieanlage (Fundamentgründung) erst begonnen werden, nachdem der Bauaufsichtsbehörde der Stadt H. und der Unteren Immissionsschutzbehörde des Beklagten in Bezug auf den genehmigten Anlagentyp ENERCON E-138 EP3 eine aktuell gültige Bescheinigung, die von einem staatlich anerkannten Sachverständigen gemäß § 85 BauO NRW (a. F. = § 87 BauO NRW n. F.) erstellt und geprüft sein muss, als abschließender Standsicherheitsnachweis vorgelegt und dieser von den beiden vorgenannten Behörden überprüft und freigegeben wurde. Diese Vorgabe entspricht der gesetzlichen Regelung in § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauO NRW, wonach spätestens mit der Anzeige des Baubeginns bei der Bauaufsichtsbehörde zusammen mit den in Bezug genommenen bautechnischen Nachweisen Bescheinigungen einer oder eines staatlich anerkannten Sachverständigen nach § 87 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BauO NRW über die Prüfung des Standsicherheitsnachweises einzureichen sind. Abgesehen hiervon ist weder substantiiert vorgetragen noch drängt es sich - insbesondere mit Blick auf den Abstand der Wohnhäuser der Kläger zum Anlagenstandort von etwa 440 m (Kläger zu 1.) bzw. 570 m (Klägerin zu 2.) - im Übrigen auf, dass durch eine mangelnde Standsicherheit der Windenergieanlage die Tragfähigkeit des Baugrundes der jeweiligen Grundstücke der Kläger bzw. deren Wohnhäuser gefährdet werden würden. 121V. Auf die weiteren gerügten Aspekte können sich die Kläger mangels einer subjektiven Rechtsverletzung von vornherein nicht berufen bzw. sind sie wegen des hier maßgeblichen Zeitpunkts der Beurteilung der Sach- und Rechtslage aus Rechtsgründen nicht zu Lasten der Beigeladenen zu berücksichtigen. 1221. Letzteres gilt hinsichtlich des Vorbringens, die angefochtene Genehmigung verstoße gegen den Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen (LEP NRW). Denn die dortige Vorgabe zum Abstand von Windenergieanlagen zur Wohnbebauung (vgl. 10.2‑3 „Grundsatz Abstand von Bereichen/Flächen für Windenergieanlagen“), auf die sich die Kläger berufen, ist erst durch die Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Landesentwicklungsplan vom 12. Juli 2019 (GV.NRW. S. 346) und damit nach dem hier grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Erteilung der angefochtenen Genehmigung vom 11. Februar 2019 an die vormals beigeladene N. - Q. GmbH in den Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen aufgenommen worden. 123Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer immissionsschutzrechtlichen Drittanfechtungsklage grundsätzlich der Zeitpunkt der Genehmigungserteilung. Während nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage zu Lasten des Anlagenbetreibers außer Betracht bleiben, sind solche zu dessen Gunsten zu berücksichtigen. 124Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2019 - 7 C 5.18 -, juris Rn. 42 f., und Beschluss vom 8. Oktober 2021 ‑ 7 B 1.21 -, juris Rn. 9; OVG NRW, Urteil vom 5. Oktober 2020 ‑ 8 A 894/17 -, juris Rn. 62. 125In der zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Verordnung über den Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen vom 15. Dezember 2016 (GV.NRW S. 122) war die von den Klägern angesprochene Abstandsregelung nicht enthalten. Als nachträgliche - etwaig zu Lasten des Anlagenbetreibers auswirkende - Rechtsänderung wäre sie daher nicht zu berücksichtigen. 126Abgesehen davon handelt es sich bei dem Grundsatz 10.2-3 LEP NRW um einen „planerischen Vorsorgeabstand“, der bei der „planerischen Steuerung von Windenergieanlagen in Regionalplänen und in kommunalen Flächennutzungsplänen“ vorgesehen werden soll. Entsprechende planerische Darstellungen enthielten bzw. enthalten aber weder der Gebietsentwicklungsplan Regierungsbezirk N4. - Teilabschnitt „F. - M. “, der noch unter der Geltung des Landesplanungsgesetzes in der Fassung vom 11. Februar 2001 (GV.NRW. S. 50), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Februar 2004 (GV.NRW. S. 96), erlassen bzw. geändert sowie genehmigt wurde und dessen Rechtsqualität einem Regionalplan im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ROG, § 2 Abs. 1 LPlG entspricht, noch der Flächennutzungsplan der Stadt H. in ihren jeweils zum maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden (bzw. ihren jeweils aktuellen) Fassungen. Daher braucht an dieser Stelle nicht weiter vertieft zu werden, ob sich die Kläger auf den im Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen, bei dem es sich um einen landesweiten Raumordnungsplan nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ROG, § 2 Abs. 1 LPlG handelt, festgelegten Grundsatz 10.2‑3 überhaupt unter dem Gesichtspunkt einer subjektiven Rechtsverletzung berufen können. 1272. Auf die von den Klägern weiter gerügte Unvereinbarkeit der Windenergieanlage mit der im Gebietsentwicklungsplan Regierungsbezirk N4. - Teilabschnitt „F. - M. “ - festgesetzten Nutzung des Anlagenstandorts können sie sich als Nachbarn und damit als private Dritte nicht berufen (dazu a)). Unabhängig davon steht die Windenergieanlage dieser Festsetzung nicht entgegen bzw. widerspricht ihr nicht (dazu b)). 128a) Bei der Festsetzung des Vorhabengrundstücks als Haldenstandort handelt es sich nicht um eine unmittelbar drittschützende Regelung, auf deren Verletzung sich die Kläger berufen können. 129Der Bereich der Halde N1. ist in dem vorgenannten Gebietsentwicklungsplan, dessen Rechtsqualität - wie bereits ausgeführt - einem Regionalplan entspricht, als Standort für die Entsorgung des Bergematerials ausgewiesen (vgl. Ziffer 5.3 Aufschüttungen und Ablagerungen (Halden) sowie die zeichnerische Darstellung mit dem Planzeichen „Aufschüttungen, Ablagerungen u. a.“ und „Halden“). Selbst wenn man mit den Klägern davon ausgeht, dass die Festsetzung als Haldenstandort als Ziel der Raumordnung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG einzuordnen ist, können sie eine etwaige Verletzung dieses öffentlichen Belangs (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB) nicht rügen. 130aa) § 35 Abs. 3 BauGB kommt nicht die Funktion einer allgemein nachbarschützenden Vorschrift zu; dies ist nur der Fall, wenn nach den gesetzlichen Wertungen die jeweilige Vorschrift auch den Interessen des Nachbarn dient. 131Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. April 1995 - 4 B 47.95 -, juris Rn. 2 f.; OVG NRW, Beschluss vom 14. April 2021 ‑ 2 A 141/21 -, juris Rn. 9. 132Ein denkbarer Anknüpfungspunkt für eine mögliche drittschützende Wirkung von Zielen der Raumordnung zugunsten Privater ist zwar der Umstand, dass nach § 7 Abs. 2 ROG bei der Aufstellung der Raumordnungspläne die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen sind. Bei der Festlegung von Zielen der Raumordnung hat diese Abwägung abschließend zu erfolgen. Gleichwohl entfalten die Ziele der Raumordnung gegenüber privaten Grundstückseigentümern grundsätzlich keine unmittelbaren Rechtswirkungen. Sie sind vielmehr allein von öffentlichen Stellen bei ihren Planungen zu beachten, wohingegen private Eigentümer durch sie weder unmittelbar berechtigt noch verpflichtet werden. Für das Abwägungsgebot des § 7 Abs. 2 ROG folgt daraus, dass der Plangeber sich wegen des groben Rasters der raumordnerischen Abwägung und der damit verbundenen Ungenauigkeiten darauf beschränken kann, private Belange nur in einer pauschalen, typisierenden Art und Weise als Gruppenbelange zu berücksichtigen. Darüber hinaus gehende individuelle Betroffenheiten sind im Regelfall nicht Gegenstand der Abwägung im Rahmen eines regionalen Raumordnungsplans. Sie bleiben vielmehr der Feinsteuerung im Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans bzw. der Genehmigung eines Einzelvorhabens vorbehalten. Damit kann im Regelfall nicht angenommen werden, dass die Ziele der Raumordnung dazu bestimmt sind, die Rechte eines individuell bestimmbaren Kreises Dritter zu schützen. 133Vgl. zum Ganzen OVG Rh.-Pf., Urteil vom 31. März 2021 ‑ 1 A 10858/20 -, juris Rn. 35 ff., m. w. N. 134bb) Zureichende Anhaltspunkte dafür, dass in Abweichung hiervon gerade mit der Festsetzung des Anlagengrundstücks als Haldenstandort ausnahmsweise individuelle Belange der Anwohner der Halden geschützt werden sollten, sind nicht ersichtlich und von den Klägern, die sich mit dieser Frage nicht auseinandersetzen, auch nicht vorgetragen. Ausweislich der Erläuterungen zu Ziffer 5.3 des Gebietsentwicklungsplans dienen Bergehalden - u. a. die N1 2 . - der Ablagerung und damit der Entsorgung des energetisch nicht nutzbaren Gesteins aus dem Steinkohlebergbau. Die Aufschüttung von Bergehalden erfolgt demgemäß im öffentlichen Interesse einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung, allenfalls noch im privaten Interesse des jeweiligen Bergwerkbetreibers, jedoch nicht (auch) im Interesse der Nachbarn. Ob durch ein genehmigtes Vorhaben die weitere Aufschüttung der jeweiligen Bergehalde unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert wird, ist damit kein Gesichtspunkt, der einem Nachbarn eine subjektiv-rechtliche Rechtsposition vermittelt. 135b) Unabhängig vom Vorstehenden kann nicht festgestellt werden, dass die Windenergieanlage der Festsetzung des hier betroffenen Bereichs als Haldenstandort entgegensteht bzw. widerspricht (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Abs. 3 Satz 2 BauGB). 136Der Beklagte hat in den jeweiligen Widerspruchsbescheiden vom 24. Juni 2019 ‑ hilfsweise - zur Begründung seiner Annahme darauf verwiesen, dass der Schüttbetrieb auf der N1 2 . bereits zum Ende des Jahres 2013 eingestellt worden sei, weshalb aufgrund fehlender Bergemassen eine Endgestaltung als Vulkankegel nicht mehr habe stattfinden können. Zudem sei das letzte Bergwerk der Region, Prosper-Haniel in Bottrop, zum 21. Dezember 2018 endgültig geschlossen worden, sodass tatsächlich auch kein weiteres Bergematerial zur Schüttung mehr anfallen könne. Nach Mitteilung der Bezirksregierung Arnsberg werde in Kürze mit dem Abbruch der verbliebenen Anlagen begonnen und auch der in Aufstellung befindliche Regionalplan Ruhr werde für diesen Bereich in seinen zeichnerischen Festlegungen kein entsprechendes Gebiet für eine Halde mehr aufweisen. Die Bezirksregierung Arnsberg als zuständige Bergbehörde habe in ihren Stellungnahmen vom 22. August 2018 und 4. Februar 2019 ferner angegeben, dass keine Bedenken gegen das Vorhaben bestünden. Hinsichtlich der raumordnerischen Darstellung im derzeit noch geltenden Regionalplan (gemeint ist der Gebietsentwicklungsplan Regierungsbezirk N4. - Teilabschnitt „F. - M. “) sei aus bergbehördlicher Sicht festgestellt worden, dass die bergbauliche Nutzung „Aufschüttung und Ablagerung“ im Bereich der Halde N1. abgeschlossen sei. Aus der Stellungnahme der RAG AG vom 17. Januar 2019 gehe zusätzlich hervor, dass die Errichtung und der Betrieb einer Windenergieanlage auf der N1 2 . ein weiteres Verbringen von Bergematerial nicht wesentlich beeinträchtige. Insoweit sei auf die vorliegenden Erfahrungen des Unternehmens zum Schüttbetrieb auf den Bergehalden Kohlenhuck in Moers und Lohberg-Norderweiterung in Dinslaken mit den dort bereits realisierten Windenergieanlagen verwiesen worden. Der Top-Bereich der Halde N1. habe zudem eine ovale Grundform, in deren Mitte sich eine Vernässungszone mit Vegetation befinde. Am Rand des Top-Bereiches der Halde befinde sich der Standort der Windenergieanlage. Auch eine theoretisch machbare Schüttung von gegebenenfalls vorhandenen Restvolumina wäre daher nicht beeinträchtigt. Mit diesen für das Gericht plausiblen, nachvollziehbaren und überzeugenden Erwägungen setzen sich die Kläger nicht ansatzweise substantiiert auseinander und stellen die Richtigkeit der Annahme des Beklagten nicht durchgreifend in Frage. 1373. Mit ihrem weiteren Vortrag, die beklagte Windenergieanlage sei mit den städtebaulichen Zielen nicht vereinbar und widerspreche daher dem Bebauungsplan Nr. 000, Gebiet: „N1 2 . “ der Stadt H. , können die Kläger die Aufhebung der Genehmigung bereits deshalb nicht beanspruchen, weil der vorgenannte Bebauungsplan (erst) am 15. April 2019 mit seiner amtlichen Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt H. (Ausgabe 07/19) und damit nach Genehmigungserteilung als dem grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt in Kraft getreten ist (vgl. § 10 Abs. 3 BauGB). Daher kann dahinstehen, ob die Kläger sich auf einen etwaigen Verstoß gegen die städtebaulichen Ziele bzw. den Bebauungsplan Nr. 000 der Stadt H. unter dem Gesichtspunkt der subjektiven Rechtsverletzung überhaupt berufen können. 138Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, entspricht der Billigkeit, weil sie einen (Ablehnungs-)Antrag gestellt und sich damit selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). 139Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO (hinsichtlich der Beigeladenen) bzw. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO (hinsichtlich des Beklagten). 140Rechtsmittelbelehrung: 141Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1421. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 1432. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 1443. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 1454. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 1465. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 147Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. 148Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung ‑ ERVV ‑) wird hingewiesen. 149Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. | die klage wird abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens einschließlich der außergerichtlichen kosten der beigeladenen. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar, für die beigeladene allerdings nur gegen sicherheitsleistung in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages. die kläger dürfen die vollstreckung durch den beklagten durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die kläger wenden sich gegen die der vormals beigeladenen n. - q. gmbh erteilte immissionsschutzrechtliche genehmigung für die - mittlerweile erfolgte - errichtung und den betrieb einer windenergieanlage auf der bergehalde n1. in h. . 3die vormals beigeladene n. - q. gmbh beantragte unter dem 19. juli 2018 bei dem beklagten die erteilung einer immissionsschutzrechtlichen genehmigung für die errichtung und den betrieb einer windenergieanlage des typs enercon e‑138 ep3 mit einer nabenhöhe von 131 m und einem rotordurchmesser von 138,6 m auf dem grundstück gemarkung h. , flur 00, flurstück 000 (halde n1. ). diesem antrag beigefügt waren unter anderem eine schallimmissionsprognose der s. gmbh & co. kg vom 11. juli 2018 in der überarbeiteten fassung vom 31. januar 2019 (nachfolgend: schallimmissionsprognose vom 31. januar 2019) sowie eine sichtbeziehungsuntersuchung zur beurteilung der optisch bedrängenden wirkung der windenergieanlage der s. gmbh & co. kg vom 11. september 2018 nebst stellungnahme zum schreiben der stadt h. vom 14. dezember 2018. 4bei dem vorhabengrundstück handelt es sich um eine bergehalde, die im rahmen der bergbaulichen tätigkeiten im nördlichen ruhrgebiet aufgeschüttet wurde. der konkrete standort der windenergieanlage befindet sich nach den angaben, die über das internetangebot des landes nordrhein-westfalen für amtliche karten und sonstige amtliche daten (tim-online) abgerufen werden können, etwa 98,5 m über normalnull. 5der kläger zu 1. ist eigentümer und bewohner des westlich der n1 2 . gelegenen wohnhauses x. straße 171. die entfernung zwischen dem wohnhaus und der beklagten windenergieanlage beträgt etwa 440 m, der höhenunterschied etwa 60 m. das wohngrundstück des klägers zu 1. liegt nicht im geltungsbereich eines bebauungsplans. die bebauung nördlich des wohnhauses besteht aus einem weiteren wohnhaus (x. straße 165), einer etwa 1.200 qm großen - dem kläger zu 1. gehörenden - halle sowie kleineren nebengebäuden. an diese wohnhäuser schließt sich im nord-östlichen bereich eine etwa 28.000 bis 30.000 qm große freifläche an. nordwestlich der vorgenannten wohnhäuser befindet sich hinter der x. straße und einer baumreihe ebenfalls eine etwa 10.000 qm große freifläche. in östlicher und südlicher richtung grenzt das wohnhaus des klägers zu 1. an eine bewaldete fläche, durch die der o. fließt. in südwestlicher richtung befindet sich zwischen dem wohngrundstück des klägers zu 1. und den wohnhäusern x. straße 175/177, 190 und 192 ein baumbestand, dazwischen fließt der x1. n3. . 6die klägerin zu 2. ist eigentümerin und bewohnerin des südöstlich der n1 2 . gelegenen wohnhauses c.--straße 106. die entfernung zwischen dem wohnhaus und der beklagten windenergieanlage beträgt etwa 570 m, der höhenunterschied etwa 60 m. das wohngrundstück der klägerin zu 2. liegt im geltungsbereich des bebauungsplans nr. 002 der stadt h. . dieser weist für diesen bereich ein allgemeines wohngebiet aus. in der begründung zum bebauungsplan nr. 002 (dort seite 23) wird ausgeführt, dass es sich bei der städtebaulichen situation des plangebietes überwiegend um gemengelagen handele, die im laufe der zeit gewachsen seien. deshalb sei bei der betrachtung der immissionsrechtlichen situation unter berücksichtigung der vorhandenen betriebe und der hierdurch bedingten immissionsvorbelastung für die baugebiete im bebauungsplangebiet das gebot gegenseitiger rücksichtnahme anzuwenden. daher werde den angrenzenden allgemeinen wohngebieten immissionsschutzrechtlich der störgrad von mischgebieten zugewiesen. 7durch bescheid vom 11. februar 2019, dem kläger zu 1. am 20. februar 2019, der klägerin zu 2. am 16. februar 2019 zugestellt, erteilte der beklagte der vormals beigeladenen n. - q. gmbh unter anordnung der sofortigen vollziehung die beantragte immissionsschutzrechtliche genehmigung. diese enthält unter anderem nebenbestimmungen zum lärmschutz sowie zur standsicherheit der windenergieanlage. 8mit schreiben vom 25. februar 2019 zeigte die vormals beigeladene n. - q. gmbh dem beklagten entsprechend ziffer iv. 1.7 des genehmigungsbescheides an, dass nunmehr die beigeladene betreiber der windenergieanlage sei. 9die mit schreiben vom 14. märz 2019 erhobenen widersprüche der kläger wies der beklagte durch widerspruchsbescheide vom 24. juni 2019 zurück und führte zur begründung im wesentlichen aus: die kläger seien keinen unzumutbaren schall-immissionen ausgesetzt. auf der grundlage der schallimmissionsprognose vom 31. januar 2019 sei eine überschreitung der - für beide kläger - maßgeblichen immissionsrichtwerte von 45 db(a) nachts und 60 db(a) tags mit sicherheit auszuschließen. die kläger würden auch durch den von der windenergieanlage ausgehenden bewegten schattenwurf nicht erheblich belästigt. eine optisch bedrängende wirkung zu lasten der kläger gehe von der windenergieanlage nicht aus. die wohnhäuser der kläger seien wegen ihres abstandes zur windenergieanlage entsprechend der rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen einer intensiven prüfung des einzelfalls unterzogen worden. aufgrund der lage und der nutzung der räume des jeweiligen wohnhauses, des topografischen höhenunterschiedes, der vorbelastung durch den hochspannungsmast (nur klägerin zu 2.), der sichtverstellung durch (garten)bewuchs sowie der hauptwindrichtungsverteilung sei insgesamt nicht von einer optisch bedrängenden wirkung der windenergieanlage auszugehen. es seien ferner keine erschütterungseinwirkungen an den wohnhäusern der kläger zu erwarten. die von den klägern geltend gemachte wertminderung ihrer jeweiligen grundstücke werde bereits nicht nachprüfbar dargelegt. abgesehen davon sei die weitere nutzung als wohngrundstück nicht unmöglich oder unzumutbar, weil von der windenergieanlage keine schädlichen umwelteinwirkungen zu lasten der kläger ausgingen. die weiteren von den klägern angeführten aspekte - landesplanung, regionalplanung, planung der stadt h. sowie die standsicherheit der windenergieanlage - hätten keinen drittschützenden charakter und seien daher nicht gegenstand des vorliegenden widerspruchsverfahrens. im übrigen ergäben sich aber auch insoweit keine rechtlichen bedenken gegen die erteilte genehmigung. 10die kläger haben am 16. juli 2019 klage erhoben und bereits am 8. april 2019 einen antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes gestellt, den die kammer durch beschluss vom 4. november 2019 - 8 l 547/19 - abgelehnt hat. die hiergegen gerichtete beschwerde des klägers zu 1. hat das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen durch beschluss vom 29. september 2020 - 8 b 1576/19 - zurückgewiesen. 11auf entsprechende anträge der beigeladenen hat der beklagte durch bescheid vom 28. januar 2021 die nebenbestimmung iv. 6.1.2 des angefochtenen genehmigungsbescheides aufgehoben und durch bescheid vom 9. november 2021 festgestellt, dass die beklagte windenergieanlage entsprechend der nebenbestimmung iv. 3.1.6 des genehmigungsbescheides vom 11. februar 2019 zur nachtzeit (22:00 bis 06:00 uhr) im betriebsmodus 100db mit einer leistung von 2350 kw betrieben werden darf. zur begründung ist ausgeführt, dass nach dem vermessungsbericht der deutsche x2. d. gmbh e. vom 20. august 2020 die in ziffer iv. 3.1.5 des genehmigungsbescheides vom 11. februar 2019 festgelegten oktavschallleistungspegel für 1000, 2000, 4000 und 8000 hertz lo,okt zwar überschritten seien, der nachweis für die aufnahme des nachtbetriebs aber durch eine erneute ausbreitungsberechnung in der schallimmissionsprognose der s. gmbh & co. kg vom 27. oktober 2021 erbracht worden sei. 12zur begründung ihrer klage machen die kläger im wesentlichen geltend: auf der grundlage der schallimmissionsprognose vom 31. januar 2019 könne nicht hinreichend verlässlich beurteilt werden, dass sie keinen unzumutbaren lärmimmissionen durch den betrieb der windenergieanlage ausgesetzt seien. entgegen der annahme des beklagten bzw. der beigeladenen liege das wohngrundstück des klägers zu 1. nicht im außenbereich, sondern im unbeplanten innenbereich und sei als allgemeines bzw. reines wohngebiet zu qualifizieren, weshalb als maßgeblicher immissionsrichtwert 40 db(a) bzw. 35 db(a) und nicht 45 db(a) während der nachtzeit zugrunde zu legen sei. die in der schallimmissionsprognose vom 31. januar 2019 zugrunde gelegten eingangsdaten beruhten lediglich auf herstellerangaben und seien zudem widersprüchlich. der angenommene sicherheitszuschlag sei nicht ausreichend. es sei auch nicht erkennbar, welches berechnungsprogramm benutzt worden sei. ferner sei die erforderliche sonderfallprüfung wegen möglicher schallreflexionen („amphitheatereffekt“) nicht durchgeführt worden. der verzicht auf eine separate beurteilung der schallimmissionsbelastung während der tagzeit sei nicht vertretbar. die belastung durch infraschall sei nicht betrachtet worden, dies stelle ein ermittlungsdefizit dar. die schallimmissionsprognose vom 27. oktober 2021 sei ebenfalls nicht zum nachweis geeignet, dass die zulässigen immissionsrichtwerte eingehalten seien. der dieser ausbreitungsrechnung zugrunde liegende vermessungsbericht vom 20. august 2020 sei nicht aussagekräftig, weil sich das geländeprofil der dort vermessenen windenergieanlage von dem im vorliegenden einzelfall gegebenen geländeprofil deutlich unterscheide. zudem sei die schallimmissionsprognose vom 27. oktober 2021 nicht hinreichend transparent bzw. nachvollziehbar, insbesondere hinsichtlich der angenommenen messunsicherheiten sowie des ergebnisses, dass trotz höherer messwerte in einigen frequenzbereichen die ermittelten pegel vielfach geringer seien. von der genehmigten windenergieanlage gehe zudem eine optisch bedrängende wirkung aus. der abstand zwischen dem wohnhaus des klägers zu 1. und der windenergieanlage liege sehr nah an der regelmäßigen dominanzschwelle der zweifachen gesamthöhe der anlage. sichtbeziehungen zu der windenergieanlage, die das zumutbare maß überschritten, bestünden aus verschiedenen räumen ihrer wohnhäuser sowie aus dem garten- bzw. terrassenbereich. insoweit gehe die im verwaltungsverfahren vorgelegte sichtbeziehungsuntersuchung von unzutreffenden tatsächlichen annahmen aus. durch die errichtung auf der etwa 100 m hohen n1 2 . habe die windenergieanlage die optische wirkung einer 300 m hohen anlage. aufgrund der dimensionierung der windenergieanlage richte sich der blick nicht - wie vom beklagten angenommen - zunächst in den hang bzw. haldenkörper, sondern direkt auf die windenergieanlage. entgegen der annahme des beklagten bzw. der beigeladenen könne die hochspannungsleitung der klägerin zu 2. nicht als vorbelastung entgegen gehalten werden. diese sei - anders als der rotor der windenergieanlage - statisch und werde von ihr daher nicht mehr wahrgenommen. es bestünden auch keine zumutbaren ausweich- oder abschirmungsmöglichkeiten. es seien keine von der windenergieanlage möglicherweise ausgehenden erschütterungen betrachtet worden. die windenergieanlage sei mit den zielen der landesplanung, der regionalplanung und den städtebaulichen zielen für die haldenwelt und die angrenzenden stadtteile nicht vereinbar. sie widerspreche auch dem bebauungsplan nr. 000, gebiet: „n1 2 . “ vom 4. april 2019. 13die kläger beantragen, 14den immissionsschutzrechtlichen genehmigungsbescheid vom 11. februar 2019 in der fassung des jeweiligen widerspruchsbescheides vom 24. juni 2019 sowie des bescheides vom 9. november 2021 aufzuheben, 15hilfsweise, 16den vorgenannten bescheid für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären. 17der beklagte beantragt, 18die klage abzuweisen. 19zur begründung wiederholt bzw. vertieft er seine ausführungen in den widerspruchsbescheiden und führt ergänzend aus: erhebliche belästigungen oder gar gesundheitsgefahren durch infraschall von windenergieanlagen seien nicht gegeben. entsprechendes gelte in bezug auf den von den klägern angesprochenen körperschall. 20die beigeladene beantragt, 21die klage abzuweisen. 22zur begründung bezieht sie sich im wesentlichen auf die ausführungen des beklagten in den streitgegenständlichen widerspruchsbescheiden bzw. im gerichtlichen verfahren sowie auf die gerichtlichen entscheidungen im verfahren des vorläufigen rechtsschutzes. 23die kammer hat den rechtsstreit durch beschluss vom 6. dezember 2021 auf den berichterstatter als einzelrichter übertragen. dieser hat am 16. februar 2022 einen ortstermin mit den beteiligten zwecks feststellung der örtlichen gegebenheiten am wohngrundstück des klägers zu 1. sowie zur beurteilung der optisch bedrängenden wirkung durchgeführt. hinsichtlich des ergebnisses dieser inaugenscheinnahme wird auf das zugehörige terminsprotokoll bezug genommen. die beteiligten haben sich in dem ortstermin am 16. februar 2022 übereinstimmend mit einer entscheidung ohne durchführung einer mündlichen verhandlung einverstanden erklärt. 24hinsichtlich des weiteren sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte dieses verfahrens und des verfahrens 8 l 547/19 sowie die dort und im verfahren 8 k 1199/19 beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten bezug genommen. 25 | 26die klage, über die der nach § 6 abs. 1 vwgo zuständige einzelrichter im einverständnis der beteiligten ohne durchführung einer mündlichen verhandlung (§ 101 abs. 2 vwgo) entscheidet, hat keinen erfolg. 27der bescheid vom 9. november 2021 konnte noch in das laufende klageverfahren einbezogen werden (dazu a.). die von den klägern in der nunmehrigen form fortgeführte klage ist zwar zulässig (dazu b.), aber unbegründet (dazu c.). 28a. die kläger konnten den bescheid vom 9. november 2021 in das laufende klageverfahren einbeziehen. durch diesen bescheid hat der beklagte verbindlich festgestellt, dass der durch den genehmigungsbescheid vom 11. februar 2019 (vgl. ziffer iv. 3.1.6 i. v. m. 3.1.5) zunächst aufschiebend bedingt zugelassene schallreduzierte nachtbetrieb im betriebsmodus 100 db mit einer leistung von 2350 kw nunmehr aufgenommen werden darf, weil die beigeladene den eintritt der aufschiebenden bedingung nachgewiesen habe. damit bilden dieser bescheid und der genehmigungsbescheid ‑ ebenso wie die dem genehmigungsbescheid zur sicherstellung der erfüllung der genehmigungsvoraussetzungen (vgl. § 12 abs. 1 bimschg) nachträglich beigefügten nebenbestimmungen -, 29vgl. hierzu ovg nrw, urteil vom 22. november 2021 - 8 a 973/15 -, juris rn. 49 ff., m. w. n., 30einen unteilbaren regelungsgegenstand und stellt dessen einbeziehung schon keine klageänderung dar. 31eine änderung des streitgegenstands liegt mithin im rechtssinne nicht vor, sondern lediglich eine nach § 173 vwgo i. v. m. § 264 nr. 3 zpo ohne weiteres zulässige anpassung des klageantrags aufgrund einer nachträglichen veränderung. selbst wenn man die einbeziehung des bescheides vom 9. november 2021 als klageänderung im sinne von § 91 vwgo ansieht, ist diese klageänderung aber aus gründen der prozessökonomie jedenfalls als sachdienlich einzustufen. 32b. die von den klägern in der nunmehrigen form fortgeführte und als anfechtungsklage nach § 42 abs. 1 alt. 1 vwgo statthafte klage ist zulässig. insbesondere sind die kläger gemäß § 42 abs. 2 vwgo klagebefugt. es erscheint nicht ausgeschlossen, dass der betrieb der streitbefangenen anlage schädliche umwelteinwirkungen insbesondere in form von lärmimmissionen hervorruft (§ 6 abs. 1 nr. 1 i. v. m. § 5 abs. 1 nr. 1 bimschg) bzw. von ihr eine optisch bedrängende wirkung zu lasten der kläger ausgeht und sie jedenfalls insoweit möglicherweise in ihren subjektiv-öffentlichen rechten verletzt sind. 33c. die klage ist unbegründet. der angefochtene genehmigungsbescheid vom 11. februar 2019 in der fassung des jeweiligen widerspruchsbescheides vom 24. juni 2019 sowie des bescheides vom 9. november 2021 für die errichtung und den betrieb einer windenergieanlage verletzen die kläger jedenfalls nicht in ihren subjektiven rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 34nach § 6 abs. 1 bimschg ist die immissionsschutzrechtliche genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 bimschg und einer aufgrund des § 7 bimschg erlassenen rechtsverordnung ergebenden pflichten erfüllt werden, und andere öffentlich-rechtliche vorschriften und belange des arbeitsschutzes der errichtung und dem betrieb der anlage nicht entgegenstehen. nach § 5 abs. 1 nr. 1 bimschg sind genehmigungsbedürftige anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur gewährleistung eines hohen schutzniveaus für die umwelt insgesamt schädliche umwelteinwirkungen und sonstige gefahren, erhebliche nachteile und belästigungen für die allgemeinheit und die nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. 35diese voraussetzungen sind hier erfüllt. die kläger werden weder durch lärm (dazu i.) noch durch die optischen auswirkungen der streitgegenständlichen anlage (dazu ii.) oder durch von ihr ausgehende erschütterungen (dazu iii.) unzumutbar beeinträchtigt. der genehmigungsbescheid vom 11. februar 2019 enthält ferner ausreichende vorgaben zur sicherstellung der standsicherheit der windenergieanlage (dazu iv.). auf die weiteren gerügten aspekte - unvereinbarkeit mit dem landesentwicklungsplan nordrhein-westfalen, dem gebietsentwicklungsplan regierungsbezirk n4. - teilabschnitt „f. - m. “ - und dem bebauungsplan nr. 000 der stadt h. - können sich die kläger aus rechtsgründen nicht berufen (dazu v.). 36i. ausgehend von den immissionsrichtwerten der ta lärm (dazu 1.) sind die kläger keinen unzumutbaren lärmimmissionen ausgesetzt (dazu 2.). 371. der immissionsrichtwert beträgt sowohl für das wohngrundstück des klägers zu 1. (dazu a)) als auch der klägerin zu 2. (dazu b)) für die tagzeit 60 db(a) und für die nachtzeit 45 db(a). 38a) das wohngrundstück des klägers zu 1. liegt im bauplanungsrechtlichen außenbereich, weshalb ihm in anlehnung an die für dorf- und mischgebiete nach nr. 6.1 satz 1 buchstabe d ta lärm festgelegten grenzwerte 60 db(a) tags und 45 db(a) nachts zuzumuten sind. 39ständige rechtsprechung, vgl. etwa ovg nrw, urteil vom 22. november 2021 - 8 a 973/15 -, juris rn. 119 f., m. w. n. 40auf der grundlage des im internet verfügbaren karten- bzw. bildmaterials (tim-online; google maps) sowie der am 16. februar 2022 durchgeführten inaugenscheinnahme der örtlichen verhältnisse ist das gericht zu der überzeugung gelangt, dass das wohngrundstück des klägers zu 1. nicht innerhalb eines im zusammenhang bebauten ortsteils im sinne des § 34 abs. 1 baugb liegt und damit bauplanungsrechtlich dem außenbereich gemäß § 35 baugb zuzuordnen ist. 41aa) die anwendung des § 34 abs. 1 satz 1 baugb setzt einen im zusammenhang bebauten ortsteil voraus. die tatbestandsmerkmale „im zusammenhang bebaut“ und „ortsteil“ gehen nicht ineinander auf, sondern sind kumulativer natur. „ortsteil“ im sinne von § 34 abs. 1 satz 1 baugb ist jeder bebauungskomplex im gebiet einer gemeinde, der nach der zahl der vorhandenen bauten ein gewisses gewicht besitzt und ausdruck einer organischen siedlungsstruktur ist. ein „bebauungszusammenhang“ ist gegeben, soweit die aufeinanderfolgende bebauung trotz vorhandener baulücken den eindruck der geschlossenheit und zusammengehörigkeit vermittelt. 42vgl. bverwg, urteil vom 30. juni 2015 - 4 c 5.14 -, juris rn. 11, m. w. n. 43vermittelt eine aufeinanderfolgende bebauung trotz vorhandener baulücken den eindruck der geschlossenheit und zusammengehörigkeit, liegt mithin ein bebauungszusammenhang vor, an dem das in rede stehende grundstück teilnimmt, ist in einem weiteren schritt - in abgrenzung zur splittersiedlung - zu klären, ob dieser bebauungszusammenhang teil eines bebauungskomplexes im gebiet einer gemeinde ist, der nach der zahl der vorhandenen bauten ein gewisses gewicht besitzt und ausdruck einer organischen siedlungsstruktur ist. für die frage, ob ein bebauungskomplex nach seinem gewicht als ortsteil oder aber als splittersiedlung anzusehen ist, kommt es auf die siedlungsstruktur der jeweiligen gemeinde an. 44vgl. bverwg, beschluss vom 7. juni 2016 - 4 b 47.14 -, juris rn. 10, 14, m. w. n., und urteil vom 17. februar 1984 ‑ 4 c 56.79 -, juris rn. 9. 45grundsätzlich ist weder die zahl der wohnhäuser in einem bebauungskomplex noch die häufigkeit von splittersiedlungen in einem gemeindegebiet allein maßgebend für diese bewertung. ein bebauungskomplex ist - allerdings nicht rein quantitativ - sowohl mit ortsteilen als auch mit splittersiedlungen zu vergleichen. sind deutliche siedlungsschwerpunkte in näherer umgebung vorhanden, ist eine streubebauung mit erheblich weniger wohnhäusern als splittersiedlung zu werten und damit insgesamt dem außenbereich zugeordnet. ein weiteres kriterium für die annahme eines ortsteils können infrastruktureinrichtungen sein. 46vgl. bverwg, beschluss vom 19. april 1994 - 4 b 77.94 -, juris rn. 2 f.; ovg nrw, beschluss vom 30. januar 2020 ‑ 8 b 857/19 -, juris rn. 14 f., m. w. n. 47eine ansammlung von nur vier wohngebäuden besitzt regelmäßig nicht das für eine eigenständige siedlungseinheit erforderliche gewicht. 48vgl. bverwg, beschluss vom 19. april 1994 ‑ 4 b 77.94 -, juris rn. 2. 49bb) hiervon ausgehend ist das wohngrundstück des klägers zu 1. dem außenbereich zuzuordnen. dabei kann dahinstehen, ob diese einordnung wie die kammer und nachfolgend das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen im verfahren des vorläufigen rechtsschutzes angenommen haben, bereits daraus folgt, dass dieses wohngrundstück wegen des unmittelbar südwestlich angrenzenden baumbestandes sowie des dazwischen verlaufenden x1. n 3 . und der davon ausgehenden zäsurwirkung bereits keinen bebauungszusammenhang mit den südlich gelegenen wohnhäusern x. straße 175/177, 190 und 192 bildet. insoweit ist nach der inaugenscheinnahme der örtlichen verhältnisse am 16. februar 2022 festzustellen, dass das wohnhaus des klägers zu 1. und insbesondere die doppelhaushälfte x. straße 175/177 - zumindest außerhalb der vegetationsperiode - nicht durch den vorhandenen baumbestand optisch voneinander abgegrenzt werden. jedenfalls bildet die bebauung entlang der x. straße, die im norden von der straße l. und im westen von der bundesstraße 000 eingegrenzt wird, keinen ortsteil im sinne des § 34 abs. 1 satz 1 baugb. es handelt sich vielmehr um eine dem außenbereich zuzuordnende (streu‑)bebauung. 50zu dieser einordnung bereits im verfahren des vorläufigen rechtsschutzes tendierend: ovg nrw, beschluss vom 29. september 2020 - 8 b 1576/19 -, juris rn. 17. 51hierfür spricht zunächst der vergleich zu der übrigen siedlungsstruktur der stadt h. und hier insbesondere den umliegenden ortsteilen c1. , f1. und h. mitte. diese zeichnen sich überwiegend durch eine linear-gleichmäßige („perlenschnurartige“) wohnbebauung aus, die anders als die hier in rede stehende wohnbebauung an der x. straße kaum durch (große) baulücken unterbrochen wird. zudem fehlt es an jeglichen infrastruktureinrichtungen. für die einordnung als außenbereich spricht ferner, dass die nördlich des wohnhauses des klägers zu 1. angrenzende etwa 1.200 m² große halle nach den angaben seiner ehefrau in dem ortstermin am 16. februar 2022 ursprünglich zu landwirtschaftlichen zwecken genutzt wurde. landwirtschaftliche nutzungen sind aber gerade dem außenbereich vorbehalten, vgl. § 35 abs. 1 nr. 1 baugb. demgegenüber lassen sich keine gesichtspunkte für die annahme einer organischen siedlungsstruktur finden, der dem hier in rede stehenden bebauungskomplex das gewicht eines ortsteils verleiht. hierfür reicht nach den dargestellten maßstäben alleine die überschreitung der untergrenze des bundesverwaltungsgerichts für die annahme eines „gewissen gewichts“ eines bebauungszusammenhangs für sich genommen nicht aus. 52b) der klägerin zu 2. sind ebenfalls die in nr. 6.1 satz 1 buchstabe d ta lärm festgelegten lärmimmissionsrichtwerte von 60 db(a) tags und 45 db(a) nachts zuzumuten. zwar liegt ihr wohngrundstück im geltungsbereich des bebauungsplans nr. 002 der stadt h. , der für diesen bereich ein allgemeines wohngebiet ausweist. allerdings wird in der begründung zum bebauungsplan nr. 002 (dort seite 23) ausgeführt, dass es sich bei der städtebaulichen situation des plangebietes überwiegend um gemengelagen handele, die im laufe der zeit gewachsen seien. deshalb sei bei der betrachtung der immissionsrechtlichen situation unter berücksichtigung der vorhandenen betriebe (gemeint sind gewerbebetriebe) und der hierdurch bedingten immissionsvorbelastung für die baugebiete im bebauungsplangebiet das gebot gegenseitiger rücksichtnahme anzuwenden. daher werde den angrenzenden allgemeinen wohngebieten immissionsschutzrechtlich der störgrad von mischgebieten zugewiesen, weshalb hier buchstabe d und nicht e von nr. 6.1 satz 1 ta lärm anwendung findet. diese immissionsschutzrechtliche einordnung des zulässigen störgrades wird durch die klägerin zu 2. nicht (substantiiert) in zweifel gezogen. 532. die hiernach maßgeblichen immissionsrichtwerte werden durch den betrieb der streitgegenständlichen windenergieanlage hinreichend sicher eingehalten. dies folgt aus den auf der grundlage des interimsverfahrens durchgeführten berechnungen in den schallimmissionsprognosen vom 31. januar 2019 bzw. 27. oktober 2021. danach werden die zulässigen immissionsrichtwerte an den jeweiligen wohnhäusern der kläger weder während des nunmehr zugelassenen nachtbetriebs (dazu a)) noch des tagbetriebs (dazu b)) überschritten. 54a) der beklagte hat durch bescheid vom 9. november 2021 verbindlich festgestellt, dass der durch den genehmigungsbescheid vom 11. februar 2019 (vgl. ziffer iv. 3.1.6 i. v. m. 3.1.5) zunächst aufschiebend bedingt zugelassene schallreduzierte nachtbetrieb im betriebsmodus 100 db mit einer leistung von 2350 kw ab sofort aufgenommen werden darf, weil die beigeladene den eintritt der aufschiebenden bedingung nachgewiesen habe. in diesem betriebsmodus wird der rechtlich zulässige immissionsrichtwert an den beiden wohnhäusern der kläger von 45 db(a) nachts hinreichend verlässlich eingehalten. 55in der schallimmissionsprognose vom 31. januar 2019, bei der für die ausbreitungsrechnung - mangels eines zu diesem zeitpunkt vorliegenden vermessungsberichts des hier genehmigten anlagentyps - der höchste vom hersteller für den betriebsmodus 100 db angegebene schallleistungspegel von 100 db(a) zuzüglich eines sicherheitszuschlags in höhe von 2,1 db(a) für den oberen vertrauensbereich, wurde die von der windenergieanlage ausgehende zusatzbelastung am wohnhaus des klägers zu 1. (= ip 03) mit 39,1 db(a) angegeben, was zugleich der gesamtbelastung entspricht. am wohnhaus der klägerin zu 2. (= ip 41 wa) wurde eine zusatzbelastung von 36,7 db(a) berechnet, die zusammen mit der vorbelastung durch den nächtlichen betrieb der u. g. gmbh eine gesamtbelastung von 40,1 db(a) ergibt. 56dass die windenergieanlage im betriebsmodus 100 db mit einer leistung von 2350 kw den maßgeblichen immissionsrichtwert von 45 db(a) nachts einhält, wird bestätigt durch die schallimmissionsprognose vom 27. oktober 2021. diese ausbreitungsberechnung beruht nicht auf den herstellerangaben, sondern auf dem vermessungsbericht der deutsche x2. d. gmbh e. vom 20. august 2020, dessen emissionsansätze auf einer unter anderem nach maßgabe der fgw-richtlinie (fördergesellschaft windenergie e. v.: technische richtlinie zur bestimmung der leistungskurve, des schallleistungspegels und der elektrischen eigenschaften von windenergieanlagen - teil 1: bestimmung der schallemissionswerte, rev. 18 vom 1. februar 2008) erfolgten einfachvermessung des hier in rede stehenden anlagentyps enercon e‑138 ep3 basieren. danach wurde im betriebsmodus 100 db und einer leistung von 2350 kw ein maximaler schallleistungspegel von 100,4 db(a) ermittelt (vgl. seite 6 und 29 des vermessungsberichts der deutsche x2. d. gmbh e. vom 20. august 2020). unter zugrundelegung dieses höchsten summenschallleistungspegels einschließlich eines sicherheitszuschlags für den oberen vertrauensbereich von 2,3 db(a) wurde in der schallimmissionsprognose vom 27. oktober 2021 eine von der windenergieanlage ausgehende zusatzbelastung von 39,1 db(a) in bezug auf das wohnhaus des klägers zu 1. (= ip 03) berechnet, die mangels vorhandener vorbelastung während der nachtzeit zugleich der gesamtbelastung entspricht. in bezug auf das wohnhaus der klägerin zu 2. (= ip 41 wa) wurde in der schallimmissionsprognose vom 27. oktober 2021 eine zusatzbelastung von 36,6 db(a) berechnet. dass diese schallimmissionsprognose auf eine berechnung der gesamtbelastung am wohnhaus der klägerin zu 2. unter berücksichtigung der vorbelastung durch den betrieb der u. g. gmbh verzichtet, ist in der vorliegenden konstellation unschädlich. denn eine entsprechende berechnung der gesamtbelastung wurde - wie bereits ausgeführt - in der schallimmissionsprognose vom 31. januar 2019 vorgenommen und mit 40,1 db(a) angegeben. da diese berechnung (auf der grundlage der vom hersteller angegebenen emissionsansätze) eine zusatzbelastung durch die windenergieanlage von 36,7 db(a) berücksichtigte, kann die gesamtbelastung ausgehend von der in der schallimmissionsprognose vom 27. oktober 2021 errechneten zusatzbelastung von 36,6 db(a) rechnerisch jedenfalls nicht mehr als 40,1 db(a) betragen. 57die gegen die vorstehenden berechnungsansätze erhobenen bedenken der kläger greifen nicht durch. 58aa) sowohl der schallimmissionsprognose vom 31. januar 2019 als auch derjenigen vom 27. oktober 2021 kann das jeweils verwendete berechnungsprogramm, namentlich das programm windpro, modul decibel, versionsnummer 3.2.737 (schallimmissionsprognose vom 31. januar 2019) bzw. 3.3.294 (schallimmissionsprognose vom 27. oktober 2021) entnommen werden. 59bb) der einwand, die eingangsdaten in der schallimmissionsprognose vom 31. januar 2019 beruhten ausschließlich auf herstellerangaben und nicht auf standardisierten vermessungen, trifft zwar im ausgangspunkt zu, ist aber jedenfalls durch die vorlage der schallimmissionsprognose vom 27. oktober 2021, die gerade auf emissionsdaten der im jahr 2020 erfolgten einfachvermessung des hier genehmigten anlagentyps basiert, als überholt anzusehen. dass der dort zusätzlich in die berechnung eingestellte sicherheitszuschlag von 2,3 db(a) - wegen der unsicherheit des prognosemodells, der unsicherheit durch serienstreuung, der unsicherheit der typenvermessung bei einfach vermessenen anlagen sowie einer angenommenen irrtumswahrscheinlichkeit von 10 % (vgl. seite 36 f. der schallimmissionsprognose vom 31. januar 2019 und seite 2 der schallimmissionsprognose vom 27. oktober 2021) - nicht ausreichend wäre, um eine „auf der sicheren seite“ liegende schallimmissionsprognose anzunehmen, haben die kläger nicht hinreichend begründet in zweifel gezogen. 60cc) der von den klägern angesprochene widerspruch zwischen den den berechnungen in der schallimmissionsprognose vom 31. januar 2019 (bzw. vom 27. oktober 2021) zugrunde gelegten emissionswerten und den herstellerangaben, wonach von der windenergieanlage im volllastbetrieb ein schallleistungspegel von 106 db(a) ausgehe, liegt ersichtlich nicht vor. die berechnungen in den beiden vorgenannten schallimmissionsprognosen beziehen sich ausdrücklich allein auf den schallreduzierten betrieb im betriebsmodus 100 db und einer leistung von 2350 kw. nur ein solcher betrieb wird durch die genehmigung vom 11. februar 2019 in der fassung des bescheides vom 9. november 2021 während der nachtzeit zugelassen. ist ein volllastbetrieb während der nachtzeit nicht genehmigungsinhalt, bedarf es insoweit auch keines schalltechnischen nachweises, ob ein solcher betrieb die maßgeblichen immissionsrichtwerte während der nachtzeit einhielte. 61dd) es bedurfte vorliegend entgegen der annahme der kläger auch keiner sonderfallprüfung wegen möglicher schallreflexionen (insbesondere in form eines sog. „amphitheatereffekts“). zum einen sind die diesbezüglichen ausführungen jedenfalls in bezug auf die klägerin zu 2. mit blick darauf, dass die schallimmissionsprognose vom 31. januar 2019 eine reflexionsbetrachtung an ihrem wohnhaus vorgenommen und im ergebnis verneint hat (dort seite 39), unsubstantiiert. zum anderen kann die richtigkeit der annahme der kläger im vorliegenden fall dahinstehen. denn nach den von den klägern nicht in zweifel gezogenen angaben des beklagten, die sich wiederum auf die ausführungen in dem schalltechnischen gutachten vom 31. januar 2019 (dort seite 38) stützen, können schallreflexionen theoretisch pegelerhöhungen von bis zu 3 db(a) verursachen, wobei in der praxis werte oberhalb von 2 db(a) nicht zu erwarten seien. selbst wenn man hiernach - zu gunsten der kläger - von einer erhöhung des beurteilungspegels am „ip 03“ bzw. „ip 41 wa“ um 3 db(a) auf 42,1 db(a) bzw. 43,1 db(a) ausginge, wäre der zulässige immissionsrichtwert von 45 db(a) nachts nicht annähernd erreicht und erst recht nicht überschritten. 62ee) ohne erfolg bleiben auch die einwände der kläger gegen die schallimmissionsprognose vom 27. oktober 2021. 63aaa) dies gilt zunächst hinsichtlich der annahme, die der ausbreitungsrechnung zugrunde gelegten emissionsansätze aus dem vermessungsbericht der deutsche x2. d. gmbh e. vom 20. august 2020 seien nicht aussagekräftig, weil das geländeprofil im näheren umfeld der dort vermessenen windenergieanlage nicht ansatzweise mit dem hier gegebenen geländeprofil vergleichbar sei. es fänden sich dort weder in der umgebungsbebauung noch in der topografischen struktur des geländes elemente, die schallreflexionen bewirken könnten. 64insoweit ist in der stellungnahme der s. gmbh & co. kg vom 18. märz 2022 ausgeführt, dass der in dem vorgenannten vermessungsbericht ermittelte schall-leistungspegel auf der halde n1. verwendet werden könne. in der ausbreitungsberechnung (gemeint ist offensichtlich die schallimmissionsprognose vom 27. oktober 2021) sei genau das an der halde n1. vorherrschende geländeprofil durch die verwendung eines digitalen geländemodells simuliert und somit entsprechend berücksichtigt worden. das gericht hat keine begründeten anhaltspunkte, an der richtigkeit dieser ausführungen zu zweifeln; solche wurden auch von den klägern nicht substantiiert geltend gemacht. mit ihrem hinweis auf schallreflexionen zielen sie auf einen aspekt im zusammenhang mit der ausbreitungsrechnung und nicht der vermessung des schallleistungspegels der windenergieanlage. 65soweit die kläger in diesem zusammenhang die berücksichtigung zusätzlicher messunsicherheiten postulieren, wird bereits in der schallimmissionsprognose vom 27. oktober 2021 angegeben, dass im vergleich zur schallimmissionsprognose vom 31. januar 2019 eine erhöhung des sicherheitszuschlags für den oberen vertrauensbereich um 0,2 db(a) auf 2,3 db(a) erfolgt ist. 66bbb) der einwand der kläger, die im vermessungsbericht vom 20. august 2020 angenommene unsicherheit von 0,90 db erscheine zu klein, aus den angegebenen einzelwerten folge ein wert von 0,96 db, führt ebenfalls nicht weiter. mit blick auf die berechnete gesamtbelastung, die auch in ansehung etwaiger reflexionen die rechtlich zulässigen immissionsrichtwerte an den wohnhäusern beider kläger nicht ansatzweise erreichen, kann eine erhöhung der jeweiligen beurteilungspegel um 0,06 db unterstellt werden, ohne dass sich am ergebnis etwas ändert. 67ccc) die von den klägern aufgeworfene frage hinsichtlich tonhaltiger anlagengeräusche bedarf keiner weiteren vertiefung. 68der beklagte hat in ziffer iv. 3.1.2 des genehmigungsbescheides vom 11. februar 2019 geregelt, dass die genehmigte windenergieanlage nicht tonhaltig sein darf. ob die windenergieanlage im tatsächlichen betrieb tonhaltig ist, beeinflusst nicht die rechtmäßigkeit der genehmigung, sondern ist eine frage der anlagenüberwachung. 69ddd) die schallimmissionsprognose vom 27. oktober 2021 ist entgegen der annahme der kläger auch nicht deswegen unplausibel, weil die dort berechnete von der windenergieanlage ausgehende zusatzbelastung vielfach niedriger sei, obwohl bei dem in dem vermessungsbericht vom 20. august 2020 vermessenen anlagentyp in einigen frequenzbereichen die vom hersteller angegebenen werte überschritten worden seien. 70die damit angesprochene fehlende nachvollziehbarkeit der ausbreitungsrechnung liegt nicht vor. im vergleich zum „alternativen verfahren“ nach der din iso 9613-2 verzichtet das interimsverfahren, das den ausbreitungsberechnungen in den schall-immissionsprognosen vom 31. januar 2019 und 27. oktober 2021 zugrunde liegt, im kern auf die berücksichtigung von bodendämpfungen sowie einer meteorologischen korrektur. zudem stellt das interimsverfahren das berechnungsverfahren auf eine frequenzabhängige berechnung um mit der folge, dass auch die dämpfung aufgrund der luftabsorption (aatm) frequenzabhängig erfolgt. hochfrequente geräuschanteile werden aber stärker gedämpft als die tieffrequenten. 71vgl. das im internet abrufbare faktenpapier schallprognosen für windenergieanlagen nach dem „interimsverfahren“ des landesamtes für natur, umwelt und verbraucherschutz nordrhein-westfalen (lanuv), seite 2. 72ausweislich des vermessungsberichts vom 20. august 2020 wurden die vom hersteller angegebenen und in ziffer iv. 3.1.5 des genehmigungsbescheides vom 11. februar 2019 festgelegten oktavschallleistungspegel für 1000, 2000, 4000 und 8000 hertz überschritten. diese überschreitung führt ausweislich der stellungnahme der s. gmbh & co. kg vom 18. märz 2022 zwar dazu, dass der schallleistungspegel mit 100,4 db(a) geringfügig höher ist als die vom hersteller angegebenen 100 db(a). da die höherfrequenten oktavwerte ab 1000 hertz in der ausbreitungsrechnung aufgrund der höheren luftabsorption aber nicht so stark bewertet werden, ergeben sich keine höheren beurteilungspegel bzw. wird es an einigen immissionspunkten sogar leiser. 73ff) die kläger haben auch durch ihren umfangreichen, im wesentlichen aber allgemein und abstrakt gehaltenen vortrag zu den auswirkungen von tieffrequentem schall und infraschall auf den menschlichen körper eine unzumutbare beeinträchtigung nicht hinreichend substantiiert aufgezeigt. daher bleibt auch ihre in diesem zusammenhang stehende rüge ohne erfolg, die auf die ta lärm und die din 45680 gestützten immissionsprognosen seien lücken- und fehlerhaft, weil diese normen keine messmethode enthielten, die eine beeinträchtigende wirkung von tieffrequentem schall und infraschall berücksichtigen könne. 74die rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen und anderer obergerichte geht davon aus, dass tieffrequenter schall und infraschall durch windenergieanlagen im allgemeinen unterhalb der wahrnehmungsschwelle des menschlichen gehörs liegt und nach dem bisherigen stand wissenschaftlicher erkenntnisse grundsätzlich nicht zu gesundheitsgefahren führt. 75vgl. nur ovg nrw, urteil vom 22. november 2021 ‑ 8 a 973/15 -, juris rn. 160 ff., mit umfangreichen weiteren nachweisen. 76soweit die kläger sich zur begründung ihrer annahme im schriftsatz vom 29. august 2019 auf einzelne studien beziehen, sind sie, soweit sie überhaupt in der gerichtssprache deutsch (vgl. § 173 satz 1 vwgo i. v. m. § 184 satz 1 gvg) vorliegen und damit vom gericht zu berücksichtigen sind, lediglich teil eines wissenschaftlichen diskurses, ergeben allerdings bisher keinen begründeten ansatz für relevante tieffrequente immissionen oder infraschall durch windenergieanlagen oder nachweisbare gesundheitsschädliche auswirkungen. 77vgl. ovg nrw, urteil vom 5. oktober 2020 - 8 a 894/17 -, juris rn. 240 f., m. w. n. 78angesichts des trotz zahlreicher studien insoweit unsicheren erkenntnisstandes in der wissenschaft ist es auch nicht aufgabe der gerichte, weitere wissenschaftliche forschung zu betreiben. 79vgl. ovg nrw, beschluss vom 13. juli 2021 ‑ 8 a 500/20 -, juris rn. 66 f., m. w. n. 80entgegen der auffassung der kläger handelt es sich hierbei auch nicht um eine unangemessene beweislastumkehr. ob im sinne des § 6 abs. 1 nr. 1 bimschg sichergestellt ist, dass die dort geregelten betreiberpflichten erfüllt werden, insbesondere durch den betrieb der anlage keine immissionen verursacht werden, die gemäß § 3 abs. 1 bimschg geeignet sind, gefahren, erhebliche nachteile oder erhebliche belästigungen für die allgemeinheit oder die nachbarschaft herbeizuführen, beruht auf einer prognoseentscheidung der genehmigungsbehörde, die uneingeschränkter verwaltungsgerichtlicher überprüfung unterliegt. diese prognoseentscheidung verlangt allerdings nicht, dass jedes nur denkbare risiko der herbeiführung von schädlichen umwelteinwirkungen ausgeschlossen sein müsste. 81vgl. bverwg, urteil vom 17. februar 1978 - i c 102.76 -, juris rn. 33. 82können demnach risiken, die allenfalls theoretisch denkbar sind, im rahmen der prognoseentscheidung außer betracht bleiben, obliegt es auch nicht dem anlagenbetreiber im genehmigungsverfahren den diesbezüglichen nachweis ihres nichtvorliegens zu erbringen. es ist daher sache desjenigen, der die realisierung eines lediglich als entfernt anzusehenden risikos geltend macht, hierfür hinreichend konkrete anknüpfungstatsachen zu benennen. 83vgl. ovg nrw, urteil vom 22. november 2021 ‑ 8 a 973/15 -, juris rn. 177. 84solche haben die kläger in bezug auf den von ihnen geltend gemachten infraschall bzw. tieffrequenten schall indes nicht substantiiert dargelegt. 85b) es ist zudem hinreichend verlässlich sichergestellt, dass die für beide kläger maßgeblichen immissionsrichtwerte von 60 db(a) während des tagbetriebs der windenergieanlage eingehalten werden. diese feststellung kann entgegen der auffassung der kläger auch ohne entsprechende schallimmissionsprognose für die tagzeit getroffen werden und ergibt sich aus folgenden erwägungen: 86ausweislich der herstellerangaben erhöht sich der von der windenergieanlage des hier in rede stehenden typs ausgehende schallleistungspegel im (leistungsoptimierten) volllastbetrieb im betriebsmodus 0 s mit der nennleistung von 3500 kw im vergleich zum schallreduzierten betrieb im betriebsmodus 100 db mit einer leistung von 2350 kw, der den berechnungen in den schallimmissionsprognosen vom 31. januar 2019 und vom 27. oktober 2021 zugrunde gelegt wurde, um (lediglich) 6 db(a). dementsprechend kann die durch die windenergieanlage verursachte zusatzbelastung tagsüber maximal 45,1 db(a) am wohnhaus des klägers zu 1. und 43,7 db(a) am wohnhaus der klägerin zu 2. betragen. 87aa) unter dieser annahme war eine separate betrachtung des tagbetriebs nicht erforderlich, weil dieser um mehr als 10 db(a) unter dem maßgebenden immissionsrichtwert von 60 db(a) und die wohnhäuser der kläger damit während der tagzeit gemäß nr. 2.2 buchstabe a ta lärm nicht im einwirkungsbereich der windenergieanlage liegen. es handelt sich demnach - jedenfalls zur tagzeit - schon nicht um maßgebliche immissionsorte im sinne von nr. 2.3 abs. 1 ta lärm. diese feststellung gilt auch für den fall, dass eine erhöhung des beurteilungspegels wegen der geltend gemachten reflexionen um maximal 3 db(a) unterstellt würde. etwas anderes folgt auch nicht aus nr. 6.5 sätze 1 und 2 ta lärm, wonach für tageszeiten mit erhöhter empfindlichkeit - an werktagen für die zeiten zwischen 6 und 7 uhr und 20 bis 22 uhr (nr. 1) sowie an sonn- und feiertagen für die zeiten zwischen 6 bis 9 uhr, 13 bis 15 uhr und 20 bis 22 uhr (nr. 2) - bei der ermittlung des beurteilungspegels die erhöhte störwirkung von geräuschen im regelfall durch einen zuschlag von 6 db(a) zu berücksichtigen ist. 88aaa) dies gilt für das wohngrundstück des klägers zu 1. bereits deshalb, weil es schon nicht in einem besonders schutzwürdigen gebiet im sinne von nr. 6.5 satz 1 ta lärm liegt. zwar verweist diese vorschrift auch in der fassung der änderung vom 1. juni 2017 (vgl. allgemeine verwaltungsvorschrift zur änderung der ta lärm vom 1. juni 2017, banz at 8. juni 2017 b5) ihrem wortlaut nach auf „gebiete nach nummer 6.1 buchstaben d bis f“ und fordert demnach zuschläge auch in kern-, dorf- und mischgebieten gemäß nr. 6.1 satz 1 buchstabe d ta lärm, die für den vorliegend betroffenen außenbereich - wie bereits ausgeführt - entsprechende anwendung findet. hierbei handelt es sich allerdings um ein bei anwendung der verwaltungsvorschrift zu berichtigendes offensichtliches redaktionsversehen, worauf das zuständige bundesministerium für umwelt, naturschutz, bau und reaktorsicherheit bereits mit schreiben vom 7. juli 2017 ‑ az. ig i 7 – 501‑1/2 - hingewiesen hat. nach der bis zum 8. juni 2017 geltenden fassung der ta lärm vom 26. august 1998 (gmbl. nr. 26/1998 s. 503) wurden ruhezeitenzuschläge nach nr. 6.5 satz 1 ta lärm für „gebiete nach nummer 6.1 buchstaben d bis f“ vergeben. das waren allgemeine wohngebiete und kleinsiedlungsgebiete (buchstabe d), reine wohngebiete (buchstabe e) und kurgebiete (buchstabe f). mit der allgemeinen verwaltungsvorschrift vom 1. juni 2017 wurden in nr. 6.1 satz 1 ta lärm die urbanen gebiete als neuer buchstabe c eingefügt und die buchstaben c bis f zu buchstaben d bis g geändert. die sich hieraus ergebende anpassung des verweises in nr. 6.5 satz 1 ta lärm wurde im rechtssetzungsverfahren nicht nachvollzogen, was indes geboten gewesen wäre. denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die änderung der ta lärm auch die erstmalige einführung eines ruhezeitenzuschlags für misch-, dorf- und kerngebiete beinhalten sollte. dieses ergebnis wäre mit blick auf die im kerngebiet regelmäßig zugelassenen störenden gewerbebetriebe (§ 7 abs. 2 nr. 3 baunvo) ebenso wenig nachvollziehbar wie die - konsequenterweise anzunehmende - herausnahme der besonders lärmempfindlichen kurgebiete (als neuer buchstabe g). dies kann offensichtlich nicht gewollt sein. 89vgl. nds. ovg, urteil vom 8. september 2021 ‑ 1 kn 150/19 -, juris rn. 96; vgh bad.-württ., urteil vom 28. november 2019 - 5 s 1790/17 -, juris rn. 68; vg ansbach, beschluss vom 13. dezember 2021 ‑ an 17 s 21.01515 -, juris rn. 133; vg neustadt (weinstraße), beschluss vom 13. august 2020 ‑ 5 l 637/20.nw ‑, juris rn. 95; vg augsburg, beschluss vom 16. august 2018 - au 4 s 18.1058 -, juris rn. 81. 90bbb) im ergebnis nichts anderes gilt für das wohngrundstück der klägerin zu 2. auch wenn es in einem durch den bebauungsplan nr. 002 der stadt h. ausgewiesenen allgemeinen wohngebiet und damit in einem besonders schutzwürdigen gebiet im sinne von nr. 6.5 satz 1 i. v. m. nr. 6.1 satz 1 buchstabe e ta lärm liegt, kann es - wie bereits ausgeführt - immissionsschutzrechtlich (lediglich) den schutzanspruch eines mischgebiets geltend machen. damit unterfällt es ebenfalls nicht dem anwendungsbereich von nr. 6.5 satz 1 ta lärm. 91bb) es bedurfte keiner weiteren aufklärung durch das gericht hinsichtlich möglicher vorbelastungen im sinne von nr. 2.4 abs. 1 ta lärm während der tagzeit. gemäß nr. 3.2.1 abs. 2 satz 1 ta lärm darf die genehmigung für die zu beurteilende anlage - hier die beklagte windenergieanlage - auch bei einer überschreitung der immissionsrichtwerte aufgrund der vorbelastung aus gründen des lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der anlage verursachte immissionsbeitrag im hinblick auf den gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. das ist nach satz 2 der vorgenannten vorschrift in der regel der fall, wenn die von der zu beurteilenden anlage ausgehende zusatzbelastung die immissionsrichtwerte nach nummer 6 am maßgeblichen immissionsort um mindestens 6 db(a) unterschreitet. dies ist hier in bezug auf den tagbetrieb - wie bereits aufgezeigt - der fall. 92ii. von der genehmigten windenergieanlage geht keine unzumutbare optisch bedrängende wirkung auf die wohngrundstücke der kläger aus. 93nach der rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen bedarf es einer einzelfallprüfung, um beurteilen zu können, ob windenergieanlagen optisch bedrängend auf die umgebung wirken. dabei sind insbesondere die folgend genannten aspekte zu berücksichtigen, und zwar für die anlage: gesamthöhe, standort mit topographischer situation, größe des rotordurchmessers; für das grundstück: lage, ausrichtung bestimmter räumlichkeiten und deren fenster und terrassen zur windenergieanlage, etwaige abschirmung zur anlage, blickwinkel auf die anlage, hauptwindrichtung. unter berücksichtigung (insbesondere) der vorstehenden kriterien lassen sich für die ergebnisse der einzelfallprüfungen grobe anhaltswerte prognostizieren: beträgt der abstand zwischen einem wohngebäude und einer windenergieanlage mindestens das dreifache der gesamthöhe der geplanten anlage, dürfte die einzelfallprüfung überwiegend zu dem ergebnis kommen, dass von dieser anlage keine optisch bedrängende wirkung zu lasten der wohnnutzung ausgeht. ist der abstand geringer als das zweifache der gesamthöhe der anlage, dürfte die einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden wirkung der anlage gelangen. beträgt der abstand zwischen dem wohnhaus und der windenergieanlage das zwei- bis dreifache der gesamthöhe der anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven prüfung des einzelfalls. diesem groben raster liegt die überlegung zu grunde, dass die optisch bedrängende wirkung einer windenergieanlage mit zunehmendem abstand regelmäßig abnimmt. diese grundsätze gelten auch für moderne typen von windenergieanlagen, die durch einen höheren turm und einen größeren rotordurchmesser gekennzeichnet sind. 94vgl. zum ganzen mit ausführlicher begründung ovg nrw, urteil vom 20. dezember 2018 - 8 a 2971/17 -, juris rn. 195 ff., m. w. n. 95dass der genehmigte standort der windenergieanlage etwa 60 m oberhalb der wohnhäuser der kläger befindet, bewirkt nicht, dass diese höhendifferenz bei der abstandsbewertung zu der gesamthöhe der anlage zu addieren wäre. denn eine auf höherem gelände stehende windenergieanlage wirkt weniger bedrängend als eine windenergieanlage, die sich auf der gleichen ebene wie ein wohngebäude befindet, aber eine höhe aufweist, die der summe aus der höhendifferenz und der höhe der erstgenannten anlage entspricht. zudem berücksichtigt der grobe, pauschalierende anhaltswert mittelbar auch, dass der rotor der anlage tendenziell umso größer ist, je höher die anlage ist. ein geländeunterschied vergrößert jedoch nicht den rotorumfang, sondern hat auf diesen keinen einfluss. der höhenunterschied ist daher (nur) im rahmen der einzelfallprüfung zu berücksichtigen, weil er die optischen wirkungen der windenergieanlage verstärken kann. 96vgl. ovg nrw, beschluss vom 18. oktober 2021 ‑ 8 a 2790/18 -, juris rn. 54 f., m. w. n. 97um von einer optisch bedrängenden wirkung zu sprechen, reicht es für sich gesehen nicht aus, dass die windenergieanlage von den wohnräumen aus überhaupt wahrnehmbar ist. das gebot der rücksichtnahme vermittelt dem nachbarn keinen anspruch auf eine von technischen bauwerken freie sicht. die optisch bedrängende wirkung einer windenergieanlage entfällt daher nicht erst dann, wenn die sicht auf die windenergieanlage durch abschirm- oder ausweichmaßnahmen völlig gehindert wird. ausreichend ist vielmehr, dass die anlage in ihrer wirkung durch eine vorhandene abschirmung optisch abgemildert wird oder dass eine solche abschirmung in zumutbarer weise hergestellt werden kann. dies gilt insbesondere für außenbereichsgrundstücke oder für unmittelbar an den außenbereich angrenzende wohngrundstücke. denn in diesen fällen sind dem betroffenen wegen des verminderten schutzanspruchs eher maßnahmen zuzumuten, durch die er den wirkungen der windenergieanlage ausweicht oder sich vor ihnen schützt. 98vgl. ovg nrw, beschluss vom 28. oktober 2021 - 8 a 2790/18 -, juris rn. 56 f., m. w. n. 99ausgehend von diesen maßgaben ist das gericht auf der grundlage der sichtbeziehungsuntersuchung zur beurteilung der optisch bedrängenden wirkung der windenergieanlage vom 11. september 2018 sowie der am 16. februar 2022 durchgeführten inaugenscheinnahme zur überzeugung gelangt, dass von der genehmigten windenergieanlage keine unzumutbare optisch bedrängende wirkung auf die wohngrundstücke der kläger ausgeht. 1001. diese feststellung gilt zunächst in bezug auf das wohnhaus des klägers zu 1., das etwa 440 m vom anlagenstandort entfernt ist, was ausgehend von einer gesamthöhe der anlage von etwa 200 m (vgl. insoweit die herstellerangaben) einem abstandsquotienten von etwa dem 2,2-fachen der anlagenhöhe entspricht. trotz dieses relativ geringen abstands spricht eine reihe von einzelfallbezogenen faktoren gegen die annahme einer optisch bedrängenden wirkung. 101aufgrund der lage und ausrichtung des wohnhauses bestehen sichtbeziehungen zu der windenergieanlage (nur) aus den fenstern der südostfassade und aus dem giebelfenster der nordostfassade. an der südostlich ausgerichteten seite des wohnhauses befinden sich im erdgeschoss das schlafzimmer und ein größerer raum, der als wohn-/ess- bzw. empfangszimmer genutzt wird (vgl. auch seite 20 der sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. september 2018). aus diesem zimmer ist die windenergieanlage in ihrer vollen ausdehnung, d. h. einschließlich des rotors, allerdings nur dann zu sehen, wenn man sich direkt vor die fensterfront begibt. von den stühlen, die am großen, parallel zur fensterfront ausgerichteten esstisch aufgestellt sind, ist von der windenergieanlage infolge der hier gegebenen topografischen besonderheit - der höhenunterschied zwischen dem wohnhaus des klägers zu 1. und dem vorhabenstandort beträgt etwa 60 m - allenfalls der turm zu sehen. der hinweis des klägers zu 1. im schriftsatz vom 7. januar 2022, wonach von den stühlen, die mit ihrer rückseite zur fensterfront ausgerichtet sind, der turm „in voller ausdehnung“ und der untere bereich der rotorblätter zu sehen seien, lässt unberücksichtigt, dass der blick der auf diesen stühlen sitzenden personen regelmäßig zu der von der fensterfront abgewandten zimmerseite gerichtet sein wird. diese personen müssen ihren kopf demnach erst nach hinten drehen, um überhaupt einen teil der anlage sehen zu können. insgesamt ist daher in bezug auf das wohn-/esszimmer im erdgeschoss von allenfalls kurzfristigen und somit zumutbaren sichtbeziehungen auszugehen. zu einer anderen einschätzung zwingt auch nicht der während des ortstermins am 16. februar 2022 in unmittelbarer nähe der fensterfront positionierte sessel, von dem aus die windenergieanlage in gänze sichtbar ist. diesbezüglich ist festzustellen, dass diese sitzgelegenheit weder in der sichtbeziehungsbeziehungsuntersuchung vom 11. september 2018 erwähnt noch vom kläger zu 1. schriftsätzlich thematisiert wurde. letzteres mag ein hinweis darauf sein, dass die dortigen sichtbeziehungen bereits von ihm selbst nicht als unzumutbar eingeordnet werden. unabhängig davon ist aber weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich, dass eine positionierung des sessels nicht möglich bzw. zumutbar ist, die eben jene sichtbeziehungen möglichst vermeidet bzw. auf ein zumutbares maß beschränkt. 102in bezug auf das schlafzimmer im erdgeschoss und das kinderzimmer im zweiten obergeschoss (giebelfenster der nordostfassade) macht der kläger zu 1. eine optisch bedrängende wirkung bereits nicht (schlafzimmer) bzw. nicht mehr (kinderzimmer, vgl. zuletzt schriftsatz vom 7. januar 2022) geltend. im übrigen dient das schlafzimmer nicht dem aufenthalt und der erholung am tag und ist daher nicht in gleicher weise schutzbedürftig wie etwa ein wohnzimmer. 103die annahme einer optisch bedrängenden wirkung rechtfertigt auch nicht der umstand, dass sich im ersten obergeschoss mit dem „wohnzimmer der familie“ ein besonders schutzwürdiger bereich befindet, aus dem heraus die streitgegenständliche windenergieanlage zu sehen ist. nach den feststellungen im ortstermin am 16. februar 2022, die insoweit mit den angaben in der sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. september 2018 übereinstimmen, beschränken sich die sichtbeziehungen ‑ neben der position direkt vor der fensterfront - (lediglich) auf den rechten (= kameraperspektive, d. h. stehend vor dem sofa aus betrachtet) schenkel des sofas. die übrigen sitzmöglichkeiten auf dem sofa bzw. dem links daneben aufgestellten sessel sind von der fensterfront abgewandt und daher bereits so angeordnet, dass die windenergieanlage in sitzender position nicht wahrgenommen wird. insgesamt sind das sofa und der sessel so ausgerichtet, dass sie den blick zuvörderst auf den fernseher und damit gerade nicht auf die fensterfront lenken. es bestehen folglich offensichtlich bereits innerhalb des wohnzimmers hinreichend ausweichmöglichkeiten, auf die der kläger zu 1. bzw. seine familie zu verweisen sind. weiter ist zu berücksichtigen, dass es sich um vergleichsweise kleine fenster handelt, die zudem mit vorhängen ausgestattet sind, welche für einen gewissen sichtschutz sorgen und daher die sichtbeziehungen abschwächen. 104die feststellung einer optisch bedrängenden wirkung rechtfertigen schließlich auch nicht die sichtbeziehungen aus dem terrassen-/gartenbereich. zwar wird von einigen punkten aus die gesamte windenergieanlage zu sehen sein. allerdings treten nutzungen im freien, die im regelfall ohnehin nur in den sommermonaten stattfinden, im hinblick auf ihre schutzwürdigkeit hinter derjenigen von wohngebäuden zurück. 105vgl. nds. ovg, beschluss vom 3. november 2016 ‑ 12 me 131/16 -, juris rn. 21. 106darüber hinaus bietet der terrassen-/gartenbereich nach den feststellungen während des ortstermins am 16. februar 2022 offensichtlich genügend platz, um durch ortsveränderung bzw. durch entsprechende räumliche ausrichtung von sitzgelegenheiten und sonstigen freizeiteinrichtungen die wahrnehmung des vorhabens bzw. der rotordrehbewegungen zu vermeiden bzw. zu minimieren. überdies ließe sich eine abschirmung durch das aufstellen von sichtblenden, sonnenschirmen etc. weiter verstärken. 107vgl. ovg nrw, beschluss vom 20. juli 2017 ‑ 8 b 396/17 -, juris rn. 48. 108als weiterer, die optische wirkung der windenergieanlage abschwächender gesichtspunkt kommt hinsichtlich sämtlicher sichtbeziehungen hinzu, dass diese nach den ausführungen der sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. september 2018 aufgrund der in dem hier in rede stehenden bereich vorherrschenden hauptwindrichtung westsüdwest voraussichtlich überwiegend nur lateral/seitlich als schmale sichel und nur selten frontal zu sehen sein wird. eine zusätzliche die sichtbeziehung zum teil vollständig, jedenfalls teilweise unterbrechende/abschwächende wirkung kommt dem baumbewuchs im gartenbereich zu (vgl. die fotos auf seite 21/22 der sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. september 2018 bzw. vom ortstermin am 16. februar 2022). diese feststellung gilt in bezug auf die immergrünen koniferen ganzjährig und hinsichtlich des großen baumes in der mitte des gartens mindestens während der vegetationsperiode, wobei dessen ästen auch im unbelaubten zustand eine abschirmende wirkung zukommt. 109in anbetracht der vorstehenden ausführungen kann offen bleiben, ob im vorliegenden einzelfall die hier gegebene topographische (sonder-)situation in form eines höhenunterschieds zwischen dem vorhabenstandort und dem wohngrundstück des klägers zu 1. von etwa 60 m eher eine optische abschirmung - so der beklagte und die beigeladene im anschluss an die annahme in der sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. september 2018 - oder aber - so der kläger zu 1. - eine verstärkung der visuellen wahrnehmbarkeit der windenergieanlage bewirkt. weder die eine noch die andere annahme führte zu einer vom dargestellten ergebnis abweichenden beurteilung. 1102. im ergebnis nichts anderes gilt in bezug auf das wohngrundstück der klägerin zu 2., das etwa 570 m vom anlagenstandort entfernt ist, was ausgehend von einer gesamthöhe der anlage von etwa 200 m einem abstandsquotienten von etwa dem 2,8-fachen der anlagenhöhe entspricht. 111aufgrund der lage des wohnhauses ist die windenergieanlage (nur) aus den fenstern der nordwestfassade zu sehen. an dieser seite befinden sich im erdgeschoss die küche und das esszimmer, im ersten obergeschoss das badezimmer sowie ein zimmer, das als büro genutzt wird. nach den feststellungen in der sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. september 2018 sowie während des am 16. februar 2022 durchgeführten ortstermins ist die windenergieanlage, insbesondere der rotor, aus dem badezimmer - wegen des blickdichten fensters - überhaupt nicht und aus den fenstern der übrigen räume lediglich dann zu sehen, wenn man sich direkt vor das jeweilige fenster begibt. von den jeweiligen sitzgelegenheiten in den vorgenannten räumlichkeiten ist die anlage bzw. deren rotor hingegen nicht zu sehen. 112hinsichtlich der sichtbeziehungen aus dem gartenbereich gilt das zum kläger zu 1. ausgeführte in entsprechender weise. 113darüber hinaus wird die optische wirkung dadurch abgeschwächt, dass die windenergieanlage nach den ausführungen der sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. september 2018 aufgrund der in dem hier in rede stehenden bereich vorherrschenden hauptwindrichtung westsüdwest voraussichtlich überwiegend nur lateral/seitlich als schmale sichel zu sehen sein wird. die annahme der hauptwindrichtung „westsüdwest“ beruht nicht - wie die klägerin zu 2. offenbar meint - auf den winddaten in dem „gutachten zur standorteignung von wea am standort halde n1. “ vom 16. mai 2018 (dort seite 17), sondern auf einer windrichtungsanalyse der s. gmbh & co. kg , die auf seite 83/84 der sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. september 2018 im einzelnen erläutert wird. soweit die klägerin zu 2. mit verweis auf die winddaten in dem vorgenannten gutachten vom 16. mai 2018 davon ausgeht, dass die dortige „verteilung der relativen häufigkeiten der windrichtung und windgeschwindigkeiten ein nahezu gleichlautendes bild in mehreren windrichtungen süd/südwest (0,13), west/südwest (0,156) und west (0,114)“ ergäben, steht dies nicht in einem unauflösbaren widerspruch zu der windrichtungsverteilung in der sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. september 2018. denn auch hier haben die windrichtungen südsüdwest und west relativ große anteile an der gesamtverteilung. auch wenn hiernach mit der klägerin zu 2. „von einer größeren bandbreite“ der rotorstellungen auszugehen wäre, bleibt festzuhalten, dass in beiden betrachtungen der windrichtungsverteilung der anteil der windrichtungen, bei denen der rotor aus dem wohnhaus bzw. terrassen-/gartenbereich in seiner vollen ausdehnung zu sehen sein wird (westnordwest bzw. nordnordwest), deutlich hinter der/n hauptwindrichtung/en (westsüdwest bzw. südsüdwest) zurückbleibt. 114mit blick auf die vorstehenden ausführungen braucht nicht weiter vertieft werden, ob - wie vom beklagten und der beigeladenen angenommen und von der klägerin zu 2. in abrede gestellt - dem hochspannungsmast sowie den quer verlaufenden hochspannungsleitungen (vgl. die bilder auf seite 41 und 43 der sichtbeziehungsuntersuchung vom 11. september 2018) bedeutung hinsichtlich der sichtbeziehungen zu der windenergieanlage aus den fenstern der nordwestfassade zukommt. ebenso wenig kommt der hier gegebenen topographischen (sonder-)situation eine ausschlaggebende bedeutung in die eine oder die andere richtung zu. insoweit gelten die diesbezüglichen ausführungen zum wohngrundstück des klägers zu 1. in gleicher weise. 115iii. die kläger zeigen auch nicht substantiiert auf, dass schädliche umwelteinwirkungen auf ihr jeweiliges wohngrundstück durch erschütterungen zu erwarten sind. 116ausweislich der vom beklagten in diesem zusammenhang während der jeweiligen widerspruchsverfahren eingeholten stellungnahme des lanuv vom 24. april 2019 träten nach dokumentierten messergebnissen der landesanstalt für umwelt, messungen und naturschutz baden-württemberg (lubw) in 285 m entfernung von der windenergieanlage erschütterungsimmissionen von maximal 0.01 mm/s auf. damit seien - so der beklagte - die von windenergieanlagen ausgehenden schwingungen im boden bereits in weniger als 300 m abstand von der windenergieanlage so weit abgesunken, dass sie sich aus dem permanent vorhandenen grundrauschen nicht mehr herausheben würden. eine weitere abnahme der schwinggeschwindigkeit erfolge über die entfernung. zudem sei die halde n1. auf einer gewachsenen geländeoberfläche aufgeschüttet worden, die einen schlechteren übertragungsweg als keupergestein habe, das den messungen des lubw zugrunde gelegen habe. diesen plausiblen und nachvollziehbaren ausführungen des beklagten bzw. des lanuv haben die kläger, deren wohnhäuser etwa 440 m bzw. 570 m vom anlagenstandort entfernt liegen, nichts von substanz entgegen gesetzt. 117iv. die von den klägern geltend gemachten bedenken hinsichtlich der standsicherheit der windenergieanlage führen ebenfalls nicht zur rechtswidrigkeit der angefochtenen genehmigung. 118zwar kommt der vorschrift des § 12 abs. 1 satz 2 bauo nrw in der zum 1. januar 2019 in kraft getretenen fassung, wonach die standsicherheit anderer baulicher anlagen und die tragfähigkeit des baugrundes des nachbargrundstücks nicht gefährdet werden dürfen, grundsätzlich drittschützende wirkung zu. 119vgl. zu der bis zum 31. dezember 2018 geltenden inhaltsgleichen vorgängervorschrift in § 15 abs. 1 satz 2 bauo nrw: ovg nrw, urteil vom 9. juni 2011 ‑ 7 a 1494/09 -, juris rn. 54 f., m. w. n. 120der beklagte hat indes in der genehmigung vom 11. februar 2019 in hinreichender weise sichergestellt, dass die windenergieanlage nur errichtet werden darf, wenn ihre standsicherheit gewährleistet ist. nach ziffer iii. 3. der angefochtenen genehmigung darf mit dem bau der windenergieanlage (fundamentgründung) erst begonnen werden, nachdem der bauaufsichtsbehörde der stadt h. und der unteren immissionsschutzbehörde des beklagten in bezug auf den genehmigten anlagentyp enercon e-138 ep3 eine aktuell gültige bescheinigung, die von einem staatlich anerkannten sachverständigen gemäß § 85 bauo nrw (a. f. = § 87 bauo nrw n. f.) erstellt und geprüft sein muss, als abschließender standsicherheitsnachweis vorgelegt und dieser von den beiden vorgenannten behörden überprüft und freigegeben wurde. diese vorgabe entspricht der gesetzlichen regelung in § 68 abs. 2 satz 1 nr. 2 bauo nrw, wonach spätestens mit der anzeige des baubeginns bei der bauaufsichtsbehörde zusammen mit den in bezug genommenen bautechnischen nachweisen bescheinigungen einer oder eines staatlich anerkannten sachverständigen nach § 87 abs. 2 satz 1 nr. 4 bauo nrw über die prüfung des standsicherheitsnachweises einzureichen sind. abgesehen hiervon ist weder substantiiert vorgetragen noch drängt es sich - insbesondere mit blick auf den abstand der wohnhäuser der kläger zum anlagenstandort von etwa 440 m (kläger zu 1.) bzw. 570 m (klägerin zu 2.) - im übrigen auf, dass durch eine mangelnde standsicherheit der windenergieanlage die tragfähigkeit des baugrundes der jeweiligen grundstücke der kläger bzw. deren wohnhäuser gefährdet werden würden. 121v. auf die weiteren gerügten aspekte können sich die kläger mangels einer subjektiven rechtsverletzung von vornherein nicht berufen bzw. sind sie wegen des hier maßgeblichen zeitpunkts der beurteilung der sach- und rechtslage aus rechtsgründen nicht zu lasten der beigeladenen zu berücksichtigen. 1221. letzteres gilt hinsichtlich des vorbringens, die angefochtene genehmigung verstoße gegen den landesentwicklungsplan nordrhein-westfalen (lep nrw). denn die dortige vorgabe zum abstand von windenergieanlagen zur wohnbebauung (vgl. 10.2‑3 „grundsatz abstand von bereichen/flächen für windenergieanlagen“), auf die sich die kläger berufen, ist erst durch die verordnung zur änderung der verordnung über den landesentwicklungsplan vom 12. juli 2019 (gv.nrw. s. 346) und damit nach dem hier grundsätzlich maßgeblichen zeitpunkt der erteilung der angefochtenen genehmigung vom 11. februar 2019 an die vormals beigeladene n. - q. gmbh in den landesentwicklungsplan nordrhein-westfalen aufgenommen worden. 123maßgeblicher zeitpunkt für die beurteilung der sach- und rechtslage ist bei einer immissionsschutzrechtlichen drittanfechtungsklage grundsätzlich der zeitpunkt der genehmigungserteilung. während nachträgliche änderungen der sach- und rechtslage zu lasten des anlagenbetreibers außer betracht bleiben, sind solche zu dessen gunsten zu berücksichtigen. 124vgl. bverwg, urteil vom 26. september 2019 - 7 c 5.18 -, juris rn. 42 f., und beschluss vom 8. oktober 2021 ‑ 7 b 1.21 -, juris rn. 9; ovg nrw, urteil vom 5. oktober 2020 ‑ 8 a 894/17 -, juris rn. 62. 125in der zum zeitpunkt der genehmigungserteilung geltenden verordnung über den landesentwicklungsplan nordrhein-westfalen vom 15. dezember 2016 (gv.nrw s. 122) war die von den klägern angesprochene abstandsregelung nicht enthalten. als nachträgliche - etwaig zu lasten des anlagenbetreibers auswirkende - rechtsänderung wäre sie daher nicht zu berücksichtigen. 126abgesehen davon handelt es sich bei dem grundsatz 10.2-3 lep nrw um einen „planerischen vorsorgeabstand“, der bei der „planerischen steuerung von windenergieanlagen in regionalplänen und in kommunalen flächennutzungsplänen“ vorgesehen werden soll. entsprechende planerische darstellungen enthielten bzw. enthalten aber weder der gebietsentwicklungsplan regierungsbezirk n4. - teilabschnitt „f. - m. “, der noch unter der geltung des landesplanungsgesetzes in der fassung vom 11. februar 2001 (gv.nrw. s. 50), zuletzt geändert durch gesetz vom 3. februar 2004 (gv.nrw. s. 96), erlassen bzw. geändert sowie genehmigt wurde und dessen rechtsqualität einem regionalplan im sinne des § 13 abs. 1 satz 1 nr. 2 rog, § 2 abs. 1 lplg entspricht, noch der flächennutzungsplan der stadt h. in ihren jeweils zum maßgeblichen zeitpunkt der genehmigungserteilung geltenden (bzw. ihren jeweils aktuellen) fassungen. daher braucht an dieser stelle nicht weiter vertieft zu werden, ob sich die kläger auf den im landesentwicklungsplan nordrhein-westfalen, bei dem es sich um einen landesweiten raumordnungsplan nach § 13 abs. 1 satz 1 nr. 1 rog, § 2 abs. 1 lplg handelt, festgelegten grundsatz 10.2‑3 überhaupt unter dem gesichtspunkt einer subjektiven rechtsverletzung berufen können. 1272. auf die von den klägern weiter gerügte unvereinbarkeit der windenergieanlage mit der im gebietsentwicklungsplan regierungsbezirk n4. - teilabschnitt „f. - m. “ - festgesetzten nutzung des anlagenstandorts können sie sich als nachbarn und damit als private dritte nicht berufen (dazu a)). unabhängig davon steht die windenergieanlage dieser festsetzung nicht entgegen bzw. widerspricht ihr nicht (dazu b)). 128a) bei der festsetzung des vorhabengrundstücks als haldenstandort handelt es sich nicht um eine unmittelbar drittschützende regelung, auf deren verletzung sich die kläger berufen können. 129der bereich der halde n1. ist in dem vorgenannten gebietsentwicklungsplan, dessen rechtsqualität - wie bereits ausgeführt - einem regionalplan entspricht, als standort für die entsorgung des bergematerials ausgewiesen (vgl. ziffer 5.3 aufschüttungen und ablagerungen (halden) sowie die zeichnerische darstellung mit dem planzeichen „aufschüttungen, ablagerungen u. a.“ und „halden“). selbst wenn man mit den klägern davon ausgeht, dass die festsetzung als haldenstandort als ziel der raumordnung im sinne des § 3 abs. 1 nr. 2 rog einzuordnen ist, können sie eine etwaige verletzung dieses öffentlichen belangs (vgl. § 35 abs. 3 satz 2 baugb) nicht rügen. 130aa) § 35 abs. 3 baugb kommt nicht die funktion einer allgemein nachbarschützenden vorschrift zu; dies ist nur der fall, wenn nach den gesetzlichen wertungen die jeweilige vorschrift auch den interessen des nachbarn dient. 131vgl. bverwg, beschluss vom 3. april 1995 - 4 b 47.95 -, juris rn. 2 f.; ovg nrw, beschluss vom 14. april 2021 ‑ 2 a 141/21 -, juris rn. 9. 132ein denkbarer anknüpfungspunkt für eine mögliche drittschützende wirkung von zielen der raumordnung zugunsten privater ist zwar der umstand, dass nach § 7 abs. 2 rog bei der aufstellung der raumordnungspläne die öffentlichen und privaten belange, soweit sie auf der jeweiligen planungsebene erkennbar und von bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen sind. bei der festlegung von zielen der raumordnung hat diese abwägung abschließend zu erfolgen. gleichwohl entfalten die ziele der raumordnung gegenüber privaten grundstückseigentümern grundsätzlich keine unmittelbaren rechtswirkungen. sie sind vielmehr allein von öffentlichen stellen bei ihren planungen zu beachten, wohingegen private eigentümer durch sie weder unmittelbar berechtigt noch verpflichtet werden. für das abwägungsgebot des § 7 abs. 2 rog folgt daraus, dass der plangeber sich wegen des groben rasters der raumordnerischen abwägung und der damit verbundenen ungenauigkeiten darauf beschränken kann, private belange nur in einer pauschalen, typisierenden art und weise als gruppenbelange zu berücksichtigen. darüber hinaus gehende individuelle betroffenheiten sind im regelfall nicht gegenstand der abwägung im rahmen eines regionalen raumordnungsplans. sie bleiben vielmehr der feinsteuerung im verfahren zur aufstellung eines bebauungsplans bzw. der genehmigung eines einzelvorhabens vorbehalten. damit kann im regelfall nicht angenommen werden, dass die ziele der raumordnung dazu bestimmt sind, die rechte eines individuell bestimmbaren kreises dritter zu schützen. 133vgl. zum ganzen ovg rh.-pf., urteil vom 31. märz 2021 ‑ 1 a 10858/20 -, juris rn. 35 ff., m. w. n. 134bb) zureichende anhaltspunkte dafür, dass in abweichung hiervon gerade mit der festsetzung des anlagengrundstücks als haldenstandort ausnahmsweise individuelle belange der anwohner der halden geschützt werden sollten, sind nicht ersichtlich und von den klägern, die sich mit dieser frage nicht auseinandersetzen, auch nicht vorgetragen. ausweislich der erläuterungen zu ziffer 5.3 des gebietsentwicklungsplans dienen bergehalden - u. a. die n1 2 . - der ablagerung und damit der entsorgung des energetisch nicht nutzbaren gesteins aus dem steinkohlebergbau. die aufschüttung von bergehalden erfolgt demgemäß im öffentlichen interesse einer ordnungsgemäßen abfallentsorgung, allenfalls noch im privaten interesse des jeweiligen bergwerkbetreibers, jedoch nicht (auch) im interesse der nachbarn. ob durch ein genehmigtes vorhaben die weitere aufschüttung der jeweiligen bergehalde unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert wird, ist damit kein gesichtspunkt, der einem nachbarn eine subjektiv-rechtliche rechtsposition vermittelt. 135b) unabhängig vom vorstehenden kann nicht festgestellt werden, dass die windenergieanlage der festsetzung des hier betroffenen bereichs als haldenstandort entgegensteht bzw. widerspricht (vgl. § 35 abs. 1 satz 1 nr. 5, abs. 3 satz 2 baugb). 136der beklagte hat in den jeweiligen widerspruchsbescheiden vom 24. juni 2019 ‑ hilfsweise - zur begründung seiner annahme darauf verwiesen, dass der schüttbetrieb auf der n1 2 . bereits zum ende des jahres 2013 eingestellt worden sei, weshalb aufgrund fehlender bergemassen eine endgestaltung als vulkankegel nicht mehr habe stattfinden können. zudem sei das letzte bergwerk der region, prosper-haniel in bottrop, zum 21. dezember 2018 endgültig geschlossen worden, sodass tatsächlich auch kein weiteres bergematerial zur schüttung mehr anfallen könne. nach mitteilung der bezirksregierung arnsberg werde in kürze mit dem abbruch der verbliebenen anlagen begonnen und auch der in aufstellung befindliche regionalplan ruhr werde für diesen bereich in seinen zeichnerischen festlegungen kein entsprechendes gebiet für eine halde mehr aufweisen. die bezirksregierung arnsberg als zuständige bergbehörde habe in ihren stellungnahmen vom 22. august 2018 und 4. februar 2019 ferner angegeben, dass keine bedenken gegen das vorhaben bestünden. hinsichtlich der raumordnerischen darstellung im derzeit noch geltenden regionalplan (gemeint ist der gebietsentwicklungsplan regierungsbezirk n4. - teilabschnitt „f. - m. “) sei aus bergbehördlicher sicht festgestellt worden, dass die bergbauliche nutzung „aufschüttung und ablagerung“ im bereich der halde n1. abgeschlossen sei. aus der stellungnahme der rag ag vom 17. januar 2019 gehe zusätzlich hervor, dass die errichtung und der betrieb einer windenergieanlage auf der n1 2 . ein weiteres verbringen von bergematerial nicht wesentlich beeinträchtige. insoweit sei auf die vorliegenden erfahrungen des unternehmens zum schüttbetrieb auf den bergehalden kohlenhuck in moers und lohberg-norderweiterung in dinslaken mit den dort bereits realisierten windenergieanlagen verwiesen worden. der top-bereich der halde n1. habe zudem eine ovale grundform, in deren mitte sich eine vernässungszone mit vegetation befinde. am rand des top-bereiches der halde befinde sich der standort der windenergieanlage. auch eine theoretisch machbare schüttung von gegebenenfalls vorhandenen restvolumina wäre daher nicht beeinträchtigt. mit diesen für das gericht plausiblen, nachvollziehbaren und überzeugenden erwägungen setzen sich die kläger nicht ansatzweise substantiiert auseinander und stellen die richtigkeit der annahme des beklagten nicht durchgreifend in frage. 1373. mit ihrem weiteren vortrag, die beklagte windenergieanlage sei mit den städtebaulichen zielen nicht vereinbar und widerspreche daher dem bebauungsplan nr. 000, gebiet: „n1 2 . “ der stadt h. , können die kläger die aufhebung der genehmigung bereits deshalb nicht beanspruchen, weil der vorgenannte bebauungsplan (erst) am 15. april 2019 mit seiner amtlichen bekanntmachung im amtsblatt der stadt h. (ausgabe 07/19) und damit nach genehmigungserteilung als dem grundsätzlich maßgeblichen zeitpunkt in kraft getreten ist (vgl. § 10 abs. 3 baugb). daher kann dahinstehen, ob die kläger sich auf einen etwaigen verstoß gegen die städtebaulichen ziele bzw. den bebauungsplan nr. 000 der stadt h. unter dem gesichtspunkt der subjektiven rechtsverletzung überhaupt berufen können. 138die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1, § 162 abs. 3 vwgo. die außergerichtlichen kosten der beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, entspricht der billigkeit, weil sie einen (ablehnungs-)antrag gestellt und sich damit selbst einem kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 abs. 3 vwgo). 139die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. § 709 zpo (hinsichtlich der beigeladenen) bzw. §§ 708 nr. 11, 711 zpo (hinsichtlich des beklagten). 140rechtsmittelbelehrung: 141gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 1421. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 1432. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 1443. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 1454. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 1465. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 147die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich einzureichen. 148auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung - vwgo - und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung ‑ ervv ‑) wird hingewiesen. 149im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. | Verklagte*r | 0 |
170,900 | 5 K 872/13 | 2014-09-11T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin wendet sich gegen eine Ordnungsverfügung der Beklagten, mit der ihr die Nutzung des Grundstücks B. C.------straße 195 in C1. zum Betrieb eines Pflege- und Betreuungsdienstes untersagt wird. 3Bei der Klägerin handelt es sich um einen seit 1994 existierenden privaten Pflegedienst auf dem Gebiet der Alten- und Krankenpflege, der ambulante Pflegedienstleistungen anbietet. Im Jahr 2008 errichtete die Klägerin in dem Objekt B. C.------straße 195 in C1. eine „Wohngemeinschaft für Senioren“. 4Ausweislich des von der Klägerin angefertigten Konzepts „Wohngemeinschaft“ verfolgt diese das Ziel, „älteren bzw. pflegebedürftigen Menschen eine hervorragende häusliche Pflege“ sowie als Alternative zum Pflegeheim die Möglichkeit eines Lebens in Wohngemeinschaften zu bieten. Der Schwerpunkt sei auf die Versorgung und Betreuung demenziell erkrankter Personen gerichtet. Das Leben in Räumlichkeiten mit wohnlichem Charakter sei Grundlage für die ambulant betreuten Wohngemeinschaften. Es würden acht bis neun demente Menschen in einer Wohngemeinschaft leben. Jeder Mieter habe sein eigenes Zimmer. Küche, Essraum, Wohnzimmer, Bäder und Nebenräume würden dagegen gemeinsam benutzt. Die Angehörigen würden einen Haustürschlüssel erhalten, um das an Demenz erkrankte Familienmitglied besuchen zu können. Der Pflegedienst gewährleiste eine qualifizierte Betreuung der Bewohner durch speziell geschulte Präsenzkräfte „rund um die Uhr“. Beim Einkauf würden die Bewohner einbezogen und auch das Kochen würde durch die Bewohner selbst mit Hilfe der Pflegekräfte erfolgen. Der Unterschied zu dem bisherigen Zuhause sei, dass alle Dinge in einer Gruppe passieren und besonders geschultes Personal die Bewohner begleite oder bei zunehmender Pflegebedürftigkeit die Betreuung und Pflege übernehme. Die Assistenz und pflegerische Unterstützung werde durch ein acht- bis zehnköpfiges multiprofessionelles Team gestellt. Aus der von der Klägerin vorgelegten Erweiterung des Konzepts geht zudem hervor, dass die Mieter in ihrer Wahl des Pflegedienstes frei seien. Pflegeanbieter und Vermieter seien nicht identisch. Vor dem Einzug in die Wohngemeinschaft müssten zwei Verträge abgeschlossen werden: ein Mietvertrag mit dem Vermieter, der den Wohnraum zur Verfügung stellt, und ein Pflegevertrag mit einem Pflegedienst. Die Bewohner könnten den bestehenden Pflegedienst kündigen, ohne das Wohnrecht zu verlieren. In der Wohngemeinschaft sollen zudem ausschließlich Menschen mit Demenz zusammen leben. Schließlich enthält die Erweiterung des Konzepts einen Schichtplan zur Gewährleistung einer 24-stündigen Präsenz von Pflegekräften der Klägerin. Zudem heißt es: „In der WG wird Tag und Nacht Personalpräsenz gewährleistet, die dem tatsächlichen Pflegebedarf der dort lebenden Menschen entspricht.“ Die eingesetzten Pflegekräfte würden ein konstantes Team bilden und seien dauerhaft in der Wohngemeinschaft tätig. 5Das Grundstück B. C.------straße 195 liegt im Geltungsbereich eines rechtsverbindlichen Bebauungsplans, der in diesem Bereich die Nutzungsart eines Mischgebiets festsetzt. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein zweigeschossiges Geschäfts- und Wohnhaus, das laut Grundbuchauszug im Eigentum des Herrn X. I. steht. 6Mit Bauantrag vom 19. März 2008 beantragte der Eigentümer des Grundstücks die Erteilung einer Baugenehmigung für den „Umbau eines Geschäfts- und Wohnhauses mit Erweiterung im ersten Obergeschoss auf einem bestehenden Dachgeschoss sowie Erstellung einer Stellplatzanlage mit zwölf Stellplätzen im Hof“ auf dem Grundstück B. C.------straße 195. 7Die Beklagte erteilte dem Eigentümer des Grundstücks unter dem 11. August 2008 eine Baugenehmigung für das beantragte Vorhaben. Unter dem gleichen Datum ließ die Beklagte jeweils eine Abweichung von den Bestimmungen des § 6 Abs. 2 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen - BauO NRW - (da die Abstandflächen der Terrasse und der Erweiterung im ersten Obergeschoss nicht auf dem Grundstück selbst liegen), des § 34 Abs. 5 BauO NRW (da in den Decken Öffnungen vorgesehen sind, die nicht mit selbstschließenden Anschlüssen entsprechend der Feuerwiderstandsklasse der Decken versehen sind), des § 37 Abs. 1 BauO NRW (da die notwendige Treppe nicht in einem eigenen Treppenraum liegt) und des § 37 Abs. 7 BauO NRW (da die Wände des notwendigen Treppenhauses nicht in der Bauart von Brandwänden hergestellt sind) zu. 8Ausweislich der Baubeschreibung vom 20. März 2008, die der Baugenehmigung vom 11. August 2008 zugrundeliegt, handelt es sich bei der Art der Nutzung um ein Wohnhaus nebst Ladenlokal im Erdgeschoss. Im Erdgeschoss wurde laut Betriebsbeschreibung vom 10. April 2008, die als Anlage zur Baugenehmigung vom 11. August 2008 genommen wurde, der Betrieb eines Reisebüros genehmigt. Aus einer Klarstellung des Architekten vom 20. Mai 2008 geht hervor, dass zwei abgeschlossene Wohneinheiten sowie eine Gewerbefläche im Erdgeschoss vorhanden seien. Im Erdgeschoss befänden sich zwei Ladenlokale sowie im rückwärtigen Teil eine eigenständige Wohnung. Bei der Nutzung des ersten und des zweiten Obergeschosses handele es sich um eine abgeschlossene Wohneinheit. Im ersten Obergeschoss lauten die Raumbezeichnungen ausweislich der Bauzeichnungen „Wohnen“, „Kochen“, „Essen/Wohnen“, „Kind 1“, „Privates Arbeitszimmer“, „Schlafen“, „Kind 2“, „Dusch-WC“ und „Diele“. Nach einer Mitteilung des Architekten vom 20. Mai 2008 handele es sich bei den Arbeitszimmern um reine private Arbeitsräume und nicht um eine gewerbliche Nutzung. Im zweiten Obergeschoss lauten die Raumbezeichnungen „Bügelzimmer“, „Bad“, „Gästezimmer“, „Spielzimmer“, „Kind“, „Kind“, „Duschbad“ und „Flur 1“. Im Dachgeschoss befinden sich zwei Abstellräume. Die jeweiligen Geschosse sind offen miteinander verbunden, ein isolierter Treppenraum ist nicht vorgesehen. Die vorhandene Treppe ist als Holztreppe konstruiert. Neben der Treppe soll ein Aufzug errichtet werden, der vom Erdgeschoss bis in das zweite Obergeschoss führt. 9Über die Verwaltung I1. -C2. GmbH, deren Geschäftsführer der Eigentümer des Grundstücks ist, wurde das Gebäude ab dem 1. Oktober 2008 zunächst an die Firma M. GmbH, deren Geschäftsführer Herr E. ist, verpachtet. Laut Pachtvertrag vom 26. August 2008 besteht der Pachtzweck in der „Gestellung von Wohnraum zwecks Untervermietung (WG)“. 10Am 25. Oktober 2008 zeigte die Klägerin der Heimaufsicht der Beklagten an, dass ab Dezember 2008 in dem Gebäude B. C.------straße 195 eine Wohngemeinschaft für demente und pflegebedürftige Menschen starte. In dem Gebäude würden neun Räume für pflegebedürftige Menschen und zwei weitere für Betreuer zur Verfügung stehen. Die Bewohner würden einen Untermietvertrag mit der Firma M. schließen. Der Mietvertrag sei lediglich vom Bestand des Pachtvertrages zwischen der Firma M. und dem Eigentümer des Grundstücks abhängig, sei jedoch mit keinem weiteren Rechtsgeschäft verbunden. Zwischen der Klägerin und der Firma M. bestünden keine Verträge oder Vereinbarungen. Die ambulante pflegerische Versorgung der Bewohner würde durch die Klägerin auf der Grundlage individueller Pflegeverträge wahrgenommen. 11Ab März 2009 zogen die ersten an Demenz erkrankten Bewohner in das Gebäude ein. 12Unter dem 10. März 2009 erteilte die Beklagte die erste Nachtragsbaugenehmigung zur Baugenehmigung vom 11. August 2008 hinsichtlich der Änderung der Eingangssituation und der Reduzierung der Stellplatzanlage. Als Anlage zur 1. Nachtragsbaugenehmigung wurde unter anderem eine „technische Notiz zum baulichen Brandschutz“ vom 16. Februar 2009 genommen. Neben der Beschreibung der erforderlichen Brandschutzmaßnahmen wird unter Ziffer 5 ausgeführt, dass in der Wohnung sechs Nutzer vorgesehen seien. Mit Bescheid vom 19. August 2009 genehmigte die Beklagte den zweiten Nachtrag zur Baugenehmigung hinsichtlich der Errichtung einer Überdachung im rückwärtigen Eingangsbereich. 13Mit Wirkung zum 1. Januar 2011 trat der Geschäftsführer der Klägerin, Herr G. X1. , aufgrund des 1. Nachtrags zum Pachtvertrag zwischen der Firma M. und dem Eigentümer des Grundstücks als neuer Pächter in diesen Vertrag ein. Seitdem übernimmt der Geschäftsführer der Klägerin die Vermietung der Räumlichkeiten an die Bewohner. In dem noch von der Firma M. eingereichten Mustermietvertrag geht aus den besonderen Vertragsbedingungen (Teil III) hervor, dass die Wohneinheit der Aufnahme von dementiell veränderten Personen dient und der Vertrag von keinem weiteren Rechtsgeschäft abhängt. 14Unter dem 15. Juli 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, dass die Wohngemeinschaft nicht mehr dem Geltungsbereich des Wohn- und Teilhabegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: WTG) unterliege, da die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Satz 3 WTG vorlägen, wonach das Gesetz nicht anwendbar sei, wenn die Betreuung auf nicht mehr als zwölf Bewohner in einem Gebäude ausgerichtet ist und die Bewohner bei der Wahl des Anbieters von Dritten unterstützt werden, wobei diese weder Anbieter einer Wohn- und Betreuungsleistung noch dessen Beschäftigte sein dürften. 15Am 16. April 2012 wurde die Bauaufsicht der Beklagten über einen Feuerwehreinsatz in dem Gebäude B. C.------straße 195 informiert, bei dem alle acht Bewohner wegen einer Seucheninfektion in Krankenhäuser in C1. verbracht wurden. Das Gebäude wurde zunächst verschlossen. Am folgenden Tag konnten sechs der Bewohner wieder in das Gebäude zurückkehren. 16Mit Bescheid vom 24. April 2012 stellte die Heimaufsicht der Beklagten fest, dass die Wohngemeinschaft nicht mehr dem Geltungsbereich des WTG unterliege. Zur Begründung führte sie aus, es würden sowohl Wohnraum als auch Betreuungsleistungen angeboten, welches in separaten und rechtlich voneinander unabhängigen Verträgen vereinbart werde. Die Betreuungsleistungen würden für alle Bewohner erbracht und in dem Gebäude würden weniger als zwölf Bewohner betreut. Schließlich gebe es eine unabhängige, anbieterfreie dritte Person, die alle Bewohner bei der Wahl des Anbieters unterstütze. 17Bei einer Ortsbesichtigung am 26. April 2012 stellte die Bauaufsicht der Beklagten fest, dass sich im ersten Obergeschoss Räume zur gemeinschaftlichen Nutzung sowie Privaträume der Bewohner, im zweiten Obergeschoss ausschließlich Privaträume der Bewohner und im Spitzboden Arbeitsräume für Waschmaschine und Trockner befänden. Der Spitzboden werde durch eine ungesicherte Spartreppe erschlossen. Alle Räume, auch der Spitzboden, würden in offener Verbindung zueinander stehen. Seitens der Feuerwehr habe nicht bestätigt werden können, dass die Evakuierung des Objektes sichergestellt werden könne, da die als Fluchtweg möglichen Fenster nur mittels einer Drehleiter erreicht werden könnten. Ob die Fenster tatsächlich angeleitert werden könnten, habe ebenfalls nicht festgestellt werden können. Während der Ortsbesichtigung wurden Sofortmaßnahmen, wie die Anbringung von Feuerlöschern, die Installation funkvernetzter Rauchmelder, die Sicherstellung einer Alarmierungsmöglichkeit etc. angeordnet. 18Eine am 5. Juni 2012 durchgeführte Anleiterprobe ergab, dass die Aufenthaltsräume im zweiten Obergeschoss mit einer Drehleiter angeleitert werden könnten und die Aufenthaltsräume im ersten Obergeschoss mit Steckleitern anleiterbar seien. 19In der Folge fanden mehrere Gespräche zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und der Bauaufsicht der Beklagten statt. Dabei wurden insbesondere die erforderlichen brandschutztechnischen Nachrüstungen diskutiert, da eine zügige Evakuierung des Objektes im Brandfall nicht gewährleistet sei. Vor allem hinsichtlich der Frage, ob die „Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an den C2. und Betrieb von Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsleistungen“ vom 17. März 2011 Anwendung finde, konnte keine Einigkeit erzielt werden. Während die Beklagte die Anwendbarkeit für gegeben hielt, vertrat die Klägerin die Ansicht, dass hier eine genehmigte Wohnnutzung vorliege, die Bestandsschutz genieße und daher nur eine Anpassung nach § 87 BauO NRW verlangt werden dürfe. 20Die Klägerin wurde mit Schreiben vom 18. September 2012 zu der von der Beklagten beabsichtigten Nutzungsuntersagung angehört. 21Sie erwiderte hierauf mit dem Ziel, weiterhin eine einvernehmliche Lösung verfolgen zu wollen und wies insbesondere auf die irreversiblen Folgen für die Bewohner im Falle der Durchsetzung der Ordnungsverfügung hin. 22Unter dem 15. Januar 2013 erließ die Beklagte eine Ordnungsverfügung, mit der sie der Klägerin die Nutzung des Betriebes eines Pflege- und Betreuungsdienstes auf dem Grundstück B. C.------straße 195 in C1. untersagte, sowie ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000 € androhte. Zudem ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung der Ordnungsverfügung an. Zur Begründung führte die Beklagte aus, ausweislich des Konzepts der Wohngemeinschaft sowie der hinsichtlich des Begriffs des „eigenständigen Wohnens“ ergangenen Rechtsprechung liege hier eine Pflege- und Betreuungseinrichtung vor. Eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung in eine Pflege- und Betreuungseinrichtung sei jedoch weder beantragt noch erteilt worden. Obwohl nur ein formeller Verstoß vorliege, müsse die Nutzung eingestellt werden. Die Klägerin könne als Verhaltens- und Zustandsstörer in Anspruch genommen werden, da das Gebäude für ihren Betrieb genutzt werde. 23Die Klägerin hat am 15. Februar 2013 Klage erhoben und um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht (5 L 190/13). 24Sie ist der Ansicht, bei dem Objekt handele es sich nicht um eine Betreuungseinrichtung. Dies sei jedenfalls durch den Bescheid der Beklagten vom 9. September 2011 bestandskräftig festgestellt worden. Die Miet- und Dienstleistungsverträge seien voneinander getrennt und die Mieter seien weder verpflichtet noch gehalten, eine Vereinbarung über ambulante Pflegeleistungen mit der Klägerin abzuschließen. Es stehe ihnen frei, auch andere Anbieter für das Erbringen von Pflegeleistungen zu wählen. Dass die Mitarbeiter der Klägerin als Präsenzkräfte vor Ort blieben, erfolge aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen, um durch den Wegfall von An- und Abfahrten zur Erbringung der jeweiligen Leistungsmodule Betriebs- und Anschaffungskosten für entsprechende Fahrzeuge zu vermeiden. Die „Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an den C2. und Betrieb von Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsleistungen“ vom 17. März 2011 sei hier nicht anwendbar, da keine Einrichtung im Sinne der Richtlinie vorliege. Aus den Erläuterungen zur Richtlinie werde zudem deutlich, dass die Richtlinie nur auf neue Einrichtungen anwendbar sei. In dem Objekt seien alle Kriterien zur Wohnnutzung erfüllt. Hinsichtlich des Kriteriums der eigenständigen Haushaltsführung komme es darauf an, wie die Wohngemeinschaft angelegt sei, es komme jedoch nicht auf die individuellen Fähigkeiten des Bewohners an. Es sei daher allein maßgeblich, ob eine selbständige Haushaltsführung strukturell möglich sei oder ob eine Abhängigkeit von externer Versorgung bestehe. Da es sich nicht um eine Pflege- und Betreuungseinrichtung handele, liege auch keine genehmigungsbedürftige Nutzungsänderung vor. Die der erteilten Baugenehmigung innewohnende Variationsbreite werde durch die Wohngemeinschaft nicht überschritten, da es sich bei einer Wohngemeinschaft nach der Verkehrsauffassung um eine reine Wohnnutzung handele. Daran ändere sich auch nichts, wenn die Mieter individuell ambulante Pflegedienstleistungen in Anspruch nähmen. Die Wohnnutzung stehe eindeutig im Vordergrund. Die Klägerin nehme nur konkrete ambulante Einzeltätigkeiten vor. Die Wohngemeinschaft weise keine Elemente einer Pflegeeinrichtung oder eines Pflegeheimes auf. Die pauschale Einstufung von betreuten Wohngemeinschaften als „Pflege- und Betreuungseinrichtung“ mit der Folge der Anwendbarkeit der Richtlinie sei weder mit dem Sinn und Zweck der Richtlinie vereinbar noch mit dem gesetzgeberischen Willen, betreute Wohngemeinschaften zu fördern. Durch diese Verwaltungspraxis würden betreute Wohngemeinschaften in Bestandsimmobilien unmöglich gemacht, da die Vorgaben der Richtlinie nur mit unverhältnismäßigem Aufwand umgesetzt werden könnten. Die Klägerin könne sich zudem auf Bestandsschutz berufen, da sie die Wohngemeinschaft ordnungsgemäß angezeigt habe und die Beklagte selbst zunächst von einer reinen Wohnnutzung ausgegangen sei. Die Beklagte könne nicht den Bestandsschutz dadurch aushebeln, dass sie sich auf eine Richtlinie berufe, die erst im Jahr 2011 erlassen worden sei und die nicht rückwirkend zur Anwendung gebracht werden könne. Die Ordnungsverfügung sei schließlich ermessensfehlerhaft ergangen. Die Klägerin könne bereits nicht als Störer in Anspruch genommen werden, da sie weder Eigentümerin noch Vermieterin sei. Ihr könne lediglich die Aufgabe der Dienstleistungen aufgegeben werden. Die Nutzungsuntersagung sei auch im Übrigen ermessensfehlerhaft, da das Brandschutzkonzept, das alle Vorgaben erfülle, nicht berücksichtigt worden sei. Verhältnismäßig wäre allein eine Abstimmung der brandschutztechnischen Nachrüstungen nach § 87 BauO NRW gewesen. Die Beklagte habe auch nicht im Rahmen ihrer Klageerwiderung ihre Ermessenserwägungen vollständig austauschen dürfen. Schließlich habe die Beklagte von Anfang an Kenntnis von der beabsichtigten Nutzung gehabt. Sie sei selbst davon ausgegangen, dass die Wohnnutzung für die Wohngemeinschaft von der erteilten Baugenehmigung gedeckt sei. Dadurch habe sie einen Vertrauenstatbestand geschaffen, so dass sie sich widersprüchlich verhalte, wenn sie die Nutzung nunmehr als Pflegeeinrichtung einstufe und die Nutzung untersage. Letztlich sei die Androhung eines Zwangsgeldes nicht statthaft. Jedenfalls sei die Höhe des Zwangsgeldes nicht nachvollziehbar. 25Die Klägerin beantragt, 26die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 15. Januar 2013 aufzuheben. 27Die Beklagte beantragt, 28 die Klage abzuweisen. 29Die Beklagte ist der Ansicht, es liege eine genehmigungsbedürftige Nutzungsänderung vor. Aus dem Umstand, dass die Heimaufsicht die aktuelle Ausgestaltung akzeptiere, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass damit auch bauaufsichtlich die Nutzung genehmigt sei. Es handele sich um eine genehmigungsbedürftige „Pflegeeinrichtung im weiteren Sinne“. Dadurch ergäben sich unterschiedliche baurechtliche Anforderungen insbesondere hinsichtlich des Brandschutzes nach §§ 17, 36 ff BauO NRW sowie §§ 54, 85 Abs. 9 BauO NRW i.V.m. der Richtlinie vom 17. März 2011. Zwar sei für die Frage, ob die derzeit ausgeübte Nutzung noch von der Baugenehmigung gedeckt sei, nicht streitentscheidend, ob Pflegeleistungen erbracht werden. Diese Pflegeleistungen kämen sowohl bei Nutzungen vor, bei der das selbstbestimmte Wohnen im Vordergrund stehe (sog. „Senioren-WG“) als auch bei solchen Nutzungen, bei denen bereits bei Überlassung des Wohnraums durch den Vermieter Betreuungs- und Pflegeleistungen einen wesentlichen Bestandteil der Vertragsbeziehungen ausmachen („Betreutes Wohnen“). Wesentlich sei dagegen, dass nach der Konzeption der Klägerin die Überlassung des angebotenen Wohnraums mit dem Abschluss von Pflegeverträgen gekoppelt werde. Da die Klägerin noch vor Überlassung des Wohnraums von den potentiellen Bewohnern obligatorisch den Abschluss eines Pflegevertrages erwarte, handele es sich gerade nicht um eine bloße „Senioren-WG“, bei der sich mehrere ältere Personen selbstbestimmt zusammenschließen, um gemeinsam zu wohnen. Bei der von der Klägerin betriebenen Nutzungsform stehe die Inanspruchnahme pflegerischer Leistungen im Vordergrund, da ohne sie auch die Überlassung von Wohnraum nicht in Rede stehe. Der von der Klägerin angelegte Betrieb sei daher von dem Wechsel einzelner Bewohner unabhängig und auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegt. Die von der Klägerin ausgeübte Nutzungsform entspreche nicht der reinen Wohnnutzung sondern der des „Betreuten Wohnens“, so dass vor allem hinsichtlich des Brandschutzes und der notwendigen Barrierefreiheit unterschiedliche baurechtliche Anforderungen gestellt werden müssten, die eine Nutzungsänderung erforderlich machen. 30Der frühere Berichterstatter hat im Rahmen des Eilverfahrens am 3. Mai 2013 einen Ortstermin durchgeführt. Das Eilverfahren wurde im Anschluss daran durch Vergleich, mit dem sich die Beteiligten auf die Durchführung von Übergangsmaßnahmen für die Dauer des Hauptsacheverfahrens geeinigt haben, beendet. 31Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte des Hauptsache- und des Eilverfahrens sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. 32Entscheidungsgründe: 33Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 34Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 15. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 35Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Ordnungsverfügung ist § 61 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW). Danach haben die Bauaufsichtsbehörden bei der Errichtung, der Änderung, dem Abbruch, der Nutzung, der Nutzungsänderung sowie der Instandhaltung baulicher Anlagen sowie anderer Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden. In Wahrnehmung dieser Aufgaben haben sie nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. 36Die mit der Ordnungsverfügung angeordnete Betriebsuntersagung ist in der Sache zu Recht erfolgt. Denn insofern ist die Nutzung formell illegal, da eine Baugenehmigung für den von der Klägerin geführten Betrieb nicht existiert. Der Betrieb der Klägerin stellt eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar, da die aktuelle Nutzung durch die Klägerin nicht im Rahmen der genehmigten Nutzung erfolgt. Die nach § 63 Abs. 1 BauO NRW erforderliche Baugenehmigung wurde nicht erteilt. 37Ob eine konkrete Nutzung von der Legalisierungswirkung einer Baugenehmigung umfasst wird oder ob eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vorliegt, ist grundsätzlich danach zu beurteilen, ob die Variationsbreite der bestehenden genehmigten Nutzung überschritten wird und aufgrund der Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange, wie sie insbesondere § 1 Abs. 6 des Baugesetzbuches (BauGB) bestimmt, erneut berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichen Aspekten neu stellt. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der geänderten Nutzung unter städtebaulichen Gesichtspunkten eine andere Qualität zukommt. 38Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschlüsse vom 1. März 1989 – 4 B 24/89 – und vom 14. April 2000 – 4 B 28/00 -; OVG NRW, Urteile vom 29. Oktober 2012 – 2 A 2809/11 – und vom 21. November 2005 10 A 1166/04 –, mit weiteren Nachweisen, sowie Beschluss vom 29. März 1999 – 10 B 417/99 -; jeweils zitiert nach juris. 39Mit Baugenehmigung vom 11. August 2008 in Gestalt der 1. Nachtragsbaugenehmigung vom 10. März 2009 sowie der 2. Nachtragsbaugenehmigung vom 19. August 2009 (im Folgenden: die Baugenehmigung) genehmigte die Beklagte für das Grundstück B. C.------straße 195 in C1. den Umbau eines Geschäfts- und Wohnhauses und damit verbunden die gewerbliche Nutzung im Erdgeschoss und die Wohnnutzung im rückwärtigen Teil des Erdgeschosses sowie im ersten und im zweiten Obergeschoss. Dies ergibt sich aus den als Anlage zur Baugenehmigung aufgenommenen Bauzeichnungen sowie aus der Baubeschreibung vom 20. März 2008, nach deren Ziffer 2 die Art der Nutzung als „Wohnhaus, Ladenlokal EG“ genehmigt wurde. 40Bei der derzeit ausgeübten Nutzung in der Wohneinheit im ersten und zweiten Obergeschoss handelt es sich jedoch nicht mehr um „Wohnnutzung“ im genehmigten Sinne. 41Grundsätzlich wird der Begriff Wohnnutzung durch die Kriterien einer auf Dauer angelegten Häuslichkeit, der Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie der Freiwilligkeit des Aufenthaltes definiert. 42Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. März 1996 – 4 B 302/95 -; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 14. August 2007 – 10 A 1219/06 -; jeweils zitiert nach juris; Fickert / Fieseler, Baunutzungsverordnung, 11. Auflage 2008, § 3 Rn. 1; König / Roeser / Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Auflage 2014, § 3 Rn. 16. 43Diese zum Begriff der Wohnnutzung entwickelten Kriterien werden von der nach § 85 Abs. 9 BauO NRW erlassenen „Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an den C2. und Betrieb von Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsleistungen“ vom 17. März 2011 (Im Folgenden: die Richtlinie) aufgegriffen. Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsleistungen werden hingegen nach § 2.1 der Richtlinie definiert als Nutzungseinheiten oder Teile von Nutzungseinheiten, die dafür bestimmt sind, Personen aufzunehmen, die sowohl Pflege- als auch Betreuungsleistungen benötigen oder in Anspruch nehmen. Die Notwendigkeit der vorzunehmenden Abgrenzung zwischen „Wohnnutzung“ und „Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistungen“ ergibt sich dabei aus dem Leitgedanken, dass das Brandrisiko und das sich daraus ergebende Gefahrenpotential in Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsleistungen erheblich größer als in „normalen“ Wohnungen ist, weil die Bewohner vielfach in ihrer Mobilität eingeschränkt sind oder wegen Demenz-Erkrankungen in Gefahrensituationen nicht adäquat reagieren können und der Hilfe Anderer bedürfen. 44Vgl. Erläuterungen zur Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an den C2. und Betrieb von Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsleistungen vom 17. März 2011. 45Der demnach vorzunehmenden Abgrenzung zwischen „Wohnnutzung“ und „Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistung“ steht nicht entgegen, dass nach § 3 Abs. 4 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) zu den zulässigen Wohngebäuden auch solche gehören, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen. Denn die Frage nach der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit einer Nutzung in einem bestimmten Wohngebiet ist zu unterscheiden von der Frage, welche bauordnungsrechtlichen Anforderungen darüber hinaus an eine solche Nutzung gestellt werden. Dies kann dazu führen, dass der Wohnbegriff im bauplanungsrechtlichen Sinne im Einzelfall von dem bauordnungsrechtlichen Wohnbegriff abweicht. Allein der Umstand, dass eine bestimmte Nutzung nach der Baunutzungsverordnung in einem reinen Wohngebiet als „Wohnnutzung“ zuzulassen ist, führt demnach nicht zu dem Schluss, dass sie auch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht lediglich den Anforderungen, die an reine Wohnnutzung gestellt werden, genügen muss. 46Liegt demnach eine die reine Wohnnutzung überschreitende Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistungen im Sinne der Richtlinie vor, sind in bauordnungsrechtlicher Hinsicht über die Standardanforderungen der Landesbauordnung hinaus zum Schutz der Bewohner gemäß § 54 Abs. 1 BauO NRW i.V.m. der Richtlinie erhöhte brandschutztechnische Anforderungen zu stellen. Für Vorhaben, die nicht als Einrichtung im Sinne der Richtlinie zu qualifizieren sind, werden dagegen keine Anforderungen gestellt, die über die Brandschutzanforderungen der Landesbauordnung hinaus gehen. 47Zu berücksichtigen ist ferner, dass maßgeblich für die Erfüllung des Wohnbegriffs das Nutzungskonzept und seine grundsätzliche Verwirklichung und nicht das individuelle und spontane Verhalten einzelner Bewohner ist. 48Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. März 1996 – 4 B 302/95 -;Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom25. August 2009 – 1 CS 09.287 -; OVG NRW, Beschluss vom23. Juli 1998 – 10 B 1319/98 -; jeweils zitiert nach juris. 49Dies zugrundegelegt, handelt es sich bei der von der Klägerin betriebenen „Wohngemeinschaft“ um eine Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistungen im Sinne der Richtlinie, für die eine Baugenehmigung nicht vorliegt. 50Für diese Bewertung spricht bereits der Wortlaut des § 2.1 der Richtlinie, nach der es für das Vorliegen einer Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistung darauf ankommt, dass die Nutzungseinheit dafür bestimmt ist, Personen aufzunehmen, die sowohl Pflege- als auch Betreuungsleistungen benötigen. Ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Konzepts sollen „ausschließlich Mieter/innen mit einer dementiellen Erkrankung in einer Wohngemeinschaft zusammen leben.“ Zudem müssen „vor dem Einzug in die Wohngemeinschaft zwei Verträge abgeschlossen werden: ein Mietvertrag mit dem Vermieter, der den Wohnraum zur Verfügung stellt und ein Pflegevertrag mit einem Pflegedienst“. Die Aufnahme eines Bewohners in die Wohngemeinschaft setzt damit den Abschluss eines Mietvertrages und eines Pflegevertrages voraus. Die von der Klägerin betriebene Wohngemeinschaft ist nach ihrem Konzept gerade darauf ausgerichtet und im Sinne von § 2.1 der Richtlinie dafür bestimmt, pflegebedürftige Personen aufzunehmen. Bestätigt wird diese Nutzungsabsicht durch die „Besonderen Vertragsbedingungen“ in Teil III der zwischen der M. GmbH und den Bewohnern geschlossenen Mietverträge, nach der die Wohneinheit „der Aufnahme von dementiell veränderten Personen“ dient. 51Sofern die Klägerin vorträgt, die Bewohner könnten den Pflegevertrag kündigen, ohne ihr Wohnrecht zu verlieren, dürfte es sich dabei um eine eher theoretische Option handeln, auch ohne Inanspruchnahme eines Pflegedienstes das Mietverhältnis zu begründen bzw. weiterzuführen. Da sowohl das Nutzungskonzept als auch die Mietverträge ausdrücklich vorsehen, dass die Wohnung der Aufnahme „dementiell veränderter Personen“ dient, geht die Klägerin von vornherein von der Inanspruchnahme von Pflegedienstleistungen aus. Dass einzelne Bewohner im Zeitpunkt ihres Einzugs möglicherweise noch keine Pflegestufe hatten oder noch nicht an Demenz erkrankt waren, führt zu keiner anderen Bewertung. Zwar sind nach den Erläuterungen zur Richtlinie „Wohnungen, in denen im Laufe ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung Pflege- und Betreuungsleistungen wahrgenommen werden, keine Einrichtungen im Sinne der Richtlinie“. Entscheidend ist jedoch allein, dass die Errichtung der „Wohngemeinschaft“ nach ihrer Konzeption darauf ausgerichtet ist, dass mehrere an Demenz erkrankte Personen zusammenleben und dabei von einem Pflegedienst rund um die Uhr versorgt werden. Das Erfordernis der Anwesenheit eines Pflegedienstes ist damit von vornherein maßgebender Bestandteil der Einrichtung, ohne den diese nicht betrieben werden würde. 52Damit handelt es sich auch nicht um eine bloße Wohngemeinschaft, nach der mehrere ältere Personen sich zusammenschließen, um gemeinsam zu wohnen, wobei es teilweise zur Inanspruchnahme von Pflegeleistungen kommen kann („Senioren-WG“). Auch wenn es sich bei der Klägerin um einen „ambulanten“ Pflegedienst handelt und die ständige Anwesenheit der Mitarbeiter allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen zur Vermeidung von An- und Abfahrten erfolgt, ist die 24-Stunden-Präsenz der Pflegekräfte gerade wesentlicher Bestandteil ihres Betriebes. Adressaten der von der Klägerin betriebenen Einrichtung sind demnach an Demenz erkrankte Personen, die auf eine Betreuung rund um die Uhr angewiesen sind. 53Hinzu kommt, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur „Wohnnutzung“ im Hinblick auf das Erfordernis der „selbständigen Haushaltsführung“ nicht erfüllt werden. Nach den Erläuterungen zur Richtlinie setzt eine selbständige Haushaltsführung voraus, „dass die Mieter über eigene Kochgelegenheiten und eigene Hygienemöglichkeiten verfügen und die Mieter in der Lage sind, ein eigenständiges, selbstverantwortetes Wirtschaften und Leben zu gestalten.“ Damit wird deutlich, dass bei der Prüfung des Kriteriums der selbständigen Haushaltsführung an die individuellen Fähigkeiten der Bewohner und nicht nur an die strukturelle Beschaffenheit der Wohnung angeknüpft wird. Damit kommt es entgegen der Ansicht der Klägerin nicht nur darauf an, dass die Vorrichtungen für eine eigenständige Haushaltsführung vorhanden sind, sondern dass die Bewohner auch tatsächlich nach ihren individuellen Fähigkeiten in der Lage sind, ihren Haushalt eigenständig zu führen. Nach dem vorgelegten Konzept „werden die Bewohner beim Einkauf einbezogen und das Kochen erfolgt durch den Bewohner mit Hilfe der Pflegekräfte“. Es wird also von vornherein davon ausgegangen, dass die Mieter gerade nicht mehr dazu in der Lage sind, sich eigenständig zu versorgen, sondern auf die Hilfe Dritter angewiesen sind. 54Unerheblich für die Einordnung der von der Klägerin betriebenen „Wohngemeinschaft“ unter bauordnungsrechtlichen Aspekten ist dagegen, dass der Mietvertrag und der Pflegevertrag rechtlich voneinander unabhängig geschlossen werden. Die privatrechtliche Ausgestaltung der Verträge ist für die Beurteilung der Nutzungsart nicht entscheidend. 55Entgegen der Ansicht der Klägerin führt auch die Befreiung von den Voraussetzungen des Wohn- und Teilhabegesetzes (WTG) zu keiner anderen Bewertung. Die Befreiung hat lediglich Auswirkungen auf heimaufsichtsrechtliche Anforderungen an den Betrieb der Klägerin, trifft jedoch keine Aussage darüber, wie unter bauaufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten die Nutzungsart zu bewerten ist. 56Bei der vorzunehmenden Einordnung der Nutzungsart ist ferner auch der mit der Richtlinie verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Die erhöhten bauaufsichtlichen Anforderungen an den C2. und den Betrieb von Pflege- und Betreuungsleistungen rechtfertigen sich maßgeblich aus der Erkenntnis, dass das Brandrisiko und das sich daraus ergebende Gefahrenpotential in solchen Einrichtungen aufgrund der eingeschränkten Mobilität der Bewohner und ihrer krankheitsbedingten Unfähigkeit, in Gefahrensituationen adäquat reagieren zu können, erheblich größer als in normalen Wohnungen ist. Die gesteigerten Anforderungen an den Brandschutz verfolgen das Ziel, den Bedürfnissen der Bewohner für den Fall des Gefahreneintritts gerecht zu werden und den Schadenseintritt zu vermeiden. Da bei der Anwendung der Richtlinie die Gefahrenabwehr im Vordergrund steht, dürfen an den Begriff der „Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistungen“ keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Der mit der Erfüllung der Richtlinie verbundene finanzielle Aufwand des Eigentümers kann demnach nicht bei der Beurteilung, ob eine Einrichtung im Sinne der Richtlinie vorliegt, ausschlaggebend sein. Entscheidend ist allein, ob nach dem Nutzungskonzept davon ausgegangen werden muss, dass die Bewohner im Falle eines Brandes ein höheres Schutzbedürfnis aufweisen als Bewohner einer „normalen“ Wohnung. Nach den bereits dargelegten Erwägungen ist bei der von der Klägerin geführten „Wohngemeinschaft“ ein solches erhöhtes Schutzbedürfnis der Bewohner anzunehmen. 57Schließlich ist entgegen der Ansicht der Klägerin die Richtlinie nicht deshalb unanwendbar, da es sich bei der „Wohngemeinschaft“ nicht um eine neue Einrichtung handelt. Nach den Erläuterungen zur Richtlinie behandelt die Richtlinie „den Fall der Errichtung neuer Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsleistungen. Auf bestehende Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsleistungen findet sie keine unmittelbare Anwendung, sofern diese Bestandsschutz genießen.“ Die Klägerin kann sich vorliegend jedoch nicht auf Bestandsschutz berufen. Denn genehmigt wurde lediglich die Wohnnutzung. Dass die Klägerin der Heimaufsicht der Beklagten die Nutzung angezeigt hat und diese die Wohnform akzeptiert hat, führt nicht zur Begründung eines Bestandschutzes. Da heimaufsichtsrechtliche und bauaufsichtsrechtliche Anforderungen eine unterschiedliche Zweckrichtung verfolgen und damit streng zu unterscheiden sind, kann der Bestandschutz im für die Anwendbarkeit der Richtlinie maßgeblichen baurechtlichen Sinne nur durch eine baurechtliche Genehmigung begründet werden. Eine solche wurde jedoch lediglich für eine reine Wohnnutzung erteilt. 58Nach alledem handelt es sich bei dem von der Klägerin geführten Betrieb um eine Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistungen im Sinne der Richtlinie, der die Variationsbreite der Baugenehmigung überschreitet und damit formell illegal ist. 59Nach ständiger Rechtsprechung der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen begründet die formelle Illegalität der Nutzung allein in aller Regel ‑ so auch in diesem Fall ‑ ein erhebliches öffentliches Interesse an deren sofortiger Verhinderung. Andernfalls würde nämlich der Vorteil, eine nicht zugelassene Nutzung bis zum Eintritt der Bestandskraft einer sie untersagenden Ordnungsverfügung wegen der aufschiebenden Wirkung der dagegen gerichteten Klage fortführen bzw. aufnehmen zu können, einen erheblichen Anreiz bieten, dies auch tatsächlich zu tun. Auf diese Weise würde nicht nur die Ordnungsfunktion des Bauaufsichtsrechts entwertet, sondern auch der gesetzestreue Bürger, der die Errichtung bzw. Nutzung einer baulichen Anlage nur auf der Grundlage einer vollziehbaren Baugenehmigung verwirklicht, gegenüber dem ‑ bewusst oder unbewusst ‑ rechtswidrig Handelnden in bedenklicher, das Rechtsbewusstsein der Allgemeinheit erschütternder Weise bevorzugt. 60Vgl. dazu etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Juli 2009 – 10 B 617/09 - und vom 12. Juli 2007 – 7 E 664/07 – mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris. 61Ein Ausnahmefall, in dem die Untersagung der Nutzung nicht zu rechtfertigen wäre, ist vorliegend nicht gegeben. Er setzt nämlich voraus, dass der erforderliche Bauantrag gestellt und nach Auffassung der Behörde offensichtlich genehmigungsfähig wäre und der Erteilung der Baugenehmigung auch sonst nichts im Wege stünde. Erst der Umstand, dass die Behörde der in der formellen Illegalität liegenden Störung genauso gut durch die Legalisierung des Vorhabens begegnen könnte, lässt eine Untersagung der Nutzung als unverhältnismäßig erscheinen. 62Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 24. Januar 2006 – 10 B 2159/05 - und vom 13. Januar 2003 – 10 B 1617/02 -, zitiert nach juris. 63Demnach begegnet die Anordnung der Nutzungsuntersagung allein aufgrund formeller Illegalität hier keinen Bedenken, da eine für das Betreiben einer Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistungen gemäß § 63 Abs. 1 BauO NRW erforderliche Baugenehmigung weder beantragt noch erteilt wurde. 64Die Klägerin durfte in zulässiger Weise als Handlungsstörerin gemäß § 17 Abs. 1 des Ordnungsbehördengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (OBG NRW) in Anspruch genommen werden. Nach dieser Vorschrift sind Maßnahmen gegen diejenige Person zu richten, die eine Gefahr verursacht. Die Betriebsuntersagung war demnach gegenüber der Klägerin als Betreiberin der Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistungen zu erlassen. 65Die Ordnungsverfügung ist auch insgesamt ermessensfehlerfrei ergangen, § 114 VwGO. 66Zunächst hat die Beklagte ihr Ermessen bei der Störerauswahl fehlerfrei ausgeübt. Die Beklagte war insbesondere nicht gehalten, sich vorrangig an den Eigentümer des Grundstücks als Zustandsstörer zu halten. Im Hinblick auf eine möglichst effektive Gefahrenabwehr war vor dem Hintergrund der jederzeit bestehenden Möglichkeit einer Brandentstehung die Inanspruchnahme der Klägerin notwendig, um den Betrieb der Einrichtung jedenfalls bis ein in bauordnungsrechtlicher Hinsicht rechtmäßiger Zustand hergestellt wird, zu unterbinden und damit die Gefahr für die an Demenz erkrankten und auf Pflege und Betreuung angewiesenen Bewohner zu beseitigen. 67Die Beklagte hat auch im Übrigen ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. 68Entgegen der Ansicht der Klägerin hätte die Beklagte nicht als milderes Mittel lediglich eine Anpassung nach § 87 BauO NRW verlangen dürfen. Nach Absatz 1 der Vorschrift kann verlangt werden, dass in Fällen, in denen rechtmäßig bestehende bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 nicht den Vorschriften der BauO NRW oder Vorschriften aufgrund der BauO NRW entsprechen, die Anlagen diesen Vorschriften angepasst werden, wenn dies im Einzelfall wegen der Sicherheit für Leben oder Gesundheit erforderlich ist. 69Eine Anpassung nach § 87 BauO NRW scheidet hier von vornherein aus, da es sich bei der von der Klägerin auf dem Grundstück B. C.------straße 195 betriebenen Einrichtung nicht um eine rechtmäßig bestehende bauliche Anlage im Sinne der Vorschrift handelt. Der Begriff der „bestehenden baulichen Anlage“ umfasst dabei ausschließlich solche Anlagen, die Bestandsschutz genießen. Nicht anwendbar ist § 87 BauO NRW dagegen, wenn sich herausstellt, dass eine bauliche Anlage im Wesentlichen abweichend von der Baugenehmigung ausgeführt wurde, wenn sie also nicht rechtmäßig ist. 70Vgl. Gädtke / Temm / Heintz / Czepuck, BauO NRW Kommentar, 11. Auflage 2008, § 87, Rn. 3. 71Wie bereits erläutert, genießt die Einrichtung der Klägerin keinen Bestandsschutz, da sie die Variationsbreite der Baugenehmigung vom 11. August 2008 überschreitet. 72Die Beklagte hat entgegen der von der Klägerin vor allem im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ansicht auch nicht deshalb ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt, da sie unberücksichtigt gelassen hat, dass es sich bei der von der Klägerin betriebenen Einrichtung um eine vom Gesetzgeber und der aktuellen politischen Diskussion gewünschten Wohnform für an Demenz erkrankte Senioren handelt. Insofern ist die Beklagte an das geltende Regelwerk gebunden und darf sich im Rahmen ihrer Ermessenserwägungen allein von dem Zweck des Gesetzes bzw. der hier in Frage stehenden Richtlinie leiten lassen, nicht jedoch von politischen Überlegungen zur Förderung der Entstehung von Einrichtungen für Senioren in Bestandsgebäuden. 73Die Ordnungsverfügung ist schließlich auch nicht unverhältnismäßig ergangen. Selbst im Hinblick auf die sich für die Bewohner ergebenden Konsequenzen im Falle der Durchsetzung der Ordnungsverfügung, auf die die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen hat, ist die Nutzungsuntersagung verhältnismäßig. Vor allem mit Blick auf die jederzeit bestehende Gefahr der Brandentstehung durfte die Beklagte bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen der Nutzungsuntersagung mehr Gewicht beimessen als der daraus folgenden Notwendigkeit für die Bewohner, in eine alternative Wohneinrichtung bzw. in ein Pflegeheim umzuziehen. 74Die angegriffene Ordnungsverfügung ist auch nicht unter dem Aspekt eines möglicherweise geschaffenen Vertrauenstatbestandes, durch den die Beklagte sich hinsichtlich der tatsächlich ausgeübten Nutzung dauerhaft gebunden hat, rechtswidrig. 75Zur Begründung eines schutzwürdigen Vertrauenstatbestandes ist erforderlich, dass die Behörde in Kenntnis der formellen und gegebenenfalls materiellen Illegalität eines Vorhabens zu erkennen gibt, dass sie sich auf Dauer mit dessen Existenz abzufinden gedenkt (sog. „aktive Duldung“). 76Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. August 2014 – 7 B 940/14 - und von 13. Januar 2014 – 10 B 1415/13 -; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 11. März 2014 – 9 K 4545/10 -; jeweils zitiert nach juris. 77Für die Annahme einer derartigen Duldung bedarf es Handlungen oder Willensäußerungen der Behörde, aus denen unmissverständlich geschlossen werden kann, dass sie sich auf Dauer mit dem illegalen Zustand abgefunden hat. 78Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. Februar 2003 – 10 A 3666/99 -, mit weiteren Nachweisen; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 9. Januar 2014 – 5 L 1372/13 -; jeweils zitiert nach juris. 79Wie bereits zur Frage des Bestandsschutzes ausgeführt, vermag allein der Umstand, dass die Heimaufsicht der Beklagten die Einrichtungsform unter heimaufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten akzeptiert, nicht dazu führen, dass auch in baurechtlicher Hinsicht eine Bindung der Beklagten oder gar ein Vertrauen der Klägerin auf die baurechtliche Zulässigkeit ihres Betriebes begründet wurde. 80Darüber hinaus fehlt es in Anwendung der dargestellten Grundsätze zur Begründung eines Vertrauenstatbestandes bereits an der Kenntnis der Bauaufsicht der Beklagten von der tatsächlichen Nutzung. Aus den Verwaltungsvorgängen der Beklagten geht nicht hervor, dass die Bauaufsicht im Rahmen des Genehmigungsverfahrens Kenntnis von der Absicht der Klägerin, in dem Gebäude eine Einrichtung mit Pflege- und Betreuungsleistungen zu betreiben, hatte. Insbesondere wurde ihr weder das Nutzungskonzept vorgelegt, noch enthielten die zu dem Bauantrag eingereichten Unterlagen Hinweise darauf, wie das Gebäude nach Genehmigung des Umbaus genutzt werden sollte. Aus einem in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Besprechungsprotokoll vom 17. April 2008 geht lediglich hervor, dass es sich bei den Räumlichkeiten im ersten und zweiten Obergeschoss um eine zusammenhängende Wohneinheit handelt, in der eine Wohngemeinschaft vorgesehen ist. Dass es sich bei den Bewohnern jedoch um an Demenz erkrankte Personen handelt, die einer ständigen Anwesenheit von Pflegekräften bedürfen, musste sich der Bauaufsicht der Beklagten aus dem Bauantrag nicht erschließen, noch hatte sie sonstige Anhaltspunkte, die beantragte Nutzungsart zu hinterfragen. Vor allem lassen die auf den Bauzeichnungen vorgesehenen Raumbezeichnungen wie „Schlafen“, „Kind 1“, „privates Arbeitszimmer“, „Gästezimmer“, „Spielzimmer“, etc. keinen Schluss darauf zu, dass es sich um eine Einrichtung für an Demenz erkrankte Personen handeln könnte. Auch die technische Notiz zum baulichen Brandschutz vom 16. Februar 2009 weist an keiner Stelle auf die beabsichtigte Nutzung hin, sondern stellt lediglich fest, dass in der Wohneinheit im ersten und zweiten Obergeschoss sechs Nutzer vorgesehen seien. Die Verwaltungsvorgänge der Heimaufsicht der Beklagten lassen ebenfalls nicht den Schluss zu, dass die Bauaufsicht in die Planung der „Wohngemeinschaft“ in dem Gebäude B. C.------straße 195 eingebunden wurde. Die in der mündlichen Verhandlung vertretene Ansicht der Klägerin, das Konzept sei an verschiedene Abteilungen der Beklagten weitergeleitet worden, so dass sie darauf habe vertrauen dürfen, dass auch die Bauaufsicht Kenntnis von der beabsichtigten Nutzung hätte haben müssen, führt zu keinem anderem Ergebnis. Zwar geht aus dem Verwaltungsvorgang der Heimaufsicht der Beklagten hervor, dass das Konzept verteilt wurde und unter anderem auch das Rechtsamt der Beklagten in die Diskussion eingeschaltet wurde. Dass jedoch konkret auch die Bauaufsicht einbezogen wurde, geht aus dem Verwaltungsvorgang nicht hervor. Die Kenntnis einzelner Fachabteilungen der Beklagten führt schließlich auch nicht zu einer gegenseitigen Zurechnung der Kenntnis unter allen Abteilungen der Beklagten. Es obliegt vielmehr dem jeweiligen Antragsteller die zuständige Fachabteilung über alle für den Antrag wesentlichen Tatsachen in Kenntnis zu setzen. 81Die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 20.000,00 € ist gemäß §§ 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 Abs. 1, 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) rechtmäßig und insbesondere auch hinsichtlich der Höhe angemessen. Insofern konnte der Vertreter der Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung plausibel erläutern, dass sich die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes aus dem besonders erhöhten Gefahrpotential, welches der Holzkonstruktion der offenen Treppenanlage innewohnt, rechtfertigt. 82Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 83Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt die klägerin. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2die klägerin wendet sich gegen eine ordnungsverfügung der beklagten, mit der ihr die nutzung des grundstücks b. c.------straße 195 in c1. zum betrieb eines pflege- und betreuungsdienstes untersagt wird. 3bei der klägerin handelt es sich um einen seit 1994 existierenden privaten pflegedienst auf dem gebiet der alten- und krankenpflege, der ambulante pflegedienstleistungen anbietet. im jahr 2008 errichtete die klägerin in dem objekt b. c.------straße 195 in c1. eine „wohngemeinschaft für senioren“. 4ausweislich des von der klägerin angefertigten konzepts „wohngemeinschaft“ verfolgt diese das ziel, „älteren bzw. pflegebedürftigen menschen eine hervorragende häusliche pflege“ sowie als alternative zum pflegeheim die möglichkeit eines lebens in wohngemeinschaften zu bieten. der schwerpunkt sei auf die versorgung und betreuung demenziell erkrankter personen gerichtet. das leben in räumlichkeiten mit wohnlichem charakter sei grundlage für die ambulant betreuten wohngemeinschaften. es würden acht bis neun demente menschen in einer wohngemeinschaft leben. jeder mieter habe sein eigenes zimmer. küche, essraum, wohnzimmer, bäder und nebenräume würden dagegen gemeinsam benutzt. die angehörigen würden einen haustürschlüssel erhalten, um das an demenz erkrankte familienmitglied besuchen zu können. der pflegedienst gewährleiste eine qualifizierte betreuung der bewohner durch speziell geschulte präsenzkräfte „rund um die uhr“. beim einkauf würden die bewohner einbezogen und auch das kochen würde durch die bewohner selbst mit hilfe der pflegekräfte erfolgen. der unterschied zu dem bisherigen zuhause sei, dass alle dinge in einer gruppe passieren und besonders geschultes personal die bewohner begleite oder bei zunehmender pflegebedürftigkeit die betreuung und pflege übernehme. die assistenz und pflegerische unterstützung werde durch ein acht- bis zehnköpfiges multiprofessionelles team gestellt. aus der von der klägerin vorgelegten erweiterung des konzepts geht zudem hervor, dass die mieter in ihrer wahl des pflegedienstes frei seien. pflegeanbieter und vermieter seien nicht identisch. vor dem einzug in die wohngemeinschaft müssten zwei verträge abgeschlossen werden: ein mietvertrag mit dem vermieter, der den wohnraum zur verfügung stellt, und ein pflegevertrag mit einem pflegedienst. die bewohner könnten den bestehenden pflegedienst kündigen, ohne das wohnrecht zu verlieren. in der wohngemeinschaft sollen zudem ausschließlich menschen mit demenz zusammen leben. schließlich enthält die erweiterung des konzepts einen schichtplan zur gewährleistung einer 24-stündigen präsenz von pflegekräften der klägerin. zudem heißt es: „in der wg wird tag und nacht personalpräsenz gewährleistet, die dem tatsächlichen pflegebedarf der dort lebenden menschen entspricht.“ die eingesetzten pflegekräfte würden ein konstantes team bilden und seien dauerhaft in der wohngemeinschaft tätig. 5das grundstück b. c.------straße 195 liegt im geltungsbereich eines rechtsverbindlichen bebauungsplans, der in diesem bereich die nutzungsart eines mischgebiets festsetzt. bei dem gebäude handelt es sich um ein zweigeschossiges geschäfts- und wohnhaus, das laut grundbuchauszug im eigentum des herrn x. i. steht. 6mit bauantrag vom 19. märz 2008 beantragte der eigentümer des grundstücks die erteilung einer baugenehmigung für den „umbau eines geschäfts- und wohnhauses mit erweiterung im ersten obergeschoss auf einem bestehenden dachgeschoss sowie erstellung einer stellplatzanlage mit zwölf stellplätzen im hof“ auf dem grundstück b. c.------straße 195. 7die beklagte erteilte dem eigentümer des grundstücks unter dem 11. august 2008 eine baugenehmigung für das beantragte vorhaben. unter dem gleichen datum ließ die beklagte jeweils eine abweichung von den bestimmungen des § 6 abs. 2 der bauordnung für das land nordrhein-westfalen - bauo nrw - (da die abstandflächen der terrasse und der erweiterung im ersten obergeschoss nicht auf dem grundstück selbst liegen), des § 34 abs. 5 bauo nrw (da in den decken öffnungen vorgesehen sind, die nicht mit selbstschließenden anschlüssen entsprechend der feuerwiderstandsklasse der decken versehen sind), des § 37 abs. 1 bauo nrw (da die notwendige treppe nicht in einem eigenen treppenraum liegt) und des § 37 abs. 7 bauo nrw (da die wände des notwendigen treppenhauses nicht in der bauart von brandwänden hergestellt sind) zu. 8ausweislich der baubeschreibung vom 20. märz 2008, die der baugenehmigung vom 11. august 2008 zugrundeliegt, handelt es sich bei der art der nutzung um ein wohnhaus nebst ladenlokal im erdgeschoss. im erdgeschoss wurde laut betriebsbeschreibung vom 10. april 2008, die als anlage zur baugenehmigung vom 11. august 2008 genommen wurde, der betrieb eines reisebüros genehmigt. aus einer klarstellung des architekten vom 20. mai 2008 geht hervor, dass zwei abgeschlossene wohneinheiten sowie eine gewerbefläche im erdgeschoss vorhanden seien. im erdgeschoss befänden sich zwei ladenlokale sowie im rückwärtigen teil eine eigenständige wohnung. bei der nutzung des ersten und des zweiten obergeschosses handele es sich um eine abgeschlossene wohneinheit. im ersten obergeschoss lauten die raumbezeichnungen ausweislich der bauzeichnungen „wohnen“, „kochen“, „essen/wohnen“, „kind 1“, „privates arbeitszimmer“, „schlafen“, „kind 2“, „dusch-wc“ und „diele“. nach einer mitteilung des architekten vom 20. mai 2008 handele es sich bei den arbeitszimmern um reine private arbeitsräume und nicht um eine gewerbliche nutzung. im zweiten obergeschoss lauten die raumbezeichnungen „bügelzimmer“, „bad“, „gästezimmer“, „spielzimmer“, „kind“, „kind“, „duschbad“ und „flur 1“. im dachgeschoss befinden sich zwei abstellräume. die jeweiligen geschosse sind offen miteinander verbunden, ein isolierter treppenraum ist nicht vorgesehen. die vorhandene treppe ist als holztreppe konstruiert. neben der treppe soll ein aufzug errichtet werden, der vom erdgeschoss bis in das zweite obergeschoss führt. 9über die verwaltung i1. -c2. gmbh, deren geschäftsführer der eigentümer des grundstücks ist, wurde das gebäude ab dem 1. oktober 2008 zunächst an die firma m. gmbh, deren geschäftsführer herr e. ist, verpachtet. laut pachtvertrag vom 26. august 2008 besteht der pachtzweck in der „gestellung von wohnraum zwecks untervermietung (wg)“. 10am 25. oktober 2008 zeigte die klägerin der heimaufsicht der beklagten an, dass ab dezember 2008 in dem gebäude b. c.------straße 195 eine wohngemeinschaft für demente und pflegebedürftige menschen starte. in dem gebäude würden neun räume für pflegebedürftige menschen und zwei weitere für betreuer zur verfügung stehen. die bewohner würden einen untermietvertrag mit der firma m. schließen. der mietvertrag sei lediglich vom bestand des pachtvertrages zwischen der firma m. und dem eigentümer des grundstücks abhängig, sei jedoch mit keinem weiteren rechtsgeschäft verbunden. zwischen der klägerin und der firma m. bestünden keine verträge oder vereinbarungen. die ambulante pflegerische versorgung der bewohner würde durch die klägerin auf der grundlage individueller pflegeverträge wahrgenommen. 11ab märz 2009 zogen die ersten an demenz erkrankten bewohner in das gebäude ein. 12unter dem 10. märz 2009 erteilte die beklagte die erste nachtragsbaugenehmigung zur baugenehmigung vom 11. august 2008 hinsichtlich der änderung der eingangssituation und der reduzierung der stellplatzanlage. als anlage zur 1. nachtragsbaugenehmigung wurde unter anderem eine „technische notiz zum baulichen brandschutz“ vom 16. februar 2009 genommen. neben der beschreibung der erforderlichen brandschutzmaßnahmen wird unter ziffer 5 ausgeführt, dass in der wohnung sechs nutzer vorgesehen seien. mit bescheid vom 19. august 2009 genehmigte die beklagte den zweiten nachtrag zur baugenehmigung hinsichtlich der errichtung einer überdachung im rückwärtigen eingangsbereich. 13mit wirkung zum 1. januar 2011 trat der geschäftsführer der klägerin, herr g. x1. , aufgrund des 1. nachtrags zum pachtvertrag zwischen der firma m. und dem eigentümer des grundstücks als neuer pächter in diesen vertrag ein. seitdem übernimmt der geschäftsführer der klägerin die vermietung der räumlichkeiten an die bewohner. in dem noch von der firma m. eingereichten mustermietvertrag geht aus den besonderen vertragsbedingungen (teil iii) hervor, dass die wohneinheit der aufnahme von dementiell veränderten personen dient und der vertrag von keinem weiteren rechtsgeschäft abhängt. 14unter dem 15. juli 2011 beantragte die klägerin bei der beklagten, dass die wohngemeinschaft nicht mehr dem geltungsbereich des wohn- und teilhabegesetzes des landes nordrhein-westfalen (im folgenden: wtg) unterliege, da die voraussetzungen des § 2 abs. 3 satz 3 wtg vorlägen, wonach das gesetz nicht anwendbar sei, wenn die betreuung auf nicht mehr als zwölf bewohner in einem gebäude ausgerichtet ist und die bewohner bei der wahl des anbieters von dritten unterstützt werden, wobei diese weder anbieter einer wohn- und betreuungsleistung noch dessen beschäftigte sein dürften. 15am 16. april 2012 wurde die bauaufsicht der beklagten über einen feuerwehreinsatz in dem gebäude b. c.------straße 195 informiert, bei dem alle acht bewohner wegen einer seucheninfektion in krankenhäuser in c1. verbracht wurden. das gebäude wurde zunächst verschlossen. am folgenden tag konnten sechs der bewohner wieder in das gebäude zurückkehren. 16mit bescheid vom 24. april 2012 stellte die heimaufsicht der beklagten fest, dass die wohngemeinschaft nicht mehr dem geltungsbereich des wtg unterliege. zur begründung führte sie aus, es würden sowohl wohnraum als auch betreuungsleistungen angeboten, welches in separaten und rechtlich voneinander unabhängigen verträgen vereinbart werde. die betreuungsleistungen würden für alle bewohner erbracht und in dem gebäude würden weniger als zwölf bewohner betreut. schließlich gebe es eine unabhängige, anbieterfreie dritte person, die alle bewohner bei der wahl des anbieters unterstütze. 17bei einer ortsbesichtigung am 26. april 2012 stellte die bauaufsicht der beklagten fest, dass sich im ersten obergeschoss räume zur gemeinschaftlichen nutzung sowie privaträume der bewohner, im zweiten obergeschoss ausschließlich privaträume der bewohner und im spitzboden arbeitsräume für waschmaschine und trockner befänden. der spitzboden werde durch eine ungesicherte spartreppe erschlossen. alle räume, auch der spitzboden, würden in offener verbindung zueinander stehen. seitens der feuerwehr habe nicht bestätigt werden können, dass die evakuierung des objektes sichergestellt werden könne, da die als fluchtweg möglichen fenster nur mittels einer drehleiter erreicht werden könnten. ob die fenster tatsächlich angeleitert werden könnten, habe ebenfalls nicht festgestellt werden können. während der ortsbesichtigung wurden sofortmaßnahmen, wie die anbringung von feuerlöschern, die installation funkvernetzter rauchmelder, die sicherstellung einer alarmierungsmöglichkeit etc. angeordnet. 18eine am 5. juni 2012 durchgeführte anleiterprobe ergab, dass die aufenthaltsräume im zweiten obergeschoss mit einer drehleiter angeleitert werden könnten und die aufenthaltsräume im ersten obergeschoss mit steckleitern anleiterbar seien. 19in der folge fanden mehrere gespräche zwischen dem geschäftsführer der klägerin und der bauaufsicht der beklagten statt. dabei wurden insbesondere die erforderlichen brandschutztechnischen nachrüstungen diskutiert, da eine zügige evakuierung des objektes im brandfall nicht gewährleistet sei. vor allem hinsichtlich der frage, ob die „richtlinie über bauaufsichtliche anforderungen an den c2. und betrieb von einrichtungen mit pflege- und betreuungsleistungen“ vom 17. märz 2011 anwendung finde, konnte keine einigkeit erzielt werden. während die beklagte die anwendbarkeit für gegeben hielt, vertrat die klägerin die ansicht, dass hier eine genehmigte wohnnutzung vorliege, die bestandsschutz genieße und daher nur eine anpassung nach § 87 bauo nrw verlangt werden dürfe. 20die klägerin wurde mit schreiben vom 18. september 2012 zu der von der beklagten beabsichtigten nutzungsuntersagung angehört. 21sie erwiderte hierauf mit dem ziel, weiterhin eine einvernehmliche lösung verfolgen zu wollen und wies insbesondere auf die irreversiblen folgen für die bewohner im falle der durchsetzung der ordnungsverfügung hin. 22unter dem 15. januar 2013 erließ die beklagte eine ordnungsverfügung, mit der sie der klägerin die nutzung des betriebes eines pflege- und betreuungsdienstes auf dem grundstück b. c.------straße 195 in c1. untersagte, sowie ein zwangsgeld in höhe von 20.000 € androhte. zudem ordnete die beklagte die sofortige vollziehung der ordnungsverfügung an. zur begründung führte die beklagte aus, ausweislich des konzepts der wohngemeinschaft sowie der hinsichtlich des begriffs des „eigenständigen wohnens“ ergangenen rechtsprechung liege hier eine pflege- und betreuungseinrichtung vor. eine baugenehmigung für die nutzungsänderung in eine pflege- und betreuungseinrichtung sei jedoch weder beantragt noch erteilt worden. obwohl nur ein formeller verstoß vorliege, müsse die nutzung eingestellt werden. die klägerin könne als verhaltens- und zustandsstörer in anspruch genommen werden, da das gebäude für ihren betrieb genutzt werde. 23die klägerin hat am 15. februar 2013 klage erhoben und um vorläufigen rechtsschutz nachgesucht (5 l 190/13). 24sie ist der ansicht, bei dem objekt handele es sich nicht um eine betreuungseinrichtung. dies sei jedenfalls durch den bescheid der beklagten vom 9. september 2011 bestandskräftig festgestellt worden. die miet- und dienstleistungsverträge seien voneinander getrennt und die mieter seien weder verpflichtet noch gehalten, eine vereinbarung über ambulante pflegeleistungen mit der klägerin abzuschließen. es stehe ihnen frei, auch andere anbieter für das erbringen von pflegeleistungen zu wählen. dass die mitarbeiter der klägerin als präsenzkräfte vor ort blieben, erfolge aus rein betriebswirtschaftlichen gründen, um durch den wegfall von an- und abfahrten zur erbringung der jeweiligen leistungsmodule betriebs- und anschaffungskosten für entsprechende fahrzeuge zu vermeiden. die „richtlinie über bauaufsichtliche anforderungen an den c2. und betrieb von einrichtungen mit pflege- und betreuungsleistungen“ vom 17. märz 2011 sei hier nicht anwendbar, da keine einrichtung im sinne der richtlinie vorliege. aus den erläuterungen zur richtlinie werde zudem deutlich, dass die richtlinie nur auf neue einrichtungen anwendbar sei. in dem objekt seien alle kriterien zur wohnnutzung erfüllt. hinsichtlich des kriteriums der eigenständigen haushaltsführung komme es darauf an, wie die wohngemeinschaft angelegt sei, es komme jedoch nicht auf die individuellen fähigkeiten des bewohners an. es sei daher allein maßgeblich, ob eine selbständige haushaltsführung strukturell möglich sei oder ob eine abhängigkeit von externer versorgung bestehe. da es sich nicht um eine pflege- und betreuungseinrichtung handele, liege auch keine genehmigungsbedürftige nutzungsänderung vor. die der erteilten baugenehmigung innewohnende variationsbreite werde durch die wohngemeinschaft nicht überschritten, da es sich bei einer wohngemeinschaft nach der verkehrsauffassung um eine reine wohnnutzung handele. daran ändere sich auch nichts, wenn die mieter individuell ambulante pflegedienstleistungen in anspruch nähmen. die wohnnutzung stehe eindeutig im vordergrund. die klägerin nehme nur konkrete ambulante einzeltätigkeiten vor. die wohngemeinschaft weise keine elemente einer pflegeeinrichtung oder eines pflegeheimes auf. die pauschale einstufung von betreuten wohngemeinschaften als „pflege- und betreuungseinrichtung“ mit der folge der anwendbarkeit der richtlinie sei weder mit dem sinn und zweck der richtlinie vereinbar noch mit dem gesetzgeberischen willen, betreute wohngemeinschaften zu fördern. durch diese verwaltungspraxis würden betreute wohngemeinschaften in bestandsimmobilien unmöglich gemacht, da die vorgaben der richtlinie nur mit unverhältnismäßigem aufwand umgesetzt werden könnten. die klägerin könne sich zudem auf bestandsschutz berufen, da sie die wohngemeinschaft ordnungsgemäß angezeigt habe und die beklagte selbst zunächst von einer reinen wohnnutzung ausgegangen sei. die beklagte könne nicht den bestandsschutz dadurch aushebeln, dass sie sich auf eine richtlinie berufe, die erst im jahr 2011 erlassen worden sei und die nicht rückwirkend zur anwendung gebracht werden könne. die ordnungsverfügung sei schließlich ermessensfehlerhaft ergangen. die klägerin könne bereits nicht als störer in anspruch genommen werden, da sie weder eigentümerin noch vermieterin sei. ihr könne lediglich die aufgabe der dienstleistungen aufgegeben werden. die nutzungsuntersagung sei auch im übrigen ermessensfehlerhaft, da das brandschutzkonzept, das alle vorgaben erfülle, nicht berücksichtigt worden sei. verhältnismäßig wäre allein eine abstimmung der brandschutztechnischen nachrüstungen nach § 87 bauo nrw gewesen. die beklagte habe auch nicht im rahmen ihrer klageerwiderung ihre ermessenserwägungen vollständig austauschen dürfen. schließlich habe die beklagte von anfang an kenntnis von der beabsichtigten nutzung gehabt. sie sei selbst davon ausgegangen, dass die wohnnutzung für die wohngemeinschaft von der erteilten baugenehmigung gedeckt sei. dadurch habe sie einen vertrauenstatbestand geschaffen, so dass sie sich widersprüchlich verhalte, wenn sie die nutzung nunmehr als pflegeeinrichtung einstufe und die nutzung untersage. letztlich sei die androhung eines zwangsgeldes nicht statthaft. jedenfalls sei die höhe des zwangsgeldes nicht nachvollziehbar. 25die klägerin beantragt, 26die ordnungsverfügung der beklagten vom 15. januar 2013 aufzuheben. 27die beklagte beantragt, 28 die klage abzuweisen. 29die beklagte ist der ansicht, es liege eine genehmigungsbedürftige nutzungsänderung vor. aus dem umstand, dass die heimaufsicht die aktuelle ausgestaltung akzeptiere, könne nicht der schluss gezogen werden, dass damit auch bauaufsichtlich die nutzung genehmigt sei. es handele sich um eine genehmigungsbedürftige „pflegeeinrichtung im weiteren sinne“. dadurch ergäben sich unterschiedliche baurechtliche anforderungen insbesondere hinsichtlich des brandschutzes nach §§ 17, 36 ff bauo nrw sowie §§ 54, 85 abs. 9 bauo nrw i.v.m. der richtlinie vom 17. märz 2011. zwar sei für die frage, ob die derzeit ausgeübte nutzung noch von der baugenehmigung gedeckt sei, nicht streitentscheidend, ob pflegeleistungen erbracht werden. diese pflegeleistungen kämen sowohl bei nutzungen vor, bei der das selbstbestimmte wohnen im vordergrund stehe (sog. „senioren-wg“) als auch bei solchen nutzungen, bei denen bereits bei überlassung des wohnraums durch den vermieter betreuungs- und pflegeleistungen einen wesentlichen bestandteil der vertragsbeziehungen ausmachen („betreutes wohnen“). wesentlich sei dagegen, dass nach der konzeption der klägerin die überlassung des angebotenen wohnraums mit dem abschluss von pflegeverträgen gekoppelt werde. da die klägerin noch vor überlassung des wohnraums von den potentiellen bewohnern obligatorisch den abschluss eines pflegevertrages erwarte, handele es sich gerade nicht um eine bloße „senioren-wg“, bei der sich mehrere ältere personen selbstbestimmt zusammenschließen, um gemeinsam zu wohnen. bei der von der klägerin betriebenen nutzungsform stehe die inanspruchnahme pflegerischer leistungen im vordergrund, da ohne sie auch die überlassung von wohnraum nicht in rede stehe. der von der klägerin angelegte betrieb sei daher von dem wechsel einzelner bewohner unabhängig und auf dauer und nachhaltigkeit angelegt. die von der klägerin ausgeübte nutzungsform entspreche nicht der reinen wohnnutzung sondern der des „betreuten wohnens“, so dass vor allem hinsichtlich des brandschutzes und der notwendigen barrierefreiheit unterschiedliche baurechtliche anforderungen gestellt werden müssten, die eine nutzungsänderung erforderlich machen. 30der frühere berichterstatter hat im rahmen des eilverfahrens am 3. mai 2013 einen ortstermin durchgeführt. das eilverfahren wurde im anschluss daran durch vergleich, mit dem sich die beteiligten auf die durchführung von übergangsmaßnahmen für die dauer des hauptsacheverfahrens geeinigt haben, beendet. 31wegen der weiteren einzelheiten wird auf die gerichtsakte des hauptsache- und des eilverfahrens sowie auf die beigezogenen verwaltungsvorgänge verwiesen. 32 | 33die klage ist zulässig, aber unbegründet. 34die ordnungsverfügung der beklagten vom 15. januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 35ermächtigungsgrundlage für den erlass der ordnungsverfügung ist § 61 abs. 1 satz 2 in verbindung mit satz 1 der bauordnung für das land nordrhein-westfalen (bauo nrw). danach haben die bauaufsichtsbehörden bei der errichtung, der änderung, dem abbruch, der nutzung, der nutzungsänderung sowie der instandhaltung baulicher anlagen sowie anderer anlagen und einrichtungen im sinne des § 1 abs. 1 satz 2 darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen vorschriften und die aufgrund dieser vorschriften erlassenen anordnungen eingehalten werden. in wahrnehmung dieser aufgaben haben sie nach pflichtgemäßem ermessen die erforderlichen maßnahmen zu treffen. 36die mit der ordnungsverfügung angeordnete betriebsuntersagung ist in der sache zu recht erfolgt. denn insofern ist die nutzung formell illegal, da eine baugenehmigung für den von der klägerin geführten betrieb nicht existiert. der betrieb der klägerin stellt eine genehmigungspflichtige nutzungsänderung dar, da die aktuelle nutzung durch die klägerin nicht im rahmen der genehmigten nutzung erfolgt. die nach § 63 abs. 1 bauo nrw erforderliche baugenehmigung wurde nicht erteilt. 37ob eine konkrete nutzung von der legalisierungswirkung einer baugenehmigung umfasst wird oder ob eine genehmigungspflichtige nutzungsänderung vorliegt, ist grundsätzlich danach zu beurteilen, ob die variationsbreite der bestehenden genehmigten nutzung überschritten wird und aufgrund der aufnahme dieser veränderten nutzung bodenrechtliche belange, wie sie insbesondere § 1 abs. 6 des baugesetzbuches (baugb) bestimmt, erneut berührt werden können, so dass sich die genehmigungsfrage unter bodenrechtlichen aspekten neu stellt. dies ist vor allem dann der fall, wenn der geänderten nutzung unter städtebaulichen gesichtspunkten eine andere qualität zukommt. 38vgl. bundesverwaltungsgericht (bverwg), beschlüsse vom 1. märz 1989 – 4 b 24/89 – und vom 14. april 2000 – 4 b 28/00 -; ovg nrw, urteile vom 29. oktober 2012 – 2 a 2809/11 – und vom 21. november 2005 10 a 1166/04 –, mit weiteren nachweisen, sowie beschluss vom 29. märz 1999 – 10 b 417/99 -; jeweils zitiert nach juris. 39mit baugenehmigung vom 11. august 2008 in gestalt der 1. nachtragsbaugenehmigung vom 10. märz 2009 sowie der 2. nachtragsbaugenehmigung vom 19. august 2009 (im folgenden: die baugenehmigung) genehmigte die beklagte für das grundstück b. c.------straße 195 in c1. den umbau eines geschäfts- und wohnhauses und damit verbunden die gewerbliche nutzung im erdgeschoss und die wohnnutzung im rückwärtigen teil des erdgeschosses sowie im ersten und im zweiten obergeschoss. dies ergibt sich aus den als anlage zur baugenehmigung aufgenommenen bauzeichnungen sowie aus der baubeschreibung vom 20. märz 2008, nach deren ziffer 2 die art der nutzung als „wohnhaus, ladenlokal eg“ genehmigt wurde. 40bei der derzeit ausgeübten nutzung in der wohneinheit im ersten und zweiten obergeschoss handelt es sich jedoch nicht mehr um „wohnnutzung“ im genehmigten sinne. 41grundsätzlich wird der begriff wohnnutzung durch die kriterien einer auf dauer angelegten häuslichkeit, der eigengestaltung der haushaltsführung und des häuslichen wirkungskreises sowie der freiwilligkeit des aufenthaltes definiert. 42vgl. bverwg, beschluss vom 25. märz 1996 – 4 b 302/95 -; oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 14. august 2007 – 10 a 1219/06 -; jeweils zitiert nach juris; fickert / fieseler, baunutzungsverordnung, 11. auflage 2008, § 3 rn. 1; könig / roeser / stock, baunutzungsverordnung, 3. auflage 2014, § 3 rn. 16. 43diese zum begriff der wohnnutzung entwickelten kriterien werden von der nach § 85 abs. 9 bauo nrw erlassenen „richtlinie über bauaufsichtliche anforderungen an den c2. und betrieb von einrichtungen mit pflege- und betreuungsleistungen“ vom 17. märz 2011 (im folgenden: die richtlinie) aufgegriffen. einrichtungen mit pflege- und betreuungsleistungen werden hingegen nach § 2.1 der richtlinie definiert als nutzungseinheiten oder teile von nutzungseinheiten, die dafür bestimmt sind, personen aufzunehmen, die sowohl pflege- als auch betreuungsleistungen benötigen oder in anspruch nehmen. die notwendigkeit der vorzunehmenden abgrenzung zwischen „wohnnutzung“ und „einrichtung mit pflege- und betreuungsleistungen“ ergibt sich dabei aus dem leitgedanken, dass das brandrisiko und das sich daraus ergebende gefahrenpotential in einrichtungen mit pflege- und betreuungsleistungen erheblich größer als in „normalen“ wohnungen ist, weil die bewohner vielfach in ihrer mobilität eingeschränkt sind oder wegen demenz-erkrankungen in gefahrensituationen nicht adäquat reagieren können und der hilfe anderer bedürfen. 44vgl. erläuterungen zur richtlinie über bauaufsichtliche anforderungen an den c2. und betrieb von einrichtungen mit pflege- und betreuungsleistungen vom 17. märz 2011. 45der demnach vorzunehmenden abgrenzung zwischen „wohnnutzung“ und „einrichtung mit pflege- und betreuungsleistung“ steht nicht entgegen, dass nach § 3 abs. 4 der baunutzungsverordnung (baunvo) zu den zulässigen wohngebäuden auch solche gehören, die ganz oder teilweise der betreuung und pflege ihrer bewohner dienen. denn die frage nach der bauplanungsrechtlichen zulässigkeit einer nutzung in einem bestimmten wohngebiet ist zu unterscheiden von der frage, welche bauordnungsrechtlichen anforderungen darüber hinaus an eine solche nutzung gestellt werden. dies kann dazu führen, dass der wohnbegriff im bauplanungsrechtlichen sinne im einzelfall von dem bauordnungsrechtlichen wohnbegriff abweicht. allein der umstand, dass eine bestimmte nutzung nach der baunutzungsverordnung in einem reinen wohngebiet als „wohnnutzung“ zuzulassen ist, führt demnach nicht zu dem schluss, dass sie auch in bauordnungsrechtlicher hinsicht lediglich den anforderungen, die an reine wohnnutzung gestellt werden, genügen muss. 46liegt demnach eine die reine wohnnutzung überschreitende einrichtung mit pflege- und betreuungsleistungen im sinne der richtlinie vor, sind in bauordnungsrechtlicher hinsicht über die standardanforderungen der landesbauordnung hinaus zum schutz der bewohner gemäß § 54 abs. 1 bauo nrw i.v.m. der richtlinie erhöhte brandschutztechnische anforderungen zu stellen. für vorhaben, die nicht als einrichtung im sinne der richtlinie zu qualifizieren sind, werden dagegen keine anforderungen gestellt, die über die brandschutzanforderungen der landesbauordnung hinaus gehen. 47zu berücksichtigen ist ferner, dass maßgeblich für die erfüllung des wohnbegriffs das nutzungskonzept und seine grundsätzliche verwirklichung und nicht das individuelle und spontane verhalten einzelner bewohner ist. 48vgl. bverwg, beschluss vom 25. märz 1996 – 4 b 302/95 -;bayerischer verwaltungsgerichtshof (bayvgh), beschluss vom25. august 2009 – 1 cs 09.287 -; ovg nrw, beschluss vom23. juli 1998 – 10 b 1319/98 -; jeweils zitiert nach juris. 49dies zugrundegelegt, handelt es sich bei der von der klägerin betriebenen „wohngemeinschaft“ um eine einrichtung mit pflege- und betreuungsleistungen im sinne der richtlinie, für die eine baugenehmigung nicht vorliegt. 50für diese bewertung spricht bereits der wortlaut des § 2.1 der richtlinie, nach der es für das vorliegen einer einrichtung mit pflege- und betreuungsleistung darauf ankommt, dass die nutzungseinheit dafür bestimmt ist, personen aufzunehmen, die sowohl pflege- als auch betreuungsleistungen benötigen. ausweislich des von der klägerin vorgelegten konzepts sollen „ausschließlich mieter/innen mit einer dementiellen erkrankung in einer wohngemeinschaft zusammen leben.“ zudem müssen „vor dem einzug in die wohngemeinschaft zwei verträge abgeschlossen werden: ein mietvertrag mit dem vermieter, der den wohnraum zur verfügung stellt und ein pflegevertrag mit einem pflegedienst“. die aufnahme eines bewohners in die wohngemeinschaft setzt damit den abschluss eines mietvertrages und eines pflegevertrages voraus. die von der klägerin betriebene wohngemeinschaft ist nach ihrem konzept gerade darauf ausgerichtet und im sinne von § 2.1 der richtlinie dafür bestimmt, pflegebedürftige personen aufzunehmen. bestätigt wird diese nutzungsabsicht durch die „besonderen vertragsbedingungen“ in teil iii der zwischen der m. gmbh und den bewohnern geschlossenen mietverträge, nach der die wohneinheit „der aufnahme von dementiell veränderten personen“ dient. 51sofern die klägerin vorträgt, die bewohner könnten den pflegevertrag kündigen, ohne ihr wohnrecht zu verlieren, dürfte es sich dabei um eine eher theoretische option handeln, auch ohne inanspruchnahme eines pflegedienstes das mietverhältnis zu begründen bzw. weiterzuführen. da sowohl das nutzungskonzept als auch die mietverträge ausdrücklich vorsehen, dass die wohnung der aufnahme „dementiell veränderter personen“ dient, geht die klägerin von vornherein von der inanspruchnahme von pflegedienstleistungen aus. dass einzelne bewohner im zeitpunkt ihres einzugs möglicherweise noch keine pflegestufe hatten oder noch nicht an demenz erkrankt waren, führt zu keiner anderen bewertung. zwar sind nach den erläuterungen zur richtlinie „wohnungen, in denen im laufe ihrer bestimmungsgemäßen nutzung pflege- und betreuungsleistungen wahrgenommen werden, keine einrichtungen im sinne der richtlinie“. entscheidend ist jedoch allein, dass die errichtung der „wohngemeinschaft“ nach ihrer konzeption darauf ausgerichtet ist, dass mehrere an demenz erkrankte personen zusammenleben und dabei von einem pflegedienst rund um die uhr versorgt werden. das erfordernis der anwesenheit eines pflegedienstes ist damit von vornherein maßgebender bestandteil der einrichtung, ohne den diese nicht betrieben werden würde. 52damit handelt es sich auch nicht um eine bloße wohngemeinschaft, nach der mehrere ältere personen sich zusammenschließen, um gemeinsam zu wohnen, wobei es teilweise zur inanspruchnahme von pflegeleistungen kommen kann („senioren-wg“). auch wenn es sich bei der klägerin um einen „ambulanten“ pflegedienst handelt und die ständige anwesenheit der mitarbeiter allein aus betriebswirtschaftlichen gründen zur vermeidung von an- und abfahrten erfolgt, ist die 24-stunden-präsenz der pflegekräfte gerade wesentlicher bestandteil ihres betriebes. adressaten der von der klägerin betriebenen einrichtung sind demnach an demenz erkrankte personen, die auf eine betreuung rund um die uhr angewiesen sind. 53hinzu kommt, dass die von der rechtsprechung entwickelten kriterien zur „wohnnutzung“ im hinblick auf das erfordernis der „selbständigen haushaltsführung“ nicht erfüllt werden. nach den erläuterungen zur richtlinie setzt eine selbständige haushaltsführung voraus, „dass die mieter über eigene kochgelegenheiten und eigene hygienemöglichkeiten verfügen und die mieter in der lage sind, ein eigenständiges, selbstverantwortetes wirtschaften und leben zu gestalten.“ damit wird deutlich, dass bei der prüfung des kriteriums der selbständigen haushaltsführung an die individuellen fähigkeiten der bewohner und nicht nur an die strukturelle beschaffenheit der wohnung angeknüpft wird. damit kommt es entgegen der ansicht der klägerin nicht nur darauf an, dass die vorrichtungen für eine eigenständige haushaltsführung vorhanden sind, sondern dass die bewohner auch tatsächlich nach ihren individuellen fähigkeiten in der lage sind, ihren haushalt eigenständig zu führen. nach dem vorgelegten konzept „werden die bewohner beim einkauf einbezogen und das kochen erfolgt durch den bewohner mit hilfe der pflegekräfte“. es wird also von vornherein davon ausgegangen, dass die mieter gerade nicht mehr dazu in der lage sind, sich eigenständig zu versorgen, sondern auf die hilfe dritter angewiesen sind. 54unerheblich für die einordnung der von der klägerin betriebenen „wohngemeinschaft“ unter bauordnungsrechtlichen aspekten ist dagegen, dass der mietvertrag und der pflegevertrag rechtlich voneinander unabhängig geschlossen werden. die privatrechtliche ausgestaltung der verträge ist für die beurteilung der nutzungsart nicht entscheidend. 55entgegen der ansicht der klägerin führt auch die befreiung von den voraussetzungen des wohn- und teilhabegesetzes (wtg) zu keiner anderen bewertung. die befreiung hat lediglich auswirkungen auf heimaufsichtsrechtliche anforderungen an den betrieb der klägerin, trifft jedoch keine aussage darüber, wie unter bauaufsichtsrechtlichen gesichtspunkten die nutzungsart zu bewerten ist. 56bei der vorzunehmenden einordnung der nutzungsart ist ferner auch der mit der richtlinie verfolgte zweck zu berücksichtigen. die erhöhten bauaufsichtlichen anforderungen an den c2. und den betrieb von pflege- und betreuungsleistungen rechtfertigen sich maßgeblich aus der erkenntnis, dass das brandrisiko und das sich daraus ergebende gefahrenpotential in solchen einrichtungen aufgrund der eingeschränkten mobilität der bewohner und ihrer krankheitsbedingten unfähigkeit, in gefahrensituationen adäquat reagieren zu können, erheblich größer als in normalen wohnungen ist. die gesteigerten anforderungen an den brandschutz verfolgen das ziel, den bedürfnissen der bewohner für den fall des gefahreneintritts gerecht zu werden und den schadenseintritt zu vermeiden. da bei der anwendung der richtlinie die gefahrenabwehr im vordergrund steht, dürfen an den begriff der „einrichtung mit pflege- und betreuungsleistungen“ keine überhöhten anforderungen gestellt werden. der mit der erfüllung der richtlinie verbundene finanzielle aufwand des eigentümers kann demnach nicht bei der beurteilung, ob eine einrichtung im sinne der richtlinie vorliegt, ausschlaggebend sein. entscheidend ist allein, ob nach dem nutzungskonzept davon ausgegangen werden muss, dass die bewohner im falle eines brandes ein höheres schutzbedürfnis aufweisen als bewohner einer „normalen“ wohnung. nach den bereits dargelegten erwägungen ist bei der von der klägerin geführten „wohngemeinschaft“ ein solches erhöhtes schutzbedürfnis der bewohner anzunehmen. 57schließlich ist entgegen der ansicht der klägerin die richtlinie nicht deshalb unanwendbar, da es sich bei der „wohngemeinschaft“ nicht um eine neue einrichtung handelt. nach den erläuterungen zur richtlinie behandelt die richtlinie „den fall der errichtung neuer einrichtungen mit pflege- und betreuungsleistungen. auf bestehende einrichtungen mit pflege- und betreuungsleistungen findet sie keine unmittelbare anwendung, sofern diese bestandsschutz genießen.“ die klägerin kann sich vorliegend jedoch nicht auf bestandsschutz berufen. denn genehmigt wurde lediglich die wohnnutzung. dass die klägerin der heimaufsicht der beklagten die nutzung angezeigt hat und diese die wohnform akzeptiert hat, führt nicht zur begründung eines bestandschutzes. da heimaufsichtsrechtliche und bauaufsichtsrechtliche anforderungen eine unterschiedliche zweckrichtung verfolgen und damit streng zu unterscheiden sind, kann der bestandschutz im für die anwendbarkeit der richtlinie maßgeblichen baurechtlichen sinne nur durch eine baurechtliche genehmigung begründet werden. eine solche wurde jedoch lediglich für eine reine wohnnutzung erteilt. 58nach alledem handelt es sich bei dem von der klägerin geführten betrieb um eine einrichtung mit pflege- und betreuungsleistungen im sinne der richtlinie, der die variationsbreite der baugenehmigung überschreitet und damit formell illegal ist. 59nach ständiger rechtsprechung der bausenate des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen begründet die formelle illegalität der nutzung allein in aller regel ‑ so auch in diesem fall ‑ ein erhebliches öffentliches interesse an deren sofortiger verhinderung. andernfalls würde nämlich der vorteil, eine nicht zugelassene nutzung bis zum eintritt der bestandskraft einer sie untersagenden ordnungsverfügung wegen der aufschiebenden wirkung der dagegen gerichteten klage fortführen bzw. aufnehmen zu können, einen erheblichen anreiz bieten, dies auch tatsächlich zu tun. auf diese weise würde nicht nur die ordnungsfunktion des bauaufsichtsrechts entwertet, sondern auch der gesetzestreue bürger, der die errichtung bzw. nutzung einer baulichen anlage nur auf der grundlage einer vollziehbaren baugenehmigung verwirklicht, gegenüber dem ‑ bewusst oder unbewusst ‑ rechtswidrig handelnden in bedenklicher, das rechtsbewusstsein der allgemeinheit erschütternder weise bevorzugt. 60vgl. dazu etwa ovg nrw, beschlüsse vom 6. juli 2009 – 10 b 617/09 - und vom 12. juli 2007 – 7 e 664/07 – mit weiteren nachweisen, zitiert nach juris. 61ein ausnahmefall, in dem die untersagung der nutzung nicht zu rechtfertigen wäre, ist vorliegend nicht gegeben. er setzt nämlich voraus, dass der erforderliche bauantrag gestellt und nach auffassung der behörde offensichtlich genehmigungsfähig wäre und der erteilung der baugenehmigung auch sonst nichts im wege stünde. erst der umstand, dass die behörde der in der formellen illegalität liegenden störung genauso gut durch die legalisierung des vorhabens begegnen könnte, lässt eine untersagung der nutzung als unverhältnismäßig erscheinen. 62vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 24. januar 2006 – 10 b 2159/05 - und vom 13. januar 2003 – 10 b 1617/02 -, zitiert nach juris. 63demnach begegnet die anordnung der nutzungsuntersagung allein aufgrund formeller illegalität hier keinen bedenken, da eine für das betreiben einer einrichtung mit pflege- und betreuungsleistungen gemäß § 63 abs. 1 bauo nrw erforderliche baugenehmigung weder beantragt noch erteilt wurde. 64die klägerin durfte in zulässiger weise als handlungsstörerin gemäß § 17 abs. 1 des ordnungsbehördengesetzes für das land nordrhein-westfalen (obg nrw) in anspruch genommen werden. nach dieser vorschrift sind maßnahmen gegen diejenige person zu richten, die eine gefahr verursacht. die betriebsuntersagung war demnach gegenüber der klägerin als betreiberin der einrichtung mit pflege- und betreuungsleistungen zu erlassen. 65die ordnungsverfügung ist auch insgesamt ermessensfehlerfrei ergangen, § 114 vwgo. 66zunächst hat die beklagte ihr ermessen bei der störerauswahl fehlerfrei ausgeübt. die beklagte war insbesondere nicht gehalten, sich vorrangig an den eigentümer des grundstücks als zustandsstörer zu halten. im hinblick auf eine möglichst effektive gefahrenabwehr war vor dem hintergrund der jederzeit bestehenden möglichkeit einer brandentstehung die inanspruchnahme der klägerin notwendig, um den betrieb der einrichtung jedenfalls bis ein in bauordnungsrechtlicher hinsicht rechtmäßiger zustand hergestellt wird, zu unterbinden und damit die gefahr für die an demenz erkrankten und auf pflege und betreuung angewiesenen bewohner zu beseitigen. 67die beklagte hat auch im übrigen ihr ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. 68entgegen der ansicht der klägerin hätte die beklagte nicht als milderes mittel lediglich eine anpassung nach § 87 bauo nrw verlangen dürfen. nach absatz 1 der vorschrift kann verlangt werden, dass in fällen, in denen rechtmäßig bestehende bauliche anlagen sowie andere anlagen und einrichtungen im sinne von § 1 abs. 1 satz 2 nicht den vorschriften der bauo nrw oder vorschriften aufgrund der bauo nrw entsprechen, die anlagen diesen vorschriften angepasst werden, wenn dies im einzelfall wegen der sicherheit für leben oder gesundheit erforderlich ist. 69eine anpassung nach § 87 bauo nrw scheidet hier von vornherein aus, da es sich bei der von der klägerin auf dem grundstück b. c.------straße 195 betriebenen einrichtung nicht um eine rechtmäßig bestehende bauliche anlage im sinne der vorschrift handelt. der begriff der „bestehenden baulichen anlage“ umfasst dabei ausschließlich solche anlagen, die bestandsschutz genießen. nicht anwendbar ist § 87 bauo nrw dagegen, wenn sich herausstellt, dass eine bauliche anlage im wesentlichen abweichend von der baugenehmigung ausgeführt wurde, wenn sie also nicht rechtmäßig ist. 70vgl. gädtke / temm / heintz / czepuck, bauo nrw kommentar, 11. auflage 2008, § 87, rn. 3. 71wie bereits erläutert, genießt die einrichtung der klägerin keinen bestandsschutz, da sie die variationsbreite der baugenehmigung vom 11. august 2008 überschreitet. 72die beklagte hat entgegen der von der klägerin vor allem im rahmen der mündlichen verhandlung vorgetragenen ansicht auch nicht deshalb ihr ermessen fehlerhaft ausgeübt, da sie unberücksichtigt gelassen hat, dass es sich bei der von der klägerin betriebenen einrichtung um eine vom gesetzgeber und der aktuellen politischen diskussion gewünschten wohnform für an demenz erkrankte senioren handelt. insofern ist die beklagte an das geltende regelwerk gebunden und darf sich im rahmen ihrer ermessenserwägungen allein von dem zweck des gesetzes bzw. der hier in frage stehenden richtlinie leiten lassen, nicht jedoch von politischen überlegungen zur förderung der entstehung von einrichtungen für senioren in bestandsgebäuden. 73die ordnungsverfügung ist schließlich auch nicht unverhältnismäßig ergangen. selbst im hinblick auf die sich für die bewohner ergebenden konsequenzen im falle der durchsetzung der ordnungsverfügung, auf die die klägerin in der mündlichen verhandlung ausdrücklich hingewiesen hat, ist die nutzungsuntersagung verhältnismäßig. vor allem mit blick auf die jederzeit bestehende gefahr der brandentstehung durfte die beklagte bei der abwägung der widerstreitenden interessen der nutzungsuntersagung mehr gewicht beimessen als der daraus folgenden notwendigkeit für die bewohner, in eine alternative wohneinrichtung bzw. in ein pflegeheim umzuziehen. 74die angegriffene ordnungsverfügung ist auch nicht unter dem aspekt eines möglicherweise geschaffenen vertrauenstatbestandes, durch den die beklagte sich hinsichtlich der tatsächlich ausgeübten nutzung dauerhaft gebunden hat, rechtswidrig. 75zur begründung eines schutzwürdigen vertrauenstatbestandes ist erforderlich, dass die behörde in kenntnis der formellen und gegebenenfalls materiellen illegalität eines vorhabens zu erkennen gibt, dass sie sich auf dauer mit dessen existenz abzufinden gedenkt (sog. „aktive duldung“). 76vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 28. august 2014 – 7 b 940/14 - und von 13. januar 2014 – 10 b 1415/13 -; vg gelsenkirchen, urteil vom 11. märz 2014 – 9 k 4545/10 -; jeweils zitiert nach juris. 77für die annahme einer derartigen duldung bedarf es handlungen oder willensäußerungen der behörde, aus denen unmissverständlich geschlossen werden kann, dass sie sich auf dauer mit dem illegalen zustand abgefunden hat. 78vgl. ovg nrw, urteil vom 6. februar 2003 – 10 a 3666/99 -, mit weiteren nachweisen; vg gelsenkirchen, beschluss vom 9. januar 2014 – 5 l 1372/13 -; jeweils zitiert nach juris. 79wie bereits zur frage des bestandsschutzes ausgeführt, vermag allein der umstand, dass die heimaufsicht der beklagten die einrichtungsform unter heimaufsichtsrechtlichen gesichtspunkten akzeptiert, nicht dazu führen, dass auch in baurechtlicher hinsicht eine bindung der beklagten oder gar ein vertrauen der klägerin auf die baurechtliche zulässigkeit ihres betriebes begründet wurde. 80darüber hinaus fehlt es in anwendung der dargestellten grundsätze zur begründung eines vertrauenstatbestandes bereits an der kenntnis der bauaufsicht der beklagten von der tatsächlichen nutzung. aus den verwaltungsvorgängen der beklagten geht nicht hervor, dass die bauaufsicht im rahmen des genehmigungsverfahrens kenntnis von der absicht der klägerin, in dem gebäude eine einrichtung mit pflege- und betreuungsleistungen zu betreiben, hatte. insbesondere wurde ihr weder das nutzungskonzept vorgelegt, noch enthielten die zu dem bauantrag eingereichten unterlagen hinweise darauf, wie das gebäude nach genehmigung des umbaus genutzt werden sollte. aus einem in den verwaltungsvorgängen befindlichen besprechungsprotokoll vom 17. april 2008 geht lediglich hervor, dass es sich bei den räumlichkeiten im ersten und zweiten obergeschoss um eine zusammenhängende wohneinheit handelt, in der eine wohngemeinschaft vorgesehen ist. dass es sich bei den bewohnern jedoch um an demenz erkrankte personen handelt, die einer ständigen anwesenheit von pflegekräften bedürfen, musste sich der bauaufsicht der beklagten aus dem bauantrag nicht erschließen, noch hatte sie sonstige anhaltspunkte, die beantragte nutzungsart zu hinterfragen. vor allem lassen die auf den bauzeichnungen vorgesehenen raumbezeichnungen wie „schlafen“, „kind 1“, „privates arbeitszimmer“, „gästezimmer“, „spielzimmer“, etc. keinen schluss darauf zu, dass es sich um eine einrichtung für an demenz erkrankte personen handeln könnte. auch die technische notiz zum baulichen brandschutz vom 16. februar 2009 weist an keiner stelle auf die beabsichtigte nutzung hin, sondern stellt lediglich fest, dass in der wohneinheit im ersten und zweiten obergeschoss sechs nutzer vorgesehen seien. die verwaltungsvorgänge der heimaufsicht der beklagten lassen ebenfalls nicht den schluss zu, dass die bauaufsicht in die planung der „wohngemeinschaft“ in dem gebäude b. c.------straße 195 eingebunden wurde. die in der mündlichen verhandlung vertretene ansicht der klägerin, das konzept sei an verschiedene abteilungen der beklagten weitergeleitet worden, so dass sie darauf habe vertrauen dürfen, dass auch die bauaufsicht kenntnis von der beabsichtigten nutzung hätte haben müssen, führt zu keinem anderem ergebnis. zwar geht aus dem verwaltungsvorgang der heimaufsicht der beklagten hervor, dass das konzept verteilt wurde und unter anderem auch das rechtsamt der beklagten in die diskussion eingeschaltet wurde. dass jedoch konkret auch die bauaufsicht einbezogen wurde, geht aus dem verwaltungsvorgang nicht hervor. die kenntnis einzelner fachabteilungen der beklagten führt schließlich auch nicht zu einer gegenseitigen zurechnung der kenntnis unter allen abteilungen der beklagten. es obliegt vielmehr dem jeweiligen antragsteller die zuständige fachabteilung über alle für den antrag wesentlichen tatsachen in kenntnis zu setzen. 81die androhung eines zwangsgeldes in höhe von 20.000,00 € ist gemäß §§ 57 abs. 1 nr. 2, 60 abs. 1, 63 verwaltungsvollstreckungsgesetz für das land nordrhein-westfalen (vwvg nrw) rechtmäßig und insbesondere auch hinsichtlich der höhe angemessen. insofern konnte der vertreter der beklagten im rahmen der mündlichen verhandlung plausibel erläutern, dass sich die höhe des angedrohten zwangsgeldes aus dem besonders erhöhten gefahrpotential, welches der holzkonstruktion der offenen treppenanlage innewohnt, rechtfertigt. 82die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 83die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung. | Verklagte*r | 0 |
338,436 | 1 K 5973/20 | 2021-05-21T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. 2. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, zu behaupten, behaupten zu lassen, zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen, dass die Lektüre der „K. G. “ als Warnsignal für eine rechtsextreme Gesinnung gewertet werden könne. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsanordnung wird dem Beklagten ein Ordnungsgeld von 10.000,00 Euro angedroht. 3. Der Beklagte wird verurteilt, den Extremismusbeauftragten der Polizeibehörden des Landes O. -X. binnen 4 Wochen nach Rechtskraft des Urteils mitzuteilen, dass seine Aussage in seiner Rede am 25. Mai 2020 im Rahmen der Auftaktveranstaltung der Extremismusbeauftragten der Polizeibehörden des Landes O. -X. , die Lektüre der „K. G. “ könne als Warnsignal für eine rechtsextreme Gesinnung gewertet werden, rechtswidrig war. 4. Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte zu 90 % und die Klägerin zu 10 %. 5. Das Urteil ist für die Klägerin – mit Ausnahme des Ausspruchs zu 3. – gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung seitens des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin verlegt die überregionale deutsche Wochenzeitung „K1. G. “ und wendet sich gegen eine Äußerung des Ministers des Inneren des Landes O. -X. (Innenminister) betreffend dieses Druckerzeugnis. 3Mitte Februar 2020 wurde der Fall eines Verwaltungsbeamten des Polizeipräsidiums I. bekannt, der wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer rechtsterroristischen Vereinigung in Haft genommen wurde. Am 10. März 2020 berichtete die Zeitung „E1. X1.“ in ihrer Online-Ausgabe wie folgt über die Beteiligung des Verwaltungsmitarbeiters der Polizei, U. X2. ., in I. an der mutmaßlichen rechtsextremistischen Terrorzelle: 4„Als die Sicherheitsbehörden nach Hinweisen eines Zeugen und verdeckter Überwachung Mitte Februar die Zelle zerschlagen und die deutschen Tatverdächtigen in Untersuchungshaft genommen hatten, offenbarte sich: Einzelne von ihnen hatten ihre extreme, staatsfeindliche Haltung schon lange offen gezeigt. 5Besonders eklatant ist dies beim ebenfalls inhaftierten U. X2. Der 50-Jährige gilt als einer der Unterstützer der mutmaßlichen rechtsterroristischen Vereinigung und soll einige Tausend Euro bereitgestellt haben. Er war lange als Verwaltungsmitarbeiter beim Polizeipräsidium I. in O. -X. tätig und ist nun suspendiert. Ausgerechnet dort, wo man von Berufs wegen besonders sensibel sein sollte, wurden Hinweise intern offenbar nicht ernst genug genommen. Innenminister I1. S. (D. ) spricht von „Warnsignalen, die lange Zeit nicht ernsthaft genug gewürdigt wurden“. Es sei „nicht nachvollziehbar, dass über sehr, sehr viele Jahre hinweg Anzeichen für die rechtsextreme Gesinnung eines Verwaltungsangestellten unserer Polizei vorhanden waren und diese auch den diversen Vorgesetzten und Kollegen bekannt waren. Trotzdem wurde nicht konsequent eingeschritten“, kritisierte S. vergangene Woche im Innenausschuss des Landtags O1. .[…]Nach bisherigen Erkenntnissen bekam X2. bereits vor zehn Jahren eine interne „Ansprache“, weil er im Dienst die umstrittene Zeitung „K1. G. “ gelesen hatte, die unter Politikwissenschaftlern als Organ der Neuen Rechten gilt.“ 6Das Ministerium des Innern des Landes O. -X. (Innenministerium) forderte die Polizeibehörden unter anderem vor diesem Hintergrund auf, zentrale Extremismusbeauftragte zu benennen. 7Am 25. Mai 2020 fand die Auftaktveranstaltung zur Einführung der Extremismusbeauftragten beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei in O. -X. (LAFP) statt. An der Auftaktveranstaltung nahmen etwa 50 ernannte Extremismusbeauftragte des Landes O. -X. sowie angemeldete Pressevertreter teil, unter anderem ein Journalist der Zeitung „E1. X1“. Im Rahmen dieser Veranstaltung hielten der Innenminister, der Direktor des LAFP sowie ein Politikwissenschaftler der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung O. -X. eine Rede. Der Innenminister nahm in seiner Rede Bezug auf den Vorfall beim Polizeipräsidium in I. . 8In dem übersandten Redemanuskript heißt es: 9„Als ich von den Festnahmen erfahren habe und mir auch mitgeteilt wurde, dass ein Verwaltungsbeamter der Polizei unter den Tatverdächtigen ist, wollte ich natürlich wissen, ob es hier bereits im Vorfeld Anzeichen gegeben haben könnte, die auf eine derartige Gesinnung hindeuten könnten. Und wenn ja: wieso hat solange niemand etwas mitbekommen? Bei der Prüfung dieser Frage ist mir aufgefallen, dass ich nicht verstehen kann und will: Das Warnsignalen, die es gab, nicht nachgegangen und diese auch lange Zeit nicht ernsthaft genug gewürdigt wurden. Das hat das Polizeipräsidium I. ja schon selbstkritisch festgestellt. 10Es ging schon vor rund 10 Jahren los, als der beschuldigte Verwaltungsbeamte dem Polizeipräsidenten auffiel, weil er im Dienst die „K1. G. “ gelesen hat.“ 11In dem Redemanuskript werden sodann weitere Umstände betreffend den festgenommenen Beamten dargestellt, etwa, dass auf dem Balkon des Beamten eine Reichskriegsflagge gestanden habe. 12Am 2. Juni 2020 erschien in der Online-Ausgabe der Zeitung „E1. X1.“ ein Artikel mit der Überschrift „Der schwierige Unterschied zwischen rechts und rechtsextrem“, in dem über die Auftaktveranstaltung berichtet und die Rede des Innenministers zum Teil in Zitatform wiedergegeben wurde. In dem Artikel wird ausgeführt: 13„Wie schwierig es sein kann, zwischen gerade noch zu tolerierenden und intolerablen Positionen zu unterscheiden, bewies S. auf der Konferenz. Da erzählte er, dass der extremistische Polizeimitarbeiter aus I. die Zeitung „K1. G. („K2. “) gelesen habe. Das hätte einen stutzig machen können, so S. . Es sei zwar „nicht verboten, ‚K2. ‘ zu lesen, aber die ‚K2. ‘ auf dem Tisch zu haben – das ist nicht so ganz normal“. Nun werden der „K2. “ verschiedene Etiketten aufgeklebt, von rechtspopulistisch (so sagen viele Experten) bis zu „rechtskonservativ“ (wie sie selbst meint). Nur eines ist laut Bundesverfassungsgerichtsurteil von 2005 unzulässig: die „K2. “ wegen vermeintlich rechtsextremer Ausrichtung vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Der Verfassungsschutz in O1. stellte deshalb schon 2004, als sich das BVG-Urteil abzeichnete, seine Beobachtung der „K2. “ ein. Darf dann aber der O1. -Polizeiminister vorgeben, die „K2. “-Lektüre deute auf eine rechtsextreme Gesinnung hin? 14Nach S. trat bei der Konferenz unter anderen der Politikwissenschaftler U1. H. von der Hochschule für Polizei und Verwaltung ans Pult. Er nutzte die Gelegenheit für eine Mahnung: Die Beauftragten müssten den „Extremismus vom Radikalismus absetzen“. Die Verfassung erlaube es, „radikale Positionen“ zu vertreten, diese gehörten „zu unserer Demokratie“. Gegenüber dieser Zeitung sagte der LAFP-Direktor G. , die „K2. “ werde nicht vom Verfassungsschutz beobachtet. 15Grundsätzlich sollten den Beauftragten auch keine „statischen Kriterien“ für das Vorliegen extremer Gesinnung an die Hand gegeben werden, sondern eher eine Liste mit „möglichen Indizien“. So könne im Zusammenspiel mit anderen Indizien theoretisch auch die Mitgliedschaft in der B. ein potenzielles Indiz darstellen. Aber auch hier gelte: Die B. -Mitgliedschaft allein sei „kein Grund, aus dem Staatsdienst entlassen zu werden. Da ist die Rechtsprechung eindeutig.“ 16In einem Erlass des Innenministeriums an die Polizeibehörden des Landes O. -X. vom 16. Juni 2020 wurden die Aufgaben der Extremismusbeauftragten näher beschrieben. Dort wurde etwa ausgeführt, dass die Pflicht zur Verfassungstreue von Polizeibeamten unter anderem in § 33 BeamtStG ausdrücklich normiert sei. Hinweisen und Anzeichen auf extremistische Handlungen, Einstellungen, Duldungen oder auf Zugehörigkeit zu extremen Netzwerken und/oder Gruppen sei daher niederschwellig, unverzüglich und konsequent nachzugehen. Dies sei vorrangig Führungsaufgabe. Die zentralen Extremismusbeauftragten seien unabhängig vom Dienstweg unmittelbare Ansprechpartner für Hinweise, die Rückschlüsse auf eine extreme Handlung, Tolerierung, Einstellung oder Zugehörigkeit zu extremen Netzwerken möglich erscheinen lassen. Dazu komme ihnen ein unmittelbares Vortragsrecht bei der Behördenleitung zu. 17Mit Schreiben vom 23. Juni 2020 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie von Lesern ihrer Zeitung auf den Artikel in der Online-Ausgabe der Zeitung „E1. X1.“ aufmerksam gemacht worden sei. Da der Artikel bereits mehr als zwei Wochen online stehe, ohne dass er von Seiten des Beklagten berichtigt worden sei, gehe sie davon aus, dass die Äußerung die „K1. G. “ betreffend, wie in dem Artikel wiedergegeben, getroffen worden sei. Mit dieser Aussage sei die Lektüre der „K. G. “ als Indiz für eine extremistische politische Einstellung bewertet worden. Die Äußerung enthalte implizit die an alle gerichtete Warnung, die Lektüre der „K. G. “ zu unterlassen. Dies bedeute einen zielgerichteten und schwerwiegenden Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Nach ihren Mediadaten bestehe die Leserschaft der „K. G. “ zu 19,2 % aus Beamten im gehobenen und höheren Dienst. Außerdem verletze die Äußerung sie in ihrem Grundrecht auf Pressefreiheit. Vor diesem Hintergrund forderte sie den Innenminister zur Unterlassung dieser Äußerung und deren Richtigstellung gegenüber den Extremismusbeauftragten auf. Die Klägerin setzte in dem Schreiben, welches sie sowohl per E-Mail an Q. @N. .O1..de als auch postalisch an den Innenminister versandte, eine Frist bis 3. Juli 2020 zur Rücksendung der beigefügten strafbewehrten Unterlassungserklärung. 18Die Klägerin hat am 7. Oktober 2020 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass die Extremismusbeauftragten die Äußerung des Innenministers derart auffassen könnten, dass derjenige Beamte, der die „K1. G. “ lese, sich nicht entsprechend § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verhalte. Denn danach müssten die Beamten sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten. Zu dem „gesamten Verhalten“ im Sinne der Norm gehöre auch die Nutzung von Publikationen. Wenn der Beklagte der „K. G. “ die Normalität abspreche, dann sei deren Lektüre durch Beamte ein Indiz dafür, dass diese sich nicht zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten würden. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass nach dem Erlass vom 16. Juni 2020 verlangt werde, Hinweisen und Anzeichen für extremistische Einstellungen auch auf niederschwelliger Basis nachzugehen und Entsprechendes unverzüglich zu melden, könne der betreffende Beamte bereits durch die Lektüre der „K. G. “ bzw. die Nutzung ihres publizistischen Angebots bestehend aus Wochenzeitung, Online-Präsenz und Z. -Account in den Verdacht geraten, gegen seine Pflichten aus § 33 BeamtStG zu verstoßen. Der Beklagte habe eindeutig amtsbezogen eine bestimmte Publikation definiert, die seiner Meinung nach aus dem Bereich der Normalität herausfalle. Aus diesem Grund müssten beamtete Leser der „K. G. “ auch die Einleitung eines Disziplinarverfahrens nach § 17 LDG NRW befürchten. Die Auswirkung der Äußerung werde auch anhand eines bei ihr eingegangenen Leserbriefes deutlich. Im Juni 2020 sei bei ihr die Zuschrift eines Probeabonnenten eingegangen, der auf den Artikel in der Online-Ausgabe der „X3.“ Bezug genommen und geltend gemacht habe, dass er zwar kein Polizist, aber nordrhein-westfälischer Verwaltungsbeamter sei und sich daher von der vom Innenminister in dem Artikel wiedergegebenen Äußerung betroffen fühle. Es stelle sich nach dieser Äußerung die Frage, ob man sich als Beamter das Risiko eines Abonnements erlauben dürfe, da das Lesen der „K. G. “ nach der Rede des Innenministers ein Indiz für eine verfassungsfeindliche Gesinnung darstelle. Der Einsender des Briefes wolle anonym bleiben, weil er andernfalls dienstliche Nachteile befürchte. Es liege auch die Gefahr der Wiederholung der streitgegenständlichen Äußerung vor. Eine Wiederholungsgefahr werde bereits durch die Erstbegehung indiziert. Der Beklagte habe ferner auf die ihm gesetzte Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung nicht reagiert. Es bestehe daher jederzeit die Gefahr, dass der Innenminister das Thema „Rechtsextremismus in der Polizei“ missbräuchlich für eigene Zwecke skandalisieren und eine vergleichbare Äußerung erneut treffen werde. Zudem begehre sie so gestellt zu werden, wie sie stünde, wenn die angegriffene Behauptung von vornherein unterlassen worden wäre. Die Äußerung sei als Schmähkritik und Boykottaufruf zu werten, der sich zielgerichtet gegen ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb richte. Wenn die Berichterstattung der „X3.“ vom 10. März 2020 zutreffe und bereits vor zehn Jahren ein Beamter eine Ansprache wegen der Lektüre der „K. G. “ erhalten habe, existiere eine langjährige geübte Praxis, ihre Wochenzeitung im Polizeiapparat des Landes O. -X. zu stigmatisieren. 19Die Klägerin hat zunächst beantragt, 201.21den Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, zu behaupten, behaupten zu lassen, zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen, „die K1. auf dem Tisch zu haben – das ist nicht so ganz normal“; 2.22den Beklagten zu verurteilen, die Extremismusbeauftragten für Polizeibehörden in O. -X. in der Weise zu instruieren, dass die Lektüre ihrer Presseerzeugnisse, insbesondere der Wochenzeitung „K1. G. “, nicht gegen § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verstößt; 3.23den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.044,40 Euro nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 24Die Klägerin hat den Antrag zu 3. in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen und beantragt nunmehr, 251.26den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, zu behaupten, behaupten zu lassen, zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen, dass die Lektüre der „K. G. “ als Warnsignal für eine rechtsextreme Gesinnung gewertet werden könne, und dem Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsanordnung ein Ordnungsgeld bis zu 50.000,00 Euro anzudrohen, 27hilfsweise, 28den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, zu behaupten, behaupten zu lassen, zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen, „die K1. auf den Tisch zu haben – das ist nicht so ganz normal“, und den Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsanordnung ein Ordnungsgeld bis zu 50.000,00 Euro anzudrohen; 292.30den Beklagten zu verurteilen, den Extremismusbeauftragten für Polizeibehörden in O. -X. binnen 4 Wochen nach Rechtskraft des Urteils mitzuteilen, dass seine Aussage, die Lektüre der „K. G. “ könne als Warnsignal für eine rechtsextreme Gesinnung gewertet werden, in dieser Form rechtswidrig war, 31hilfsweise, 32den Beklagten zu verurteilen, den Extremismusbeauftragten für Polizeibehörden in O. -X. binnen 4 Wochen nach Rechtskraft des Urteils mitzuteilen, dass seine Aussage, „die K1. auf dem Tisch zu haben – das ist nicht so ganz normal“, rechtswidrig war. 33Der Beklagte beantragt, 34die Klage abzuweisen. 35Er trägt vor, dass die Hauptanträge der Klägerin unzulässig seien, weil diese nicht die konkrete Verletzungshandlung bezeichneten, sondern auf einen fehlinterpretierten Sinngehalt der Äußerung abstellen würden. Der genaue Wortlaut der streitgegenständlichen Äußerung sei zwar unklar, es werde hingegen nicht bestritten, dass eine Aussage, wie in dem Bericht der „X3.“ wiedergegeben, gefallen sei. Allerdings ergebe sich sowohl aus dem Bericht der „X3.“ als auch der im Redemanuskript enthaltenen Aussage, dass die Äußerung des Innenministers unabhängig von ihrem genauen Wortlaut nicht isoliert erfolgt, sondern in einem größeren Kontext eingebunden gewesen sei. Der Innenminister habe nicht primär über die „K1. G. “ gesprochen, sondern diese bei Schilderung des Falles des Verwaltungsbeamten des Polizeipräsidiums I. nur am Rande erwähnt. In diesem einzelfallbezogenen Zusammenhang habe der Innenminister ausweislich des Redemanuskripts verschiedene, diesen Beamten betreffende Vorfälle aufgezählt. Nach Anlass und Inhalt der Rede – und damit nach dem für die Auslegung der etwaigen Äußerung maßgeblichen Kontext – sei es darum gegangen, die gerade erst ernannten Extremismusbeauftragten auf die Bedeutung und Schwierigkeiten ihres neuen Amtes hinzuweisen. Demgegenüber sei der Äußerung nicht die Aussage zu entnehmen, jemand, der die „K1. G. “ im Dienst lese, stehe unter Extremismusverdacht. Vielmehr habe der Innenminister deutlich gemacht, dass im Fall des betreffenden Verwaltungsbeamten „über sehr viele Jahre hinweg“ eine Reihe von Anzeichen für eine extremistische Gesinnung vorgelegen hätten, ohne dass auf diese Ansammlung von Indizien adäquat reagiert worden sei. Ein Eingriff in die Pressefreiheit der Klägerin liege daher nicht vor. Es fehle an einer Beeinträchtigung von Herstellung und Vertrieb der „K. G. “. Repressalien hätten weder die Journalisten noch die Leser zu befürchten. Die fragliche Äußerung sei auch nicht geeignet, Beamte von der Lektüre der „K. G. “ abzuhalten, zumal sie keine dienstrechtlichen Bezüge aufweise. Der Innenminister habe sich weder unmittelbar zu Fragen des Beamtenrechts geäußert noch könne der fraglichen Äußerung mittelbar eine dienstrechtliche Sinnebene beigemessen werden. Hinzutrete, dass die Extremismusbeauftragten, an die sich die fragliche Äußerung gerichtet habe, ohnehin keine dienstrechtlichen Befugnisse hätten. Die Klägerin habe durch die fragliche Äußerung – beziehungsweise deren Verbreitung durch die „X3. “ – auch keine Einbußen oder Einschränkungen erlitten. Die Klägerin beziehe sich ausschließlich auf ein angebliches, anonymisiertes Schreiben eines Probeabonnenten, der von dem Sachverhalt – selbst wenn die Äußerung wie behauptet gefallen wäre – nicht betroffen sei, weil er, wie er selbst angegeben habe, nicht dem Innenminister unterstellt, insbesondere kein Polizeibeamter sei. Die streitgegenständliche Aussage betreffe hingegen wenn überhaupt nur Polizeibeamte, denen gerade im Rahmen der Extremismusbekämpfung besondere Bedeutung zukomme. Irgendwie geartete Hinweise auf reale Beeinträchtigungen, wie weitere kritische Zuschriften, Kündigungen von Abonnements, Anzeigenrückgänge oder Verkaufseinbrüche habe die Klägerin auch im Übrigen nicht dargelegt. Zudem sei die Auffassung der Klägerin abwegig, in die Äußerung hineinlesen zu wollen, aus einem Verhalten, das „nicht so ganz normal“ sei, könne auf ein fehlendes Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung geschlossen werden. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass in dem Artikel der „X3.“ auch die von Herrn G. vorgenommene Klarstellung wiedergegeben worden sei, die „K1. G. “ werde nicht vom Verfassungsschutz beobachtet. Bei der Frage, ob durch die streitgegenständliche Äußerung ein Eingriff in die Pressefreiheit der Klägerin vorliege, sei zudem die Selbst- und Fremdwahrnehmung der Klägerin zu beachten. Die Klägerin sehe sich selbst als eine außergewöhnliche, also außerhalb des Gewöhnlichen liegende, mithin gerade nicht „normale“ Zeitung an. Dies ergebe sich bereits aus ihrem offiziellen Leitbild. Dort habe die Klägerin als Teil ihres „Auftrags“ die „Wahrnehmung einer Korrekturfunktion marktbeherrschender Medien“ formuliert. Die Klägerin sehe sich – in Abgrenzung zu gewöhnlichen Zeitungen – als politisch klar positionierte Zeitung am rechten Rand des politischen Spektrums mit der Vision der „Regeneration deutscher Identität und Deutschland als selbstbewußte Nation“ und den Werten „Nation“, „Freiheitlichkeit“, „Konservatismus“ und „Christentum“. In die bewusste Positionierung als besondere Zeitung passe, dass die Klägerin in ihrer Vision von Deutschland als „selbstbewußte“ Nation spreche: Die Klägerin verwende auch nach der Rechtschreibreform von 1996 die unreformierte Schreibung – ein (weiteres) Alleinstellungsmerkmal auf dem Zeitungsmarkt, das die Klägerin auch offensiv betone. Diese Selbstwahrnehmung der Klägerin als durchaus außergewöhnliche (sprich: „nicht so ganz normale“) Zeitung decke sich mit der Einschätzung führender Politikwissenschaftler. Diese seien zu der Einschätzung gekommen, dass die Klägerin am äußersten rechten Rand des politischen Spektrums zu verorten sei. Insoweit nimmt der Beklagte Bezug auf Äußerungen bzw. Veröffentlichungen von den Politikwissenschaftlern Prof. Dr. H1. C. , Prof. Dr. B. Q1. -U2. und Prof. Dr. T. T1. . Letztlich wäre eine etwaige Beeinträchtigung der Rechte der Klägerin aufgrund der streitgegenständlichen Äußerung allerdings auch gerechtfertigt. Insoweit sei zu beachten, dass bei der fraglichen Rede zwar Pressevertreter anwesend gewesen seien, es sich hingegen um eine geschlossene Veranstaltung gehandelt habe und sich die Worte des Ministers an die Extremismusbeauftragten gerichtet hätten und nicht an die breite Öffentlichkeit. Vor diesem Hintergrund könne bereits in Zweifel gezogen werden, ob die fragliche Äußerung überhaupt an den Maßstäben für staatliches Informationshandeln zu messen sei oder nicht vielmehr ein inhaltlich weiterer Maßstab gelte. Dies könne jedoch dahinstehen, da die Äußerung auch den Maßstäben für staatliches Informationshandeln genüge. Insbesondere werde durch die Äußerung das Sachlichkeitsgebot gewahrt. In tatsächlicher Hinsicht enthalte sie die zutreffende und die Klägerin zudem entlastende Mitteilung, dass es nicht verboten sei, die „K1. G. “ zu lesen. Auch in ihrem wertenden Teil gebe die fragliche Äußerung keinen Anlass zur Beanstandung. Sie beruhe insbesondere auf einem vertretbar gewürdigten Tatsachenkern und überschreite nicht den sachlich gebotenen Rahmen. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass in dem Fall des Beamten aus I. dieser tatsächlich die „K1. G. “ im Dienst gelesen habe und bei ihm – in Kombination mit den weiteren Indizien – Anhaltspunkte für eine rechtsextreme Gesinnung bestanden hätten. Zum anderen beruhe auch eine etwaige Einordnung der „K. G. “ als rechte Publikation auf einem sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern. Diese Einordnung könne sich sowohl auf die Selbstdarstellung und -beschreibung des Verlages stützen als auch auf die Fremdwahrnehmung durch Politikwissenschaftler. Es fehle für den geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch ferner an einer Wiederholungsgefahr. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die fragliche Äußerung ersichtlich situations- und anlassbezogen im Rahmen einer Auftaktveranstaltung zur Einführung der Extremismusbeauftragten der nordrhein-westfälischen Polizei erfolgt sei. Mittlerweile hätten die Extremismusbeauftragten ihre Tätigkeit längst aufgenommen, sodass auch insoweit kein Anlass bestehe, die fragliche Äußerung zu wiederholen. Gegen eine Wiederholungsgefahr spreche darüber hinaus, dass die fragliche Äußerung bereits viele Monate zurückliege, ohne dass es zu ihrer Wiederholung gekommen sei. Schließlich könne auch aus der unterbliebenen Reaktion auf das Schreiben vom 23. Juni 2020 nichts hergeleitet werden, auch wenn nunmehr nach umfassender Recherche ausschließlich der Eingang per E-Mail habe festgestellt werden können. Der Antrag zu 2. könne danach mangels Fortbestehens eines rechtswidrigen Zustandes keinen Erfolg haben. Zudem könne die Klägerin nicht die Beseitigung einer Aussage begehren, die der Innenminister nicht getroffen habe. Weder dem maßgeblichen Passus in dem Redemanuskript noch der in der „X3.“ wiedergegebenen Äußerung des Innenminister sei die Aussage zu entnehmen, dass alleine die Lektüre der „K. G. “ ein Warnsignal für eine rechtsextreme Gesinnung darstelle. Eine Äußerung, die gar nicht getätigt worden sei, könne auch kein Rechtsschutzbedürfnis für eine darauf bezogene Klarstellung begründen. 36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. 37Entscheidungsgründe: 38Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, war das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO). 39Im Übrigen kann offen bleiben, ob es sich bei den von der Klägerin vorgenommenen Umstellungen ihrer Klageanträge lediglich um Konkretisierungen ihres Begehrens oder Klageänderungen nach § 91 Abs. 1 VwGO handelt, da die Änderungen, auf die sich der Beklagte zudem in der Sache eingelassen hat, jedenfalls sachdienlich sind. Die Umstellung der Anträge dient der endgültigen Ausräumung des sachlichen Streitstoffes zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren und der Streitstoff bleibt im Wesentlichen derselbe. 40Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. August 2005 – 4 C 13.04 –, juris, Rn. 22. 41Die Klägerin hat mit ihren Hauptanträgen Erfolg. 42Die Klage ist zulässig. 43Für das auf Unterlassung und Widerruf behördlicher Äußerungen gerichtete Begehren der Klägerin ist der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Es handelt sich um öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art, die auch keinem anderen Gericht zugewiesen sind. Maßgebend für die Abgrenzung zwischen dem ordentlichen und dem Verwaltungsrechtsweg ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird. Soweit es um Äußerungen eines Amtsträgers geht, ist das Rechtsverhältnis öffentlich-rechtlicher Natur, wenn die beanstandeten Äußerungen bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben gestützt auf vorhandene oder vermeintliche öffentlich-rechtliche Befugnisse gegenüber einem außerhalb der Verwaltung stehenden Bürger abgegeben werden, d.h. wenn es sich um dienstliche Äußerungen handelt, die im hoheitlichen Bereich gefallen sind. Dagegen ist der ordentliche Rechtsweg gegeben, wenn die Äußerungen nicht in amtlicher Eigenschaft, sondern nur gelegentlich einer nach öffentlichem Recht zu beurteilenden Tätigkeit gemacht werden und allein Ausdruck einer persönlichen Meinung oder Einstellung und damit durch Beziehungen bürgerlich-rechtlicher Gleichordnung geprägt sind. 44Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. Mai 2020 – OVG 10 L 49.17 –, juris, Rn. 10; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. Dezember 2001 – 1 S 2410/01 –, juris, Rn. 3; VG Aachen, Beschluss vom 10. Januar 2017 – 4 L 968/16 –, juris, Rn. 8. 45Die angegriffene Aussage ist danach dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Der Innenminister hat sich über die Zeitung der Klägerin in amtlicher Funktion auf der Auftaktveranstaltung der Extremismusbeauftragten der Polizei öffentlich geäußert. Daran ändert auch das Vorbringen des Beklagten nichts, dass es sich um eine geschlossene Veranstaltung nur für geladene Gäste gehandelt habe. Denn die betreffende Äußerung des Innenministers ist nicht nur bei Gelegenheit im Rahmen der Auftaktveranstaltung gefallen, sondern war gerade Teil der in Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben auch vor Vertretern der Presse gehaltenen Rede. 46Geeignete Klageart für die Geltendmachung des klägerischen Unterlassungs- und Widerrufsanspruchs ist die auf Unterlassung und Folgenbeseitigung gerichtete allgemeine Leistungsklage. Eine Klagefrist besteht hierfür nicht, jedoch ist in analoger Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO erforderlich, dass die Klägerin geltend machen kann, möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein. Zur Geltendmachung ist es in tatsächlicher Hinsicht erforderlich, aber auch ausreichend, dass sie Tatsachen vorträgt, die eine Verletzung rechtlich geschützter Positionen denkbar und möglich erscheinen lassen. 47Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2019 – 6 C 1/18 –, juris, Rn. 14. 48Diese Anforderung hat die Klägerin erfüllt. 49Durch die Aussage des Innenministers erscheint eine Verletzung der Klägerin in ihrer Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG jedenfalls möglich, sodass ein Anspruch auf Unterlassung und Folgenbeseitigung in Betracht kommt. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin nicht die Unterlassung bzw. Folgenbeseitigung der konkret getätigten Äußerung begehrt, sondern ihrem Begehren den von ihr ermittelten Aussagekern der möglichen Äußerungen zugrunde legt. Denn es erscheint, was jedenfalls für die Frage der Zulässigkeit der Klage ausreicht, nicht ausgeschlossen, dass die Aussage nach dem Redemanuskript und die in der Online-Ausgabe der „X3.“ wiedergegebene Äußerung den in den Anträgen genannten Aussagekern enthalten und dieser die Klägerin möglicherweise in ihrem Recht auf Pressefreiheit verletzt. Ein Abstellen auf den Aussagekern ist zudem auch unter Beachtung der sogenannten „Kerntheorie“ möglich und sachgerecht. Danach ist der Schutzumfang eines Unterlassungsgebots nicht nur auf die Äußerungen begrenzt, die mit der getätigten Form identisch sind, sondern umfasst auch inhaltlich gleichwertige Äußerungen, die den untersagten Äußerungskern - ungeachtet von etwaigen Abweichungen im Einzelnen - unberührt lassen. Dies dient der effektiven Durchsetzung von auf Unterlassung von Äußerungen gerichteten Ansprüchen, die wesentlich erschwert wäre, falls eine Verletzung von Unterlassungstiteln nur in den Fällen anzunehmen wäre, in denen eine beanstandete Äußerung dem Wortlaut des untersagten Titels genau entspräche. 50Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Juni 2020 – OVG 1 S 56/20 –, juris, Rn. 26, mit Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2006 – 1 BvR 1200/04 –, juris, Rn. 20. 51Dementsprechend hat auch das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass es den Beteiligten unter Anwendung der Kerntheorie möglich ist, im gerichtlichen Verfahren auf eine sachgerechte Formulierung des Titels hinzuwirken und so etwaigen fehlerhaften und ausufernden Deutungen des den konkreten Wortlaut der angegriffenen Aussage wiedergebenden Entscheidungstenors vorzubeugen. 52Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 4. Dezember 2006 – 1 BvR 1200/04 –, juris, Rn. 20 f. 53Vor diesem Hintergrund kann sowohl ein Anspruch auf Unterlassung als auch Beseitigung der durch den Kern einer Aussage verursachten und fortbestehenden Folgen gerichtlich geltend gemacht werden. 54Schließlich liegt auch ein für den Klageantrag zu 1. erforderliches besonderes Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin vor. Wird mit einer Klage die Unterlassung künftiger Äußerungen begehrt, muss ein besonderes, gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzbedürfnis vorliegen. Ein solches besteht, wenn dem Kläger – wie hier – nicht zugemutet werden kann, zunächst die Wiederholung der umstrittenen Äußerungen abzuwarten und erst dann dagegen vorzugehen. 55Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1989 – 7 C 2.87 –, juris, Rn. 46; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. Januar 2004 – 6 A 11743/03 –, juris, Rn. 7; VG Mainz, Urteil vom 11. Januar 2018 – 1 K 577/17.MZ –, juris, Rn. 51. 56Das schutzwürdige Interesse an der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes bezüglich der Unterlassungsklage entfällt nur dann, wenn eine Wiederholung der streitgegenständlichen Äußerungen eindeutig und von vornherein ausgeschlossen werden kann. 57Vgl. VG Regensburg, Urteil vom 10. Dezember 2009 – RO 3 K 08.1832 –, juris, Rn. 41. 58Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn der Beklagte hat sich im Klageverfahren nicht von der streitgegenständlichen Aussage inhaltlich distanziert, sondern vielmehr umfassend argumentiert, dass diese keinen Eingriff in die Rechte der Klägerin darstelle und auf einem zutreffenden Tatsachenkern beruhe. Ferner ist das Thema der Bekämpfung von Extremismus in der Polizei weiterhin aktuell, sodass weitere diesbezügliche Äußerungen auch unter Bezugnahme auf die in der Vergangenheit bekannt gewordenen Fälle wie dem im Polizeipräsidium I. nicht unwahrscheinlich sind. 59Die Klage ist sowohl im Hinblick auf den geltend gemachten Unterlassungs- (1.) als auch Folgenbeseitigungsanspruch (2.) begründet. 601. 61Die Klägerin hat nach dem maßgeblichen Sach- und Streitstand der mündlichen Verhandlung Anspruch darauf, dass der Beklagte zukünftig die Aussage, die Lektüre der „K. G. “ könne als Warnsignal für eine rechtsextreme Gesinnung gewertet werden, unterlässt. 62Rechtsgrundlage des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs ist der gewohnheitsrechtlich anerkannte öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch, welcher entweder aus einer analogen Anwendung des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB folgt, 63vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Mai 1979 – X 639/78 –, juris, Rn. 27; VGH Hessen, Urteil vom 20. Oktober 1987 – 9 OE 24/83 –, DÖV 1988, 468, 64oder unmittelbar aus der Abwehrfunktion der Grundrechte. 65Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Mai 2008 – 6 C 13/07 –, juris, Rn. 13; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 25. Januar 2008 – 2 M 43/07 –, juris, Rn. 9 f.; VG Hannover, Beschluss vom 22. Februar 2019 – 6 B 5193/18 –, juris, Rn. 108. 66Der öffentlich-rechtliche Anspruch auf zukünftige Unterlassung einer getätigten Äußerung setzt ungeachtet seiner Herleitung voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen oder sonstige subjektive Rechte des Betroffenen erfolgt ist und die konkrete Gefahr der Wiederholung droht. 67Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. November 2010 – 7 B 54/10 –, juris, Rn. 14. 68Diese Voraussetzungen sind erfüllt. 69Die angegriffene Aussage stellt zunächst einen Eingriff in den Schutzbereich der grundrechtlich verbürgten Pressefreiheit der Klägerin aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG dar. 70Der persönliche Schutzbereich ist eröffnet. Die Klägerin, die als Verlegerin der Zeitschrift „Junge G. “ unter der Rechtsform der GmbH & Co. KG firmiert ist, ist eine juristische Person des Privatrechts und als solche gemäß Art. 19 Abs. 3 GG durch das Grundrecht auf Pressefreiheit, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, geschützt. 71Auch liegt ein (mittelbarer) Eingriff in die Pressefreiheit vor. 72Die Pressefreiheit ist grundrechtlich im Hinblick darauf besonders geschützt, dass eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte Presse ein Wesenselement des freiheitlichen Staates und für die Demokratie unentbehrlich ist. Die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gesicherte Eigenständigkeit der Presse reicht von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen. Die Pressefreiheit schützt die Grundrechtsträger daher vor Einflussnahmen des Staates auf die mit Hilfe der Presse verbreiteten Informationen, insbesondere vor negativen oder positiven Sanktionen, die an Inhalt und Gestaltung des Presseerzeugnisses anknüpfen. Der Schutz vor inhaltsbezogenen Einwirkungen betrifft auch mittelbare Eingriffe, wenn sie in der Zielsetzung und ihren Wirkungen zielgerichteten Eingriffen gleich kommen. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährt den Trägern der Pressefreiheit ein subjektives Abwehrrecht auch gegen Beeinträchtigungen, die mittelbar über eine Einflussnahme des Staates auf Dritte eintreten, etwa dadurch, dass das Verhalten dieser Dritten die publizistischen Wirkungsmöglichkeiten oder die finanziellen Erträge des Presseorgans in einer Weise nachteilig beeinflusst, die einem Eingriff gleichkommt. 73Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 – 1 BvR 1072/01 –, juris, Rn. 51 f. 74Nach den dargestellten Maßstäben stellt die Aussage, dass die Lektüre der „K. G. “ als Warnsignal für eine rechtsextreme Gesinnung gewertet werden könne, einen Eingriff in den Schutzbereich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Diesen Aussagekern beinhalten beide möglichen Äußerungen des Innenministers, sodass es keiner weiteren Ermittlungen hinsichtlich des konkreten Wortlauts bedurfte. 75Ausweislich des übersandten Redemanuskripts war eine Äußerung über die „K1. G. “ im Zusammenhang mit dem unter Verdacht der Unterstützung einer rechtsextremen Vereinigung stehenden Verwaltungsmitarbeiter des Polizeipräsidiums I. beabsichtigt. Insoweit enthält das Redemanuskript die einleitenden Worte, dass Warnsignale für die rechtsextreme Gesinnung des Beamten bestanden hätten und diese lange Zeit nicht ernsthaft genug gewürdigt worden seien. Als erstes Beispiel nennt der Innenminister die Lektüre der „K. G. “ und sodann folgen weitere bekannt gewordene, den beschuldigten Beamten betreffende Vorkommnisse. Es wird durch die Einleitung und den Kontext unmissverständlich deutlich, dass jedenfalls auch die Lektüre der „K. G. “ ein solches lange übersehenes Warnsignal für die verfassungsfeindliche Gesinnung des Beamten gewesen sei. Anders kann auch die in dem Redemanuskript enthaltene Formulierung „Es ging schon vor rund 10 Jahren los, als der beschuldigte Verwaltungsbeamte dem Polizeipräsidenten auffiel, weil er im Dienst die „K1. G. “ gelesen hat.“ nicht verstanden werden. Insoweit hat der Beklagte weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, worauf sich diese Aussage beziehen soll, wenn nicht auf das Vorliegen der unmittelbar zuvor genannten Warnsignale für eine rechtsextreme Gesinnung. Soweit der Beklagte geltend macht, dass eine solche Deutung den Kontext, in dem Aussage gefallen sei, nicht hinreichend berücksichtige und die Äußerung überinterpretiere, überzeugt dies nicht. Denn gerade aus dem Kontext wird der dargestellte Aussagekern deutlich. 76Auch die in der Online-Ausgabe der „X3.“ wiedergegebene Äußerung enthält den dargestellten Aussagekern. Bei der Äußerung, es „sei nicht so ganz normal, die „K1. G. “ auf dem Tisch zu haben“, wird aus dem Kontext deutlich, dass die Lektüre der „K. G. “ als Hinweis für eine „nicht normale“ politische Gesinnung herangezogen wird. Dass der Innenminister insoweit voranstellt, die Lektüre der „K. G. “ sei nicht verboten, ändert an dem Aussagegehalt nichts, dass sie als Warnsignal für eine rechtsextreme Gesinnung gewertet werden könne. Denn das Vorliegen eines Warnsignals erfordert auch nach dem Vorbringen des Beklagten keine strafbaren oder verbotenen Handlungen. Bei der Ermittlung des Aussagegehalts der in der Online-Ausgabe der „X3.“ wiedergegebenen Äußerung ist entgegen dem Vorbringen des Beklagten die Selbstdarstellung der Klägerin nicht von Bedeutung. Soweit der Beklagte geltend macht, dass die Aussage „es sei nicht so ganz normal die „K1. G. “ auf dem Tisch zu haben“, auch positiv verstanden werden könne, weil die Klägerin die von ihr verlegte Wochenzeitung im Hinblick auf die Medienlandschaft ebenfalls als außergewöhnlich, mithin als nicht normal ansehe, überzeugt dies nicht. Denn insoweit verkennt der Beklagte den bei der Ermittlung des Aussagekerns maßgeblichen Kontext der Äußerung. Der Beklagte hat die Lektüre der Zeitung im Zusammenhang mit einer politischen Gesinnung als „nicht normal“ bezeichnet und keinen Vergleich zu anderen Presseerzeugnissen angestellt. 77Der Innenminister hat in seiner Rede unabhängig vom konkreten Wortlaut auch nicht lediglich, wie er im gerichtlichen Verfahren nunmehr zu begründen versucht, dargelegt, dass in dem Fall des Polizeibeamten aus I. die Lektüre der „K. G. “ auf eine (zulässige) rechtskonservative politische Einstellung hingewiesen habe und durch weitere bekannt gewordene Umstände eine rechtsextreme Gesinnung hätte festgestellt werden können. Der Beklagte macht aus den vorstehenden Gründen in beiden möglichen Äußerungen vielmehr deutlich, dass bereits die Lektüre der „K. G. “ als Warnsignal für eine rechtsextreme Gesinnung gewertet werden könne. 78Auf den diesen beiden Äußerungen innenwohnenden Aussagekern kann für die Frage des Vorliegens eines rechtswidrigen Eingriffs in die Pressefreiheit nach der bereits dargestellten „Kerntheorie“ auch abgestellt werden. Insbesondere würde es dem Zweck der „Kerntheorie“ entgegenlaufen, wenn diese nur im Rahmen der Vollstreckung zur Anwendung käme, und der Unterlassungstitel stets die konkrete Formulierung der zu unterlassenden Äußerung enthalten müsste. Denn eine solche dem Sinn der „Kerntheorie“ widersprechende Anwendung würde zu dem nicht tragbaren Ergebnis führen, dass eine Klage abgewiesen werden müsste, wenn der genaue Wortlaut der beanstandeten Äußerung – wie hier – nicht ermittelt werden könnte, hingegen der Aussagekern der in Frage kommenden Äußerungen identisch ist und einen Anspruch auf Unterlassung begründete. Unschädlich ist insoweit auch, dass sich der Kontext des zu untersagenden Aussagekerns nicht aus dem Tenor ergibt. Denn dies ist den Unterlassungstiteln immanent und stellt keine Besonderheit der Anwendung der „Kerntheorie“ dar. Hinsichtlich der Reichweite des ausgesprochenen Unterlassungsgebots bedarf es stets der Heranziehung der Entscheidungsgründe. 79Danach liegt ein Eingriff in die Pressefreiheit der Klägerin vor, weil die angegriffene Aussage jedenfalls geeignet ist, potentielle Leser davon abzuhalten, die Zeitung zu erwerben und zu lesen. Insbesondere Polizeibeamte, die jeglichen Verdacht auf eine rechtsextreme Gesinnung und die Beobachtung durch Extremismusbeauftragte vermeiden wollen, bleibt letztlich nur der Verzicht auf die Lektüre. Die Äußerung entfaltet entgegen den Ausführungen des Beklagten zudem nicht nur eine negative Wirkung im Hinblick auf Polizeibeamte als potentielle Leser der „K. G. “. Die Rede des Innenministers erfolgte zwar im Rahmen der Einführung von Extremismusbeauftragten bei der Polizei, enthält hingegen die allgemeine Aussage, dass die Lektüre der „K. G. “ ein Hinweis auf eine rechtsextreme Gesinnung sein könne. Diese Vermutung ist nicht an die Anstellung als Polizeibeamter geknüpft. Vielmehr ist diese Aussage – wenn auch in einem geringeren Ausmaß, weil nicht (zusätzlich) die Beobachtung durch einen Extremismusbeauftragten droht – geeignet, potentielle weitere Leser von dem Erwerb der Zeitung abzuhalten. Denn auch andere Personen wollen sich in ihrem sozialen Umfeld nicht des Verdachts einer rechtsextremen Gesinnung aussetzen. Für die Frage des Vorliegens eines Eingriffs in die Pressefreiheit ist auch unbeachtlich, dass sich die Rede im Schwerpunkt nicht mit der „K. G. “ befasst hat, sondern diese nur „am Rande“ zur Sprache gekommen ist. Denn auch eine beiläufige Äußerung kann, wenn sie wie vorliegend geeignet ist, potentielle Leser der Zeitung abzuschrecken, für die Verletzung der Pressefreiheit ausreichen. Der Einwand des Beklagten, dass die Äußerung nicht die Aussage enthalten habe, dass alleine das Lesen der „K. G. “ eine rechtsextreme Gesinnung offenbare oder einen entsprechenden Verdacht begründen könne, sondern die „K1. G. “ in der Gesamtschau mit weiteren Umständen als Warnsignal hätte erkannt werden können, führt ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung. Denn auch dieses Verständnis der Aussage ist aus den genannten Gründen bereits geeignet, potentielle Leser von der Lektüre der Zeitung abzuhalten. Ebenso führt die von dem Beklagten als „Relativierung“ bezeichnete Einordnung, dass das Lesen der „K. G. “ nicht verboten sei, zu keiner anderen Bewertung. Denn dies ist lediglich die Darstellung einer wahren Tatsache, ohne dass dies die nachfolgende stigmatisierende Aussage entschärfen würde. Insbesondere weil auch nach dem Vorbringen des Beklagten die Annahme eines Verdachts auf eine rechtsextreme Gesinnung sowie die Beobachtung durch die Extremismusbeauftragten nicht die Begehung verbotener Handlungen voraussetzt. Für die Frage eines Eingriffs in die Pressefreiheit der Klägerin durch die getätigte Äußerung kommt es auch auf die Ausführungen des Beklagten zu der Selbst- und Fremdwahrnehmung der von der Klägerin verlegten Wochenzeitung nicht an. Wie bereits dargestellt knüpft der Beklagte bei den Ausführungen zu der Selbstwahrnehmung der Klägerin an einen anderen Bezugspunkt an, nämlich die Abgrenzung zu anderen Medien, und nicht an die politische Gesinnung der Leser der Zeitung. Auch die Bezugnahme auf die Wertung von Politikwissenschaftlern und der damit einhergehende Versuch des Beklagten, die Äußerung in einen sachlichen Kontext zu stellen, überzeugt nicht. Denn der Beklagte hat sich in seiner Rede nicht sachlich mit der politischen Ausrichtung, den Inhalten oder Werten der „K. G. “ oder den Wertungen der Politikwissenschaftler auseinandergesetzt. Er hat vielmehr im Zusammenhang mit der Aufzählung von Indizien für eine rechtsextreme Gesinnung ohne jegliche Zäsur die Zeitung der Klägerin genannt und stigmatisiert. Soweit der Beklagte vorträgt, dass die Aussage des Innenministers jedenfalls durch die ebenfalls veröffentlichte Äußerung des LAFP-Direktors G. , die „K1. G. “ werde nicht vom Verfassungsschutz beobachtet, richtig eingeordnet worden sei und die Eingriffsqualität deshalb entfalle, überzeugt dies nicht. Vielmehr wird durch die Aussage von Herrn G. deutlich, dass es nach der Rede des Innenministers einer entsprechenden Einordnung bedurfte, und ändert nichts an der Aussage des Beklagten, dass die Lektüre der „K. G. “ (dennoch) als Warnsignal für eine rechtsextreme Gesinnung gewertet werden könne. 80Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin keine konkreten nachteiligen Auswirkungen der Äußerung dargelegt und den kritischen Leserbrief nur anonymisiert vorgelegt hat. Denn zur Annahme einer Grundrechtsbeeinträchtigung reicht grundsätzlich auch die Darlegung möglicher Folgen der Äußerung ohne konkrete Nachweise oder Belege aus. Wegen der hohen Wertigkeit des Kommunikationsgrundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in der freiheitlichen demokratischen Grundordnung können keine übermäßigen Anforderungen an die Darlegung zu erwartender Beeinträchtigungen gestellt werden. Sonst bestünde die Gefahr, dass ein effektiver Grundrechtsschutz in Fällen nicht gewährleistet wäre, in denen nachteilige Auswirkungen nur schwer belegbar sind. 81Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 – 1 BvR 1072/01 –, juris, Rn. 55. 82So liegt der Fall hier. Durch die Äußerung des Innenministers insbesondere in dem Zusammenhang mit der Frage nach dem Vorliegen von Warnsignalen für das Bestehen einer extremistischen Gesinnung ist es zumindest nicht unwahrscheinlich, dass sich solche Leser von dem Erwerb der Zeitschrift abhalten lassen, die bereits den geringsten Anschein einer rechtsextremen Gesinnung vermeiden und mit der Äußerung des Beklagten nicht in Zusammenhang gebracht werden wollen. Dies ist hingegen für die Klägerin nur schwer darzulegen, da sich kaum ermittelt lässt, ob von dem Erwerb der Zeitung oder dem Abschluss eines Abonnements aufgrund der Äußerung des Innenministers abgesehen wurde. 83Die unter diesen Gesichtspunkten zu bejahende mittelbar-faktische Wirkung ist auch als eingriffsgleiche Maßnahme zu werten, die in ihren Wirkungen einem Eingriff gleichkommt. Soweit der Beklagte unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Nennung der „K. G. “ im Verfassungsschutzbericht ausführt, dass die dort genannten Grundsätze für einen mittelbaren Eingriff in die Pressefreiheit, der einem zielgerichteten Eingriff gleichkommt, nicht übertragen werden können, kann dem nicht gefolgt werden. Denn das Bundesverfassungsgericht hat insoweit ebenfalls darauf abgestellt, dass potentielle Leser, Leserbriefschreiber oder Journalisten durch die Nennung in dem Verfassungsschutzbericht davon abgehalten werden könnten, die Zeitung zu lesen, an diese zu schreiben oder für diese zu schreiben, um nicht in den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Gesinnung zu geraten. Einen von dem Beklagten insoweit behaupteten nennenswerten Unterschied zwischen den Fallgestaltungen vermag das Gericht nicht zu erkennen. Vielmehr erscheinen die von dem Bundesverfassungsgericht insoweit herausgearbeiteten Grundsätze auf den vorliegenden Fall, in dem durch die streitgegenständliche Aussage der Verdacht einer rechtsextremen Gesinnung der Leser der „K. G. “ begründet wird, durchaus übertragbar. Die vorliegend nur mündliche Äußerung hat im Vergleich zu einer Äußerung im Verfassungsschutzbericht auch kein qualitativ geringeres Gewicht. Insbesondere die „Flüchtigkeit“ des gesprochenen Wortes spielt insoweit keine entscheidende Rolle, da es um das Unterlassen zukünftiger Äußerungen in der Öffentlichkeit geht, deren Wirkungen ebenso weitreichend sein können wie eine Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht. 84Vgl. so auch VG Hamburg, Urteil vom 11. Oktober 2006 – 10 K 914/06 –, juris, Rn. 58. 85Die unter diesen Gesichtspunkten zu bejahende mittelbar-faktische Wirkung, die als eingriffsgleiche Maßnahme zu werten ist, ist nicht gerechtfertigt. 86Amtliche Äußerungen eines Hoheitsträgers mit Eingriffsqualität sind gerechtfertigt, wenn sich der Hoheitsträger im Rahmen der ihm zugewiesenen Aufgaben bewegt und die rechtsstaatlichen Anforderungen an hoheitliche Äußerungen in Form des Sachlichkeitsgebots gewahrt sind. 87Der Beklagte handelte zwar im Rahmen seiner zugewiesenen Aufgaben, da ihm gemäß Art. 55 Abs. 2 Verf. NRW, Nr. 4.7 und Nr. 4.9 der Bekanntmachung der Neufassung der Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden in der Fassung vom 29. März 2018 das Recht des öffentlichen Dienstes und die Polizei als Geschäftsbereiche zugewiesen sind. Die streitgegenständliche Äußerung verstößt indes gegen das für jedes Staatshandeln geltende, letztlich aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitende Gebot der Richtigkeit und Sachlichkeit getätigter Äußerungen. 88Das Sachlichkeitsgebot erfordert, dass mitgeteilte Tatsachen zutreffend wiedergegeben werden und Werturteile nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen und den sachlich gebotenen Rahmen nicht überschreiten sowie auf einem im Wesentlichen zutreffend und zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruhen. Außerdem dürfen die Äußerungen im Hinblick auf das mit der Äußerung verfolgte sachliche Ziel im Verhältnis zu den Grundrechtspositionen, in die eingegriffen wird, nicht unverhältnismäßig sein. Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit werden durch den Rang des vom Hoheitsträger zu schützenden Rechtsgutes und die Intensität seiner Gefährdung einerseits und durch die Art und Schwere der Beeinträchtigung des Freiheitsrechts des nachteilig Betroffenen andererseits geprägt. 89Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2017 – 10 C 6/16 –, juris, Rn. 27; OVG NRW, Beschluss vom 12. Juli 2005 – 15 B 1099/05 –, juris, Rn. 15; OVG NRW, Urteil vom 4. November 2016 – 15 A 2293/15 –, juris, Rn. 103 ff. 90Der Beklagte kann sich insoweit nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ein weniger strenger Maßstab bei der Bewertung seiner Äußerung gelten müsse, weil die Äußerung nicht an die Öffentlichkeit gerichtet war, sondern es sich um eine staatsinterne, dienstliche Information gehandelt habe. Die Pressevertreter seien nur anwesend gewesen, um die Öffentlichkeit über die Einsetzung der Extremismusbeauftragten zu informieren. Der Beklagte trägt damit selbst vor, dass Pressevertreter anwesend gewesen seien und es sich gerade nicht um eine ausschließlich interne Veranstaltung gehandelt hat. Wenn die Teilnahme von Pressevertretern gewollt war, muss die Äußerung auch an den sich daraus ergebenden Maßstäben gemessen werden. 91Danach hat der Beklagte den Rahmen des sachlich Gebotenen überschritten. 92Mit der Aussage, dass das Lesen der „K. G. “ als Warnsignal für eine rechtsextreme Gesinnung gewertet werden könne, hat der Beklagte den Boden einer sachlichen Kommunikation verlassen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der von der Klägerin verlegten Wochenzeitung fand – wie bereits dargelegt – ebenso wenig wie eine Begründung seiner geäußerten Einschätzung statt. Vielmehr verblieb der Eindruck der nicht erläuterungsbedürftigen Selbstverständlichkeit, dass das Lesen der „K. G. “ als Warnsignal für eine rechtsextreme Gesinnung gewertet werden könne. Soweit der Beklagte vorträgt, dass nicht jede öffentliche Äußerung umfassend begründet werden müsse, mag dem zuzustimmen sein, wenn die Äußerung auf einem vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruht. Dies ist hingegen nicht der Fall. Soweit der Beklagte anführt, dass der festgenommene Polizeibeamte aus I. die „K1. G. “ gelesen habe und bei ihm eine rechtsextreme Gesinnung festgestellt worden sei, erschließt sich der Zusammenhang zwischen diesen beiden Tatsachen nicht. Diesen hat der Beklagte weder in seiner Rede noch im gerichtlichen Verfahren dargestellt. Es vermag auch der Verweis des Beklagten auf die Selbst- und Fremdwahrnehmung der „K. G. “ keine Rechtfertigung der Äußerung zu begründen. Insbesondere weil die Klägerin selbst nicht geäußert hat, auch rechtsextreme Ansichten zu vertreten oder zu dulden. Auch entbehren die in Bezug genommenen Einschätzungen einiger Politikwissenschaftler ihrerseits jeder Tatsachengrundlage, bleiben jeden tragfähigen Beleg schuldig und haben rein politisch wertenden Charakter. Die ohne nähere tragfähige Begründung getätigte Aussage des Innenministers beruht auch nicht auf offenkundigen Tatsachen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass bereits 2005 vom Bundesverfassungsgericht die Nennung der „K. G. “ im Verfassungsschutzbericht und der damit einhergehende Verdacht, dass die Zeitung verfassungsfeindliche Inhalte enthalte, als unzulässig angesehen wurde. 93Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 – 1 BvR 1072/01 –, juris. 94Eine aktuelle Aufnahme im Verfassungsschutzbericht oder entsprechende Bestrebungen sind – ungeachtet dessen, ob diese die Aussage des Innenministers rechtfertigen könnten – weder bekannt noch wurden solche von dem Beklagten vorgetragen. Insoweit überzeugt auch der Einwand des Beklagten nicht, dass in dem Redemanuskript darauf hingewiesen worden sei, dass die Ansprache des Beamten des Polizeipräsidiums I. aufgrund der Lektüre der „K. G. “ bereits zehn Jahre zurückliege und dementsprechend die politische Ausrichtung der Zeitung vor zehn Jahren betrachtet werden müsse. Denn zum einen lag die genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2010 bereits vor und zum anderen kommt in der Rede eine solche Einschränkung, dass die „K1. G. “ in den vergangenen Jahren gegebenenfalls einen Wandel ihrer politischen Positionierung durchlaufen hat, nicht zum Ausdruck. Es verbleibt bei der pauschalen und allgemeingültigen Aussage, dass die Lektüre der „K. G. “ auch aktuell als Warnsignal für eine rechtsextreme Gesinnung gewertet werden könne. 95Schließlich besteht hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr. Sie erfordert die auf Tatsachen gegründete objektiv ernstliche Besorgnis weiterer Störungen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. Insoweit ist eine umfassende Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles erforderlich. Die Weigerung, gegenüber dem Betroffenen eine Unterlassungserklärung abzugeben, strafbewehrt oder formlos, ist hierbei nur ein Indiz. 96Vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 25. Juli 2014 – 13 ME 97/14 –, juris, Rn. 9; OVG Sachsen, Beschluss vom 7. August 2013 – 4 B 383/12 –, juris, Rn. 8; VGH Bayern, Beschluss vom 13. Juni 2013 – 4 CE 13.944 –, juris, Rn. 25; VG Berlin, Urteil vom 16. April 2019 – 6 K 13.19 –, juris, Rn. 35 f.; VG Hannover, Beschluss vom 3. Juni 2014 – 1 B 7660/14 –, juris, Rn. 65 f.; VG Hamburg, Urteil vom 11. Oktober 2006 – 10 K 914/06 –, juris, Rn. 83, m. w. N. 97Die hier zu betrachtenden Vorgänge begründen nach diesem Maßstab in der Zusammenschau die ernstliche Besorgnis weiterer Beeinträchtigungen. Der Beklagte hält, wie bereits dargestellt, an der Zulässigkeit seiner Aussage fest. Zudem ist die Thematik der Bekämpfung von Rechtsextremismus in der Polizei weiterhin aktuell, sodass nicht erkennbar ist, aus welchem Grund der Beklagte, der bereits in der streitgegenständlichen Rede die von der Klägerin verlegte Zeitung bewusst genannt hat, diese nunmehr nicht mehr zum Gegenstand seiner Äußerungen machen sollte. Allein der Umstand, dass der Beklagte während des laufenden gerichtlichen Verfahrens die streitgegenständliche Aussage nicht wiederholt hat, führt nicht zu dem Entfallen der Wiederholungsgefahr, sondern entspricht dem zur Vermeidung von weiteren Verfahren adäquaten Verhalten eines Hoheitsträgers. 98Aufgrund des vorstehend festgestellten, nicht gerechtfertigten Eingriffs in die Pressefreiheit kann dahinstehen, ob durch die Äußerung auch ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin vorliegt. 99Die durch dieses Urteil ausgesprochene Unterlassungsanordnung bindet den Beklagten nach den üblichen Grenzen der Rechtskraft eines jeden Urteils bis zum Eintritt einer entscheidungserheblichen Änderung der Sach- oder Rechtlage. 100Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf die Androhung eines Ordnungsgeldes. 101Grundlage für die Androhung des Ordnungsgeldes ist § 890 Abs. 1 und 2 ZPO in Verbindung mit § 167 Abs. 1 VwGO. Nach § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 167 Abs. 1 VwGO ist ein Schuldner, der der Verpflichtung zuwiderhandelt, eine Handlung zu unterlassen, wegen jeder Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers vom Prozessgericht des ersten Rechtszugs zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen, wobei das einzelne Ordnungsgeld nach § 890 Abs. 1 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 167 Abs. 1 VwGO 250.000 Euro nicht übersteigen darf. Der Verurteilung muss gemäß § 890 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 167 Abs. 1 VwGO eine entsprechende Androhung vorausgehen, die auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszugs erlassen wird, aber wie hier auch bereits in dem zur Unterlassung verpflichtenden Urteil enthalten sein kann. 102Vgl. VGH Bayern, Urteil vom 2. Oktober 2012 – 10 BV 09.1860 –, juris, Rn. 85. 103Danach erscheint die Androhung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung in Höhe von 10.000 Euro angemessen, um den Beklagten zur Beachtung des Unterlassungsanspruchs der Klägerin anzuhalten, obwohl es den nach § 890 Abs. 1 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 167 Abs. 1 VwGO zulässigen Höchstbetrag für das einzelne Ordnungsgeld von 250.000 Euro deutlich unterschreitet und sich im unteren beantragten Rahmen bewegt. Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wie dem Beklagten, die nach Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden sind, bedarf es in der Regel nur geringerer Ordnungsgelder, um die Einhaltung ihrer Verpflichtungen zu erzwingen. Dies kommt auch in § 172 VwGO zum Ausdruck, der für die Vollstreckung der dort genannten behördlichen Verpflichtungen mit 10.000 Euro ein deutlich geringeres Zwangsgeld als den in § 890 Abs. 1 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 167 Abs. 1 VwGO genannten Höchstbetrag von 250.000 Euro für das einzelne Ordnungsgeld vorsieht. 104Der Ausspruch bleibt auch weder hinter dem klägerisch Antrag zurück noch geht er über diesen hinaus, da die Klägerin die Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 50.000 Euro beantragt hat und sich die austenorierte Androhung eines Ordnungsgeldes in diesem Rahmen bewegt. 1052. 106Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf die von ihr begehrte und insoweit begrenzte Richtigstellung der Äußerung in der Form, dass der Beklagte den Extremismusbeauftragten für die Polizeibehörden des Landes O. -X. binnen vier Wochen nach Rechtskraft des Urteils mitteilen muss, dass seine Aussage in seiner Rede am 25. Mai 2020 im Rahmen der Auftaktveranstaltung der Extremismusbeauftragten der Polizeibehörden des Landes O. -X. , die Lektüre der „K. G. “ könne als Warnsignal für eine rechtsextreme Gesinnung gewertet werden, rechtswidrig war. 107Auch insoweit hält sich das Gericht innerhalb des auf Folgenbeseitigung der Aussage in der konkret getroffenen Form gerichteten Antrages und nimmt durch die Benennung der Rede lediglich eine Konkretisierung vor. 108Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch ist der - gewohnheitsrechtlich anerkannte - öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch. Er verpflichtet zur Herstellung des früheren Zustands und setzt voraus, dass durch hoheitlichen Eingriff in ein subjektiv-öffentliches Recht aus einfachgesetzlichen Vorschriften oder Grundrechten ein rechtswidriger Zustand geschaffen wurde, der fortdauert. 109Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1989 – 7 C 2/87 –, juris, Rn. 80. 110Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. 111Der Beklagte hat durch seine Aussage bei der Auftaktveranstaltung der Extremismusbeauftragten, wie bereits dargestellt, rechtswidrig in das Recht auf Pressefreiheit der Klägerin eingegriffen. Dieser rechtswidrige Zustand dauert auch noch an. Denn solange die Extremismusbeauftragten die Zulässigkeit der Aussage des Beklagten annehmen, besteht insbesondere angesichts des an diese gerichteten Auftrags, niederschwellig Hinweise und Indizien für eine rechtsextreme Gesinnung zu sammeln, die Gefahr, dass auch die Lektüre der „K. G. “ als ein solches Indiz angesehen und die Polizeibeamten entsprechend von einer Lektüre abgehalten werden. 112Zur Beseitigung dieser rechtswidrigen Folge bedarf es der Abgabe einer Erklärung des Beklagten, welche die nachteilige Wirkung der eingreifenden Äußerung aufhebt oder zumindest schmälert. Dies wird durch die an die Extremimusbeauftragten gerichtete Erklärung, dass die im Rahmen der Auftaktveranstaltung getätigte Aussage rechtswidrig war, gewährleistet. Insbesondere durch den rein zurücknehmenden Charakter der Erklärung und der Konkretisierung auf den Kontext, in dem die Aussage gefallen ist, wird der Zustand vor dem rechtswidrigen Eingriff wiederhergestellt, ohne eine Besserstellung der Klägerin zu bewirken. 113Der Folgenbeseitigungsanspruch ist auch nicht ausgeschlossen, weil die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes unzumutbar wäre. Eine solche Unzumutbarkeit folgt insbesondere nicht aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der allein rechtsverletzende unwahre Tatsachenbehauptungen geeignet sind, ein Widerrufs- bzw. Richtigstellungsverlangen zu rechtfertigen; nicht dagegen Wertungen und Meinungsäußerungen, da niemand mit staatlichen Mitteln gezwungen werden könne, eine Überzeugung aufzugeben oder eine Würdigung zurückzunehmen. 114Vgl. BGH, Urteile vom 3. Mai 1988 – VI ZR 276/87 –, juris, Rn. 9, 17. Februar 1987 – VI ZR 77/86 –, juris, Rn. 35, 22. Juni 1982 – VI ZR 251/80 –, juris, Rn. 12, 17. November 1964 – VI ZR 181/63 –, juris, Rn. 16, 17. Juni 1953 – VI ZR 51/52 –, juris, Rn. 4. 115Diese Rechtsprechung ist zwar grundsätzlich auch auf Amtsträger anwendbar, da von diesen nicht verlangt werden kann, dass sie nach außen hin von einer Auffassung abrücken, die sie innerlich aufrechterhalten, obgleich sich Hoheitsträger nicht auf die Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 GG berufen können. 116Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 7. Mai 1997 – 1 BvR 1805/92 –, juris, Rn. 1; VG München, Urteil vom 17. Oktober 2014 – M 22 K 13.2076 –, juris, Rn. 18; VG Cottbus, Beschluss vom 31. Mai 2016 – 1 L 215/16 –, juris, Rn. 63. 117Es bestehen aber erhebliche Zweifel, ob diese Rechtsprechung uneingeschränkt auf den öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch übertragbar oder auf die Fälle begrenzt ist, in denen der Hoheitsträger, vergleichbar den von der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu entscheidenden Fällen, auf der Ebene der Gleichordnung agiert bzw. offenkundig eine private Meinung geäußert hat. Denn die Unzumutbarkeit des Widerrufs von Meinungsäußerungen ergibt sich bei zivilrechtlichen Streitigkeiten aus dem Gedanken des Schutzes der Meinungsfreiheit des Bürgers gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 GG, welcher einem Zwang zur Aufgabe einer Meinung entgegensteht. Die in Ausübung eines öffentlichen Amtes abgegebenen Äußerungen genießen jedoch nicht den Schutz der Meinungsfreiheit. Insoweit dürfte auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 1997 – 1 BvR 1805/92 –, nach der der grundsätzliche Ausschluss eines Anspruchs auf Widerruf von Werturteilen auch für Amtsträger gelte, nicht zwingend eine andere Beurteilung begründen, da der Entscheidung ein Verfahren vor der ordentlichen Gerichtsbarkeit vorausgegangen ist und danach der Entscheidung gerade kein öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch zugrunde lag. 118Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da es sich bei der Äußerung des Innenministers nicht lediglich um einen Meinungsbeitrag in einer Diskussion handelte, sondern seiner Darstellung im Rahmen der Auftaktveranstaltung für die Extremismusbeauftragten ein handlungsleitender Charakter innewohnte, der einem Widerruf zugänglich ist. Der Innenminister hat sich als Vorgesetzter der Extremismusbeauftragten geäußert; sie haben sich bei ihrer Tätigkeit an seinen Vorgaben auszurichten, selbst wenn keine konkrete Weisung formuliert worden ist. 119Aufgrund des Erfolgs der Hauptanträge bedürfen die von der Klägerin hilfsweise gestellten Anträge keiner Prüfung. 120Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 709 Satz 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 121Gründe für eine Zulassung der Berufung nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen nicht vor. Inhalt und Grenzen der Äußerungsbefugnisse von Hoheitsträgern gegenüber nichtstaatlichen Akteuren sind höchst- und obergerichtlich geklärt. Von grundsätzlicher Bedeutung ist das Verfahren auch nicht im Hinblick auf die Frage, ob ein Hoheitsträger zum Widerruf einer Meinungsäußerung verurteilt werden kann. Denn insoweit findet in der vorliegenden Entscheidung keine Fortbildung dieser Rechtsprechung statt. Vielmehr konnte das Gericht die Reichweite der diesbezüglichen Rechtsprechung offen lassen. 122Rechtsmittelbelehrung: 123Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 124Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 125Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 126Die Berufung ist nur zuzulassen, 1271. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 1282. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 1293. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 1304. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 1315. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 132Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 133Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 134Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 135Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 136Beschluss: 137Der Streitwert wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt. 138Gründe: 139Die Festsetzung des Streitwertes ist nach §§ 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG erfolgt. 140Rechtsmittelbelehrung: 141Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 142Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 143Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 144Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 145Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 146War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | 1. soweit die klägerin die klage zurückgenommen hat, wird das verfahren eingestellt. 2. der beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, zu behaupten, behaupten zu lassen, zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen, dass die lektüre der „k. g. “ als warnsignal für eine rechtsextreme gesinnung gewertet werden könne. für jeden fall der zuwiderhandlung gegen die unterlassungsanordnung wird dem beklagten ein ordnungsgeld von 10.000,00 euro angedroht. 3. der beklagte wird verurteilt, den extremismusbeauftragten der polizeibehörden des landes o. -x. binnen 4 wochen nach rechtskraft des urteils mitzuteilen, dass seine aussage in seiner rede am 25. mai 2020 im rahmen der auftaktveranstaltung der extremismusbeauftragten der polizeibehörden des landes o. -x. , die lektüre der „k. g. “ könne als warnsignal für eine rechtsextreme gesinnung gewertet werden, rechtswidrig war. 4. die kosten des verfahrens tragen der beklagte zu 90 % und die klägerin zu 10 %. 5. das urteil ist für die klägerin – mit ausnahme des ausspruchs zu 3. – gegen sicherheitsleistung in höhe von 10.000,00 euro vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung seitens des beklagten durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin verlegt die überregionale deutsche wochenzeitung „k1. g. “ und wendet sich gegen eine äußerung des ministers des inneren des landes o. -x. (innenminister) betreffend dieses druckerzeugnis. 3mitte februar 2020 wurde der fall eines verwaltungsbeamten des polizeipräsidiums i. bekannt, der wegen des verdachts der mitgliedschaft in einer rechtsterroristischen vereinigung in haft genommen wurde. am 10. märz 2020 berichtete die zeitung „e1. x1.“ in ihrer online-ausgabe wie folgt über die beteiligung des verwaltungsmitarbeiters der polizei, u. x2. ., in i. an der mutmaßlichen rechtsextremistischen terrorzelle: 4„als die sicherheitsbehörden nach hinweisen eines zeugen und verdeckter überwachung mitte februar die zelle zerschlagen und die deutschen tatverdächtigen in untersuchungshaft genommen hatten, offenbarte sich: einzelne von ihnen hatten ihre extreme, staatsfeindliche haltung schon lange offen gezeigt. 5besonders eklatant ist dies beim ebenfalls inhaftierten u. x2. der 50-jährige gilt als einer der unterstützer der mutmaßlichen rechtsterroristischen vereinigung und soll einige tausend euro bereitgestellt haben. er war lange als verwaltungsmitarbeiter beim polizeipräsidium i. in o. -x. tätig und ist nun suspendiert. ausgerechnet dort, wo man von berufs wegen besonders sensibel sein sollte, wurden hinweise intern offenbar nicht ernst genug genommen. innenminister i1. s. (d. ) spricht von „warnsignalen, die lange zeit nicht ernsthaft genug gewürdigt wurden“. es sei „nicht nachvollziehbar, dass über sehr, sehr viele jahre hinweg anzeichen für die rechtsextreme gesinnung eines verwaltungsangestellten unserer polizei vorhanden waren und diese auch den diversen vorgesetzten und kollegen bekannt waren. trotzdem wurde nicht konsequent eingeschritten“, kritisierte s. vergangene woche im innenausschuss des landtags o1. .[…]nach bisherigen erkenntnissen bekam x2. bereits vor zehn jahren eine interne „ansprache“, weil er im dienst die umstrittene zeitung „k1. g. “ gelesen hatte, die unter politikwissenschaftlern als organ der neuen rechten gilt.“ 6das ministerium des innern des landes o. -x. (innenministerium) forderte die polizeibehörden unter anderem vor diesem hintergrund auf, zentrale extremismusbeauftragte zu benennen. 7am 25. mai 2020 fand die auftaktveranstaltung zur einführung der extremismusbeauftragten beim landesamt für ausbildung, fortbildung und personalangelegenheiten der polizei in o. -x. (lafp) statt. an der auftaktveranstaltung nahmen etwa 50 ernannte extremismusbeauftragte des landes o. -x. sowie angemeldete pressevertreter teil, unter anderem ein journalist der zeitung „e1. x1“. im rahmen dieser veranstaltung hielten der innenminister, der direktor des lafp sowie ein politikwissenschaftler der hochschule für polizei und öffentliche verwaltung o. -x. eine rede. der innenminister nahm in seiner rede bezug auf den vorfall beim polizeipräsidium in i. . 8in dem übersandten redemanuskript heißt es: 9„als ich von den festnahmen erfahren habe und mir auch mitgeteilt wurde, dass ein verwaltungsbeamter der polizei unter den tatverdächtigen ist, wollte ich natürlich wissen, ob es hier bereits im vorfeld anzeichen gegeben haben könnte, die auf eine derartige gesinnung hindeuten könnten. und wenn ja: wieso hat solange niemand etwas mitbekommen? bei der prüfung dieser frage ist mir aufgefallen, dass ich nicht verstehen kann und will: das warnsignalen, die es gab, nicht nachgegangen und diese auch lange zeit nicht ernsthaft genug gewürdigt wurden. das hat das polizeipräsidium i. ja schon selbstkritisch festgestellt. 10es ging schon vor rund 10 jahren los, als der beschuldigte verwaltungsbeamte dem polizeipräsidenten auffiel, weil er im dienst die „k1. g. “ gelesen hat.“ 11in dem redemanuskript werden sodann weitere umstände betreffend den festgenommenen beamten dargestellt, etwa, dass auf dem balkon des beamten eine reichskriegsflagge gestanden habe. 12am 2. juni 2020 erschien in der online-ausgabe der zeitung „e1. x1.“ ein artikel mit der überschrift „der schwierige unterschied zwischen rechts und rechtsextrem“, in dem über die auftaktveranstaltung berichtet und die rede des innenministers zum teil in zitatform wiedergegeben wurde. in dem artikel wird ausgeführt: 13„wie schwierig es sein kann, zwischen gerade noch zu tolerierenden und intolerablen positionen zu unterscheiden, bewies s. auf der konferenz. da erzählte er, dass der extremistische polizeimitarbeiter aus i. die zeitung „k1. g. („k2. “) gelesen habe. das hätte einen stutzig machen können, so s. . es sei zwar „nicht verboten, ‚k2. ‘ zu lesen, aber die ‚k2. ‘ auf dem tisch zu haben – das ist nicht so ganz normal“. nun werden der „k2. “ verschiedene etiketten aufgeklebt, von rechtspopulistisch (so sagen viele experten) bis zu „rechtskonservativ“ (wie sie selbst meint). nur eines ist laut bundesverfassungsgerichtsurteil von 2005 unzulässig: die „k2. “ wegen vermeintlich rechtsextremer ausrichtung vom verfassungsschutz beobachten zu lassen. der verfassungsschutz in o1. stellte deshalb schon 2004, als sich das bvg-urteil abzeichnete, seine beobachtung der „k2. “ ein. darf dann aber der o1. -polizeiminister vorgeben, die „k2. “-lektüre deute auf eine rechtsextreme gesinnung hin? 14nach s. trat bei der konferenz unter anderen der politikwissenschaftler u1. h. von der hochschule für polizei und verwaltung ans pult. er nutzte die gelegenheit für eine mahnung: die beauftragten müssten den „extremismus vom radikalismus absetzen“. die verfassung erlaube es, „radikale positionen“ zu vertreten, diese gehörten „zu unserer demokratie“. gegenüber dieser zeitung sagte der lafp-direktor g. , die „k2. “ werde nicht vom verfassungsschutz beobachtet. 15grundsätzlich sollten den beauftragten auch keine „statischen kriterien“ für das vorliegen extremer gesinnung an die hand gegeben werden, sondern eher eine liste mit „möglichen indizien“. so könne im zusammenspiel mit anderen indizien theoretisch auch die mitgliedschaft in der b. ein potenzielles indiz darstellen. aber auch hier gelte: die b. -mitgliedschaft allein sei „kein grund, aus dem staatsdienst entlassen zu werden. da ist die rechtsprechung eindeutig.“ 16in einem erlass des innenministeriums an die polizeibehörden des landes o. -x. vom 16. juni 2020 wurden die aufgaben der extremismusbeauftragten näher beschrieben. dort wurde etwa ausgeführt, dass die pflicht zur verfassungstreue von polizeibeamten unter anderem in § 33 beamtstg ausdrücklich normiert sei. hinweisen und anzeichen auf extremistische handlungen, einstellungen, duldungen oder auf zugehörigkeit zu extremen netzwerken und/oder gruppen sei daher niederschwellig, unverzüglich und konsequent nachzugehen. dies sei vorrangig führungsaufgabe. die zentralen extremismusbeauftragten seien unabhängig vom dienstweg unmittelbare ansprechpartner für hinweise, die rückschlüsse auf eine extreme handlung, tolerierung, einstellung oder zugehörigkeit zu extremen netzwerken möglich erscheinen lassen. dazu komme ihnen ein unmittelbares vortragsrecht bei der behördenleitung zu. 17mit schreiben vom 23. juni 2020 teilte die klägerin dem beklagten mit, dass sie von lesern ihrer zeitung auf den artikel in der online-ausgabe der zeitung „e1. x1.“ aufmerksam gemacht worden sei. da der artikel bereits mehr als zwei wochen online stehe, ohne dass er von seiten des beklagten berichtigt worden sei, gehe sie davon aus, dass die äußerung die „k1. g. “ betreffend, wie in dem artikel wiedergegeben, getroffen worden sei. mit dieser aussage sei die lektüre der „k. g. “ als indiz für eine extremistische politische einstellung bewertet worden. die äußerung enthalte implizit die an alle gerichtete warnung, die lektüre der „k. g. “ zu unterlassen. dies bedeute einen zielgerichteten und schwerwiegenden eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten gewerbebetrieb. nach ihren mediadaten bestehe die leserschaft der „k. g. “ zu 19,2 % aus beamten im gehobenen und höheren dienst. außerdem verletze die äußerung sie in ihrem grundrecht auf pressefreiheit. vor diesem hintergrund forderte sie den innenminister zur unterlassung dieser äußerung und deren richtigstellung gegenüber den extremismusbeauftragten auf. die klägerin setzte in dem schreiben, welches sie sowohl per e-mail an q. @n. .o1..de als auch postalisch an den innenminister versandte, eine frist bis 3. juli 2020 zur rücksendung der beigefügten strafbewehrten unterlassungserklärung. 18die klägerin hat am 7. oktober 2020 klage erhoben. zur begründung führt sie aus, dass die extremismusbeauftragten die äußerung des innenministers derart auffassen könnten, dass derjenige beamte, der die „k1. g. “ lese, sich nicht entsprechend § 33 abs. 1 satz 3 beamtstg verhalte. denn danach müssten die beamten sich durch ihr gesamtes verhalten zu der freiheitlichen demokratischen grundordnung im sinne des grundgesetzes bekennen und für deren erhaltung eintreten. zu dem „gesamten verhalten“ im sinne der norm gehöre auch die nutzung von publikationen. wenn der beklagte der „k. g. “ die normalität abspreche, dann sei deren lektüre durch beamte ein indiz dafür, dass diese sich nicht zur freiheitlichen demokratischen grundordnung im sinne des grundgesetzes bekennen und für deren erhaltung eintreten würden. insbesondere vor dem hintergrund, dass nach dem erlass vom 16. juni 2020 verlangt werde, hinweisen und anzeichen für extremistische einstellungen auch auf niederschwelliger basis nachzugehen und entsprechendes unverzüglich zu melden, könne der betreffende beamte bereits durch die lektüre der „k. g. “ bzw. die nutzung ihres publizistischen angebots bestehend aus wochenzeitung, online-präsenz und z. -account in den verdacht geraten, gegen seine pflichten aus § 33 beamtstg zu verstoßen. der beklagte habe eindeutig amtsbezogen eine bestimmte publikation definiert, die seiner meinung nach aus dem bereich der normalität herausfalle. aus diesem grund müssten beamtete leser der „k. g. “ auch die einleitung eines disziplinarverfahrens nach § 17 ldg nrw befürchten. die auswirkung der äußerung werde auch anhand eines bei ihr eingegangenen leserbriefes deutlich. im juni 2020 sei bei ihr die zuschrift eines probeabonnenten eingegangen, der auf den artikel in der online-ausgabe der „x3.“ bezug genommen und geltend gemacht habe, dass er zwar kein polizist, aber nordrhein-westfälischer verwaltungsbeamter sei und sich daher von der vom innenminister in dem artikel wiedergegebenen äußerung betroffen fühle. es stelle sich nach dieser äußerung die frage, ob man sich als beamter das risiko eines abonnements erlauben dürfe, da das lesen der „k. g. “ nach der rede des innenministers ein indiz für eine verfassungsfeindliche gesinnung darstelle. der einsender des briefes wolle anonym bleiben, weil er andernfalls dienstliche nachteile befürchte. es liege auch die gefahr der wiederholung der streitgegenständlichen äußerung vor. eine wiederholungsgefahr werde bereits durch die erstbegehung indiziert. der beklagte habe ferner auf die ihm gesetzte frist zur abgabe einer unterlassungserklärung nicht reagiert. es bestehe daher jederzeit die gefahr, dass der innenminister das thema „rechtsextremismus in der polizei“ missbräuchlich für eigene zwecke skandalisieren und eine vergleichbare äußerung erneut treffen werde. zudem begehre sie so gestellt zu werden, wie sie stünde, wenn die angegriffene behauptung von vornherein unterlassen worden wäre. die äußerung sei als schmähkritik und boykottaufruf zu werten, der sich zielgerichtet gegen ihren eingerichteten und ausgeübten gewerbebetrieb richte. wenn die berichterstattung der „x3.“ vom 10. märz 2020 zutreffe und bereits vor zehn jahren ein beamter eine ansprache wegen der lektüre der „k. g. “ erhalten habe, existiere eine langjährige geübte praxis, ihre wochenzeitung im polizeiapparat des landes o. -x. zu stigmatisieren. 19die klägerin hat zunächst beantragt, 201.21den beklagten unter androhung der gesetzlichen ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, zu behaupten, behaupten zu lassen, zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen, „die k1. auf dem tisch zu haben – das ist nicht so ganz normal“; 2.22den beklagten zu verurteilen, die extremismusbeauftragten für polizeibehörden in o. -x. in der weise zu instruieren, dass die lektüre ihrer presseerzeugnisse, insbesondere der wochenzeitung „k1. g. “, nicht gegen § 33 abs. 1 satz 3 beamtstg verstößt; 3.23den beklagten zu verurteilen, an sie 1.044,40 euro nebst 4 % zinsen seit rechtshängigkeit zu zahlen. 24die klägerin hat den antrag zu 3. in der mündlichen verhandlung zurückgenommen und beantragt nunmehr, 251.26den beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, zu behaupten, behaupten zu lassen, zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen, dass die lektüre der „k. g. “ als warnsignal für eine rechtsextreme gesinnung gewertet werden könne, und dem beklagten für jeden fall der zuwiderhandlung gegen die unterlassungsanordnung ein ordnungsgeld bis zu 50.000,00 euro anzudrohen, 27hilfsweise, 28den beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, zu behaupten, behaupten zu lassen, zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen, „die k1. auf den tisch zu haben – das ist nicht so ganz normal“, und den beklagten für jeden fall der zuwiderhandlung gegen die unterlassungsanordnung ein ordnungsgeld bis zu 50.000,00 euro anzudrohen; 292.30den beklagten zu verurteilen, den extremismusbeauftragten für polizeibehörden in o. -x. binnen 4 wochen nach rechtskraft des urteils mitzuteilen, dass seine aussage, die lektüre der „k. g. “ könne als warnsignal für eine rechtsextreme gesinnung gewertet werden, in dieser form rechtswidrig war, 31hilfsweise, 32den beklagten zu verurteilen, den extremismusbeauftragten für polizeibehörden in o. -x. binnen 4 wochen nach rechtskraft des urteils mitzuteilen, dass seine aussage, „die k1. auf dem tisch zu haben – das ist nicht so ganz normal“, rechtswidrig war. 33der beklagte beantragt, 34die klage abzuweisen. 35er trägt vor, dass die hauptanträge der klägerin unzulässig seien, weil diese nicht die konkrete verletzungshandlung bezeichneten, sondern auf einen fehlinterpretierten sinngehalt der äußerung abstellen würden. der genaue wortlaut der streitgegenständlichen äußerung sei zwar unklar, es werde hingegen nicht bestritten, dass eine aussage, wie in dem bericht der „x3.“ wiedergegeben, gefallen sei. allerdings ergebe sich sowohl aus dem bericht der „x3.“ als auch der im redemanuskript enthaltenen aussage, dass die äußerung des innenministers unabhängig von ihrem genauen wortlaut nicht isoliert erfolgt, sondern in einem größeren kontext eingebunden gewesen sei. der innenminister habe nicht primär über die „k1. g. “ gesprochen, sondern diese bei schilderung des falles des verwaltungsbeamten des polizeipräsidiums i. nur am rande erwähnt. in diesem einzelfallbezogenen zusammenhang habe der innenminister ausweislich des redemanuskripts verschiedene, diesen beamten betreffende vorfälle aufgezählt. nach anlass und inhalt der rede – und damit nach dem für die auslegung der etwaigen äußerung maßgeblichen kontext – sei es darum gegangen, die gerade erst ernannten extremismusbeauftragten auf die bedeutung und schwierigkeiten ihres neuen amtes hinzuweisen. demgegenüber sei der äußerung nicht die aussage zu entnehmen, jemand, der die „k1. g. “ im dienst lese, stehe unter extremismusverdacht. vielmehr habe der innenminister deutlich gemacht, dass im fall des betreffenden verwaltungsbeamten „über sehr viele jahre hinweg“ eine reihe von anzeichen für eine extremistische gesinnung vorgelegen hätten, ohne dass auf diese ansammlung von indizien adäquat reagiert worden sei. ein eingriff in die pressefreiheit der klägerin liege daher nicht vor. es fehle an einer beeinträchtigung von herstellung und vertrieb der „k. g. “. repressalien hätten weder die journalisten noch die leser zu befürchten. die fragliche äußerung sei auch nicht geeignet, beamte von der lektüre der „k. g. “ abzuhalten, zumal sie keine dienstrechtlichen bezüge aufweise. der innenminister habe sich weder unmittelbar zu fragen des beamtenrechts geäußert noch könne der fraglichen äußerung mittelbar eine dienstrechtliche sinnebene beigemessen werden. hinzutrete, dass die extremismusbeauftragten, an die sich die fragliche äußerung gerichtet habe, ohnehin keine dienstrechtlichen befugnisse hätten. die klägerin habe durch die fragliche äußerung – beziehungsweise deren verbreitung durch die „x3. “ – auch keine einbußen oder einschränkungen erlitten. die klägerin beziehe sich ausschließlich auf ein angebliches, anonymisiertes schreiben eines probeabonnenten, der von dem sachverhalt – selbst wenn die äußerung wie behauptet gefallen wäre – nicht betroffen sei, weil er, wie er selbst angegeben habe, nicht dem innenminister unterstellt, insbesondere kein polizeibeamter sei. die streitgegenständliche aussage betreffe hingegen wenn überhaupt nur polizeibeamte, denen gerade im rahmen der extremismusbekämpfung besondere bedeutung zukomme. irgendwie geartete hinweise auf reale beeinträchtigungen, wie weitere kritische zuschriften, kündigungen von abonnements, anzeigenrückgänge oder verkaufseinbrüche habe die klägerin auch im übrigen nicht dargelegt. zudem sei die auffassung der klägerin abwegig, in die äußerung hineinlesen zu wollen, aus einem verhalten, das „nicht so ganz normal“ sei, könne auf ein fehlendes bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen grundordnung geschlossen werden. dies gelte insbesondere vor dem hintergrund, dass in dem artikel der „x3.“ auch die von herrn g. vorgenommene klarstellung wiedergegeben worden sei, die „k1. g. “ werde nicht vom verfassungsschutz beobachtet. bei der frage, ob durch die streitgegenständliche äußerung ein eingriff in die pressefreiheit der klägerin vorliege, sei zudem die selbst- und fremdwahrnehmung der klägerin zu beachten. die klägerin sehe sich selbst als eine außergewöhnliche, also außerhalb des gewöhnlichen liegende, mithin gerade nicht „normale“ zeitung an. dies ergebe sich bereits aus ihrem offiziellen leitbild. dort habe die klägerin als teil ihres „auftrags“ die „wahrnehmung einer korrekturfunktion marktbeherrschender medien“ formuliert. die klägerin sehe sich – in abgrenzung zu gewöhnlichen zeitungen – als politisch klar positionierte zeitung am rechten rand des politischen spektrums mit der vision der „regeneration deutscher identität und deutschland als selbstbewußte nation“ und den werten „nation“, „freiheitlichkeit“, „konservatismus“ und „christentum“. in die bewusste positionierung als besondere zeitung passe, dass die klägerin in ihrer vision von deutschland als „selbstbewußte“ nation spreche: die klägerin verwende auch nach der rechtschreibreform von 1996 die unreformierte schreibung – ein (weiteres) alleinstellungsmerkmal auf dem zeitungsmarkt, das die klägerin auch offensiv betone. diese selbstwahrnehmung der klägerin als durchaus außergewöhnliche (sprich: „nicht so ganz normale“) zeitung decke sich mit der einschätzung führender politikwissenschaftler. diese seien zu der einschätzung gekommen, dass die klägerin am äußersten rechten rand des politischen spektrums zu verorten sei. insoweit nimmt der beklagte bezug auf äußerungen bzw. veröffentlichungen von den politikwissenschaftlern prof. dr. h1. c. , prof. dr. b. q1. -u2. und prof. dr. t. t1. . letztlich wäre eine etwaige beeinträchtigung der rechte der klägerin aufgrund der streitgegenständlichen äußerung allerdings auch gerechtfertigt. insoweit sei zu beachten, dass bei der fraglichen rede zwar pressevertreter anwesend gewesen seien, es sich hingegen um eine geschlossene veranstaltung gehandelt habe und sich die worte des ministers an die extremismusbeauftragten gerichtet hätten und nicht an die breite öffentlichkeit. vor diesem hintergrund könne bereits in zweifel gezogen werden, ob die fragliche äußerung überhaupt an den maßstäben für staatliches informationshandeln zu messen sei oder nicht vielmehr ein inhaltlich weiterer maßstab gelte. dies könne jedoch dahinstehen, da die äußerung auch den maßstäben für staatliches informationshandeln genüge. insbesondere werde durch die äußerung das sachlichkeitsgebot gewahrt. in tatsächlicher hinsicht enthalte sie die zutreffende und die klägerin zudem entlastende mitteilung, dass es nicht verboten sei, die „k1. g. “ zu lesen. auch in ihrem wertenden teil gebe die fragliche äußerung keinen anlass zur beanstandung. sie beruhe insbesondere auf einem vertretbar gewürdigten tatsachenkern und überschreite nicht den sachlich gebotenen rahmen. dies ergebe sich zum einen daraus, dass in dem fall des beamten aus i. dieser tatsächlich die „k1. g. “ im dienst gelesen habe und bei ihm – in kombination mit den weiteren indizien – anhaltspunkte für eine rechtsextreme gesinnung bestanden hätten. zum anderen beruhe auch eine etwaige einordnung der „k. g. “ als rechte publikation auf einem sachgerecht und vertretbar gewürdigten tatsachenkern. diese einordnung könne sich sowohl auf die selbstdarstellung und -beschreibung des verlages stützen als auch auf die fremdwahrnehmung durch politikwissenschaftler. es fehle für den geltend gemachten öffentlich-rechtlichen unterlassungsanspruch ferner an einer wiederholungsgefahr. dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die fragliche äußerung ersichtlich situations- und anlassbezogen im rahmen einer auftaktveranstaltung zur einführung der extremismusbeauftragten der nordrhein-westfälischen polizei erfolgt sei. mittlerweile hätten die extremismusbeauftragten ihre tätigkeit längst aufgenommen, sodass auch insoweit kein anlass bestehe, die fragliche äußerung zu wiederholen. gegen eine wiederholungsgefahr spreche darüber hinaus, dass die fragliche äußerung bereits viele monate zurückliege, ohne dass es zu ihrer wiederholung gekommen sei. schließlich könne auch aus der unterbliebenen reaktion auf das schreiben vom 23. juni 2020 nichts hergeleitet werden, auch wenn nunmehr nach umfassender recherche ausschließlich der eingang per e-mail habe festgestellt werden können. der antrag zu 2. könne danach mangels fortbestehens eines rechtswidrigen zustandes keinen erfolg haben. zudem könne die klägerin nicht die beseitigung einer aussage begehren, die der innenminister nicht getroffen habe. weder dem maßgeblichen passus in dem redemanuskript noch der in der „x3.“ wiedergegebenen äußerung des innenminister sei die aussage zu entnehmen, dass alleine die lektüre der „k. g. “ ein warnsignal für eine rechtsextreme gesinnung darstelle. eine äußerung, die gar nicht getätigt worden sei, könne auch kein rechtsschutzbedürfnis für eine darauf bezogene klarstellung begründen. 36wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakte bezug genommen. 37 | 38soweit die klägerin die klage zurückgenommen hat, war das verfahren einzustellen (§ 92 abs. 3 satz 1 vwgo). 39im übrigen kann offen bleiben, ob es sich bei den von der klägerin vorgenommenen umstellungen ihrer klageanträge lediglich um konkretisierungen ihres begehrens oder klageänderungen nach § 91 abs. 1 vwgo handelt, da die änderungen, auf die sich der beklagte zudem in der sache eingelassen hat, jedenfalls sachdienlich sind. die umstellung der anträge dient der endgültigen ausräumung des sachlichen streitstoffes zwischen den beteiligten im laufenden verfahren und der streitstoff bleibt im wesentlichen derselbe. 40vgl. bverwg, urteil vom 18. august 2005 – 4 c 13.04 –, juris, rn. 22. 41die klägerin hat mit ihren hauptanträgen erfolg. 42die klage ist zulässig. 43für das auf unterlassung und widerruf behördlicher äußerungen gerichtete begehren der klägerin ist der verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 abs. 1 satz 1 vwgo eröffnet. es handelt sich um öffentlich-rechtliche streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher art, die auch keinem anderen gericht zugewiesen sind. maßgebend für die abgrenzung zwischen dem ordentlichen und dem verwaltungsrechtsweg ist die natur des rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte anspruch hergeleitet wird. soweit es um äußerungen eines amtsträgers geht, ist das rechtsverhältnis öffentlich-rechtlicher natur, wenn die beanstandeten äußerungen bei der erfüllung öffentlicher aufgaben gestützt auf vorhandene oder vermeintliche öffentlich-rechtliche befugnisse gegenüber einem außerhalb der verwaltung stehenden bürger abgegeben werden, d.h. wenn es sich um dienstliche äußerungen handelt, die im hoheitlichen bereich gefallen sind. dagegen ist der ordentliche rechtsweg gegeben, wenn die äußerungen nicht in amtlicher eigenschaft, sondern nur gelegentlich einer nach öffentlichem recht zu beurteilenden tätigkeit gemacht werden und allein ausdruck einer persönlichen meinung oder einstellung und damit durch beziehungen bürgerlich-rechtlicher gleichordnung geprägt sind. 44vgl. ovg berlin-brandenburg, beschluss vom 25. mai 2020 – ovg 10 l 49.17 –, juris, rn. 10; vgh baden-württemberg, beschluss vom 12. dezember 2001 – 1 s 2410/01 –, juris, rn. 3; vg aachen, beschluss vom 10. januar 2017 – 4 l 968/16 –, juris, rn. 8. 45die angegriffene aussage ist danach dem öffentlichen recht zuzuordnen. der innenminister hat sich über die zeitung der klägerin in amtlicher funktion auf der auftaktveranstaltung der extremismusbeauftragten der polizei öffentlich geäußert. daran ändert auch das vorbringen des beklagten nichts, dass es sich um eine geschlossene veranstaltung nur für geladene gäste gehandelt habe. denn die betreffende äußerung des innenministers ist nicht nur bei gelegenheit im rahmen der auftaktveranstaltung gefallen, sondern war gerade teil der in erfüllung seiner öffentlichen aufgaben auch vor vertretern der presse gehaltenen rede. 46geeignete klageart für die geltendmachung des klägerischen unterlassungs- und widerrufsanspruchs ist die auf unterlassung und folgenbeseitigung gerichtete allgemeine leistungsklage. eine klagefrist besteht hierfür nicht, jedoch ist in analoger anwendung des § 42 abs. 2 vwgo erforderlich, dass die klägerin geltend machen kann, möglicherweise in eigenen rechten verletzt zu sein. zur geltendmachung ist es in tatsächlicher hinsicht erforderlich, aber auch ausreichend, dass sie tatsachen vorträgt, die eine verletzung rechtlich geschützter positionen denkbar und möglich erscheinen lassen. 47vgl. bverwg, urteil vom 27. februar 2019 – 6 c 1/18 –, juris, rn. 14. 48diese anforderung hat die klägerin erfüllt. 49durch die aussage des innenministers erscheint eine verletzung der klägerin in ihrer pressefreiheit aus art. 5 abs. 1 satz 2 gg jedenfalls möglich, sodass ein anspruch auf unterlassung und folgenbeseitigung in betracht kommt. dem steht auch nicht entgegen, dass die klägerin nicht die unterlassung bzw. folgenbeseitigung der konkret getätigten äußerung begehrt, sondern ihrem begehren den von ihr ermittelten aussagekern der möglichen äußerungen zugrunde legt. denn es erscheint, was jedenfalls für die frage der zulässigkeit der klage ausreicht, nicht ausgeschlossen, dass die aussage nach dem redemanuskript und die in der online-ausgabe der „x3.“ wiedergegebene äußerung den in den anträgen genannten aussagekern enthalten und dieser die klägerin möglicherweise in ihrem recht auf pressefreiheit verletzt. ein abstellen auf den aussagekern ist zudem auch unter beachtung der sogenannten „kerntheorie“ möglich und sachgerecht. danach ist der schutzumfang eines unterlassungsgebots nicht nur auf die äußerungen begrenzt, die mit der getätigten form identisch sind, sondern umfasst auch inhaltlich gleichwertige äußerungen, die den untersagten äußerungskern - ungeachtet von etwaigen abweichungen im einzelnen - unberührt lassen. dies dient der effektiven durchsetzung von auf unterlassung von äußerungen gerichteten ansprüchen, die wesentlich erschwert wäre, falls eine verletzung von unterlassungstiteln nur in den fällen anzunehmen wäre, in denen eine beanstandete äußerung dem wortlaut des untersagten titels genau entspräche. 50vgl. ovg berlin-brandenburg, beschluss vom 19. juni 2020 – ovg 1 s 56/20 –, juris, rn. 26, mit verweis auf bverfg, beschluss vom 4. dezember 2006 – 1 bvr 1200/04 –, juris, rn. 20. 51dementsprechend hat auch das bundesverfassungsgericht festgestellt, dass es den beteiligten unter anwendung der kerntheorie möglich ist, im gerichtlichen verfahren auf eine sachgerechte formulierung des titels hinzuwirken und so etwaigen fehlerhaften und ausufernden deutungen des den konkreten wortlaut der angegriffenen aussage wiedergebenden entscheidungstenors vorzubeugen. 52vgl. bverfg, nichtannahmebeschluss vom 4. dezember 2006 – 1 bvr 1200/04 –, juris, rn. 20 f. 53vor diesem hintergrund kann sowohl ein anspruch auf unterlassung als auch beseitigung der durch den kern einer aussage verursachten und fortbestehenden folgen gerichtlich geltend gemacht werden. 54schließlich liegt auch ein für den klageantrag zu 1. erforderliches besonderes rechtsschutzbedürfnis der klägerin vor. wird mit einer klage die unterlassung künftiger äußerungen begehrt, muss ein besonderes, gerade auf die inanspruchnahme vorbeugenden rechtsschutzes gerichtetes rechtsschutzbedürfnis vorliegen. ein solches besteht, wenn dem kläger – wie hier – nicht zugemutet werden kann, zunächst die wiederholung der umstrittenen äußerungen abzuwarten und erst dann dagegen vorzugehen. 55vgl. bverwg, urteil vom 23. mai 1989 – 7 c 2.87 –, juris, rn. 46; ovg rheinland-pfalz, beschluss vom 21. januar 2004 – 6 a 11743/03 –, juris, rn. 7; vg mainz, urteil vom 11. januar 2018 – 1 k 577/17.mz –, juris, rn. 51. 56das schutzwürdige interesse an der inanspruchnahme gerichtlichen rechtsschutzes bezüglich der unterlassungsklage entfällt nur dann, wenn eine wiederholung der streitgegenständlichen äußerungen eindeutig und von vornherein ausgeschlossen werden kann. 57vgl. vg regensburg, urteil vom 10. dezember 2009 – ro 3 k 08.1832 –, juris, rn. 41. 58dies ist vorliegend nicht der fall. denn der beklagte hat sich im klageverfahren nicht von der streitgegenständlichen aussage inhaltlich distanziert, sondern vielmehr umfassend argumentiert, dass diese keinen eingriff in die rechte der klägerin darstelle und auf einem zutreffenden tatsachenkern beruhe. ferner ist das thema der bekämpfung von extremismus in der polizei weiterhin aktuell, sodass weitere diesbezügliche äußerungen auch unter bezugnahme auf die in der vergangenheit bekannt gewordenen fälle wie dem im polizeipräsidium i. nicht unwahrscheinlich sind. 59die klage ist sowohl im hinblick auf den geltend gemachten unterlassungs- (1.) als auch folgenbeseitigungsanspruch (2.) begründet. 601. 61die klägerin hat nach dem maßgeblichen sach- und streitstand der mündlichen verhandlung anspruch darauf, dass der beklagte zukünftig die aussage, die lektüre der „k. g. “ könne als warnsignal für eine rechtsextreme gesinnung gewertet werden, unterlässt. 62rechtsgrundlage des von der klägerin geltend gemachten anspruchs ist der gewohnheitsrechtlich anerkannte öffentlich-rechtliche unterlassungsanspruch, welcher entweder aus einer analogen anwendung des § 1004 abs. 1 satz 2 bgb folgt, 63vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 17. mai 1979 – x 639/78 –, juris, rn. 27; vgh hessen, urteil vom 20. oktober 1987 – 9 oe 24/83 –, döv 1988, 468, 64oder unmittelbar aus der abwehrfunktion der grundrechte. 65vgl. bverwg, urteil vom 21. mai 2008 – 6 c 13/07 –, juris, rn. 13; ovg mecklenburg-vorpommern, urteil vom 25. januar 2008 – 2 m 43/07 –, juris, rn. 9 f.; vg hannover, beschluss vom 22. februar 2019 – 6 b 5193/18 –, juris, rn. 108. 66der öffentlich-rechtliche anspruch auf zukünftige unterlassung einer getätigten äußerung setzt ungeachtet seiner herleitung voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher eingriff in grundrechtlich geschützte rechtspositionen oder sonstige subjektive rechte des betroffenen erfolgt ist und die konkrete gefahr der wiederholung droht. 67vgl. bverwg, beschluss vom 11. november 2010 – 7 b 54/10 –, juris, rn. 14. 68diese voraussetzungen sind erfüllt. 69die angegriffene aussage stellt zunächst einen eingriff in den schutzbereich der grundrechtlich verbürgten pressefreiheit der klägerin aus art. 5 abs. 1 satz 2 gg dar. 70der persönliche schutzbereich ist eröffnet. die klägerin, die als verlegerin der zeitschrift „junge g. “ unter der rechtsform der gmbh & co. kg firmiert ist, ist eine juristische person des privatrechts und als solche gemäß art. 19 abs. 3 gg durch das grundrecht auf pressefreiheit, art. 5 abs. 1 satz 2 gg, geschützt. 71auch liegt ein (mittelbarer) eingriff in die pressefreiheit vor. 72die pressefreiheit ist grundrechtlich im hinblick darauf besonders geschützt, dass eine freie, nicht von der öffentlichen gewalt gelenkte presse ein wesenselement des freiheitlichen staates und für die demokratie unentbehrlich ist. die in art. 5 abs. 1 satz 2 gg gesicherte eigenständigkeit der presse reicht von der beschaffung der information bis zur verbreitung der nachrichten und meinungen. die pressefreiheit schützt die grundrechtsträger daher vor einflussnahmen des staates auf die mit hilfe der presse verbreiteten informationen, insbesondere vor negativen oder positiven sanktionen, die an inhalt und gestaltung des presseerzeugnisses anknüpfen. der schutz vor inhaltsbezogenen einwirkungen betrifft auch mittelbare eingriffe, wenn sie in der zielsetzung und ihren wirkungen zielgerichteten eingriffen gleich kommen. art. 5 abs. 1 satz 2 gg gewährt den trägern der pressefreiheit ein subjektives abwehrrecht auch gegen beeinträchtigungen, die mittelbar über eine einflussnahme des staates auf dritte eintreten, etwa dadurch, dass das verhalten dieser dritten die publizistischen wirkungsmöglichkeiten oder die finanziellen erträge des presseorgans in einer weise nachteilig beeinflusst, die einem eingriff gleichkommt. 73vgl. bverfg, beschluss vom 24. mai 2005 – 1 bvr 1072/01 –, juris, rn. 51 f. 74nach den dargestellten maßstäben stellt die aussage, dass die lektüre der „k. g. “ als warnsignal für eine rechtsextreme gesinnung gewertet werden könne, einen eingriff in den schutzbereich aus art. 5 abs. 1 satz 2 gg dar. diesen aussagekern beinhalten beide möglichen äußerungen des innenministers, sodass es keiner weiteren ermittlungen hinsichtlich des konkreten wortlauts bedurfte. 75ausweislich des übersandten redemanuskripts war eine äußerung über die „k1. g. “ im zusammenhang mit dem unter verdacht der unterstützung einer rechtsextremen vereinigung stehenden verwaltungsmitarbeiter des polizeipräsidiums i. beabsichtigt. insoweit enthält das redemanuskript die einleitenden worte, dass warnsignale für die rechtsextreme gesinnung des beamten bestanden hätten und diese lange zeit nicht ernsthaft genug gewürdigt worden seien. als erstes beispiel nennt der innenminister die lektüre der „k. g. “ und sodann folgen weitere bekannt gewordene, den beschuldigten beamten betreffende vorkommnisse. es wird durch die einleitung und den kontext unmissverständlich deutlich, dass jedenfalls auch die lektüre der „k. g. “ ein solches lange übersehenes warnsignal für die verfassungsfeindliche gesinnung des beamten gewesen sei. anders kann auch die in dem redemanuskript enthaltene formulierung „es ging schon vor rund 10 jahren los, als der beschuldigte verwaltungsbeamte dem polizeipräsidenten auffiel, weil er im dienst die „k1. g. “ gelesen hat.“ nicht verstanden werden. insoweit hat der beklagte weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, worauf sich diese aussage beziehen soll, wenn nicht auf das vorliegen der unmittelbar zuvor genannten warnsignale für eine rechtsextreme gesinnung. soweit der beklagte geltend macht, dass eine solche deutung den kontext, in dem aussage gefallen sei, nicht hinreichend berücksichtige und die äußerung überinterpretiere, überzeugt dies nicht. denn gerade aus dem kontext wird der dargestellte aussagekern deutlich. 76auch die in der online-ausgabe der „x3.“ wiedergegebene äußerung enthält den dargestellten aussagekern. bei der äußerung, es „sei nicht so ganz normal, die „k1. g. “ auf dem tisch zu haben“, wird aus dem kontext deutlich, dass die lektüre der „k. g. “ als hinweis für eine „nicht normale“ politische gesinnung herangezogen wird. dass der innenminister insoweit voranstellt, die lektüre der „k. g. “ sei nicht verboten, ändert an dem aussagegehalt nichts, dass sie als warnsignal für eine rechtsextreme gesinnung gewertet werden könne. denn das vorliegen eines warnsignals erfordert auch nach dem vorbringen des beklagten keine strafbaren oder verbotenen handlungen. bei der ermittlung des aussagegehalts der in der online-ausgabe der „x3.“ wiedergegebenen äußerung ist entgegen dem vorbringen des beklagten die selbstdarstellung der klägerin nicht von bedeutung. soweit der beklagte geltend macht, dass die aussage „es sei nicht so ganz normal die „k1. g. “ auf dem tisch zu haben“, auch positiv verstanden werden könne, weil die klägerin die von ihr verlegte wochenzeitung im hinblick auf die medienlandschaft ebenfalls als außergewöhnlich, mithin als nicht normal ansehe, überzeugt dies nicht. denn insoweit verkennt der beklagte den bei der ermittlung des aussagekerns maßgeblichen kontext der äußerung. der beklagte hat die lektüre der zeitung im zusammenhang mit einer politischen gesinnung als „nicht normal“ bezeichnet und keinen vergleich zu anderen presseerzeugnissen angestellt. 77der innenminister hat in seiner rede unabhängig vom konkreten wortlaut auch nicht lediglich, wie er im gerichtlichen verfahren nunmehr zu begründen versucht, dargelegt, dass in dem fall des polizeibeamten aus i. die lektüre der „k. g. “ auf eine (zulässige) rechtskonservative politische einstellung hingewiesen habe und durch weitere bekannt gewordene umstände eine rechtsextreme gesinnung hätte festgestellt werden können. der beklagte macht aus den vorstehenden gründen in beiden möglichen äußerungen vielmehr deutlich, dass bereits die lektüre der „k. g. “ als warnsignal für eine rechtsextreme gesinnung gewertet werden könne. 78auf den diesen beiden äußerungen innenwohnenden aussagekern kann für die frage des vorliegens eines rechtswidrigen eingriffs in die pressefreiheit nach der bereits dargestellten „kerntheorie“ auch abgestellt werden. insbesondere würde es dem zweck der „kerntheorie“ entgegenlaufen, wenn diese nur im rahmen der vollstreckung zur anwendung käme, und der unterlassungstitel stets die konkrete formulierung der zu unterlassenden äußerung enthalten müsste. denn eine solche dem sinn der „kerntheorie“ widersprechende anwendung würde zu dem nicht tragbaren ergebnis führen, dass eine klage abgewiesen werden müsste, wenn der genaue wortlaut der beanstandeten äußerung – wie hier – nicht ermittelt werden könnte, hingegen der aussagekern der in frage kommenden äußerungen identisch ist und einen anspruch auf unterlassung begründete. unschädlich ist insoweit auch, dass sich der kontext des zu untersagenden aussagekerns nicht aus dem tenor ergibt. denn dies ist den unterlassungstiteln immanent und stellt keine besonderheit der anwendung der „kerntheorie“ dar. hinsichtlich der reichweite des ausgesprochenen unterlassungsgebots bedarf es stets der heranziehung der entscheidungsgründe. 79danach liegt ein eingriff in die pressefreiheit der klägerin vor, weil die angegriffene aussage jedenfalls geeignet ist, potentielle leser davon abzuhalten, die zeitung zu erwerben und zu lesen. insbesondere polizeibeamte, die jeglichen verdacht auf eine rechtsextreme gesinnung und die beobachtung durch extremismusbeauftragte vermeiden wollen, bleibt letztlich nur der verzicht auf die lektüre. die äußerung entfaltet entgegen den ausführungen des beklagten zudem nicht nur eine negative wirkung im hinblick auf polizeibeamte als potentielle leser der „k. g. “. die rede des innenministers erfolgte zwar im rahmen der einführung von extremismusbeauftragten bei der polizei, enthält hingegen die allgemeine aussage, dass die lektüre der „k. g. “ ein hinweis auf eine rechtsextreme gesinnung sein könne. diese vermutung ist nicht an die anstellung als polizeibeamter geknüpft. vielmehr ist diese aussage – wenn auch in einem geringeren ausmaß, weil nicht (zusätzlich) die beobachtung durch einen extremismusbeauftragten droht – geeignet, potentielle weitere leser von dem erwerb der zeitung abzuhalten. denn auch andere personen wollen sich in ihrem sozialen umfeld nicht des verdachts einer rechtsextremen gesinnung aussetzen. für die frage des vorliegens eines eingriffs in die pressefreiheit ist auch unbeachtlich, dass sich die rede im schwerpunkt nicht mit der „k. g. “ befasst hat, sondern diese nur „am rande“ zur sprache gekommen ist. denn auch eine beiläufige äußerung kann, wenn sie wie vorliegend geeignet ist, potentielle leser der zeitung abzuschrecken, für die verletzung der pressefreiheit ausreichen. der einwand des beklagten, dass die äußerung nicht die aussage enthalten habe, dass alleine das lesen der „k. g. “ eine rechtsextreme gesinnung offenbare oder einen entsprechenden verdacht begründen könne, sondern die „k1. g. “ in der gesamtschau mit weiteren umständen als warnsignal hätte erkannt werden können, führt ebenfalls zu keiner anderen beurteilung. denn auch dieses verständnis der aussage ist aus den genannten gründen bereits geeignet, potentielle leser von der lektüre der zeitung abzuhalten. ebenso führt die von dem beklagten als „relativierung“ bezeichnete einordnung, dass das lesen der „k. g. “ nicht verboten sei, zu keiner anderen bewertung. denn dies ist lediglich die darstellung einer wahren tatsache, ohne dass dies die nachfolgende stigmatisierende aussage entschärfen würde. insbesondere weil auch nach dem vorbringen des beklagten die annahme eines verdachts auf eine rechtsextreme gesinnung sowie die beobachtung durch die extremismusbeauftragten nicht die begehung verbotener handlungen voraussetzt. für die frage eines eingriffs in die pressefreiheit der klägerin durch die getätigte äußerung kommt es auch auf die ausführungen des beklagten zu der selbst- und fremdwahrnehmung der von der klägerin verlegten wochenzeitung nicht an. wie bereits dargestellt knüpft der beklagte bei den ausführungen zu der selbstwahrnehmung der klägerin an einen anderen bezugspunkt an, nämlich die abgrenzung zu anderen medien, und nicht an die politische gesinnung der leser der zeitung. auch die bezugnahme auf die wertung von politikwissenschaftlern und der damit einhergehende versuch des beklagten, die äußerung in einen sachlichen kontext zu stellen, überzeugt nicht. denn der beklagte hat sich in seiner rede nicht sachlich mit der politischen ausrichtung, den inhalten oder werten der „k. g. “ oder den wertungen der politikwissenschaftler auseinandergesetzt. er hat vielmehr im zusammenhang mit der aufzählung von indizien für eine rechtsextreme gesinnung ohne jegliche zäsur die zeitung der klägerin genannt und stigmatisiert. soweit der beklagte vorträgt, dass die aussage des innenministers jedenfalls durch die ebenfalls veröffentlichte äußerung des lafp-direktors g. , die „k1. g. “ werde nicht vom verfassungsschutz beobachtet, richtig eingeordnet worden sei und die eingriffsqualität deshalb entfalle, überzeugt dies nicht. vielmehr wird durch die aussage von herrn g. deutlich, dass es nach der rede des innenministers einer entsprechenden einordnung bedurfte, und ändert nichts an der aussage des beklagten, dass die lektüre der „k. g. “ (dennoch) als warnsignal für eine rechtsextreme gesinnung gewertet werden könne. 80eine andere beurteilung folgt auch nicht aus dem umstand, dass die klägerin keine konkreten nachteiligen auswirkungen der äußerung dargelegt und den kritischen leserbrief nur anonymisiert vorgelegt hat. denn zur annahme einer grundrechtsbeeinträchtigung reicht grundsätzlich auch die darlegung möglicher folgen der äußerung ohne konkrete nachweise oder belege aus. wegen der hohen wertigkeit des kommunikationsgrundrechts aus art. 5 abs. 1 satz 2 gg in der freiheitlichen demokratischen grundordnung können keine übermäßigen anforderungen an die darlegung zu erwartender beeinträchtigungen gestellt werden. sonst bestünde die gefahr, dass ein effektiver grundrechtsschutz in fällen nicht gewährleistet wäre, in denen nachteilige auswirkungen nur schwer belegbar sind. 81vgl. bverfg, beschluss vom 24. mai 2005 – 1 bvr 1072/01 –, juris, rn. 55. 82so liegt der fall hier. durch die äußerung des innenministers insbesondere in dem zusammenhang mit der frage nach dem vorliegen von warnsignalen für das bestehen einer extremistischen gesinnung ist es zumindest nicht unwahrscheinlich, dass sich solche leser von dem erwerb der zeitschrift abhalten lassen, die bereits den geringsten anschein einer rechtsextremen gesinnung vermeiden und mit der äußerung des beklagten nicht in zusammenhang gebracht werden wollen. dies ist hingegen für die klägerin nur schwer darzulegen, da sich kaum ermittelt lässt, ob von dem erwerb der zeitung oder dem abschluss eines abonnements aufgrund der äußerung des innenministers abgesehen wurde. 83die unter diesen gesichtspunkten zu bejahende mittelbar-faktische wirkung ist auch als eingriffsgleiche maßnahme zu werten, die in ihren wirkungen einem eingriff gleichkommt. soweit der beklagte unter bezugnahme auf die entscheidung des bundesverfassungsgerichts zur nennung der „k. g. “ im verfassungsschutzbericht ausführt, dass die dort genannten grundsätze für einen mittelbaren eingriff in die pressefreiheit, der einem zielgerichteten eingriff gleichkommt, nicht übertragen werden können, kann dem nicht gefolgt werden. denn das bundesverfassungsgericht hat insoweit ebenfalls darauf abgestellt, dass potentielle leser, leserbriefschreiber oder journalisten durch die nennung in dem verfassungsschutzbericht davon abgehalten werden könnten, die zeitung zu lesen, an diese zu schreiben oder für diese zu schreiben, um nicht in den verdacht einer verfassungsfeindlichen gesinnung zu geraten. einen von dem beklagten insoweit behaupteten nennenswerten unterschied zwischen den fallgestaltungen vermag das gericht nicht zu erkennen. vielmehr erscheinen die von dem bundesverfassungsgericht insoweit herausgearbeiteten grundsätze auf den vorliegenden fall, in dem durch die streitgegenständliche aussage der verdacht einer rechtsextremen gesinnung der leser der „k. g. “ begründet wird, durchaus übertragbar. die vorliegend nur mündliche äußerung hat im vergleich zu einer äußerung im verfassungsschutzbericht auch kein qualitativ geringeres gewicht. insbesondere die „flüchtigkeit“ des gesprochenen wortes spielt insoweit keine entscheidende rolle, da es um das unterlassen zukünftiger äußerungen in der öffentlichkeit geht, deren wirkungen ebenso weitreichend sein können wie eine veröffentlichung im verfassungsschutzbericht. 84vgl. so auch vg hamburg, urteil vom 11. oktober 2006 – 10 k 914/06 –, juris, rn. 58. 85die unter diesen gesichtspunkten zu bejahende mittelbar-faktische wirkung, die als eingriffsgleiche maßnahme zu werten ist, ist nicht gerechtfertigt. 86amtliche äußerungen eines hoheitsträgers mit eingriffsqualität sind gerechtfertigt, wenn sich der hoheitsträger im rahmen der ihm zugewiesenen aufgaben bewegt und die rechtsstaatlichen anforderungen an hoheitliche äußerungen in form des sachlichkeitsgebots gewahrt sind. 87der beklagte handelte zwar im rahmen seiner zugewiesenen aufgaben, da ihm gemäß art. 55 abs. 2 verf. nrw, nr. 4.7 und nr. 4.9 der bekanntmachung der neufassung der geschäftsbereiche der obersten landesbehörden in der fassung vom 29. märz 2018 das recht des öffentlichen dienstes und die polizei als geschäftsbereiche zugewiesen sind. die streitgegenständliche äußerung verstößt indes gegen das für jedes staatshandeln geltende, letztlich aus dem rechtsstaatsprinzip herzuleitende gebot der richtigkeit und sachlichkeit getätigter äußerungen. 88das sachlichkeitsgebot erfordert, dass mitgeteilte tatsachen zutreffend wiedergegeben werden und werturteile nicht auf sachfremden erwägungen beruhen und den sachlich gebotenen rahmen nicht überschreiten sowie auf einem im wesentlichen zutreffend und zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten tatsachenkern beruhen. außerdem dürfen die äußerungen im hinblick auf das mit der äußerung verfolgte sachliche ziel im verhältnis zu den grundrechtspositionen, in die eingegriffen wird, nicht unverhältnismäßig sein. die anforderungen an die verhältnismäßigkeit werden durch den rang des vom hoheitsträger zu schützenden rechtsgutes und die intensität seiner gefährdung einerseits und durch die art und schwere der beeinträchtigung des freiheitsrechts des nachteilig betroffenen andererseits geprägt. 89vgl. bverwg, urteil vom 13. september 2017 – 10 c 6/16 –, juris, rn. 27; ovg nrw, beschluss vom 12. juli 2005 – 15 b 1099/05 –, juris, rn. 15; ovg nrw, urteil vom 4. november 2016 – 15 a 2293/15 –, juris, rn. 103 ff. 90der beklagte kann sich insoweit nicht mit erfolg darauf berufen, dass ein weniger strenger maßstab bei der bewertung seiner äußerung gelten müsse, weil die äußerung nicht an die öffentlichkeit gerichtet war, sondern es sich um eine staatsinterne, dienstliche information gehandelt habe. die pressevertreter seien nur anwesend gewesen, um die öffentlichkeit über die einsetzung der extremismusbeauftragten zu informieren. der beklagte trägt damit selbst vor, dass pressevertreter anwesend gewesen seien und es sich gerade nicht um eine ausschließlich interne veranstaltung gehandelt hat. wenn die teilnahme von pressevertretern gewollt war, muss die äußerung auch an den sich daraus ergebenden maßstäben gemessen werden. 91danach hat der beklagte den rahmen des sachlich gebotenen überschritten. 92mit der aussage, dass das lesen der „k. g. “ als warnsignal für eine rechtsextreme gesinnung gewertet werden könne, hat der beklagte den boden einer sachlichen kommunikation verlassen. eine inhaltliche auseinandersetzung mit der von der klägerin verlegten wochenzeitung fand – wie bereits dargelegt – ebenso wenig wie eine begründung seiner geäußerten einschätzung statt. vielmehr verblieb der eindruck der nicht erläuterungsbedürftigen selbstverständlichkeit, dass das lesen der „k. g. “ als warnsignal für eine rechtsextreme gesinnung gewertet werden könne. soweit der beklagte vorträgt, dass nicht jede öffentliche äußerung umfassend begründet werden müsse, mag dem zuzustimmen sein, wenn die äußerung auf einem vertretbar gewürdigten tatsachenkern beruht. dies ist hingegen nicht der fall. soweit der beklagte anführt, dass der festgenommene polizeibeamte aus i. die „k1. g. “ gelesen habe und bei ihm eine rechtsextreme gesinnung festgestellt worden sei, erschließt sich der zusammenhang zwischen diesen beiden tatsachen nicht. diesen hat der beklagte weder in seiner rede noch im gerichtlichen verfahren dargestellt. es vermag auch der verweis des beklagten auf die selbst- und fremdwahrnehmung der „k. g. “ keine rechtfertigung der äußerung zu begründen. insbesondere weil die klägerin selbst nicht geäußert hat, auch rechtsextreme ansichten zu vertreten oder zu dulden. auch entbehren die in bezug genommenen einschätzungen einiger politikwissenschaftler ihrerseits jeder tatsachengrundlage, bleiben jeden tragfähigen beleg schuldig und haben rein politisch wertenden charakter. die ohne nähere tragfähige begründung getätigte aussage des innenministers beruht auch nicht auf offenkundigen tatsachen. dies gilt insbesondere vor dem hintergrund, dass bereits 2005 vom bundesverfassungsgericht die nennung der „k. g. “ im verfassungsschutzbericht und der damit einhergehende verdacht, dass die zeitung verfassungsfeindliche inhalte enthalte, als unzulässig angesehen wurde. 93vgl. bverfg, beschluss vom 24. mai 2005 – 1 bvr 1072/01 –, juris. 94eine aktuelle aufnahme im verfassungsschutzbericht oder entsprechende bestrebungen sind – ungeachtet dessen, ob diese die aussage des innenministers rechtfertigen könnten – weder bekannt noch wurden solche von dem beklagten vorgetragen. insoweit überzeugt auch der einwand des beklagten nicht, dass in dem redemanuskript darauf hingewiesen worden sei, dass die ansprache des beamten des polizeipräsidiums i. aufgrund der lektüre der „k. g. “ bereits zehn jahre zurückliege und dementsprechend die politische ausrichtung der zeitung vor zehn jahren betrachtet werden müsse. denn zum einen lag die genannte entscheidung des bundesverfassungsgerichts im jahr 2010 bereits vor und zum anderen kommt in der rede eine solche einschränkung, dass die „k1. g. “ in den vergangenen jahren gegebenenfalls einen wandel ihrer politischen positionierung durchlaufen hat, nicht zum ausdruck. es verbleibt bei der pauschalen und allgemeingültigen aussage, dass die lektüre der „k. g. “ auch aktuell als warnsignal für eine rechtsextreme gesinnung gewertet werden könne. 95schließlich besteht hinsichtlich der streitgegenständlichen äußerungen auch die für den unterlassungsanspruch erforderliche wiederholungsgefahr. sie erfordert die auf tatsachen gegründete objektiv ernstliche besorgnis weiterer störungen zum zeitpunkt der letzten mündlichen tatsachenverhandlung. insoweit ist eine umfassende würdigung sämtlicher umstände des einzelfalles erforderlich. die weigerung, gegenüber dem betroffenen eine unterlassungserklärung abzugeben, strafbewehrt oder formlos, ist hierbei nur ein indiz. 96vgl. ovg niedersachsen, beschluss vom 25. juli 2014 – 13 me 97/14 –, juris, rn. 9; ovg sachsen, beschluss vom 7. august 2013 – 4 b 383/12 –, juris, rn. 8; vgh bayern, beschluss vom 13. juni 2013 – 4 ce 13.944 –, juris, rn. 25; vg berlin, urteil vom 16. april 2019 – 6 k 13.19 –, juris, rn. 35 f.; vg hannover, beschluss vom 3. juni 2014 – 1 b 7660/14 –, juris, rn. 65 f.; vg hamburg, urteil vom 11. oktober 2006 – 10 k 914/06 –, juris, rn. 83, m. w. n. 97die hier zu betrachtenden vorgänge begründen nach diesem maßstab in der zusammenschau die ernstliche besorgnis weiterer beeinträchtigungen. der beklagte hält, wie bereits dargestellt, an der zulässigkeit seiner aussage fest. zudem ist die thematik der bekämpfung von rechtsextremismus in der polizei weiterhin aktuell, sodass nicht erkennbar ist, aus welchem grund der beklagte, der bereits in der streitgegenständlichen rede die von der klägerin verlegte zeitung bewusst genannt hat, diese nunmehr nicht mehr zum gegenstand seiner äußerungen machen sollte. allein der umstand, dass der beklagte während des laufenden gerichtlichen verfahrens die streitgegenständliche aussage nicht wiederholt hat, führt nicht zu dem entfallen der wiederholungsgefahr, sondern entspricht dem zur vermeidung von weiteren verfahren adäquaten verhalten eines hoheitsträgers. 98aufgrund des vorstehend festgestellten, nicht gerechtfertigten eingriffs in die pressefreiheit kann dahinstehen, ob durch die äußerung auch ein eingriff in den eingerichteten und ausgeübten gewerbebetrieb der klägerin vorliegt. 99die durch dieses urteil ausgesprochene unterlassungsanordnung bindet den beklagten nach den üblichen grenzen der rechtskraft eines jeden urteils bis zum eintritt einer entscheidungserheblichen änderung der sach- oder rechtlage. 100die klägerin hat auch einen anspruch auf die androhung eines ordnungsgeldes. 101grundlage für die androhung des ordnungsgeldes ist § 890 abs. 1 und 2 zpo in verbindung mit § 167 abs. 1 vwgo. nach § 890 abs. 1 satz 1 zpo in verbindung mit § 167 abs. 1 vwgo ist ein schuldner, der der verpflichtung zuwiderhandelt, eine handlung zu unterlassen, wegen jeder zuwiderhandlung auf antrag des gläubigers vom prozessgericht des ersten rechtszugs zu einem ordnungsgeld zu verurteilen, wobei das einzelne ordnungsgeld nach § 890 abs. 1 satz 2 zpo in verbindung mit § 167 abs. 1 vwgo 250.000 euro nicht übersteigen darf. der verurteilung muss gemäß § 890 abs. 2 zpo in verbindung mit § 167 abs. 1 vwgo eine entsprechende androhung vorausgehen, die auf antrag des gläubigers von dem prozessgericht des ersten rechtszugs erlassen wird, aber wie hier auch bereits in dem zur unterlassung verpflichtenden urteil enthalten sein kann. 102vgl. vgh bayern, urteil vom 2. oktober 2012 – 10 bv 09.1860 –, juris, rn. 85. 103danach erscheint die androhung eines ordnungsgeldes für jeden fall der zuwiderhandlung in höhe von 10.000 euro angemessen, um den beklagten zur beachtung des unterlassungsanspruchs der klägerin anzuhalten, obwohl es den nach § 890 abs. 1 satz 2 zpo in verbindung mit § 167 abs. 1 vwgo zulässigen höchstbetrag für das einzelne ordnungsgeld von 250.000 euro deutlich unterschreitet und sich im unteren beantragten rahmen bewegt. bei juristischen personen des öffentlichen rechts, wie dem beklagten, die nach art. 20 abs. 3 gg an recht und gesetz gebunden sind, bedarf es in der regel nur geringerer ordnungsgelder, um die einhaltung ihrer verpflichtungen zu erzwingen. dies kommt auch in § 172 vwgo zum ausdruck, der für die vollstreckung der dort genannten behördlichen verpflichtungen mit 10.000 euro ein deutlich geringeres zwangsgeld als den in § 890 abs. 1 satz 2 zpo in verbindung mit § 167 abs. 1 vwgo genannten höchstbetrag von 250.000 euro für das einzelne ordnungsgeld vorsieht. 104der ausspruch bleibt auch weder hinter dem klägerisch antrag zurück noch geht er über diesen hinaus, da die klägerin die androhung eines ordnungsgeldes bis zu 50.000 euro beantragt hat und sich die austenorierte androhung eines ordnungsgeldes in diesem rahmen bewegt. 1052. 106die klägerin hat auch einen anspruch auf die von ihr begehrte und insoweit begrenzte richtigstellung der äußerung in der form, dass der beklagte den extremismusbeauftragten für die polizeibehörden des landes o. -x. binnen vier wochen nach rechtskraft des urteils mitteilen muss, dass seine aussage in seiner rede am 25. mai 2020 im rahmen der auftaktveranstaltung der extremismusbeauftragten der polizeibehörden des landes o. -x. , die lektüre der „k. g. “ könne als warnsignal für eine rechtsextreme gesinnung gewertet werden, rechtswidrig war. 107auch insoweit hält sich das gericht innerhalb des auf folgenbeseitigung der aussage in der konkret getroffenen form gerichteten antrages und nimmt durch die benennung der rede lediglich eine konkretisierung vor. 108rechtsgrundlage für den von der klägerin geltend gemachten anspruch ist der - gewohnheitsrechtlich anerkannte - öffentlich-rechtliche folgenbeseitigungsanspruch. er verpflichtet zur herstellung des früheren zustands und setzt voraus, dass durch hoheitlichen eingriff in ein subjektiv-öffentliches recht aus einfachgesetzlichen vorschriften oder grundrechten ein rechtswidriger zustand geschaffen wurde, der fortdauert. 109vgl. bverwg, urteil vom 23. mai 1989 – 7 c 2/87 –, juris, rn. 80. 110diese voraussetzungen sind hier gegeben. 111der beklagte hat durch seine aussage bei der auftaktveranstaltung der extremismusbeauftragten, wie bereits dargestellt, rechtswidrig in das recht auf pressefreiheit der klägerin eingegriffen. dieser rechtswidrige zustand dauert auch noch an. denn solange die extremismusbeauftragten die zulässigkeit der aussage des beklagten annehmen, besteht insbesondere angesichts des an diese gerichteten auftrags, niederschwellig hinweise und indizien für eine rechtsextreme gesinnung zu sammeln, die gefahr, dass auch die lektüre der „k. g. “ als ein solches indiz angesehen und die polizeibeamten entsprechend von einer lektüre abgehalten werden. 112zur beseitigung dieser rechtswidrigen folge bedarf es der abgabe einer erklärung des beklagten, welche die nachteilige wirkung der eingreifenden äußerung aufhebt oder zumindest schmälert. dies wird durch die an die extremimusbeauftragten gerichtete erklärung, dass die im rahmen der auftaktveranstaltung getätigte aussage rechtswidrig war, gewährleistet. insbesondere durch den rein zurücknehmenden charakter der erklärung und der konkretisierung auf den kontext, in dem die aussage gefallen ist, wird der zustand vor dem rechtswidrigen eingriff wiederhergestellt, ohne eine besserstellung der klägerin zu bewirken. 113der folgenbeseitigungsanspruch ist auch nicht ausgeschlossen, weil die wiederherstellung des ursprünglichen zustandes unzumutbar wäre. eine solche unzumutbarkeit folgt insbesondere nicht aus der ständigen rechtsprechung des bundesgerichtshofs, nach der allein rechtsverletzende unwahre tatsachenbehauptungen geeignet sind, ein widerrufs- bzw. richtigstellungsverlangen zu rechtfertigen; nicht dagegen wertungen und meinungsäußerungen, da niemand mit staatlichen mitteln gezwungen werden könne, eine überzeugung aufzugeben oder eine würdigung zurückzunehmen. 114vgl. bgh, urteile vom 3. mai 1988 – vi zr 276/87 –, juris, rn. 9, 17. februar 1987 – vi zr 77/86 –, juris, rn. 35, 22. juni 1982 – vi zr 251/80 –, juris, rn. 12, 17. november 1964 – vi zr 181/63 –, juris, rn. 16, 17. juni 1953 – vi zr 51/52 –, juris, rn. 4. 115diese rechtsprechung ist zwar grundsätzlich auch auf amtsträger anwendbar, da von diesen nicht verlangt werden kann, dass sie nach außen hin von einer auffassung abrücken, die sie innerlich aufrechterhalten, obgleich sich hoheitsträger nicht auf die meinungsäußerungsfreiheit nach art. 5 gg berufen können. 116vgl. bverfg, nichtannahmebeschluss vom 7. mai 1997 – 1 bvr 1805/92 –, juris, rn. 1; vg münchen, urteil vom 17. oktober 2014 – m 22 k 13.2076 –, juris, rn. 18; vg cottbus, beschluss vom 31. mai 2016 – 1 l 215/16 –, juris, rn. 63. 117es bestehen aber erhebliche zweifel, ob diese rechtsprechung uneingeschränkt auf den öffentlich-rechtlichen folgenbeseitigungsanspruch übertragbar oder auf die fälle begrenzt ist, in denen der hoheitsträger, vergleichbar den von der ordentlichen gerichtsbarkeit zu entscheidenden fällen, auf der ebene der gleichordnung agiert bzw. offenkundig eine private meinung geäußert hat. denn die unzumutbarkeit des widerrufs von meinungsäußerungen ergibt sich bei zivilrechtlichen streitigkeiten aus dem gedanken des schutzes der meinungsfreiheit des bürgers gemäß art. 5 abs. 1 satz 1 fall 1 gg, welcher einem zwang zur aufgabe einer meinung entgegensteht. die in ausübung eines öffentlichen amtes abgegebenen äußerungen genießen jedoch nicht den schutz der meinungsfreiheit. insoweit dürfte auch die entscheidung des bundesverfassungsgerichts vom 7. mai 1997 – 1 bvr 1805/92 –, nach der der grundsätzliche ausschluss eines anspruchs auf widerruf von werturteilen auch für amtsträger gelte, nicht zwingend eine andere beurteilung begründen, da der entscheidung ein verfahren vor der ordentlichen gerichtsbarkeit vorausgegangen ist und danach der entscheidung gerade kein öffentlich-rechtlicher folgenbeseitigungsanspruch zugrunde lag. 118letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da es sich bei der äußerung des innenministers nicht lediglich um einen meinungsbeitrag in einer diskussion handelte, sondern seiner darstellung im rahmen der auftaktveranstaltung für die extremismusbeauftragten ein handlungsleitender charakter innewohnte, der einem widerruf zugänglich ist. der innenminister hat sich als vorgesetzter der extremismusbeauftragten geäußert; sie haben sich bei ihrer tätigkeit an seinen vorgaben auszurichten, selbst wenn keine konkrete weisung formuliert worden ist. 119aufgrund des erfolgs der hauptanträge bedürfen die von der klägerin hilfsweise gestellten anträge keiner prüfung. 120die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1, 155 abs. 2 vwgo. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. den §§ 709 satz 1, 708 nr. 11, 711 zpo. 121gründe für eine zulassung der berufung nach §§ 124a abs. 1 satz 1, 124 abs. 2 nr. 3 vwgo liegen nicht vor. inhalt und grenzen der äußerungsbefugnisse von hoheitsträgern gegenüber nichtstaatlichen akteuren sind höchst- und obergerichtlich geklärt. von grundsätzlicher bedeutung ist das verfahren auch nicht im hinblick auf die frage, ob ein hoheitsträger zum widerruf einer meinungsäußerung verurteilt werden kann. denn insoweit findet in der vorliegenden entscheidung keine fortbildung dieser rechtsprechung statt. vielmehr konnte das gericht die reichweite der diesbezüglichen rechtsprechung offen lassen. 122rechtsmittelbelehrung: 123gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 124der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 125innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 126die berufung ist nur zuzulassen, 1271. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 1282. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 1293. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 1304. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 1315. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 132die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 133über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 134im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 135die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 136beschluss: 137der streitwert wird auf 10.000,00 euro festgesetzt. 138gründe: 139die festsetzung des streitwertes ist nach §§ 52 abs. 2, 39 abs. 1 gkg erfolgt. 140rechtsmittelbelehrung: 141gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 142die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 143die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 144die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 145die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 146war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | Klaeger*in | 1 |
340,663 | 25 K 3240/20.A | 2021-09-14T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung der Ziffern 4. – 6. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 3. Juni 2020 verpflichtet, festzustellen, dass zugunsten des Klägers ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegt. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet 1Tatbestand: 2Der nach eigenen Angaben am 00.00.2001 in U. /Iran geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, dem Volk der Hazara zugehörig und schiitisch-muslimischen Glaubens. Er reiste am 6. November 2019 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 12. November 2019 einen Asylantrag. 3In seiner Anhörung bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 29. November 2019 trug der Kläger im Wesentlichen vor, seine Eltern hätten vor seiner Geburt als Flüchtlinge im Iran gelebt und er sei dort geboren. Im Alter von etwa fünf Jahren sei er zuletzt in Afghanistan gewesen und habe sich ca. sechs Monate dort aufgehalten. Danach sei die Familie wieder in den Iran gegangen. Im Iran habe er bis zu seiner Ausreise im Oktober 2018 gelebt. Seine Mutter habe ihm erzählt, dass der Vater in Afghanistan für die Amerikaner gearbeitet habe. Weil er für die Ungläubigen gearbeitet habe, sei er getötet worden, und aus Angst, dass sie alle getötet würden, habe sie Afghanistan verlassen müssen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte er, dass er wegen seines Vaters getötet werde, und auch, weil er ein Hazara und Schiit sei. 4Mit Bescheid des Bundesamtes vom 3. Juni 2020 lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1.), den Antrag auf Asylanerkennung (Ziffer 2.) und die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ab (Ziffer 3.) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Ziffer 4.). Die Beklagte forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, und drohte ihm die Abschiebung nach Afghanistan an (Ziffer 5.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG befristete sie auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6.). 5Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus: Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen nicht vor. Der Kläger sei kein Flüchtling. Aus seinen Ausführungen ergäben sich keine genügenden Anhaltspunkte, dass er Afghanistan aufgrund einer bereits erlittenen oder unmittelbar bevorstehenden Verfolgung oder einem ernsthaften Schaden verlassen habe. Es könne dahingestellt bleiben, ob er als Minderjähriger zusammen mit seiner Mutter Afghanistan aufgrund einer konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung bezüglich seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verlassen habe. Denn soweit er sich auf die Tötung seines Vaters und die Bedrohung seiner Familie berufe, weil dieser für die Amerikaner gearbeitet habe, und befürchte, bei einer Rückkehr in sein Heimatland auch getötet zu werden, könne dies aufgrund der langen Zeitzäsur für ihn keine Beachtung finden. Nach seinem Vorbringen sei er persönlich nie in seinem Herkunftsland Afghanistan bedroht worden und er habe nach seiner letzten Ausreise aus Afghanistan etwa zwölf Jahre im Iran gelebt. Jedenfalls sei davon auszugehen, dass ihm heute bei Einreise in Afghanistan keine Verfolgung drohe. Auch sein Vorbringen, er befürchte, bei einer Rückkehr nach Afghanistan als ein Volkszugehöriger der Hazara mit schiitischem Glauben getötet zu werden, begründe keine flüchtlingsrechtlich relevante Furcht vor Verfolgung. Hieraus folge nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung. Die engeren Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter lägen sodann ebenfalls nicht vor. 6Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG sei weder durch den Kläger vorgetragen worden noch sei sie nach Aktenlage ersichtlich. Wie bereits bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft festgestellt, liege weder eine Verfolgungshandlung vor noch drohe dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan eine solche. Der Kläger müsse auch keine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit befürchten, weil er als Zivilperson nicht von willkürlicher Gewalt im Rahmen eines in seinem Herkunftsland bestehenden innerstaatlichen bewaffneten Konflikts betroffen sei. 7Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Eine Abschiebung sei nicht nach § 60 Abs. 5 AufenthG unzulässig. Wie bereits im Rahmen der Prüfung des § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG festgestellt, drohe dem Kläger in Afghanistan keine durch einen staatlichen oder nichtstaatlichen Akteur verursachte Folter oder relevante unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Auch die derzeitigen humanitären Bedingungen in Afghanistan führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Der Kläger sei ein junger erwerbsfähiger Mann, der bereits im Iran als Handwerker gearbeitet und seine Reise nach Europa habe finanzieren können. Es sei daher davon auszugehen, dass er, der mangels familiärer Bindungen keine Unterhaltslasten habe, auch ohne abgeschlossene Berufsausbildung und ohne familiären Rückhalt im Falle einer Rückkehr in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten (etwa in Kabul) wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen, sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren und allmählich wieder in die afghanische Gesellschaft zu integrieren. Auch wenn der Kläger über kein Familiennetz in Afghanistan verfüge, könne er finanzielle Unterstützung durch Familienangehörige im Ausland in Anspruch nehmen. Zudem könne er als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara im Falle einer Rückkehr nach Kabul auf die Hazara-Gemeinschaft in Kabul zurückgreifen, die sich um Neuankömmlinge über eine Reihe von sozialen Netzwerken kümmere. Es drohe dem Kläger auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. 8Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist von 30 Tagen ergebe sich aus § 38 Abs. 1 AsylG. Im Falle der Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. 9Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot werde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Die Befristung auf 30 Monate sei im vorliegenden Fall angemessen. Anhaltspunkte für eine kürzere Fristsetzung, aufgrund schutzwürdiger Belange, seien weder vorgetragen worden noch lägen sie nach den Erkenntnissen des Bundesamtes vor. 10Der Bescheid wurde dem Kläger am 5. Juni 2020 zugestellt. 11Am 12. Juni 2020 hat der Kläger Klage erhoben. 12Zur Begründung seiner Klage verweist der Kläger im Wesentlichen auf die Folgen der Corona-Pandemie in Afghanistan. Außerdem habe er, seit die Familie Afghanistan verlassen habe, als er fünf Jahre alt gewesen sei, im Iran gelebt. Er habe früher einen Onkel und eine Tante in Afghanistan gehabt, die seien inzwischen aber beide verstorben. Weitere Verwandte in seinem Heimatland habe er nicht mehr, der Rest der Familie lebe im Iran. Er habe im Iran nur ein paar Jahre die Schule besucht, dann aber mit diversen Gelegenheitsjobs versuchen müssen, Geld zu verdienen. Seine Mutter leide an diversen Krankheiten (Herz-Kreislauf, chronische Magenentzündung) und sei auf seine Unterstützung angewiesen. Er habe im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan keine Möglichkeiten, unterzukommen, und wäre völlig auf sich allein gestellt, ihm drohten Obdachlosigkeit und Verarmung. Hinzu kämen die allgemeine Sicherheitslage sowie die hohe Arbeitslosigkeit. 13Der Kläger beantragt, 14die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 4. – 6. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 3. Juni 2020 zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt. 15Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 16die Klage abzuweisen, 17und bezieht sich zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Die Klage hat Erfolg. 21Sie ist zulässig, insbesondere fristgemäß erhoben. 22Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 3. Juni 2020 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, als von der – allein streitgegenständlichen – Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) abgesehen wurde (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG)) Anspruch auf die Feststellung, dass zu seinen Gunsten ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistan besteht. 23Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Dies ist hier im Hinblick auf Art. 3 EMRK der Fall. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Dabei können nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) in ganz außergewöhnlichen Fällen auch schlechte humanitäre Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung bzw. Abschiebung „zwingend“ sind. 24Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013, 10 C 15.12, juris (Rn. 23 ff.); VGH BaWü, Urteile vom 17. Januar 2018, A 11 S 241/17, juris (Rn. 253 ff.), sowie vom 11. April 2018, A 11 S 924/17, juris (Rn. 116 ff.), jeweils m.w.N. 25Nicht erforderlich ist dabei, dass eine „Extremgefahr“ im Sinne der Rechtsprechung zur Rechtfertigung der Durchbrechung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG gegeben ist. 26Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. August 2018, 1 B 25.18, juris (Rn. 13). 27Bei der Prüfung der Gefahrenlage ist das ganze Land in den Blick zu nehmen und zunächst auf den Zielort der Abschiebung abzustellen, 28vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013, 10 C 15.12, a.a.O. (Rn. 26), 29das heißt hier Kabul. 30Danach liegen hier zwingende humanitäre Gründe gegen die Abschiebung vor. 31Die humanitäre Lage in Afghanistan und speziell in Kabul war bereits im zweiten Quartal des Jahres 2021 und vor der Machtübernahme durch die Taliban Mitte August 2021 über jedenfalls fast das gesamte Staatsgebiet Afghanistans, 32zur von den Taliban (erneut) verkündeten Eroberung auch des Pandschir-Tals vgl. https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-pandschir-101.html, sowie Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), Afghanistan: Gefährdung durch die Taliban (2. September 2021), S. 4 und 6 f. und https://www.bbc.com/news/world-asia-58545892, 33angespannt. Hierzu hat das erkennende Gericht im Mai 2021 (auszugsweise) ausgeführt, dass die humanitäre Lage (bereits seinerzeit) in wesentlichen Teilbereichen nach wie vor stark defizitär war, und weiter: 34„Afghanistan ist nach wie vor eines der ärmsten Länder der Welt. Trotz Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, erheblicher Anstrengungen der afghanischen Regierung und kontinuierlicher Fortschritte in den vergangenen Jahren belegte Afghanistan 2016 lediglich Platz 169 von 188 im Human Development Index der Vereinten Nationen. 35Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 31. Mai 2018 (Stand: Mai 2018), S. 25. 36Die Wirtschaftsdaten des Landes erweisen sich als äußerst volatil. Während das durchschnittliche Wirtschaftswachstum zwischen 2003 und 2013 bei 9 % gelegen hatte, sank es in den Jahren 2014 bis 2017 auf Werte zwischen 1,5 und 2,7 %. Sodann wurde zunächst eine – wenn auch für externe Einflüsse anfällige – Stabilisierung erwartet, die nach Schätzungen bis 2021 zu einer Wachstumsrate von 3,6 % hätte führen können. 37Vgl. EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan – Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City (April 2019), S. 23 ff. 38Die (schwer festzustellende) Arbeitslosenzahl belief sich nach Angaben der Weltbank 2014 auf 9,1 %, während eine Umfrage zu den afghanischen Lebensverhältnissen (ALCS) im selben Jahr einen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 24 % ergab, wobei weitere 15,3 % „unterbeschäftigt" waren. Eine weitere Verschlechterung war bereits zu diesem Zeitpunkt zu befürchten. Gleiches galt für die damit in Zusammenhang stehende Armutsquote. Der Anteil der Bevölkerung, der unterhalb der nationalen Armutsgrenze lebte, stieg in den Jahren 2016 / 2017 auf 54,5 %. Dementsprechend waren 2016 insgesamt 1,6 Million Afghanen oder 6 % der Bevölkerung von ernsthafter Lebensmittelunsicherheit und weitere 9,7 Millionen oder 34 % von mittelschwerer Lebensmittelunsicherheit betroffen. Dabei bestanden signifikante regionale Unterschiede. Insoweit stellte sich im Jahre 2016 die Situation in Städten auch erstmals schlechter dar als in ländlichen Gebieten. 39Vgl. EASO, Country Guidance: Afghanistan (Juni 2019), S. 132 ff., und Country of Origin Information Report: Afghanistan – Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City (April 2019), S. 27 ff.; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19. Oktober 2016 (Stand: September 2016), S. 21 f., sowie vom 31. Mai 2018 (Stand: Mai 2018), S. 25 f.; UNHCR – Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016, S. 31; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Corinne Troxler, Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage (30. September 2016), S. 27 ff. 40Dementsprechend ermittelte eine Studie aus dem Jahre 2014 für fünf große afghanische Städte (Kabul, Herat, Jalalabad, Mazar-e Sharif und Kandahar) auch eine im landesweiten Vergleich deutlich höhere durchschnittliche Armutsquote von 78,2 %. 41Vgl. Samuel Hall, Urban Poverty Report – A Study of Poverty, Food Insecurity und Resilience in Afghan Cities (2014), abrufbar unter: http://samuelhall.org/drc-pin-urban-poverty-report/, S. 6. 42Wesentlicher Gesichtspunkt für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes ist dabei das erhebliche Bevölkerungswachstum, das zuletzt bei 2,7 % lag und Ende 2020 von der Weltbank mit 2,3 % angegeben wurde; dies kommt in etwa einer Verdoppelung der Bevölkerung innerhalb einer Generation gleich. 47 % der Bevölkerung sind unter 15 Jahren alt. Die Möglichkeiten des afghanischen Staates, die Grundbedürfnisse der eigenen Bevölkerung zu befriedigen und ein Mindestmaß an sozialen Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen, geraten dadurch zusätzlich unter Druck, bzw. macht dieses Wachstum dies dem afghanischen Staat nahezu unmöglich. 43Vgl. EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan – Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City (April 2019), S. 23 f., sowie Country of Origin Information Report: Afghanistan – Key socio-economic indicators, state protection, and mobililty in Kabul City, Mazar-e Sharif, and Herat City (August 2017), S. 19; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19. Oktober 2016 (Stand: September 2016), S. 21, vom 31. Mai 2018 (Stand: Mai 2018), S. 25, sowie vom 16. Juli 2020 (Stand Juni 2020), S. 22; vgl. UN-OCHA, Afghanistan: Humanitarian Needs Overview, S. 14. 44In humanitären Geberkreisen wird von einer Armutsrate von 80 % in Afghanistan ausgegangen. Auch die Weltbank prognostiziert einen weiteren Anstieg ihrer Rate von 55 % aus dem Jahr 2016, da das Wirtschaftswachstum durch die hohen Geburtenraten absorbiert werde. 45Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 16. Juli 2020 (Stand. Juni 2020), S. 22. 46Diese Entwicklung wird verstärkt durch die große Zahl von Personen, die innerhalb Afghanistans in die Flucht getrieben werden. Bis Ende 2015 waren dies mehr als 1 Million Menschen, im Jahre 2016 eine weitere halbe Million, bis Ende März 2018 weitere 54.000, von denen viele letztlich in großen urbanen Zentren mit nur beschränkten Aufnahmekapazitäten endeten, in denen der Zugang zur Grundversorgung ein größeres Problem darstellt. Hinzu kamen gut eine Million registrierter und nicht registrierter afghanischer Flüchtlinge aus Pakistan und dem Iran, die im Jahre 2016 in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Dabei ist speziell Kabul nicht nur traditionell zu etwa 40 % das wesentliche Zufluchtsgebiet der vom Konflikt betroffenen Binnenvertriebenen, sondern war auch massiv vom starken Anstieg der Zahl der Rückkehrer aus Pakistan betroffen. Dementsprechend ist Kabul von allen Städten Afghanistans diejenige mit dem größten Bevölkerungswachstum. Es belief sich bereits zwischen 2005 und 2015 Schätzungen zufolge auf 10 % jährlich und wurde sodann mit durchschnittlich 4,74 % jährlich angegeben, so dass in der Stadt Kabul offiziellen Schätzungen zufolge in den letzten Jahren zwischen 3,5 und 5,5 Millionen Menschen lebten. Dabei beträgt der Anteil der Einwohner, die in informellen Siedlungen in schlechter Lage und mit mangelnder Anbindung an Versorgung leben, schätzungsweise 70 %. Die Aufnahmekapazität der Stadt ist daher insbesondere aufgrund begrenzter Möglichkeiten der Existenzsicherung, der fehlenden Verfügbarkeit angemessener Unterbringung sowie des mangelnden Zugangs zu grundlegenden Versorgungsleistungen äußerst eingeschränkt. 47Vgl. UNHCR – Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016, S. 31 ff.; UNHCR, Anmerkungen zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern (Dezember 2016), S. 4 und 7; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 31. Mai 2018 (Stand: Mai 2018), S. 24; EASO, Country Guidance: Afghanistan (Juni 2019), S. 132 f.; EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan – Security Situation (Juni 2019), S. 72 ff.; EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan – Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City (April 2019), S. 56; vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), Afghanistan: Die aktuelle Sicherheitslage, 12. September 2018, S. 21; vgl. ACCORD, Afghanistan: Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in Herat, Mazar-e Sharif (Provinz Balkh) und Kabul 2010‑2018 vom 7. Dezember 2018, S. 14 ff. 48Allerdings stellte ein Bericht der afghanischen Regierung aus dem Jahre 2015 fest, dass die Mehrheit der Rückkehrer und Binnenvertriebenen, die in der Lage sind, sich an geeigneten Orten zu integrieren, innerhalb von drei Jahren einen mit der örtlichen Bevölkerung vergleichbaren Lebensstandard erreichen können, 49vgl. EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan – Key socio-economic indicators, state protection, and mobililty in Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City (August 2017), S. 41, 50zumal die Zahl der Binnenvertriebenen sodann zurückging. 51Vgl. Bericht des UNO-Generalsekretärs, The Situation in Afghanistan and its implications for international peace and security (28. Februar 2019), S. 12. 52In 2019 verließen laut dem United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (UN-OCHA) ca. 471.000 Menschen aufgrund des Konflikts innerhalb Afghanistans ihre Heimatregion, EASO benennt für diesen Zeitraum eine Zahl von ca. 461.000 Personen. Konfliktinduzierte Binnenflüchtlinge stammten vorwiegend aus den Provinzen Faryab, Takhar und Kunar. Insgesamt wurde die Zahl der Binnenvertriebenen zum Ende 2019 auf über 2,9 Millionen geschätzt. Die Mehrheit der Binnenflüchtlinge lebt, ähnlich wie Rückkehrer aus Pakistan und Iran, in Flüchtlingslagern, angemieteten Unterkünften oder bei Gastfamilien. Die Bedingungen sind prekär. Der Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und wirtschaftlicher Teilhabe ist stark eingeschränkt. Der hohe Konkurrenzdruck führt oft zu Konflikten. 75 % der Binnenflüchtlinge sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. 53Vgl. Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 16. Juli 2020 (Stand: Juni 2020), in der Fassung vom 14. Januar 2021, S. 21 f.; EASO, Afghanistan: Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City (August 2020), S. 14 f. und 40. 54Im ersten Quartal 2020 sorgten der andauernde Konflikt sowie Naturkatastrophen für weitere Binnenmigration, und viele Binnenvertriebene verbleiben an diesen Orten, da Konflikte und Armut sie davon abhalten, in ihre Heimatregionen zurückzukehren. 55EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan: Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City (August 2020), S. 14. 56Die Zahl der Rückkehrer aus Iran war bereits vor dem Jahr 2020 weiterhin auf einem hohen Stand, wenn auch grundsätzlich rückläufig (2019: 485.000; 2018: 775.000). Noch stärker war der Rückgang bei den Rückkehrern aus Pakistan erkennbar (2019: 19.900; 2018: 46.000). 57Vgl. Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 16. Juli 2020 (Stand: Juni 2020) in der Fassung vom 14. Januar 2021, S. 24. 58Zuletzt bewegte die sich verschlechternde Wirtschaftslage im Iran, zumal im Zuge der COVID-19-Krise, viele Afghanen zur Rückkehr in ihr Heimatland, laut IOM bis zum 30. April 2020 etwa 271.000 Rückkehrer. Seit Jahresbeginn bis Anfang Juli 2020 registrierte IOM insgesamt 363.963 Rückkehrer nach Afghanistan, mehr als 362.000 von ihnen aus Iran. 59Vgl. Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 16. Juli 2020 (Stand: Juni 2020) in der Fassung vom 14. Januar 2021, S. 18; EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan: Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City (August 2020), S. 16 f. 60Nach zuletzt veröffentlichten Zahlen kehrten im Jahr 2020 insgesamt rund 824.000 nicht-registrierte Personen aus dem Iran und Pakistan nach Afghanistan zurück. 61Vgl. UN-OCHA, Afghanistan: Humanitarian Needs Overview 2021 (Dezember 2020), S. 21. 62Die Provinz Kabul bleibt einer der Hauptniederlassungsorte von Rückkehrern und Binnenvertriebenen. Dabei ist nach Angaben des UNHCR und anderer Quellen der Anteil der Rückkehrer, die ursprünglich aus Kabul stammen, sehr niedrig. Viele Rückkehrer stammen aus anderen Provinzen oder wurden im Iran oder in Pakistan geboren. 63EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan: Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City (August 2020), S. 18 f. 64Rückkehrer, Binnenvertriebene und Wirtschaftsmigranten haben das schnelle Wachstum der Stadt Kabul vorangetrieben, mit dem die städtische Infrastruktur jedoch nicht in gleichem Tempo Schritt halten konnte. Als Hauptprobleme werden weiterhin u.a. unzureichende Unterkünfte und Sanitäreinrichtungen, eine überlastete Grundversorgung und Ressourcen, Arbeitslosigkeit, Landraub und Armut, aber auch Kriminalität, genannt. Der deutliche Anstieg der Kriminalität wird Berichten zufolge auf die wachsende Arbeitslosigkeit zurückgeführt, verbunden mit einem wachsenden Einfluss von schwerbewaffneten und politisch vernetzten kriminellen Netzwerken, sowie den Auswirkungen veränderter Verhaltensweisen der Kabuler Jugend. Das schnelle und unkontrollierte Wachstum habe neue wirtschaftliche und sicherheitsbezogene Herausforderungen in der Stadt Kabul hervorgerufen, wodurch das verbliebene städtische Sozialgefüge, welches für die Bewahrung einer gewissen sozialen Ordnung gesorgt habe, mit welcher eine gewisse Sicherheit einhergegangen sei, nunmehr schnell verschwinde. Laut dem UNHCR sind Entführungen eine Hauptsorge für viele Bewohner Kabuls. Ausländer und reiche Afghanen werden insofern als Hauptziele ausgemacht. 65Vgl. EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan – Security Situation (September 2020), S. 55, 59. 66Die wirtschaftliche Entwicklung bleibt geprägt von der schwierigen Sicherheitslage sowie schwacher Investitionstätigkeit. Das Wirtschaftswachstum konnte sich zuletzt ‑ vor dem Auftreten der Infektionsfälle mit dem Sars-CoV-2-Virus (COVID‑19‑Erkrankung) und den mit diesen bzw. den entsprechenden Eindämmungs- und Schutzmaßnahmen einhergehenden Auswirkungen – aufgrund der besseren Witterungsbedingungen für die Landwirtschaft erholen und lag 2019 laut Weltbank-Schätzungen bei 2,9 %. Für 2020 geht die Weltbank COVID‑19‑bedingt von einer Rezession (bis zu -8 % BIP) aus. Die Schaffung von Arbeitsplätzen bleibt eine zentrale Herausforderung für Afghanistan. Nach Angaben der Weltbank ist die Arbeitslosenquote innerhalb der erwerbsfähigen Bevölkerung in den letzten Jahren zwar gesunken, sie blieb aber auf hohem Niveau und dürfte wegen der COVID-19-Pandemie wieder gestiegen sein. Für das Jahr 2021 wird eine Steigerung des BIP um 1 % erwartet, wenn auch anzunehmen ist, dass die Wirtschaft einige Jahre benötigen wird, um sich von den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu erholen; ohne einen effektiven Aufbauplan steht zu befürchten, dass die Wirtschaft nicht zu dem moderaten Wachstum der Jahre vor der Pandemie zurückkehren wird. 67Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 16. Juli 2020 (Stand. Juni 2020) in der Fassung vom 14. Januar 2021, S. 22; EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan: Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City (August 2020), S. 23 ff.; UN-OCHA, Humanitarian Needs Overview, S. 14 (Fn. 19). 68Nach Angaben der Weltbank wurde die Wirtschaft durch den COVID-19-Ausbruch hart getroffen, welcher Konsum, Exporte – zwischenzeitlich wurden die Grenzen zu Nachbarländern geschlossen – und Überweisungen aus dem Ausland („remittances“) beeinflusste. Im Doing Business Index der Weltbank für das Jahr 2020 wird Afghanistan auf Platz 173 von 190 Staaten geführt. 69EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan: Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City (August 2020), S. 23, 25. 70Sie mahnte zuletzt an, Afghanistan stehe eine schleppende wirtschaftliche Erholung von der Pandemie bevor, verbunden mit anhaltenden politischen Unsicherheiten und einer möglichen Reduzierung der internationalen Hilfen. Ein Bericht der Weltbank vom 5. April 2021 zeigt auf, dass ein robustes Wachstum im Bereich der Landwirtschaft die afghanische Wirtschaft teilweise aufgefangen hat, welche im Jahr 2020 um rund zwei Prozent gesunken ist – eine geringere Verschlechterung als erwartet. Dennoch haben die Lockdown-Maßnahmen, schwache Investitionstätigkeit und Handelsunterbrechungen den Dienstleistungs- und den Industriesektor hart getroffen, wodurch Elend und Arbeitslosigkeit in den Städten zunahmen. Für das Jahr 2021 wird ein Wachstum von einem Prozent erwartet, im Jahr 2022 wird es ‑ mit einem Abschwächen der COVID-19-Krise – auf rund drei Prozent ansteigen. Es ist aufgrund des Bevölkerungswachstums unwahrscheinlich, dass das Pro-Kopf-Einkommen jenes Niveau, welches es vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie hatte, vor dem Jahr 2025 wieder erreichen wird. Der Schlüssel zu einer wirtschaftlichen Erholung und dazu, das Vertrauen des Privatsektors wieder aufzubauen, so die Weltbank weiter, sei eine starke und nachhaltige Zusammenarbeit zwischen der afghanischen Regierung und seinen internationalen Partnern. 71Vgl. UN-OCHA / WHO, Afghanistan: Strategic Situation Report: COVID-19 (8. April 2021). 72Bereits vor der Corona-Pandemie bedurfte die Frage des Zugangs zum Wohnungs- und Arbeitsmarkt, insbesondere auch für Rückkehrer, besonderer Beachtung. 73Vgl. EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan, Key socio-economic indicators, state protection, and mobility in Kabul City, Mazar-e Sharif, and Herat City (August 2017), S. 19 ff.; mit Blick auf die hohe Anzahl an Rückkehrern und Binnenvertriebenen vgl. auch Country of Origin Information Report: Afghanistan – Security Situation (Juni 2019), S. 69 ff., sowie Amnesty International, Anfragenbeantwortung zur Sicherheitslage für Zivilpersonen, für Rückkehrer, Verdichtung der Gefahren für einzelnen Regionen bzw. einzelne Personengruppen, Akteure, Möglichkeit für Zivilpersonen, Gefahren auszuweichen, Lage von alleinstehenden Personen, Arbeitsmarkt, Versorgungslage, Rückkehrer, die lange im Iran gelebt haben, Lage der Hazara, vom 5. Februar 2018, S. 53 ff.; speziell zur Lage von Rückkehrern ohne familiäres Netzwerk mit Blick auf Wohn- und Arbeitsmarkt: Stahlmann, Gutachten Afghanistan, 28. März 2018, S. 221 ff. und S. 238 ff.; vgl. ebenfalls umfassend VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 12. Oktober 2018, a.a.O. (Rn. 361 ff.), vom 11. April 2018, A 11 S 924/17, juris (Rn. 302 ff.), und vom 16. Oktober 2017, A 11 S 512/17, juris (Rn. 99-192). 74Nunmehr belastet die COVID-19-Krise mit einhergehender wirtschaftlicher Rezession die privaten Haushalte stark. 75Vgl. Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 16. Juli 2020 (Stand: Juni 2020) in der Fassung vom 14. Januar 2021, S. 22. 76Bereits im Jahr 2018 wurde geschätzt, dass ca. 70 % der Bewohner Kabuls in sogenannten „informellen Siedlungen“ lebten, mithin in Gebieten, in denen sie auf die Nutzung von dem Grund und Boden, auf dem die Unterkünfte errichtet waren, keinen rechtlichen Anspruch hatten, und / oder in denen die Unterkünfte nicht mit baurechtlichen Vorschriften im Einklang standen. Eine Untersuchung aus den Jahren 2016 / 2017 hatte ermittelt, dass 58 % der Rückkehrer nach Afghanistan in diesem Zeitraum zur Miete wohnten (Binnenvertriebene: 69 %), während 22 % der Rückkehrer (Binnenvertriebene: 20 %) anderweitig untergekommen waren, zum Beispiel im weiteren Familienkreis, durch Hausbesetzung oder in informellen Siedlungen. 77EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan: Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City (August 2020), S. 62, 64; zur – variierenden – Begrifflichkeit der informellen Siedlung („informal settlement“, ISET) vgl. auch REACH, Tackling Information Gaps in the informal Settlements of Afghanistan, vom 25. November 2020, abrufbar unter: https://www.reach-initiative.org/what-we-do/news/tackling-information-gaps-informal-settlements-afghanistan/. 78Unsichere Wohnverhältnisse sind eine Hauptursache für die Verletzlichkeit für viele Afghanen, insbesondere Binnenvertriebene, Rückkehrer und Frauen, und das Risiko einer Zwangsräumung wird als „besonders greifbar“ für Rückkehrer und Personen umschrieben, die aufgrund der COVID-19-Krise nicht in der Lage sind, die Miete zu zahlen. 79EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan: Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City (August 2020), S. 15. 80Hingewiesen wird allerdings auch darauf, dass die Pandemie keine besonderen Auswirkungen auf die Miet- und Kaufpreise in Kabul hätten, die Mieten seien nicht gestiegen. 81Vgl. Schwörer, Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf die Lage in Afghanistan (30. November 2020), S. 12. 82Die aufzubringende Miete für eine „einfache“ Wohnung wird mit ungefähr 80,00 ‑ 100,00 US-Dollar pro Monat, 83vgl. Schwörer, Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf die Lage in Afghanistan (30. November 2020), S. 12, 84bzw. ungefähr 130,00 – 150,00 US-Dollar pro Monat 85so Schwörer in der mündlichen Verhandlung am 17. Dezember 2020, vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 17. Dezember 2020, A 11 S 2042/20, juris (Rn. 71), 86beziffert. Umgerechnet entspricht der Maximalwert dieser benannten Preisspanne ca. 125,00 Euro, mithin stünden jährliche Mietkosten bis zu 1.500,00 Euro zu erwarten. Zudem haben die sogenannten „Teehäuser“ wieder geöffnet, von einer (erneuten) Schließung sei nicht auszugehen. 87Vgl. Schwörer, Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf die Lage in Afghanistan (30. November 2020), S. 12. 88Für das Jahr 2020 wird eine Steigerung der Arbeitslosenzahlen erwartet. Es wird geschätzt, dass sich die Arbeitslosenrate (Personen ab 15 Jahren) auf 11,2 % beläuft. Die Weltbank hält eine Armutsrate von 61 % bis 72 % bzw. von 73 % in 2020 für möglich, dies aufgrund von sinkenden Einkommen und steigenden Preisen hinsichtlich Lebensmitteln und weiteren notwendigen Haushaltsmitteln. Die hohe Zahl an Rückkehrern und Binnenvertriebenen setze insbesondere auch die Beschäftigungsmöglichkeiten in den großen urbanen Zentren unter Druck. 89EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan: Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City (August 2020), S. 28 f., 36. 90Schon vor dem Ausbruch der COVID-19-Erkrankung war die Mehrzahl der vulnerablen Personen im informellen Arbeitssektor tätig, so dass sie von unsteten und irregulären Einkommensquellen abhängig waren, um die Grundbedürfnisses ihres jeweiligen Haushalts zu erfüllen. Schon vor den pandemiebedingten Lockdown-Maßnahmen waren reguläre Beschäftigungsverhältnisse kaum verfügbar. Bereits vor dem Lockdown gaben innerhalb verschiedener Bevölkerungsgruppen 22 – 44 % der Befragten an, keine Arbeit an fünf oder mehr Tagen in einer Woche zu finden; 8 ‑ 12 % der Haushalte gaben an, gar keine Arbeit zu finden. Mit dem Ausbruch der COVID-19-Erkrankung und den mit ihrer Bekämpfung verbundenen Einschränkungen in Bezug auf Mobilität versiegten die informellen Beschäftigungsmöglichkeiten weitestgehend, was zu einem überwältigenden Verlust von Einkommensquellen sowie zu einem gesunkenen Zugang zu Nahrungsmitteln führte. Diese Folgen traten insbesondere in Städten auf. Laut einer Umfrage aus August 2020 gaben 59 % der befragten Haushalte an, über ein reduziertes Einkommen zu verfügen, und 55 % der Haushalte erklärten, eine Beschäftigung verloren zu haben. Eine Erhebung aus September 2020 zu Daten informeller Siedlungen gibt an, dass 51 % berichtet hätten, dass die meisten Bewohner nicht mehr gearbeitet hätten. Nach dem Ende der Mobilitätsbeschränkungen hätten die befragten Haushalte angegeben, dass sich die Beschäftigungsmöglichkeiten kaum verbessert hätten – befragt zu der Phase vor dem Lockdown und den letzten 30 Tagen vor der Erhebung im Zeitraum Mai – Juni 2020 traten nur minimale Abweichungen zwischen allen Bevölkerungsgruppen auf. Jedoch wäre es für Haushalte, denen eine Frau vorstand, noch schwerer gewesen, dass eine Person dieses Haushalts eine Beschäftigungsmöglichkeit fand, nachdem der Lockdown im August / September 2020 aufgehoben worden sei. Während 86 % der Befragten aus allen Bevölkerungsgruppen (einschließlich solcher mit einem behinderten oder älteren Haushaltsvorstand) angab, dass mindestens ein Erwachsener in der Lage gewesen sei, an mindestens einem Tag pro Woche Arbeit zu finden, traf dies nur auf 77 % aller Haushalte mit einem weiblichen Haushaltsvorstand zu, so dass von einem ungleichen Effekt auf Frauen auszugehen sei. Angesichts der eingeschränkten Einkommensmöglichkeiten für Frauen hätten der Tod oder eine Erkrankung eines männlichen Verdieners nochmals den Druck auf das Familieneinkommen erhöht. 91Vgl. UN-OCHA, Afghanistan: Humanitarian Needs Overview 2021 (Dezember 2020), S. 41. 92Die Lockerungen der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Erkrankung im Mai 2020 haben zu einer Zunahme von Arbeitsmöglichkeiten geführt, dennoch blieben die Möglichkeiten zur Aufnahme von Gelegenheitsarbeiten deutlich unterdurchschnittlich, in erster Linie aufgrund fehlender Nachfrage im Bau- und Produktionssektor. In Verbindung mit der großen Zahl an Rückkehrern wurden die hier erzielbaren Löhne unter Druck gesetzt. 93Vgl. FEWS NET, Afghanistan: Food Security Outlook, Juni 2020 bis Januar 2021, S. 1, 3. 94In den Städten ist der Winter eine Zeit relativ niedriger Wirtschaftsaktivität. Hierdurch wurden die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Wirtschaft verlängert, mit niedrigen Arbeitsmöglichkeiten und Löhnen, ergänzt durch den Umstand, dass Überweisungen aus dem Ausland („remittances“) weiterhin unterdurchschnittlich erfolgten. Im Januar 2021 lagen die landesweiten Löhne von Gelegenheitsarbeitern vier bis fünf Prozent unter dem Niveau des Vorjahres bzw. des Durchschnitts der letzten vier Jahre. Zugleich lagen die Erwerbsmöglichkeiten für Gelegenheitsarbeiter 20 bis 21 % unter dem Niveau des Vorjahres bzw. des Durchschnitts der letzten fünf Jahre. Obwohl die Erwerbsmöglichkeiten höher sind als während der Hochphase der COVID-19-bedingten Einschränkungen, ist der Durchschnittswert mit 1,7 Tagen / Woche (Januar 2021) der zweitniedrigste seit Januar 2014. Allerdings wird darauf verwiesen, dass die Erwerbsmöglichkeiten für sowie die Löhne der Gelegenheitsarbeiter typischerweise in den Wintermonaten sinken. 95Vgl. FEWS NET, Afghanistan: Food Security Outlook, Februar bis September 2021, S. 3. 96Bis September 2021 wird jedoch erwartet, dass eine steigende Wirtschaftsaktivität die Erwerbsmöglichkeiten für arme Haushalte verbessern wird. 97Vgl. FEWS NET, Afghanistan: Food Security Outlook, Februar bis September 2021, S. 1, 9. 98Im April 2020 meldete UN-OCHA eine Verschlechterung der Kaufkraft in Kabul und schätzte, dass die Kaufkraft von Gelegenheitsarbeitern (Tagelöhnern) um 31 % gesunken sei. 99EASO, Country of Origin Information Report: Afghanistan: Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City (August 2020), S. 37. 100Nach zu Beginn des Jahres veröffentlichten Zahlen ist die Kaufkraft von Gelegenheitsarbeitern seit dem 14. März 2020 bis Januar 2021 um 19 % gesunken; bis Ende Februar 2021 hat sie sich nochmals leicht verschlechtert (Senkung um fast 20 % im Vergleich zum 14. März 2020), wobei zugleich auf Preissteigerungen aufgrund von Unterbrechungen der Transportwege in verschiedenen Landesteilen verwiesen wird. 101Vgl. UN-OCHA / WHO, Afghanistan: Strategic Situation Report: COVID-19 (21. Januar 2021 bzw. 25 Februar 2021). 102Die sozioökonomischen Folgen der COVID-19-Pandemie haben in Afghanistan zu einer Verschlechterung der Lebensmittelversorgung geführt, welche nunmehr mit derjenigen während der Dürre im Jahr 2018 zu vergleichen ist. Zwar waren die Märkte in Afghanistan weiterhin zugänglich und grundsätzlich in der Lage, die Bedürfnisse der Bewohner zu bedienen. 103Vgl. UN-OCHA, Afghanistan: Humanitarian Needs Overview 2021 (Dezember 2020), S. 40. 104Die Preise von Grundnahrungsmitteln sind jedoch seit dem Auftreten des Sars‑CoV‑2-Virus gestiegen. 105Vgl. UN-OCHA / WHO, Afghanistan: Strategic Situation Report: COVID-19 (21. Januar 2021), Steigerungen im Zeitraum 14. März 2020 bis 20. Januar 2021 wie folgt: Weizenmehl 13 %, Hülsenfrüchte 23 %, Zucker 21 %, Speiseöl 46 %, Reis 18 %; vgl. UN-OCHA, Afghanistan: COVID-19 Multi Sectoral Response / Operational Situation Report (24. Juni 2020), Steigerungen im Zeitraum 14. März bis 24. Juni 2020: Weizenmehl 17 %, Hülsenfrüchte 32 %, Zucker 21 %, Speiseöl 40 %, Reis 20 %. 106Die Preise verblieben nach einem Anstieg zu Beginn der COVID-19-Pandemie auf einem erhöhten, aber durchaus stabilen Niveau, abgesehen von saisonüblichen Schwankungen; Weizen und Speiseöl werden als die beiden Produkte bezeichnet, welche am häufigsten als schwierig zu bekommen benannt werden. 107Vgl. Joint Market Monitoring Initiative (JMMI), Afghanistan Price and Seasonality Snapshot (März bis Dezember 2020), abrufbar unter https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/AFG_REACH_ CVWG_JMMI_snapshot_priceseapricesea.pdf; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Dezember 2020, A 11 S 2042/20, juris (Rn. 69), sowie Schwörer, a.a.O., S. 13. 108Zuletzt ergaben Untersuchungen, dass die Preise von Grundnahrungsmitteln erneut gestiegen sind. So wurden die Preissteigerungen im Zeitraum 14. März 2020 bis 24. Februar 2021 wie folgt angegeben: Weizenmehl 18 %, Hülsenfrüchte 24 %, Zucker 22 %, Speiseöl 53 %, Reis 20 %; im Zeitraum 14. März 2020 bis zum 25. März 2021 betrugen die Preissteigerungen 12 %, 26 %, 20 %, 58 % bzw. 21 %. Zurückgeführt wurden die starken Anstiege der letzten Wochen auf Unterbrechungen der Transportwege in verschiedenen Landesteilen. 109Vgl. UN-OCHA / WHO, Afghanistan: Strategic Situation Report: COVID-19 (25. Februar 2021 und 25. März 2021). 110Zuletzt wurde die Sorge geäußert, dass aufgrund der derzeitigen Wetterbedingungen (geringere Niederschläge und höhere Temperaturen) und mit Blick auf die Wasserversorgung in den nächsten Monaten die Nahrungsmittelpreise weiter steigen könnten, falls diese Wetterbedingungen anhalten. 111Vgl. UN-OCHA / WHO, Afghanistan: Strategic Situation Report: COVID-19 (8. April 2021). 112Diese Umstände wie auch die durch die Corona-Pandemie hervorgerufenen Unterbrechungen informeller Beschäftigungsverhältnisse und gesunkener Auslandsüberweisungen („remittances“) treiben Personen in eine lähmende („crippling“) Verschuldung. Der Hauptgrund, eine solche Verschuldung aufzunehmen, war nach Erhebungen aus dem Jahr 2020 die Finanzierung von Lebensmitteln (53 %). 113Vgl. UN-OCHA / WHO, Afghanistan: Strategic Situation Report: COVID-19 (25. Februar 2021). 114Haushalte verschulden sich immer stärker, um die Kosten der Lebenshaltung bestreiten zu können. 115Vgl. UN-OCHA, Afghanistan: COVID-19 Multi-Sectoral Response (14. Januar 2021). 116Die Aufnahme von Krediten belastet insbesondere Personen, welche in Unterkünften mit unsicheren Besitzrechten leben, da sie vor besonderen Herausforderungen stehen, um ihre Mieten bezahlen zu können und sich so ein Dach über dem Kopf zu sichern. Während die Verbreitung einer Verschuldung in einigen Gruppen vulnerabler Personen im Jahr 2021 nicht zugenommen hat, hat sich hingegen die Intensität einer (bestehenden) Schuldenlast oft erhöht. 117Vgl. UN-OCHA, Afghanistan: Humanitarian Needs Overview 2021 (Dezember 2020), S. 43. 118Nach Angaben von UN-OCHA / WHO bedürfen im Jahr 2021 im Vergleich zum Jahr 2017 sechsmal so viele Menschen humanitärer Unterstützung. Die gesundheitlichen und sozio-ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie ließen die Zahl derer in Nöten allein im letzten Jahr fast verdoppeln. Afghanistan hat nun weltweit die zweithöchste Zahl von Personen in ernsthafter Lebensmittelunsicherheit (5,5 Millionen), wobei statistisch fast eines von zwei Kindern unter fünf Jahren im Jahr 2021 einer akuten Mangelernährung ausgesetzt sein wird. 119Vgl. UN-OCHA / WHO, Afghanistan: Strategic Situation Report: COVID-19 (25. Februar 2021). 120Das größte Ausmaß an Lebensmittelunsicherheit wird in den Provinzen Badachschan, Nuristan, Samangan, Urusgan, Daikondi, Ghor und Badghis sowie in den urbanen Zentren von Herat, Kandahar und Maimana erwartet. Es wird angenommen, dass Versorgungsbedürfnisse in allen Bevölkerungsgruppen vorkommen, dass aber Binnenvertriebene, Flüchtlinge und Vertriebenenhaushalte, denen eine Frau oder eine Person mit einer Behinderung vorsteht, besonders hohe Bedürfnisse haben. Innerhalb der Gruppe der Vertriebenen dürften frauengeführte Haushalte sowie Personen mit einer Behinderung die größten Versorgungsbedürfnisse aufweisen: Fast die Hälfte aller Haushalte, die durch eine Person mit einer Behinderung (49 %) oder durch eine Frau (46 %) geführt werden, wurden dahingehend bewertet, dass sie moderaten oder ernsten Hunger leiden, verglichen mit 39 % aller Haushalte Vertriebener. Zugleich wurde festgestellt, dass diesbezüglich die Provinzen Parwan, Faryab, Nimrus und Sar-i Pul am schwersten betroffen sind. 121Vgl. UN-OCHA, Afghanistan: Humanitarian Needs Overview 2021 (Dezember 2020), S. 34. 122Eine Umfrage aus September 2020 ergab, dass 55 % aller Teilnehmer mindestens eine Bevölkerungsgruppe angaben, deren Zugang zum Markt durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie begrenzt worden seien; benannt wurden Personen mit chronischen Krankheiten (34 %), Menschen mit Behinderungen (25 %), Frauen und Mädchen (21 %), Binnenvertriebene (16 %), Kinder (14 %), Männer und Jungen (11 %) und Rückkehrer (10 %). 123Vgl. UN-OCHA / WHO, Strategic Situation Report: COVID-19 (22. Oktober 2020), unter Verweis auf Afghanistan Joint Market Monitoring Initiative (JMMI), abrufbar unter https://reliefweb.int/sites/ reliefweb.int/files/resources/AFG_REACH_CVWG_JMMI_September_Covid11-1.pdf; im Zeitraum 23. April bis 8. Mai 2020 benannten 86 % der Teilnehmer betroffene Bevölkerungsgruppen, wie folgt: Personen mit chronischen Krankheiten (66 %), Frauen und Mädchen (63 %), Männer und Jungen (52 %), Menschen mit Behinderungen (48 %), Kinder (42 %), Binnenvertriebene (29 %) und Rückkehrer (27 %), vgl. https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/REACH_AFG_CVWG_Situation-Overview_JMMI-Pilot_COVID-19_May-2020.pdf. 124Kabul wurde schon früh zu derjenigen Provinz mit den meisten bestätigten Infektionsfällen. 125Vgl. UN-OCHA / WHO, Afghanistan Flash Update – Daily Brief: COVID-19 (7. Juni 2020); UN-OCHA / WHO, Afghanistan – Strategic Situation Report: COVID-19 (27. August 2020). 126Die afghanische Regierung reagierte auf den Ausbruch der Infektionsfälle mit einem landesweiten Lockdown. Die konkreten Einschränkungen fielen in den einzelnen Provinzen unterschiedlich aus. Hierzu zählte die Verhängung von Ausgangssperren, die Zahl gemeinsam Reisender wurde begrenzt. Straßen wurden gesperrt, darunter alle nach Kabul führenden Routen, die Grenzen zu Iran und Pakistan waren geschlossen, kommerzielle Flüge fanden nicht statt. In der Provinz Kabul wurden strenge Maßnahmen erlassen, welche im weiteren Verlauf noch verstärkt wurden. Insbesondere die Mobilität der Menschen wurde begrenzt. Im weiteren Verlauf wurde sowohl der Flugverkehr wieder aufgenommen als auch internationaler Warenverkehr wieder ermöglicht. Zudem wurde berichtet, dass sich Personen selbst in Provinzen, in denen strenge Maßnahmen verhängt worden waren, relativ frei bewegen konnten und Läden geöffnet hatten, die Durchsetzung der Maßnahmen wurde immer nachlässiger verfolgt. Im April und Mai 2020 kam es zu öffentlichen Protesten, meistens in Zusammenhang mit einer empfundenen Ungleichbehandlung bei den durch die Regierung veranlassten Verteilungen von Brot. Humanitäre Hilfsleistungen wurden im weiteren Verlauf nicht mehr durch COVID-19-bezogene Lockdown‑Maßnahmen behindert. 127Vgl. UN-OCHA, Afghanistan: C-19 Access Impediment Report, sowie Afghanistan: COVID-19 Multi-Sectoral Response / Operational Situation Report, jeweils vom 29. April 2020; UN-OCHA, Afghanistan: C-19 Access Impediment Report (10. Juni 2020, 24. August 2020); UN-OCHA, Afghanistan: COVID-19 Multi-Sectoral Response / Operational Situation Report (10. Juni 2020, 26. August 2020); UN-OCHA / WHO, Afghanistan, Strategic Situation Report (27. August 2020); vgl. zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Dezember 2020, A 11 S 2042/20, juris (Rn. 41 ff.). 128Zum 6. Mai 2021 wurden aus allen afghanischen Provinzen Infektionsfälle mit dem Sars-CoV-2-Virus gemeldet: Von den 61.162 Personen, die an COVID-19 erkrankt waren, gelten 53.750 Personen als genesen, 2.664 Personen verstarben. Allerdings sind lediglich 412.798 Tests bei einer Gesamtbevölkerung von 40,4 Millionen durchgeführt worden. Es ist daher damit zu rechnen, dass die Zahl der tatsächlichen Infektionsfälle und Verstorbenen in ganz Afghanistan höher liegt. 129Vgl. UN-OCHA / WHO, Afghanistan: Strategic Situation Report: COVID-19 (6. Mai 2021). 130Die Mehrheit der statistisch erfassten Todesfälle mit einem Bezug zu COVID-19 in Afghanistan sind Männer zwischen 50 und 79 Jahren. Fast 67 % aller bestätigten COVID-19-Erkrankungen betreffen Männer, wobei dies auch auf den Umstand zurückgeführt werden könnte, dass mehr Männer als Frauen getestet werden. 131Vgl. UN-OCHA / WHO, Afghanistan: Strategic Situation Report: COVID-19 (8. April 2021). 132Eine Studie aus dem Sommer 2020 nahm an, dass bis Juni 2020 mehr als 30 % der Bevölkerung landesweit und sogar 50 % der Einwohner Kabuls mit der COVID‑19‑Erkrankung infiziert gewesen sind. 133Vgl. UN-OCHA, Afghanistan: Humanitarian Needs Overview 2021 (Dezember 2020), S. 22. 134Auch Afghanistan wurde im November 2020 von einer sogenannten „Zweiten Welle“ getroffen. Die afghanische Regierung und die Vereinten Nationen haben erste Schritte zur Vorbereitung des Roll-Outs eines COVID-19-Impfstoffs im ganzen Land unternommen, einschließlich der Entwicklung eines nationalen Plans zur Verteilung des Impfstoffs (National Vaccine Deployment Plan, NVDP). Eine Arbeitsgruppe aus Regierungs- und Vertretern von UN-Organisationen unter Leitung des Gesundheitsministeriums hat Pläne u.a. für den Umgang mit den Impfstoffen entwickelt und wird die bestehende COVID-19 Task Force des Vizepräsidenten ergänzen. Am 7. Februar 2021 sind die ersten 500.000 Impfdosen des von AstraZeneca / Universität Oxford entwickelten Impfstoffes, gespendet durch die Republik Indien, in Kabul eingetroffen. Geimpft werden sollen zunächst Ärzte und medizinisches Personal, Mitglieder der Sicherheitskräfte, Lehrer und Regierungsmitarbeiter. Die Impfungen des medizinischen Personals haben die höchste Priorität. Es wird erwartet, dass ein Impfstoff im Jahr 2021 auf der Grundlage des COVAX (COVID-19 Vaccines Global Access) Advanded Market Commitment (AMC) zugänglich sein wird. Während die Impfallianz Gavi (The Gavi Alliance, früher: Global Alliance for Vaccines and Immunisation) über die Plattform COVAX die Impfkosten für bis zu 20 % der afghanischen Bevölkerung über Spenden bereitstellt, haben die Weltbank sowie die Asiatische Entwicklungsbank zuletzt zugesagt, die finanziellen Mittel für die Versorgung weiterer 40 % der Bevölkerung zu übernehmen. Die erste Impfstofflieferung über die Plattform COVAX – bestehend aus 468.000 Dosen – erfolgte am 8. März 2021 nach Kabul. Einem Bericht von Tolo News vom 7. April 2021 zufolge sind erste Impfungen, insbesondere auch von medizinischem Personal und Sicherheitskräften, angelaufen. UN-OCHA ist allerdings besorgt, ob ein gleichberechtigter Zugang aller Afghanen auf die Impfstoffe gegeben sein wird. Bis zum 6. Mai 2021 sind mehr als 448.000 Personen geimpft worden, unter ihnen auch ca. 100.000 Beschäftigte im Gesundheitswesen und 50.000 Lehrer; ca. 10 % der Geimpften haben beide Impfdosen erhalten. Aufgrund der globalen Impfstoffknappheit wird eine weitere Lieferung über die Plattform COVAX verzögert. Möglich ist, dass weitere Impfdosen über bilaterale Verbindungen aus anderen Ländern zur Verfügung gestellt werden. 5.000 weitere Impfdosen wurden der UN zwecks Impfung ihres Personals sowie desjenigen weiterer NGOs in Afghanistan zur Verfügung gestellt. 135Vgl. UN-OCHA / WHO, Afghanistan: Strategic Situation Report: COVID-19 (21. Januar, 25. Februar, 25. März, 8. und 22. April, 6. Mai 2021); vgl. https://www.reuters.com/article/health-coronavirus-afghanistan-vaccine/first-doses-of-covid-19-vaccine-arrive-in-afghanistan-from-india-idINKBN2A707M; vgl. https://reliefweb.int/report/afghanistan/covid-19-vaccines-shipped-covax-arrive-afghanistan; vgl. https://tolonews.com/index.php/health-171298. 136Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereitet insbesondere die – welt- und landesweite – Ausbreitung der sog. britischen Virusmutation Sorge. Am 28. März 2021 wurden die ersten Infektionsfälle mit dieser Virusmutation in Afghanistan aus der Provinz Nangarhar gemeldet. Die Fallzahlen der Erkrankungen an dieser Virusvariante steigen in Pakistan und Iran deutlich, welche möglicherweise ansteckender ist und (auch) jüngeren Menschen schaden kann. 137Vgl. UN-OCHA / WHO, Afghanistan: Strategic Situation Report: COVID-19 (25. März, 8. und 22. April 2021); vgl. https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-corona-111.html. 138Auch wenn die Zahlen weit unter denen der ersten und zweiten Welle liegen, weisen die offiziell erhobenen Zahlen derzeit auf eine Verschlechterung der Situation, wahrscheinlich eine dritte Welle, hin. Nach Angaben der WHO ist im April 2021 insbesondere im Osten Afghanistans ein starker Anstieg der COVID-19-Fälle und Krankenhauseinweisungen zu verzeichnen. 139Vgl. UN-OCHA / WHO, Afghanistan: Strategic Situation Report: COVID-19 (22. April und 6. Mai 2021).“ 140Seit und mit der Machtübernahme durch die radikal-islamischen Taliban am 15. August 2021 hat sich (auch) die humanitäre Lage in Kabul nochmals erheblich verschlechtert. 141Nach Angaben von UN-OCHA kehrten schon in den ersten sieben Monaten des Jahres 2021 nochmals viele Afghanen, insbesondere aus dem Iran, nach Afghanistan zurück, ihre Zahl wird mit 663.000 Personen benannt; aus Pakistan seien in der Zeit 7.600 Personen zurückgekehrt. Zudem wurden 546.000 Binnenvertriebene gezählt. 142Vgl. UN-OCHA, Afghanistan: Snapshot of Population Movements (January – July 2021 (as of 22th Aug. 2021), abrufbar unter https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/afg_population_ movement_snapshot_20210822.pdf. 143Die (bekannte) Zahl der Binnenvertriebenen, die im Zeitraum 1. Juli bis zum 15. August 2021 nach Kabul gekommen sind, beläuft sich auf 17.600 Personen. Sie kamen entweder bei Familie, Freunden oder Bekannten, oder zur Miete unter; eine wachsende Zahl lebt jedoch schlicht im Freien an verschiedenen Orten in der Stadt Kabul. Aus dem Kreis dieser Personen wurde bereits Mitte August davon berichtet, dass verschiedene Krankheiten und weitere gesundheitliche Missstände aufgetreten seien (u.a. Durchfall, Mangelernährung bei Kindern, hoher Blutdruck, COVID-19-artige Symptome). 144Vgl. UN-OCHA, Afghanistan: Internal Displacement in Kabul – Flash Update Nr. 4 (15. August 2021) sowie https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-1067.html (Video). 145Nach der Eroberung Kabuls durch die Taliban sind Binnenvertriebene teils wieder in ihre Heimatorte im Nordosten zurückgekehrt. 146Vgl. UN-OCHA, Afghanistan: Weekly Humanitarian Update (30. August – 5. September 2021). 147Andererseits kamen nach ersten Informationen im September 2021 neue Binnenvertriebene aus der Provinz Pandschir in die Stadt Kabul. Die Zahl derer, die nach Vertreibung auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, ist weiterhin unklar. 148Vgl. UN-OCHA, Afghanistan: Weekly Humanitarian Update (6. – 12. September 2021). 149Das afghanische Finanz- und Bankensystem ist nahezu zusammengebrochen. Bereits kurz vor der Machtübernahme am 15. August 2021 war es den Afghanen kaum noch möglich, an Bargeld zu gelangen; es wurde berichtet, die Geldautomaten in Kabul seien leer. Die Banken hätten die Automaten geschlossen, nachdem sie von der Notenbank nicht mehr mit Bargeld versorgt worden seien. Der Internationale Währungsfonds (IWF) unterband angesichts der fehlenden internationalen Anerkennung der Taliban den Zugriff auf Sonderziehungsrechte und andere IWF-Ressourcen, ein Kreditprogramm in Höhe von 370 Millionen US-Dollar ist ausgesetzt worden. Der Leiter der afghanischen Zentralbank (Da Afghanistan Bank / DAB) ist Mitte August 2021 außer Landes geflohen. Devisenreserven in Höhe von ca. 9 Milliarden US-Dollar liegen nach Medienberichten zum größten Teil in den USA bzw. in europäischen Ländern und wurden „eingefroren“. 150Vgl. https://www.faz.net/aktuell/finanzen/afghanistan-geht-den-taliban-das-geld-aus-17491821.html, https://www.wiwo.de/politik/ausland/nach-machtuebernahme-der-taliban-in-afghanistan-wird-das-bargeld-knapp/27537298.html, https://www.nzz.ch/wirtschaft/geldpolitik-ohne-geld-afghanistans-neue-herrscher-auf-der-verzweifelten-suche-nach-dringend-benoetigten-devisen-ld.1644938 und https://www.deutschlandfunk.de/afghanistan-china-fordert-freigabe-von-geldern-im-ausland.1939.de.html?drn:news_id=1301873. 151Während in dieser Woche der endgültige Kollaps in wenigen Tagen prognostiziert wurde, 152vgl. https://www.n-tv.de/wirtschaft/Afghanische-Banken-haben-kein-Geld-mehr-article22805722.html, 153beschlagnahmten die Taliban Bargeld und Gold aus (Privat-) Häusern von Mitgliedern der gestürzten afghanischen Regierung und hochrangiger Beamter, nach ihren Angaben in Höhe bzw. im Wert von mehr als zwölf Millionen US-Dollar. 154Vgl. https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-vermoegen-taliban-101.html und https://www.spiegel.de/ausland/afghanistan-taliban-beschlagnahmen-bargeld-und-goldbarren-in-millionenhoehe-a-1c90c948-4e77-465d-b198-d80a94f4bb2f. 155Die Liquiditätskrise sorge dafür, dass Versorgungsketten unterbrochen würden, der Geld- und Warenfluss komme zum Stillstand. 156Vgl. https://www.n-tv.de/wirtschaft/Afghanische-Banken-haben-kein-Geld-mehr-article22805722.html und https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-1067.html (dort: Interview mit Stefan Recker, Leiter Caritas International Kabul). 157Diese Lage stelle auch für die – ohnehin nur sehr eingeschränkt mögliche – Tätigkeit von Hilfsorganisationen ein Problem dar. 158Vgl. https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/caritas-mitarbeiter-ueber-afghanistan-18-millionen-menschen-sind-auf-hilfe-angewiesen. 159Die Ratingagentur Fitch errechnete für das Jahr 2021, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 9,7 % schrumpfen könnte, im folgenden Jahr sei ein weiterer Rückgang um 5,2 % zu erwarten. Es bestehe aber das Risiko, dass sich die Wirtschaft noch schlechter entwickeln werde. 160Vgl. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/taliban-afghanistan-konjunktur-wirtschaft-zusammenbruch-zentralbank-101.html. 161Zugleich sind humanitäre Hilfsleistungen zunächst jedenfalls im ganz wesentlichen Ausmaß ausgesetzt oder unterbrochen worden; jedenfalls ausländische Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und NGOs dürften das Land teils mittlerweile verlassen haben. Auch die deutsche Entwicklungshilfe wurde ausgesetzt. 162Vgl. https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/afghanistan-entwicklungshilfe-101.html. 163Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, deren Hauptauftraggeber das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie das Auswärtige Amt sind, hat in Abstimmung mit der Bundesregierung aufgrund der aktuellen Entwicklungen die Umsetzung von Projekten in Afghanistan vorerst ausgesetzt. 164Vgl. https://www.giz.de/de/weltweit/358.htmlund https://www.giz.de/de/mediathek/100341.html. 165Seit dem 17. August 2021 ist die geförderte freiwillige Rückkehr nach Afghanistan – in deren Rahmen ein alleinstehender freiwilliger Rückkehrer durch die beiden Programme „REAG/GARP 2020“ sowie das ergänzende Programm „Starthilfe Plus“ zuletzt Zahlungen in Höhe von bis zu 3.700,00 Euro erhalten konnte – bis auf Weiteres ausgesetzt. 166Vgl. https://www.returningfromgermany.de/de/countries/afghanistan. 167Humanitäre Hilfsleistungen können nur noch teilweise aufrechterhalten werden, beispielsweise das UN World Food Programme bemüht sich um eine Fortsetzung seiner Arbeit. 168Vgl. https://www.wfp.org/stories/sake-every-afghan-we-now-hope-peaceful-transition und https://www.wfp.org/stories/afghanistan-wfp-remains-standing-fortress-against-hunger. 169Am 13. September 2021 wurden seitens der internationalen Gemeinschaft Hilfen in Höhe von 1,2 Milliarden US-Dollar zugesagt, seitens der Bundesrepublik Deutschland solche in Höhe von 100 Millionen Euro. Der Bundesaußenminister kündigte an, dass jegliche Unterstützung nicht über „reine Nothilfe“ für die Bevölkerung hinausgehen werde. Weitere 500 Millionen Euro sollten über die Organisationen der Vereinten Nationen dem Land Afghanistan und den Ländern der Region zur Verfügung gestellt werden, 170Vgl. https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/un-geberkonferenz-milliardenhilfe-fuer-afghanistan-17535373.html und https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-1067.html. 171Derweil haben jedoch die Vereinten Nationen ihre gesteigerte Besorgnis angesichts zunehmender Vorfälle, in denen ihre afghanischen Mitarbeiter Schikanen und Einschüchterung ausgesetzt gewesen seien, zum Ausdruck gebracht; diese seien von Talibankämpfern bedroht worden. Die Taliban müssten nun unter Beweis stellen, dass sie – wie zugesagt – Hilfsorganisationen ungehindert ihre Arbeit ausführen lassen, um eine kontinuierliche finanzielle Unterstützung sicher zu stellen. 172Vgl. Insecurity Insight, Afghanistan: Flash Analysis and Prediction (13. September 2021), abrufbar unter https://reliefweb.int/report/afghanistan/afghanistan-flash-analysis-and-prediction-13-september-2021. 173Auch Deutschland schloss sich der Forderung an, die Taliban müssten das Wohlergehen und die Sicherheit der Hilfsorganisationen und ihrer Beschäftigten gewährleisten. 174Vgl. https://www.zdf.de/nachrichten/politik/afghanistan-un-hilfskonferenz-mueller-humanitaere-katastrophe-100.html und https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-09/un-geberkonferenz-genf-heiko-maas-afghanistan-humanitaere-hilfe?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.de%2F. 175Individuelle Unterstützung von Seiten Dritter steht zugunsten des Klägers nicht zu erwarten. Zwar sind sog. „Remittances“ (Überweisungen, i.d.R. von Familienangehörigen, aus dem Ausland) nach der erneuten Öffnung der Büros von Western Union grundsätzlich wieder möglich. 176Vgl. https://www.nzz.ch/wirtschaft/geldpolitik-ohne-geld-afghanistans-neue-herrscher-auf-der-verzweifelten-suche-nach-dringend-benoetigten-devisen-ld.1644938. 177Dem Kläger fehlt es jedoch an solchen potentiellen Unterstützern aus dem Ausland. Sein Vater ist verstorben, von seiner erkrankten Mutter und seiner Schwester, die im Iran als Schneiderinnen ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften suchen, stehen Unterstützungsleistungen nicht zu erwarten. Über Familienangehörige in Afghanistan, zumal in Kabul, verfügt er nicht. 178Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine ausreichende Integration des Klägers insbesondere durch die hazarische „Community“ – der Bevölkerungsanteil der mehrheitlich schiitischen Hazara wird landesweit auf ca. 10 % geschätzt und ist in Kabul noch weit größer – erfolgen würde. Unter allen Bevölkerungsteilen in Kabul herrscht eine angespannte Atmosphäre, schwer bewaffnete Talibankämpfer sind, so wird berichtet, „überall“ präsent. Man versucht, nicht aufzufallen. Die Lebensbedingungen in Kabul änderten sich von Tag zu Tag. 179Vgl. https://www.tagesschau.de/ausland/afghanistan-taliban-realitaet-101.html. 180Proteste, die trotz eines entsprechenden Verbotes stattfinden, werden gewaltsam beendet. Berichte über Gewalt und Folter zulasten von Journalisten nehmen zu. 181Vgl. https://www.tagesschau.de/ausland/afghanistan-taliban-realitaet-101.html, https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-taliban-proteste-101.html, https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-09/afghanistan-proteste-taliban-kritiker-journalisten-gewalt-evakuierung, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afghanistan-taliban-untersagen-vorerst-weitere-proteste-17528130.html, https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/afghanistan-taliban-greifen-reporter-an-und-misshandeln-sie-17536676.html und https://www.waz.de/politik/afghanistan-taliban-kabul-proteste-frauen-unterdrueckung-id233267503.html. 182Unter den Bevölkerungsgruppen in Afghanistan betrachten die Hazara die Machtübernahme durch die Taliban mit besonderer Sorge. 183Vgl. auch SFH, Afghanistan: Gefährdung durch die Taliban (2. September 2021), S. 7. 184Die mehrheitlich schiitischen Angehörigen der Volksgruppe der Hazara wurden zu Zeiten der vorhergehenden Taliban-Herrschaft verfolgt. Ihre Lage hat sich sodann jedoch grundsätzlich verbessert, Angehörige des Volksstammes bekleiden auch prominente Stellen in der (nunmehr gestürzten) afghanischen Regierung und im öffentlichen Leben. 185Vgl. nur Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 16. Juli 2020, in der Fassung vom 14. Januar 2021, S. 8. 186Zwar verkündete die Führung der Taliban nach der Machtübernahme, dass sie eine gesamtafghanische, „inklusive“ Staatsführung anstrebe, 187zur Pressekonferenz vom 17. August 2021 vgl. https://www.zdf.de/nachrichten/politik/taliban-erste-pressekonferenz-afghanistan-100.html und https://www.nzz.ch/meinung/taliban-versoehnliche-worte-bei-der-ersten-pressekonferenz-ld.1640994, 188und nahmen mehrere Taliban-Funktionäre in dem insbesondere von Hazara bewohnten Kabuler Stadtteil Dasht-e Barchi an einer religiösen Zeremonie der dortigen (schiitischen) Gemeinde zum Aschura-Fest teil. 189Vgl. https://taz.de/Afghanistan-nach-dem-Machtwechsel/!5794472/ und https://www.washingtoninstitute.org/policy-analysis/return-islamic-emirate-afghanistan-jihadist-state-play. 190Auch liegen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung lediglich vereinzelte Berichte über offenbar gezielte Verfolgungshandlungen zulasten von Hazara durch (wohl) lokale Kräfte der Taliban vor: So verwies Amnesty International unter dem 20. August 2021 auf ein Massaker in einem Dorf im Bezirk Malistan in der Provinz Ghazni bei Machtübernahme durch die Taliban Anfang Juli 2021, bei dem neun männliche Hazara grausam getötet worden seien. 191Vgl. https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/afghanistan-taliban-massaker-hazara-maenner-ghazni und https://www.dw.com/de/afghanistan-die-angst-der-hazara/a-59048014. 192Ende August wurde von der gezielten Tötung mehrerer Angehöriger der Volksgruppe der Hazara in der Provinz Daikundi berichtet, wobei die Angaben hinsichtlich der Opfer auseinandergehen (zwölf Soldaten und zwei Zivilisten, bzw. neun „Hazara-Milizionäre“). 193Vgl. hierzu SFH, Afghanistan: Gefährdung durch die Taliban (2. September 2021), S. 15. 194In Bamiyan wurde Mitte August die Statue des im März 1995 von Taliban getöteten, hazarischen Anführers Abdul Ali Mazari gesprengt. Berichten zufolge wurde die Statue zuvor symbolisch „enthauptet“. 195Vgl. https://www.indiatoday.in/world/story/taliban-destroy-hazara-abdul-ali-mazari-statue-in-bamiyan-1842140-2021-08-18, https://www.france24.com/en/asia-pacific/20210823-afghanistan-s-minority-hazaras-see-gains-of-past-two-decades-falling-apart und https://magazin.zenith.me/de/politik/die-schiitischen-hazara-nach-der-machtuebernahme-der-taliban-kabul, sowie auch https://de.wikipedia.org/wiki/Abdul_Ali_Mazari und https://www.zeit.de/zett/politik/2021-08/afghanistan-hazara-minderheit-taliban-verfolgung-ermordung-niamatullah-ibrahimi. 196Bereits vor der Machtübernahme durch die Taliban wurden vermehrt gezielte, schwerwiegende Angriffe des sog. Islamischen Staates (Islamic State in Khorasan Province / ISKP, Daesh) verübt, wobei die Gründe hierfür mehrschichtig waren. Während solche Angriffe im Jahr 2017 mehrheitlich auf schiitische Religionsstätten zielten, trafen sie im Jahr 2018 insbesondere andere von Zivilisten genutzte Orte, einschließlich (auch) von Angehörigen der Volksgruppe der Hazara bewohnte Viertel. 197Vgl. SFH, Afghanistan, Die aktuelle Sicherheitslage, 12. September 2018, S. 21; vgl. UNAMA, Afghanistan: Protection of Civilians in armed Conflict, Annual Report 2018 (Februar 2019), S. 2, 21, 25, 29; vgl. EASO, Afghanistan: Individuals targeted by armed actors in the conflict (Dezember 2017), S. 56 f., abrufbar unter: https://www.easo.europa.eu/information-analysis/country-origin-information/country-reports. 198UNAMA stufte für 2019 zehn Anschläge mit 117 Toten und 368 Verletzten als religiös-motiviert gegen Schiiten ein. Beim schwersten Anschlag tötete ein Selbstmordattentäter am 17. August 2019 auf der Hochzeit eines schiitischen Brautpaares über 90 Personen und verletzte ca. 140 weitere. Auch 2020 wurden mehrere Anschläge gegen Hazara bzw. Schiiten verübt. 199Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 16. Juli 2020 (Stand: Juni 2020), S. 8. 200Ende des Jahres 2020 hatte ISKP in der Stadt Kabul eine Schule angegriffen und mehr als 20 Schülerinnen und Schüler getötet. 201Vgl. https://www.tagesschau.de/ausland/anschlag-kabul-155.html. 202Am 8. Mai 2021 verübte (vermutlich) ISKP einen Anschlag auf eine Schule in Kabul, genauer im überwiegend von schiitischen Hazara bewohnten Stadtteil Dasht-e Barchi, als dort Mädchen unterrichtet wurden. Bei diesem Anschlag wurden über 80 Personen, überwiegend Schülerinnen, getötet und ca. 165 Personen verletzt. 203Vgl. https://www.tagesschau.de/ausland/anschlag-kabul-161.html, https://de.wikipedia.org/wiki/Anschlag_in_Kabul_am_8._Mai_2021 sowie EASO, Afghanistan: Security Situation – Update (September 2021), S. 38. 204Dass ISKP weiterhin in der Lage ist, Angriffe (auch) in der Stadt Kabul zu verüben, verdeutlicht der Selbstmordanschlag am Nachmittag des 26. August 2021 am Flughafen Kabul, bei der mindestens 182 Personen ums Leben kamen und zahlreiche weitere verletzt wurden, und welcher trotz vorheriger Warnungen nicht vereitelt wurde. 205Vgl. nur https://de.wikipedia.org/wiki/Anschlag_am_Flughafen_Kabul_2021 bzw. https://en.wikipedia.org/wiki/2021_Kabul_airport_attack und EASO, Afghanistan: Security Situation – Update (September 2021), S. 14, 25. 206Zudem ist zu beachten, dass sich „die Taliban“ in Afghanistan aus Mitgliedern unterschiedlicher Strömungen zusammensetzen, die sich in der Radikalität ihrer religiösen Vorstellungen und mithin auch in ihrer Haltung gegenüber Minderheiten wie den schiitischen Hazara erheblich unterscheiden. 207Vgl. https://www.deutschlandfunk.de/afghanistan-diese-strategie-verfolgen-die-taliban.2897.de.html?dram:article_id=501723 und https://www.zeit.de/zett/politik/2021-08/afghanistan-hazara-minderheit-taliban-verfolgung-ermordung-niamatullah-ibrahimi. 208Die Bildung einer „Taliban-Regierung“ ist derzeit im Fluss, und mithin die Verteilung entsprechender Einflussnahmemöglichkeiten der unterschiedlichen Strömungen innerhalb der Taliban. Unter den ersten 33 Mitgliedern einer „Übergangsregierung“ findet sich kein Vertreter der Volksgruppe der Hazara. 209Vgl. https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-09/afghanistan-taliban-uebergangsregierung-kabinett-ernennung und https://www.zdf.de/nachrichten/politik/taliban-regierung-mitglieder-100.html, sowie https://www.stern.de/politik/ausland/taliban-in-afghanistan--innerhalb-der-islamisten-wachsen-die-spannungen-30746184.html. 210Zugleich wird die Sorge geäußert, dass auch weitere islamistische Strömungen innerhalb Afghanistans an Einfluss hinzugewinnen und sich hieraus ein Machtkonflikt mit den Taliban entwickeln könnte. 211Vgl. https://www.sueddeutsche.de/meinung/kabul-terroranschlaege-islamischer-staat-taliban-1.5393801. 212Angesichts dieser Situation ist nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der Kläger die für eine ausreichende Integration (auch) in den Arbeitsmarkt erforderliche Unterstützung durch die hazarische „Community“ erhalten wird. 213Es steht angesichts der zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestehenden Sachlage jedoch nicht zu erwarten, dass der dort auf sich allein gestellte Kläger, welcher – bis auf ca. sechs Monate im Alter von ca. fünf Jahren – nie in Afghanistan gelebt hat und mit den dortigen (sozialen) Gepflogenheiten schon vor der Machtübernahme durch die Taliban nicht aus persönlicher Anschauung vertraut war, in der Lage sein wird, sich eigenständig das erforderliche Existenzminimum zu erwirtschaften. Auch mag es derzeit gerade für den Kläger als schiitischer Hazara von besonderer Bedeutung sein, in Kabul nicht durch „unangemessenes“ Verhalten die Aufmerksamkeit von Talibankämpfern auf sich zu ziehen. Die Nahrungsmittelpreise sind seit der Machtübernahme durch die Taliban in Kabul nochmals stark gestiegen. 214Vgl. https://reliefweb.int/report/afghanistan/afghanistan-price-hikes-push-food-out-reach-millions-children. 215Die anstehenden Wintermonate sind in Afghanistan – und insbesondere auch in Kabul – mit großer Kälte, zugleich aber auch mit einem Rückgang der (überhaupt noch) vorhandenen Arbeits- und somit Verdienstmöglichkeiten verbunden. 216Vgl. auch https://www.stern.de/politik/ausland/nahrungsknappheit-maas--afghanistan-droht-im-winter-humanitaere-katastrophe-30710320.html und https://www.spiegel.de/ausland/lage-in-afghanistan-die-angst-vor-dem-winter-a-486684da-a7ed-4672-9666-23b5c1cf681e. 217Dass es in absehbarer Zeit zu einem Wiedererstarken z.B. der Baubranche, welche Tagelöhnern Beschäftigung und ein jedenfalls geringes Einkommen verschaffte, kommen wird, ist derzeit jedenfalls nicht absehbar. 218Vgl. auch https://www.stern.de/politik/ausland/afghanistan-enttaeuscht-peking-die-hoffnungen-der-taliban---30727254.html, https://www.rnd.de/politik/afghanistan-millionen-nothilfe-aus-china-wird-die-hoffnung-der-taliban-regierung-enttaeuscht-FERJS62UVDYONPR55TKM5UPWDQ.html und https://www.swp-berlin.org/publications/products/aktuell/2021A59_MoskauPeking_ Afghanistan.pdf. 219Über besondere berufliche Qualifikationen, welche ihm – zumal unter den Taliban – nützlich sein könnten, verfügt der Kläger nicht, im Iran hat er als Schneider und als Lampenverkäufer gearbeitet. 220Soweit der Kläger mit der Klage ferner die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begehrt, ist dieser Antrag mit der gerichtlichen Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG gegenstandslos. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem nationalen Abschiebungsschutz um einen einheitlichen und nicht teilbaren Verfahrensgegenstand mit mehreren Anspruchsgrundlagen handelt und eine Abschichtung einzelner nationaler Abschiebungsverbote nicht möglich ist, 221vgl. BVerwG, Urteil vom 8. September 2011, 10 C 14/!0, juris, 222besteht für die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kein Raum, wenn – wie hier – bereits ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG festgestellt wurde. 223Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG. 224Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO. 225Der Gegenstandswert folgt aus § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG. 226Rechtsmittelbelehrung: 227Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. 228Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 2291. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 2302. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 2313. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 232Der Antrag ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 233Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 234In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. 235Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 236Die Antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. | die beklagte wird unter aufhebung der ziffern 4. – 6. des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 3. juni 2020 verpflichtet, festzustellen, dass zugunsten des klägers ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 aufenthg hinsichtlich afghanistan vorliegt. die beklagte trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet 1 | 2der nach eigenen angaben am 00.00.2001 in u. /iran geborene kläger ist afghanischer staatsangehöriger, dem volk der hazara zugehörig und schiitisch-muslimischen glaubens. er reiste am 6. november 2019 in die bundesrepublik deutschland ein und stellte am 12. november 2019 einen asylantrag. 3in seiner anhörung bei dem bundesamt für migration und flüchtlinge (im folgenden: bundesamt) am 29. november 2019 trug der kläger im wesentlichen vor, seine eltern hätten vor seiner geburt als flüchtlinge im iran gelebt und er sei dort geboren. im alter von etwa fünf jahren sei er zuletzt in afghanistan gewesen und habe sich ca. sechs monate dort aufgehalten. danach sei die familie wieder in den iran gegangen. im iran habe er bis zu seiner ausreise im oktober 2018 gelebt. seine mutter habe ihm erzählt, dass der vater in afghanistan für die amerikaner gearbeitet habe. weil er für die ungläubigen gearbeitet habe, sei er getötet worden, und aus angst, dass sie alle getötet würden, habe sie afghanistan verlassen müssen. bei einer rückkehr nach afghanistan befürchte er, dass er wegen seines vaters getötet werde, und auch, weil er ein hazara und schiit sei. 4mit bescheid des bundesamtes vom 3. juni 2020 lehnte die beklagte die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft (ziffer 1.), den antrag auf asylanerkennung (ziffer 2.) und die zuerkennung des subsidiären schutzstatus ab (ziffer 3.) und stellte fest, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 des aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (ziffer 4.). die beklagte forderte den kläger auf, die bundesrepublik deutschland innerhalb von 30 tagen nach bekanntgabe dieser entscheidung zu verlassen, und drohte ihm die abschiebung nach afghanistan an (ziffer 5.). das gesetzliche einreise- und aufenthaltsverbot gemäß § 11 abs. 1 aufenthg befristete sie auf 30 monate ab dem tag der abschiebung (ziffer 6.). 5zur begründung führte die beklagte im wesentlichen aus: die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft und die anerkennung als asylberechtigter lägen nicht vor. der kläger sei kein flüchtling. aus seinen ausführungen ergäben sich keine genügenden anhaltspunkte, dass er afghanistan aufgrund einer bereits erlittenen oder unmittelbar bevorstehenden verfolgung oder einem ernsthaften schaden verlassen habe. es könne dahingestellt bleiben, ob er als minderjähriger zusammen mit seiner mutter afghanistan aufgrund einer konkret gegen ihn gerichteten verfolgung bezüglich seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe verlassen habe. denn soweit er sich auf die tötung seines vaters und die bedrohung seiner familie berufe, weil dieser für die amerikaner gearbeitet habe, und befürchte, bei einer rückkehr in sein heimatland auch getötet zu werden, könne dies aufgrund der langen zeitzäsur für ihn keine beachtung finden. nach seinem vorbringen sei er persönlich nie in seinem herkunftsland afghanistan bedroht worden und er habe nach seiner letzten ausreise aus afghanistan etwa zwölf jahre im iran gelebt. jedenfalls sei davon auszugehen, dass ihm heute bei einreise in afghanistan keine verfolgung drohe. auch sein vorbringen, er befürchte, bei einer rückkehr nach afghanistan als ein volkszugehöriger der hazara mit schiitischem glauben getötet zu werden, begründe keine flüchtlingsrechtlich relevante furcht vor verfolgung. hieraus folge nicht die gefahr einer landesweiten verfolgung. die engeren voraussetzungen für die anerkennung als asylberechtigter lägen sodann ebenfalls nicht vor. 6auch die voraussetzungen für die zuerkennung des subsidiären schutzstatus lägen nicht vor. die verhängung oder vollstreckung der todesstrafe im sinne von § 4 abs. 1 nr. 1 asylg sei weder durch den kläger vorgetragen worden noch sei sie nach aktenlage ersichtlich. wie bereits bei der prüfung der flüchtlingseigenschaft festgestellt, liege weder eine verfolgungshandlung vor noch drohe dem kläger bei einer rückkehr nach afghanistan eine solche. der kläger müsse auch keine ernsthafte individuelle bedrohung seines lebens oder seiner unversehrtheit befürchten, weil er als zivilperson nicht von willkürlicher gewalt im rahmen eines in seinem herkunftsland bestehenden innerstaatlichen bewaffneten konflikts betroffen sei. 7abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. eine abschiebung sei nicht nach § 60 abs. 5 aufenthg unzulässig. wie bereits im rahmen der prüfung des § 4 abs. 1 nr. 2 asylg festgestellt, drohe dem kläger in afghanistan keine durch einen staatlichen oder nichtstaatlichen akteur verursachte folter oder relevante unmenschliche oder erniedrigende behandlung. auch die derzeitigen humanitären bedingungen in afghanistan führten nicht zu der annahme, dass bei abschiebung des klägers eine verletzung des art. 3 emrk vorliege. die hierfür vom egmr geforderten hohen anforderungen an den gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. der kläger sei ein junger erwerbsfähiger mann, der bereits im iran als handwerker gearbeitet und seine reise nach europa habe finanzieren können. es sei daher davon auszugehen, dass er, der mangels familiärer bindungen keine unterhaltslasten habe, auch ohne abgeschlossene berufsausbildung und ohne familiären rückhalt im falle einer rückkehr in der lage wäre, durch gelegenheitsarbeiten (etwa in kabul) wenigstens ein kleines einkommen zu erzielen, sich damit zumindest ein leben am rand des existenzminimums zu finanzieren und allmählich wieder in die afghanische gesellschaft zu integrieren. auch wenn der kläger über kein familiennetz in afghanistan verfüge, könne er finanzielle unterstützung durch familienangehörige im ausland in anspruch nehmen. zudem könne er als angehöriger der volksgruppe der hazara im falle einer rückkehr nach kabul auf die hazara-gemeinschaft in kabul zurückgreifen, die sich um neuankömmlinge über eine reihe von sozialen netzwerken kümmere. es drohe dem kläger auch keine individuelle gefahr für leib oder leben, die zur feststellung eines abschiebungsverbots nach § 60 abs. 7 aufenthg führen würde. 8die abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 abs. 1 asylg i.v.m. § 59 aufenthg zu erlassen. die ausreisefrist von 30 tagen ergebe sich aus § 38 abs. 1 asylg. im falle der klageerhebung ende die ausreisefrist 30 tage nach dem unanfechtbaren abschluss des asylverfahrens. 9das gesetzliche einreise- und aufenthaltsverbot werde auf 30 monate ab dem tag der abschiebung befristet. die befristung auf 30 monate sei im vorliegenden fall angemessen. anhaltspunkte für eine kürzere fristsetzung, aufgrund schutzwürdiger belange, seien weder vorgetragen worden noch lägen sie nach den erkenntnissen des bundesamtes vor. 10der bescheid wurde dem kläger am 5. juni 2020 zugestellt. 11am 12. juni 2020 hat der kläger klage erhoben. 12zur begründung seiner klage verweist der kläger im wesentlichen auf die folgen der corona-pandemie in afghanistan. außerdem habe er, seit die familie afghanistan verlassen habe, als er fünf jahre alt gewesen sei, im iran gelebt. er habe früher einen onkel und eine tante in afghanistan gehabt, die seien inzwischen aber beide verstorben. weitere verwandte in seinem heimatland habe er nicht mehr, der rest der familie lebe im iran. er habe im iran nur ein paar jahre die schule besucht, dann aber mit diversen gelegenheitsjobs versuchen müssen, geld zu verdienen. seine mutter leide an diversen krankheiten (herz-kreislauf, chronische magenentzündung) und sei auf seine unterstützung angewiesen. er habe im falle einer rückkehr nach afghanistan keine möglichkeiten, unterzukommen, und wäre völlig auf sich allein gestellt, ihm drohten obdachlosigkeit und verarmung. hinzu kämen die allgemeine sicherheitslage sowie die hohe arbeitslosigkeit. 13der kläger beantragt, 14die beklagte unter aufhebung von ziffer 4. – 6. des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 3. juni 2020 zu verpflichten, festzustellen, dass ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 oder abs. 7 satz 1 aufenthg vorliegt. 15die beklagte beantragt schriftsätzlich, 16die klage abzuweisen, 17und bezieht sich zur begründung auf die angefochtene entscheidung. 18wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 19 | 20die klage hat erfolg. 21sie ist zulässig, insbesondere fristgemäß erhoben. 22die klage ist auch begründet. der angefochtene bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 3. juni 2020 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten, als von der – allein streitgegenständlichen – feststellung eines abschiebungsverbotes nach § 60 abs. 5 aufenthaltsgesetz (aufenthg) abgesehen wurde (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). der kläger hat im maßgeblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung (§ 77 abs. 1 asylgesetz (asylg)) anspruch auf die feststellung, dass zu seinen gunsten ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 aufenthg hinsichtlich afghanistan besteht. 23nach § 60 abs. 5 aufenthg darf ein ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der anwendung der europäischen menschenrechtskonvention (emrk) ergibt, dass die abschiebung unzulässig ist. dies ist hier im hinblick auf art. 3 emrk der fall. gemäß art. 3 emrk darf niemand der folter oder unmenschlicher oder erniedrigender behandlung oder strafe unterworfen werden. dabei können nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofes für menschenrechte (egmr) in ganz außergewöhnlichen fällen auch schlechte humanitäre verhältnisse im zielstaat der abschiebung art. 3 emrk verletzen, wenn die humanitären gründe gegen die ausweisung bzw. abschiebung „zwingend“ sind. 24vgl. dazu bverwg, urteil vom 31. januar 2013, 10 c 15.12, juris (rn. 23 ff.); vgh bawü, urteile vom 17. januar 2018, a 11 s 241/17, juris (rn. 253 ff.), sowie vom 11. april 2018, a 11 s 924/17, juris (rn. 116 ff.), jeweils m.w.n. 25nicht erforderlich ist dabei, dass eine „extremgefahr“ im sinne der rechtsprechung zur rechtfertigung der durchbrechung der sperrwirkung des § 60 abs. 7 satz 5 aufenthg gegeben ist. 26vgl. bverwg, beschluss vom 8. august 2018, 1 b 25.18, juris (rn. 13). 27bei der prüfung der gefahrenlage ist das ganze land in den blick zu nehmen und zunächst auf den zielort der abschiebung abzustellen, 28vgl. bverwg, urteil vom 31. januar 2013, 10 c 15.12, a.a.o. (rn. 26), 29das heißt hier kabul. 30danach liegen hier zwingende humanitäre gründe gegen die abschiebung vor. 31die humanitäre lage in afghanistan und speziell in kabul war bereits im zweiten quartal des jahres 2021 und vor der machtübernahme durch die taliban mitte august 2021 über jedenfalls fast das gesamte staatsgebiet afghanistans, 32zur von den taliban (erneut) verkündeten eroberung auch des pandschir-tals vgl. https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-pandschir-101.html, sowie schweizerische flüchtlingshilfe (sfh), afghanistan: gefährdung durch die taliban (2. september 2021), s. 4 und 6 f. und https://www.bbc.com/news/world-asia-58545892, 33angespannt. hierzu hat das erkennende gericht im mai 2021 (auszugsweise) ausgeführt, dass die humanitäre lage (bereits seinerzeit) in wesentlichen teilbereichen nach wie vor stark defizitär war, und weiter: 34„afghanistan ist nach wie vor eines der ärmsten länder der welt. trotz unterstützung der internationalen gemeinschaft, erheblicher anstrengungen der afghanischen regierung und kontinuierlicher fortschritte in den vergangenen jahren belegte afghanistan 2016 lediglich platz 169 von 188 im human development index der vereinten nationen. 35vgl. auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan vom 31. mai 2018 (stand: mai 2018), s. 25. 36die wirtschaftsdaten des landes erweisen sich als äußerst volatil. während das durchschnittliche wirtschaftswachstum zwischen 2003 und 2013 bei 9 % gelegen hatte, sank es in den jahren 2014 bis 2017 auf werte zwischen 1,5 und 2,7 %. sodann wurde zunächst eine – wenn auch für externe einflüsse anfällige – stabilisierung erwartet, die nach schätzungen bis 2021 zu einer wachstumsrate von 3,6 % hätte führen können. 37vgl. easo, country of origin information report: afghanistan – key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e sharif and herat city (april 2019), s. 23 ff. 38die (schwer festzustellende) arbeitslosenzahl belief sich nach angaben der weltbank 2014 auf 9,1 %, während eine umfrage zu den afghanischen lebensverhältnissen (alcs) im selben jahr einen anstieg der arbeitslosigkeit auf 24 % ergab, wobei weitere 15,3 % „unterbeschäftigt" waren. eine weitere verschlechterung war bereits zu diesem zeitpunkt zu befürchten. gleiches galt für die damit in zusammenhang stehende armutsquote. der anteil der bevölkerung, der unterhalb der nationalen armutsgrenze lebte, stieg in den jahren 2016 / 2017 auf 54,5 %. dementsprechend waren 2016 insgesamt 1,6 million afghanen oder 6 % der bevölkerung von ernsthafter lebensmittelunsicherheit und weitere 9,7 millionen oder 34 % von mittelschwerer lebensmittelunsicherheit betroffen. dabei bestanden signifikante regionale unterschiede. insoweit stellte sich im jahre 2016 die situation in städten auch erstmals schlechter dar als in ländlichen gebieten. 39vgl. easo, country guidance: afghanistan (juni 2019), s. 132 ff., und country of origin information report: afghanistan – key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e sharif and herat city (april 2019), s. 27 ff.; auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan vom 19. oktober 2016 (stand: september 2016), s. 21 f., sowie vom 31. mai 2018 (stand: mai 2018), s. 25 f.; unhcr – richtlinien zur feststellung des internationalen schutzbedarfs afghanischer asylsuchender vom 19. april 2016, s. 31; schweizerische flüchtlingshilfe, corinne troxler, afghanistan: update - die aktuelle sicherheitslage (30. september 2016), s. 27 ff. 40dementsprechend ermittelte eine studie aus dem jahre 2014 für fünf große afghanische städte (kabul, herat, jalalabad, mazar-e sharif und kandahar) auch eine im landesweiten vergleich deutlich höhere durchschnittliche armutsquote von 78,2 %. 41vgl. samuel hall, urban poverty report – a study of poverty, food insecurity und resilience in afghan cities (2014), abrufbar unter: http://samuelhall.org/drc-pin-urban-poverty-report/, s. 6. 42wesentlicher gesichtspunkt für die wirtschaftliche und soziale entwicklung des landes ist dabei das erhebliche bevölkerungswachstum, das zuletzt bei 2,7 % lag und ende 2020 von der weltbank mit 2,3 % angegeben wurde; dies kommt in etwa einer verdoppelung der bevölkerung innerhalb einer generation gleich. 47 % der bevölkerung sind unter 15 jahren alt. die möglichkeiten des afghanischen staates, die grundbedürfnisse der eigenen bevölkerung zu befriedigen und ein mindestmaß an sozialen dienstleistungen zur verfügung zu stellen, geraten dadurch zusätzlich unter druck, bzw. macht dieses wachstum dies dem afghanischen staat nahezu unmöglich. 43vgl. easo, country of origin information report: afghanistan – key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e sharif and herat city (april 2019), s. 23 f., sowie country of origin information report: afghanistan – key socio-economic indicators, state protection, and mobililty in kabul city, mazar-e sharif, and herat city (august 2017), s. 19; auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan vom 19. oktober 2016 (stand: september 2016), s. 21, vom 31. mai 2018 (stand: mai 2018), s. 25, sowie vom 16. juli 2020 (stand juni 2020), s. 22; vgl. un-ocha, afghanistan: humanitarian needs overview, s. 14. 44in humanitären geberkreisen wird von einer armutsrate von 80 % in afghanistan ausgegangen. auch die weltbank prognostiziert einen weiteren anstieg ihrer rate von 55 % aus dem jahr 2016, da das wirtschaftswachstum durch die hohen geburtenraten absorbiert werde. 45vgl. auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschieberelevante lage in der islamischen republik afghanistan vom 16. juli 2020 (stand. juni 2020), s. 22. 46diese entwicklung wird verstärkt durch die große zahl von personen, die innerhalb afghanistans in die flucht getrieben werden. bis ende 2015 waren dies mehr als 1 million menschen, im jahre 2016 eine weitere halbe million, bis ende märz 2018 weitere 54.000, von denen viele letztlich in großen urbanen zentren mit nur beschränkten aufnahmekapazitäten endeten, in denen der zugang zur grundversorgung ein größeres problem darstellt. hinzu kamen gut eine million registrierter und nicht registrierter afghanischer flüchtlinge aus pakistan und dem iran, die im jahre 2016 in ihre heimat zurückgekehrt sind. dabei ist speziell kabul nicht nur traditionell zu etwa 40 % das wesentliche zufluchtsgebiet der vom konflikt betroffenen binnenvertriebenen, sondern war auch massiv vom starken anstieg der zahl der rückkehrer aus pakistan betroffen. dementsprechend ist kabul von allen städten afghanistans diejenige mit dem größten bevölkerungswachstum. es belief sich bereits zwischen 2005 und 2015 schätzungen zufolge auf 10 % jährlich und wurde sodann mit durchschnittlich 4,74 % jährlich angegeben, so dass in der stadt kabul offiziellen schätzungen zufolge in den letzten jahren zwischen 3,5 und 5,5 millionen menschen lebten. dabei beträgt der anteil der einwohner, die in informellen siedlungen in schlechter lage und mit mangelnder anbindung an versorgung leben, schätzungsweise 70 %. die aufnahmekapazität der stadt ist daher insbesondere aufgrund begrenzter möglichkeiten der existenzsicherung, der fehlenden verfügbarkeit angemessener unterbringung sowie des mangelnden zugangs zu grundlegenden versorgungsleistungen äußerst eingeschränkt. 47vgl. unhcr – richtlinien zur feststellung des internationalen schutzbedarfs afghanischer asylsuchender vom 19. april 2016, s. 31 ff.; unhcr, anmerkungen zur situation in afghanistan auf anfrage des deutschen bundesministeriums des innern (dezember 2016), s. 4 und 7; auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan vom 31. mai 2018 (stand: mai 2018), s. 24; easo, country guidance: afghanistan (juni 2019), s. 132 f.; easo, country of origin information report: afghanistan – security situation (juni 2019), s. 72 ff.; easo, country of origin information report: afghanistan – key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e sharif and herat city (april 2019), s. 56; vgl. schweizerische flüchtlingshilfe (sfh), afghanistan: die aktuelle sicherheitslage, 12. september 2018, s. 21; vgl. accord, afghanistan: entwicklung der wirtschaftlichen situation, der versorgungs- und sicherheitslage in herat, mazar-e sharif (provinz balkh) und kabul 2010‑2018 vom 7. dezember 2018, s. 14 ff. 48allerdings stellte ein bericht der afghanischen regierung aus dem jahre 2015 fest, dass die mehrheit der rückkehrer und binnenvertriebenen, die in der lage sind, sich an geeigneten orten zu integrieren, innerhalb von drei jahren einen mit der örtlichen bevölkerung vergleichbaren lebensstandard erreichen können, 49vgl. easo, country of origin information report: afghanistan – key socio-economic indicators, state protection, and mobililty in kabul city, mazar-e sharif and herat city (august 2017), s. 41, 50zumal die zahl der binnenvertriebenen sodann zurückging. 51vgl. bericht des uno-generalsekretärs, the situation in afghanistan and its implications for international peace and security (28. februar 2019), s. 12. 52in 2019 verließen laut dem united nations office for the coordination of humanitarian affairs (un-ocha) ca. 471.000 menschen aufgrund des konflikts innerhalb afghanistans ihre heimatregion, easo benennt für diesen zeitraum eine zahl von ca. 461.000 personen. konfliktinduzierte binnenflüchtlinge stammten vorwiegend aus den provinzen faryab, takhar und kunar. insgesamt wurde die zahl der binnenvertriebenen zum ende 2019 auf über 2,9 millionen geschätzt. die mehrheit der binnenflüchtlinge lebt, ähnlich wie rückkehrer aus pakistan und iran, in flüchtlingslagern, angemieteten unterkünften oder bei gastfamilien. die bedingungen sind prekär. der zugang zu gesundheitsversorgung, bildung und wirtschaftlicher teilhabe ist stark eingeschränkt. der hohe konkurrenzdruck führt oft zu konflikten. 75 % der binnenflüchtlinge sind auf humanitäre hilfe angewiesen. 53vgl. bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan vom 16. juli 2020 (stand: juni 2020), in der fassung vom 14. januar 2021, s. 21 f.; easo, afghanistan: key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e sharif and herat city (august 2020), s. 14 f. und 40. 54im ersten quartal 2020 sorgten der andauernde konflikt sowie naturkatastrophen für weitere binnenmigration, und viele binnenvertriebene verbleiben an diesen orten, da konflikte und armut sie davon abhalten, in ihre heimatregionen zurückzukehren. 55easo, country of origin information report: afghanistan: key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e sharif and herat city (august 2020), s. 14. 56die zahl der rückkehrer aus iran war bereits vor dem jahr 2020 weiterhin auf einem hohen stand, wenn auch grundsätzlich rückläufig (2019: 485.000; 2018: 775.000). noch stärker war der rückgang bei den rückkehrern aus pakistan erkennbar (2019: 19.900; 2018: 46.000). 57vgl. bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan vom 16. juli 2020 (stand: juni 2020) in der fassung vom 14. januar 2021, s. 24. 58zuletzt bewegte die sich verschlechternde wirtschaftslage im iran, zumal im zuge der covid-19-krise, viele afghanen zur rückkehr in ihr heimatland, laut iom bis zum 30. april 2020 etwa 271.000 rückkehrer. seit jahresbeginn bis anfang juli 2020 registrierte iom insgesamt 363.963 rückkehrer nach afghanistan, mehr als 362.000 von ihnen aus iran. 59vgl. bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan vom 16. juli 2020 (stand: juni 2020) in der fassung vom 14. januar 2021, s. 18; easo, country of origin information report: afghanistan: key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e sharif and herat city (august 2020), s. 16 f. 60nach zuletzt veröffentlichten zahlen kehrten im jahr 2020 insgesamt rund 824.000 nicht-registrierte personen aus dem iran und pakistan nach afghanistan zurück. 61vgl. un-ocha, afghanistan: humanitarian needs overview 2021 (dezember 2020), s. 21. 62die provinz kabul bleibt einer der hauptniederlassungsorte von rückkehrern und binnenvertriebenen. dabei ist nach angaben des unhcr und anderer quellen der anteil der rückkehrer, die ursprünglich aus kabul stammen, sehr niedrig. viele rückkehrer stammen aus anderen provinzen oder wurden im iran oder in pakistan geboren. 63easo, country of origin information report: afghanistan: key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e sharif and herat city (august 2020), s. 18 f. 64rückkehrer, binnenvertriebene und wirtschaftsmigranten haben das schnelle wachstum der stadt kabul vorangetrieben, mit dem die städtische infrastruktur jedoch nicht in gleichem tempo schritt halten konnte. als hauptprobleme werden weiterhin u.a. unzureichende unterkünfte und sanitäreinrichtungen, eine überlastete grundversorgung und ressourcen, arbeitslosigkeit, landraub und armut, aber auch kriminalität, genannt. der deutliche anstieg der kriminalität wird berichten zufolge auf die wachsende arbeitslosigkeit zurückgeführt, verbunden mit einem wachsenden einfluss von schwerbewaffneten und politisch vernetzten kriminellen netzwerken, sowie den auswirkungen veränderter verhaltensweisen der kabuler jugend. das schnelle und unkontrollierte wachstum habe neue wirtschaftliche und sicherheitsbezogene herausforderungen in der stadt kabul hervorgerufen, wodurch das verbliebene städtische sozialgefüge, welches für die bewahrung einer gewissen sozialen ordnung gesorgt habe, mit welcher eine gewisse sicherheit einhergegangen sei, nunmehr schnell verschwinde. laut dem unhcr sind entführungen eine hauptsorge für viele bewohner kabuls. ausländer und reiche afghanen werden insofern als hauptziele ausgemacht. 65vgl. easo, country of origin information report: afghanistan – security situation (september 2020), s. 55, 59. 66die wirtschaftliche entwicklung bleibt geprägt von der schwierigen sicherheitslage sowie schwacher investitionstätigkeit. das wirtschaftswachstum konnte sich zuletzt ‑ vor dem auftreten der infektionsfälle mit dem sars-cov-2-virus (covid‑19‑erkrankung) und den mit diesen bzw. den entsprechenden eindämmungs- und schutzmaßnahmen einhergehenden auswirkungen – aufgrund der besseren witterungsbedingungen für die landwirtschaft erholen und lag 2019 laut weltbank-schätzungen bei 2,9 %. für 2020 geht die weltbank covid‑19‑bedingt von einer rezession (bis zu -8 % bip) aus. die schaffung von arbeitsplätzen bleibt eine zentrale herausforderung für afghanistan. nach angaben der weltbank ist die arbeitslosenquote innerhalb der erwerbsfähigen bevölkerung in den letzten jahren zwar gesunken, sie blieb aber auf hohem niveau und dürfte wegen der covid-19-pandemie wieder gestiegen sein. für das jahr 2021 wird eine steigerung des bip um 1 % erwartet, wenn auch anzunehmen ist, dass die wirtschaft einige jahre benötigen wird, um sich von den auswirkungen der corona-pandemie zu erholen; ohne einen effektiven aufbauplan steht zu befürchten, dass die wirtschaft nicht zu dem moderaten wachstum der jahre vor der pandemie zurückkehren wird. 67vgl. auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschieberelevante lage in der islamischen republik afghanistan vom 16. juli 2020 (stand. juni 2020) in der fassung vom 14. januar 2021, s. 22; easo, country of origin information report: afghanistan: key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e sharif and herat city (august 2020), s. 23 ff.; un-ocha, humanitarian needs overview, s. 14 (fn. 19). 68nach angaben der weltbank wurde die wirtschaft durch den covid-19-ausbruch hart getroffen, welcher konsum, exporte – zwischenzeitlich wurden die grenzen zu nachbarländern geschlossen – und überweisungen aus dem ausland („remittances“) beeinflusste. im doing business index der weltbank für das jahr 2020 wird afghanistan auf platz 173 von 190 staaten geführt. 69easo, country of origin information report: afghanistan: key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e sharif and herat city (august 2020), s. 23, 25. 70sie mahnte zuletzt an, afghanistan stehe eine schleppende wirtschaftliche erholung von der pandemie bevor, verbunden mit anhaltenden politischen unsicherheiten und einer möglichen reduzierung der internationalen hilfen. ein bericht der weltbank vom 5. april 2021 zeigt auf, dass ein robustes wachstum im bereich der landwirtschaft die afghanische wirtschaft teilweise aufgefangen hat, welche im jahr 2020 um rund zwei prozent gesunken ist – eine geringere verschlechterung als erwartet. dennoch haben die lockdown-maßnahmen, schwache investitionstätigkeit und handelsunterbrechungen den dienstleistungs- und den industriesektor hart getroffen, wodurch elend und arbeitslosigkeit in den städten zunahmen. für das jahr 2021 wird ein wachstum von einem prozent erwartet, im jahr 2022 wird es ‑ mit einem abschwächen der covid-19-krise – auf rund drei prozent ansteigen. es ist aufgrund des bevölkerungswachstums unwahrscheinlich, dass das pro-kopf-einkommen jenes niveau, welches es vor dem ausbruch der corona-pandemie hatte, vor dem jahr 2025 wieder erreichen wird. der schlüssel zu einer wirtschaftlichen erholung und dazu, das vertrauen des privatsektors wieder aufzubauen, so die weltbank weiter, sei eine starke und nachhaltige zusammenarbeit zwischen der afghanischen regierung und seinen internationalen partnern. 71vgl. un-ocha / who, afghanistan: strategic situation report: covid-19 (8. april 2021). 72bereits vor der corona-pandemie bedurfte die frage des zugangs zum wohnungs- und arbeitsmarkt, insbesondere auch für rückkehrer, besonderer beachtung. 73vgl. easo, country of origin information report: afghanistan, key socio-economic indicators, state protection, and mobility in kabul city, mazar-e sharif, and herat city (august 2017), s. 19 ff.; mit blick auf die hohe anzahl an rückkehrern und binnenvertriebenen vgl. auch country of origin information report: afghanistan – security situation (juni 2019), s. 69 ff., sowie amnesty international, anfragenbeantwortung zur sicherheitslage für zivilpersonen, für rückkehrer, verdichtung der gefahren für einzelnen regionen bzw. einzelne personengruppen, akteure, möglichkeit für zivilpersonen, gefahren auszuweichen, lage von alleinstehenden personen, arbeitsmarkt, versorgungslage, rückkehrer, die lange im iran gelebt haben, lage der hazara, vom 5. februar 2018, s. 53 ff.; speziell zur lage von rückkehrern ohne familiäres netzwerk mit blick auf wohn- und arbeitsmarkt: stahlmann, gutachten afghanistan, 28. märz 2018, s. 221 ff. und s. 238 ff.; vgl. ebenfalls umfassend vgh baden-württemberg, urteile vom 12. oktober 2018, a.a.o. (rn. 361 ff.), vom 11. april 2018, a 11 s 924/17, juris (rn. 302 ff.), und vom 16. oktober 2017, a 11 s 512/17, juris (rn. 99-192). 74nunmehr belastet die covid-19-krise mit einhergehender wirtschaftlicher rezession die privaten haushalte stark. 75vgl. bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan vom 16. juli 2020 (stand: juni 2020) in der fassung vom 14. januar 2021, s. 22. 76bereits im jahr 2018 wurde geschätzt, dass ca. 70 % der bewohner kabuls in sogenannten „informellen siedlungen“ lebten, mithin in gebieten, in denen sie auf die nutzung von dem grund und boden, auf dem die unterkünfte errichtet waren, keinen rechtlichen anspruch hatten, und / oder in denen die unterkünfte nicht mit baurechtlichen vorschriften im einklang standen. eine untersuchung aus den jahren 2016 / 2017 hatte ermittelt, dass 58 % der rückkehrer nach afghanistan in diesem zeitraum zur miete wohnten (binnenvertriebene: 69 %), während 22 % der rückkehrer (binnenvertriebene: 20 %) anderweitig untergekommen waren, zum beispiel im weiteren familienkreis, durch hausbesetzung oder in informellen siedlungen. 77easo, country of origin information report: afghanistan: key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e sharif and herat city (august 2020), s. 62, 64; zur – variierenden – begrifflichkeit der informellen siedlung („informal settlement“, iset) vgl. auch reach, tackling information gaps in the informal settlements of afghanistan, vom 25. november 2020, abrufbar unter: https://www.reach-initiative.org/what-we-do/news/tackling-information-gaps-informal-settlements-afghanistan/. 78unsichere wohnverhältnisse sind eine hauptursache für die verletzlichkeit für viele afghanen, insbesondere binnenvertriebene, rückkehrer und frauen, und das risiko einer zwangsräumung wird als „besonders greifbar“ für rückkehrer und personen umschrieben, die aufgrund der covid-19-krise nicht in der lage sind, die miete zu zahlen. 79easo, country of origin information report: afghanistan: key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e sharif and herat city (august 2020), s. 15. 80hingewiesen wird allerdings auch darauf, dass die pandemie keine besonderen auswirkungen auf die miet- und kaufpreise in kabul hätten, die mieten seien nicht gestiegen. 81vgl. schwörer, auswirkungen der covid-19 pandemie auf die lage in afghanistan (30. november 2020), s. 12. 82die aufzubringende miete für eine „einfache“ wohnung wird mit ungefähr 80,00 ‑ 100,00 us-dollar pro monat, 83vgl. schwörer, auswirkungen der covid-19 pandemie auf die lage in afghanistan (30. november 2020), s. 12, 84bzw. ungefähr 130,00 – 150,00 us-dollar pro monat 85so schwörer in der mündlichen verhandlung am 17. dezember 2020, vgl. vgh mannheim, urteil vom 17. dezember 2020, a 11 s 2042/20, juris (rn. 71), 86beziffert. umgerechnet entspricht der maximalwert dieser benannten preisspanne ca. 125,00 euro, mithin stünden jährliche mietkosten bis zu 1.500,00 euro zu erwarten. zudem haben die sogenannten „teehäuser“ wieder geöffnet, von einer (erneuten) schließung sei nicht auszugehen. 87vgl. schwörer, auswirkungen der covid-19 pandemie auf die lage in afghanistan (30. november 2020), s. 12. 88für das jahr 2020 wird eine steigerung der arbeitslosenzahlen erwartet. es wird geschätzt, dass sich die arbeitslosenrate (personen ab 15 jahren) auf 11,2 % beläuft. die weltbank hält eine armutsrate von 61 % bis 72 % bzw. von 73 % in 2020 für möglich, dies aufgrund von sinkenden einkommen und steigenden preisen hinsichtlich lebensmitteln und weiteren notwendigen haushaltsmitteln. die hohe zahl an rückkehrern und binnenvertriebenen setze insbesondere auch die beschäftigungsmöglichkeiten in den großen urbanen zentren unter druck. 89easo, country of origin information report: afghanistan: key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e sharif and herat city (august 2020), s. 28 f., 36. 90schon vor dem ausbruch der covid-19-erkrankung war die mehrzahl der vulnerablen personen im informellen arbeitssektor tätig, so dass sie von unsteten und irregulären einkommensquellen abhängig waren, um die grundbedürfnisses ihres jeweiligen haushalts zu erfüllen. schon vor den pandemiebedingten lockdown-maßnahmen waren reguläre beschäftigungsverhältnisse kaum verfügbar. bereits vor dem lockdown gaben innerhalb verschiedener bevölkerungsgruppen 22 – 44 % der befragten an, keine arbeit an fünf oder mehr tagen in einer woche zu finden; 8 ‑ 12 % der haushalte gaben an, gar keine arbeit zu finden. mit dem ausbruch der covid-19-erkrankung und den mit ihrer bekämpfung verbundenen einschränkungen in bezug auf mobilität versiegten die informellen beschäftigungsmöglichkeiten weitestgehend, was zu einem überwältigenden verlust von einkommensquellen sowie zu einem gesunkenen zugang zu nahrungsmitteln führte. diese folgen traten insbesondere in städten auf. laut einer umfrage aus august 2020 gaben 59 % der befragten haushalte an, über ein reduziertes einkommen zu verfügen, und 55 % der haushalte erklärten, eine beschäftigung verloren zu haben. eine erhebung aus september 2020 zu daten informeller siedlungen gibt an, dass 51 % berichtet hätten, dass die meisten bewohner nicht mehr gearbeitet hätten. nach dem ende der mobilitätsbeschränkungen hätten die befragten haushalte angegeben, dass sich die beschäftigungsmöglichkeiten kaum verbessert hätten – befragt zu der phase vor dem lockdown und den letzten 30 tagen vor der erhebung im zeitraum mai – juni 2020 traten nur minimale abweichungen zwischen allen bevölkerungsgruppen auf. jedoch wäre es für haushalte, denen eine frau vorstand, noch schwerer gewesen, dass eine person dieses haushalts eine beschäftigungsmöglichkeit fand, nachdem der lockdown im august / september 2020 aufgehoben worden sei. während 86 % der befragten aus allen bevölkerungsgruppen (einschließlich solcher mit einem behinderten oder älteren haushaltsvorstand) angab, dass mindestens ein erwachsener in der lage gewesen sei, an mindestens einem tag pro woche arbeit zu finden, traf dies nur auf 77 % aller haushalte mit einem weiblichen haushaltsvorstand zu, so dass von einem ungleichen effekt auf frauen auszugehen sei. angesichts der eingeschränkten einkommensmöglichkeiten für frauen hätten der tod oder eine erkrankung eines männlichen verdieners nochmals den druck auf das familieneinkommen erhöht. 91vgl. un-ocha, afghanistan: humanitarian needs overview 2021 (dezember 2020), s. 41. 92die lockerungen der maßnahmen zur bekämpfung der covid-19-erkrankung im mai 2020 haben zu einer zunahme von arbeitsmöglichkeiten geführt, dennoch blieben die möglichkeiten zur aufnahme von gelegenheitsarbeiten deutlich unterdurchschnittlich, in erster linie aufgrund fehlender nachfrage im bau- und produktionssektor. in verbindung mit der großen zahl an rückkehrern wurden die hier erzielbaren löhne unter druck gesetzt. 93vgl. fews net, afghanistan: food security outlook, juni 2020 bis januar 2021, s. 1, 3. 94in den städten ist der winter eine zeit relativ niedriger wirtschaftsaktivität. hierdurch wurden die negativen auswirkungen der corona-pandemie auf die wirtschaft verlängert, mit niedrigen arbeitsmöglichkeiten und löhnen, ergänzt durch den umstand, dass überweisungen aus dem ausland („remittances“) weiterhin unterdurchschnittlich erfolgten. im januar 2021 lagen die landesweiten löhne von gelegenheitsarbeitern vier bis fünf prozent unter dem niveau des vorjahres bzw. des durchschnitts der letzten vier jahre. zugleich lagen die erwerbsmöglichkeiten für gelegenheitsarbeiter 20 bis 21 % unter dem niveau des vorjahres bzw. des durchschnitts der letzten fünf jahre. obwohl die erwerbsmöglichkeiten höher sind als während der hochphase der covid-19-bedingten einschränkungen, ist der durchschnittswert mit 1,7 tagen / woche (januar 2021) der zweitniedrigste seit januar 2014. allerdings wird darauf verwiesen, dass die erwerbsmöglichkeiten für sowie die löhne der gelegenheitsarbeiter typischerweise in den wintermonaten sinken. 95vgl. fews net, afghanistan: food security outlook, februar bis september 2021, s. 3. 96bis september 2021 wird jedoch erwartet, dass eine steigende wirtschaftsaktivität die erwerbsmöglichkeiten für arme haushalte verbessern wird. 97vgl. fews net, afghanistan: food security outlook, februar bis september 2021, s. 1, 9. 98im april 2020 meldete un-ocha eine verschlechterung der kaufkraft in kabul und schätzte, dass die kaufkraft von gelegenheitsarbeitern (tagelöhnern) um 31 % gesunken sei. 99easo, country of origin information report: afghanistan: key socio-economic indicators, focus on kabul city, mazar-e sharif and herat city (august 2020), s. 37. 100nach zu beginn des jahres veröffentlichten zahlen ist die kaufkraft von gelegenheitsarbeitern seit dem 14. märz 2020 bis januar 2021 um 19 % gesunken; bis ende februar 2021 hat sie sich nochmals leicht verschlechtert (senkung um fast 20 % im vergleich zum 14. märz 2020), wobei zugleich auf preissteigerungen aufgrund von unterbrechungen der transportwege in verschiedenen landesteilen verwiesen wird. 101vgl. un-ocha / who, afghanistan: strategic situation report: covid-19 (21. januar 2021 bzw. 25 februar 2021). 102die sozioökonomischen folgen der covid-19-pandemie haben in afghanistan zu einer verschlechterung der lebensmittelversorgung geführt, welche nunmehr mit derjenigen während der dürre im jahr 2018 zu vergleichen ist. zwar waren die märkte in afghanistan weiterhin zugänglich und grundsätzlich in der lage, die bedürfnisse der bewohner zu bedienen. 103vgl. un-ocha, afghanistan: humanitarian needs overview 2021 (dezember 2020), s. 40. 104die preise von grundnahrungsmitteln sind jedoch seit dem auftreten des sars‑cov‑2-virus gestiegen. 105vgl. un-ocha / who, afghanistan: strategic situation report: covid-19 (21. januar 2021), steigerungen im zeitraum 14. märz 2020 bis 20. januar 2021 wie folgt: weizenmehl 13 %, hülsenfrüchte 23 %, zucker 21 %, speiseöl 46 %, reis 18 %; vgl. un-ocha, afghanistan: covid-19 multi sectoral response / operational situation report (24. juni 2020), steigerungen im zeitraum 14. märz bis 24. juni 2020: weizenmehl 17 %, hülsenfrüchte 32 %, zucker 21 %, speiseöl 40 %, reis 20 %. 106die preise verblieben nach einem anstieg zu beginn der covid-19-pandemie auf einem erhöhten, aber durchaus stabilen niveau, abgesehen von saisonüblichen schwankungen; weizen und speiseöl werden als die beiden produkte bezeichnet, welche am häufigsten als schwierig zu bekommen benannt werden. 107vgl. joint market monitoring initiative (jmmi), afghanistan price and seasonality snapshot (märz bis dezember 2020), abrufbar unter https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/afg_reach_ cvwg_jmmi_snapshot_priceseapricesea.pdf; vgl. auch vgh baden-württemberg, urteil vom 17. dezember 2020, a 11 s 2042/20, juris (rn. 69), sowie schwörer, a.a.o., s. 13. 108zuletzt ergaben untersuchungen, dass die preise von grundnahrungsmitteln erneut gestiegen sind. so wurden die preissteigerungen im zeitraum 14. märz 2020 bis 24. februar 2021 wie folgt angegeben: weizenmehl 18 %, hülsenfrüchte 24 %, zucker 22 %, speiseöl 53 %, reis 20 %; im zeitraum 14. märz 2020 bis zum 25. märz 2021 betrugen die preissteigerungen 12 %, 26 %, 20 %, 58 % bzw. 21 %. zurückgeführt wurden die starken anstiege der letzten wochen auf unterbrechungen der transportwege in verschiedenen landesteilen. 109vgl. un-ocha / who, afghanistan: strategic situation report: covid-19 (25. februar 2021 und 25. märz 2021). 110zuletzt wurde die sorge geäußert, dass aufgrund der derzeitigen wetterbedingungen (geringere niederschläge und höhere temperaturen) und mit blick auf die wasserversorgung in den nächsten monaten die nahrungsmittelpreise weiter steigen könnten, falls diese wetterbedingungen anhalten. 111vgl. un-ocha / who, afghanistan: strategic situation report: covid-19 (8. april 2021). 112diese umstände wie auch die durch die corona-pandemie hervorgerufenen unterbrechungen informeller beschäftigungsverhältnisse und gesunkener auslandsüberweisungen („remittances“) treiben personen in eine lähmende („crippling“) verschuldung. der hauptgrund, eine solche verschuldung aufzunehmen, war nach erhebungen aus dem jahr 2020 die finanzierung von lebensmitteln (53 %). 113vgl. un-ocha / who, afghanistan: strategic situation report: covid-19 (25. februar 2021). 114haushalte verschulden sich immer stärker, um die kosten der lebenshaltung bestreiten zu können. 115vgl. un-ocha, afghanistan: covid-19 multi-sectoral response (14. januar 2021). 116die aufnahme von krediten belastet insbesondere personen, welche in unterkünften mit unsicheren besitzrechten leben, da sie vor besonderen herausforderungen stehen, um ihre mieten bezahlen zu können und sich so ein dach über dem kopf zu sichern. während die verbreitung einer verschuldung in einigen gruppen vulnerabler personen im jahr 2021 nicht zugenommen hat, hat sich hingegen die intensität einer (bestehenden) schuldenlast oft erhöht. 117vgl. un-ocha, afghanistan: humanitarian needs overview 2021 (dezember 2020), s. 43. 118nach angaben von un-ocha / who bedürfen im jahr 2021 im vergleich zum jahr 2017 sechsmal so viele menschen humanitärer unterstützung. die gesundheitlichen und sozio-ökonomischen folgen der corona-pandemie ließen die zahl derer in nöten allein im letzten jahr fast verdoppeln. afghanistan hat nun weltweit die zweithöchste zahl von personen in ernsthafter lebensmittelunsicherheit (5,5 millionen), wobei statistisch fast eines von zwei kindern unter fünf jahren im jahr 2021 einer akuten mangelernährung ausgesetzt sein wird. 119vgl. un-ocha / who, afghanistan: strategic situation report: covid-19 (25. februar 2021). 120das größte ausmaß an lebensmittelunsicherheit wird in den provinzen badachschan, nuristan, samangan, urusgan, daikondi, ghor und badghis sowie in den urbanen zentren von herat, kandahar und maimana erwartet. es wird angenommen, dass versorgungsbedürfnisse in allen bevölkerungsgruppen vorkommen, dass aber binnenvertriebene, flüchtlinge und vertriebenenhaushalte, denen eine frau oder eine person mit einer behinderung vorsteht, besonders hohe bedürfnisse haben. innerhalb der gruppe der vertriebenen dürften frauengeführte haushalte sowie personen mit einer behinderung die größten versorgungsbedürfnisse aufweisen: fast die hälfte aller haushalte, die durch eine person mit einer behinderung (49 %) oder durch eine frau (46 %) geführt werden, wurden dahingehend bewertet, dass sie moderaten oder ernsten hunger leiden, verglichen mit 39 % aller haushalte vertriebener. zugleich wurde festgestellt, dass diesbezüglich die provinzen parwan, faryab, nimrus und sar-i pul am schwersten betroffen sind. 121vgl. un-ocha, afghanistan: humanitarian needs overview 2021 (dezember 2020), s. 34. 122eine umfrage aus september 2020 ergab, dass 55 % aller teilnehmer mindestens eine bevölkerungsgruppe angaben, deren zugang zum markt durch die auswirkungen der covid-19-pandemie begrenzt worden seien; benannt wurden personen mit chronischen krankheiten (34 %), menschen mit behinderungen (25 %), frauen und mädchen (21 %), binnenvertriebene (16 %), kinder (14 %), männer und jungen (11 %) und rückkehrer (10 %). 123vgl. un-ocha / who, strategic situation report: covid-19 (22. oktober 2020), unter verweis auf afghanistan joint market monitoring initiative (jmmi), abrufbar unter https://reliefweb.int/sites/ reliefweb.int/files/resources/afg_reach_cvwg_jmmi_september_covid11-1.pdf; im zeitraum 23. april bis 8. mai 2020 benannten 86 % der teilnehmer betroffene bevölkerungsgruppen, wie folgt: personen mit chronischen krankheiten (66 %), frauen und mädchen (63 %), männer und jungen (52 %), menschen mit behinderungen (48 %), kinder (42 %), binnenvertriebene (29 %) und rückkehrer (27 %), vgl. https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/reach_afg_cvwg_situation-overview_jmmi-pilot_covid-19_may-2020.pdf. 124kabul wurde schon früh zu derjenigen provinz mit den meisten bestätigten infektionsfällen. 125vgl. un-ocha / who, afghanistan flash update – daily brief: covid-19 (7. juni 2020); un-ocha / who, afghanistan – strategic situation report: covid-19 (27. august 2020). 126die afghanische regierung reagierte auf den ausbruch der infektionsfälle mit einem landesweiten lockdown. die konkreten einschränkungen fielen in den einzelnen provinzen unterschiedlich aus. hierzu zählte die verhängung von ausgangssperren, die zahl gemeinsam reisender wurde begrenzt. straßen wurden gesperrt, darunter alle nach kabul führenden routen, die grenzen zu iran und pakistan waren geschlossen, kommerzielle flüge fanden nicht statt. in der provinz kabul wurden strenge maßnahmen erlassen, welche im weiteren verlauf noch verstärkt wurden. insbesondere die mobilität der menschen wurde begrenzt. im weiteren verlauf wurde sowohl der flugverkehr wieder aufgenommen als auch internationaler warenverkehr wieder ermöglicht. zudem wurde berichtet, dass sich personen selbst in provinzen, in denen strenge maßnahmen verhängt worden waren, relativ frei bewegen konnten und läden geöffnet hatten, die durchsetzung der maßnahmen wurde immer nachlässiger verfolgt. im april und mai 2020 kam es zu öffentlichen protesten, meistens in zusammenhang mit einer empfundenen ungleichbehandlung bei den durch die regierung veranlassten verteilungen von brot. humanitäre hilfsleistungen wurden im weiteren verlauf nicht mehr durch covid-19-bezogene lockdown‑maßnahmen behindert. 127vgl. un-ocha, afghanistan: c-19 access impediment report, sowie afghanistan: covid-19 multi-sectoral response / operational situation report, jeweils vom 29. april 2020; un-ocha, afghanistan: c-19 access impediment report (10. juni 2020, 24. august 2020); un-ocha, afghanistan: covid-19 multi-sectoral response / operational situation report (10. juni 2020, 26. august 2020); un-ocha / who, afghanistan, strategic situation report (27. august 2020); vgl. zu den auswirkungen der corona-pandemie auch vgh baden-württemberg, urteil vom 17. dezember 2020, a 11 s 2042/20, juris (rn. 41 ff.). 128zum 6. mai 2021 wurden aus allen afghanischen provinzen infektionsfälle mit dem sars-cov-2-virus gemeldet: von den 61.162 personen, die an covid-19 erkrankt waren, gelten 53.750 personen als genesen, 2.664 personen verstarben. allerdings sind lediglich 412.798 tests bei einer gesamtbevölkerung von 40,4 millionen durchgeführt worden. es ist daher damit zu rechnen, dass die zahl der tatsächlichen infektionsfälle und verstorbenen in ganz afghanistan höher liegt. 129vgl. un-ocha / who, afghanistan: strategic situation report: covid-19 (6. mai 2021). 130die mehrheit der statistisch erfassten todesfälle mit einem bezug zu covid-19 in afghanistan sind männer zwischen 50 und 79 jahren. fast 67 % aller bestätigten covid-19-erkrankungen betreffen männer, wobei dies auch auf den umstand zurückgeführt werden könnte, dass mehr männer als frauen getestet werden. 131vgl. un-ocha / who, afghanistan: strategic situation report: covid-19 (8. april 2021). 132eine studie aus dem sommer 2020 nahm an, dass bis juni 2020 mehr als 30 % der bevölkerung landesweit und sogar 50 % der einwohner kabuls mit der covid‑19‑erkrankung infiziert gewesen sind. 133vgl. un-ocha, afghanistan: humanitarian needs overview 2021 (dezember 2020), s. 22. 134auch afghanistan wurde im november 2020 von einer sogenannten „zweiten welle“ getroffen. die afghanische regierung und die vereinten nationen haben erste schritte zur vorbereitung des roll-outs eines covid-19-impfstoffs im ganzen land unternommen, einschließlich der entwicklung eines nationalen plans zur verteilung des impfstoffs (national vaccine deployment plan, nvdp). eine arbeitsgruppe aus regierungs- und vertretern von un-organisationen unter leitung des gesundheitsministeriums hat pläne u.a. für den umgang mit den impfstoffen entwickelt und wird die bestehende covid-19 task force des vizepräsidenten ergänzen. am 7. februar 2021 sind die ersten 500.000 impfdosen des von astrazeneca / universität oxford entwickelten impfstoffes, gespendet durch die republik indien, in kabul eingetroffen. geimpft werden sollen zunächst ärzte und medizinisches personal, mitglieder der sicherheitskräfte, lehrer und regierungsmitarbeiter. die impfungen des medizinischen personals haben die höchste priorität. es wird erwartet, dass ein impfstoff im jahr 2021 auf der grundlage des covax (covid-19 vaccines global access) advanded market commitment (amc) zugänglich sein wird. während die impfallianz gavi (the gavi alliance, früher: global alliance for vaccines and immunisation) über die plattform covax die impfkosten für bis zu 20 % der afghanischen bevölkerung über spenden bereitstellt, haben die weltbank sowie die asiatische entwicklungsbank zuletzt zugesagt, die finanziellen mittel für die versorgung weiterer 40 % der bevölkerung zu übernehmen. die erste impfstofflieferung über die plattform covax – bestehend aus 468.000 dosen – erfolgte am 8. märz 2021 nach kabul. einem bericht von tolo news vom 7. april 2021 zufolge sind erste impfungen, insbesondere auch von medizinischem personal und sicherheitskräften, angelaufen. un-ocha ist allerdings besorgt, ob ein gleichberechtigter zugang aller afghanen auf die impfstoffe gegeben sein wird. bis zum 6. mai 2021 sind mehr als 448.000 personen geimpft worden, unter ihnen auch ca. 100.000 beschäftigte im gesundheitswesen und 50.000 lehrer; ca. 10 % der geimpften haben beide impfdosen erhalten. aufgrund der globalen impfstoffknappheit wird eine weitere lieferung über die plattform covax verzögert. möglich ist, dass weitere impfdosen über bilaterale verbindungen aus anderen ländern zur verfügung gestellt werden. 5.000 weitere impfdosen wurden der un zwecks impfung ihres personals sowie desjenigen weiterer ngos in afghanistan zur verfügung gestellt. 135vgl. un-ocha / who, afghanistan: strategic situation report: covid-19 (21. januar, 25. februar, 25. märz, 8. und 22. april, 6. mai 2021); vgl. https://www.reuters.com/article/health-coronavirus-afghanistan-vaccine/first-doses-of-covid-19-vaccine-arrive-in-afghanistan-from-india-idinkbn2a707m; vgl. https://reliefweb.int/report/afghanistan/covid-19-vaccines-shipped-covax-arrive-afghanistan; vgl. https://tolonews.com/index.php/health-171298. 136der weltgesundheitsorganisation (who) bereitet insbesondere die – welt- und landesweite – ausbreitung der sog. britischen virusmutation sorge. am 28. märz 2021 wurden die ersten infektionsfälle mit dieser virusmutation in afghanistan aus der provinz nangarhar gemeldet. die fallzahlen der erkrankungen an dieser virusvariante steigen in pakistan und iran deutlich, welche möglicherweise ansteckender ist und (auch) jüngeren menschen schaden kann. 137vgl. un-ocha / who, afghanistan: strategic situation report: covid-19 (25. märz, 8. und 22. april 2021); vgl. https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-corona-111.html. 138auch wenn die zahlen weit unter denen der ersten und zweiten welle liegen, weisen die offiziell erhobenen zahlen derzeit auf eine verschlechterung der situation, wahrscheinlich eine dritte welle, hin. nach angaben der who ist im april 2021 insbesondere im osten afghanistans ein starker anstieg der covid-19-fälle und krankenhauseinweisungen zu verzeichnen. 139vgl. un-ocha / who, afghanistan: strategic situation report: covid-19 (22. april und 6. mai 2021).“ 140seit und mit der machtübernahme durch die radikal-islamischen taliban am 15. august 2021 hat sich (auch) die humanitäre lage in kabul nochmals erheblich verschlechtert. 141nach angaben von un-ocha kehrten schon in den ersten sieben monaten des jahres 2021 nochmals viele afghanen, insbesondere aus dem iran, nach afghanistan zurück, ihre zahl wird mit 663.000 personen benannt; aus pakistan seien in der zeit 7.600 personen zurückgekehrt. zudem wurden 546.000 binnenvertriebene gezählt. 142vgl. un-ocha, afghanistan: snapshot of population movements (january – july 2021 (as of 22th aug. 2021), abrufbar unter https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/afg_population_ movement_snapshot_20210822.pdf. 143die (bekannte) zahl der binnenvertriebenen, die im zeitraum 1. juli bis zum 15. august 2021 nach kabul gekommen sind, beläuft sich auf 17.600 personen. sie kamen entweder bei familie, freunden oder bekannten, oder zur miete unter; eine wachsende zahl lebt jedoch schlicht im freien an verschiedenen orten in der stadt kabul. aus dem kreis dieser personen wurde bereits mitte august davon berichtet, dass verschiedene krankheiten und weitere gesundheitliche missstände aufgetreten seien (u.a. durchfall, mangelernährung bei kindern, hoher blutdruck, covid-19-artige symptome). 144vgl. un-ocha, afghanistan: internal displacement in kabul – flash update nr. 4 (15. august 2021) sowie https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-1067.html (video). 145nach der eroberung kabuls durch die taliban sind binnenvertriebene teils wieder in ihre heimatorte im nordosten zurückgekehrt. 146vgl. un-ocha, afghanistan: weekly humanitarian update (30. august – 5. september 2021). 147andererseits kamen nach ersten informationen im september 2021 neue binnenvertriebene aus der provinz pandschir in die stadt kabul. die zahl derer, die nach vertreibung auf humanitäre hilfe angewiesen sind, ist weiterhin unklar. 148vgl. un-ocha, afghanistan: weekly humanitarian update (6. – 12. september 2021). 149das afghanische finanz- und bankensystem ist nahezu zusammengebrochen. bereits kurz vor der machtübernahme am 15. august 2021 war es den afghanen kaum noch möglich, an bargeld zu gelangen; es wurde berichtet, die geldautomaten in kabul seien leer. die banken hätten die automaten geschlossen, nachdem sie von der notenbank nicht mehr mit bargeld versorgt worden seien. der internationale währungsfonds (iwf) unterband angesichts der fehlenden internationalen anerkennung der taliban den zugriff auf sonderziehungsrechte und andere iwf-ressourcen, ein kreditprogramm in höhe von 370 millionen us-dollar ist ausgesetzt worden. der leiter der afghanischen zentralbank (da afghanistan bank / dab) ist mitte august 2021 außer landes geflohen. devisenreserven in höhe von ca. 9 milliarden us-dollar liegen nach medienberichten zum größten teil in den usa bzw. in europäischen ländern und wurden „eingefroren“. 150vgl. https://www.faz.net/aktuell/finanzen/afghanistan-geht-den-taliban-das-geld-aus-17491821.html, https://www.wiwo.de/politik/ausland/nach-machtuebernahme-der-taliban-in-afghanistan-wird-das-bargeld-knapp/27537298.html, https://www.nzz.ch/wirtschaft/geldpolitik-ohne-geld-afghanistans-neue-herrscher-auf-der-verzweifelten-suche-nach-dringend-benoetigten-devisen-ld.1644938 und https://www.deutschlandfunk.de/afghanistan-china-fordert-freigabe-von-geldern-im-ausland.1939.de.html?drn:news_id=1301873. 151während in dieser woche der endgültige kollaps in wenigen tagen prognostiziert wurde, 152vgl. https://www.n-tv.de/wirtschaft/afghanische-banken-haben-kein-geld-mehr-article22805722.html, 153beschlagnahmten die taliban bargeld und gold aus (privat-) häusern von mitgliedern der gestürzten afghanischen regierung und hochrangiger beamter, nach ihren angaben in höhe bzw. im wert von mehr als zwölf millionen us-dollar. 154vgl. https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-vermoegen-taliban-101.html und https://www.spiegel.de/ausland/afghanistan-taliban-beschlagnahmen-bargeld-und-goldbarren-in-millionenhoehe-a-1c90c948-4e77-465d-b198-d80a94f4bb2f. 155die liquiditätskrise sorge dafür, dass versorgungsketten unterbrochen würden, der geld- und warenfluss komme zum stillstand. 156vgl. https://www.n-tv.de/wirtschaft/afghanische-banken-haben-kein-geld-mehr-article22805722.html und https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-1067.html (dort: interview mit stefan recker, leiter caritas international kabul). 157diese lage stelle auch für die – ohnehin nur sehr eingeschränkt mögliche – tätigkeit von hilfsorganisationen ein problem dar. 158vgl. https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/caritas-mitarbeiter-ueber-afghanistan-18-millionen-menschen-sind-auf-hilfe-angewiesen. 159die ratingagentur fitch errechnete für das jahr 2021, dass das bruttoinlandsprodukt (bip) um 9,7 % schrumpfen könnte, im folgenden jahr sei ein weiterer rückgang um 5,2 % zu erwarten. es bestehe aber das risiko, dass sich die wirtschaft noch schlechter entwickeln werde. 160vgl. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/taliban-afghanistan-konjunktur-wirtschaft-zusammenbruch-zentralbank-101.html. 161zugleich sind humanitäre hilfsleistungen zunächst jedenfalls im ganz wesentlichen ausmaß ausgesetzt oder unterbrochen worden; jedenfalls ausländische mitarbeiter von hilfsorganisationen und ngos dürften das land teils mittlerweile verlassen haben. auch die deutsche entwicklungshilfe wurde ausgesetzt. 162vgl. https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/afghanistan-entwicklungshilfe-101.html. 163die deutsche gesellschaft für internationale zusammenarbeit (giz) gmbh, deren hauptauftraggeber das bundesministerium für wirtschaftliche zusammenarbeit und entwicklung sowie das auswärtige amt sind, hat in abstimmung mit der bundesregierung aufgrund der aktuellen entwicklungen die umsetzung von projekten in afghanistan vorerst ausgesetzt. 164vgl. https://www.giz.de/de/weltweit/358.htmlund https://www.giz.de/de/mediathek/100341.html. 165seit dem 17. august 2021 ist die geförderte freiwillige rückkehr nach afghanistan – in deren rahmen ein alleinstehender freiwilliger rückkehrer durch die beiden programme „reag/garp 2020“ sowie das ergänzende programm „starthilfe plus“ zuletzt zahlungen in höhe von bis zu 3.700,00 euro erhalten konnte – bis auf weiteres ausgesetzt. 166vgl. https://www.returningfromgermany.de/de/countries/afghanistan. 167humanitäre hilfsleistungen können nur noch teilweise aufrechterhalten werden, beispielsweise das un world food programme bemüht sich um eine fortsetzung seiner arbeit. 168vgl. https://www.wfp.org/stories/sake-every-afghan-we-now-hope-peaceful-transition und https://www.wfp.org/stories/afghanistan-wfp-remains-standing-fortress-against-hunger. 169am 13. september 2021 wurden seitens der internationalen gemeinschaft hilfen in höhe von 1,2 milliarden us-dollar zugesagt, seitens der bundesrepublik deutschland solche in höhe von 100 millionen euro. der bundesaußenminister kündigte an, dass jegliche unterstützung nicht über „reine nothilfe“ für die bevölkerung hinausgehen werde. weitere 500 millionen euro sollten über die organisationen der vereinten nationen dem land afghanistan und den ländern der region zur verfügung gestellt werden, 170vgl. https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/un-geberkonferenz-milliardenhilfe-fuer-afghanistan-17535373.html und https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-1067.html. 171derweil haben jedoch die vereinten nationen ihre gesteigerte besorgnis angesichts zunehmender vorfälle, in denen ihre afghanischen mitarbeiter schikanen und einschüchterung ausgesetzt gewesen seien, zum ausdruck gebracht; diese seien von talibankämpfern bedroht worden. die taliban müssten nun unter beweis stellen, dass sie – wie zugesagt – hilfsorganisationen ungehindert ihre arbeit ausführen lassen, um eine kontinuierliche finanzielle unterstützung sicher zu stellen. 172vgl. insecurity insight, afghanistan: flash analysis and prediction (13. september 2021), abrufbar unter https://reliefweb.int/report/afghanistan/afghanistan-flash-analysis-and-prediction-13-september-2021. 173auch deutschland schloss sich der forderung an, die taliban müssten das wohlergehen und die sicherheit der hilfsorganisationen und ihrer beschäftigten gewährleisten. 174vgl. https://www.zdf.de/nachrichten/politik/afghanistan-un-hilfskonferenz-mueller-humanitaere-katastrophe-100.html und https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-09/un-geberkonferenz-genf-heiko-maas-afghanistan-humanitaere-hilfe?utm_referrer=https%3a%2f%2fwww.google.de%2f. 175individuelle unterstützung von seiten dritter steht zugunsten des klägers nicht zu erwarten. zwar sind sog. „remittances“ (überweisungen, i.d.r. von familienangehörigen, aus dem ausland) nach der erneuten öffnung der büros von western union grundsätzlich wieder möglich. 176vgl. https://www.nzz.ch/wirtschaft/geldpolitik-ohne-geld-afghanistans-neue-herrscher-auf-der-verzweifelten-suche-nach-dringend-benoetigten-devisen-ld.1644938. 177dem kläger fehlt es jedoch an solchen potentiellen unterstützern aus dem ausland. sein vater ist verstorben, von seiner erkrankten mutter und seiner schwester, die im iran als schneiderinnen ihren lebensunterhalt zu erwirtschaften suchen, stehen unterstützungsleistungen nicht zu erwarten. über familienangehörige in afghanistan, zumal in kabul, verfügt er nicht. 178es ist auch nicht ersichtlich, dass eine ausreichende integration des klägers insbesondere durch die hazarische „community“ – der bevölkerungsanteil der mehrheitlich schiitischen hazara wird landesweit auf ca. 10 % geschätzt und ist in kabul noch weit größer – erfolgen würde. unter allen bevölkerungsteilen in kabul herrscht eine angespannte atmosphäre, schwer bewaffnete talibankämpfer sind, so wird berichtet, „überall“ präsent. man versucht, nicht aufzufallen. die lebensbedingungen in kabul änderten sich von tag zu tag. 179vgl. https://www.tagesschau.de/ausland/afghanistan-taliban-realitaet-101.html. 180proteste, die trotz eines entsprechenden verbotes stattfinden, werden gewaltsam beendet. berichte über gewalt und folter zulasten von journalisten nehmen zu. 181vgl. https://www.tagesschau.de/ausland/afghanistan-taliban-realitaet-101.html, https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-taliban-proteste-101.html, https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-09/afghanistan-proteste-taliban-kritiker-journalisten-gewalt-evakuierung, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afghanistan-taliban-untersagen-vorerst-weitere-proteste-17528130.html, https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/afghanistan-taliban-greifen-reporter-an-und-misshandeln-sie-17536676.html und https://www.waz.de/politik/afghanistan-taliban-kabul-proteste-frauen-unterdrueckung-id233267503.html. 182unter den bevölkerungsgruppen in afghanistan betrachten die hazara die machtübernahme durch die taliban mit besonderer sorge. 183vgl. auch sfh, afghanistan: gefährdung durch die taliban (2. september 2021), s. 7. 184die mehrheitlich schiitischen angehörigen der volksgruppe der hazara wurden zu zeiten der vorhergehenden taliban-herrschaft verfolgt. ihre lage hat sich sodann jedoch grundsätzlich verbessert, angehörige des volksstammes bekleiden auch prominente stellen in der (nunmehr gestürzten) afghanischen regierung und im öffentlichen leben. 185vgl. nur bericht des auswärtigen amtes über die asyl- und abschieberelevante lage in der islamischen republik afghanistan vom 16. juli 2020, in der fassung vom 14. januar 2021, s. 8. 186zwar verkündete die führung der taliban nach der machtübernahme, dass sie eine gesamtafghanische, „inklusive“ staatsführung anstrebe, 187zur pressekonferenz vom 17. august 2021 vgl. https://www.zdf.de/nachrichten/politik/taliban-erste-pressekonferenz-afghanistan-100.html und https://www.nzz.ch/meinung/taliban-versoehnliche-worte-bei-der-ersten-pressekonferenz-ld.1640994, 188und nahmen mehrere taliban-funktionäre in dem insbesondere von hazara bewohnten kabuler stadtteil dasht-e barchi an einer religiösen zeremonie der dortigen (schiitischen) gemeinde zum aschura-fest teil. 189vgl. https://taz.de/afghanistan-nach-dem-machtwechsel/!5794472/ und https://www.washingtoninstitute.org/policy-analysis/return-islamic-emirate-afghanistan-jihadist-state-play. 190auch liegen zum maßgeblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung lediglich vereinzelte berichte über offenbar gezielte verfolgungshandlungen zulasten von hazara durch (wohl) lokale kräfte der taliban vor: so verwies amnesty international unter dem 20. august 2021 auf ein massaker in einem dorf im bezirk malistan in der provinz ghazni bei machtübernahme durch die taliban anfang juli 2021, bei dem neun männliche hazara grausam getötet worden seien. 191vgl. https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/afghanistan-taliban-massaker-hazara-maenner-ghazni und https://www.dw.com/de/afghanistan-die-angst-der-hazara/a-59048014. 192ende august wurde von der gezielten tötung mehrerer angehöriger der volksgruppe der hazara in der provinz daikundi berichtet, wobei die angaben hinsichtlich der opfer auseinandergehen (zwölf soldaten und zwei zivilisten, bzw. neun „hazara-milizionäre“). 193vgl. hierzu sfh, afghanistan: gefährdung durch die taliban (2. september 2021), s. 15. 194in bamiyan wurde mitte august die statue des im märz 1995 von taliban getöteten, hazarischen anführers abdul ali mazari gesprengt. berichten zufolge wurde die statue zuvor symbolisch „enthauptet“. 195vgl. https://www.indiatoday.in/world/story/taliban-destroy-hazara-abdul-ali-mazari-statue-in-bamiyan-1842140-2021-08-18, https://www.france24.com/en/asia-pacific/20210823-afghanistan-s-minority-hazaras-see-gains-of-past-two-decades-falling-apart und https://magazin.zenith.me/de/politik/die-schiitischen-hazara-nach-der-machtuebernahme-der-taliban-kabul, sowie auch https://de.wikipedia.org/wiki/abdul_ali_mazari und https://www.zeit.de/zett/politik/2021-08/afghanistan-hazara-minderheit-taliban-verfolgung-ermordung-niamatullah-ibrahimi. 196bereits vor der machtübernahme durch die taliban wurden vermehrt gezielte, schwerwiegende angriffe des sog. islamischen staates (islamic state in khorasan province / iskp, daesh) verübt, wobei die gründe hierfür mehrschichtig waren. während solche angriffe im jahr 2017 mehrheitlich auf schiitische religionsstätten zielten, trafen sie im jahr 2018 insbesondere andere von zivilisten genutzte orte, einschließlich (auch) von angehörigen der volksgruppe der hazara bewohnte viertel. 197vgl. sfh, afghanistan, die aktuelle sicherheitslage, 12. september 2018, s. 21; vgl. unama, afghanistan: protection of civilians in armed conflict, annual report 2018 (februar 2019), s. 2, 21, 25, 29; vgl. easo, afghanistan: individuals targeted by armed actors in the conflict (dezember 2017), s. 56 f., abrufbar unter: https://www.easo.europa.eu/information-analysis/country-origin-information/country-reports. 198unama stufte für 2019 zehn anschläge mit 117 toten und 368 verletzten als religiös-motiviert gegen schiiten ein. beim schwersten anschlag tötete ein selbstmordattentäter am 17. august 2019 auf der hochzeit eines schiitischen brautpaares über 90 personen und verletzte ca. 140 weitere. auch 2020 wurden mehrere anschläge gegen hazara bzw. schiiten verübt. 199vgl. auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der islamischen republik afghanistan vom 16. juli 2020 (stand: juni 2020), s. 8. 200ende des jahres 2020 hatte iskp in der stadt kabul eine schule angegriffen und mehr als 20 schülerinnen und schüler getötet. 201vgl. https://www.tagesschau.de/ausland/anschlag-kabul-155.html. 202am 8. mai 2021 verübte (vermutlich) iskp einen anschlag auf eine schule in kabul, genauer im überwiegend von schiitischen hazara bewohnten stadtteil dasht-e barchi, als dort mädchen unterrichtet wurden. bei diesem anschlag wurden über 80 personen, überwiegend schülerinnen, getötet und ca. 165 personen verletzt. 203vgl. https://www.tagesschau.de/ausland/anschlag-kabul-161.html, https://de.wikipedia.org/wiki/anschlag_in_kabul_am_8._mai_2021 sowie easo, afghanistan: security situation – update (september 2021), s. 38. 204dass iskp weiterhin in der lage ist, angriffe (auch) in der stadt kabul zu verüben, verdeutlicht der selbstmordanschlag am nachmittag des 26. august 2021 am flughafen kabul, bei der mindestens 182 personen ums leben kamen und zahlreiche weitere verletzt wurden, und welcher trotz vorheriger warnungen nicht vereitelt wurde. 205vgl. nur https://de.wikipedia.org/wiki/anschlag_am_flughafen_kabul_2021 bzw. https://en.wikipedia.org/wiki/2021_kabul_airport_attack und easo, afghanistan: security situation – update (september 2021), s. 14, 25. 206zudem ist zu beachten, dass sich „die taliban“ in afghanistan aus mitgliedern unterschiedlicher strömungen zusammensetzen, die sich in der radikalität ihrer religiösen vorstellungen und mithin auch in ihrer haltung gegenüber minderheiten wie den schiitischen hazara erheblich unterscheiden. 207vgl. https://www.deutschlandfunk.de/afghanistan-diese-strategie-verfolgen-die-taliban.2897.de.html?dram:article_id=501723 und https://www.zeit.de/zett/politik/2021-08/afghanistan-hazara-minderheit-taliban-verfolgung-ermordung-niamatullah-ibrahimi. 208die bildung einer „taliban-regierung“ ist derzeit im fluss, und mithin die verteilung entsprechender einflussnahmemöglichkeiten der unterschiedlichen strömungen innerhalb der taliban. unter den ersten 33 mitgliedern einer „übergangsregierung“ findet sich kein vertreter der volksgruppe der hazara. 209vgl. https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-09/afghanistan-taliban-uebergangsregierung-kabinett-ernennung und https://www.zdf.de/nachrichten/politik/taliban-regierung-mitglieder-100.html, sowie https://www.stern.de/politik/ausland/taliban-in-afghanistan--innerhalb-der-islamisten-wachsen-die-spannungen-30746184.html. 210zugleich wird die sorge geäußert, dass auch weitere islamistische strömungen innerhalb afghanistans an einfluss hinzugewinnen und sich hieraus ein machtkonflikt mit den taliban entwickeln könnte. 211vgl. https://www.sueddeutsche.de/meinung/kabul-terroranschlaege-islamischer-staat-taliban-1.5393801. 212angesichts dieser situation ist nicht mit der erforderlichen wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der kläger die für eine ausreichende integration (auch) in den arbeitsmarkt erforderliche unterstützung durch die hazarische „community“ erhalten wird. 213es steht angesichts der zum maßgeblichen entscheidungszeitpunkt der mündlichen verhandlung bestehenden sachlage jedoch nicht zu erwarten, dass der dort auf sich allein gestellte kläger, welcher – bis auf ca. sechs monate im alter von ca. fünf jahren – nie in afghanistan gelebt hat und mit den dortigen (sozialen) gepflogenheiten schon vor der machtübernahme durch die taliban nicht aus persönlicher anschauung vertraut war, in der lage sein wird, sich eigenständig das erforderliche existenzminimum zu erwirtschaften. auch mag es derzeit gerade für den kläger als schiitischer hazara von besonderer bedeutung sein, in kabul nicht durch „unangemessenes“ verhalten die aufmerksamkeit von talibankämpfern auf sich zu ziehen. die nahrungsmittelpreise sind seit der machtübernahme durch die taliban in kabul nochmals stark gestiegen. 214vgl. https://reliefweb.int/report/afghanistan/afghanistan-price-hikes-push-food-out-reach-millions-children. 215die anstehenden wintermonate sind in afghanistan – und insbesondere auch in kabul – mit großer kälte, zugleich aber auch mit einem rückgang der (überhaupt noch) vorhandenen arbeits- und somit verdienstmöglichkeiten verbunden. 216vgl. auch https://www.stern.de/politik/ausland/nahrungsknappheit-maas--afghanistan-droht-im-winter-humanitaere-katastrophe-30710320.html und https://www.spiegel.de/ausland/lage-in-afghanistan-die-angst-vor-dem-winter-a-486684da-a7ed-4672-9666-23b5c1cf681e. 217dass es in absehbarer zeit zu einem wiedererstarken z.b. der baubranche, welche tagelöhnern beschäftigung und ein jedenfalls geringes einkommen verschaffte, kommen wird, ist derzeit jedenfalls nicht absehbar. 218vgl. auch https://www.stern.de/politik/ausland/afghanistan-enttaeuscht-peking-die-hoffnungen-der-taliban---30727254.html, https://www.rnd.de/politik/afghanistan-millionen-nothilfe-aus-china-wird-die-hoffnung-der-taliban-regierung-enttaeuscht-ferjs62uvdyonpr55tkm5upwdq.html und https://www.swp-berlin.org/publications/products/aktuell/2021a59_moskaupeking_ afghanistan.pdf. 219über besondere berufliche qualifikationen, welche ihm – zumal unter den taliban – nützlich sein könnten, verfügt der kläger nicht, im iran hat er als schneider und als lampenverkäufer gearbeitet. 220soweit der kläger mit der klage ferner die feststellung eines abschiebungsverbotes nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg begehrt, ist dieser antrag mit der gerichtlichen feststellung eines abschiebungsverbotes nach § 60 abs. 5 aufenthg gegenstandslos. vor dem hintergrund, dass es sich bei dem nationalen abschiebungsschutz um einen einheitlichen und nicht teilbaren verfahrensgegenstand mit mehreren anspruchsgrundlagen handelt und eine abschichtung einzelner nationaler abschiebungsverbote nicht möglich ist, 221vgl. bverwg, urteil vom 8. september 2011, 10 c 14/!0, juris, 222besteht für die feststellung eines abschiebungsverbotes nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg kein raum, wenn – wie hier – bereits ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 aufenthg festgestellt wurde. 223die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo, § 83b asylg. 224die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, 711 zpo. 225der gegenstandswert folgt aus § 30 abs. 1 satz 1 rvg. 226rechtsmittelbelehrung: 227gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung die zulassung der berufung beantragt werden. über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster. 228die berufung ist nur zuzulassen, wenn 2291. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat oder 2302. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 2313. ein in § 138 der verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 232der antrag ist schriftlich bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) zu stellen. er muss das angefochtene urteil bezeichnen. 233der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 234in dem antrag sind die gründe, aus denen die berufung zuzulassen ist, darzulegen. 235im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 236die antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. | Klaeger*in | 1 |
340,825 | 2 O 72/20 | 2021-09-09T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten im Zusammenhang mit der VW-Abgasthematik in Bezug auf einen PKW Audi A6 3.0 TDI. 3Am 04.09.2017 kaufte der Kläger bei der N in T einen Audi A6 3.0 TDI mit einer Laufleistung von 31.040 km zu einem Kaufpreis in Höhe von 43.888,00 €. Das Fahrzeug wurde am 29.09.2017 an den Kläger ausgeliefert und der Kaufpreis in Rechnung gestellt. Diesen finanzierte der Kläger über ein Darlehen der B. Seit dem 15.11.2017 zahlt der Kläger monatliche Raten in Höhe von 366,00 €. Am 15.10.2020 wird eine Schlussrate in Höhe von 31.837,28 € fällig. 4Das klägerische Fahrzeug verfügt über einen sog. SCR-Katalysator, welcher mit einer künstlichen Harnstofflösung (sog. AdBlue) betrieben wird, um die Stickstoffemissionen des Fahrzeugs zu reduzieren. 5Das Kraftfahrtbundesamt (im Folgenden: KBA) veröffentlichte am 23.01.2018 eine Pressemitteilung, welche u.a. lautete: 6„Bei der Überprüfung der Audi 3.0l Modelle […] wurden unzulässige Abschalteinrichtungen nachgewiesen. Die schadstoffmindernde, sogenannte schnelle Motoraufwärmfunktion springt bei diesen Fahrzeugen nahezu nur im Prüfzyklus NEFZ an.“ 7Das klägerische Fahrzeug war von einem angeordneten Rückruf des KBA mit der Bezeichnung „Entfernung unzulässiger Abschalteinrichtungen bzw. der unzulässigen Reduzierung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems“ betroffen. Zwischenzeitlich ist ein Software-Update an dem Motorsteuergerät des Klägers durchgeführt worden. 8Der Kläger forderte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 14.01.2020 unter Fristsetzung bis zum 31.01.2020 auf, bis dahin geleistete Darlehensraten in Höhe von 9.150,00 € zu zahlen und den Kläger von noch ausstehenden Darlehensraten freizuhalten. 9Der Kläger behauptet, sein Fahrzeug verfüge über Software in der Motorsteuerung, welche im NEFZ-Prüfstand die Aufwärmfunktion für den SCR-Katalysator aktiviere, um so die Stickoxidemissionen zu verringern. Im realen Straßenbetrieb sei diese Funktion deaktiviert. Das Fahrzeug verfüge daher über eine unzulässige Abschalteinrichtung. Weiter vermute er in dem Fahrzeug ein sog. Thermofenster. Der Vorstand der Beklagten habe Kenntnis von dem Einbau dieser unzulässigen Abschalteinrichtungen gehabt. Hierdurch habe der Vorstand der Beklagten zum Zwecke der Gewinnmaximierung eine Schädigung ihrer Käufer zumindest in Kauf genommen. Hätte der Kläger von unzulässigen Abschalteinrichtungen in seinem Fahrzeug gewusst, hätte er das Fahrzeug nicht erworben. 10Der Kläger beantragt, 111. die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei 12.444,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, abzüglich der Zahlung einer Nutzungsentschädigung in EUR pro gefahrenem km seit dem 04.09.2017, die sich nach folgender Formel berechnet: (43.888,00 EUR x gefahrene Kilometer) : 400.000 km. 122. die Beklagte zu verurteilen, die Klagepartei aus allen Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag mit der B als Zweigniederlassung der X, vom 04.09.2017 zur Vertrags-Nummer xxxxxxxxxxxxx in Höhe von derzeit 32.521,28 € freizustellen, 13jeweils Zug um Zug gegen Abtretung des Herausgabe- und Übereignungsanspruchs bzgl. des Fahrzeuges Audi A6 Avant 3.0 TDI, FIN: xxxxxxxxxxxxxxxxx, aus dem oben genannten Darlehensvertrag sowie dem Sicherungsübereignungsvertrag mit der B als Zweigniederlassung der X. 143. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des PKWs des Klägers, Audi A6 Avant 3.0 TDI, FIN: xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx in Annahmeverzug befindet. 15Die Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Sie ist der Ansicht, eine Täuschung durch sie könne schon deshalb nicht vorliegen, da sie an dem seinerzeitigen Kaufvertrag nicht beteiligt gewesen sei. Selbst wenn man eine Täuschung bejahen würde, mangele es an der Kausalität dieser Täuschung für den Kaufentschluss des Klägers. Dem Kläger sei es bei Abschluss des Kaufvertrags lediglich darauf angekommen, ein besonders leistungsstarkes Fahrzeug zu erwerben. Schließlich sei dem Kläger kein Schaden entstanden. 18Insoweit sei nicht auf die allgemein bekannte Problematik rund um den Motor des Typs EA 189 abzustellen, da ein solcher in dem streitgegenständlichen Fahrzeug unstreitig nicht zum Einsatz kommt. Im Zuge des durch das KBA angeordneten Rückrufs sei lediglich die sog. aktive Restreichweiten-Warnung deaktiviert worden. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21Die zulässige Klage ist unbegründet. 22I. 23Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. 241. 25Ein Anspruch aus §§ 826, 31 BGB ist nicht gegeben. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB erfordern eine vorsätzliche Schadenszufügung in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. 26a) 27Objektiv sittenwidrig ist nach der Rechtsprechung ein Verhalten, das nach Inhalt oder Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, d. h. mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist (BGH, Urt. v. 19.11.2013, Az.: VI ZR 336/12; Teilversäumnis- und Endurt. v. 28.06.2016, Az.: VI ZR 536/15). Dass das Verhalten gegen vertragliche Pflichten oder das Gesetz verstößt, unbillig erscheint oder einen Schaden hervorruft, genügt nicht. Insbesondere die Verfolgung eigener Interessen bei der Ausübung von Rechten ist im Grundsatz auch dann legitim, wenn damit eine Schädigung Dritter verbunden ist (BGH, Urt. v. 19.10.1987, Az.: II ZR 9/87). Hinzutreten muss eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eintretenden Folgen ergeben kann (BGH, Urt. v. 13.12.2011, Az.: XI ZR 51/10; Urt. v. 03.12.2013, Az.: XI ZR 295/12; Urt. v. 15.10.2013, Az.: VI ZR 124/12; vgl. insgesamt Palandt, BGB – Sprau, § 826 BGB Rn. 4 m.w.N.). 28Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der in der Motorsteuerungssoftware des streitgegenständlichen Fahrzeugs vorhandenen Aufheizfunktion bzw. die Software zu deren Aktivierung oder dem – insoweit lediglich vermuteten – sog. Thermofenster um unzulässige Abschalteinrichtungen im Sinne des Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 handelt. Denn das bloße Vorhandensein einer objektiv unzulässigen Abschalteinrichtung genügt für sich noch nicht, um einen Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung auszulösen (OLG Naumburg, Urt. v. 29.11.2019, Az.: 7 U 52/19). 29Vor diesem Hintergrund bestehen erhebliche Zweifel daran, dass die Beklagte durch die verwendete Software zur Aktivierung der Aufheizfunktion oder ein sog. Thermofenster gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denken verstoßen hat. 30Die Verwendung von sog. Thermofenstern ist – insoweit aus anderen Verfahren diese betreffend gerichtsbekannt – bei Dieselfahrzeugen aller Hersteller weit verbreitet. Die Beschränkung der Abgasreinigung auf bestimmte Temperaturbereiche dient gerade dem Schutz und der Dauerhaltbarkeit von Motorbauteilen. Die Dauerhaltbarkeit der Motorbauteile dürfte unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung im vorrangigen Interesse der Fahrzeughalter sein. Vor diesem Hintergrund ist eine besondere Verwerflichkeit des Handels der Beklagten gegenüber dem Kläger zweifelhaft. 31Auf den Vortrag der Beklagten, wonach das KBA eine Änderung der Motorsteuerungssoftware im Hinblick auf die sog. aktive Restreichweiten-Warnung durchführt, stützt der Kläger sein Begehren ersichtlich nicht. 32b) 33Jedenfalls fehlt es aber an den subjektiven Voraussetzungen der §§ 826, 31 BGB. 34Subjektiv ist zwar ein Bewusstsein der Sittenwidrigkeit nicht erforderlich. Der Schädiger muss aber grundsätzlich die Tatumstände kennen, die sein Verhalten als sittenwidrig erscheinen lassen (BGH, Urt. v. 13.09.2004, Az.: II ZR 276/02; Teilversäumnis- und Endurt. v. 28.06.2016, Az.: VI ZR 536/15; vgl. insgesamt Palandt, BGB – Sprau, § 826 BGB Rn. 5). Darüber hinaus muss der Schädiger zumindest bedingten Schädigungsvorsatz haben. 35Das Gericht vermag anhand des klägerischen Vortrags nicht festzustellen, dass die Beklagte bzw. in Anwendung des § 31 BGB ihre vertretungsberechtigten Organe zumindest mit bedingtem Schädigungsvorsatz handelten. 36aa) 37Bezüglich eines sog. Thermofensters ist zwar schon fraglich, ob die von dem Kläger angestellte Vermutung ausreichend ist, um in prozessual erheblicher Weise vorzutragen. Indes kann dies unterstellt werden, da sich aus dem Einbau eines solchen Thermofensters nicht ergibt, dass die Beklagte vorsätzlich oder mit zumindest bedingtem Schädigungsvorsatz handelte. 38Aus dem Einbau einer Einrichtung, welche die Dauer und Haltbarkeit der Motorbauteile steigern soll, kann nicht geschlossen werden, dass der Beklagten bewusst war, eine möglicherweise unzulässige Abschalteinrichtung einzubauen. So sind schon die europarechtlichen Vorgaben selbst nicht eindeutig. Insbesondere ist aus den Vorschriften der VO (EG) 715/2007 und den dortigen Regelungen zu unzulässigen Abschalteinrichtungen und den Ausnahmen nicht ohne Weiteres erkennbar, welche technischen Einrichtungen zulässig sind und welche nicht. Daher muss es sich für einen Fahrzeughersteller nicht von vornherein als unzulässig darstellen, eine variable Abgasrückführung oder -nachbehandlung einzubauen (OLG Naumburg, Urt. v. 29.11.2019, Az.: 7 U 52/19 unter Bezugnahme auf den 5. Untersuchungsausschuss des Bundestages, BT-Drs. 18/12900, 536 ff.). Selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich bei einem sog. Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt, erscheint es zumindest nicht ausgeschlossen, dass diesbezüglich vor dem Hintergrund des Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 auch eine andere Auffassung vertretbar ist. Eine falsche Gesetzesauslegung und – anwendung begründet aber nicht den zwingenden Schluss, dass die Beklagte sowohl die Typengenehmigungsbehörde sowie den Käufer täuschen wollte (OLG Naumburg, a.a.O.). Dieser Schluss ist sogar fernliegend, da es sich bei der Beschränkung der Abgasreinigung auf bestimmte Temperaturbereiche um Maßnahmen zum Schutz und der Dauerhaltbarkeit von Motorbauteilen handelt. Die Dauerhaltbarkeit der Motorbauteile dürfte unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung im vorrangigen Interesse der Fahrzeughalter sein. 39bb) 40Auch im Hinblick auf die behauptete Aufheizstrategie liegen die den subjektiven Voraussetzungen der §§ 826, 31 BGB nicht vor. 41So folgt allein aus dem Umstand, dass das streitgegenständliche Fahrzeug von einem Rückruf des KBA betroffen ist, nicht zwingend ein bedingter Schädigungsvorsatz der Beklagten bzw. ihrer vertretungsberechtigten Organe (vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 19.12.2019, Az.: 5 U 103/18; OLG Oldenburg, Urt. v. 01.04.2020, Az.: 5 U 107/19). Auch hier gilt, dass vor dem Hintergrund der Vorschriften der VO (EG) 715/2007 im Hinblick auf eine variable Abgasnachbehandlung nicht jede technische Einrichtung von vornherein als unzulässige Abschalteinrichtung erkannt werden muss (vgl. oben). 42Zwar spricht nach dem klägerischen Vortrag einiges für eine prüfstandsbezogene Einrichtung. Indes ist hier einschränkend anzumerken, dass sich ausweislich der vom Kläger vorgelegten Pressemitteilung des KBA die gerügte Abschalteinrichtung gerade nicht nur auf den Prüfstand bezog, sondern vielmehr nahezu nur im Prüfstand funktionierte. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass eine ausschließlich auf den Prüfstand bezogene Einrichtung gerade nicht vorliegt. Es handelt sich daher nicht um eine Einrichtung, welche zweierlei verschiedene Betriebsmodi je nach Situation – Prüfstand oder Realfahrbetrieb – aktiviert. Denn vom Grundsatz her funktioniert die Abgasreinigung des streitgegenständlichen Fahrzeugs jeweils gleich mit dem einzigen Unterschied eines schnelleren Erreichens der Betriebstemperatur des SCR-Katalysators, wobei dies auch nicht ausschließlich auf den Prüfstand beschränkt ist. 43Selbst wenn der Vorstand der Beklagten davon gewusst hätte, dass die Aktivierung der in dem streitgegenständlichen Fahrzeug befindlichen Aufheizfunktion nahezu nur im Prüfstand stattfindet, und er vorhersah, dass ein Software-Update notwendig werden könnte, ist damit nicht zugleich ein Vorsatz im Hinblick auf eine denkbare Schädigung der Kunden gegeben. Denn ein solcher kann nicht ohne Weiteres aus dem Einbau einer variablen Abgasnachbehandlung geschlossen werden (vgl. OLG Naumburg, a.a.O.). Anders als in den Fällen der Motoren mit der Typenbezeichnung EA 189, hinsichtlich derer es notwendig war, eine Technik zu entwickeln, die teilweise erst mit erheblichem Zeitverzug entwickelt werden konnte, war vorliegend lediglich eine vorhandene Aufheizfunktion in ihrem Wirkungskreis zu erweitern, was kurzfristig erfolgen konnte. Zudem handelte es sich in den EA 189-Fällen um eine Software, welche zur Folge hatte, dass die betroffenen Fahrzeuge im Prüfstands- und im Realfahrbetrieb zwei völlig unterschiedliche Betriebsmodi aufwiesen, sodass die Abgasreinigung jeweils gänzlich anders ausgestaltet wurde. Eine unzulässige Abschalteinrichtung lag in diesen Fällen - anders als im vorliegenden Fall - geradezu auf der Hand (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 21.10.2019, Az.: 12 U 246/19). 442. 45Der Kläger hat ebenfalls keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB. 46Eine rechtswidrige Täuschung des Klägers ist aus den vorbenannten Gründen ebenso nicht ersichtlich wie ein entsprechender Vorsatz der Beklagten. 473. 48Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte gem. §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 4 Abs.1 und 2, Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 715/2007 scheiden ebenfalls aus. 49Es fehlt bereits an der Schutzgesetzeigenschaft der VO (EG) Nr. 715/2007. 50a) 51Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist jede Rechtsnorm, die zumindest auch dazu dienen soll, einen Einzelnen oder einen bestimmten Personenkreis gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsinteresses zu schützen (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2011, Az.: XI ZR 51/10). Der Schutz eines Einzelnen ist dabei nicht bereits dann bezweckt, wenn er als Reflex einer Befolgung der Norm objektiv erreicht wird, sondern nur dann, wenn der Gesetzgeber dem Einzelnen selbst die Rechtsmacht in die Hand geben wollte, mit Mitteln des Privatrechts gegen denjenigen vorzugehen, der das Verbot übertritt und sein Rechtsinteresse beeinträchtigt (vgl. BGH, a.a.O.). 52b) 53Das Gericht schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des OLG Braunschweig (Urteil vom 19.02.2019, Az. 7 U 134/17) vollständig an: 54„Ziel der VO (EG) 715/2007 ist nach deren einleitenden Bemerkungen (1) bis (4) so-wie zusammengefasst nochmals in (27) die Harmonisierung des Binnenmarktes / die Vollendung des Binnenmarktes durch Einführung gemeinsamer technischer Vorschriften zur Begrenzung von Fahrzeugemissionen. Zwar werden neben der Vereinheitlichung der Rechtsregelungen ein hohes Umweltschutzniveau (1) als Ziel und die Reinhaltung der Luft als Vorgabe für Regelungen zur Senkung der Emissionen von Fahrzeugen (4) beschrieben, doch folgt aus den Ausführungen unter (7), die die Verbesserung der Luftqualität in einem Zuge mit der Senkung der Gesundheitskosten (und dem Gewinn an Lebensjahren) nennen, dass es auch insoweit nicht um individuelle Interessen, sondern letztlich um umwelt- und gesundheitspolitische Ziele geht. Dass der europäische Gesetzgeber i.S.d. Definition des Schutzgesetzes dem einzel-nen Verbraucher die Rechtsmacht in die Hand geben wollte, mit Mitteln des Privat-rechts gegen denjenigen vorzugehen, der in dieser Verordnung zur Umsetzung dieser Ziele geregelte Verbote übertritt und sein Rechtsinteresse beeinträchtigt, geht damit aus den Vorbemerkungen nicht hervor. Vielmehr spricht stattdessen sogar der Umstand, dass die Ziele in (7) in Beziehung gesetzt werden zu den Auswirkungen der Emissionsgrenzwerte auf die Märkte und die Wettbewerbsfähigkeit von Herstellern, gegen einen entsprechenden Willen des Gesetzgebers. Dies gilt umso mehr, als auch die Regelungen der VO (EG) 715/2007 selbst keinen Bezug zu Individualinteressen des einzelnen Bürgers aufweisen (so i.E. auch Riehm, DAR 2016, DAR Jahr 2016 Seite 12, DAR Jahr 2016 13). Gerade einen derartigen Bezug zu Individualinteressen sieht der Europäische Gerichtshof aber in seiner Vorabentscheidung vom 16.02.2017, EUGH Aktenzeichen C21915 C - 219/15, zitiert nach juris, Rzn. 55, 56, als Erfordernis für eine Schutzgesetzeigenschaft an.“ 554. 56Aus den vorbenannten Gründen besteht auch kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 S. 1 EG-FGV. Diese Vorschriften setzen die Richtlinie in nationales Recht um. Sie berücksichtigen indes ebenfalls nicht den Schutz von Individualinteressen und sind daher nicht Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (OLG München, Beschl. v. 29.08.2019, Az.: 8 U 1449/19; OLG Koblenz, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.03.2020, Az.: 5 U 110/19). 57II. 58Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 S.1, 2 ZPO. 59III. 60Ein weiterer Schriftsatznachlass auf den Schriftsatz des Klägers war der Beklagten nicht zu gewähren, da sich für sie hieraus kein Nachteil ergibt. 61IV. 62Der Streitwert wird auf 45.013,28 € festgesetzt. 63Rechtsbehelfsbelehrung: 64Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 651. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 662. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist. 67Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Hamm, Heßlerstr. 53, 59065 Hamm, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 68Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Hamm zu begründen. 69Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Hamm durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 70Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die parteien streiten im zusammenhang mit der vw-abgasthematik in bezug auf einen pkw audi a6 3.0 tdi. 3am 04.09.2017 kaufte der kläger bei der n in t einen audi a6 3.0 tdi mit einer laufleistung von 31.040 km zu einem kaufpreis in höhe von 43.888,00 €. das fahrzeug wurde am 29.09.2017 an den kläger ausgeliefert und der kaufpreis in rechnung gestellt. diesen finanzierte der kläger über ein darlehen der b. seit dem 15.11.2017 zahlt der kläger monatliche raten in höhe von 366,00 €. am 15.10.2020 wird eine schlussrate in höhe von 31.837,28 € fällig. 4das klägerische fahrzeug verfügt über einen sog. scr-katalysator, welcher mit einer künstlichen harnstofflösung (sog. adblue) betrieben wird, um die stickstoffemissionen des fahrzeugs zu reduzieren. 5das kraftfahrtbundesamt (im folgenden: kba) veröffentlichte am 23.01.2018 eine pressemitteilung, welche u.a. lautete: 6„bei der überprüfung der audi 3.0l modelle […] wurden unzulässige abschalteinrichtungen nachgewiesen. die schadstoffmindernde, sogenannte schnelle motoraufwärmfunktion springt bei diesen fahrzeugen nahezu nur im prüfzyklus nefz an.“ 7das klägerische fahrzeug war von einem angeordneten rückruf des kba mit der bezeichnung „entfernung unzulässiger abschalteinrichtungen bzw. der unzulässigen reduzierung der wirksamkeit des emissionskontrollsystems“ betroffen. zwischenzeitlich ist ein software-update an dem motorsteuergerät des klägers durchgeführt worden. 8der kläger forderte die beklagte mit anwaltlichem schreiben vom 14.01.2020 unter fristsetzung bis zum 31.01.2020 auf, bis dahin geleistete darlehensraten in höhe von 9.150,00 € zu zahlen und den kläger von noch ausstehenden darlehensraten freizuhalten. 9der kläger behauptet, sein fahrzeug verfüge über software in der motorsteuerung, welche im nefz-prüfstand die aufwärmfunktion für den scr-katalysator aktiviere, um so die stickoxidemissionen zu verringern. im realen straßenbetrieb sei diese funktion deaktiviert. das fahrzeug verfüge daher über eine unzulässige abschalteinrichtung. weiter vermute er in dem fahrzeug ein sog. thermofenster. der vorstand der beklagten habe kenntnis von dem einbau dieser unzulässigen abschalteinrichtungen gehabt. hierdurch habe der vorstand der beklagten zum zwecke der gewinnmaximierung eine schädigung ihrer käufer zumindest in kauf genommen. hätte der kläger von unzulässigen abschalteinrichtungen in seinem fahrzeug gewusst, hätte er das fahrzeug nicht erworben. 10der kläger beantragt, 111. die beklagte zu verurteilen, an die klagepartei 12.444,00 € nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit, abzüglich der zahlung einer nutzungsentschädigung in eur pro gefahrenem km seit dem 04.09.2017, die sich nach folgender formel berechnet: (43.888,00 eur x gefahrene kilometer) : 400.000 km. 122. die beklagte zu verurteilen, die klagepartei aus allen verbindlichkeiten aus dem darlehensvertrag mit der b als zweigniederlassung der x, vom 04.09.2017 zur vertrags-nummer xxxxxxxxxxxxx in höhe von derzeit 32.521,28 € freizustellen, 13jeweils zug um zug gegen abtretung des herausgabe- und übereignungsanspruchs bzgl. des fahrzeuges audi a6 avant 3.0 tdi, fin: xxxxxxxxxxxxxxxxx, aus dem oben genannten darlehensvertrag sowie dem sicherungsübereignungsvertrag mit der b als zweigniederlassung der x. 143. festzustellen, dass sich die beklagte mit der rücknahme des pkws des klägers, audi a6 avant 3.0 tdi, fin: xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx in annahmeverzug befindet. 15die beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17sie ist der ansicht, eine täuschung durch sie könne schon deshalb nicht vorliegen, da sie an dem seinerzeitigen kaufvertrag nicht beteiligt gewesen sei. selbst wenn man eine täuschung bejahen würde, mangele es an der kausalität dieser täuschung für den kaufentschluss des klägers. dem kläger sei es bei abschluss des kaufvertrags lediglich darauf angekommen, ein besonders leistungsstarkes fahrzeug zu erwerben. schließlich sei dem kläger kein schaden entstanden. 18insoweit sei nicht auf die allgemein bekannte problematik rund um den motor des typs ea 189 abzustellen, da ein solcher in dem streitgegenständlichen fahrzeug unstreitig nicht zum einsatz kommt. im zuge des durch das kba angeordneten rückrufs sei lediglich die sog. aktive restreichweiten-warnung deaktiviert worden. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die wechselseitigen schriftsätze der parteien nebst anlagen bezug genommen. 20 | 21die zulässige klage ist unbegründet. 22i. 23der geltend gemachte schadensersatzanspruch steht dem kläger unter keinem rechtlichen gesichtspunkt zu. 241. 25ein anspruch aus §§ 826, 31 bgb ist nicht gegeben. die tatbestandsvoraussetzungen des § 826 bgb erfordern eine vorsätzliche schadenszufügung in einer gegen die guten sitten verstoßenden weise. diese voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. 26a) 27objektiv sittenwidrig ist nach der rechtsprechung ein verhalten, das nach inhalt oder gesamtcharakter, der durch zusammenfassende würdigung von inhalt, beweggrund und zweck zu ermitteln ist, gegen das anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden verstößt, d. h. mit den grundlegenden wertungen der rechts- und sittenordnung nicht vereinbar ist (bgh, urt. v. 19.11.2013, az.: vi zr 336/12; teilversäumnis- und endurt. v. 28.06.2016, az.: vi zr 536/15). dass das verhalten gegen vertragliche pflichten oder das gesetz verstößt, unbillig erscheint oder einen schaden hervorruft, genügt nicht. insbesondere die verfolgung eigener interessen bei der ausübung von rechten ist im grundsatz auch dann legitim, wenn damit eine schädigung dritter verbunden ist (bgh, urt. v. 19.10.1987, az.: ii zr 9/87). hinzutreten muss eine besondere verwerflichkeit des verhaltens, die sich aus dem verfolgten ziel, den eingesetzten mitteln, der zu tage tretenden gesinnung oder den eintretenden folgen ergeben kann (bgh, urt. v. 13.12.2011, az.: xi zr 51/10; urt. v. 03.12.2013, az.: xi zr 295/12; urt. v. 15.10.2013, az.: vi zr 124/12; vgl. insgesamt palandt, bgb – sprau, § 826 bgb rn. 4 m.w.n.). 28dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der in der motorsteuerungssoftware des streitgegenständlichen fahrzeugs vorhandenen aufheizfunktion bzw. die software zu deren aktivierung oder dem – insoweit lediglich vermuteten – sog. thermofenster um unzulässige abschalteinrichtungen im sinne des art. 5 abs. 2 vo (eg) 715/2007 handelt. denn das bloße vorhandensein einer objektiv unzulässigen abschalteinrichtung genügt für sich noch nicht, um einen anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger schädigung auszulösen (olg naumburg, urt. v. 29.11.2019, az.: 7 u 52/19). 29vor diesem hintergrund bestehen erhebliche zweifel daran, dass die beklagte durch die verwendete software zur aktivierung der aufheizfunktion oder ein sog. thermofenster gegen das anstandsgefühl aller billig und gerecht denken verstoßen hat. 30die verwendung von sog. thermofenstern ist – insoweit aus anderen verfahren diese betreffend gerichtsbekannt – bei dieselfahrzeugen aller hersteller weit verbreitet. die beschränkung der abgasreinigung auf bestimmte temperaturbereiche dient gerade dem schutz und der dauerhaltbarkeit von motorbauteilen. die dauerhaltbarkeit der motorbauteile dürfte unter berücksichtigung der allgemeinen lebenserfahrung im vorrangigen interesse der fahrzeughalter sein. vor diesem hintergrund ist eine besondere verwerflichkeit des handels der beklagten gegenüber dem kläger zweifelhaft. 31auf den vortrag der beklagten, wonach das kba eine änderung der motorsteuerungssoftware im hinblick auf die sog. aktive restreichweiten-warnung durchführt, stützt der kläger sein begehren ersichtlich nicht. 32b) 33jedenfalls fehlt es aber an den subjektiven voraussetzungen der §§ 826, 31 bgb. 34subjektiv ist zwar ein bewusstsein der sittenwidrigkeit nicht erforderlich. der schädiger muss aber grundsätzlich die tatumstände kennen, die sein verhalten als sittenwidrig erscheinen lassen (bgh, urt. v. 13.09.2004, az.: ii zr 276/02; teilversäumnis- und endurt. v. 28.06.2016, az.: vi zr 536/15; vgl. insgesamt palandt, bgb – sprau, § 826 bgb rn. 5). darüber hinaus muss der schädiger zumindest bedingten schädigungsvorsatz haben. 35das gericht vermag anhand des klägerischen vortrags nicht festzustellen, dass die beklagte bzw. in anwendung des § 31 bgb ihre vertretungsberechtigten organe zumindest mit bedingtem schädigungsvorsatz handelten. 36aa) 37bezüglich eines sog. thermofensters ist zwar schon fraglich, ob die von dem kläger angestellte vermutung ausreichend ist, um in prozessual erheblicher weise vorzutragen. indes kann dies unterstellt werden, da sich aus dem einbau eines solchen thermofensters nicht ergibt, dass die beklagte vorsätzlich oder mit zumindest bedingtem schädigungsvorsatz handelte. 38aus dem einbau einer einrichtung, welche die dauer und haltbarkeit der motorbauteile steigern soll, kann nicht geschlossen werden, dass der beklagten bewusst war, eine möglicherweise unzulässige abschalteinrichtung einzubauen. so sind schon die europarechtlichen vorgaben selbst nicht eindeutig. insbesondere ist aus den vorschriften der vo (eg) 715/2007 und den dortigen regelungen zu unzulässigen abschalteinrichtungen und den ausnahmen nicht ohne weiteres erkennbar, welche technischen einrichtungen zulässig sind und welche nicht. daher muss es sich für einen fahrzeughersteller nicht von vornherein als unzulässig darstellen, eine variable abgasrückführung oder -nachbehandlung einzubauen (olg naumburg, urt. v. 29.11.2019, az.: 7 u 52/19 unter bezugnahme auf den 5. untersuchungsausschuss des bundestages, bt-drs. 18/12900, 536 ff.). selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich bei einem sog. thermofenster um eine unzulässige abschalteinrichtung handelt, erscheint es zumindest nicht ausgeschlossen, dass diesbezüglich vor dem hintergrund des art. 5 abs. 2 vo (eg) 715/2007 auch eine andere auffassung vertretbar ist. eine falsche gesetzesauslegung und – anwendung begründet aber nicht den zwingenden schluss, dass die beklagte sowohl die typengenehmigungsbehörde sowie den käufer täuschen wollte (olg naumburg, a.a.o.). dieser schluss ist sogar fernliegend, da es sich bei der beschränkung der abgasreinigung auf bestimmte temperaturbereiche um maßnahmen zum schutz und der dauerhaltbarkeit von motorbauteilen handelt. die dauerhaltbarkeit der motorbauteile dürfte unter berücksichtigung der allgemeinen lebenserfahrung im vorrangigen interesse der fahrzeughalter sein. 39bb) 40auch im hinblick auf die behauptete aufheizstrategie liegen die den subjektiven voraussetzungen der §§ 826, 31 bgb nicht vor. 41so folgt allein aus dem umstand, dass das streitgegenständliche fahrzeug von einem rückruf des kba betroffen ist, nicht zwingend ein bedingter schädigungsvorsatz der beklagten bzw. ihrer vertretungsberechtigten organe (vgl. olg brandenburg, urt. v. 19.12.2019, az.: 5 u 103/18; olg oldenburg, urt. v. 01.04.2020, az.: 5 u 107/19). auch hier gilt, dass vor dem hintergrund der vorschriften der vo (eg) 715/2007 im hinblick auf eine variable abgasnachbehandlung nicht jede technische einrichtung von vornherein als unzulässige abschalteinrichtung erkannt werden muss (vgl. oben). 42zwar spricht nach dem klägerischen vortrag einiges für eine prüfstandsbezogene einrichtung. indes ist hier einschränkend anzumerken, dass sich ausweislich der vom kläger vorgelegten pressemitteilung des kba die gerügte abschalteinrichtung gerade nicht nur auf den prüfstand bezog, sondern vielmehr nahezu nur im prüfstand funktionierte. daraus folgt im umkehrschluss, dass eine ausschließlich auf den prüfstand bezogene einrichtung gerade nicht vorliegt. es handelt sich daher nicht um eine einrichtung, welche zweierlei verschiedene betriebsmodi je nach situation – prüfstand oder realfahrbetrieb – aktiviert. denn vom grundsatz her funktioniert die abgasreinigung des streitgegenständlichen fahrzeugs jeweils gleich mit dem einzigen unterschied eines schnelleren erreichens der betriebstemperatur des scr-katalysators, wobei dies auch nicht ausschließlich auf den prüfstand beschränkt ist. 43selbst wenn der vorstand der beklagten davon gewusst hätte, dass die aktivierung der in dem streitgegenständlichen fahrzeug befindlichen aufheizfunktion nahezu nur im prüfstand stattfindet, und er vorhersah, dass ein software-update notwendig werden könnte, ist damit nicht zugleich ein vorsatz im hinblick auf eine denkbare schädigung der kunden gegeben. denn ein solcher kann nicht ohne weiteres aus dem einbau einer variablen abgasnachbehandlung geschlossen werden (vgl. olg naumburg, a.a.o.). anders als in den fällen der motoren mit der typenbezeichnung ea 189, hinsichtlich derer es notwendig war, eine technik zu entwickeln, die teilweise erst mit erheblichem zeitverzug entwickelt werden konnte, war vorliegend lediglich eine vorhandene aufheizfunktion in ihrem wirkungskreis zu erweitern, was kurzfristig erfolgen konnte. zudem handelte es sich in den ea 189-fällen um eine software, welche zur folge hatte, dass die betroffenen fahrzeuge im prüfstands- und im realfahrbetrieb zwei völlig unterschiedliche betriebsmodi aufwiesen, sodass die abgasreinigung jeweils gänzlich anders ausgestaltet wurde. eine unzulässige abschalteinrichtung lag in diesen fällen - anders als im vorliegenden fall - geradezu auf der hand (vgl. olg koblenz, urt. v. 21.10.2019, az.: 12 u 246/19). 442. 45der kläger hat ebenfalls keinen anspruch gegen die beklagte aus § 823 abs. 2 bgb i.v.m. § 263 stgb. 46eine rechtswidrige täuschung des klägers ist aus den vorbenannten gründen ebenso nicht ersichtlich wie ein entsprechender vorsatz der beklagten. 473. 48schadensersatzansprüche gegen die beklagte gem. §§ 823 abs. 2 bgb i. v. m. art. 4 abs.1 und 2, art. 5 abs. 2 vo (eg) nr. 715/2007 scheiden ebenfalls aus. 49es fehlt bereits an der schutzgesetzeigenschaft der vo (eg) nr. 715/2007. 50a) 51schutzgesetz im sinne von § 823 abs. 2 bgb ist jede rechtsnorm, die zumindest auch dazu dienen soll, einen einzelnen oder einen bestimmten personenkreis gegen die verletzung eines bestimmten rechtsinteresses zu schützen (vgl. bgh, urt. v. 13.12.2011, az.: xi zr 51/10). der schutz eines einzelnen ist dabei nicht bereits dann bezweckt, wenn er als reflex einer befolgung der norm objektiv erreicht wird, sondern nur dann, wenn der gesetzgeber dem einzelnen selbst die rechtsmacht in die hand geben wollte, mit mitteln des privatrechts gegen denjenigen vorzugehen, der das verbot übertritt und sein rechtsinteresse beeinträchtigt (vgl. bgh, a.a.o.). 52b) 53das gericht schließt sich insoweit den überzeugenden ausführungen des olg braunschweig (urteil vom 19.02.2019, az. 7 u 134/17) vollständig an: 54„ziel der vo (eg) 715/2007 ist nach deren einleitenden bemerkungen (1) bis (4) so-wie zusammengefasst nochmals in (27) die harmonisierung des binnenmarktes / die vollendung des binnenmarktes durch einführung gemeinsamer technischer vorschriften zur begrenzung von fahrzeugemissionen. zwar werden neben der vereinheitlichung der rechtsregelungen ein hohes umweltschutzniveau (1) als ziel und die reinhaltung der luft als vorgabe für regelungen zur senkung der emissionen von fahrzeugen (4) beschrieben, doch folgt aus den ausführungen unter (7), die die verbesserung der luftqualität in einem zuge mit der senkung der gesundheitskosten (und dem gewinn an lebensjahren) nennen, dass es auch insoweit nicht um individuelle interessen, sondern letztlich um umwelt- und gesundheitspolitische ziele geht. dass der europäische gesetzgeber i.s.d. definition des schutzgesetzes dem einzel-nen verbraucher die rechtsmacht in die hand geben wollte, mit mitteln des privat-rechts gegen denjenigen vorzugehen, der in dieser verordnung zur umsetzung dieser ziele geregelte verbote übertritt und sein rechtsinteresse beeinträchtigt, geht damit aus den vorbemerkungen nicht hervor. vielmehr spricht stattdessen sogar der umstand, dass die ziele in (7) in beziehung gesetzt werden zu den auswirkungen der emissionsgrenzwerte auf die märkte und die wettbewerbsfähigkeit von herstellern, gegen einen entsprechenden willen des gesetzgebers. dies gilt umso mehr, als auch die regelungen der vo (eg) 715/2007 selbst keinen bezug zu individualinteressen des einzelnen bürgers aufweisen (so i.e. auch riehm, dar 2016, dar jahr 2016 seite 12, dar jahr 2016 13). gerade einen derartigen bezug zu individualinteressen sieht der europäische gerichtshof aber in seiner vorabentscheidung vom 16.02.2017, eugh aktenzeichen c21915 c - 219/15, zitiert nach juris, rzn. 55, 56, als erfordernis für eine schutzgesetzeigenschaft an.“ 554. 56aus den vorbenannten gründen besteht auch kein anspruch des klägers gegen die beklagte aus § 823 abs. 2 bgb i.v.m. §§ 6 abs. 1, 27 abs. 1 s. 1 eg-fgv. diese vorschriften setzen die richtlinie in nationales recht um. sie berücksichtigen indes ebenfalls nicht den schutz von individualinteressen und sind daher nicht schutzgesetz im sinne des § 823 abs. 2 bgb (olg münchen, beschl. v. 29.08.2019, az.: 8 u 1449/19; olg koblenz, a.a.o.; olg düsseldorf, urt. v. 12.03.2020, az.: 5 u 110/19). 57ii. 58die nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 abs. 1, 709 s.1, 2 zpo. 59iii. 60ein weiterer schriftsatznachlass auf den schriftsatz des klägers war der beklagten nicht zu gewähren, da sich für sie hieraus kein nachteil ergibt. 61iv. 62der streitwert wird auf 45.013,28 € festgesetzt. 63rechtsbehelfsbelehrung: 64gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 651. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 662. wenn die berufung in dem urteil durch das landgericht zugelassen worden ist. 67die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem oberlandesgericht hamm, heßlerstr. 53, 59065 hamm, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils (datum des urteils, geschäftsnummer und parteien) gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 68die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem oberlandesgericht hamm zu begründen. 69die parteien müssen sich vor dem oberlandesgericht hamm durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 70mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. | Verklagte*r | 0 |
144,030 | S 43 SO 588/11 | 2015-10-22T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Beklagte trägt 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten sich nur noch um die Aufhebung und Erstattung eines Betrages von insgesamt 5.344,32 EUR für Kosten der Unterkunft und Heizung nebst einer Aufrech-nung. 3Die am XX.XX.XXXX geborene Klägerin war selbstständig tätig als Versicherungsmakle-rin, zuletzt bei der W G GmbH als Geschäftsführerin. Sie beantragte bei der Beklagten am 3. August 2009 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Dabei gab sie an "B I I1 XX" in B zu wohnen. Im Rahmen des Antragsformulars wurde sie schriftlich darauf hingewiesen, dass vorübergehende Abwesenheit und Wohnungswechsel unverzüglich und unaufgefordert dem Sozialamt mitzuteilen sind. Sie überreichte einen entsprechen-den Mietvertrag für die Zeit ab 1. Juli 2009. Dabei erhielt sie nach diesem bereits am 30. Juni 2009 die Wohnungsschlüssel. Der Mietzins nebst Betriebskostenvorauszahlung sowie Stromkosten betrug insgesamt 407,75 EUR. Der Vermieter verpflichtete sich bis zum 31. Dezember 2009 die Beseitigung des Schimmelbefalls und Neutapezierung der befal-lenen Stellen vorzunehmen. Des Weiteren überreichte sie ihre Kostennote vom 30. Juni 2009 an die W G GmbH. 4Der Bescheid vom 11. August 2009 bewilligte Leistungen, insbesondere auch Kosten der Unterkunft und Heizung, nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für den Zeitraum von August 2009 bis Juli 2010. Auf Wunsch der Klägerin überwies die Beklagte direkt an den Vermieter. Das Schreiben vom 11. August 2009 forderte zur Senkung der Unterkunfts-kosten auf. Wegen der Mitteilung der Bankverbindung durch die Klägerin erging der Be-scheid vom 28. August 2009 mit im Übrigen unveränderter Bewilligung. Gegen die Bewil-ligung legte die Klägerin Widerspruch ein, um sich mit der Thematik auseinander zu set-zen und die Paragraphen überprüfen zu können. Nach Erläuterung nahm sie diesen zurück. 5Mit Schreiben vom 17. Dezember 2009 teilte die Klägerin mit, dass sie ihre Abtretung zu Gunsten ihres Vermieters Herrn F für die Strom- und Heizungskosten widerrufe, da die-ser diese Kosten nicht weitergeleitet habe. Eine Sperrung für Strom und Heizung sei an-gedroht worden. Sie habe nunmehr selbst bereits ab 30. Juli 2009 Versorgungsverträge für Gas und Strom abgeschlossen. Des Weiteren überreichte sie ein Schreiben von Herrn F vom 30. Oktober 2009 nach welchem sich die Nebenkosten erhöht hätten. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2009 wird bei gleich bleibender Leistung die Krankenver-sorgung der Klägerin sichergestellt. Der Bescheid vom 28. Januar 2010 kürzte die Zah-lung an Herrn F und zeigte die Überweisung der Abschläge an den Versorgungsanbieter an. Der Bescheid vom 28. Februar 2010 senkte die Kosten der Unterkunft auf die für an-gemessen gehaltene Miete von 216 EUR. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Ende Februar 2010 stellte sie den Antrag auf ein Darlehen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess, um ihr strafrechtliches Revisionsverfahren zu führen. Mit Schreiben vom 12. Mai 2010 erneuerte die Klägerin den Vortrag, dass Herr F die Beträge für Hei-zung und Strom nicht an den Versorger zahle. Insoweit widerrief sie ihre Abtretung und wiederholte ihren Wunsch eigenständig an den Versorger zu zahlen. Sie könne und wolle nicht gegen Herrn F klagen. Dementsprechend sah der Bescheid vom 28. Mai 2010 einen erhöhten Betrag für den Versorgungsanbieter vor. Ein Bescheid vom 28. Juni 2010 dürfte nicht ergangen sein. 6Mit Antrag auf Weiterbewilligung (Eingang bei der Beklagten am 20. Juli 2010) überreich-te die Klägerin die von ihr bearbeitete Nebenkostenabrechnung für die Wohnung in B sowie die Jahresrechnung des Versorgungsunternehmens für Strom und Gas vom 11. Juni 2010. Mit Bescheid vom 21. Juli 2010 bewilligte die Beklagte einen Nachzahlungs-betrag für Heizkosten unter Berücksichtigung einer Überzahlung bei den Betriebskosten i.H.v. 860,32 EUR. 7Auf Grund eines Anrufs eines Mitarbeiters der Abteilung Verhinderung von Obdachlo-sigkeit der Stadt I2 vom 26. Juli 2010 erfuhr die Beklagte, dass die Klägerin in I2 wohnte. Weitere Leistungen wurden zunächst nicht bewilligt. Anlässlich ihrer Vorsprache am 30. Juli 2010 teilte die Klägerin mit, ihren Lebensmittelpunkt bislang in I2 gehabt zu haben. Dort sei sie jedoch nicht gemeldet. Sie sei immer noch für die W G GmbH tätig, jedoch seien sämtliche Einkünfte für die laufenden Geschäftskosten benötigt worden. Des Wei-teren teilte sie mit, dass es sich bei der Rechnung des Versorgungsunternehmens um die für die Wohnung in I2 handele. Die Angabe der Verbrauchsstelle habe sie abgedeckt bevor sie sie kopiert habe. Sie habe gedacht, dass es nur darauf ankomme einmal Heiz-kosten vom Sozialamt zu erhalten und dass es nicht wichtig sei, ob dieser Verbrauch in B oder in I2 sei. Wegen der Zwangsräumung der Wohnung in I2 werde sie am 4. August 2010 ihren Lebensmittelpunkt nach B verlegen. Im Folgenden bezieht sie seitdem unun-terbrochen Leistungen von der Beklagten. Mit Schreiben vom 18. Februar 2011 wurde die Klägerin zur beabsichtigten Aufhebung und Erstattung der Leistungen von August 2009 bis Juli 2010 angehört. Sie habe sich in ihrer Wohnung in B nicht aufgehalten und wegen der fehlenden örtlichen Zuständigkeit die Leistungen zu Unrecht bezogen. Mit Bescheid vom 12. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2011 hob die Beklagte die Bescheide vom 11. August 2009, 28. August 2009, 28. Dezember 2009, 28. Januar 2010, 28. Februar 2010, 28. Mai 2010 und 28. Juni 2010 sowie den Bescheid vom 21. Juli 2010 nach § 45 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit ab August 2009 bis Ende Juli 2010 auf und forderte gemäß § 50 SGB X zu Erstattung der Leistungen i.H.v. insgesamt 9.652,32 EUR auf. Zumin-dest grob fahrlässig habe die Klägerin verschwiegen, dass sie ihren gewöhnlichen Auf-enthalt nicht in B hatte. Die Stromrechnung sei insoweit manipuliert worden. In Aus-übung des Ermessens müsse das private Interesse am Bestand der Bescheide gegen-über dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme zurücktreten. Des Weiteren wird unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Bescheid bestandskräftig wird, die Auf-rechnung erklärt mit den laufenden Leistungen i.H.v. 20 % des Regelsatzes. 8Hiergegen hat die Klägerin am 16. November 2011 Klage erhoben. Zur Begründung weist sie darauf hin, dass die aufgehobenen Leistungsbescheide nicht rechtswidrig ge-wesen seien, sondern lediglich vom örtlich unzuständigen Leistungsträger erlassen. In der Sache habe sie Anspruch auf Grundsicherung im Alter gehabt. Anträge könnten bei jeder Gemeinde gestellt werden. Es sei nicht ihre Sache den zuständigen Kostenträger zu bestimmen. Dies ergebe sich aus dem Umkehrschluss aus § 42 SGB X. Wenn schon ein Bürger nicht die Aufhebung eines Verwaltungsakts allein deshalb beanspruchen könne, weil die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sei, könne eine Behörde erst recht nicht allein deswegen einen Verwaltungsakt aufheben. Des Weiteren habe sie nicht in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht. Sie kenne das SGB XII nicht. Ihr Leben lang habe sie selbstständig gearbeitet und die Alters-vorsorge durch Immobilien und einen Rentenversicherungsvertrag abgesichert. Durch die Rezession Ende der Achtzigerjahre habe sie alles verloren. In den Jahren 2008 und 2009 habe die W G GmbH einen 50 % Rückgang der Einnahmen zu verzeichnen ge-habt. Mittellos habe sie somit Sozialhilfe beantragt. Sicher sei sie sich nicht gewesen, bei wem ein Antrag gestellt werden müsse. Sie ging jedenfalls davon aus, dass es genüge nur einen Antrag zu stellen und habe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig nicht in B gewohnt. Nach dem gewöhnlichen Aufenthaltsort werde nicht gefragt sondern lediglich nach der Adresse. Sie habe die Wohnung tatsächlich angemietet und sei dort auch ge-meldet gewesen. Der gewöhnliche Aufenthalt sei ein unbestimmter Rechtsbegriff und keinesfalls einheitlich zu verstehen. Es sei auch geplant gewesen die Wohnung in B zu beziehen. Wegen des Schimmelbefalls sei die Wohnung vorher nicht bewohnbar gewe-sen. Der Verpflichtung zur Beseitigung sei der Vermieter verspätet nachgekommen, so dass erst im August 2010 der Umzug bewerkstelligt werden konnte. Dies habe nach Lek-türe des Mietvertrags klar sein müssen. Es habe somit für die Beklagte Veranlassung ge-geben die örtliche Zuständigkeit zu prüfen. Die Beklagte hätte einen Erstattungsan-spruch gegenüber der Stadt I2 geltend machen müssen. Miete und Nebenkosten seien von Anfang an unmittelbar an den Vermieter gezahlt worden. Bis zur Fertigstellung der Wohnung habe dieser jedoch keinen Anspruch auf den Mietzins. Sie sei von der Beklag-ten nicht ordnungsgemäß beraten worden. Einen wirtschaftlichen Vorteil habe sie nicht erlangt, da sonst Leistungen von der Stadt I2 geflossen wären. Die Heizkostennachzah-lung sei sie bereit zurückzuzahlen. Einen darüber hinausgehenden Schaden sehe sie nicht. Vom Ermessen sei nicht ordnungsgemäß Gebrauch gemacht. Sie sei 73 Jahre alt, schwer erkrankt sowie hilfebedürftig. Unter Berücksichtigung ihres Alters sei die Auf-rechnung von drei Jahre zu lang. 9Die Klägerin beantragt, 10die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 12. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2011 aufzuheben. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen, soweit sie über das Teilanerkenntnis hinausgeht. 13Sie weist zur Begründung darauf hin, dass die Klägerin in B seit September 2009 gemel-det sei. Ein Erstattungsanspruch gegen einen anderen Träger bestehe nicht. Die Unbe-wohnbarkeit der Wohnung sei nicht angezeigt worden. Eine Frist von sechs Monaten zur Beseitigung von Mängeln, die eine Wohnung unbewohnbar machen, sei nicht glaub-würdig und wäre völlig lebensfremd. Schon aus der Formulierung "Tapezierung der be-fallenen Stellen" gehe eindeutig hervor, dass die Räume nicht in Gänze mit Schimmel befallen waren, sondern nur bestimmte Stellen. 14Die Stadt I2 hat sich auf gerichtliche Anforderung zur Sache geäußert. Für die Einzelhei-ten wird auf den Schriftsatz vom 7. Januar 2013 verwiesen. Des Weiteren hat am 11. September 2013 ein Erörterungstermin stattgefunden. Im Rahmen der mündlichen Ver-handlung hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis abgegeben und die Bescheide bezüg-lich des Regelsatzes aufgehoben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten verwie-sen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 15Entscheidungsgründe: 16Die zulässige Klage ist unbegründet. 17Der Bescheid vom 12. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2011 erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten soweit die Beklagte bezüglich der Kosten der Unterkunft und Heizung ihre Bewilligung aufgehoben und Erstattung i.H.v. insgesamt 5.344,32 EUR geltend gemacht hat (§ 54 Abs. 2 SGG). Des Weiteren wurde zu Recht die Aufrechnung erklärt. 18Zu Recht hob die Beklagte gemäß § 45 SGB X die rechtswidrigen begünstigenden Ver-waltungsakte vom 11. August 2009, 28. August 2009, 28. Dezember 2009, 28. Januar 2010, 28. Februar 2010 und 28. Mai 2010 sowie den Bescheid vom 21. Juli 2010 auf. 19Zunächst hat die Kammer keinerlei Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit des ange-fochtenen Verwaltungsakts vom 12. April 2011. Insbesondere ist er hinreichend be-stimmt. Ein Verwaltungsakt muss gemäß § 33 Abs. 1 SGB X hinreichend bestimmt sein. Dies ist dann der Fall, wenn aus dem Verfügungssatz des Verwaltungsakts für die Betei-ligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, was die Behörde will, wobei der Verwaltungsakt auszulegen ist. Unschädlich ist, wenn zur Auslegung des Verfügungs-satzes auf die Begründung des Verwaltungsaktes, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (vergleiche mit weiteren Nachweisen: Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2009, Az.: B 4 AS 30/09 R). Mit den Beteiligten geht die Kammer davon aus, dass für die Klägerin vollständig und klar sowie unzweideutig zu erkennen ist, was die Beklagte will. Insbesondere sind sämtliche Bescheide, die aufgehoben werden, mit Da-tum aufgeführt. Insoweit ist nicht entscheidend, dass wohl kein Bescheid vom 28. Juni 2010 datiert. Die Klägerin wurde auch angehört. 20Die materielle Rechtmäßigkeit liegt ebenfalls vor. Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünsti-gender Verwaltungsakt) rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar gewor-den ist, nur unter den Einschränkungen des § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 2 S. 1 SGB X darf der Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interessen an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit erstens er einen Verwal-tungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; zweitens der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder drittens er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 S. 3 SGB X). Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. 21Durch die Bewilligung von Leistungen mit Bescheiden vom 11. August 2009, 28. August 2009, 28. Dezember 2009, 28. Januar 2010, 28. Februar 2010 und 28. Mai 2010 sowie dem Bescheid vom 21. Juli 2010 nach dem Vierten Kapitel des SGB XII handelt es sich um begünstigende Verwaltungsakte. 22Diese Verwaltungsakte sind auch anfänglich rechtswidrig. Ein Verwaltungsakt ist rechtswidrig, wenn er mit dem anzuwendenden Recht formell oder materiell nicht im Ein-klang steht und er nicht nach § 40 SGB X nichtig ist. Die Rechtswidrigkeit kann sich dar-aus ergeben, dass ein Sachverhalt zugrunde gelegt wurde, der sich nachträglich als un-zutreffend erweist, oder daraus, dass das Recht unrichtig angewandt, also ein zutreffen-der Sachverhalt unrichtig unter die einschlägigen Vorschriften subsumiert wurde (Padé in: jurisPK-SGB X, 1. Auflage 2013, Stand: 11. September 2015, § 45 SGB X, Rn. 42). 23Die Bescheide sind rechtswidrig, da die Beklagte gemäß § 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII für die Leistungsbewilligung nicht zuständig war. Für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Be-reich der gewöhnliche Aufenthaltsort des Leistungsberechtigten liegt (§ 98 Abs. 1 S. 3 SGB XII). Der gewöhnliche Aufenthaltsort nach § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I wird dort begrün-det, wo sich jemand unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. In diesem Sinne hat sich die Klägerin nicht auf dem von ihr angegebenen Gebiet der Beklagten gewöhnlich aufgehal-ten. Wie dem Mietvertrag zu nehmen ist, hat sie zwar eine Wohnung angemietet, diese jedoch erst nach Ende des hier streitigen Zeitraums Anfang August 2010 bezogen. Ent-sprechend ihren eigenen Angaben hat sich die Klägerin zuvor im Bereich der Stadt I2 aufgehalten. 24Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch eine rückwirkende Aufhebung der Ver-waltungsakte nach § 42 SGB X möglich. Danach kann die Aufhebung eines Verwal-tungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht wer-den, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die ört-liche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Insoweit ist umstritten, ob dies auch gegen die Behörde eingreift. In der Literatur wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass unter Berücksichtigung des Interesses des Betroffenen an verfahrensökonomischer Vorgehensweise und des Grundsatzes der Waffengleichheit diese Bestimmung auch gegen die Behörde wirke (so Waschull in: LPK-SGB X, 3. Auflage 2011, § 42, Rn. 15; Schoch in: LPK-SGB XII, 9. Auflage 2012, § 98, Rn. 65 und Rüfner in: Wannagat, SGB, § 42 SGB X, Rn. 11ff.). Die gegenteilige Auffassung geht davon aus, dass im Rahmen der Ermessensbetätigung jedoch zu berücksichtigen sei, ob ein entsprechender Verwal-tungsakt gleichlautend noch mal erneut ergehen müsste (so Littmann in: Hauck/Nofts, SGB X-Kommentar, § 42, Rn. 24). 25Zur Überzeugung der Kammer kann der Streit dahin stehen, da zwar die örtliche Zustän-digkeit betroffen ist. Es ist jedoch nicht offensichtlich, dass die Verletzung die Entschei-dung in der Sache bezüglich der Kosten der Unterkunft und Heizung nicht beeinflusst hat. Es muss nachweislich sein, dass der Verfahrens- oder Formfehler keinen Einfluss auf die Sachentscheidung gehabt hat (Leopold in: jurisPK-SGB X, 1. Auflage 2013, Stand: 27. März 2015, § 42 SGB X, Rn. 45). Es ist also festzustellen, ob der Sozialleis-tungsträger ohne den Verfahrens- oder Formfehler in der Sache offensichtlich genauso entschieden hätte wie mit ihm (Leopold in: jurisPK-SGB X, 1. Auflage 2013, Stand: 27. März 2015, § 42 SGB X, Rn. 50). Die notwendigen Feststellungen des Gerichts haben nicht nur die Tatsachen zu berücksichtigen, welche der Behörde bei Erlass des Verwal-tungsaktes bekannt waren, sondern es sind auch solche Tatsachen mit einzubeziehen, die während des Widerspruchs- oder Gerichtsverfahrens zutage getreten sind. Lediglich solche Tatsachen, durch deren Berücksichtigung der in Rede stehende Verwaltungsakt auf eine völlig neue Grundlage gestellt würde, sind nicht berücksichtigungsfähig (Leo-pold in: jurisPK-SGB X, 1. Auflage 2013, Stand: 27. März 2015, § 42 SGB X, Rn. 51). 26Dies ist hier nicht der Fall. Die fehlende örtliche Zuständigkeit beeinflusste sehr wohl die Entscheidung in der Sache. Kosten der Unterkunft und Heizung wären der Klägerin gar nicht bewilligt worden. Die Wohnung auf dem Gebiet der Beklagten nutzte sie tatsächlich nicht. Kosten sind insoweit nicht angefallen. Nicht entscheidend ist, dass die Klägerin beabsichtigte diese Wohnung zu nutzen. Nach ihren eigenen Angaben sei diese unbe-wohnbar gewesen und dem Vermieter hätte kein Mietzins nebst Nebenkosten zugestan-den. Aber auch für die Unterkunft in I2 sind bei der Klägerin keine Kosten angefallen. Diese Wohnung mietete die Klägerin nach eigenen Angaben im Namen der W G GmbH an. Dementsprechend schuldete diese den Mietzins nebst Nebenkosten und war für die Heizung verantwortlich. Entsprechendes ergibt es sich auch aus den Konten der W. Hinweise für das Bestehen eines Untermietverhältnisses zwischen der GmbH und der Klägerin hat das Gericht nicht und diese werden insbesondere von der Klägerin auch nicht vorgetragen. 27Für die Klägerin ist es jedoch nach § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X ausgeschlossen, sich auf ein Vertrauen nach § 45 Abs. 2 S. 2 SGB X zu berufen. Das Gesetz formuliert insofern, dass der Betroffene sich nicht auf Vertrauensschutz berufen kann. Es geht entweder von vornherein nicht vom Bestehen eines Vertrauens in den Bestand des Verwaltungsakts aus, oder schließt jedenfalls eine Schutzwürdigkeit eventuell bestehenden Vertrauens aus. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X braucht eine Prü-fung von S. 2 nicht mehr zu erfolgen. Hier kann allenfalls im Rahmen des gegebenen-falls auszuübenden Ermessens eventuellen Besonderheiten Rechnung getragen wer-den (Padé in: jurisPK-SGB X, 1. Auflage 2013, Stand: 11. September 2015, § 45 SGB X, Rn. 75). 28Soweit die Klägerin durch den Bescheid vom 21. Juli 2010 vom Beklagten einen Nach-zahlungsbetrag für Heizkosten i.H.v. 860,32 EUR erhalten hat, hat sie dies mittels einer arg-listigen Täuschung erreicht. Die unredliche Handlung muss für die Fehlerhaftigkeit, nicht für den Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsakts ursächlich sein, d.h. die Be-hörde müsste ohne die Handlung eine andere Entscheidung getroffen haben. Eine Täu-schung liegt vor, wenn der Betroffene beim zuständigen Sachbearbeiter des Sozialleis-tungsträgers einen Irrtum hinsichtlich des zutreffenden Sachverhalts hervorgerufen oder unterhalten hat. Dazu muss er entweder unrichtige Tatsachen vorgespiegelt oder die zu-treffenden Tatsachen entstellt haben. Arglist verlangt einen Täuschungswillen. Der Be-günstigte muss die Unrichtigkeit der Tatsachen kennen, die zum Irrtum führen. Bedingter Vorsatz genügt (Padé in: jurisPK-SGB X, 1. Auflage 2013, Stand: 11. September 2015, § 45 SGB X, Rn. 77). Die von der Klägerin eingereichte Rechnung vom 11. Juni 2010, die zur Erstattung des Betrages führte, war von ihr vorsätzlich manipuliert. Die Verbrauchs-stelle, die in I2 lag, wurde von ihr beim Kopieren der Rechnung abgedeckt. Sie wollte vorspielen, dass der Bezug des Gas in B stattgefunden hatte. Die Klägerin wusste, dass ihr insoweit keine Heizkosten zu standen, sonst hätte sie die Rechnung nicht manipu-liert. Sie wollte jedoch den Erstattungsbetrag damit die Versorgung mit Gas nicht einge-stellt wird. Ansonsten hätte die Beklagte keine Nachzahlung veranlasst. 29Im Übrigen hat die Klägerin durch unrichtige und unvollständige Angaben dafür gesorgt, dass sie Kosten der Unterkunft und Heizung ab August 2009 erhalten hat. Die unrichtige Angabe kann zunächst aktiv erfolgen, d.h. der Begünstigte kann Umstände mitteilen, die dem tatsächlichen Sachverhalt nicht entsprechen. Weiterhin ist der Tatbestand auch dann erfüllt, wenn der Betroffene Umstände verschwiegen hat. Angaben sind dann falsch gemacht, wenn dem Betroffenen ohne weitere Überlegungen klar sein musste, dass er den betreffenden Umstand mitteilen musste. Sofern eine Leistung auf Antrag gewährt wird, ist auf den Antrag abzustellen. Eine unvollständige Angabe ist insofern eine Unterform des pflichtwidrigen Verschweigens. Der Begünstigte erweckt hier den Eindruck, alle relevanten Tatsachen mitgeteilt zu haben, obwohl er erkennt oder erken-nen musste, dass weitere Tatsachen für die Entscheidung relevant sind (Padé in: ju-risPK-SGB X, 1. Auflage 2013, Stand: 11. September 2015, § 45 SGB X, Rn. 81). Die Notwendigkeit der Ursächlichkeit der unrichtigen oder unvollständigen Angaben für die Rechtswidrigkeit des begünstigenden Verwaltungsakts ergibt sich aus dem Tatbe-standsmerkmal "wesentlich". Nur solche Angaben sind wesentlich, die auch für die zu erlassende Entscheidung eine Rolle spielen. Eine Aufhebung nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X kommt deshalb nicht in Betracht, wenn die Behörde auch ohne die unrichtigen Angaben dieselbe Entscheidung getroffen hätte. An der Ursächlichkeit fehlt es weiterhin, wenn die Angaben des Betroffenen offensichtlich widersprüchlich oder unvollständig waren, so dass die Behörde nach § 16 Abs. 3 SGB I die Ergänzung der Angaben hätte veranlassen müssen (Padé in: jurisPK-SGB X, 1. Auflage 2013, Stand: 11. September 2015, § 45 SGB X, Rn. 82). 30Es bedarf zusätzlich der Erfüllung eines subjektiven Tatbestands. Der Begriff des Vorsat-zes enthält ähnlich wie im Strafrecht ein Element des Wissens und des Wollens. Es reicht insofern entweder die Kenntnis von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der angegebenen Tatsachen oder das billigende Inkaufnehmen einer erkannten möglichen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der gemachten Angaben oder das Wissen um die fehlende Übereinstimmung des begünstigenden Bescheids mit dem geltenden Recht aus (Padé in: jurisPK-SGB X, 1. Auflage 2013, Stand: 11. September 2015, § 45 SGB X, Rn. 86). Dabei ist ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Das Bundessozialgericht umschreibt diese Voraussetzung wie folgt: Es müssen einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden. Das ist der Fall, wenn nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. Dabei ist auf die persönliche Urteils- und Kri-tikfähigkeit, das Einsichtsvermögen und Verhalten der Betroffenen sowie die besonde-ren Umstände des Falles abzustellen. Vor den Gerichten ist Vorsatz und grobe Fahrläs-sigkeit als Teil des zu erfüllenden Tatbestands voll überprüfbar, das Tatsachengericht muss sich gegebenenfalls selbst einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen und dessen Erkenntnismöglichkeiten verschaffen, indem es ihn in einem Termin persönlich anhört (Padé in: jurisPK-SGB X, 1. Auflage 2013, Stand: 11. September 2015, § 45 SGB X, Rn. 88). Grob fahrlässige Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit des aufgehobenen Bescheids ist dem Begünstigten vorzuwerfen, wenn er wissen musste, dass die Bewilli-gung vom geltenden Recht nicht gedeckt ist. Nimmt die Behörde einen fehlerhaften Sachverhalt an, ist die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis davon dann relevant, wenn der Begünstigte daraus erkennen musste, dass die Behörde aufgrund des fal-schen Sachverhalts auch eine rechtswidrige Schlussfolgerung gezogen hat, ihm mithin die Begünstigung nicht zusteht. Insofern genügt eine Parallelwertung in der Laiensphä-re. Die Rechtswidrigkeit muss aus Sicht des Betroffenen mit seinen Erkenntnismöglich-keiten offensichtlich sein (Padé in: jurisPK-SGB X, 1. Auflage 2013, Stand: 11. Septem-ber 2015, § 45 SGB X, Rn. 91). 31Zur vollständigen Überzeugung der Kammer handelte die Klägerin mindestens grob fahr-lässig und teilweise vorsätzlich. Zwar mag sie keine genaue rechtliche Vorstellung vom Begriff des "gewöhnlichen Aufenthalts" gehabt haben, dies ist jedoch nicht erforderlich. Es war ohne weitere Überlegungen klar, dass sie mitteilen muss noch nicht in B zu woh-nen und die Adresse in I2 anzugeben. Anlässlich der Antragstellung am 3. August 2009 gab die Klägerin jedoch die Adresse "B I I1 XX" in B an, zu diesem Zeitpunkt wohnte sie dort aber definitiv nicht. Im Antragsformular steht jedoch, dass bei vorübergehender Ab-wesenheit und einem Wohnungswechsel unverzüglich und unaufgefordert dem Sozial-amt Mitteilung zu machen ist. Insoweit war die Klägerin verpflichtet eindeutig mitzuteilen, dass sie sich in B noch nicht aufhält, sondern erst beabsichtigt dort hinzuziehen. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte nach der Adresse in ihren Formularen fragt. Unter einer Adresse ist im allgemeinen Sprachgebrauch der Ort zu verstehen, wo man sich tatsächlich aufhält. Es ist allgemein bekannt, dass man sich auch nur dort anmeldet, wo tatsächlich gewohnt wird. Das Gericht hat keinerlei Anhaltspunkte, dass die Klägerin, die jahrzehntelang erfolgreich selbstständig in der Versicherungsbranche tätig war, sub-jektiv nicht in der Lage gewesen sein sollte, dies ebenfalls so aufzufassen. Die Klägerin wollte durchaus ihren Leistungsbezug inhaltlich nachvollziehen. Sie legte Widerspruch ein gegen den ersten Bewilligungsbescheid, um die einschlägigen Paragraphen zu überprüfen. Sie engagierte sich für ihr Strafverfahren auch gegenüber der Beklagten, da sie davon ausging weiterhin arbeiten zu können und sich den Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Eine irgendwie geartete geistige Einschränkung war auch nicht im Rahmen der mündlichen Verhandlung erkennbar. Vielmehr beschreibt die Klägerin detailliert ih-ren wirtschaftlichen Erfolg und insbesondere ihre Probleme im Rahmen der Bewältigung ihrer finanziellen Schwierigkeiten weit vor der Antragstellung. 32Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dem Mietvertrag auch keinesfalls zu entneh-men, dass die Wohnung unbewohnbar war und sie somit dort noch nicht tatsächlich wohnt. Der Mietvertrag weist nur darauf hin, dass eine Beseitigung des Schimmels bis zum 31. Dezember 2009 vorzunehmen ist. Er begann aber bereits am 1. Juli 2009 und die Klägerin erhielt die Schlüssel bereits am 30. Juni 2009. Schriftlich mitgeteilt hat die Klägerin eine angebliche Unbewohnbarkeit der Wohnung erst mit Schreiben vom 5. No-vember 2011. Dabei war ihr durch den Bescheid vom 11. August 2009 und der Kosten-senkungsaufforderung vom gleichen Tag bekannt, dass Kosten der Unterkunft getragen und an den Vermieter gezahlt werden. Zur Unterstützung des Eindrucks, dass sie bereits auf dem Gebiet der Beklagten wohnte, gibt die angebliche Kostennote vom 30. Juni 2009 an die W GGmbH auch die Adresse in B an. 33Das Verhalten der Klägerin gab der Beklagten keinerlei Hinweis an der Zuständigkeit zu zweifeln oder der Notwendigkeit einer Weiterleitung an eine andere Kommune oder einer weiteren Beratung der Klägerin. Sie vereitelte jeden Hinweis darauf, dass sie in I2 woh-nen könnte. Durch ihr weiteres Verhalten hat die Klägerin durch weitere unrichtige An-gaben dafür gesorgt, dass die Beklagte weiterhin die Kosten der Unterkunft und Heizung getragen hat. 34Sie sorgte wegen ihrer Mitteilung mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2009, dass sie Strom und Heizung selbst an den Anbieter überweise und auch eigene Verträge abgeschlos-sen habe, durch unrichtige Angaben für den Anschein, dass sie in B wohne. In diesem Zuge wies sie auch darauf hin, dass eine Sperrung angedroht sei. Dies war jedoch für die Wohnung in I2. Es sind schlichtweg unrichtige Tatsachen soweit sie angegeben hat, dass Herr F die Beträge für Strom und Heizung nicht weitergereicht habe. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die Wohnung in B nicht mit Gas sondern vielmehr mit Heizöl beheizt wird. Die alten Zählerstände auf dem Versorgungsvertrag entsprechen auch denen der manipulierten Rechnung. Es ergeben sich keine Hinweise darauf, dass der Vermieter für das auch von ihm bewohnte Haus keine Stromkosten gezahlt hat. Die Angaben der Klägerin waren auch kein Versehen, sondern vorsätzlich. Es verhält sich so, dass die W GGmbH ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen ist. Dieses teilte die Klägerin jedoch nicht mit. Sie schreibt somit genau das, was die Beklagte zur Kenntnis nehmen muss, um die Kosten direkt an den Versorger zu zahlen. Dementsprechend enthält der Bescheid vom 28. Januar 2010 als Zahlungsempfänger den Versorgungsan-bieter. Im Schreiben vom 12. Mai 2010 wiederholt sie sogar die falschen Angaben, dass Herr F die Beträge nicht weiterleite. Laut ihrem Schreiben erwartet sie die Ausführung ihrer Anweisung, da sie es sich nicht leisten könne und wolle gegen Herrn F zu klagen. Dem folgend änderte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Mai 2010 erneut den Betrag für den Versorgungsanbieter. 35Es finden sich für das Gericht keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass die Kläge-rin beabsichtigte zeitnah zur Antragstellung auf Grundsicherung die Wohnung in B zu beziehen. Dabei enthält das von der Klägerin verfasste und von Herrn F unterschriebene Schreiben vom 30. Oktober 2009 hinsichtlich der Erhöhung der Nebenkosten ebenfalls keinerlei Hinweise darauf, dass die Wohnung unbewohnbar sein soll und von ihr auch nicht tatsächlich bewohnt wird. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Klägerin wiederholt Herrn F unterstellt, Heiz-und Stromkosten nicht an den Anbieter gezahlt zu haben, erscheint der Vortrag der Unbewohnbarkeit der Wohnung nicht glaubhaft. Es wä-re auch ein ungewöhnlicher Zufall, dass die Wohnung gerade zum Zeitpunkt der Zwangsräumung in I2 bezugsfertig wird. Soweit die angebliche Unbewohnbarkeit doch zutreffend gewesen wäre, hätte die sich sonst engagiert für ihre Rechte einsetzende Klägerin auch mit ihrem Vermieter auseinandergesetzt. 36Mit Schreiben vom 12. Mai 2010 teilte sie mit, dass die Miete i.H.v. 245 EUR an den Vermieter zu zahlen sei. Erneut fehlt die richtige Angabe, dass sie in der Wohnung gar nicht wohnt. Die von ihr verfasste Nebenkostenabrechnung vom 30. Juni 2010 für die Woh-nung in B rechnet, obwohl sie dort nicht wohnte und somit keine Kosten angefallen sind, pauschal für drei Personen nach Kopf ab. Warum die Klägerin sodann auf ein Mal im Schreiben vom 5. November 2011 davon überzeugt ist, dass ihr Vermieter bis zur Fertig-stellung der Wohnung keinen Anspruch auf den Mietzins hatte, ist für die Kammer nicht nachvollziehbar und nicht in Einklang zu bringen mit ihrem vorherigen Verhalten alles zu unternehmen die Beklagte weiterhin leisten zu lassen. 37Insgesamt erscheint es für die Kammer nicht als glaubwürdig, soweit die Klägerin angibt, dass sie davon ausgegangen sei, dass es nur entscheidend sei einmal Leistungen zu beziehen egal von welcher Behörde. Das gesamte weitere Verhalten nach der ersten Leistungsbewilligung zeigt eindeutig, dass sich die Klägerin durchaus bewusst war, dass sie von der Beklagten nur Leistungen erhält, wenn sie dort auch tatsächlich wohnt. An-sonsten hätte sie wohl kaum die entsprechenden Angaben getätigt, um die Beklagte zu bewegen Heizkosten aufgrund des von ihr abgeschlossenen Versorgungsvertrages zu bewilligen. Sie gibt an Herr F sei seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen, obwohl dies in Wirklichkeit die W G GmbH war. Wäre die Klägerin wirklich davon überzeugt ge-wesen, auch einen Leistungsanspruch gegen die Beklagte zu haben, wäre es nicht not-wendig gewesen in den Schreiben vom 17. Dezember 2009 und 12. Mai 2010 vorzuspie-len, dass ihr langjähriger Bekannter und angeblicher Vermieter Herr F seinen Verpflich-tungen nicht nachkommt. Dabei ist ihr die rechtliche Trennung zwischen der W G GmbH und ihr persönlich durchaus bewusst und auch sehr wichtig. So hat sie im Rahmen der Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nur äußerst begrenzt Unterlagen der W G GmbH überreicht. Das ihr zur Verfügung stehende Fahrzeug der GmbH hat sie nicht angegeben. Dementsprechend erscheint es auch nicht als glaub-würdig, soweit die Klägerin angibt nicht sicher gewesen zu sein, bei wem der Antrag ge-stellt werden müsse. Soweit dies wirklich der Fall gewesen wäre, hätte die Klägerin schlicht und einfach fragen können, ob die Beklagte die zuständige Behörde ist. Dazu ist sie auch ohne weiteres in der Lage. Dies ist jedoch mitnichten den Akten zu entnehmen. Zwar muss sie nicht die zuständige Behörde ermitteln, jedoch wusste sie, dass sie richti-ge und vollständige Angaben tätigen muss, um eine Prüfung durch die Beklagte zu er-möglichen. 38Ermessensfehler sind im Bescheid vom 12. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 21. Oktober 2011 nicht ersichtlich. Für eine fehlerfreie Ermessensent-scheidung muss der Verwaltungsträger das Ermessen überhaupt betätigt haben und es entsprechend dem Zweck der Ermächtigung und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens ausüben (§ 39 Abs. 1 S. 1 SGB I). Die Gerichte können diese Entscheidung nur auf Ermessensfehler (Ermessensnichtgebrauch, Ermessensfehlge-brauch, Ermessensüberschreitung) überprüfen. Der Rücknahmebescheid muss erken-nen lassen, dass Ermessen ausgeübt wurde und welche Aspekte in das Ermessen ein-gestellt wurden (Padé in: jurisPK-SGB X, 1. Auflage 2013, Stand: 11. September 2015, § 45 SGB X, Rn. 120). Im Bescheid vom 12. April 2011 stellte die Beklagte Ermessenser-wägungen an. Das private Interesse am Bestand der aufgeführten Bescheide müsse ge-genüber dem öffentlichen Interesse an der einer Rücknahme zurücktreten. Sozialleis-tungen, die aus allgemeinen Steuermitteln aufgewendet werden, dürften nur bei Vorlie-gen der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen gewährt werden. Es wür-den keine Gründe vorgetragen, aus denen etwa ersichtlich wäre, dass es der Klägerin nicht bewusst gewesen sei, über die tatsächliche Situation informieren zu müssen. 39Die Fristen – insbesondere die Jahresfrist – hielt die Beklagte ein. 40Zu Recht fordert die Beklagte von der Klägerin die Leistungen der Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. insgesamt 5.344,32 EUR zurück. Gemäß § 50 Abs. 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Die Rücknahme gemäß § 45 SGB X für den Leistungszeitraum von August 2009 bis Juli 2010 rechtfertigt die Erstattung der Beträge für die Kosten der Unterkunft und Heizung. 41Zuletzt hat die Beklagte auch zu Recht unter der aufschiebenden Bedingung nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X, dass der Bescheid bestandskräftig wird, die Aufrechnung i.H.v. 20 % der Regelsatzleistungen erklärt. Gemäß § 26 Abs. 2 SGB XII kann die Leistung bis auf das jeweils Unerlässliche mit Ansprüchen des Trägers der Sozialhilfe gegen eine leis-tungsberechtigte Person aufgerechnet werden, wenn es sich um Ansprüche auf Erstat-tung zu Unrecht erbrachter Leistungen der Sozialhilfe handelt, die die leistungsberech-tigte Person oder ihr Vertreter unter anderem durch vorsätzlich oder grob fahrlässig un-richtige oder unvollständige Angaben oder durch pflichtwidriges Unterlassen veranlasst hat. Die Aufrechnungsmöglichkeit wegen eines Anspruchs ist auf drei Jahre beschränkt. Wie oben dargelegt liegen diese Voraussetzungen vor. 42Eine Kürzung des Regelsatzes um 20 % ist im Fall der Klägerin auch angemessen. Das "zum Lebensunterhalt Unerlässliche" ist als gerichtlich voll überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff nach den Umständen des Einzelfalls festzustellen. Bei der Regelleistung kann eine Kürzung nur den Teil der Regelleistung betreffen, der für die persönlichen Dinge des Lebens vorgesehen ist. Eine prozentuale Festlegung lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Im Hinblick auf § 39a Abs. 1 S. 1 SGB XII (bis 31. Dezember 2010: § 39 Abs. 1 S. 1 SGB XII), der eine Einschränkung der Leistung um bis zu 25 % des maßge-benden Regelsatzes bei erstmaligem Verstoß gegen die Verpflichtung zur Arbeitsauf-nahme ausdrücklich regelt, dürfte auch im Rahmen des § 26 SGB XII das zum Lebens-unterhalt Unerlässliche 75 % der maßgeblichen Regelleistung betragen. Von der Recht-sprechung wurden diesbezüglich jedenfalls 80 % angenommen. Allerdings findet sich auch in § 43 S. 1 SGB II, der die Aufrechnung im Bereich des SGB II regelt, ein konkreter Wert: Diese Norm lässt eine Aufrechnung bis zu einem Betrag in Höhe von 30 % der Re-gelleistung zu. Eine unterschiedliche Behandlung von Leistungsberechtigten nach dem SGB II und XII ist jedoch nicht gerechtfertigt. Im Hinblick auf die Harmonisierung beider Grundsicherungssysteme ist aus diesem Grund auch eine Einschränkung auf 70 % der Regelleistung möglich (Holzhey in: jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, Stand: 1. Mai 2014, § 26 SGB XII, Rn. 23). Mit der Aufrechnung um 20 % liegt die Beklagte dabei sogar im unteren Rahmen des Möglichen. Bedenken dagegen sind nicht ersichtlich. Die Klägerin kann die Beträge für Freizeit und Unterhaltung sowie Beherbergungs- nebst Gaststät-tendienstleistungen entbehren. Die Beklagte übte insoweit auch Ermessen aus. Sie be-rücksichtigte, dass über einen Zeitraum von einem Jahr unrichtige Angaben getätigt worden sind und gleichzeitig das Alter der Klägerin. 43Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. | die klage wird abgewiesen. die beklagte trägt 1/3 der außergerichtlichen kosten der klägerin. 1 | 2die beteiligten streiten sich nur noch um die aufhebung und erstattung eines betrages von insgesamt 5.344,32 eur für kosten der unterkunft und heizung nebst einer aufrech-nung. 3die am xx.xx.xxxx geborene klägerin war selbstständig tätig als versicherungsmakle-rin, zuletzt bei der w g gmbh als geschäftsführerin. sie beantragte bei der beklagten am 3. august 2009 grundsicherung im alter und bei erwerbsminderung. dabei gab sie an "b i i1 xx" in b zu wohnen. im rahmen des antragsformulars wurde sie schriftlich darauf hingewiesen, dass vorübergehende abwesenheit und wohnungswechsel unverzüglich und unaufgefordert dem sozialamt mitzuteilen sind. sie überreichte einen entsprechen-den mietvertrag für die zeit ab 1. juli 2009. dabei erhielt sie nach diesem bereits am 30. juni 2009 die wohnungsschlüssel. der mietzins nebst betriebskostenvorauszahlung sowie stromkosten betrug insgesamt 407,75 eur. der vermieter verpflichtete sich bis zum 31. dezember 2009 die beseitigung des schimmelbefalls und neutapezierung der befal-lenen stellen vorzunehmen. des weiteren überreichte sie ihre kostennote vom 30. juni 2009 an die w g gmbh. 4der bescheid vom 11. august 2009 bewilligte leistungen, insbesondere auch kosten der unterkunft und heizung, nach dem vierten kapitel des sgb xii für den zeitraum von august 2009 bis juli 2010. auf wunsch der klägerin überwies die beklagte direkt an den vermieter. das schreiben vom 11. august 2009 forderte zur senkung der unterkunfts-kosten auf. wegen der mitteilung der bankverbindung durch die klägerin erging der be-scheid vom 28. august 2009 mit im übrigen unveränderter bewilligung. gegen die bewil-ligung legte die klägerin widerspruch ein, um sich mit der thematik auseinander zu set-zen und die paragraphen überprüfen zu können. nach erläuterung nahm sie diesen zurück. 5mit schreiben vom 17. dezember 2009 teilte die klägerin mit, dass sie ihre abtretung zu gunsten ihres vermieters herrn f für die strom- und heizungskosten widerrufe, da die-ser diese kosten nicht weitergeleitet habe. eine sperrung für strom und heizung sei an-gedroht worden. sie habe nunmehr selbst bereits ab 30. juli 2009 versorgungsverträge für gas und strom abgeschlossen. des weiteren überreichte sie ein schreiben von herrn f vom 30. oktober 2009 nach welchem sich die nebenkosten erhöht hätten. mit bescheid vom 28. dezember 2009 wird bei gleich bleibender leistung die krankenver-sorgung der klägerin sichergestellt. der bescheid vom 28. januar 2010 kürzte die zah-lung an herrn f und zeigte die überweisung der abschläge an den versorgungsanbieter an. der bescheid vom 28. februar 2010 senkte die kosten der unterkunft auf die für an-gemessen gehaltene miete von 216 eur. hiergegen legte die klägerin widerspruch ein. ende februar 2010 stellte sie den antrag auf ein darlehen zur wiedereingliederung in den arbeitsprozess, um ihr strafrechtliches revisionsverfahren zu führen. mit schreiben vom 12. mai 2010 erneuerte die klägerin den vortrag, dass herr f die beträge für hei-zung und strom nicht an den versorger zahle. insoweit widerrief sie ihre abtretung und wiederholte ihren wunsch eigenständig an den versorger zu zahlen. sie könne und wolle nicht gegen herrn f klagen. dementsprechend sah der bescheid vom 28. mai 2010 einen erhöhten betrag für den versorgungsanbieter vor. ein bescheid vom 28. juni 2010 dürfte nicht ergangen sein. 6mit antrag auf weiterbewilligung (eingang bei der beklagten am 20. juli 2010) überreich-te die klägerin die von ihr bearbeitete nebenkostenabrechnung für die wohnung in b sowie die jahresrechnung des versorgungsunternehmens für strom und gas vom 11. juni 2010. mit bescheid vom 21. juli 2010 bewilligte die beklagte einen nachzahlungs-betrag für heizkosten unter berücksichtigung einer überzahlung bei den betriebskosten i.h.v. 860,32 eur. 7auf grund eines anrufs eines mitarbeiters der abteilung verhinderung von obdachlo-sigkeit der stadt i2 vom 26. juli 2010 erfuhr die beklagte, dass die klägerin in i2 wohnte. weitere leistungen wurden zunächst nicht bewilligt. anlässlich ihrer vorsprache am 30. juli 2010 teilte die klägerin mit, ihren lebensmittelpunkt bislang in i2 gehabt zu haben. dort sei sie jedoch nicht gemeldet. sie sei immer noch für die w g gmbh tätig, jedoch seien sämtliche einkünfte für die laufenden geschäftskosten benötigt worden. des wei-teren teilte sie mit, dass es sich bei der rechnung des versorgungsunternehmens um die für die wohnung in i2 handele. die angabe der verbrauchsstelle habe sie abgedeckt bevor sie sie kopiert habe. sie habe gedacht, dass es nur darauf ankomme einmal heiz-kosten vom sozialamt zu erhalten und dass es nicht wichtig sei, ob dieser verbrauch in b oder in i2 sei. wegen der zwangsräumung der wohnung in i2 werde sie am 4. august 2010 ihren lebensmittelpunkt nach b verlegen. im folgenden bezieht sie seitdem unun-terbrochen leistungen von der beklagten. mit schreiben vom 18. februar 2011 wurde die klägerin zur beabsichtigten aufhebung und erstattung der leistungen von august 2009 bis juli 2010 angehört. sie habe sich in ihrer wohnung in b nicht aufgehalten und wegen der fehlenden örtlichen zuständigkeit die leistungen zu unrecht bezogen. mit bescheid vom 12. april 2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 21. oktober 2011 hob die beklagte die bescheide vom 11. august 2009, 28. august 2009, 28. dezember 2009, 28. januar 2010, 28. februar 2010, 28. mai 2010 und 28. juni 2010 sowie den bescheid vom 21. juli 2010 nach § 45 sgb x mit wirkung für die vergangenheit ab august 2009 bis ende juli 2010 auf und forderte gemäß § 50 sgb x zu erstattung der leistungen i.h.v. insgesamt 9.652,32 eur auf. zumin-dest grob fahrlässig habe die klägerin verschwiegen, dass sie ihren gewöhnlichen auf-enthalt nicht in b hatte. die stromrechnung sei insoweit manipuliert worden. in aus-übung des ermessens müsse das private interesse am bestand der bescheide gegen-über dem öffentlichen interesse an einer rücknahme zurücktreten. des weiteren wird unter der aufschiebenden bedingung, dass der bescheid bestandskräftig wird, die auf-rechnung erklärt mit den laufenden leistungen i.h.v. 20 % des regelsatzes. 8hiergegen hat die klägerin am 16. november 2011 klage erhoben. zur begründung weist sie darauf hin, dass die aufgehobenen leistungsbescheide nicht rechtswidrig ge-wesen seien, sondern lediglich vom örtlich unzuständigen leistungsträger erlassen. in der sache habe sie anspruch auf grundsicherung im alter gehabt. anträge könnten bei jeder gemeinde gestellt werden. es sei nicht ihre sache den zuständigen kostenträger zu bestimmen. dies ergebe sich aus dem umkehrschluss aus § 42 sgb x. wenn schon ein bürger nicht die aufhebung eines verwaltungsakts allein deshalb beanspruchen könne, weil die örtliche zuständigkeit nicht eingehalten worden sei, könne eine behörde erst recht nicht allein deswegen einen verwaltungsakt aufheben. des weiteren habe sie nicht in wesentlicher beziehung unrichtige oder unvollständige angaben gemacht. sie kenne das sgb xii nicht. ihr leben lang habe sie selbstständig gearbeitet und die alters-vorsorge durch immobilien und einen rentenversicherungsvertrag abgesichert. durch die rezession ende der achtzigerjahre habe sie alles verloren. in den jahren 2008 und 2009 habe die w g gmbh einen 50 % rückgang der einnahmen zu verzeichnen ge-habt. mittellos habe sie somit sozialhilfe beantragt. sicher sei sie sich nicht gewesen, bei wem ein antrag gestellt werden müsse. sie ging jedenfalls davon aus, dass es genüge nur einen antrag zu stellen und habe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig nicht in b gewohnt. nach dem gewöhnlichen aufenthaltsort werde nicht gefragt sondern lediglich nach der adresse. sie habe die wohnung tatsächlich angemietet und sei dort auch ge-meldet gewesen. der gewöhnliche aufenthalt sei ein unbestimmter rechtsbegriff und keinesfalls einheitlich zu verstehen. es sei auch geplant gewesen die wohnung in b zu beziehen. wegen des schimmelbefalls sei die wohnung vorher nicht bewohnbar gewe-sen. der verpflichtung zur beseitigung sei der vermieter verspätet nachgekommen, so dass erst im august 2010 der umzug bewerkstelligt werden konnte. dies habe nach lek-türe des mietvertrags klar sein müssen. es habe somit für die beklagte veranlassung ge-geben die örtliche zuständigkeit zu prüfen. die beklagte hätte einen erstattungsan-spruch gegenüber der stadt i2 geltend machen müssen. miete und nebenkosten seien von anfang an unmittelbar an den vermieter gezahlt worden. bis zur fertigstellung der wohnung habe dieser jedoch keinen anspruch auf den mietzins. sie sei von der beklag-ten nicht ordnungsgemäß beraten worden. einen wirtschaftlichen vorteil habe sie nicht erlangt, da sonst leistungen von der stadt i2 geflossen wären. die heizkostennachzah-lung sei sie bereit zurückzuzahlen. einen darüber hinausgehenden schaden sehe sie nicht. vom ermessen sei nicht ordnungsgemäß gebrauch gemacht. sie sei 73 jahre alt, schwer erkrankt sowie hilfebedürftig. unter berücksichtigung ihres alters sei die auf-rechnung von drei jahre zu lang. 9die klägerin beantragt, 10die beklagte zu verurteilen, den bescheid vom 12. april 2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 21. oktober 2011 aufzuheben. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen, soweit sie über das teilanerkenntnis hinausgeht. 13sie weist zur begründung darauf hin, dass die klägerin in b seit september 2009 gemel-det sei. ein erstattungsanspruch gegen einen anderen träger bestehe nicht. die unbe-wohnbarkeit der wohnung sei nicht angezeigt worden. eine frist von sechs monaten zur beseitigung von mängeln, die eine wohnung unbewohnbar machen, sei nicht glaub-würdig und wäre völlig lebensfremd. schon aus der formulierung "tapezierung der be-fallenen stellen" gehe eindeutig hervor, dass die räume nicht in gänze mit schimmel befallen waren, sondern nur bestimmte stellen. 14die stadt i2 hat sich auf gerichtliche anforderung zur sache geäußert. für die einzelhei-ten wird auf den schriftsatz vom 7. januar 2013 verwiesen. des weiteren hat am 11. september 2013 ein erörterungstermin stattgefunden. im rahmen der mündlichen ver-handlung hat die beklagte ein teilanerkenntnis abgegeben und die bescheide bezüg-lich des regelsatzes aufgehoben. wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts wird auf die gerichtsakte sowie den inhalt der verwaltungsakten der beklagten verwie-sen. diese waren gegenstand der mündlichen verhandlung. 15 | 16die zulässige klage ist unbegründet. 17der bescheid vom 12. april 2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 21. oktober 2011 erweist sich als rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten soweit die beklagte bezüglich der kosten der unterkunft und heizung ihre bewilligung aufgehoben und erstattung i.h.v. insgesamt 5.344,32 eur geltend gemacht hat (§ 54 abs. 2 sgg). des weiteren wurde zu recht die aufrechnung erklärt. 18zu recht hob die beklagte gemäß § 45 sgb x die rechtswidrigen begünstigenden ver-waltungsakte vom 11. august 2009, 28. august 2009, 28. dezember 2009, 28. januar 2010, 28. februar 2010 und 28. mai 2010 sowie den bescheid vom 21. juli 2010 auf. 19zunächst hat die kammer keinerlei zweifel an der formellen rechtmäßigkeit des ange-fochtenen verwaltungsakts vom 12. april 2011. insbesondere ist er hinreichend be-stimmt. ein verwaltungsakt muss gemäß § 33 abs. 1 sgb x hinreichend bestimmt sein. dies ist dann der fall, wenn aus dem verfügungssatz des verwaltungsakts für die betei-ligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, was die behörde will, wobei der verwaltungsakt auszulegen ist. unschädlich ist, wenn zur auslegung des verfügungs-satzes auf die begründung des verwaltungsaktes, auf früher zwischen den beteiligten ergangene verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche unterlagen zurückgegriffen werden muss (vergleiche mit weiteren nachweisen: bundessozialgericht, urteil vom 17. dezember 2009, az.: b 4 as 30/09 r). mit den beteiligten geht die kammer davon aus, dass für die klägerin vollständig und klar sowie unzweideutig zu erkennen ist, was die beklagte will. insbesondere sind sämtliche bescheide, die aufgehoben werden, mit da-tum aufgeführt. insoweit ist nicht entscheidend, dass wohl kein bescheid vom 28. juni 2010 datiert. die klägerin wurde auch angehört. 20die materielle rechtmäßigkeit liegt ebenfalls vor. soweit ein verwaltungsakt, der ein recht oder einen rechtlich erheblichen vorteil begründet oder bestätigt hat (begünsti-gender verwaltungsakt) rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar gewor-den ist, nur unter den einschränkungen des § 45 abs. 2 bis 4 sgb x ganz oder teilweise mit wirkung für die zukunft oder für die vergangenheit zurückgenommen werden. nach § 45 abs. 2 s. 1 sgb x darf der verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der begünstigte auf den bestand des verwaltungsaktes vertraut hat und sein vertrauen unter abwägung mit dem öffentlichen interessen an einer rücknahme schutzwürdig ist. auf vertrauen kann sich der begünstigte nicht berufen, soweit erstens er einen verwal-tungsakt durch arglistige täuschung, drohung oder bestechung erwirkt hat; zweitens der verwaltungsakt auf angaben beruht, die der begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder drittens er die rechtswidrigkeit des verwaltungsaktes kannte oder infolge grober fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 abs. 2 s. 3 sgb x). grobe fahrlässigkeit liegt vor, wenn der begünstigte die erforderliche sorgfalt in besonders schwerem maße verletzt hat. 21durch die bewilligung von leistungen mit bescheiden vom 11. august 2009, 28. august 2009, 28. dezember 2009, 28. januar 2010, 28. februar 2010 und 28. mai 2010 sowie dem bescheid vom 21. juli 2010 nach dem vierten kapitel des sgb xii handelt es sich um begünstigende verwaltungsakte. 22diese verwaltungsakte sind auch anfänglich rechtswidrig. ein verwaltungsakt ist rechtswidrig, wenn er mit dem anzuwendenden recht formell oder materiell nicht im ein-klang steht und er nicht nach § 40 sgb x nichtig ist. die rechtswidrigkeit kann sich dar-aus ergeben, dass ein sachverhalt zugrunde gelegt wurde, der sich nachträglich als un-zutreffend erweist, oder daraus, dass das recht unrichtig angewandt, also ein zutreffen-der sachverhalt unrichtig unter die einschlägigen vorschriften subsumiert wurde (padé in: jurispk-sgb x, 1. auflage 2013, stand: 11. september 2015, § 45 sgb x, rn. 42). 23die bescheide sind rechtswidrig, da die beklagte gemäß § 98 abs. 1 s. 2 sgb xii für die leistungsbewilligung nicht zuständig war. für leistungen der grundsicherung im alter und bei erwerbsminderung ist der träger der sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen be-reich der gewöhnliche aufenthaltsort des leistungsberechtigten liegt (§ 98 abs. 1 s. 3 sgb xii). der gewöhnliche aufenthaltsort nach § 30 abs. 3 s. 2 sgb i wird dort begrün-det, wo sich jemand unter umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem ort oder in diesem gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. in diesem sinne hat sich die klägerin nicht auf dem von ihr angegebenen gebiet der beklagten gewöhnlich aufgehal-ten. wie dem mietvertrag zu nehmen ist, hat sie zwar eine wohnung angemietet, diese jedoch erst nach ende des hier streitigen zeitraums anfang august 2010 bezogen. ent-sprechend ihren eigenen angaben hat sich die klägerin zuvor im bereich der stadt i2 aufgehalten. 24entgegen der auffassung der klägerin ist auch eine rückwirkende aufhebung der ver-waltungsakte nach § 42 sgb x möglich. danach kann die aufhebung eines verwal-tungsaktes, der nicht nach § 40 sgb x nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht wer-den, weil er unter verletzung von vorschriften über das verfahren, die form oder die ört-liche zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die verletzung die entscheidung in der sache nicht beeinflusst hat. insoweit ist umstritten, ob dies auch gegen die behörde eingreift. in der literatur wird überwiegend die auffassung vertreten, dass unter berücksichtigung des interesses des betroffenen an verfahrensökonomischer vorgehensweise und des grundsatzes der waffengleichheit diese bestimmung auch gegen die behörde wirke (so waschull in: lpk-sgb x, 3. auflage 2011, § 42, rn. 15; schoch in: lpk-sgb xii, 9. auflage 2012, § 98, rn. 65 und rüfner in: wannagat, sgb, § 42 sgb x, rn. 11ff.). die gegenteilige auffassung geht davon aus, dass im rahmen der ermessensbetätigung jedoch zu berücksichtigen sei, ob ein entsprechender verwal-tungsakt gleichlautend noch mal erneut ergehen müsste (so littmann in: hauck/nofts, sgb x-kommentar, § 42, rn. 24). 25zur überzeugung der kammer kann der streit dahin stehen, da zwar die örtliche zustän-digkeit betroffen ist. es ist jedoch nicht offensichtlich, dass die verletzung die entschei-dung in der sache bezüglich der kosten der unterkunft und heizung nicht beeinflusst hat. es muss nachweislich sein, dass der verfahrens- oder formfehler keinen einfluss auf die sachentscheidung gehabt hat (leopold in: jurispk-sgb x, 1. auflage 2013, stand: 27. märz 2015, § 42 sgb x, rn. 45). es ist also festzustellen, ob der sozialleis-tungsträger ohne den verfahrens- oder formfehler in der sache offensichtlich genauso entschieden hätte wie mit ihm (leopold in: jurispk-sgb x, 1. auflage 2013, stand: 27. märz 2015, § 42 sgb x, rn. 50). die notwendigen feststellungen des gerichts haben nicht nur die tatsachen zu berücksichtigen, welche der behörde bei erlass des verwal-tungsaktes bekannt waren, sondern es sind auch solche tatsachen mit einzubeziehen, die während des widerspruchs- oder gerichtsverfahrens zutage getreten sind. lediglich solche tatsachen, durch deren berücksichtigung der in rede stehende verwaltungsakt auf eine völlig neue grundlage gestellt würde, sind nicht berücksichtigungsfähig (leo-pold in: jurispk-sgb x, 1. auflage 2013, stand: 27. märz 2015, § 42 sgb x, rn. 51). 26dies ist hier nicht der fall. die fehlende örtliche zuständigkeit beeinflusste sehr wohl die entscheidung in der sache. kosten der unterkunft und heizung wären der klägerin gar nicht bewilligt worden. die wohnung auf dem gebiet der beklagten nutzte sie tatsächlich nicht. kosten sind insoweit nicht angefallen. nicht entscheidend ist, dass die klägerin beabsichtigte diese wohnung zu nutzen. nach ihren eigenen angaben sei diese unbe-wohnbar gewesen und dem vermieter hätte kein mietzins nebst nebenkosten zugestan-den. aber auch für die unterkunft in i2 sind bei der klägerin keine kosten angefallen. diese wohnung mietete die klägerin nach eigenen angaben im namen der w g gmbh an. dementsprechend schuldete diese den mietzins nebst nebenkosten und war für die heizung verantwortlich. entsprechendes ergibt es sich auch aus den konten der w. hinweise für das bestehen eines untermietverhältnisses zwischen der gmbh und der klägerin hat das gericht nicht und diese werden insbesondere von der klägerin auch nicht vorgetragen. 27für die klägerin ist es jedoch nach § 45 abs. 2 s. 3 sgb x ausgeschlossen, sich auf ein vertrauen nach § 45 abs. 2 s. 2 sgb x zu berufen. das gesetz formuliert insofern, dass der betroffene sich nicht auf vertrauensschutz berufen kann. es geht entweder von vornherein nicht vom bestehen eines vertrauens in den bestand des verwaltungsakts aus, oder schließt jedenfalls eine schutzwürdigkeit eventuell bestehenden vertrauens aus. bei vorliegen der voraussetzungen des § 45 abs. 2 s. 3 sgb x braucht eine prü-fung von s. 2 nicht mehr zu erfolgen. hier kann allenfalls im rahmen des gegebenen-falls auszuübenden ermessens eventuellen besonderheiten rechnung getragen wer-den (padé in: jurispk-sgb x, 1. auflage 2013, stand: 11. september 2015, § 45 sgb x, rn. 75). 28soweit die klägerin durch den bescheid vom 21. juli 2010 vom beklagten einen nach-zahlungsbetrag für heizkosten i.h.v. 860,32 eur erhalten hat, hat sie dies mittels einer arg-listigen täuschung erreicht. die unredliche handlung muss für die fehlerhaftigkeit, nicht für den erlass des aufzuhebenden verwaltungsakts ursächlich sein, d.h. die be-hörde müsste ohne die handlung eine andere entscheidung getroffen haben. eine täu-schung liegt vor, wenn der betroffene beim zuständigen sachbearbeiter des sozialleis-tungsträgers einen irrtum hinsichtlich des zutreffenden sachverhalts hervorgerufen oder unterhalten hat. dazu muss er entweder unrichtige tatsachen vorgespiegelt oder die zu-treffenden tatsachen entstellt haben. arglist verlangt einen täuschungswillen. der be-günstigte muss die unrichtigkeit der tatsachen kennen, die zum irrtum führen. bedingter vorsatz genügt (padé in: jurispk-sgb x, 1. auflage 2013, stand: 11. september 2015, § 45 sgb x, rn. 77). die von der klägerin eingereichte rechnung vom 11. juni 2010, die zur erstattung des betrages führte, war von ihr vorsätzlich manipuliert. die verbrauchs-stelle, die in i2 lag, wurde von ihr beim kopieren der rechnung abgedeckt. sie wollte vorspielen, dass der bezug des gas in b stattgefunden hatte. die klägerin wusste, dass ihr insoweit keine heizkosten zu standen, sonst hätte sie die rechnung nicht manipu-liert. sie wollte jedoch den erstattungsbetrag damit die versorgung mit gas nicht einge-stellt wird. ansonsten hätte die beklagte keine nachzahlung veranlasst. 29im übrigen hat die klägerin durch unrichtige und unvollständige angaben dafür gesorgt, dass sie kosten der unterkunft und heizung ab august 2009 erhalten hat. die unrichtige angabe kann zunächst aktiv erfolgen, d.h. der begünstigte kann umstände mitteilen, die dem tatsächlichen sachverhalt nicht entsprechen. weiterhin ist der tatbestand auch dann erfüllt, wenn der betroffene umstände verschwiegen hat. angaben sind dann falsch gemacht, wenn dem betroffenen ohne weitere überlegungen klar sein musste, dass er den betreffenden umstand mitteilen musste. sofern eine leistung auf antrag gewährt wird, ist auf den antrag abzustellen. eine unvollständige angabe ist insofern eine unterform des pflichtwidrigen verschweigens. der begünstigte erweckt hier den eindruck, alle relevanten tatsachen mitgeteilt zu haben, obwohl er erkennt oder erken-nen musste, dass weitere tatsachen für die entscheidung relevant sind (padé in: ju-rispk-sgb x, 1. auflage 2013, stand: 11. september 2015, § 45 sgb x, rn. 81). die notwendigkeit der ursächlichkeit der unrichtigen oder unvollständigen angaben für die rechtswidrigkeit des begünstigenden verwaltungsakts ergibt sich aus dem tatbe-standsmerkmal "wesentlich". nur solche angaben sind wesentlich, die auch für die zu erlassende entscheidung eine rolle spielen. eine aufhebung nach § 45 abs. 2 s. 3 nr. 2 sgb x kommt deshalb nicht in betracht, wenn die behörde auch ohne die unrichtigen angaben dieselbe entscheidung getroffen hätte. an der ursächlichkeit fehlt es weiterhin, wenn die angaben des betroffenen offensichtlich widersprüchlich oder unvollständig waren, so dass die behörde nach § 16 abs. 3 sgb i die ergänzung der angaben hätte veranlassen müssen (padé in: jurispk-sgb x, 1. auflage 2013, stand: 11. september 2015, § 45 sgb x, rn. 82). 30es bedarf zusätzlich der erfüllung eines subjektiven tatbestands. der begriff des vorsat-zes enthält ähnlich wie im strafrecht ein element des wissens und des wollens. es reicht insofern entweder die kenntnis von der unrichtigkeit oder unvollständigkeit der angegebenen tatsachen oder das billigende inkaufnehmen einer erkannten möglichen unrichtigkeit oder unvollständigkeit der gemachten angaben oder das wissen um die fehlende übereinstimmung des begünstigenden bescheids mit dem geltenden recht aus (padé in: jurispk-sgb x, 1. auflage 2013, stand: 11. september 2015, § 45 sgb x, rn. 86). dabei ist ein subjektiver sorgfaltsmaßstab anzulegen. das bundessozialgericht umschreibt diese voraussetzung wie folgt: es müssen einfachste, ganz nahe liegende überlegungen nicht angestellt werden. das ist der fall, wenn nicht beachtet wird, was im gegebenen fall jedem einleuchten musste. dabei ist auf die persönliche urteils- und kri-tikfähigkeit, das einsichtsvermögen und verhalten der betroffenen sowie die besonde-ren umstände des falles abzustellen. vor den gerichten ist vorsatz und grobe fahrläs-sigkeit als teil des zu erfüllenden tatbestands voll überprüfbar, das tatsachengericht muss sich gegebenenfalls selbst einen persönlichen eindruck vom betroffenen und dessen erkenntnismöglichkeiten verschaffen, indem es ihn in einem termin persönlich anhört (padé in: jurispk-sgb x, 1. auflage 2013, stand: 11. september 2015, § 45 sgb x, rn. 88). grob fahrlässige unkenntnis von der rechtswidrigkeit des aufgehobenen bescheids ist dem begünstigten vorzuwerfen, wenn er wissen musste, dass die bewilli-gung vom geltenden recht nicht gedeckt ist. nimmt die behörde einen fehlerhaften sachverhalt an, ist die kenntnis oder grob fahrlässige unkenntnis davon dann relevant, wenn der begünstigte daraus erkennen musste, dass die behörde aufgrund des fal-schen sachverhalts auch eine rechtswidrige schlussfolgerung gezogen hat, ihm mithin die begünstigung nicht zusteht. insofern genügt eine parallelwertung in der laiensphä-re. die rechtswidrigkeit muss aus sicht des betroffenen mit seinen erkenntnismöglich-keiten offensichtlich sein (padé in: jurispk-sgb x, 1. auflage 2013, stand: 11. septem-ber 2015, § 45 sgb x, rn. 91). 31zur vollständigen überzeugung der kammer handelte die klägerin mindestens grob fahr-lässig und teilweise vorsätzlich. zwar mag sie keine genaue rechtliche vorstellung vom begriff des "gewöhnlichen aufenthalts" gehabt haben, dies ist jedoch nicht erforderlich. es war ohne weitere überlegungen klar, dass sie mitteilen muss noch nicht in b zu woh-nen und die adresse in i2 anzugeben. anlässlich der antragstellung am 3. august 2009 gab die klägerin jedoch die adresse "b i i1 xx" in b an, zu diesem zeitpunkt wohnte sie dort aber definitiv nicht. im antragsformular steht jedoch, dass bei vorübergehender ab-wesenheit und einem wohnungswechsel unverzüglich und unaufgefordert dem sozial-amt mitteilung zu machen ist. insoweit war die klägerin verpflichtet eindeutig mitzuteilen, dass sie sich in b noch nicht aufhält, sondern erst beabsichtigt dort hinzuziehen. es ist nicht zu beanstanden, dass die beklagte nach der adresse in ihren formularen fragt. unter einer adresse ist im allgemeinen sprachgebrauch der ort zu verstehen, wo man sich tatsächlich aufhält. es ist allgemein bekannt, dass man sich auch nur dort anmeldet, wo tatsächlich gewohnt wird. das gericht hat keinerlei anhaltspunkte, dass die klägerin, die jahrzehntelang erfolgreich selbstständig in der versicherungsbranche tätig war, sub-jektiv nicht in der lage gewesen sein sollte, dies ebenfalls so aufzufassen. die klägerin wollte durchaus ihren leistungsbezug inhaltlich nachvollziehen. sie legte widerspruch ein gegen den ersten bewilligungsbescheid, um die einschlägigen paragraphen zu überprüfen. sie engagierte sich für ihr strafverfahren auch gegenüber der beklagten, da sie davon ausging weiterhin arbeiten zu können und sich den lebensunterhalt selbst zu verdienen. eine irgendwie geartete geistige einschränkung war auch nicht im rahmen der mündlichen verhandlung erkennbar. vielmehr beschreibt die klägerin detailliert ih-ren wirtschaftlichen erfolg und insbesondere ihre probleme im rahmen der bewältigung ihrer finanziellen schwierigkeiten weit vor der antragstellung. 32entgegen der auffassung der klägerin ist dem mietvertrag auch keinesfalls zu entneh-men, dass die wohnung unbewohnbar war und sie somit dort noch nicht tatsächlich wohnt. der mietvertrag weist nur darauf hin, dass eine beseitigung des schimmels bis zum 31. dezember 2009 vorzunehmen ist. er begann aber bereits am 1. juli 2009 und die klägerin erhielt die schlüssel bereits am 30. juni 2009. schriftlich mitgeteilt hat die klägerin eine angebliche unbewohnbarkeit der wohnung erst mit schreiben vom 5. no-vember 2011. dabei war ihr durch den bescheid vom 11. august 2009 und der kosten-senkungsaufforderung vom gleichen tag bekannt, dass kosten der unterkunft getragen und an den vermieter gezahlt werden. zur unterstützung des eindrucks, dass sie bereits auf dem gebiet der beklagten wohnte, gibt die angebliche kostennote vom 30. juni 2009 an die w ggmbh auch die adresse in b an. 33das verhalten der klägerin gab der beklagten keinerlei hinweis an der zuständigkeit zu zweifeln oder der notwendigkeit einer weiterleitung an eine andere kommune oder einer weiteren beratung der klägerin. sie vereitelte jeden hinweis darauf, dass sie in i2 woh-nen könnte. durch ihr weiteres verhalten hat die klägerin durch weitere unrichtige an-gaben dafür gesorgt, dass die beklagte weiterhin die kosten der unterkunft und heizung getragen hat. 34sie sorgte wegen ihrer mitteilung mit schriftsatz vom 17. dezember 2009, dass sie strom und heizung selbst an den anbieter überweise und auch eigene verträge abgeschlos-sen habe, durch unrichtige angaben für den anschein, dass sie in b wohne. in diesem zuge wies sie auch darauf hin, dass eine sperrung angedroht sei. dies war jedoch für die wohnung in i2. es sind schlichtweg unrichtige tatsachen soweit sie angegeben hat, dass herr f die beträge für strom und heizung nicht weitergereicht habe. dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die wohnung in b nicht mit gas sondern vielmehr mit heizöl beheizt wird. die alten zählerstände auf dem versorgungsvertrag entsprechen auch denen der manipulierten rechnung. es ergeben sich keine hinweise darauf, dass der vermieter für das auch von ihm bewohnte haus keine stromkosten gezahlt hat. die angaben der klägerin waren auch kein versehen, sondern vorsätzlich. es verhält sich so, dass die w ggmbh ihrer verpflichtung nicht nachgekommen ist. dieses teilte die klägerin jedoch nicht mit. sie schreibt somit genau das, was die beklagte zur kenntnis nehmen muss, um die kosten direkt an den versorger zu zahlen. dementsprechend enthält der bescheid vom 28. januar 2010 als zahlungsempfänger den versorgungsan-bieter. im schreiben vom 12. mai 2010 wiederholt sie sogar die falschen angaben, dass herr f die beträge nicht weiterleite. laut ihrem schreiben erwartet sie die ausführung ihrer anweisung, da sie es sich nicht leisten könne und wolle gegen herrn f zu klagen. dem folgend änderte die beklagte mit bescheid vom 28. mai 2010 erneut den betrag für den versorgungsanbieter. 35es finden sich für das gericht keine tatsächlichen anhaltspunkte dafür, dass die kläge-rin beabsichtigte zeitnah zur antragstellung auf grundsicherung die wohnung in b zu beziehen. dabei enthält das von der klägerin verfasste und von herrn f unterschriebene schreiben vom 30. oktober 2009 hinsichtlich der erhöhung der nebenkosten ebenfalls keinerlei hinweise darauf, dass die wohnung unbewohnbar sein soll und von ihr auch nicht tatsächlich bewohnt wird. unter berücksichtigung der tatsache, dass die klägerin wiederholt herrn f unterstellt, heiz-und stromkosten nicht an den anbieter gezahlt zu haben, erscheint der vortrag der unbewohnbarkeit der wohnung nicht glaubhaft. es wä-re auch ein ungewöhnlicher zufall, dass die wohnung gerade zum zeitpunkt der zwangsräumung in i2 bezugsfertig wird. soweit die angebliche unbewohnbarkeit doch zutreffend gewesen wäre, hätte die sich sonst engagiert für ihre rechte einsetzende klägerin auch mit ihrem vermieter auseinandergesetzt. 36mit schreiben vom 12. mai 2010 teilte sie mit, dass die miete i.h.v. 245 eur an den vermieter zu zahlen sei. erneut fehlt die richtige angabe, dass sie in der wohnung gar nicht wohnt. die von ihr verfasste nebenkostenabrechnung vom 30. juni 2010 für die woh-nung in b rechnet, obwohl sie dort nicht wohnte und somit keine kosten angefallen sind, pauschal für drei personen nach kopf ab. warum die klägerin sodann auf ein mal im schreiben vom 5. november 2011 davon überzeugt ist, dass ihr vermieter bis zur fertig-stellung der wohnung keinen anspruch auf den mietzins hatte, ist für die kammer nicht nachvollziehbar und nicht in einklang zu bringen mit ihrem vorherigen verhalten alles zu unternehmen die beklagte weiterhin leisten zu lassen. 37insgesamt erscheint es für die kammer nicht als glaubwürdig, soweit die klägerin angibt, dass sie davon ausgegangen sei, dass es nur entscheidend sei einmal leistungen zu beziehen egal von welcher behörde. das gesamte weitere verhalten nach der ersten leistungsbewilligung zeigt eindeutig, dass sich die klägerin durchaus bewusst war, dass sie von der beklagten nur leistungen erhält, wenn sie dort auch tatsächlich wohnt. an-sonsten hätte sie wohl kaum die entsprechenden angaben getätigt, um die beklagte zu bewegen heizkosten aufgrund des von ihr abgeschlossenen versorgungsvertrages zu bewilligen. sie gibt an herr f sei seinen verpflichtungen nicht nachgekommen, obwohl dies in wirklichkeit die w g gmbh war. wäre die klägerin wirklich davon überzeugt ge-wesen, auch einen leistungsanspruch gegen die beklagte zu haben, wäre es nicht not-wendig gewesen in den schreiben vom 17. dezember 2009 und 12. mai 2010 vorzuspie-len, dass ihr langjähriger bekannter und angeblicher vermieter herr f seinen verpflich-tungen nicht nachkommt. dabei ist ihr die rechtliche trennung zwischen der w g gmbh und ihr persönlich durchaus bewusst und auch sehr wichtig. so hat sie im rahmen der überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen verhältnisse nur äußerst begrenzt unterlagen der w g gmbh überreicht. das ihr zur verfügung stehende fahrzeug der gmbh hat sie nicht angegeben. dementsprechend erscheint es auch nicht als glaub-würdig, soweit die klägerin angibt nicht sicher gewesen zu sein, bei wem der antrag ge-stellt werden müsse. soweit dies wirklich der fall gewesen wäre, hätte die klägerin schlicht und einfach fragen können, ob die beklagte die zuständige behörde ist. dazu ist sie auch ohne weiteres in der lage. dies ist jedoch mitnichten den akten zu entnehmen. zwar muss sie nicht die zuständige behörde ermitteln, jedoch wusste sie, dass sie richti-ge und vollständige angaben tätigen muss, um eine prüfung durch die beklagte zu er-möglichen. 38ermessensfehler sind im bescheid vom 12. april 2011 in der gestalt des widerspruchs-bescheides vom 21. oktober 2011 nicht ersichtlich. für eine fehlerfreie ermessensent-scheidung muss der verwaltungsträger das ermessen überhaupt betätigt haben und es entsprechend dem zweck der ermächtigung und unter einhaltung der gesetzlichen grenzen des ermessens ausüben (§ 39 abs. 1 s. 1 sgb i). die gerichte können diese entscheidung nur auf ermessensfehler (ermessensnichtgebrauch, ermessensfehlge-brauch, ermessensüberschreitung) überprüfen. der rücknahmebescheid muss erken-nen lassen, dass ermessen ausgeübt wurde und welche aspekte in das ermessen ein-gestellt wurden (padé in: jurispk-sgb x, 1. auflage 2013, stand: 11. september 2015, § 45 sgb x, rn. 120). im bescheid vom 12. april 2011 stellte die beklagte ermessenser-wägungen an. das private interesse am bestand der aufgeführten bescheide müsse ge-genüber dem öffentlichen interesse an der einer rücknahme zurücktreten. sozialleis-tungen, die aus allgemeinen steuermitteln aufgewendet werden, dürften nur bei vorlie-gen der persönlichen und wirtschaftlichen voraussetzungen gewährt werden. es wür-den keine gründe vorgetragen, aus denen etwa ersichtlich wäre, dass es der klägerin nicht bewusst gewesen sei, über die tatsächliche situation informieren zu müssen. 39die fristen – insbesondere die jahresfrist – hielt die beklagte ein. 40zu recht fordert die beklagte von der klägerin die leistungen der kosten der unterkunft und heizung i.h.v. insgesamt 5.344,32 eur zurück. gemäß § 50 abs. 1 sgb x sind bereits erbrachte leistungen zu erstatten, soweit ein verwaltungsakt aufgehoben worden ist. die rücknahme gemäß § 45 sgb x für den leistungszeitraum von august 2009 bis juli 2010 rechtfertigt die erstattung der beträge für die kosten der unterkunft und heizung. 41zuletzt hat die beklagte auch zu recht unter der aufschiebenden bedingung nach § 32 abs. 2 nr. 2 sgb x, dass der bescheid bestandskräftig wird, die aufrechnung i.h.v. 20 % der regelsatzleistungen erklärt. gemäß § 26 abs. 2 sgb xii kann die leistung bis auf das jeweils unerlässliche mit ansprüchen des trägers der sozialhilfe gegen eine leis-tungsberechtigte person aufgerechnet werden, wenn es sich um ansprüche auf erstat-tung zu unrecht erbrachter leistungen der sozialhilfe handelt, die die leistungsberech-tigte person oder ihr vertreter unter anderem durch vorsätzlich oder grob fahrlässig un-richtige oder unvollständige angaben oder durch pflichtwidriges unterlassen veranlasst hat. die aufrechnungsmöglichkeit wegen eines anspruchs ist auf drei jahre beschränkt. wie oben dargelegt liegen diese voraussetzungen vor. 42eine kürzung des regelsatzes um 20 % ist im fall der klägerin auch angemessen. das "zum lebensunterhalt unerlässliche" ist als gerichtlich voll überprüfbarer unbestimmter rechtsbegriff nach den umständen des einzelfalls festzustellen. bei der regelleistung kann eine kürzung nur den teil der regelleistung betreffen, der für die persönlichen dinge des lebens vorgesehen ist. eine prozentuale festlegung lässt sich dem gesetz nicht entnehmen. im hinblick auf § 39a abs. 1 s. 1 sgb xii (bis 31. dezember 2010: § 39 abs. 1 s. 1 sgb xii), der eine einschränkung der leistung um bis zu 25 % des maßge-benden regelsatzes bei erstmaligem verstoß gegen die verpflichtung zur arbeitsauf-nahme ausdrücklich regelt, dürfte auch im rahmen des § 26 sgb xii das zum lebens-unterhalt unerlässliche 75 % der maßgeblichen regelleistung betragen. von der recht-sprechung wurden diesbezüglich jedenfalls 80 % angenommen. allerdings findet sich auch in § 43 s. 1 sgb ii, der die aufrechnung im bereich des sgb ii regelt, ein konkreter wert: diese norm lässt eine aufrechnung bis zu einem betrag in höhe von 30 % der re-gelleistung zu. eine unterschiedliche behandlung von leistungsberechtigten nach dem sgb ii und xii ist jedoch nicht gerechtfertigt. im hinblick auf die harmonisierung beider grundsicherungssysteme ist aus diesem grund auch eine einschränkung auf 70 % der regelleistung möglich (holzhey in: jurispk-sgb xii, 2. auflage 2014, stand: 1. mai 2014, § 26 sgb xii, rn. 23). mit der aufrechnung um 20 % liegt die beklagte dabei sogar im unteren rahmen des möglichen. bedenken dagegen sind nicht ersichtlich. die klägerin kann die beträge für freizeit und unterhaltung sowie beherbergungs- nebst gaststät-tendienstleistungen entbehren. die beklagte übte insoweit auch ermessen aus. sie be-rücksichtigte, dass über einen zeitraum von einem jahr unrichtige angaben getätigt worden sind und gleichzeitig das alter der klägerin. 43die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. | Verklagte*r | 0 |
326,259 | S 44 KR 379/17 | 2020-02-14T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird verpflichtet, an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 3.553,65 nebst Zinsen i.H.v. 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2017 zu zahlen. Der Streitwert wird auf 3.553,65 EUR festgesetzt. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Tragung der durch die Verlegung eines stationär behan-delten Patienten verursachten Mehrkosten. 3Die Klägerin ist eine gesetzliche Krankenversicherung. Der bei der Klägerin krankenver-sicherte Siegfried G., geb. am 12.01.19xx (nachfolgend: der Versicherte) wurde bei der Beklagten in der Zeit vom 27.07.2016 bis 01.09.2016 stationär behandelt und am 01.09.2016 zur geriatrischen Weiterbehandlung in das Katholische Klinikum R. (nach-folgend: das aufnehmende Krankenhaus) verlegt. Dort verblieb der Versicherte bis zum 23.09.2016. Die medizinische Notwendigkeit der stationären geriatrischen Komplexbe-handlung sowie der Verweildauer ist zwischen den Beteiligten unstreitig. 4Die Beklagte ist ein zugelassenes Plankrankenhaus in NRW. In der Anlage zum Fest-stellungsbescheid vom 24.11.2014 betr. die Beklagte sind 100 (Soll und Ist) Betten der Fachabteilung Geriatrie ausgewiesen. Die Beklagte unterhält in ihrer Betriebsstelle in der G.str. Hausnummer x in E. das Geriatrie-Zentrum "Haus B.", in der sich die Geriatrie-Betten befinden. Für das Behandlungsjahr 2016 rechnete die Beklagte bei der Klägerin 187 geriatrische Komplexbehandlungen ab; zum Verlegungszeitpunkt nahm die Beklag-te sieben andere bei der Klägerin versicherte Patienten im Geriatrie-Zentrum im Haus B. auf. Ursprünglich war die Verlegung des Versicherten in das Geriatrie-Zentrum Haus B. in E. ins Auge gefasst worden. Hierzu befindet sich in der Patientenakte unter dem Da-tum 24.08.2016 die Eintragung "morgen Anruf Haus B. Gerikomplex". Aus welchen Grün-den der Versicherte für die unstreitig erforderliche geriatrische Komplexbehandlung letzt-lich nicht in das Geriatrie-Zentrum Haus B. sondern in das aufnehmende Krankenhaus verlegt wurde, lässt sich der Patientenakte nicht entnehmen noch sonst nachvollziehen oder aufklären. 5Für die stationäre Behandlung bei der Beklagten zahlte die Klägerin an die Beklagte ei-nen Betrag i.H.v. 5.367,98 EUR, und für die stationäre Behandlung bei dem aufnehmenden Krankenhaus einen Betrag i.H.v. 7.174,88 EUR, mithin insgesamt für den Behandlungsfall des Versicherten für den Zeitraum 27.07.2016 bis 23.09.2016 einen Betrag i.H.v. 12.542,86 EUR. Bei einer durchgehenden Behandlung des Versicherten im Haus der Be-klagten in der Zeit vom 27.07.2016 bis 01.09.2016 wären für die Klägerin Kosten i.H.v. 9.097,01 EUR angefallen. Weiterhin sind der Klägerin Transportkosten für die Verlegung des Versicherten i.H.v. 107,80 EUR entstanden. 6Die Klägerin beauftragte am 30.09.2016 den Medizinischen Dienst der Krankenversiche-rung (MDK) mit der Fragestellung, ob es medizinische Gründe für die Verlegung des Versicherten in das aufnehmende Krankenhaus gegeben habe. Der MDK kam mit gut-achtlicher Stellungnahme vom 18.11.2016 zu dem Ergebnis, dass es keine medizini-schen Gründe gegeben habe, aus denen nicht die Beklagte selbst die geriatrische Kom-plexbehandlung in der klinikinternen Geriatrie "Haus B." hätte durchführen können. 7Die Klägerin hat unter dem 03.04.2017 bei dem Sozialgericht Duisburg Klage erhoben, mit der sie die Zahlung von 3.553,65 EUR Schadensersatz geltend macht. Da bei einer durchgehenden Behandlung des Versicherten im Haus der Beklagten in der Zeit vom 27.07.2016 bis 01.09.2016 Kosten i.H.v. 9.097,01 EUR angefallen wären, sei die Differenz zu den tatsächlich angefallenen Kosten i.H.v. 12.542,86 EUR, mithin der Betrag i.H.v. 3.445,85 EUR zzgl. der Kosten für den Verlegungstransport i.H.v. 107,80 EUR, insgesamt ein Betrag i.H.v. 3.553,65 EUR als Schaden entstanden. Die Verlegung des Versicherten sei grundlos erfolgt. Mit der grundlosen Verlegung habe die Beklagte ihre Pflichten gegenüber der Klägerin verletzt. Namentlich stehe der Versorgungsauftrag der Beklagten einer Verlegung und damit § 109 Abs. 4 S. 2 SGB V einer grundlosen Verlegung entgegen. Hiernach sei das zugelassene Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrages zur Krankenhaus-behandlung der Versicherten verpflichtet. Hierzu gehöre gem. § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V auch die Frührehabilitation. Weder Ausweitung noch Einschränkung der zu erbringen-den Krankenhausleistungen seien ohne weiteres möglich. Dies widerspräche dem Sinn und Zweck der Krankenhausplanung durch Feststellungsbescheide, die bedarfsgerech-te Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Außerdem bestehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Die Klägerin habe nur die Kosten zu tragen, die bei ei-nem wirtschaftlichen Alternativverhalten angefallen wären. 8Die Klägerin beantragt, 9die Beklagte zu verpflichten, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.553,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2017 zu zahlen. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Die stationäre Behandlung sei erforderlich gewesen. Maßgebend sei die Abrechnungs-regelung des § 1 Abs. 1 S. 2 Fallpauschalenvereinbarung 2016 (FPV 2016), wonach im Falle der Verlegung in ein anderes Krankenhaus jedes beteiligte Krankenhaus eine Fallpauschale abrechne. Es komme nicht darauf an, ob medizinische oder kapazitative Gründe für die Verlegung in das aufnehmende Krankenhaus ausschlaggebend waren. Der anordnende Krankenhausarzt sei im Verlegungszeitpunkt mangels hellseherischer Fähigkeiten nicht in der Lage einzuschätzen, ob die Verlegung zu höheren oder ggf. niedrigeren Kosten führe. Bei einem – nicht selten vorkommenden – Fall des Abbruchs der geriatrischen Komplexbehandlung oder im Fall einer Beatmung des Versicherten unter Erreichen der oberen Grenzverweildauer wäre die Verlegung für die Klägerin kos-tengünstiger gewesen als eine durchgängige Behandlung bei der Beklagten. Die Be-klagte habe deshalb schon keine Pflichtverletzung begangen. Jedenfalls liege kein Ver-schulden vor, da der über die Verlegung entscheidende Arzt zum Verlegungszeitpunkt nicht absehen könne, ob eine Verlegung wirtschaftlich sei oder nicht. Dass am Tage der Verlegung des Versicherten sieben andere Versicherte im Haus Berge aufgenommen worden seien, zeige, dass die Behandlungskapazitäten der Beklagten erschöpft gewe-sen seien und die Beklagte damit kein Verschulden treffe. Außerdem seien die Rege-lungen des FPV 2016 abschließend auch im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot. Hiernach rechne im Falle der Verlegung in ein anderes Krankenhaus jedes beteiligte Krankenhaus eine Fallpauschale ab. Die Minderungs- und Abschlagstatbestände der FPV 2016 seien abschließend. Dies ergebe sich auch aus der amtlichen Begründung, wonach eine Verlegung keines medizinischen Grundes bedürfe. Die FPV werde seit Jahren und Jahrzehnten in Deutschland zwischen Krankenkassen und Krankenhäu-sern gelebt, so dass auch das historische Argument für die Beklagte spreche. In der mündlichen Verhandlung am 14.02.2020 hat die Beklagte pauschal bestritten, dass die Klägerin die Rechnung des aufnehmenden Krankenhauses tatsächlich bezahlt hat. 13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Niederschrift über die Sitzung am 14.02.2020 Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden ist. 14Entscheidungsgründe: 15Die zulässige Klage ist begründet. 16Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig. Bei einer auf Zahlung von Schadensersatz gerichteten Klage einer Krankenkasse gegen ein Krankenhaus handelt es sich um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Es ist demnach we-der ein Vorverfahren durchzuführen noch eine Klagefrist zu beachten. 17Die hiernach zulässige Klage ist begründet. Der mit der Klage geltend gemachte Zah-lungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ergibt sich aus § 69 S. 3 SGB V iVm § 280 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). 18Nach § 69 Abs. 1 S. 1 und S. 2 SGB V regeln das Vierte Kapitel des SGB V (§§ 69 bis 140h SGB V) sowie §§ 63 und 64 SGB V, das Krankenhausfinanzierungsgesetz, das Krankenhausentgeltgesetz und die hiernach erlassenen Rechtverordnungen grundsätz-lich abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Leistungserbringern sowie Krankenhäusern und deren Verbänden. Gem. § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V gelten für die Rechtsbeziehungen nach S. 1 und S. 2 die Vorschriften des BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Auf-gaben und Pflichten der Beteiligten nach den Vierten Kapitel des SGB V vereinbar sind. 19Die Voraussetzungen des § 69 S. 3 SGB V für die entsprechende Anwendung des § 280 Abs. 1 BGB auf das Behandlungsverhältnis zwischen Krankenkasse und zugelassenem Krankenhaus bei Behandlung Versicherter sind erfüllt. Die stationäre Behandlung Ver-sicherter in einem zugelassenen Krankenhaus begründet zwischen seinem Träger und der Krankenkasse ein gesetzliches öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis, auf das § 280 Abs. 1 BGB anzuwenden ist (BSG, Urteil vom 12. November 2013 – B 1 KR 22/12 R –, BSGE 115, 11-17, SozR 4-2500 § 69 Nr 9, Rn. 11). Danach kann der Gläubiger, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entste-henden Schadens verlangen. Dies gilt gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. 20Anders als die Beklagte meint, ist ein Rückgriff auf § 280 BGB nicht durch etwaig ab-schließende Regelungen der für die hier maßgebliche FPV 2016 verwehrt. § 280 BGB hat die Voraussetzungen und Rechtsfolgen für einen Schadensersatzanspruch in ei-nem bestehenden Schuldverhältnis zum Gegenstand. Die FPV 2016 verhält sich nicht zum Schadensersatzrecht. Hierfür bestünde auch gar keine Ermächtigungsgrundlage. Ermächtigungsgrundlage für die Regelungen der FPV 2016 ist § 17b Krankenhausfi-nanzierungsgesetz (KHG). Gem. § 17b KHG gilt für die Vergütung der allgemeinen Kran-kenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Ver-gütungssystem, das Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden hat; sein Differenzie-rungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten werden die allgemeinen voll- und teil-stationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet. Der Spitzenver-band Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung ge-meinsam vereinbaren entsprechend den Vorgaben des § 17b Abs. 1 und Abs. 3 KHG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft ein Vergütungssystem, das sich an einem in-ternational bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Re-lated Groups (DRG) orientiert, seine jährliche Weiterentwicklung und Anpassung, insbe-sondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkür-zungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im Krankenhausentgeltgesetz vor-gegeben werden. 21Aus den Regelungen der Ermächtigungsgrundlage des § 17b KHG ergibt sich damit für die FPV eindeutig der Regelungsauftrag für "Vergütung". Vergütung ist Gegenleistung in Geld für die erbrachte Leistung der voll- und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall, vgl. § 17b Abs. 1 S. 3 KHG: "Mit den Entgelten nach Satz 1 wer-den die allgemeinen voll- und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behand-lungsfall vergütet." Vergütung ist ein aliud zu einem Schadensersatzanspruch. Gegen-stand des Schadensersatzanspruches ist der Ausgleich von sich aus/in einem Schuld-verhältnis ergebenden materiellen Einbußen. 22Die Vorschriften des BGB über Schadensersatz wegen Pflichtverletzung sind damit – anders als die Beklagte meint – trotz der Regelungen in der FPV 2016 entsprechend an-wendbar. Die Regelungen im BGB über den Schadensersatz sind auch mit der Stellung der Krankenhäuser im Versorgungssystem des SGB V vereinbar (BSG, Urteil vom 12. November 2013 – B 1 KR 22/12 R –, BSGE 115, 11-17, SozR 4-2500 § 69 Nr 9, Rn. 12). Die Beklagte hat durch die Verlegung des Versicherten in das aufnehmende Kranken-haus eine ihr gegenüber der Klägerin bestehende Pflicht verletzt. Die Beklagte war im Zeitpunkt der Verlegung zur Erbringung der Leistung der – hier unstreitig medizinisch erforderlichen – geriatrischen Komplexbehandlung des Versicherten verpflichtet. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem Versorgungsauftrag der Beklagten. Diese Pflicht hat die Beklagte mit der Verlegung vor der Entlassfähigkeit des Versicherten verletzt. 23Die Beklagte ist ein zugelassenes Plankrankenhaus. Gem. § 109 Abs. 4 S. 2 SGB V ist das zugelassene Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrages zur Kranken-hausbehandlung (§ 39) der Versicherten verpflichtet. Gem. § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V um-fasst die Krankenhausbehandlung im Rahmen des Versorgungsauftrages des Kranken-hauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbeson-dere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Gem. § 109 Abs. 1 S. 2 SGB V gilt für die Beklagte als Plankrankenhaus die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan als Abschluss des Versorgungsvertrages. 24Nach § 8 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) i.V.m. § 6 KHG ergibt sich der Versorgungsauftrag eines Plankrankenhauses aus den Festlegungen des vom jeweiligen Bundesland aufzustellenden Krankenhausplanes i.V.m. dem jeweiligen Fest-stellungsbescheid zur Durchführung des Krankenhausplanes. Nach § 12 des Kranken-hausgestaltungsgesetzes NRW (KHGG NRW) werden die Feststellungen über die (Nicht)Aufnahme des Krankenhauses in den Krankenhausplan durch Bescheid der zu-ständigen Behörde getroffen, wobei der Bescheid u.a. die Art der Abteilungen und die Gesamtzahl der im Ist und Soll anerkannten Planbetten enthält. Der Feststellungsbe-scheid für die Beklagte vom 24.11.2014 enthält die Aufnahme der Beklagten in den Krankenhausplan des Landes NRW mit u.a. 100 Betten (Soll und Ist) im Gebiet Geriatrie. 25Anders als die Beklagte meint, steht der Annahme einer Pflichtverletzung nicht die FPV 2016 entgegen. Die FPV 2016 verhält sich ebensowenig zu den Pflichten im bestehen-den Schuldverhältnis wie zu einem Schadensersatz. Wie oben bereits ausgeführt, be-schränkt sich die Ermächtigung zum Erlass der FPV 2016 auf "Vergütung". Die in der FPV 2016 getroffenen Vergütungsregelungen beschränken sich nach Auffassung der Kammer auf Abrechnungsmodalitäten (das "Wie" der Vergütung). Nicht zum Gegenstand hat die FPV 2016, ob die Beteiligten die darin angesetzten Vergütungen zum Ansatz bringen dürfen oder nicht. Die Beantwortung dieser Frage ergibt sich allein aus dem zu-grundeliegenden materiellen Recht. Dass in der FPV 2016 in § 1 Abs. 1 S. 2 und § 3 Re-gelungen zur Verlegung und dem "Wie" der Abrechnung im Falle einer Verlegung ent-halten sind, beinhaltet damit nicht Aussagen zur materiellen Rechtmäßigkeit der Verle-gung. Hieran vermag auch die von der Beklagten hinzugezogene historische Auslegung nichts zu ändern. Nach Auffassung der Kammer hat auch die Verordnung zum Fallpau-schalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2004 (KFPV 2004) lediglich Abrech-nungsmodalitäten ("Wie") zum Inhalt. 26Diese Pflichtverletzung hat die Beklagte auch zu vertreten. Nach dem eindeutigen Wort-laut des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB, hier durch die Verwendung der Formulierung "es sei denn", trägt der Schuldner – hier die Beklagte - die Darlegungs- und Beweislast für das Nichtvertretenmüssen (Seichter in: Herberger/ Martinek/ Rüßmann/ Weth/ Würdinger, ju-risPK-BGB, 9. Aufl., § 280 BGB (Stand: 01.02.2020), Rn. 45). Da nicht auch nur im An-satz ein sachlicher Grund für die Verlegung vorgetragen wurde noch sich sonst Anhalts-punkte dafür ergeben, ist der Beklagten der Entlastungsbeweis nicht gelungen. Medizi-nische Gründe für die Verlegung sind nicht geltend gemacht und es bestehen hierfür auch keine Anhaltspunkte. Ob bei der Beklagte Kapazitäten für die geriatrische Kom-plexbehandlung des Versicherten bestanden, ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Beklagte hat zum Fehlen von Kapazitäten jedoch weder substantiiert vorgetragen noch ergeben sich hierfür sonst Anhaltspunkte. Insbesondere spricht die Aufnahme von sie-ben anderen bei der Klägerin versicherten Patienten in der Geriatrie der Beklagten zum Verlegungszeitpunkt des Versicherten aus Sicht der Kammer eher für freie Kapazitäten in der Geriatrie der Beklagten als dagegen. 27Die Höhe des Schadensersatzanspruches ergibt sich aus einer entsprechenden An-wendung von § 249 S. 1 BGB, ohne dass es – wie die Beklagte meint – der "Erfindung des Instituts des wirtschaftlichen Alternativverhaltens" bedarf. Hiernach hat, wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ohne die pflichtwidrige Ver-legung hätte die Klägerin an die Beklagte unter Zugrundelegung der DRG F48Z einen Betrag iHv 9.097,01 EUR zahlen müssen; Kosten eines aufnehmenden Krankenhauses wä-ren nicht entstanden. Die Klägerin hat aufgrund der pflichtwidrigen Verlegung an die Beklagte 5.461,48 EUR, Transportkosten i.H.v. 107,80 EUR und an das aufnehmende Kranken-haus 6.867,81 EUR zzgl. einer Aufwandspauschale i.H.v. 300 EUR, insgesamt 12.737,09 EUR ge-zahlt. Soweit die Beklagte im Termin die Zahlungen der Klägerin an das aufnehmende Krankenhaus bestritten hat, hat die Klägerin die Zahlungen durch Vorlage von Auszü-gen aus der elektronischen Akte über die ausgegangenen Zahlung in Höhe von 6.874,88 EUR und 300 EUR an das aufnehmende Krankenhaus (Anlagen zum Schriftsatz vom 15.03.2019) zur Überzeugung des Gerichts bewiesen. Zu ersetzen ist der Klägerin damit die Differenz zwischen den tatsächlich entstandenen Kosten (12.737,09 EUR) und den Kos-ten, die ohne die Verlegung entstanden wären (9.097,01 EUR), mithin 3.640,08 EUR bzw. die mit dieser Klage geltend gemachten 3.553,65 EUR. Von einer Betragskorrektur nach ur-sprünglichem Rechenfehler hat die Klägerin abgesehen. 28Auf die (Nicht)Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots sowie das (Nicht)Vorliegen und die (Nicht)Vorhersehbarkeit wirtschaftlicher Auswirkungen oder das Verletzen etwaiger Mitteilungspflichten kommt es nach Auffassung der Kammer damit nicht an. Offenblei-ben kann auch, ob daneben ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegeben ist. 29Der Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 4 Landesvertrag für das Land Nordrhein-Westfalen nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V. 30Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 1, 3 Gerichtskostengesetz (GKG). | die beklagte wird verpflichtet, an die klägerin einen betrag i.h.v. 3.553,65 nebst zinsen i.h.v. 2 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 03.04.2017 zu zahlen. der streitwert wird auf 3.553,65 eur festgesetzt. 1 | 2die beteiligten streiten über die tragung der durch die verlegung eines stationär behan-delten patienten verursachten mehrkosten. 3die klägerin ist eine gesetzliche krankenversicherung. der bei der klägerin krankenver-sicherte siegfried g., geb. am 12.01.19xx (nachfolgend: der versicherte) wurde bei der beklagten in der zeit vom 27.07.2016 bis 01.09.2016 stationär behandelt und am 01.09.2016 zur geriatrischen weiterbehandlung in das katholische klinikum r. (nach-folgend: das aufnehmende krankenhaus) verlegt. dort verblieb der versicherte bis zum 23.09.2016. die medizinische notwendigkeit der stationären geriatrischen komplexbe-handlung sowie der verweildauer ist zwischen den beteiligten unstreitig. 4die beklagte ist ein zugelassenes plankrankenhaus in nrw. in der anlage zum fest-stellungsbescheid vom 24.11.2014 betr. die beklagte sind 100 (soll und ist) betten der fachabteilung geriatrie ausgewiesen. die beklagte unterhält in ihrer betriebsstelle in der g.str. hausnummer x in e. das geriatrie-zentrum "haus b.", in der sich die geriatrie-betten befinden. für das behandlungsjahr 2016 rechnete die beklagte bei der klägerin 187 geriatrische komplexbehandlungen ab; zum verlegungszeitpunkt nahm die beklag-te sieben andere bei der klägerin versicherte patienten im geriatrie-zentrum im haus b. auf. ursprünglich war die verlegung des versicherten in das geriatrie-zentrum haus b. in e. ins auge gefasst worden. hierzu befindet sich in der patientenakte unter dem da-tum 24.08.2016 die eintragung "morgen anruf haus b. gerikomplex". aus welchen grün-den der versicherte für die unstreitig erforderliche geriatrische komplexbehandlung letzt-lich nicht in das geriatrie-zentrum haus b. sondern in das aufnehmende krankenhaus verlegt wurde, lässt sich der patientenakte nicht entnehmen noch sonst nachvollziehen oder aufklären. 5für die stationäre behandlung bei der beklagten zahlte die klägerin an die beklagte ei-nen betrag i.h.v. 5.367,98 eur, und für die stationäre behandlung bei dem aufnehmenden krankenhaus einen betrag i.h.v. 7.174,88 eur, mithin insgesamt für den behandlungsfall des versicherten für den zeitraum 27.07.2016 bis 23.09.2016 einen betrag i.h.v. 12.542,86 eur. bei einer durchgehenden behandlung des versicherten im haus der be-klagten in der zeit vom 27.07.2016 bis 01.09.2016 wären für die klägerin kosten i.h.v. 9.097,01 eur angefallen. weiterhin sind der klägerin transportkosten für die verlegung des versicherten i.h.v. 107,80 eur entstanden. 6die klägerin beauftragte am 30.09.2016 den medizinischen dienst der krankenversiche-rung (mdk) mit der fragestellung, ob es medizinische gründe für die verlegung des versicherten in das aufnehmende krankenhaus gegeben habe. der mdk kam mit gut-achtlicher stellungnahme vom 18.11.2016 zu dem ergebnis, dass es keine medizini-schen gründe gegeben habe, aus denen nicht die beklagte selbst die geriatrische kom-plexbehandlung in der klinikinternen geriatrie "haus b." hätte durchführen können. 7die klägerin hat unter dem 03.04.2017 bei dem sozialgericht duisburg klage erhoben, mit der sie die zahlung von 3.553,65 eur schadensersatz geltend macht. da bei einer durchgehenden behandlung des versicherten im haus der beklagten in der zeit vom 27.07.2016 bis 01.09.2016 kosten i.h.v. 9.097,01 eur angefallen wären, sei die differenz zu den tatsächlich angefallenen kosten i.h.v. 12.542,86 eur, mithin der betrag i.h.v. 3.445,85 eur zzgl. der kosten für den verlegungstransport i.h.v. 107,80 eur, insgesamt ein betrag i.h.v. 3.553,65 eur als schaden entstanden. die verlegung des versicherten sei grundlos erfolgt. mit der grundlosen verlegung habe die beklagte ihre pflichten gegenüber der klägerin verletzt. namentlich stehe der versorgungsauftrag der beklagten einer verlegung und damit § 109 abs. 4 s. 2 sgb v einer grundlosen verlegung entgegen. hiernach sei das zugelassene krankenhaus im rahmen seines versorgungsauftrages zur krankenhaus-behandlung der versicherten verpflichtet. hierzu gehöre gem. § 39 abs. 1 s. 3 sgb v auch die frührehabilitation. weder ausweitung noch einschränkung der zu erbringen-den krankenhausleistungen seien ohne weiteres möglich. dies widerspräche dem sinn und zweck der krankenhausplanung durch feststellungsbescheide, die bedarfsgerech-te versorgung der bevölkerung sicherzustellen. außerdem bestehe ein öffentlich-rechtlicher erstattungsanspruch. die klägerin habe nur die kosten zu tragen, die bei ei-nem wirtschaftlichen alternativverhalten angefallen wären. 8die klägerin beantragt, 9die beklagte zu verpflichten, an die klägerin einen betrag in höhe von 3.553,65 eur nebst zinsen in höhe von 2 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 03.04.2017 zu zahlen. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12die stationäre behandlung sei erforderlich gewesen. maßgebend sei die abrechnungs-regelung des § 1 abs. 1 s. 2 fallpauschalenvereinbarung 2016 (fpv 2016), wonach im falle der verlegung in ein anderes krankenhaus jedes beteiligte krankenhaus eine fallpauschale abrechne. es komme nicht darauf an, ob medizinische oder kapazitative gründe für die verlegung in das aufnehmende krankenhaus ausschlaggebend waren. der anordnende krankenhausarzt sei im verlegungszeitpunkt mangels hellseherischer fähigkeiten nicht in der lage einzuschätzen, ob die verlegung zu höheren oder ggf. niedrigeren kosten führe. bei einem – nicht selten vorkommenden – fall des abbruchs der geriatrischen komplexbehandlung oder im fall einer beatmung des versicherten unter erreichen der oberen grenzverweildauer wäre die verlegung für die klägerin kos-tengünstiger gewesen als eine durchgängige behandlung bei der beklagten. die be-klagte habe deshalb schon keine pflichtverletzung begangen. jedenfalls liege kein ver-schulden vor, da der über die verlegung entscheidende arzt zum verlegungszeitpunkt nicht absehen könne, ob eine verlegung wirtschaftlich sei oder nicht. dass am tage der verlegung des versicherten sieben andere versicherte im haus berge aufgenommen worden seien, zeige, dass die behandlungskapazitäten der beklagten erschöpft gewe-sen seien und die beklagte damit kein verschulden treffe. außerdem seien die rege-lungen des fpv 2016 abschließend auch im hinblick auf das wirtschaftlichkeitsgebot. hiernach rechne im falle der verlegung in ein anderes krankenhaus jedes beteiligte krankenhaus eine fallpauschale ab. die minderungs- und abschlagstatbestände der fpv 2016 seien abschließend. dies ergebe sich auch aus der amtlichen begründung, wonach eine verlegung keines medizinischen grundes bedürfe. die fpv werde seit jahren und jahrzehnten in deutschland zwischen krankenkassen und krankenhäu-sern gelebt, so dass auch das historische argument für die beklagte spreche. in der mündlichen verhandlung am 14.02.2020 hat die beklagte pauschal bestritten, dass die klägerin die rechnung des aufnehmenden krankenhauses tatsächlich bezahlt hat. 13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der niederschrift über die sitzung am 14.02.2020 bezug genommen, der gegenstand der entscheidungsfindung geworden ist. 14 | 15die zulässige klage ist begründet. 16die klage ist als leistungsklage nach § 54 abs. 5 sgg zulässig. bei einer auf zahlung von schadensersatz gerichteten klage einer krankenkasse gegen ein krankenhaus handelt es sich um einen sogenannten parteienstreit im gleichordnungsverhältnis, in dem eine regelung durch verwaltungsakt nicht in betracht kommt. es ist demnach we-der ein vorverfahren durchzuführen noch eine klagefrist zu beachten. 17die hiernach zulässige klage ist begründet. der mit der klage geltend gemachte zah-lungsanspruch der klägerin gegen die beklagte ergibt sich aus § 69 s. 3 sgb v ivm § 280 bürgerliches gesetzbuch (bgb). 18nach § 69 abs. 1 s. 1 und s. 2 sgb v regeln das vierte kapitel des sgb v (§§ 69 bis 140h sgb v) sowie §§ 63 und 64 sgb v, das krankenhausfinanzierungsgesetz, das krankenhausentgeltgesetz und die hiernach erlassenen rechtverordnungen grundsätz-lich abschließend die rechtsbeziehungen der krankenkassen und ihrer verbände zu den leistungserbringern sowie krankenhäusern und deren verbänden. gem. § 69 abs. 1 s. 3 sgb v gelten für die rechtsbeziehungen nach s. 1 und s. 2 die vorschriften des bgb entsprechend, soweit sie mit den vorgaben des § 70 sgb v und den übrigen auf-gaben und pflichten der beteiligten nach den vierten kapitel des sgb v vereinbar sind. 19die voraussetzungen des § 69 s. 3 sgb v für die entsprechende anwendung des § 280 abs. 1 bgb auf das behandlungsverhältnis zwischen krankenkasse und zugelassenem krankenhaus bei behandlung versicherter sind erfüllt. die stationäre behandlung ver-sicherter in einem zugelassenen krankenhaus begründet zwischen seinem träger und der krankenkasse ein gesetzliches öffentlich-rechtliches schuldverhältnis, auf das § 280 abs. 1 bgb anzuwenden ist (bsg, urteil vom 12. november 2013 – b 1 kr 22/12 r –, bsge 115, 11-17, sozr 4-2500 § 69 nr 9, rn. 11). danach kann der gläubiger, wenn der schuldner eine pflicht aus dem schuldverhältnis verletzt, ersatz des hierdurch entste-henden schadens verlangen. dies gilt gem. § 280 abs. 1 s. 2 bgb nicht, wenn der schuldner die pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. 20anders als die beklagte meint, ist ein rückgriff auf § 280 bgb nicht durch etwaig ab-schließende regelungen der für die hier maßgebliche fpv 2016 verwehrt. § 280 bgb hat die voraussetzungen und rechtsfolgen für einen schadensersatzanspruch in ei-nem bestehenden schuldverhältnis zum gegenstand. die fpv 2016 verhält sich nicht zum schadensersatzrecht. hierfür bestünde auch gar keine ermächtigungsgrundlage. ermächtigungsgrundlage für die regelungen der fpv 2016 ist § 17b krankenhausfi-nanzierungsgesetz (khg). gem. § 17b khg gilt für die vergütung der allgemeinen kran-kenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes ver-gütungssystem, das komplexitäten und komorbiditäten abzubilden hat; sein differenzie-rungsgrad soll praktikabel sein. mit den entgelten werden die allgemeinen voll- und teil-stationären krankenhausleistungen für einen behandlungsfall vergütet. der spitzenver-band bund der krankenkassen und der verband der privaten krankenversicherung ge-meinsam vereinbaren entsprechend den vorgaben des § 17b abs. 1 und abs. 3 khg mit der deutschen krankenhausgesellschaft ein vergütungssystem, das sich an einem in-ternational bereits eingesetzten vergütungssystem auf der grundlage der diagnosis re-lated groups (drg) orientiert, seine jährliche weiterentwicklung und anpassung, insbe-sondere an medizinische entwicklungen, kostenentwicklungen, verweildauerverkür-zungen und leistungsverlagerungen zu und von anderen versorgungsbereichen, und die abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im krankenhausentgeltgesetz vor-gegeben werden. 21aus den regelungen der ermächtigungsgrundlage des § 17b khg ergibt sich damit für die fpv eindeutig der regelungsauftrag für "vergütung". vergütung ist gegenleistung in geld für die erbrachte leistung der voll- und teilstationären krankenhausleistungen für einen behandlungsfall, vgl. § 17b abs. 1 s. 3 khg: "mit den entgelten nach satz 1 wer-den die allgemeinen voll- und teilstationären krankenhausleistungen für einen behand-lungsfall vergütet." vergütung ist ein aliud zu einem schadensersatzanspruch. gegen-stand des schadensersatzanspruches ist der ausgleich von sich aus/in einem schuld-verhältnis ergebenden materiellen einbußen. 22die vorschriften des bgb über schadensersatz wegen pflichtverletzung sind damit – anders als die beklagte meint – trotz der regelungen in der fpv 2016 entsprechend an-wendbar. die regelungen im bgb über den schadensersatz sind auch mit der stellung der krankenhäuser im versorgungssystem des sgb v vereinbar (bsg, urteil vom 12. november 2013 – b 1 kr 22/12 r –, bsge 115, 11-17, sozr 4-2500 § 69 nr 9, rn. 12). die beklagte hat durch die verlegung des versicherten in das aufnehmende kranken-haus eine ihr gegenüber der klägerin bestehende pflicht verletzt. die beklagte war im zeitpunkt der verlegung zur erbringung der leistung der – hier unstreitig medizinisch erforderlichen – geriatrischen komplexbehandlung des versicherten verpflichtet. diese verpflichtung ergibt sich aus dem versorgungsauftrag der beklagten. diese pflicht hat die beklagte mit der verlegung vor der entlassfähigkeit des versicherten verletzt. 23die beklagte ist ein zugelassenes plankrankenhaus. gem. § 109 abs. 4 s. 2 sgb v ist das zugelassene krankenhaus im rahmen seines versorgungsauftrages zur kranken-hausbehandlung (§ 39) der versicherten verpflichtet. gem. § 39 abs. 1 s. 3 sgb v um-fasst die krankenhausbehandlung im rahmen des versorgungsauftrages des kranken-hauses alle leistungen, die im einzelfall nach art und schwere der krankheit für die medizinische versorgung der versicherten im krankenhaus notwendig sind, insbeson-dere ärztliche behandlung (§ 28 abs. 1), krankenpflege, versorgung mit arznei, heil- und hilfsmitteln, unterkunft und verpflegung; die akutstationäre behandlung umfasst auch die im einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen zeitpunkt einsetzenden leistungen zur frührehabilitation. gem. § 109 abs. 1 s. 2 sgb v gilt für die beklagte als plankrankenhaus die aufnahme in den krankenhausbedarfsplan als abschluss des versorgungsvertrages. 24nach § 8 abs. 1 s. 4 nr. 1 krankenhausentgeltgesetz (khentgg) i.v.m. § 6 khg ergibt sich der versorgungsauftrag eines plankrankenhauses aus den festlegungen des vom jeweiligen bundesland aufzustellenden krankenhausplanes i.v.m. dem jeweiligen fest-stellungsbescheid zur durchführung des krankenhausplanes. nach § 12 des kranken-hausgestaltungsgesetzes nrw (khgg nrw) werden die feststellungen über die (nicht)aufnahme des krankenhauses in den krankenhausplan durch bescheid der zu-ständigen behörde getroffen, wobei der bescheid u.a. die art der abteilungen und die gesamtzahl der im ist und soll anerkannten planbetten enthält. der feststellungsbe-scheid für die beklagte vom 24.11.2014 enthält die aufnahme der beklagten in den krankenhausplan des landes nrw mit u.a. 100 betten (soll und ist) im gebiet geriatrie. 25anders als die beklagte meint, steht der annahme einer pflichtverletzung nicht die fpv 2016 entgegen. die fpv 2016 verhält sich ebensowenig zu den pflichten im bestehen-den schuldverhältnis wie zu einem schadensersatz. wie oben bereits ausgeführt, be-schränkt sich die ermächtigung zum erlass der fpv 2016 auf "vergütung". die in der fpv 2016 getroffenen vergütungsregelungen beschränken sich nach auffassung der kammer auf abrechnungsmodalitäten (das "wie" der vergütung). nicht zum gegenstand hat die fpv 2016, ob die beteiligten die darin angesetzten vergütungen zum ansatz bringen dürfen oder nicht. die beantwortung dieser frage ergibt sich allein aus dem zu-grundeliegenden materiellen recht. dass in der fpv 2016 in § 1 abs. 1 s. 2 und § 3 re-gelungen zur verlegung und dem "wie" der abrechnung im falle einer verlegung ent-halten sind, beinhaltet damit nicht aussagen zur materiellen rechtmäßigkeit der verle-gung. hieran vermag auch die von der beklagten hinzugezogene historische auslegung nichts zu ändern. nach auffassung der kammer hat auch die verordnung zum fallpau-schalensystem für krankenhäuser für das jahr 2004 (kfpv 2004) lediglich abrech-nungsmodalitäten ("wie") zum inhalt. 26diese pflichtverletzung hat die beklagte auch zu vertreten. nach dem eindeutigen wort-laut des § 280 abs. 1 s. 2 bgb, hier durch die verwendung der formulierung "es sei denn", trägt der schuldner – hier die beklagte - die darlegungs- und beweislast für das nichtvertretenmüssen (seichter in: herberger/ martinek/ rüßmann/ weth/ würdinger, ju-rispk-bgb, 9. aufl., § 280 bgb (stand: 01.02.2020), rn. 45). da nicht auch nur im an-satz ein sachlicher grund für die verlegung vorgetragen wurde noch sich sonst anhalts-punkte dafür ergeben, ist der beklagten der entlastungsbeweis nicht gelungen. medizi-nische gründe für die verlegung sind nicht geltend gemacht und es bestehen hierfür auch keine anhaltspunkte. ob bei der beklagte kapazitäten für die geriatrische kom-plexbehandlung des versicherten bestanden, ist zwischen den beteiligten streitig. die beklagte hat zum fehlen von kapazitäten jedoch weder substantiiert vorgetragen noch ergeben sich hierfür sonst anhaltspunkte. insbesondere spricht die aufnahme von sie-ben anderen bei der klägerin versicherten patienten in der geriatrie der beklagten zum verlegungszeitpunkt des versicherten aus sicht der kammer eher für freie kapazitäten in der geriatrie der beklagten als dagegen. 27die höhe des schadensersatzanspruches ergibt sich aus einer entsprechenden an-wendung von § 249 s. 1 bgb, ohne dass es – wie die beklagte meint – der "erfindung des instituts des wirtschaftlichen alternativverhaltens" bedarf. hiernach hat, wer zum schadensersatz verpflichtet ist, den zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum ersatz verpflichtende umstand nicht eingetreten wäre. ohne die pflichtwidrige ver-legung hätte die klägerin an die beklagte unter zugrundelegung der drg f48z einen betrag ihv 9.097,01 eur zahlen müssen; kosten eines aufnehmenden krankenhauses wä-ren nicht entstanden. die klägerin hat aufgrund der pflichtwidrigen verlegung an die beklagte 5.461,48 eur, transportkosten i.h.v. 107,80 eur und an das aufnehmende kranken-haus 6.867,81 eur zzgl. einer aufwandspauschale i.h.v. 300 eur, insgesamt 12.737,09 eur ge-zahlt. soweit die beklagte im termin die zahlungen der klägerin an das aufnehmende krankenhaus bestritten hat, hat die klägerin die zahlungen durch vorlage von auszü-gen aus der elektronischen akte über die ausgegangenen zahlung in höhe von 6.874,88 eur und 300 eur an das aufnehmende krankenhaus (anlagen zum schriftsatz vom 15.03.2019) zur überzeugung des gerichts bewiesen. zu ersetzen ist der klägerin damit die differenz zwischen den tatsächlich entstandenen kosten (12.737,09 eur) und den kos-ten, die ohne die verlegung entstanden wären (9.097,01 eur), mithin 3.640,08 eur bzw. die mit dieser klage geltend gemachten 3.553,65 eur. von einer betragskorrektur nach ur-sprünglichem rechenfehler hat die klägerin abgesehen. 28auf die (nicht)einhaltung des wirtschaftlichkeitsgebots sowie das (nicht)vorliegen und die (nicht)vorhersehbarkeit wirtschaftlicher auswirkungen oder das verletzen etwaiger mitteilungspflichten kommt es nach auffassung der kammer damit nicht an. offenblei-ben kann auch, ob daneben ein öffentlich-rechtlicher erstattungsanspruch gegeben ist. 29der anspruch auf die geltend gemachten zinsen ergibt sich aus der entsprechenden anwendung von § 15 abs. 1 satz 4 landesvertrag für das land nordrhein-westfalen nach § 112 abs. 2 nr. 1 sgb v. 30die streitwertfestsetzung beruht auf § 197 a abs. 1 satz 1 sgg in verbindung mit § 52 abs. 1, 3 gerichtskostengesetz (gkg). | Klaeger*in | 1 |
345,067 | 10 D 17/20.NE | 2022-04-14T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bebauungsplan Nr. Teil 7 Abschnitt 1 Bahnhof B. der Stadt B. ist unwirksam. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 von Hundert des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 von Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. Teil 7 Abschnitt 1 Bahnhof B. der Antragsgegnerin (im Folgenden: Bebauungsplan). Sie ist Eigentümerin des im nördlichen Teil des Plangebiets liegenden Grundstücks Gemarkung B., Flur 17, Flurstück 641. Der Geschäftsführer der Antragstellerin, Herr C. T., ist Inhaber des einzelkaufmännischen Unternehmens H. T., das am Standort I. Straße 2 eine immissionsschutzrechtlich genehmigte Anlage zur Behandlung (Verwertung), Lagerung und für den Umschlag von Abfällen betreibt. Das Flurstück 641 hat die Antragstellerin durch notariellen Kaufvertrag vom 23. Dezember 2009 von der O. erworben. 3Das circa 4,8 ha große, über rund 800 m langgestreckte Plangebiet mit einer maximalen Breite von etwa 80 m umfasst die in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Gleisanlagen der Deutschen Bahn im Bereich des Bahnhofs B. und die jeweils westlich und östlich daran angrenzenden Flächen. Seine nördliche Grenze liegt etwas nördlich des Bahnhofsgebäudes, seine südliche Grenze an der T1. Straße. Die unmittelbar östlich des Plangebiets anschließenden Flächen sind überwiegend gewerblich genutzt und als Gewerbe- oder Industriegebiet, im Süden als Mischgebiet festgesetzt. Westlich des Plangebiets liegt zwischen den Straßen I1. im Norden und der E.-Straße im Süden der „Wohn- und Dienstleistungsstandort K.“. In dem zugehörigen Bebauungsplan sind die für eine Bebauung vorgesehenen Flächen entlang der Straßen I1. und Q.-straße als Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Dienstleistungsgebiet, das der Unterbringung von öffentlichen und privaten Dienstleistungsbetrieben dienen soll, und im Übrigen als allgemeines Wohngebiet festgesetzt. Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen westlich der Q.-straße sind zwischen der E.-Straße und der I2. in einem weiteren Bebauungsplan als allgemeines Wohngebiet festgesetzt. 4Der Regionalplan Münsterland stellt das Plangebiet als Personenverkehrsstrecke vorwiegend für den regionalen Verkehr und die östlich angrenzenden Flächen als Bereich für gewerbliche und industrielle Nutzungen (GIB) dar. 5Im Flächennutzungsplan ist das Plangebiet als Fläche für Betriebsanlagen der Eisenbahn und als gewerbliche Baufläche dargestellt. 6Der Rat beschloss in seiner Sitzung am 27. Januar 2010 die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. Teil 7 – Bahnhof B. –. Der Aufstellungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 20. September 2018 und im Amtsblatt vom 8. November 2018 ein weiteres Mal bekannt gemacht. Der Rat billigte am 12. Dezember 2018 den Entwurf des Bebauungsplans mit der Begründung. Der Entwurf des Bebauungsplans mit der Begründung lag nach der Bekanntmachung im Amtsblatt vom 19. Dezember 2018 in der Zeit vom 27. Dezember 2018 bis zum 1. Februar 2019 öffentlich aus. Parallel dazu fand die Beteiligung der Behörden und der sonstigen Träger öffentlicher Belange statt. Der nach der ersten öffentlichen Auslegung geänderte Entwurf des Bebauungsplans mit der Begründung wurde aufgrund der Bekanntmachung im Amtsblatt vom 20. März 2019 in der Zeit vom 28. März 2019 bis zum 29. April 2019 erneut öffentlich ausgelegt. Parallel dazu fand eine erneute Beteiligung der Behörden und der sonstigen Träger öffentlicher Belange statt. Eine weitere öffentliche Auslegung des wiederum geänderten Planentwurfs mit Begründung erfolgte nach der Bekanntmachung im Amtsblatt in der Zeit vom 26. Juni 2019 bis zum 12. Juli 2019. Der Rat beschloss den Bebauungsplan in seiner Sitzung am 10. September 2019 als Satzung. Der Satzungsbeschluss wurde im Amtsblatt vom 18. September 2019 bekannt gemacht. 7Die Planurkunde zeigt zwei Darstellungen des Plangebiets. Die linke Darstellung enthält Festsetzungen und Kennzeichnungen für die im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses gegenwärtige Situation, in der der überwiegende Teil des Plangebiets der Eisenbahnfachplanung unterfällt. Die rechte Darstellung, als Beiblatt 1 bezeichnet, enthält Festsetzungen und Kennzeichnungen für den Fall, dass Teile der in der linken Darstellung als Bahnanlagen gekennzeichnete Flächen aus dem Regime der Fachplanung entlassen werden. 8In der linken Darstellung sind die der Eisenbahnfachplanung unterfallenden Flächen im Westen des Plangebiets farblich als Flächen für Bahnanlagen gekennzeichnet, wobei der östliche Teil dieser Kennzeichnung schraffiert ist. Die Schraffur bedeutet nach der Legende der Planurkunde, dass es sich um Flächen handelt, auf denen Nutzungen, Betriebe und Anlagen ohne Bahnbetriebsbezogenheit, soweit sie der in Beiblatt 1 dargestellten Folgenutzung widersprechen, nicht zulässig sind. Der östliche Teil des Plangebiets ist im äußersten Süden als Mischgebiet und im Übrigen als Gewerbegebiet festgesetzt, das in die Teilgebiete GE1, GE2 und GE3 unterteilt ist. Im GE1 sind ausschließlich Lagerplätze zulässig (textliche Festsetzung 01). Die Höhe baulicher Anlagen ist im GE1 auf 2,50 m, im GE2 auf 7,60 m und im GE3 auf 10,20 m beschränkt (textliche Festsetzung 03 (1) bis (3)). Die überbaubaren Grundstücksflächen sind in allen festgesetzten Baugebieten durch Baugrenzen bestimmt. Auf gesondert abgegrenzten Teilflächen des Gewerbegebiets sind Betriebe und Anlagen bestimmter Abstandsklassen nach der Abstandsliste zum Abstandserlass NRW nicht zulässig. Die für das Mischgebiet festgesetzte überbaubare Grundstücksfläche ist nur wenige Quadratmeter groß. Sie ist identisch mit dem Umriss einer Ecke des ganz überwiegend außerhalb des Plangebiets stehenden Hauses T2.-straße 1a, die in das Plangebiet hineinragt. 9In der rechten Darstellung des Plangebiets sind die Flächen, die in der linken Darstellung schraffiert sind, nicht als Flächen für Bahnanlagen gekennzeichnet, sondern – von Westen nach Osten – als „Öffentliche Grünfläche – Sichtschutzanlage“, als „Zaunanlage“ und als Gewerbegebiet (GE1) festgesetzt. Für die Zaunanlage bestimmt der Bebauungsplan eine Höhe von 2,50 m als Mindestmaß. Sie ist als Stabgitterzaun in den Farben anthrazit oder grün auszuführen (textliche Festsetzung 06) und an ihrer Westseite vollflächig mit standortheimischen, ausdauernden und immergrünen Kletterpflanzen – zum Beispiel Efeu – zu begrünen (textliche Festsetzung 07). Auf der Planurkunde ist eine Systemskizze in Form einer Schnittzeichnung der vorgegebenen Sichtschutzanlage mit Maßangaben aufgedruckt. Danach bildet der Zaun den östlichen Abschluss der 4,0 m breiten öffentlichen Grünfläche. Im Abstand von jeweils 2,0 m zum Zaun beziehungsweise zum westlichen Rand der öffentlichen Grünfläche sollen an festgesetzten Standorten standortheimische Laubbäume (Hochstamm) mit einem vorgegebenen Stammumfang gepflanzt werden (textliche Festsetzung 05). Die westliche Baugrenze im GE1 ist im Abstand von 3,0 m zu der öffentlichen Grünfläche und zu dem sie nach Osten hin abschließenden Zaun festgesetzt. Hinsichtlich der auf 2,50 m begrenzten Höhe baulicher Anlagen im GE1 kann ausnahmsweise eine Abweichung zugelassen werden, soweit die Höhe der Sichtschutzanlage nicht überschritten wird (textliche Festsetzung 03 (4)). Die in der rechten Darstellung des Plangebiets festgesetzte Folgenutzung der Bahnanlagen ist erst nach deren Freistellung von Bahnbetriebszwecken durch Erlass eines Freistellungsbescheids zulässig (textliche Festsetzung 10 (1)). Die Folgenutzung als Gewerbegebiet einschließlich vorbereitender Maßnahmen ist erst zulässig, wenn die Sichtschutzanlage auf der öffentlichen Grünfläche fertiggestellt ist (textliche Festsetzung 10 (2)). Die Abgrenzung von Teilflächen des Gewerbegebiets, in denen Betriebe und Anlagen bestimmter Abstandsklassen nach der Abstandsliste zum Abstandserlass NRW nicht zulässig sind, wird für die östlich der öffentlichen Grünfläche mit der Zaunanlage festgesetzten Gewerbegebietsflächen, die in der linken Darstellung noch zu den schraffierten Flächen gehören, fortgesetzt. Im Übrigen entsprechen die Festsetzungen denen in der linken Darstellung des Plangebiets. 10In der Planbegründung heißt es: Die O. habe Ende 2009 die brachliegenden Bahnflächen östlich der Gleisanlagen ungeachtet ihrer eisenbahnrechtlichen Widmung veräußert. Die neuen Grundstückseigentümer beabsichtigten, die Flächen gewerblich zu nutzen, was die Aufstellung eines Bebauungsplans erforderlich mache. Bereits am 26. Mai 2009 habe der Rat den städtebaulichen Rahmenplan Q.-straße beschlossen, dessen Gegenstand die Entwicklung eines Wohn- und Dienstleistungsstandorts, des K1., sei. Zur Umsetzung des Rahmenplans habe der Rat am 18. November 2010 den Bebauungsplan Nr. Teil 1 – K. – sowie am 22. März 2011 die 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. Teil 2 – T3.-T4. – beschlossen. Durch ein Heranrücken der auf den ehemaligen Bahnflächen geplanten gewerblichen Nutzungen an das K. sei das Ziel des Rahmenplans, es zu einem Wohn- und Dienstleistungsstandort zu entwickeln, tendenziell gefährdet. Dabei seien neben den von den gewerblichen Nutzungen möglicherweise ausgehenden Immissionen insbesondere visuelle Beeinträchtigungen der Bewohner und sonstigen Nutzer der Gebäude im künftigen K. von Bedeutung. Es sei beabsichtigt, auch für das weitere Bahnhofsumfeld einen städtebaulichen Rahmenplan aufzustellen, um die mit der Modernisierung des Bahnhofs verbundenen Impulse für die städtebauliche Entwicklung seines Umfeldes nutzbar zu machen. Gewerbliche Nutzungen unmittelbar östlich der Gleisanlagen würden diese gewollte städtebauliche Aufwertung zumindest erschweren. Zur Verwirklichung der beschriebenen Entwicklungsziele sehe der Bebauungsplan die Errichtung einer Sichtschutzanlage unmittelbar östlich der Bahnanlagen vor. Dazu solle ein mindestens 4,0 m breiter bepflanzter Grünstreifen mit einem Zaun angelegt werden. Der Grünstreifen werde als öffentliche Grünfläche, die übrigen Flächen im Plangebiet würden überwiegend als Gewerbegebiet festgesetzt. Um zu verhindern, dass die gewerbliche Bebauung näher an die schutzbedürftigen künftigen Nutzungen westlich der Gleisanlagen heranrücke, sollten die als Gewerbegebiet festgesetzten Flächen weitgehend von Bebauung freigehalten werden. Deshalb werde die dort zulässige Nutzung ihrer Art nach eingeschränkt sowie die Höhe baulicher Anlagen begrenzt. Auf diese Weise solle ein städtebaulich geordneter Übergang zwischen den Wohn- und Dienstleistungsnutzungen im Umfeld des Bahnhofs und dem Gewerbegebiet östlich der Gleisanlagen geschaffen werden. Trotz der Festsetzung der öffentlichen Grünfläche bleibe die private Nutzbarkeit der Flächen im Plangebiet zum größten Teil erhalten. Die Antragsgegnerin trage die Kosten der Sichtschutzanlage. Die Eigentümer der Grundstücke im festgesetzten Gewerbegebiet hätten sich gegenüber der O. ohnehin verpflichtet, diese Grundstücke zu den Gleisanlagen hin einzufrieden. Sie könnten von der Antragsgegnerin die Übernahme der als öffentliche Grünfläche festgesetzten Flächen verlangen. Überdies sei ihnen ein Flächentausch angeboten worden. Um schädliche Umwelteinwirkungen auf schutzbedürftige Nutzungen außerhalb des Plangebiets soweit wie möglich zu vermeiden, sei das Gewerbegebiet auf der Grundlage der Abstandsliste zum Abstandserlass NRW hinsichtlich der Zulässigkeit von Betrieben und Anlagen bestimmter Abstandsklassen gegliedert. Die allgemeine Zweckbestimmung des Gewerbegebiets sei trotz dieser Gliederung gewahrt. 11Die Antragstellerin, die mit Schreiben vom 2. Januar 2019 Einwendungen gegen die Planung erhoben hatte, hat am 2. März 2020 den Normenkontrollantrag gestellt. 12Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: 13Der Bebauungsplan sei nicht erforderlich, soweit er für ihr Flurstück 641 nur Lagerplätze zulasse. Die Festsetzung einer einzigen möglichen gewerblichen Nutzung, die den Grundeigentümer vor die Wahl stelle, sein Grundstück im fremden Interesse auf diese Weise oder gar nicht zu nutzen, stelle keine anzuerkennende Form städtebaulicher Ordnung oder Entwicklung dar. Selbst wenn das Grundstück tatsächlich der Festsetzung entsprechend genutzt werden sollte, änderte sich daran nichts, denn die Festsetzung solle die Nutzung auf unabsehbare Zeit auch für den Fall festschreiben, dass das private Interesse an einer Nutzung als Lagerplatz wegfalle. Zur Gewährleistung einer städtebaulichen Ordnung habe der Gesetzgeber einen Katalog von Baugebietstypen und zur weiteren notwendigen Differenzierung das Instrumentarium des § 1 Abs. 5 bis 9 BauNVO zur Verfügung gestellt. Durch die Reduzierung auf nur eine Nutzungsart könne der Plangeber, worauf die Bauleitplanung grundsätzlich nicht angelegt sei, im Wege der Angebotsplanung eine bestimmte Nutzung von Grundstücken quasi erzwingen, was der Baunutzungsverordnung und den Baugebietsfestsetzungen fremd sei. 14Die Gliederung des Gewerbegebiets nach der Abstandsliste zum Abstandserlass NRW sei unwirksam. 15Nichts anderes gelte für die Festsetzung des Mischgebiets im Süden des Plangebiets. Auch unter Berücksichtigung der östlich angrenzenden Bebauung außerhalb des Plangebiets werde sich dort die notwendige Durchmischung von Wohnen und Gewerbe nicht einstellen. Die erforderlichen Festsetzungen zur Zahl der zulässigen Vollgeschosse oder zur Höhe baulicher Anlagen treffe der Bebauungsplan für das Mischgebiet nicht. 16Der Bebauungsplan beruhe auf einer fehlerhaften Abwägung. 17Soweit er für Grundstücke im GE1 nur eine Nutzung als Lagerplatz zulasse, sei diese dauerhafte Einschränkung durch das Ziel, einen städtebaulich geordneten Übergang zu den Wohn- und Dienstleistungsnutzungen westlich der Gleisanlagen in Form eines Ausschlusses störender oder visuell beeinträchtigender Nutzungen zu schaffen, nicht gerechtfertigt. Die Einschränkung stehe außer Verhältnis zu dem Zweck, dessen Verwirklichung sie diene. Die Zulassung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich störten, von eingeschossigen Bürogebäuden, von Stellplätzen oder von ähnlichen Nutzungen wäre möglich, ohne dass das besagte Planungsziel gefährdet wäre. Auch hätte die maximal zulässige Höhe baulicher Anlagen ohne negative Auswirkungen auf das Planungsziel maßvoll auf 2,75 m oder 3,0 m festgesetzt werden können, zumal auf der festgesetzten öffentlichen Grünfläche die Pflanzung von vier bis sechs Meter hohen Bäumen vorgegeben sei. 18Sie beabsichtige, auf dem Flurstück 641 einen Lagerplatz zu errichten, der in einem betrieblichen Zusammenhang mit der nördlich gelegenen Anlage des Unternehmens H. T. stehen solle. Ein Interesse an dem Betrieb eines selbstständigen Lagerplatzes habe sie nicht. Auf der Grundlage des Bebauungsplans könne sie ihre betrieblichen Ziele nicht verwirklichen. Dies habe die Antragsgegnerin verkannt. 19Bei der Festsetzung der überbaren Grundstücksfläche im Mischgebiet sei das Interesse an einer wirtschaftlichen Nutzung der dortigen Grundstücke nicht beachtet worden. Für eine derart rigide Einschränkung der baulichen Nutzung gebe es keine städtebaulichen Gründe. Um eine visuelle Abschirmung könne es ganz im Süden des Plangebiets, fernab vom Umfeld des Bahnhofs, nicht gehen. Der Rat habe folgerichtig darauf verzichtet, die der Abschirmung dienende öffentliche Grünfläche und den Zaun auch im Mischgebiet vorzusehen. 20Die Festsetzung der öffentlichen Grünfläche und des Zauns auf ihrem Flurstück 642 sei ein erheblicher Eingriff in ihr Eigentum, der sich durch den gewollten „Milieuschutz“ zugunsten der künftigen Nutzungen westlich der Gleisanlagen nicht rechtfertigten lasse. Zur Erreichung dieses Planungsziels hätte es andere Lösungen gegeben, die ihr Eigentumsrecht deutlich weniger beeinträchtigt hätten. 21Die textliche Festsetzung 10, wonach die Folgenutzung als Gewerbegebiet erst nach der Fertigstellung der Sichtschutzanlage zulässig sei, berücksichtige nicht, dass die Eigentümer der Grundstücke im Gewerbegebiet keinen Einfluss auf die Fertigstellung der Sichtschutzanlage hätten beziehungsweise es ihnen nicht zugemutet werden könne, eine solche Anlage auf eigene Kosten zu errichten. 22Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich, 23den Bebauungsplan Nr. Teil 7 Abschnitt 1 Bahnhof B. der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären. 24Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich, 25den Antrag abzulehnen. 26Von einer Antragserwiderung hat sie abgesehen. 27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Aufstellungsvorgänge (Beiakten Hefte 1 bis 6 zum Parallelverfahren 10 D 16/20.NE) Bezug genommen. 28Entscheidungsgründe: 29Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin. 30Der Antrag hat Erfolg. 31Er ist zulässig. 32Die Antragstellerin ist als Eigentümerin eines im Plangebiet liegenden Grundstücks nach § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. 33Der Antrag ist auch begründet. 34Der Bebauungsplan ist unwirksam. Er hat beachtliche materielle Mängel. 35Allerdings ist er von seiner Grundkonzeption her im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich gerechtfertigt. 36Nach dieser Vorschrift haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Die erforderliche Planrechtfertigung ist gegeben, wenn der Bebauungsplan nach seinem Inhalt auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung ausgerichtet und nach der planerischen Konzeption der zur Planung berufenen Gemeinde als Mittel hierfür erforderlich ist. Nicht erforderlich ist ein Bebauungsplan in aller Regel erst, wenn er nicht dem wahren Willen der Gemeinde entspricht, weil zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, bei groben und einigermaßen offensichtlichen, von keiner nachvollziehbaren positiven Planungskonzeption getragenen planerischen Missgriffen, oder wenn der Plan auf unabsehbare Zeit vollzugsunfähig ist. 37Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2015 – 4 CN 4.14 –, juris, Rn. 10. 38Dem Bebauungsplan liegt ausweislich der Planbegründung eine von städtebaulich legitimen Zielen getragene positive Planungskonzeption zugrunde. Der Rat will einen städtebaulich geordneten Übergang zwischen dem neu zu gestaltenden Bahnhofsumfeld einschließlich der Wohn- und Dienstleistungsnutzungen entlang der Q.-straße und den östlich der Gleisanlagen gelegenen gewerblich genutzten Flächen schaffen und damit das Bahnhofsumfeld und den „Wohn- und Dienstleistungsstandort K.“ vor Beeinträchtigungen durch eine gewerbliche Nutzung der Flächen östlich der Gleisanlagen bewahren (§ 1 Abs. 6 Nr. 4 und Nr. 7 Buchstabe c) BauGB). 39Der Bebauungsplan beruht jedoch auf beachtlichen Fehlern bei der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung. 40Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot umfasst als Verfahrensnorm das Gebot zur Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials (§ 2 Abs. 3 BauGB) und stellt inhaltlich Anforderungen an den Abwägungsvorgang und an das Abwägungsergebnis. Es ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungserfordernis genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet. 41Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. September 2015 – 10 D 82/13.NE –, juris, Rn. 30. 42Eine ordnungsgemäße städtebauliche Planung setzt, gerade wenn sie die Belange Privater nicht unerheblich beeinträchtigt, voraus, dass städtebaulich beachtliche Allgemeinbelange von hinreichendem Gewicht für sie sprechen. Das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Eigentumsrecht gehört in hervorgehobener Weise zu den bei der Bauleitplanung zu berücksichtigenden privaten Belangen. Es schützt nicht nur die Substanz des Eigentums, sondern erfordert auch die Beachtung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes, wenn die Ausübung des Eigentumsrechts eingeschränkt werden soll. Die Nutzungsmöglichkeiten, die die Eigentümer der im Plangebiet gelegenen Grundstücke bisher hatten, sind, wie auch diejenigen, die ihnen nach der Planung verbleiben sollen, als wichtige private Belange in die Abwägung einzustellen. 43Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Mai 2013 – 4 BN 1.13 –, juris, Rn. 17. 44Soll ein privates Grundstück fremdnützig überplant werden, muss die Gemeinde, will sie eine Verletzung des Eigentumsrechts vermeiden, den geringstmöglichen Eingriff wählen, um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu genügen. Ein mit der Aufstellung eines Bebauungsplans verbundener hoheitlichen Eingriff in das Eigentumsrecht muss, wenn er verhältnismäßig sein soll, geeignet sein, das Planungsziel zu erreichen, er muss in dem Sinne erforderlich sein, dass er das den Eigentümer am wenigsten belastende Mittel darstellt, und er muss darauf achten, dass Schwere und Nutzen des Eingriffs in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Bei der fremdnützigen Überplanung von Grundstücken muss also stets geprüft werden, ob es ein milderes Mittel gibt, das zur Zweckerreichung annähernd gleich geeignet ist, den Eigentümer aber weniger belastet, und ob es gewichtige öffentliche Belange gibt, hinter denen die Interessen des Eigentümers zurückstehen müssen. 45Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2002 – 1 BvR 1402/01 –, juris, Rn. 17; BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2002 – 4 CN 6.01 –, juris, Rn. 10 und 13; OVG NRW, Urteile vom 21. Januar 2021 – 10 D 104/18.NE –, juris, Rn. 78, vom 27. Mai 2013 – 2 D 37/12.NE –, juris, Rn. 168, vom 17. Februar 2012 – 2 D 49/10.NE –, juris, Rn. 125, und vom 16. September 2005 – 7 D 62/04.NE –, juris, Rn. 112 ff. 46Davon ausgehend war die Abwägung im Hinblick auf die Eigentümerinteressen sowohl hinsichtlich der Festsetzung eines Teils des Plangebiets als öffentliche Grünfläche als auch hinsichtlich der Festsetzungen für das GE1, soweit dort nur Lagerplätze zulässig sind und die Höhe baulicher Anlagen auf 2,50 m beschränkt ist, fehlerhaft. Dies gilt auch, soweit in dem Mischgebiet nur eine sehr kleine überbaubare Grundstücksfläche festgesetzt ist. Diese Fehler haben die Unwirksamkeit der jeweiligen Festsetzungen zur Folge. 47Der Rat hat die für und gegen die Festsetzung der besagten öffentlichen Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Sichtschutzanlage“ sprechenden Belange nicht hinreichend ermittelt und sie auch nicht ihrem objektiven Gewicht entsprechend in die Abwägung eingestellt. 48Grundsätzlich ist es der Gemeinde unbenommen, die Verwirklichung der städtebaulichen Entwicklung, die ihr für einen bestimmten Teil des Gemeindegebiets konkret vorschwebt, im Wege der Bauleitplanung zu sichern. Dazu kann sie in Bebauungsplänen auch Festsetzungen treffen, die Flächen, deren jeweilige tatsächliche oder geplante Nutzungen nach ihren Vorstellungen städtebaulich nicht miteinander harmonieren oder sich nicht vertragen, voneinander trennen. Eine solche Trennung kann gegebenenfalls auch durch Festsetzungen bewerkstelligt werden, die nach dem Willen der Gemeinde ausschließlich auf eine optische Abschirmung der einen gegenüber der anderen Fläche abzielen. So können unter Umständen geordnete städtebauliche Strukturen geschaffen werden, die die Qualität der jeweils unterschiedlich genutzten Bereiche mit ihren jeweiligen Nutzungen beziehungsweise Nutzungsschwerpunkten stärken. 49Soweit der Rat hier mit der Festsetzung der öffentlichen Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Sichtschutzanlage“ gerade auch darauf abzielt, visuelle Beeinträchtigungen „des Wohn- und Dienstleistungsstandorts K.“ zu vermeiden, fehlt es jedoch an einer ausreichenden Ermittlung der insoweit maßgeblichen Umstände, die überdies zu einer Fehlgewichtung des Belangs geführt haben. 50In der Planbegründung heißt es, dass visuellen Beeinträchtigungen nicht nur „auf Erdgeschosshöhe“, sondern auch in den oberen Geschossen der Gebäude im K. begegnet werden solle (Planbegründung Seite 17 unten). Was der Rat unter einer visuellen Beeinträchtigung versteht, ergibt sich aus der Planbegründung nicht. Der von ihm verwendete Begriff der „Sichtschutzanlage“ ist wohl verfehlt, denn hierunter versteht man üblicherweise eine Anlage, die in erster Linie eine Fläche oder ein Objekt und deren Nutzer vor fremden Blicken schützen soll. Hier ist das Gegenteil gewollt. Es sollen die Flächen, die im GE1 liegen, und die mit ihrer zugelassenen gewerblichen Nutzung ermöglichten Aktivitäten so nach außen hin abgeschirmt werden, dass ihr vom Rat pauschal als unschön oder gar hässlich bewerteter Anblick die aktuellen oder künftigen Bewohner und sonstigen Nutzer der auf den Grundstücken westlich der Gleisanlagen vorhandenen oder geplanten Gebäude nicht stören und schlimmstenfalls dazu veranlassen kann, die Nutzung aufzugeben oder gar nicht erst aufzunehmen. Schon die grundlegende Annahme des Rates, dass die optische Wahrnehmung einer jeglichen gewerblichen Nutzung auf den vergleichsweise weit entfernten Flächen im GE1 aus den Fenstern der Gebäude im K. derart störend sei, dass sie die Qualität der Nutzung dieser Gebäude erheblich herabsetze, ist aus verschiedenen Gründen fragwürdig. Der Rat hat es unterlassen, sich ein genaues Bild davon zu machen, welchen Schutz die Nutzungen westlich der Q.-straße – ausgehend von seinen planerischen Zielen – überhaupt benötigen und mit welchen planerischen Mitteln ein solcher Schutzbedarf umgesetzt werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es wohl keinen unmittelbaren planungsrechtlichen Ansatz dafür gibt, dass der einzelne Nutzer eines Gebäudes in einem festgesetzten Baugebiet davor geschützt werden muss, beim Blick aus einem Fenster des Gebäudes oder beim Blick von einem Balkon oder von einer Terrasse aus den unschönen oder hässlichen Anblick eines in einiger Entfernung stehenden anderen Gebäudes oder der Nutzung einer Freifläche zu ertragen. Der entsprechende Schutzbedarf einer Bebauung kann sich mithin nur daraus ergeben, dass, würde diese nicht vor dem besagten unschönen oder hässlichen Anblick abgeschirmt, sie sich entgegen der städtebaulichen Vorstellungen der Gemeinde nur schwer oder gar nicht verwirklichen ließe oder – wenn sie bereits vorhanden ist – sie zumindest die ihr zugedachte städtebauliche Funktion einbüßen könnte. Ausweislich der Planbegründung befinden sich in dem Bereich nördlich der Straße I1., der im Flächennutzungsplan als gemischte Baufläche dargestellt ist, Einrichtungen der U. Inwieweit diese Einrichtungen in der Nachbarschaft des K1. dessen Schutzwürdigkeit im Hinblick auf die optischen Einwirkungen gewerblicher Nutzungen herabsetzt, hat der Rat nicht untersucht. Er hat sich auch nicht dazu verhalten, dass der Bebauungsplan Nr. Teil 1 – K. – die Flächen zwischen der Straße I1. und der E.-Straße, die westlich an die Q.-straße angrenzen, als Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Dienstleistungsgebiet festsetzt, in dem nach Nr. 2 der dortigen textlichen Festsetzungen Büro- und Verwaltungsgebäude sowie Gebäude für freie Berufe im Sinne des § 13 BauNVO und Wohnungen nur für Aufsichts- und Bereitschaftspersonal sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter zulässig sind. Die dortigen Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, insbesondere zur zwingend vorgegebenen Anzahl der Vollgeschosse zusammen mit der Gebäudehöhe und der Dachform, bewirken im Falle ihrer Umsetzung, dass die in dem Sondergebiet errichteten Gebäude die künftigen Wohngebäude in den weiter westlich festgesetzten allgemeinen Wohngebieten gegenüber der Q.-straße, den östlich daran angrenzenden Gleisanlagen und den noch weiter östlich gelegenen Flächen und ihren baulichen Nutzungen abschirmen. Darüber hinaus sieht der Bebauungsplan Nr. Teil 1 – K. – Flächen für Anpflanzungen westlich der Q.-straße vor. Im südlichen Teil seines Plangebiets ist in einem Teilbereich westlich der Q.-straße eine öffentliche Grünfläche und im nördlichen Teil – östlich der Q.-straße – eine öffentliche Verkehrsfläche (Parkfläche) festgesetzt, die ausweislich ihrer Bezeichnung als „Grünanlage“ ebenfalls begrünt werden soll und nach den verfügbaren Luftbilder tatsächlich begrünt ist. Im südlichen Teil seines Plangebiets ist östlich der Q.-straße ebenfalls ein Streifen als öffentliche Grünfläche festgesetzt. Der Bebauungsplan Nr. Teil 2 – T5.-T4. – setzt zwischen der E.-Straße und der Straße T4. Flächen für Anpflanzungen fest. Es ist nicht erkennbar, dass der Rat diese planerische und tatsächliche Situation in die Bewertung der Schutzbedürftigkeit des K1. hat einfließen lassen. 51Der Rat hat es zudem versäumt, sich ein ausreichend genaues Bild über die Wirkungen zu verschaffen, die mit der festgesetzten „Sichtschutzanlage“ zugunsten des K1. erreicht werden können. Alternative Standorte für die „Sichtschutzanlage“ hat er nicht genügend auf ihre Eignung untersucht. Ausweislich der Planbegründung hat er zwar erwogen, Abschirmungen entlang der Q.-straße vorzusehen, eine solche Lösung aber verworfen, weil derartige Abschirmungen zum Schutz der oberen Stockwerke der bis zu viergeschossigen Bebauung im K. nicht ausreichten (Seite 17 der Planbegründung). Welche zusätzliche Abschirmung die festgesetzte „Sichtschutzanlage“ gerade für die Bewohner beziehungsweise sonstigen Nutzer der oberen Geschosse der Gebäude westlich der Q.-straße im Vergleich zu einer Abschirmung durch eine vergleichbare Anlage an anderer Stelle bewirken wird, hat der Rat nicht ansatzweise ermittelt. Angesichts der in Rede stehenden Entfernungen der (künftigen) Gebäude im K. sowohl zu den Gleisanlagen als auch zu dem östlich daran angrenzenden Gewerbegebiet und der vergleichsweise geringen Höhe des festgesetzten Zauns, lässt sich das Ausmaß der mit der „Sichtschutzanlage“ gewollten Abschirmung auch unter Berücksichtigung der vorgegebenen lückenhaften Anpflanzungen von Einzelbäumen, die eine Höhe von vier bis sechs Meter erreichen sollen, nicht bloß abschätzen. Hinsichtlich der jenseits der Plangebietsgrenze weiter östlich gelegenen vorhandenen gewerblich genutzten Gebäude hätte die „Sichtschutzanlage“ aller Wahrscheinlichkeit nach keinen wesentlichen abschirmenden Effekt zugunsten der oberen Stockwerke der künftigen Gebäude westlich der Q.-straße. Eine Abschirmung unmittelbar östlich der Q.-straße hätte zudem auch den sicherlich wenig attraktiven Blick auf die östlich anschließenden Gleisanlagen verdeckt beziehungsweise eingeschränkt. 52Hat der Rat sich danach weder eine ausreichend konkrete Vorstellung über die Schutzwürdigkeit der künftigen Nutzungen westlich der Q.-straße bezogen auf die Beeinträchtigung durch den Anblick gewerblich genutzter Flächen östlich der Gleisanlagen gemacht noch insoweit die Vorteile einer abschirmenden Anlage östlich der Gleisanlagen gegenüber einer solchen unmittelbar östlich der Q.-straße genauer ermittelt, konnte er das mit der Festsetzung der öffentlichen Grünfläche zur Errichtung einer „Sichtschutzanlage“ verfolgte Interesse von vornherein nicht fehlerfrei gewichten. Die Abwägung dieses Interesses mit den Interessen der Grundstückeigentümer, von einer fremdnützigen Überplanung ihrer Grundstücke verschont zu bleiben, konnte so nicht fehlerfrei erfolgen. 53Der Rat hat die Interessen der Eigentümer der Grundstücke im GE1, ihre Grundstücke, auf denen nach den Festsetzungen des Bebauungsplans nur Lagerplätze zulässig sind und auf denen die Höhe baulicher Anlagen auf 2,50 m beschränkt ist, baulich auszunutzen, ebenfalls nicht fehlerfrei in die Abwägung eingestellt. Die besagten Festsetzungen sollen ausweislich der Planbegründung, wie die festgesetzte „Sichtschutzanlage“, dem Schutz des K1. vor visuellen Beeinträchtigungen dienen, die der Rat für den Fall des Heranrückens gewerblicher Nutzungen und gewerblicher Bauten mit mehr als 2,50 m Höhe an die westlich der Q.-straße liegenden Bauflächen befürchtet. 54Abgesehen davon, dass die Richtigkeit der Annahme des Rates, der Blick auf gewerblich genutzte Gebäude werde unabhängig von ihrer Höhe, ihrer Ausdehnung und ihrer Gestaltung stets als störend empfunden, zu bezweifeln ist, hat er sich auch insoweit keine ausreichend konkrete Vorstellung über die Schutzwürdigkeit der künftigen Nutzungen westlich der Q.-straße gemacht hat, deren Schutz er mit den angesprochenen Festsetzungen im Auge hatte. Vor diesem Hintergrund ist die Erwägung, eine „Aufweitung des Nutzungsspektrums“ unmittelbar hinter der „Sichtschutzanlage“ lasse visuelle Beeinträchtigungen unter anderem durch bauliche Anlagen erwarten (siehe die Bewertung und Abwägung der Stellungnahmen, Anlage 2 zur Sitzungsvorlage V/2010/0067/3, Seite 10), in dieser Pauschalität nicht tragfähig. Dass der Anblick eines Lagerplatzes über die „Sichtschutzanlage“ hinweg generell weniger unschön oder hässlich sein soll als der Anblick eines an derselben Stelle errichteten anderweitig gewerblich genutzten Gebäudes, dessen maximale Höhe und Ausdehnung durch Festsetzungen im Bebauungsplan hätten beschränkt werden können, ist nicht nachvollziehbar, denn gerade Lagerplätze wirken oftmals unaufgeräumt und die im Freien stattfindenden Lagerarbeiten können auch optisch für Unruhe sorgen. 55Vgl. hierzu Ziegler, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 8 BauNVO Rn. 25 (Stand der Bearbeitung: Juli 2018). 56Überdies können bei einem plankonformen Betrieb eines Lagerplatzes auch Hebevorrichtungen oder andere Maschinen eingesetzt werden, die gegebenenfalls mehr als 2,50 m hoch sind, die festgesetzte Zaunanlage unter Umständen deutlich überragen und sehr viel stärker den optischen Eindruck gewerblicher Betriebsamkeit erzeugen, als dies eine moderate Bebauung mit gewerblich genutzten Gebäuden könnte. Auch können gegebenenfalls die gelagerten Güter oder Gegenstände auf eine Höhe von mehr als 2,50 m angehäuft oder gestapelt werden, ohne dass die für bauliche Anlagen geltende Höhenbegrenzung für solche Haufen oder Stapel gelten würden. 57Unabhängig davon greift die Annahme des Rates, eine Zulassung anderer Nutzungsarten im GE1 sei nicht zielführend, weil die festgesetzte Beschränkung der maximal zulässigen Höhe baulicher Anlagen auf 2,50 m die Errichtung von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen nicht oder nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen erlaube, zu kurz. Die Annahme beruht auf dem Willen, die Höhe der künftigen baulichen Anlagen im GE1 so zu begrenzen, dass sie die „Sichtschutzanlage“ nicht überragen (siehe die Bewertung und Abwägung der Stellungnahmen, Anlage 2 zur Sitzungsvorlage V/2010/0067/3, Seite 12). Die Antragstellerin hat gegen diese Argumentation zutreffend eingewandt, dass im GE1 eine bis zu 2,50 m hohe eingeschossige gewerbliche Bebauung, die das vom Rat verfolgte planerische Ziel nicht beeinträchtigen würde, durchaus möglich sei. Außerdem knüpft die Argumentation des Rates an eine Höhe des Zauns, die nicht als maximale Höhe, sondern als Mindesthöhe festgesetzt ist. Würde der Zaun etwa 3,0 m hoch, könnten im GE1 auch Gebäude in dieser Höhe errichtet werden, ohne dass sie den Zaun überragen würden. Die gegenseitige Abhängigkeit von Art der Nutzung und Abschirmung hat der Rat zwar gesehen, aber nicht offengelegt, weshalb er die Höhe des Zauns in der besagten Form festgesetzt hat. Hinzu kommt, dass er davon ausgegangen ist, dass die westlich des Zauns vorgegebene Bepflanzung einen „Sichtschutz“ über den Zaun hinaus gewährleiste. Vor dem Hintergrund der vorstehend aufgezeigten Unstimmigkeiten ist nicht erkennbar, dass der Rat die Belange, die für und gegen die für das GE1 festgesetzten Nutzungsbeschränkungen sprechen, zutreffend beurteilt haben könnte. 58Demgegenüber stellt sich die Beschränkung der zulässigen Art baulicher Nutzungen auf Lagerplätze bei gleichzeitiger Beschränkung der maximal zulässigen Höhe baulicher Anlagen auf 2,50 m beziehungsweise auf die Höhe des Zauns, zumal unter Ausschluss von solchen Lagerplätzen, die bestimmten Anlagenklassen nach dem Abstandserlass NRW zuzuordnen sind, als erhebliche Einschränkung der baulichen Nutzbarkeit und des wirtschaftlichen Gebrauchs der Grundstücke im GE1 dar. Dies hat der Rat nicht ausreichend gewürdigt. Mit der Festsetzung zur zulässigen Art der baulichen Nutzung hat er im GE1 nur selbstständige Lagerplätze zugelassen, also Lagerplätze, bei denen das Lagern der Hauptbetriebszweck ist. Lagerplätze, die zu einem Gewerbebetrieb mit einem anderem Hauptbetriebszweck gehören, sind nach der Festsetzung unzulässig, da sich die Zulässigkeit solcher unselbstständiger Lagerplätze nach der Zulässigkeit des Gewerbebetriebs richten würde, zu dem sie gehören. 59Vgl. hierzu Ziegler, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, § 8 BauNVO Rn. 22 (Stand der Bearbeitung: Juli 2018). 60Die Annahme des Rates, mit der Beschränkung der zulässigen Art der baulichen Nutzung auf Lagerplätze trage er den privaten Interessen der Grundstückseigentümer Rechnung, war von vornherein so nicht tragfähig. Er räumt selbst ein, dass die Antragstellerin ihr im GE1 liegendes Grundstück nach den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht, wie von ihr konkret beabsichtigt, als Lagerplatz für ihren Betrieb nutzen könne, weil einer solchen Nutzung der Ausschluss von Anlagen bestimmter Anlagenklassen nach dem Abstandserlass NRW entgegenstehe (siehe die Bewertung und Abwägung der Stellungnahmen, Anlage 2 zur Sitzungsvorlage V/2010/0067/3, Seite 8). Ebenso räumt er ein, dass ihm die Nutzungsinteressen der Eigentümerin der im südlichen Teil des Plangebiets liegenden Flächen im GE1, der Antragstellerin im Parallelverfahren 10 D 16/20.NE, überhaupt nicht bekannt seien (siehe die Bewertung und Abwägung der Stellungnahmen, Anlage 2 zur Sitzungsvorlage V/2010/0067/3, Seite 13). Nach allem schränken die Festsetzungen zur zulässigen baulichen Nutzung die den Eigentümern der Grundstücke im GE1 verbleibenden Möglichkeiten zum wirtschaftlichen Gebrauch ihrer Grundstücke weitestgehend ein, ohne dass sich aus der Abwägungsentscheidung des Rates ein nachvollziehbares städtebaulich legitimes Interesse von solchem Gewicht ergäbe, das eine derart erhebliche Einschränkung rechtfertigen könnte. 61Das Interesse der Eigentümerin der in dem festgesetzten Mischgebiet liegenden Flurstücke 675 und 676, der Antragstellerin im Parallelverfahren 10 D 16/20.NE, diese baulich nutzen zu können, hat der Rat ebenfalls nicht fehlerfrei gewichtet. Er hat in dem Mischgebiet nur eine kleine überbaubare Grundstücksfläche festgesetzt, die mit dem Umriss der Ecke eines Gebäudes identisch ist, welches ganz überwiegend auf dem östlich an das Plangebiet angrenzenden Grundstück steht und dessen besagte Ecke in das Plangebiet hineinragt. Über diese zugelassene bauliche Nutzung hinaus kommt auf den Flächen im Mischgebiet nur die Errichtung von Nebenanlagen im Sinne des § 14 BauNVO in Betracht (§ 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO), wobei als Hauptanlage nur die außerhalb des Plangebiets zulässigen Nutzungen dienen können, sodass eine sinnvolle Nutzung der Flächen für eigene Zwecke der Antragstellerin praktisch ausscheidet. Eine Begründung für eine solche Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten in dem Mischgebiet ergibt sich nicht aus der Planbegründung oder aus den Abwägungsvorschlägen der Verwaltung, die der Rat zum Inhalt des Satzungsbeschlusses gemacht hat. Sie ist auch nicht ausgehend von den mit dem Bebauungsplan verfolgten städtebaulichen Zielen des Rates sonst erkennbar. Dies genügt den Anforderungen, die an die Abwägung aller abwägungserheblichen Belange zu stellen sind, nicht. 62An der vorstehenden Beurteilung ändert sich nichts dadurch, dass der Rat hier mit den ehemaligen Anlagen der Bahn Flächen überplant hat, die bisher einer besonderen Zweckbestimmung unterlagen. Nach Aufhebung dieser Zweckbestimmung und Überleitung der Flächen in die allgemeine Planungshoheit der Gemeinde wird über deren bauliche oder sonstige Nutzung neu entschieden, wenn die Gemeinde hierfür einen Bebauungsplan aufstellt. Dass in einem solchen Fall für diese Flächen eine möglichst uneingeschränkte privatnützige bauliche Nutzung zugelassen wird, kann deren jeweiliger Eigentümer zwar grundsätzlich nicht verlangen, 63vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1988 – 4 C 48.86 –, juris, Rn. 45, 64doch entbindet dies den Plangeber nicht von seiner gesetzlichen Verpflichtung, auch die Eigentümerinteressen bei einer Überplanung früherer Bahnflächen in die Abwägung einzustellen. 65Die aufgezeigten Abwägungsfehler sind, auch wenn sie nur den Abwägungsvorgang betreffen sollten, beachtlich. 66Gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des Baugesetzbuchs für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans nur beachtlich, wenn entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist. § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB sieht vor, dass Fehler im Abwägungsvorgang nur erheblich sind, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Ein Fehler im Abwägungsvorgang ist offensichtlich, wenn er – wie hier – auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Mitglieder des Rates über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist. Er ist auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. 67Vgl. zum Beispiel BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 – 4 CN 1.11 –, juris, Rn. 16, m.w.N. 68Dies ist hier der Fall. Es erscheint nicht als ausgeschlossen, dass der Rat in Kenntnis der vorstehend aufgezeigten Ermittlungs- und Bewertungsdefizite anders geplant oder von der Planung insgesamt Abstand genommen hätte. 69Die Antragstellerin hat die Fehler im Abwägungsvorgang innerhalb der Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB hinreichend gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht. 70Die Unwirksamkeit der Festsetzungen, die auf den Abwägungsfehlern beruhen, führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans insgesamt. 71Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen dann nicht zu dessen Unwirksamkeit insgesamt, wenn seine übrigen Regelungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und wenn der Plangeber nach seinem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. 72Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. April 2013 – 4 BN 22.13 –, juris, Rn. 3, und vom 18. Februar 2009 – 4 B 54.08 –, juris, Rn. 5. 73Jedenfalls Letzteres ist hier zu verneinen. Die Festsetzung eines Teils des Plangebiets als öffentliche Grünfläche und die festgesetzten Nutzungseinschränkungen für das GE1, wonach dort nur Lagerplätze zulässig sind und die Höhe baulicher Anlagen regelmäßig auf 2,50 m beschränkt ist, sind nach den Vorstellungen des Rates wesentlich für die Erreichung der von ihm mit dem Bebauungsplan verfolgten städtebaulichen Ziele. Dass er im Zweifel eine Satzung beschlossen hätte, die bei Wegfall der besagten Nutzungseinschränkungen im GE1 – mit Ausnahme von Anlagen bestimmter Anlagenklassen nach dem Abstandserlass NRW – alle in einem Gewerbegebiet allgemein zulässigen baulichen Nutzungen ermöglichen würde, schließt der Senat aus. Auch darüber hinaus kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Rat eine Satzung mit den übrigen Regelungen beschlossen hätte. 74Ob der Bebauungsplan weitere Fehler hat, die seine Unwirksamkeit insgesamt zur Folge hätten, bedarf nach dem Vorstehenden keiner Entscheidung. 75Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 76Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 77Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. | der bebauungsplan nr. teil 7 abschnitt 1 bahnhof b. der stadt b. ist unwirksam. die antragsgegnerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die antragsgegnerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 von hundert des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die antragstellerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 von hundert des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die antragstellerin wendet sich gegen den bebauungsplan nr. teil 7 abschnitt 1 bahnhof b. der antragsgegnerin (im folgenden: bebauungsplan). sie ist eigentümerin des im nördlichen teil des plangebiets liegenden grundstücks gemarkung b., flur 17, flurstück 641. der geschäftsführer der antragstellerin, herr c. t., ist inhaber des einzelkaufmännischen unternehmens h. t., das am standort i. straße 2 eine immissionsschutzrechtlich genehmigte anlage zur behandlung (verwertung), lagerung und für den umschlag von abfällen betreibt. das flurstück 641 hat die antragstellerin durch notariellen kaufvertrag vom 23. dezember 2009 von der o. erworben. 3das circa 4,8 ha große, über rund 800 m langgestreckte plangebiet mit einer maximalen breite von etwa 80 m umfasst die in nord-süd-richtung verlaufenden gleisanlagen der deutschen bahn im bereich des bahnhofs b. und die jeweils westlich und östlich daran angrenzenden flächen. seine nördliche grenze liegt etwas nördlich des bahnhofsgebäudes, seine südliche grenze an der t1. straße. die unmittelbar östlich des plangebiets anschließenden flächen sind überwiegend gewerblich genutzt und als gewerbe- oder industriegebiet, im süden als mischgebiet festgesetzt. westlich des plangebiets liegt zwischen den straßen i1. im norden und der e.-straße im süden der „wohn- und dienstleistungsstandort k.“. in dem zugehörigen bebauungsplan sind die für eine bebauung vorgesehenen flächen entlang der straßen i1. und q.-straße als sondergebiet mit der zweckbestimmung dienstleistungsgebiet, das der unterbringung von öffentlichen und privaten dienstleistungsbetrieben dienen soll, und im übrigen als allgemeines wohngebiet festgesetzt. die für die bebauung vorgesehenen flächen westlich der q.-straße sind zwischen der e.-straße und der i2. in einem weiteren bebauungsplan als allgemeines wohngebiet festgesetzt. 4der regionalplan münsterland stellt das plangebiet als personenverkehrsstrecke vorwiegend für den regionalen verkehr und die östlich angrenzenden flächen als bereich für gewerbliche und industrielle nutzungen (gib) dar. 5im flächennutzungsplan ist das plangebiet als fläche für betriebsanlagen der eisenbahn und als gewerbliche baufläche dargestellt. 6der rat beschloss in seiner sitzung am 27. januar 2010 die aufstellung des bebauungsplans nr. teil 7 – bahnhof b. –. der aufstellungsbeschluss wurde im amtsblatt der antragsgegnerin vom 20. september 2018 und im amtsblatt vom 8. november 2018 ein weiteres mal bekannt gemacht. der rat billigte am 12. dezember 2018 den entwurf des bebauungsplans mit der begründung. der entwurf des bebauungsplans mit der begründung lag nach der bekanntmachung im amtsblatt vom 19. dezember 2018 in der zeit vom 27. dezember 2018 bis zum 1. februar 2019 öffentlich aus. parallel dazu fand die beteiligung der behörden und der sonstigen träger öffentlicher belange statt. der nach der ersten öffentlichen auslegung geänderte entwurf des bebauungsplans mit der begründung wurde aufgrund der bekanntmachung im amtsblatt vom 20. märz 2019 in der zeit vom 28. märz 2019 bis zum 29. april 2019 erneut öffentlich ausgelegt. parallel dazu fand eine erneute beteiligung der behörden und der sonstigen träger öffentlicher belange statt. eine weitere öffentliche auslegung des wiederum geänderten planentwurfs mit begründung erfolgte nach der bekanntmachung im amtsblatt in der zeit vom 26. juni 2019 bis zum 12. juli 2019. der rat beschloss den bebauungsplan in seiner sitzung am 10. september 2019 als satzung. der satzungsbeschluss wurde im amtsblatt vom 18. september 2019 bekannt gemacht. 7die planurkunde zeigt zwei darstellungen des plangebiets. die linke darstellung enthält festsetzungen und kennzeichnungen für die im zeitpunkt des satzungsbeschlusses gegenwärtige situation, in der der überwiegende teil des plangebiets der eisenbahnfachplanung unterfällt. die rechte darstellung, als beiblatt 1 bezeichnet, enthält festsetzungen und kennzeichnungen für den fall, dass teile der in der linken darstellung als bahnanlagen gekennzeichnete flächen aus dem regime der fachplanung entlassen werden. 8in der linken darstellung sind die der eisenbahnfachplanung unterfallenden flächen im westen des plangebiets farblich als flächen für bahnanlagen gekennzeichnet, wobei der östliche teil dieser kennzeichnung schraffiert ist. die schraffur bedeutet nach der legende der planurkunde, dass es sich um flächen handelt, auf denen nutzungen, betriebe und anlagen ohne bahnbetriebsbezogenheit, soweit sie der in beiblatt 1 dargestellten folgenutzung widersprechen, nicht zulässig sind. der östliche teil des plangebiets ist im äußersten süden als mischgebiet und im übrigen als gewerbegebiet festgesetzt, das in die teilgebiete ge1, ge2 und ge3 unterteilt ist. im ge1 sind ausschließlich lagerplätze zulässig (textliche festsetzung 01). die höhe baulicher anlagen ist im ge1 auf 2,50 m, im ge2 auf 7,60 m und im ge3 auf 10,20 m beschränkt (textliche festsetzung 03 (1) bis (3)). die überbaubaren grundstücksflächen sind in allen festgesetzten baugebieten durch baugrenzen bestimmt. auf gesondert abgegrenzten teilflächen des gewerbegebiets sind betriebe und anlagen bestimmter abstandsklassen nach der abstandsliste zum abstandserlass nrw nicht zulässig. die für das mischgebiet festgesetzte überbaubare grundstücksfläche ist nur wenige quadratmeter groß. sie ist identisch mit dem umriss einer ecke des ganz überwiegend außerhalb des plangebiets stehenden hauses t2.-straße 1a, die in das plangebiet hineinragt. 9in der rechten darstellung des plangebiets sind die flächen, die in der linken darstellung schraffiert sind, nicht als flächen für bahnanlagen gekennzeichnet, sondern – von westen nach osten – als „öffentliche grünfläche – sichtschutzanlage“, als „zaunanlage“ und als gewerbegebiet (ge1) festgesetzt. für die zaunanlage bestimmt der bebauungsplan eine höhe von 2,50 m als mindestmaß. sie ist als stabgitterzaun in den farben anthrazit oder grün auszuführen (textliche festsetzung 06) und an ihrer westseite vollflächig mit standortheimischen, ausdauernden und immergrünen kletterpflanzen – zum beispiel efeu – zu begrünen (textliche festsetzung 07). auf der planurkunde ist eine systemskizze in form einer schnittzeichnung der vorgegebenen sichtschutzanlage mit maßangaben aufgedruckt. danach bildet der zaun den östlichen abschluss der 4,0 m breiten öffentlichen grünfläche. im abstand von jeweils 2,0 m zum zaun beziehungsweise zum westlichen rand der öffentlichen grünfläche sollen an festgesetzten standorten standortheimische laubbäume (hochstamm) mit einem vorgegebenen stammumfang gepflanzt werden (textliche festsetzung 05). die westliche baugrenze im ge1 ist im abstand von 3,0 m zu der öffentlichen grünfläche und zu dem sie nach osten hin abschließenden zaun festgesetzt. hinsichtlich der auf 2,50 m begrenzten höhe baulicher anlagen im ge1 kann ausnahmsweise eine abweichung zugelassen werden, soweit die höhe der sichtschutzanlage nicht überschritten wird (textliche festsetzung 03 (4)). die in der rechten darstellung des plangebiets festgesetzte folgenutzung der bahnanlagen ist erst nach deren freistellung von bahnbetriebszwecken durch erlass eines freistellungsbescheids zulässig (textliche festsetzung 10 (1)). die folgenutzung als gewerbegebiet einschließlich vorbereitender maßnahmen ist erst zulässig, wenn die sichtschutzanlage auf der öffentlichen grünfläche fertiggestellt ist (textliche festsetzung 10 (2)). die abgrenzung von teilflächen des gewerbegebiets, in denen betriebe und anlagen bestimmter abstandsklassen nach der abstandsliste zum abstandserlass nrw nicht zulässig sind, wird für die östlich der öffentlichen grünfläche mit der zaunanlage festgesetzten gewerbegebietsflächen, die in der linken darstellung noch zu den schraffierten flächen gehören, fortgesetzt. im übrigen entsprechen die festsetzungen denen in der linken darstellung des plangebiets. 10in der planbegründung heißt es: die o. habe ende 2009 die brachliegenden bahnflächen östlich der gleisanlagen ungeachtet ihrer eisenbahnrechtlichen widmung veräußert. die neuen grundstückseigentümer beabsichtigten, die flächen gewerblich zu nutzen, was die aufstellung eines bebauungsplans erforderlich mache. bereits am 26. mai 2009 habe der rat den städtebaulichen rahmenplan q.-straße beschlossen, dessen gegenstand die entwicklung eines wohn- und dienstleistungsstandorts, des k1., sei. zur umsetzung des rahmenplans habe der rat am 18. november 2010 den bebauungsplan nr. teil 1 – k. – sowie am 22. märz 2011 die 2. änderung des bebauungsplans nr. teil 2 – t3.-t4. – beschlossen. durch ein heranrücken der auf den ehemaligen bahnflächen geplanten gewerblichen nutzungen an das k. sei das ziel des rahmenplans, es zu einem wohn- und dienstleistungsstandort zu entwickeln, tendenziell gefährdet. dabei seien neben den von den gewerblichen nutzungen möglicherweise ausgehenden immissionen insbesondere visuelle beeinträchtigungen der bewohner und sonstigen nutzer der gebäude im künftigen k. von bedeutung. es sei beabsichtigt, auch für das weitere bahnhofsumfeld einen städtebaulichen rahmenplan aufzustellen, um die mit der modernisierung des bahnhofs verbundenen impulse für die städtebauliche entwicklung seines umfeldes nutzbar zu machen. gewerbliche nutzungen unmittelbar östlich der gleisanlagen würden diese gewollte städtebauliche aufwertung zumindest erschweren. zur verwirklichung der beschriebenen entwicklungsziele sehe der bebauungsplan die errichtung einer sichtschutzanlage unmittelbar östlich der bahnanlagen vor. dazu solle ein mindestens 4,0 m breiter bepflanzter grünstreifen mit einem zaun angelegt werden. der grünstreifen werde als öffentliche grünfläche, die übrigen flächen im plangebiet würden überwiegend als gewerbegebiet festgesetzt. um zu verhindern, dass die gewerbliche bebauung näher an die schutzbedürftigen künftigen nutzungen westlich der gleisanlagen heranrücke, sollten die als gewerbegebiet festgesetzten flächen weitgehend von bebauung freigehalten werden. deshalb werde die dort zulässige nutzung ihrer art nach eingeschränkt sowie die höhe baulicher anlagen begrenzt. auf diese weise solle ein städtebaulich geordneter übergang zwischen den wohn- und dienstleistungsnutzungen im umfeld des bahnhofs und dem gewerbegebiet östlich der gleisanlagen geschaffen werden. trotz der festsetzung der öffentlichen grünfläche bleibe die private nutzbarkeit der flächen im plangebiet zum größten teil erhalten. die antragsgegnerin trage die kosten der sichtschutzanlage. die eigentümer der grundstücke im festgesetzten gewerbegebiet hätten sich gegenüber der o. ohnehin verpflichtet, diese grundstücke zu den gleisanlagen hin einzufrieden. sie könnten von der antragsgegnerin die übernahme der als öffentliche grünfläche festgesetzten flächen verlangen. überdies sei ihnen ein flächentausch angeboten worden. um schädliche umwelteinwirkungen auf schutzbedürftige nutzungen außerhalb des plangebiets soweit wie möglich zu vermeiden, sei das gewerbegebiet auf der grundlage der abstandsliste zum abstandserlass nrw hinsichtlich der zulässigkeit von betrieben und anlagen bestimmter abstandsklassen gegliedert. die allgemeine zweckbestimmung des gewerbegebiets sei trotz dieser gliederung gewahrt. 11die antragstellerin, die mit schreiben vom 2. januar 2019 einwendungen gegen die planung erhoben hatte, hat am 2. märz 2020 den normenkontrollantrag gestellt. 12zur begründung trägt sie im wesentlichen vor: 13der bebauungsplan sei nicht erforderlich, soweit er für ihr flurstück 641 nur lagerplätze zulasse. die festsetzung einer einzigen möglichen gewerblichen nutzung, die den grundeigentümer vor die wahl stelle, sein grundstück im fremden interesse auf diese weise oder gar nicht zu nutzen, stelle keine anzuerkennende form städtebaulicher ordnung oder entwicklung dar. selbst wenn das grundstück tatsächlich der festsetzung entsprechend genutzt werden sollte, änderte sich daran nichts, denn die festsetzung solle die nutzung auf unabsehbare zeit auch für den fall festschreiben, dass das private interesse an einer nutzung als lagerplatz wegfalle. zur gewährleistung einer städtebaulichen ordnung habe der gesetzgeber einen katalog von baugebietstypen und zur weiteren notwendigen differenzierung das instrumentarium des § 1 abs. 5 bis 9 baunvo zur verfügung gestellt. durch die reduzierung auf nur eine nutzungsart könne der plangeber, worauf die bauleitplanung grundsätzlich nicht angelegt sei, im wege der angebotsplanung eine bestimmte nutzung von grundstücken quasi erzwingen, was der baunutzungsverordnung und den baugebietsfestsetzungen fremd sei. 14die gliederung des gewerbegebiets nach der abstandsliste zum abstandserlass nrw sei unwirksam. 15nichts anderes gelte für die festsetzung des mischgebiets im süden des plangebiets. auch unter berücksichtigung der östlich angrenzenden bebauung außerhalb des plangebiets werde sich dort die notwendige durchmischung von wohnen und gewerbe nicht einstellen. die erforderlichen festsetzungen zur zahl der zulässigen vollgeschosse oder zur höhe baulicher anlagen treffe der bebauungsplan für das mischgebiet nicht. 16der bebauungsplan beruhe auf einer fehlerhaften abwägung. 17soweit er für grundstücke im ge1 nur eine nutzung als lagerplatz zulasse, sei diese dauerhafte einschränkung durch das ziel, einen städtebaulich geordneten übergang zu den wohn- und dienstleistungsnutzungen westlich der gleisanlagen in form eines ausschlusses störender oder visuell beeinträchtigender nutzungen zu schaffen, nicht gerechtfertigt. die einschränkung stehe außer verhältnis zu dem zweck, dessen verwirklichung sie diene. die zulassung von gewerbebetrieben, die das wohnen nicht wesentlich störten, von eingeschossigen bürogebäuden, von stellplätzen oder von ähnlichen nutzungen wäre möglich, ohne dass das besagte planungsziel gefährdet wäre. auch hätte die maximal zulässige höhe baulicher anlagen ohne negative auswirkungen auf das planungsziel maßvoll auf 2,75 m oder 3,0 m festgesetzt werden können, zumal auf der festgesetzten öffentlichen grünfläche die pflanzung von vier bis sechs meter hohen bäumen vorgegeben sei. 18sie beabsichtige, auf dem flurstück 641 einen lagerplatz zu errichten, der in einem betrieblichen zusammenhang mit der nördlich gelegenen anlage des unternehmens h. t. stehen solle. ein interesse an dem betrieb eines selbstständigen lagerplatzes habe sie nicht. auf der grundlage des bebauungsplans könne sie ihre betrieblichen ziele nicht verwirklichen. dies habe die antragsgegnerin verkannt. 19bei der festsetzung der überbaren grundstücksfläche im mischgebiet sei das interesse an einer wirtschaftlichen nutzung der dortigen grundstücke nicht beachtet worden. für eine derart rigide einschränkung der baulichen nutzung gebe es keine städtebaulichen gründe. um eine visuelle abschirmung könne es ganz im süden des plangebiets, fernab vom umfeld des bahnhofs, nicht gehen. der rat habe folgerichtig darauf verzichtet, die der abschirmung dienende öffentliche grünfläche und den zaun auch im mischgebiet vorzusehen. 20die festsetzung der öffentlichen grünfläche und des zauns auf ihrem flurstück 642 sei ein erheblicher eingriff in ihr eigentum, der sich durch den gewollten „milieuschutz“ zugunsten der künftigen nutzungen westlich der gleisanlagen nicht rechtfertigten lasse. zur erreichung dieses planungsziels hätte es andere lösungen gegeben, die ihr eigentumsrecht deutlich weniger beeinträchtigt hätten. 21die textliche festsetzung 10, wonach die folgenutzung als gewerbegebiet erst nach der fertigstellung der sichtschutzanlage zulässig sei, berücksichtige nicht, dass die eigentümer der grundstücke im gewerbegebiet keinen einfluss auf die fertigstellung der sichtschutzanlage hätten beziehungsweise es ihnen nicht zugemutet werden könne, eine solche anlage auf eigene kosten zu errichten. 22die antragstellerin beantragt schriftsätzlich, 23den bebauungsplan nr. teil 7 abschnitt 1 bahnhof b. der antragsgegnerin für unwirksam zu erklären. 24die antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich, 25den antrag abzulehnen. 26von einer antragserwiderung hat sie abgesehen. 27wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen aufstellungsvorgänge (beiakten hefte 1 bis 6 zum parallelverfahren 10 d 16/20.ne) bezug genommen. 28 | 29der senat entscheidet im einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung durch die berichterstatterin. 30der antrag hat erfolg. 31er ist zulässig. 32die antragstellerin ist als eigentümerin eines im plangebiet liegenden grundstücks nach § 47 abs. 2 vwgo antragsbefugt. 33der antrag ist auch begründet. 34der bebauungsplan ist unwirksam. er hat beachtliche materielle mängel. 35allerdings ist er von seiner grundkonzeption her im sinne von § 1 abs. 3 satz 1 baugb städtebaulich gerechtfertigt. 36nach dieser vorschrift haben die gemeinden die bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche entwicklung und ordnung erforderlich ist. welche städtebaulichen ziele die gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen ermessen. die erforderliche planrechtfertigung ist gegeben, wenn der bebauungsplan nach seinem inhalt auf die städtebauliche entwicklung und ordnung ausgerichtet und nach der planerischen konzeption der zur planung berufenen gemeinde als mittel hierfür erforderlich ist. nicht erforderlich ist ein bebauungsplan in aller regel erst, wenn er nicht dem wahren willen der gemeinde entspricht, weil zwischen planungswillen und planungsinhalt eine diskrepanz besteht, bei groben und einigermaßen offensichtlichen, von keiner nachvollziehbaren positiven planungskonzeption getragenen planerischen missgriffen, oder wenn der plan auf unabsehbare zeit vollzugsunfähig ist. 37vgl. bverwg, urteil vom 5. mai 2015 – 4 cn 4.14 –, juris, rn. 10. 38dem bebauungsplan liegt ausweislich der planbegründung eine von städtebaulich legitimen zielen getragene positive planungskonzeption zugrunde. der rat will einen städtebaulich geordneten übergang zwischen dem neu zu gestaltenden bahnhofsumfeld einschließlich der wohn- und dienstleistungsnutzungen entlang der q.-straße und den östlich der gleisanlagen gelegenen gewerblich genutzten flächen schaffen und damit das bahnhofsumfeld und den „wohn- und dienstleistungsstandort k.“ vor beeinträchtigungen durch eine gewerbliche nutzung der flächen östlich der gleisanlagen bewahren (§ 1 abs. 6 nr. 4 und nr. 7 buchstabe c) baugb). 39der bebauungsplan beruht jedoch auf beachtlichen fehlern bei der nach § 1 abs. 7 baugb gebotenen abwägung. 40gemäß § 1 abs. 7 baugb sind die öffentlichen und privaten belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. das abwägungsgebot umfasst als verfahrensnorm das gebot zur ermittlung und bewertung des abwägungsmaterials (§ 2 abs. 3 baugb) und stellt inhaltlich anforderungen an den abwägungsvorgang und an das abwägungsergebnis. es ist verletzt, wenn eine sachgerechte abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die abwägung belange nicht eingestellt werden, die nach lage der dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die bedeutung der betroffenen belange verkannt oder wenn der ausgleich zwischen den von der planung berührten belangen in einer weise vorgenommen wird, die zur objektiven gewichtigkeit einzelner belange außer verhältnis steht. innerhalb des so gezogenen rahmens ist dem abwägungserfordernis genügt, wenn sich die zur planung berufene gemeinde im widerstreit verschiedener belange für die bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die zurückstellung des anderen belangs entscheidet. 41vgl. ovg nrw, urteil vom 22. september 2015 – 10 d 82/13.ne –, juris, rn. 30. 42eine ordnungsgemäße städtebauliche planung setzt, gerade wenn sie die belange privater nicht unerheblich beeinträchtigt, voraus, dass städtebaulich beachtliche allgemeinbelange von hinreichendem gewicht für sie sprechen. das durch art. 14 abs. 1 satz 1 gg gewährleistete eigentumsrecht gehört in hervorgehobener weise zu den bei der bauleitplanung zu berücksichtigenden privaten belangen. es schützt nicht nur die substanz des eigentums, sondern erfordert auch die beachtung des verfassungsrechtlichen grundsatzes der verhältnismäßigkeit und des allgemeinen gleichheitssatzes, wenn die ausübung des eigentumsrechts eingeschränkt werden soll. die nutzungsmöglichkeiten, die die eigentümer der im plangebiet gelegenen grundstücke bisher hatten, sind, wie auch diejenigen, die ihnen nach der planung verbleiben sollen, als wichtige private belange in die abwägung einzustellen. 43vgl. bverwg, beschluss vom 15. mai 2013 – 4 bn 1.13 –, juris, rn. 17. 44soll ein privates grundstück fremdnützig überplant werden, muss die gemeinde, will sie eine verletzung des eigentumsrechts vermeiden, den geringstmöglichen eingriff wählen, um dem grundsatz der verhältnismäßigkeit zu genügen. ein mit der aufstellung eines bebauungsplans verbundener hoheitlichen eingriff in das eigentumsrecht muss, wenn er verhältnismäßig sein soll, geeignet sein, das planungsziel zu erreichen, er muss in dem sinne erforderlich sein, dass er das den eigentümer am wenigsten belastende mittel darstellt, und er muss darauf achten, dass schwere und nutzen des eingriffs in einem ausgewogenen verhältnis stehen. bei der fremdnützigen überplanung von grundstücken muss also stets geprüft werden, ob es ein milderes mittel gibt, das zur zweckerreichung annähernd gleich geeignet ist, den eigentümer aber weniger belastet, und ob es gewichtige öffentliche belange gibt, hinter denen die interessen des eigentümers zurückstehen müssen. 45vgl. bverfg, beschluss vom 19. dezember 2002 – 1 bvr 1402/01 –, juris, rn. 17; bverwg, urteil vom 6. juni 2002 – 4 cn 6.01 –, juris, rn. 10 und 13; ovg nrw, urteile vom 21. januar 2021 – 10 d 104/18.ne –, juris, rn. 78, vom 27. mai 2013 – 2 d 37/12.ne –, juris, rn. 168, vom 17. februar 2012 – 2 d 49/10.ne –, juris, rn. 125, und vom 16. september 2005 – 7 d 62/04.ne –, juris, rn. 112 ff. 46davon ausgehend war die abwägung im hinblick auf die eigentümerinteressen sowohl hinsichtlich der festsetzung eines teils des plangebiets als öffentliche grünfläche als auch hinsichtlich der festsetzungen für das ge1, soweit dort nur lagerplätze zulässig sind und die höhe baulicher anlagen auf 2,50 m beschränkt ist, fehlerhaft. dies gilt auch, soweit in dem mischgebiet nur eine sehr kleine überbaubare grundstücksfläche festgesetzt ist. diese fehler haben die unwirksamkeit der jeweiligen festsetzungen zur folge. 47der rat hat die für und gegen die festsetzung der besagten öffentlichen grünfläche mit der zweckbestimmung „sichtschutzanlage“ sprechenden belange nicht hinreichend ermittelt und sie auch nicht ihrem objektiven gewicht entsprechend in die abwägung eingestellt. 48grundsätzlich ist es der gemeinde unbenommen, die verwirklichung der städtebaulichen entwicklung, die ihr für einen bestimmten teil des gemeindegebiets konkret vorschwebt, im wege der bauleitplanung zu sichern. dazu kann sie in bebauungsplänen auch festsetzungen treffen, die flächen, deren jeweilige tatsächliche oder geplante nutzungen nach ihren vorstellungen städtebaulich nicht miteinander harmonieren oder sich nicht vertragen, voneinander trennen. eine solche trennung kann gegebenenfalls auch durch festsetzungen bewerkstelligt werden, die nach dem willen der gemeinde ausschließlich auf eine optische abschirmung der einen gegenüber der anderen fläche abzielen. so können unter umständen geordnete städtebauliche strukturen geschaffen werden, die die qualität der jeweils unterschiedlich genutzten bereiche mit ihren jeweiligen nutzungen beziehungsweise nutzungsschwerpunkten stärken. 49soweit der rat hier mit der festsetzung der öffentlichen grünfläche mit der zweckbestimmung „sichtschutzanlage“ gerade auch darauf abzielt, visuelle beeinträchtigungen „des wohn- und dienstleistungsstandorts k.“ zu vermeiden, fehlt es jedoch an einer ausreichenden ermittlung der insoweit maßgeblichen umstände, die überdies zu einer fehlgewichtung des belangs geführt haben. 50in der planbegründung heißt es, dass visuellen beeinträchtigungen nicht nur „auf erdgeschosshöhe“, sondern auch in den oberen geschossen der gebäude im k. begegnet werden solle (planbegründung seite 17 unten). was der rat unter einer visuellen beeinträchtigung versteht, ergibt sich aus der planbegründung nicht. der von ihm verwendete begriff der „sichtschutzanlage“ ist wohl verfehlt, denn hierunter versteht man üblicherweise eine anlage, die in erster linie eine fläche oder ein objekt und deren nutzer vor fremden blicken schützen soll. hier ist das gegenteil gewollt. es sollen die flächen, die im ge1 liegen, und die mit ihrer zugelassenen gewerblichen nutzung ermöglichten aktivitäten so nach außen hin abgeschirmt werden, dass ihr vom rat pauschal als unschön oder gar hässlich bewerteter anblick die aktuellen oder künftigen bewohner und sonstigen nutzer der auf den grundstücken westlich der gleisanlagen vorhandenen oder geplanten gebäude nicht stören und schlimmstenfalls dazu veranlassen kann, die nutzung aufzugeben oder gar nicht erst aufzunehmen. schon die grundlegende annahme des rates, dass die optische wahrnehmung einer jeglichen gewerblichen nutzung auf den vergleichsweise weit entfernten flächen im ge1 aus den fenstern der gebäude im k. derart störend sei, dass sie die qualität der nutzung dieser gebäude erheblich herabsetze, ist aus verschiedenen gründen fragwürdig. der rat hat es unterlassen, sich ein genaues bild davon zu machen, welchen schutz die nutzungen westlich der q.-straße – ausgehend von seinen planerischen zielen – überhaupt benötigen und mit welchen planerischen mitteln ein solcher schutzbedarf umgesetzt werden kann. dabei ist zu berücksichtigen, dass es wohl keinen unmittelbaren planungsrechtlichen ansatz dafür gibt, dass der einzelne nutzer eines gebäudes in einem festgesetzten baugebiet davor geschützt werden muss, beim blick aus einem fenster des gebäudes oder beim blick von einem balkon oder von einer terrasse aus den unschönen oder hässlichen anblick eines in einiger entfernung stehenden anderen gebäudes oder der nutzung einer freifläche zu ertragen. der entsprechende schutzbedarf einer bebauung kann sich mithin nur daraus ergeben, dass, würde diese nicht vor dem besagten unschönen oder hässlichen anblick abgeschirmt, sie sich entgegen der städtebaulichen vorstellungen der gemeinde nur schwer oder gar nicht verwirklichen ließe oder – wenn sie bereits vorhanden ist – sie zumindest die ihr zugedachte städtebauliche funktion einbüßen könnte. ausweislich der planbegründung befinden sich in dem bereich nördlich der straße i1., der im flächennutzungsplan als gemischte baufläche dargestellt ist, einrichtungen der u. inwieweit diese einrichtungen in der nachbarschaft des k1. dessen schutzwürdigkeit im hinblick auf die optischen einwirkungen gewerblicher nutzungen herabsetzt, hat der rat nicht untersucht. er hat sich auch nicht dazu verhalten, dass der bebauungsplan nr. teil 1 – k. – die flächen zwischen der straße i1. und der e.-straße, die westlich an die q.-straße angrenzen, als sondergebiet mit der zweckbestimmung dienstleistungsgebiet festsetzt, in dem nach nr. 2 der dortigen textlichen festsetzungen büro- und verwaltungsgebäude sowie gebäude für freie berufe im sinne des § 13 baunvo und wohnungen nur für aufsichts- und bereitschaftspersonal sowie für betriebsinhaber und betriebsleiter zulässig sind. die dortigen festsetzungen zum maß der baulichen nutzung, insbesondere zur zwingend vorgegebenen anzahl der vollgeschosse zusammen mit der gebäudehöhe und der dachform, bewirken im falle ihrer umsetzung, dass die in dem sondergebiet errichteten gebäude die künftigen wohngebäude in den weiter westlich festgesetzten allgemeinen wohngebieten gegenüber der q.-straße, den östlich daran angrenzenden gleisanlagen und den noch weiter östlich gelegenen flächen und ihren baulichen nutzungen abschirmen. darüber hinaus sieht der bebauungsplan nr. teil 1 – k. – flächen für anpflanzungen westlich der q.-straße vor. im südlichen teil seines plangebiets ist in einem teilbereich westlich der q.-straße eine öffentliche grünfläche und im nördlichen teil – östlich der q.-straße – eine öffentliche verkehrsfläche (parkfläche) festgesetzt, die ausweislich ihrer bezeichnung als „grünanlage“ ebenfalls begrünt werden soll und nach den verfügbaren luftbilder tatsächlich begrünt ist. im südlichen teil seines plangebiets ist östlich der q.-straße ebenfalls ein streifen als öffentliche grünfläche festgesetzt. der bebauungsplan nr. teil 2 – t5.-t4. – setzt zwischen der e.-straße und der straße t4. flächen für anpflanzungen fest. es ist nicht erkennbar, dass der rat diese planerische und tatsächliche situation in die bewertung der schutzbedürftigkeit des k1. hat einfließen lassen. 51der rat hat es zudem versäumt, sich ein ausreichend genaues bild über die wirkungen zu verschaffen, die mit der festgesetzten „sichtschutzanlage“ zugunsten des k1. erreicht werden können. alternative standorte für die „sichtschutzanlage“ hat er nicht genügend auf ihre eignung untersucht. ausweislich der planbegründung hat er zwar erwogen, abschirmungen entlang der q.-straße vorzusehen, eine solche lösung aber verworfen, weil derartige abschirmungen zum schutz der oberen stockwerke der bis zu viergeschossigen bebauung im k. nicht ausreichten (seite 17 der planbegründung). welche zusätzliche abschirmung die festgesetzte „sichtschutzanlage“ gerade für die bewohner beziehungsweise sonstigen nutzer der oberen geschosse der gebäude westlich der q.-straße im vergleich zu einer abschirmung durch eine vergleichbare anlage an anderer stelle bewirken wird, hat der rat nicht ansatzweise ermittelt. angesichts der in rede stehenden entfernungen der (künftigen) gebäude im k. sowohl zu den gleisanlagen als auch zu dem östlich daran angrenzenden gewerbegebiet und der vergleichsweise geringen höhe des festgesetzten zauns, lässt sich das ausmaß der mit der „sichtschutzanlage“ gewollten abschirmung auch unter berücksichtigung der vorgegebenen lückenhaften anpflanzungen von einzelbäumen, die eine höhe von vier bis sechs meter erreichen sollen, nicht bloß abschätzen. hinsichtlich der jenseits der plangebietsgrenze weiter östlich gelegenen vorhandenen gewerblich genutzten gebäude hätte die „sichtschutzanlage“ aller wahrscheinlichkeit nach keinen wesentlichen abschirmenden effekt zugunsten der oberen stockwerke der künftigen gebäude westlich der q.-straße. eine abschirmung unmittelbar östlich der q.-straße hätte zudem auch den sicherlich wenig attraktiven blick auf die östlich anschließenden gleisanlagen verdeckt beziehungsweise eingeschränkt. 52hat der rat sich danach weder eine ausreichend konkrete vorstellung über die schutzwürdigkeit der künftigen nutzungen westlich der q.-straße bezogen auf die beeinträchtigung durch den anblick gewerblich genutzter flächen östlich der gleisanlagen gemacht noch insoweit die vorteile einer abschirmenden anlage östlich der gleisanlagen gegenüber einer solchen unmittelbar östlich der q.-straße genauer ermittelt, konnte er das mit der festsetzung der öffentlichen grünfläche zur errichtung einer „sichtschutzanlage“ verfolgte interesse von vornherein nicht fehlerfrei gewichten. die abwägung dieses interesses mit den interessen der grundstückeigentümer, von einer fremdnützigen überplanung ihrer grundstücke verschont zu bleiben, konnte so nicht fehlerfrei erfolgen. 53der rat hat die interessen der eigentümer der grundstücke im ge1, ihre grundstücke, auf denen nach den festsetzungen des bebauungsplans nur lagerplätze zulässig sind und auf denen die höhe baulicher anlagen auf 2,50 m beschränkt ist, baulich auszunutzen, ebenfalls nicht fehlerfrei in die abwägung eingestellt. die besagten festsetzungen sollen ausweislich der planbegründung, wie die festgesetzte „sichtschutzanlage“, dem schutz des k1. vor visuellen beeinträchtigungen dienen, die der rat für den fall des heranrückens gewerblicher nutzungen und gewerblicher bauten mit mehr als 2,50 m höhe an die westlich der q.-straße liegenden bauflächen befürchtet. 54abgesehen davon, dass die richtigkeit der annahme des rates, der blick auf gewerblich genutzte gebäude werde unabhängig von ihrer höhe, ihrer ausdehnung und ihrer gestaltung stets als störend empfunden, zu bezweifeln ist, hat er sich auch insoweit keine ausreichend konkrete vorstellung über die schutzwürdigkeit der künftigen nutzungen westlich der q.-straße gemacht hat, deren schutz er mit den angesprochenen festsetzungen im auge hatte. vor diesem hintergrund ist die erwägung, eine „aufweitung des nutzungsspektrums“ unmittelbar hinter der „sichtschutzanlage“ lasse visuelle beeinträchtigungen unter anderem durch bauliche anlagen erwarten (siehe die bewertung und abwägung der stellungnahmen, anlage 2 zur sitzungsvorlage v/2010/0067/3, seite 10), in dieser pauschalität nicht tragfähig. dass der anblick eines lagerplatzes über die „sichtschutzanlage“ hinweg generell weniger unschön oder hässlich sein soll als der anblick eines an derselben stelle errichteten anderweitig gewerblich genutzten gebäudes, dessen maximale höhe und ausdehnung durch festsetzungen im bebauungsplan hätten beschränkt werden können, ist nicht nachvollziehbar, denn gerade lagerplätze wirken oftmals unaufgeräumt und die im freien stattfindenden lagerarbeiten können auch optisch für unruhe sorgen. 55vgl. hierzu ziegler, in: brügelmann, baugesetzbuch, § 8 baunvo rn. 25 (stand der bearbeitung: juli 2018). 56überdies können bei einem plankonformen betrieb eines lagerplatzes auch hebevorrichtungen oder andere maschinen eingesetzt werden, die gegebenenfalls mehr als 2,50 m hoch sind, die festgesetzte zaunanlage unter umständen deutlich überragen und sehr viel stärker den optischen eindruck gewerblicher betriebsamkeit erzeugen, als dies eine moderate bebauung mit gewerblich genutzten gebäuden könnte. auch können gegebenenfalls die gelagerten güter oder gegenstände auf eine höhe von mehr als 2,50 m angehäuft oder gestapelt werden, ohne dass die für bauliche anlagen geltende höhenbegrenzung für solche haufen oder stapel gelten würden. 57unabhängig davon greift die annahme des rates, eine zulassung anderer nutzungsarten im ge1 sei nicht zielführend, weil die festgesetzte beschränkung der maximal zulässigen höhe baulicher anlagen auf 2,50 m die errichtung von gebäuden mit aufenthaltsräumen nicht oder nur unter sehr eingeschränkten bedingungen erlaube, zu kurz. die annahme beruht auf dem willen, die höhe der künftigen baulichen anlagen im ge1 so zu begrenzen, dass sie die „sichtschutzanlage“ nicht überragen (siehe die bewertung und abwägung der stellungnahmen, anlage 2 zur sitzungsvorlage v/2010/0067/3, seite 12). die antragstellerin hat gegen diese argumentation zutreffend eingewandt, dass im ge1 eine bis zu 2,50 m hohe eingeschossige gewerbliche bebauung, die das vom rat verfolgte planerische ziel nicht beeinträchtigen würde, durchaus möglich sei. außerdem knüpft die argumentation des rates an eine höhe des zauns, die nicht als maximale höhe, sondern als mindesthöhe festgesetzt ist. würde der zaun etwa 3,0 m hoch, könnten im ge1 auch gebäude in dieser höhe errichtet werden, ohne dass sie den zaun überragen würden. die gegenseitige abhängigkeit von art der nutzung und abschirmung hat der rat zwar gesehen, aber nicht offengelegt, weshalb er die höhe des zauns in der besagten form festgesetzt hat. hinzu kommt, dass er davon ausgegangen ist, dass die westlich des zauns vorgegebene bepflanzung einen „sichtschutz“ über den zaun hinaus gewährleiste. vor dem hintergrund der vorstehend aufgezeigten unstimmigkeiten ist nicht erkennbar, dass der rat die belange, die für und gegen die für das ge1 festgesetzten nutzungsbeschränkungen sprechen, zutreffend beurteilt haben könnte. 58demgegenüber stellt sich die beschränkung der zulässigen art baulicher nutzungen auf lagerplätze bei gleichzeitiger beschränkung der maximal zulässigen höhe baulicher anlagen auf 2,50 m beziehungsweise auf die höhe des zauns, zumal unter ausschluss von solchen lagerplätzen, die bestimmten anlagenklassen nach dem abstandserlass nrw zuzuordnen sind, als erhebliche einschränkung der baulichen nutzbarkeit und des wirtschaftlichen gebrauchs der grundstücke im ge1 dar. dies hat der rat nicht ausreichend gewürdigt. mit der festsetzung zur zulässigen art der baulichen nutzung hat er im ge1 nur selbstständige lagerplätze zugelassen, also lagerplätze, bei denen das lagern der hauptbetriebszweck ist. lagerplätze, die zu einem gewerbebetrieb mit einem anderem hauptbetriebszweck gehören, sind nach der festsetzung unzulässig, da sich die zulässigkeit solcher unselbstständiger lagerplätze nach der zulässigkeit des gewerbebetriebs richten würde, zu dem sie gehören. 59vgl. hierzu ziegler, in: brügelmann, baugesetzbuch, § 8 baunvo rn. 22 (stand der bearbeitung: juli 2018). 60die annahme des rates, mit der beschränkung der zulässigen art der baulichen nutzung auf lagerplätze trage er den privaten interessen der grundstückseigentümer rechnung, war von vornherein so nicht tragfähig. er räumt selbst ein, dass die antragstellerin ihr im ge1 liegendes grundstück nach den festsetzungen des bebauungsplans nicht, wie von ihr konkret beabsichtigt, als lagerplatz für ihren betrieb nutzen könne, weil einer solchen nutzung der ausschluss von anlagen bestimmter anlagenklassen nach dem abstandserlass nrw entgegenstehe (siehe die bewertung und abwägung der stellungnahmen, anlage 2 zur sitzungsvorlage v/2010/0067/3, seite 8). ebenso räumt er ein, dass ihm die nutzungsinteressen der eigentümerin der im südlichen teil des plangebiets liegenden flächen im ge1, der antragstellerin im parallelverfahren 10 d 16/20.ne, überhaupt nicht bekannt seien (siehe die bewertung und abwägung der stellungnahmen, anlage 2 zur sitzungsvorlage v/2010/0067/3, seite 13). nach allem schränken die festsetzungen zur zulässigen baulichen nutzung die den eigentümern der grundstücke im ge1 verbleibenden möglichkeiten zum wirtschaftlichen gebrauch ihrer grundstücke weitestgehend ein, ohne dass sich aus der abwägungsentscheidung des rates ein nachvollziehbares städtebaulich legitimes interesse von solchem gewicht ergäbe, das eine derart erhebliche einschränkung rechtfertigen könnte. 61das interesse der eigentümerin der in dem festgesetzten mischgebiet liegenden flurstücke 675 und 676, der antragstellerin im parallelverfahren 10 d 16/20.ne, diese baulich nutzen zu können, hat der rat ebenfalls nicht fehlerfrei gewichtet. er hat in dem mischgebiet nur eine kleine überbaubare grundstücksfläche festgesetzt, die mit dem umriss der ecke eines gebäudes identisch ist, welches ganz überwiegend auf dem östlich an das plangebiet angrenzenden grundstück steht und dessen besagte ecke in das plangebiet hineinragt. über diese zugelassene bauliche nutzung hinaus kommt auf den flächen im mischgebiet nur die errichtung von nebenanlagen im sinne des § 14 baunvo in betracht (§ 23 abs. 5 satz 1 baunvo), wobei als hauptanlage nur die außerhalb des plangebiets zulässigen nutzungen dienen können, sodass eine sinnvolle nutzung der flächen für eigene zwecke der antragstellerin praktisch ausscheidet. eine begründung für eine solche einschränkung der nutzungsmöglichkeiten in dem mischgebiet ergibt sich nicht aus der planbegründung oder aus den abwägungsvorschlägen der verwaltung, die der rat zum inhalt des satzungsbeschlusses gemacht hat. sie ist auch nicht ausgehend von den mit dem bebauungsplan verfolgten städtebaulichen zielen des rates sonst erkennbar. dies genügt den anforderungen, die an die abwägung aller abwägungserheblichen belange zu stellen sind, nicht. 62an der vorstehenden beurteilung ändert sich nichts dadurch, dass der rat hier mit den ehemaligen anlagen der bahn flächen überplant hat, die bisher einer besonderen zweckbestimmung unterlagen. nach aufhebung dieser zweckbestimmung und überleitung der flächen in die allgemeine planungshoheit der gemeinde wird über deren bauliche oder sonstige nutzung neu entschieden, wenn die gemeinde hierfür einen bebauungsplan aufstellt. dass in einem solchen fall für diese flächen eine möglichst uneingeschränkte privatnützige bauliche nutzung zugelassen wird, kann deren jeweiliger eigentümer zwar grundsätzlich nicht verlangen, 63vgl. bverwg, urteil vom 16. dezember 1988 – 4 c 48.86 –, juris, rn. 45, 64doch entbindet dies den plangeber nicht von seiner gesetzlichen verpflichtung, auch die eigentümerinteressen bei einer überplanung früherer bahnflächen in die abwägung einzustellen. 65die aufgezeigten abwägungsfehler sind, auch wenn sie nur den abwägungsvorgang betreffen sollten, beachtlich. 66gemäß § 214 abs. 1 satz 1 nr. 1 baugb ist eine verletzung von verfahrens- und formvorschriften des baugesetzbuchs für die rechtswirksamkeit eines bebauungsplans nur beachtlich, wenn entgegen § 2 abs. 3 baugb die von der planung berührten belange, die der gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der mangel offensichtlich und auf das ergebnis des verfahrens von einfluss gewesen ist. § 214 abs. 3 satz 2 halbsatz 2 baugb sieht vor, dass fehler im abwägungsvorgang nur erheblich sind, wenn sie offensichtlich und auf das abwägungsergebnis von einfluss gewesen sind. ein fehler im abwägungsvorgang ist offensichtlich, wenn er – wie hier – auf objektiv feststellbaren umständen beruht und ohne ausforschung der mitglieder des rates über deren planungsvorstellungen für den rechtsanwender erkennbar ist. er ist auf das abwägungsergebnis von einfluss gewesen, wenn nach den umständen des jeweiligen falles die konkrete möglichkeit besteht, dass ohne den mangel die planung anders ausgefallen wäre. 67vgl. zum beispiel bverwg, urteil vom 13. dezember 2012 – 4 cn 1.11 –, juris, rn. 16, m.w.n. 68dies ist hier der fall. es erscheint nicht als ausgeschlossen, dass der rat in kenntnis der vorstehend aufgezeigten ermittlungs- und bewertungsdefizite anders geplant oder von der planung insgesamt abstand genommen hätte. 69die antragstellerin hat die fehler im abwägungsvorgang innerhalb der jahresfrist des § 215 abs. 1 satz 1 nr. 3 baugb hinreichend gegenüber der antragsgegnerin geltend gemacht. 70die unwirksamkeit der festsetzungen, die auf den abwägungsfehlern beruhen, führt zur unwirksamkeit des bebauungsplans insgesamt. 71mängel, die einzelnen festsetzungen eines bebauungsplans anhaften, führen dann nicht zu dessen unwirksamkeit insgesamt, wenn seine übrigen regelungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche ordnung im sinne des § 1 abs. 3 satz 1 baugb bewirken können und wenn der plangeber nach seinem im planungsverfahren zum ausdruck gelangten willen im zweifel auch eine satzung dieses eingeschränkten inhalts beschlossen hätte. 72vgl. bverwg, beschlüsse vom 24. april 2013 – 4 bn 22.13 –, juris, rn. 3, und vom 18. februar 2009 – 4 b 54.08 –, juris, rn. 5. 73jedenfalls letzteres ist hier zu verneinen. die festsetzung eines teils des plangebiets als öffentliche grünfläche und die festgesetzten nutzungseinschränkungen für das ge1, wonach dort nur lagerplätze zulässig sind und die höhe baulicher anlagen regelmäßig auf 2,50 m beschränkt ist, sind nach den vorstellungen des rates wesentlich für die erreichung der von ihm mit dem bebauungsplan verfolgten städtebaulichen ziele. dass er im zweifel eine satzung beschlossen hätte, die bei wegfall der besagten nutzungseinschränkungen im ge1 – mit ausnahme von anlagen bestimmter anlagenklassen nach dem abstandserlass nrw – alle in einem gewerbegebiet allgemein zulässigen baulichen nutzungen ermöglichen würde, schließt der senat aus. auch darüber hinaus kann nicht davon ausgegangen werden, dass der rat eine satzung mit den übrigen regelungen beschlossen hätte. 74ob der bebauungsplan weitere fehler hat, die seine unwirksamkeit insgesamt zur folge hätten, bedarf nach dem vorstehenden keiner entscheidung. 75die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 76die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 vwgo in verbindung mit den §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 77die revision ist nicht zuzulassen, da die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen. | Klaeger*in | 1 |
324,095 | 7 K 3029/18 | 2019-11-19T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Berufung wird zugelassen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist Betreiberin eines Kabelnetzes in Nordrhein-Westfalen. Ihr ist von der Bundesnetzagentur das Wegerecht gemäß § 69 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) – unter anderem – für Nordrhein-Westfalen übertragen worden. 3Am 22. Mai 2018 beantragte die Klägerin bei der Beklagten für eine konkrete Baumaßnahme, nämlich den Anschluss des Objektes „U.-----weg “ im Stadtgebiet der Beklagten, die Zustimmung nach § 68 Abs. 3 TKG. 4Mit Bescheid vom 7. Juni 2018 erteilte die Beklagte die Zustimmung zu dem geplanten Vorhaben und traf dabei verschiedene als „Bedingungen“ bezeichnete Nebenbestimmungen. Die Zustimmung wurde von der vorherigen Leistung einer Sicherheit i.H.v. 0 € abhängig gemacht. Eine weitere Nebenbestimmungen lautet: 5„Die eingezahlte Sicherheitsleistung wird nach erfolgtem Ablauf der Gewährleistungsfrist für die Neubaumaßnahme ‚Straße U.-----weg ‘ bzw. der Gehweganlagen erstattet, sofern keine durch die Leitungsverlegung bedingten Mängel aufgetreten sind. Die Gewährleistung endet am 01.07.2021.“ 6Am 9. Juli 2018 hat die Klägerin gegen diese Nebenbestimmung Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt: 7Die Nebenbestimmung, deren Aufhebung im Wege der isolierten Anfechtungsklage erstritten werden könne, sei rechtswidrig. Die Beklagte habe im Rahmen der (gebundenen) Entscheidung über die Zustimmung nach § 68 Abs. 3 TKG lediglich ein Randermessen, das das Verlangen einer Sicherheit über die Dauer der Bauphase hinaus bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist nicht rechtfertigen könne. Dies ergebe sich aus den Gesetzesmaterialien und der einschlägigen Kommentierung. 8Die Klägerin beantragt, 9 die Nebenbestimmung zur Zustimmung der Beklagten nach § 68 Abs. 3 TKG vom 7. Juni 2018 zum Zeichen 3-66 18 03 „Die eingezahlte Sicherheitsleistung wird nach erfolgtem Ablauf der Gewährleistungsfrist für die Neubaumaßnahme ‚Straße U.-----weg ‘ bzw. der Gehweganlagen erstattet, sofern keine durch die Leitungsverlegung bedingten Mängel aufgetreten sind.“ aufzuheben. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: 13Die Aufhebung der umstrittenen Nebenbestimmung könne nicht im Wege der isolierten Anfechtungsklage erstritten werden, weil nach einer Aufhebung der Nebenbestimmung der verbleibende Rest-Verwaltungsakt unvollständig und damit rechtswidrig wäre. Es wäre nicht geregelt, zu welchem Zeitpunkt die Sicherheitsleistung zurückzugeben sei. 14Die Nebenbestimmung sei unabhängig davon auch rechtmäßig. Die begehrte Zustimmung könne nach dem Gesetz von der Leistung einer angemessenen Sicherheit abhängig gemacht werden. Entgegen der Ansicht der Klägerin stützten die Gesetzesmaterialien ihre Auffassung nicht. Die Begründung für die Einführung einer gesetzlichen Grundlage für das Verlangen einer Sicherheitsleistung beziehe sich nur auf die maximal zulässige Höhe der Sicherheitsleistung, nicht auf die maximal zulässige Dauer der Vereinnahmung der Sicherheitsleistung. Auch nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung dürfe die Sicherheit bis zum Ablauf der Gewährleistungsfristen einbehalten werden. Zwar sei mit der Beendigung der Bauarbeiten die Wiederherstellung des Straßenkörpers abgeschlossen. In diesem Zeitpunkt ende aber das Risiko, dass die Instandsetzungsarbeiten nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden seien, nicht zwangsläufig. Insbesondere könne sich im Nachhinein zeigen, dass die Montagegrube nicht ordnungsgemäß verfüllt worden sei, so dass es im weiteren Verlauf zu Absenkungen komme. Dieses Risiko müsse der Nutzer des Verkehrsweges und nicht die öffentliche Hand tragen. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs und der Gerichtsakte Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Das Gericht entscheidet im Einverständnis der Beteiligten durch die Berichterstatterin (§ 87a Abs. 2 und Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –) ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO). 18Die Klage auf Aufhebung der im Klageantrag bezeichneten Nebenbestimmung zum Zustimmungsbescheid der Beklagten vom 7. Juni 2018 ist als isolierte Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Gegen belastende Nebenbestimmungen eines Verwaltungsakts ist die Anfechtungsklage als statthafte Klageart gegeben. Ob diese zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet. Letzteres ist hier nicht der Fall. 19Die Klage ist aber nicht begründet. Die angefochtene Nebenbestimmung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Frage, ob die Nebenbestimmung isoliert aufgehoben werden könnte, stellt sich deshalb nicht. 20Die umstrittene Nebenbestimmung, nach der die zu zahlende Sicherheitsleistung erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist für die Baumaßnahme (1. Juli 2021) erstattet wird, sofern keine durch die Leitungsverlegung bedingten Mängel aufgetreten sind, findet ihre Rechtsgrundlage in § 68 Abs. 3 Satz 8 2. HS TKG. Hiernach kann die Zustimmung für die Verlegung oder die Änderung von Telekommunikationslinien vom Träger der Wegebaulast von der Leistung einer angemessenen Sicherheit abhängig gemacht werden. 21Dabei kann der Träger der Wegebaulast nicht nur eine Sicherheit für die Dauer der jeweiligen Bauarbeiten verlangen, sondern auch bestimmen, dass die Sicherheit erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist zurückzugeben ist. Auch das Verlangen, eine Sicherheit für den gesamten Gewährleistungszeitraum zu stellen, fällt noch unter den Begriff der „angemessenen Sicherheit“. 22Aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich lediglich, dass das Verlangen einer „angemessenen Sicherheit“ zulässig ist. Der Zeitraum, für den eine solche Sicherheit verlangt werden kann, ist im Gesetz nicht konkret bezeichnet. Der Wortlaut des Gesetzes lässt es demnach zu, dass der Träger der Wegebaulast eine Sicherheit für die Dauer der Gewährleistungsfrist und nicht nur für den Zeitraum bis zur Beendigung und/oder Abnahme der entsprechenden Baumaßnahme verlangt. Entscheidend ist allein, ob der Zeitraum noch „angemessen“ ist. 23Eine einschränkende Auslegung des Gesetzes in dem Sinne, dass eine Sicherheit nur für die Dauer der Bauarbeiten bzw. bis zu deren Abnahme verlangt werden darf, ist unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Vorschrift auch im Hinblick auf ihre Entstehungsgeschichte nicht geboten. 24§ 68 Abs. 3 Satz 8 2. HS TKG sagt nicht ausdrücklich, für welche Forderungen die Stellung einer Sicherheit verlangt werden darf. In der Kommentarliteratur besteht jedoch Einigkeit darüber, dass die Vorschrift (jedenfalls) der Sicherung der Ansprüche aus § 71 Abs. 3 TKG auf Instandsetzung der durch die Baumaßnahme in Anspruch genommenen Verkehrswege dient. 25Vgl. Schütz in: Arndt/Fetzer/Scherer/Graulich, TKG, 2. Aufl. 2015, Rn. 39 zu § 68 TKG; Stelkens, TKG-Wegerecht – §§ 68-77 TKG, 1. Aufl. 2010, Rn. 263 f. zu § 68 TKG; Heun in: Heun (Hrsg.), Handbuch zum Telekommunikationsrecht, 2. Aufl. 2007, Kapitel: Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge, Rn. 100. 26Die Möglichkeit, eine angemessene Sicherheitsleistung zu verlangen, ist im Gesetzgebungsverfahren vom Bundesrat gefordert worden. Nach der Begründung des Bundesrates ist eine Sicherheitsleistung maximal in Höhe der Kosten angemessen, „die voraussichtlich für die Instandsetzung der Verkehrswege während der Bauphase nötig sind“. 27Vgl. Bundestags-Drucksache (BT-Drs.) 15/2316, Seite 119. 28Die Bundesregierung stimmte dem Vorschlag des Bundesrates zu. 29Vgl. BT-Drs. 15/2345, Seite 6. 30Der Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Arbeit schloss sich ebenfalls dem Vorschlag des Bundesrates an und machte sich dessen Begründung zu eigen. 31Vgl. BT-Drs. 15/2679, Seite 16. 32Aus dem Umstand, dass danach die Sicherheitsleistung den bestehenden Anspruch auf Instandsetzung des öffentlichen Verkehrsweges sichern soll, kann geschlossen werden, dass die Sicherheit so lange einbehalten werden darf, bis endgültig oder jedenfalls mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit feststeht, dass keine entsprechenden Ansprüche mehr bestehen. Dies ist nicht schon dann der Fall, wenn die Baumaßnahme abgeschlossen und als ordnungsgemäß abgenommen worden ist. Denn es kann sich auch erst im Nachhinein herausstellen, dass abgeschlossene und abgenommene Instandsetzungsarbeiten tatsächlich nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden waren. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn eine Montagegrube nicht ordnungsgemäß verfüllt wurde und sich daher später in diesem Bereich der Straßenbelag absenkt. 33In einem solchen Fall ist der Anspruch des Trägers der Wegebaulast auf Instandsetzung des Verkehrswegs nach § 71 Abs. 3 Satz 1 TKG nicht durch Erfüllung erloschen. 34Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 19. September 1996 – 20 A 5470/95 – zu § 2 Abs. 3 des Telegraphenwegegesetzes, juris Rn. 25; Schütz in: Arndt/Fetzer/ Scherer/Graulich, TKG, a.a.O., Rn. 12 zu § 71 TKG; a.A. Stelkens, TKG-Wegerecht – §§ 68-77 TKG, a.a.O., Rn. 66 zu § 71 TKG. 35Das Risiko, dass die Instandsetzungsarbeiten nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden, endet also nicht im Zeitpunkt der Beendigung und Abnahme der Bauarbeiten, sondern erst deutlich später. 36Der Umstand, dass nach der im Gesetzgebungsverfahren gegebenen Begründung für § 68 Abs. 3 Satz 8 2. HS TKG von Kosten die Rede ist, die voraussichtlich für die Instandsetzung der Verkehrswege „während der Bauphase“ nötig sind, rechtfertigt es nicht, die Vorschrift einschränkend im Sinne der Klägerin auszulegen. 37a.A. Heun in: Handbuch zum Telekommunikationsrecht, a.a.O., Rn. 100. 38Die entsprechende Begründung betrifft zunächst nur die Frage, in welcher Höhe eine Sicherheit verlangt werden darf, nicht für welchen Zeitraum. Allerdings zeigt diese Begründung, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Vorschrift des § 68 Abs. 3 Satz 8 2. HS TKG lediglich eine Notwendigkeit dafür gesehen hat, dass der Träger der Wegebaulast für die Zeit der Bauarbeiten eine Sicherheit verlangen kann. Der Gesetzgeber hat sich aber nicht mit dem Problem auseinandergesetzt, dass das Risiko einer nicht ordnungsgemäßen Instandsetzung des Verkehrsweges mit dem Abschluss der Bauarbeiten, also mit dem Ende der „Bauphase“, noch nicht wegfällt. Diesen Gesichtspunkt hat der Gesetzgeber offenbar nicht erkannt. Der Gesetzgeber hat auch nicht die Notwendigkeit gesehen, den Zeitraum, für den eine Sicherheit verlangt werden kann, ausdrücklich zu begrenzen. Er hat keine ausdrückliche Entscheidung in diese Richtung hin getroffen. Erkennbar wird aus der Gesetzesbegründung lediglich – und das ist aus Sicht des Gerichts entscheidend –, dass das Risiko einer nicht ordnungsgemäßen Instandsetzung nicht der Träger der Wegebaulast, sondern das jeweilige Telekommunikationsunternehmen tragen soll. 39Hiervon ausgehend ist es angemessen, dass die Beklagte im Bescheid vom 7. Juni 2018 festgelegt hat, dass die eingezahlte Sicherheitsleistung erst nach erfolgtem Ablauf der Gewährleistungsfrist für die Neubaumaßnahme, konkret nach dem 1. Juli 2021 erstattet wird. Die Beklagte hat dabei erkennbar berücksichtigt, dass die Klägerin in diesem Zeitraum Gewährleistungsansprüche gegenüber dem bauausführenden Unternehmen hat und vor diesem Hintergrund nicht über Gebühr finanziell belastet wird. 40Die Berufung wird gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die entscheidungserhebliche Frage, für welchen Zeitraum der Träger der Wegebaulast eine Sicherheit auf der Grundlage von § 68 Abs. 3 Satz 8 2. HS TKG verlangen kann, hat über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung des Rechts. In einer Vielzahl von Fällen haben sich die Träger der Wegebaulast damit zu befassen, wann verlangte Sicherheiten zurückzugeben sind. Dementsprechend ist zu erwarten, dass sich auch die Gerichte künftig verstärkt mit dieser Frage auseinanderzusetzen haben werden. Obergerichtliche oder gar höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage gibt es – soweit ersichtlich – bislang nicht. 41Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 42Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO). | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. die berufung wird zugelassen. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin ist betreiberin eines kabelnetzes in nordrhein-westfalen. ihr ist von der bundesnetzagentur das wegerecht gemäß § 69 des telekommunikationsgesetzes (tkg) – unter anderem – für nordrhein-westfalen übertragen worden. 3am 22. mai 2018 beantragte die klägerin bei der beklagten für eine konkrete baumaßnahme, nämlich den anschluss des objektes „u.-----weg “ im stadtgebiet der beklagten, die zustimmung nach § 68 abs. 3 tkg. 4mit bescheid vom 7. juni 2018 erteilte die beklagte die zustimmung zu dem geplanten vorhaben und traf dabei verschiedene als „bedingungen“ bezeichnete nebenbestimmungen. die zustimmung wurde von der vorherigen leistung einer sicherheit i.h.v. 0 € abhängig gemacht. eine weitere nebenbestimmungen lautet: 5„die eingezahlte sicherheitsleistung wird nach erfolgtem ablauf der gewährleistungsfrist für die neubaumaßnahme ‚straße u.-----weg ‘ bzw. der gehweganlagen erstattet, sofern keine durch die leitungsverlegung bedingten mängel aufgetreten sind. die gewährleistung endet am 01.07.2021.“ 6am 9. juli 2018 hat die klägerin gegen diese nebenbestimmung klage erhoben, zu deren begründung sie im wesentlichen vorträgt: 7die nebenbestimmung, deren aufhebung im wege der isolierten anfechtungsklage erstritten werden könne, sei rechtswidrig. die beklagte habe im rahmen der (gebundenen) entscheidung über die zustimmung nach § 68 abs. 3 tkg lediglich ein randermessen, das das verlangen einer sicherheit über die dauer der bauphase hinaus bis zum ablauf der gewährleistungsfrist nicht rechtfertigen könne. dies ergebe sich aus den gesetzesmaterialien und der einschlägigen kommentierung. 8die klägerin beantragt, 9 die nebenbestimmung zur zustimmung der beklagten nach § 68 abs. 3 tkg vom 7. juni 2018 zum zeichen 3-66 18 03 „die eingezahlte sicherheitsleistung wird nach erfolgtem ablauf der gewährleistungsfrist für die neubaumaßnahme ‚straße u.-----weg ‘ bzw. der gehweganlagen erstattet, sofern keine durch die leitungsverlegung bedingten mängel aufgetreten sind.“ aufzuheben. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12zur begründung trägt sie im wesentlichen vor: 13die aufhebung der umstrittenen nebenbestimmung könne nicht im wege der isolierten anfechtungsklage erstritten werden, weil nach einer aufhebung der nebenbestimmung der verbleibende rest-verwaltungsakt unvollständig und damit rechtswidrig wäre. es wäre nicht geregelt, zu welchem zeitpunkt die sicherheitsleistung zurückzugeben sei. 14die nebenbestimmung sei unabhängig davon auch rechtmäßig. die begehrte zustimmung könne nach dem gesetz von der leistung einer angemessenen sicherheit abhängig gemacht werden. entgegen der ansicht der klägerin stützten die gesetzesmaterialien ihre auffassung nicht. die begründung für die einführung einer gesetzlichen grundlage für das verlangen einer sicherheitsleistung beziehe sich nur auf die maximal zulässige höhe der sicherheitsleistung, nicht auf die maximal zulässige dauer der vereinnahmung der sicherheitsleistung. auch nach dem sinn und zweck der gesetzlichen regelung dürfe die sicherheit bis zum ablauf der gewährleistungsfristen einbehalten werden. zwar sei mit der beendigung der bauarbeiten die wiederherstellung des straßenkörpers abgeschlossen. in diesem zeitpunkt ende aber das risiko, dass die instandsetzungsarbeiten nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden seien, nicht zwangsläufig. insbesondere könne sich im nachhinein zeigen, dass die montagegrube nicht ordnungsgemäß verfüllt worden sei, so dass es im weiteren verlauf zu absenkungen komme. dieses risiko müsse der nutzer des verkehrsweges und nicht die öffentliche hand tragen. 15wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts und des vorbringens der beteiligten wird auf den inhalt des beigezogenen verwaltungsvorgangs und der gerichtsakte bezug genommen. 16 | 17das gericht entscheidet im einverständnis der beteiligten durch die berichterstatterin (§ 87a abs. 2 und abs. 3 der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo –) ohne mündliche verhandlung (§ 101 abs. 2 vwgo). 18die klage auf aufhebung der im klageantrag bezeichneten nebenbestimmung zum zustimmungsbescheid der beklagten vom 7. juni 2018 ist als isolierte anfechtungsklage nach § 42 abs. 1 vwgo statthaft und auch im übrigen zulässig. gegen belastende nebenbestimmungen eines verwaltungsakts ist die anfechtungsklage als statthafte klageart gegeben. ob diese zur isolierten aufhebung der nebenbestimmung führen kann, ist eine frage der begründetheit und nicht der zulässigkeit des anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet. letzteres ist hier nicht der fall. 19die klage ist aber nicht begründet. die angefochtene nebenbestimmung ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). die frage, ob die nebenbestimmung isoliert aufgehoben werden könnte, stellt sich deshalb nicht. 20die umstrittene nebenbestimmung, nach der die zu zahlende sicherheitsleistung erst nach ablauf der gewährleistungsfrist für die baumaßnahme (1. juli 2021) erstattet wird, sofern keine durch die leitungsverlegung bedingten mängel aufgetreten sind, findet ihre rechtsgrundlage in § 68 abs. 3 satz 8 2. hs tkg. hiernach kann die zustimmung für die verlegung oder die änderung von telekommunikationslinien vom träger der wegebaulast von der leistung einer angemessenen sicherheit abhängig gemacht werden. 21dabei kann der träger der wegebaulast nicht nur eine sicherheit für die dauer der jeweiligen bauarbeiten verlangen, sondern auch bestimmen, dass die sicherheit erst nach ablauf der gewährleistungsfrist zurückzugeben ist. auch das verlangen, eine sicherheit für den gesamten gewährleistungszeitraum zu stellen, fällt noch unter den begriff der „angemessenen sicherheit“. 22aus dem wortlaut des gesetzes ergibt sich lediglich, dass das verlangen einer „angemessenen sicherheit“ zulässig ist. der zeitraum, für den eine solche sicherheit verlangt werden kann, ist im gesetz nicht konkret bezeichnet. der wortlaut des gesetzes lässt es demnach zu, dass der träger der wegebaulast eine sicherheit für die dauer der gewährleistungsfrist und nicht nur für den zeitraum bis zur beendigung und/oder abnahme der entsprechenden baumaßnahme verlangt. entscheidend ist allein, ob der zeitraum noch „angemessen“ ist. 23eine einschränkende auslegung des gesetzes in dem sinne, dass eine sicherheit nur für die dauer der bauarbeiten bzw. bis zu deren abnahme verlangt werden darf, ist unter berücksichtigung von sinn und zweck der vorschrift auch im hinblick auf ihre entstehungsgeschichte nicht geboten. 24§ 68 abs. 3 satz 8 2. hs tkg sagt nicht ausdrücklich, für welche forderungen die stellung einer sicherheit verlangt werden darf. in der kommentarliteratur besteht jedoch einigkeit darüber, dass die vorschrift (jedenfalls) der sicherung der ansprüche aus § 71 abs. 3 tkg auf instandsetzung der durch die baumaßnahme in anspruch genommenen verkehrswege dient. 25vgl. schütz in: arndt/fetzer/scherer/graulich, tkg, 2. aufl. 2015, rn. 39 zu § 68 tkg; stelkens, tkg-wegerecht – §§ 68-77 tkg, 1. aufl. 2010, rn. 263 f. zu § 68 tkg; heun in: heun (hrsg.), handbuch zum telekommunikationsrecht, 2. aufl. 2007, kapitel: wegerechte, nutzungsrechte und infrastrukturverträge, rn. 100. 26die möglichkeit, eine angemessene sicherheitsleistung zu verlangen, ist im gesetzgebungsverfahren vom bundesrat gefordert worden. nach der begründung des bundesrates ist eine sicherheitsleistung maximal in höhe der kosten angemessen, „die voraussichtlich für die instandsetzung der verkehrswege während der bauphase nötig sind“. 27vgl. bundestags-drucksache (bt-drs.) 15/2316, seite 119. 28die bundesregierung stimmte dem vorschlag des bundesrates zu. 29vgl. bt-drs. 15/2345, seite 6. 30der bundestagsausschuss für wirtschaft und arbeit schloss sich ebenfalls dem vorschlag des bundesrates an und machte sich dessen begründung zu eigen. 31vgl. bt-drs. 15/2679, seite 16. 32aus dem umstand, dass danach die sicherheitsleistung den bestehenden anspruch auf instandsetzung des öffentlichen verkehrsweges sichern soll, kann geschlossen werden, dass die sicherheit so lange einbehalten werden darf, bis endgültig oder jedenfalls mit sehr hoher wahrscheinlichkeit feststeht, dass keine entsprechenden ansprüche mehr bestehen. dies ist nicht schon dann der fall, wenn die baumaßnahme abgeschlossen und als ordnungsgemäß abgenommen worden ist. denn es kann sich auch erst im nachhinein herausstellen, dass abgeschlossene und abgenommene instandsetzungsarbeiten tatsächlich nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden waren. dies kommt insbesondere dann in betracht, wenn eine montagegrube nicht ordnungsgemäß verfüllt wurde und sich daher später in diesem bereich der straßenbelag absenkt. 33in einem solchen fall ist der anspruch des trägers der wegebaulast auf instandsetzung des verkehrswegs nach § 71 abs. 3 satz 1 tkg nicht durch erfüllung erloschen. 34vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteil vom 19. september 1996 – 20 a 5470/95 – zu § 2 abs. 3 des telegraphenwegegesetzes, juris rn. 25; schütz in: arndt/fetzer/ scherer/graulich, tkg, a.a.o., rn. 12 zu § 71 tkg; a.a. stelkens, tkg-wegerecht – §§ 68-77 tkg, a.a.o., rn. 66 zu § 71 tkg. 35das risiko, dass die instandsetzungsarbeiten nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden, endet also nicht im zeitpunkt der beendigung und abnahme der bauarbeiten, sondern erst deutlich später. 36der umstand, dass nach der im gesetzgebungsverfahren gegebenen begründung für § 68 abs. 3 satz 8 2. hs tkg von kosten die rede ist, die voraussichtlich für die instandsetzung der verkehrswege „während der bauphase“ nötig sind, rechtfertigt es nicht, die vorschrift einschränkend im sinne der klägerin auszulegen. 37a.a. heun in: handbuch zum telekommunikationsrecht, a.a.o., rn. 100. 38die entsprechende begründung betrifft zunächst nur die frage, in welcher höhe eine sicherheit verlangt werden darf, nicht für welchen zeitraum. allerdings zeigt diese begründung, dass der gesetzgeber bei der schaffung der vorschrift des § 68 abs. 3 satz 8 2. hs tkg lediglich eine notwendigkeit dafür gesehen hat, dass der träger der wegebaulast für die zeit der bauarbeiten eine sicherheit verlangen kann. der gesetzgeber hat sich aber nicht mit dem problem auseinandergesetzt, dass das risiko einer nicht ordnungsgemäßen instandsetzung des verkehrsweges mit dem abschluss der bauarbeiten, also mit dem ende der „bauphase“, noch nicht wegfällt. diesen gesichtspunkt hat der gesetzgeber offenbar nicht erkannt. der gesetzgeber hat auch nicht die notwendigkeit gesehen, den zeitraum, für den eine sicherheit verlangt werden kann, ausdrücklich zu begrenzen. er hat keine ausdrückliche entscheidung in diese richtung hin getroffen. erkennbar wird aus der gesetzesbegründung lediglich – und das ist aus sicht des gerichts entscheidend –, dass das risiko einer nicht ordnungsgemäßen instandsetzung nicht der träger der wegebaulast, sondern das jeweilige telekommunikationsunternehmen tragen soll. 39hiervon ausgehend ist es angemessen, dass die beklagte im bescheid vom 7. juni 2018 festgelegt hat, dass die eingezahlte sicherheitsleistung erst nach erfolgtem ablauf der gewährleistungsfrist für die neubaumaßnahme, konkret nach dem 1. juli 2021 erstattet wird. die beklagte hat dabei erkennbar berücksichtigt, dass die klägerin in diesem zeitraum gewährleistungsansprüche gegenüber dem bauausführenden unternehmen hat und vor diesem hintergrund nicht über gebühr finanziell belastet wird. 40die berufung wird gemäß §§ 124 a abs. 1 satz 1, 124 abs. 2 nr. 3 vwgo zugelassen, weil die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat. die entscheidungserhebliche frage, für welchen zeitraum der träger der wegebaulast eine sicherheit auf der grundlage von § 68 abs. 3 satz 8 2. hs tkg verlangen kann, hat über den konkreten fall hinaus wesentliche bedeutung für die einheitliche anwendung des rechts. in einer vielzahl von fällen haben sich die träger der wegebaulast damit zu befassen, wann verlangte sicherheiten zurückzugeben sind. dementsprechend ist zu erwarten, dass sich auch die gerichte künftig verstärkt mit dieser frage auseinanderzusetzen haben werden. obergerichtliche oder gar höchstrichterliche rechtsprechung zu der frage gibt es – soweit ersichtlich – bislang nicht. 41die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 42die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit den §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 der zivilprozessordnung (zpo). | Verklagte*r | 0 |
331,491 | 9 A 2837/17.A | 2020-09-11T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der am 10. Juni 1995 geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und sunnitisch-islamischer Religionszugehörigkeit. 3Bis zu seiner Ausreise aus dem Irak lebte der Kläger in Ranya in der Provinz Sulaimaniya in der Autonomen Region Kurdistan. Eigener Darstellung zufolge reiste er am 20. Januar 2016 aus dem Irak aus und am 31. Januar 2016 über die Balkanroute in die Bundesrepublik Deutschland ein. 4Am 15. August 2016 stellte der Kläger einen Asylantrag. Auf den Hinweis des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt), dass die Rechtsfolgen einer Asylanerkennung und einer Flüchtlingsanerkennung gleich seien, beschränkte der Kläger auf entsprechende Nachfrage hin seinen Antrag auf die Feststellung von Flüchtlingsschutz und verzichtete auf die Prüfung eines Anspruchs auf Asylanerkennung. 5Bei seiner Anhörung beim Bundesamt am 19. September 2016 führte der Kläger zur Begründung seines Asylantrags im Wesentlichen aus: Seine Mutter sei verstorben. Sein Vater habe eine andere Frau, die sehr schlecht mit ihm umgehe. Sie habe seine Haut verbrannt. Er habe nicht nach Hause zurückgekonnt und oft im Hotel übernachtet. Sein Vater sei immer auf der Seite der Frau gewesen. Für ihn sei es sehr schwierig gewesen unterzukommen, er habe nicht die Möglichkeit gehabt, eine eigene Wohnung zu mieten. Deshalb sei er ausgereist. Als Hilfsarbeiter habe er manchmal 15.000, manchmal 20.000 Dinar verdient. Das reiche nicht für Übernachtung und Essen. Wenn er in den Irak zurückkehre, müsse er auf der Straße leben. 6Mit Bescheid vom 28. Februar 2017 lehnte das Bundesamt die Anträge des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1) und auf Gewährung subsidiären Schutzes (Ziffer 2) ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 3). Weiter forderte es den Kläger zur Ausreise auf und drohte ihm bei Nichtbefolgung der Ausreiseaufforderung die Abschiebung mit dem vorrangigen Zielstaat Irak an (Ziffer 4). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot des § 11 Abs. 1 AufenthG befristete es auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 5). Zur Begründung führte das Bundesamt u. a. aus, dass sich aus dem Vorbringen des Klägers keine zielgerichtete individuelle Verfolgungshandlung in Anknüpfung an einen Verfolgungsgrund ergebe. Die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes lägen nicht vor. Stichhaltige Gründe für den Eintritt eines ernsthaften Schadens i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG seien weder geltend gemacht noch lägen dafür Anhaltspunkte vor. Ein Anspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG bestehe nicht, weil in der Herkunftsregion des Klägers kein innerstaatlicher Konflikt herrsche. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG liege ebenfalls nicht vor, insbesondere auch nicht wegen der humanitären Verhältnisse im Irak. 7Der Kläger hat am 9. März 2017 Klage erhoben. Zur Begründung hat er sich auf seine Angaben bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt bezogen. 8Der Kläger hat (sinngemäß) beantragt, 9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 28. Februar 2017 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, 10hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 2. bis 5. des Bescheides zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen, 11hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 3. bis 5. des Bescheides zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen. 12Die Beklagte hat schriftsätzlich unter Bezugnahme auf die Begründung des Bescheides vom 28. Februar 2017 beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Verpflichtung des Bundesamts in dem beantragten Umfang. Zur Begründung werde auf die tragenden Feststellungen und die im Wesentlichen zutreffende Begründung des Bescheides des Bundesamts verwiesen, denen das Gericht folge und deshalb von einer weiteren Darstellung des Tatbestands und der Entscheidungsgründe absehe. Beachtliche Änderungen der Sach- und Rechtslage seien auch aufgrund der mündlichen Verhandlung, zu der der Kläger nicht erschienen sei, nicht ersichtlich. 15Auf den Antrag des Klägers hat der Senat die Berufung gegen das Urteil durch Beschluss vom 18. Januar 2018 wegen eines Verfahrensmangels zugelassen. 16Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, er sei in seiner Heimat einer Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt gewesen. Von seiner Stiefmutter habe er Verbrennungen zugefügt bekommen. Da er aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage gewesen sei, einen eigenständigen Haushalt zu gründen, sei es ihm auch nicht möglich gewesen, sich den Übergriffen seiner Stiefmutter zu entziehen. Die Flucht aus seiner Heimat sei für ihn die einzige Möglichkeit gewesen, sein Leben zu schützen. 17Der Kläger stellt keinen Antrag. 18Die Beklagte beantragt, 19die Berufung zurückzuweisen. 20Sie bezieht sich zur Begründung auf den streitbefangenen Bescheid vom 28. Februar 2017. 21Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin erklärt. 22In der mündlichen Verhandlung vom 11. September 2020 ist der Kläger informatorisch angehört worden. Dabei hat er ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen vorgetragen, er werde durch seinen Vater bedroht und befürchte bei einer Rückkehr in den Irak, dass sein Vater ihn umbringe bzw. umbringen lasse. 23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Bundesamtes sowie die von der Stadt Düsseldorf beigezogene Ausländerakte des Klägers Bezug genommen. 24Entscheidungsgründe: 25Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. 26A. Die Berufung ist zulässig. Sie genügt insbesondere den Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO. Danach muss die Begründung der Berufung einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung. Diese Anforderungen erfüllt der Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 9. Februar 2018. Er enthält zwar keinen förmlichen Berufungsantrag. Ein solcher wird von § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO aber auch nicht verlangt. Ausreichend ist, wenn sich unter Heranziehung der Berufungsbegründung der Berufungsantrag im Wege der Auslegung ermitteln lässt. Zulässig ist auch eine Bezugnahme auf die Anträge in der Vorinstanz. 27Vgl. W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage 2020, § 124a Rn. 27 ff.; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 124a Rn. 92 ff. 28Als eine solche Bezugnahme auf die Anträge im erstinstanzlichen Verfahren ist der Einleitungssatz der Berufungsbegründung vom 9. Februar 2018 zu verstehen, wonach mit der Berufungsbegründung die Klageanträge vom 8. März 2017 weiter begründet würden. Zudem lässt die Berufungsbegründung eindeutig erkennen, dass der Kläger das Urteil des Verwaltungsgerichts vollumfänglich angreifen und er seinen erstinstanzlich gestellten Verpflichtungsantrag ‑ uneingeschränkt ‑ weiterverfolgen will. Das so verstandene Ziel des Berufungsbegehrens entspricht im Übrigen auch dem im Asylklageverfahren regelmäßig anzunehmenden Rechtschutzbegehren von Asylsuchenden, 29vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 21. November 2006 ‑ 1 C 10.06 ‑, BVerwGE 127, 161 = juris Rn. 12 m. w. N., 30sowie dem vom ‑ im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat ohne seinen Prozessbevollmächtigten erschienenen ‑ Kläger selbst auf Nachfrage der Berichterstatterin geäußerten Begehren. 31B. Die Berufung ist aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Bundesamts vom 28. Februar 2017 ist rechtmäßig (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat in dem für die Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) weder einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG (I.) noch auf die hilfsweise begehrte Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG (II.). Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf die weiter hilfsweise begehrte Feststellung des Vorliegens eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 AufenthG (III.). Auch die Abschiebungsandrohung des Bundesamts und die Bestimmung über das Einreise- und Aufenthaltsverbot sind nicht zu beanstanden (IV). 32I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG. 33Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2a, Abs. 4 AsylG setzt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft voraus, dass sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. 34Die relevanten Verfolgungshandlungen und Verfolgungsgründe ergeben sich aus § 3a und § 3b AsylG. In § 3c AsylG sind die möglichen Verfolgungsakteure benannt, in § 3d AsylG diejenigen Akteure, die Schutz bieten können. Die Flüchtlingseigenschaft wird nicht zuerkannt, wenn interner Schutz (§ 3e AsylG) besteht. 35Gemäß § 3a Abs. 3 AsylG muss zwischen den Verfolgungsgründen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3b AsylG und den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen. Die Maßnahme muss darauf gerichtet sein, den von ihr Betroffenen gerade in Anknüpfung an einen oder mehrere Verfolgungsgründe zu treffen. Ob die Verfolgung „wegen“ eines Verfolgungsgrundes erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme zu beurteilen. Diese Zielgerichtetheit muss nicht nur hinsichtlich der durch die Verfolgungshandlung bewirkten Rechtsgutsverletzung, sondern auch in Bezug auf die Verfolgungsgründe im Sinne des § 3b AsylG, an die die Handlung anknüpft, anzunehmen sein. 36Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. April 2018 - 1 C 29.17 -, BVerwGE 162, 44 = juris Rn. 13 m. w. N., und vom 19. Januar 2009 - 10 C 52.07 -, BVerwGE 133, 55 = juris Rn. 22. 37Die Furcht vor Verfolgung ist im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG begründet, wenn dem Ausländer die genannten Gefahren auf Grund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d. h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit („real risk“) drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab gilt unabhängig von der Frage, ob der Ausländer vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. Im Fall der Vorverfolgung greift aber die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (RL 2011/95/EU). 38Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. April 2018 ‑ 1 C 29.17 -, a. a. O., juris Rn. 14 f., und vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, BVerwGE 136, 377 = juris Rn. 20 ff. 39Den Schutzsuchenden treffen Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten (vgl. Art. 4 Abs. 1 RL 2011/95/EU, § 25 AsylG). Insbesondere ist es Sache des Ausländers, die Gründe für seine Furcht vor Verfolgung schlüssig vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich ‑ als wahr unterstellt ‑ ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass der Ausländer zu den in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, die geltend gemachten Schutzansprüche lückenlos zu tragen. 40Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 2001 ‑ 1 B 24.01 ‑, AuAS 2002, 80 = juris Rn. 5; OVG NRW, Urteil vom 18. Mai 2018 ‑ 1 A 2/18.A ‑, juris Rn. 65. 41Nach diesen Maßstäben ist dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen. Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist nicht anzunehmen, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in den Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung im dargestellten Sinne droht. 421. Die vom Kläger geltend gemachte Gefährdung bzw. Bedrohung durch seine Stiefmutter und seinen Vater knüpfen bereits nicht im Sinne von § 3a Abs. 3 AsylG an einen der Verfolgungsgründe des § 3b AsylG an. Die vom Kläger geschilderten, vor seiner Ausreise erlittenen und die bei einer Rückkehr von ihm befürchteten Rechtsgutsverletzungen durch seine Stiefmutter und seinen Vater erfolgten bzw. erfolgen nicht zielgerichtet in Bezug auf einen Verfolgungsgrund. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers erfolgte die von der Stiefmutter und vom Vater verübte Gewalt gegen ihn vielmehr wegen ihm unterstellten und behaupteten Fehlverhaltens. Entsprechendes gilt hinsichtlich der vom Kläger befürchteten Gefahr durch seinen Vater bei einer Rückkehr. Auch insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, sein Vater bedrohe ihn, weil seine Stiefmutter Tatsachen falsch dargestellt habe und ihn, den Kläger, zum Beispiel für etwas beschuldigt habe, das er nicht getan habe. Der Kläger schildert damit allein kriminelles Unrecht, das für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft allerdings nicht relevant ist; eine erlittene oder drohende Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG ergibt sich daraus nicht. 432. Darüber hinaus ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger im Fall einer Rückkehr an seinen Herkunftsort im Irak Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a AsylG ausgesetzt sein wird. Dass sich die vom Kläger geschilderte Anwendung körperlicher Gewalt, die er als Kind durch seine Stiefmutter und seinen Vater erfahren hat, wiederholen wird, ist schon deshalb nicht beachtlich wahrscheinlich, weil der Kläger inzwischen ein erwachsener Mann ist und er zudem nicht in den Haushalt seines Vaters zurückkehren muss. Es besteht weiter auch keine beachtliche Wahrscheinlichkeit im oben genannten Sinne, dass der Kläger, wie er befürchtet, im Irak von seinem Vater umgebracht wird bzw. dieser ihn durch einen Dritten umbringen lässt. Diese Befürchtung hat der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußert. Dabei hat er auf Nachfrage zur Art der Bedrohung durch den Vater zunächst ausweichend geantwortet („Er hat mich immer wieder geschlagen.“) und auf weitere Nachfragen eingeräumt, dass er selbst keinen Kontakt zu seinem Vater habe und sein Vater ihn auch nicht direkt bedroht habe. Er erfahre aber davon, wenn er mit „Leuten“ spreche, zum Beispiel mit seinem ‑ nach wie vor in Ranya im Irak lebenden ‑ Bruder. Dieses Vorbringen lässt nicht den Schluss zu, dass dem Kläger tatsächlich („real risk“) die Gefahr droht, bei einer Rückkehr in den Irak getötet zu werden. Es fehlt an konkreten Anhaltspunkten, die auf eine ernsthafte und tatsächlich bestehende Absicht des Vaters hindeuten, den Kläger umzubringen bzw. umbringen zu lassen. Darüber hinaus fehlt es auch an einer plausiblen Begründung dafür, dass der Vater des Klägers nunmehr, nachdem sich der Kläger seit über viereinhalb Jahren nicht mehr im Irak aufhält und kein Kontakt zwischen ihm und seinem Vater besteht, erstmals (Dritten gegenüber) damit droht, den Kläger umbringen zu wollen. Der vom Kläger auf Nachfrage benannte Grund für die Todesdrohung ‑ falsche Beschuldigungen durch die Stiefmutter während seiner Kindheit und Jugend ‑ bestand bereits Jahre vor der Ausreise des Klägers aus dem Irak, ohne dass der Vater zu dieser Zeit Todesdrohungen ausgesprochen oder gar Versuche unternommen hätte, den Kläger zu töten. Dass nunmehr eine konkrete Tötungsabsicht bestehen soll, ist vor diesem Hintergrund nicht plausibel. 443. Gegen etwaige Bedrohungen oder Übergriffe seitens seines Vaters (oder seitens von diesem beauftragter Dritter) hat der Kläger zudem, soweit erforderlich, staatliche Schutzmöglichkeiten im Irak in Anspruch zu nehmen. Übergriffe nichtstaatlicher Akteure, also insbesondere von Privatpersonen, wie sie vom Kläger (allein) behauptet werden, sind dem Staat nur dann als mittelbare staatliche Verfolgung zuzurechnen, wenn er erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens ist, wirksamen Schutz vor Verfolgung zu bieten (vgl. § 3c Nr. 3 AsylG). Insoweit kommt es allein auf die grundsätzliche staatliche Schutzfähigkeit und ‑willigkeit an. 45Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 ‑ 9 C 1.94 ‑, NVwZ 1995, 391 = juris Rn. 9. 46Nach den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen zur Lage im Irak, namentlich in der Autonomen Region Kurdistan, bestehen zwar erhebliche rechtsstaatliche Mängel bei Polizei und Justiz. Gleichwohl ist nicht davon auszugehen, dass die kurdischen Sicherheitskräfte in der Autonomen Region Kurdistan generell (vgl. § 3d Abs. 2 Satz 2 AsylG) nicht willens und in der Lage sind, Schutz vor kriminellen Übergriffen von Privatpersonen zu bieten. 47Vgl. Auswärtiges Amt (AA), Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: März 2020) vom 2. März 2020 ‑ Lagebericht -, insbesondere S. 10 und S. 13. 48Der Einwand des Klägers, sein Vater könne irgendjemanden beauftragen, ihn zu töten, schließt die grundsätzliche Schutzbereitschaft und Schutzfähigkeit der kurdischen Sicherheitskräfte nicht aus. 494. Unabhängig von alledem scheidet ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft schließlich auch deshalb aus, weil der Kläger, selbst wenn er an seinem Herkunftsort Ranya in der Provinz Sulaimaniya Gefahren durch nichtstaatliche Dritte ausgesetzt sein sollte, jedenfalls in anderen Landesteilen der Autonomen Region Kurdistan internen Schutz i. S. d. § 3e AsylG finden kann. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen im Fall des Klägers vor. 50Eine Verfolgung des Klägers ist jedenfalls in anderen Landesteilen der Autonomen Region Kurdistan nicht beachtlich wahrscheinlich (§ 3e Abs. 1 Nr. 1 AsylG). Es bestehen dort zahlreiche (verfolgungs-)sichere Orte für den Kläger, der sich allein auf eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure, insbesondere durch seinen Vater, beruft. Der Kläger muss namentlich nicht an seinen früheren Wohnort Ranya oder überhaupt in die Provinz Sulaimaniya zurückkehren. Anhaltspunkte dafür, dass der Vater des Klägers in der Lage wäre, diesen überall in der Autonomen Region Kurdistan ausfindig zu machen und zu bedrohen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere wäre es dem Kläger möglich, in ein urbanes Zentrum wie Dohuk oder Erbil auszuweichen. 51Der Kläger kann auch sicher und legal in die Autonome Region Kurdistan reisen (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 1 AsylG), etwa über den Flughafen Erbil. Einreise- und Aufenthaltsbeschränkungen bestehen für ihn als sunnitischen Kurden, der aus der Autonomen Region Kurdistan stammt, nach der Erkenntnislage des Senats nicht. 52Vgl. AA, Lagebericht, a. a. O., S. 26 f.; Amnesty International, Anfragebeantwortung an das VG Dresden vom 9. Dezember 2019; UNHCR, Anfragebeantwortung an das VG Sigmaringen vom 25. April 2018. 53Von dem Kläger kann weiter im Sinne des § 3e Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 AsylG vernünftigerweise erwartet werden, 54vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 29. Mai 2008 ‑ 10 C 11.07 ‑, BVerwGE 131, 186 = juris Rn. 35, und vom 31. Januar 2013 ‑ 10 C 15.12 ‑, BVerwGE 146, 12 = juris Rn. 20; OVG NRW, Urteil vom 26. August 2014 ‑ 13 A 2998/11.A ‑, juris Rn. 189 ff., 55dass er sich an einem anderen Ort als seinem früheren Wohnort Ranya niederlässt, beispielsweise in Dohuk oder Erbil. Es ist insbesondere zu erwarten, dass der Kläger in der Lage sein wird, dort eine Existenzgrundlage zu finden. Als junger, lediger, gesunder und voll erwerbsfähiger Mann gehört er nicht zu einer im Falle einer Rückkehr in den Irak aufgrund der dortigen allgemeinen Versorgungslage besonders gefährdeten Personengruppe. Er spricht zudem kurdisch und ist in der Autonomen Region Kurdistan aufgewachsen, so dass er mit den dortigen Verhältnissen vertraut ist. Bereits vor seiner Ausreise hat der Kläger als Hilfsarbeiter gearbeitet, in Deutschland arbeitet er im Restaurantbereich. Diese oder andere Erwerbstätigkeiten wird er auch bei einer Rückkehr in den Irak (wieder) ausüben können. Zudem lebt seine gesamte Großfamilie in der Autonomen Region Kurdistan, insbesondere auch sein Bruder, zu dem er eigenen Angaben zufolge Kontakt hat. Ein Onkel und der Mann seiner Schwester haben ihn bereits bei seiner Ausreise finanziell unterstützt und eine nicht unerhebliche Geldsumme für ihn aufgebracht. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger, soweit etwa in der Zeit unmittelbar nach der Rückkehr erforderlich, voraussichtlich auf familiäre Unterstützung zurückgreifen kann. 56II. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die hilfsweise begehrte Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. 57Ein Ausländer ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach Satz 2 der Vorschrift die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Für die Darlegung der stichhaltigen Gründe i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG gelten die gleichen Anforderungen wie im Rahmen des § 3 AsylG. Für die zu treffende Gefahrenprognose gilt ‑ ebenfalls wie im Rahmen des § 3 AsylG ‑ der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit („real risk“). 58Danach sind die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes im Fall des Klägers nicht erfüllt. 591. Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in den Irak die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe droht (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG). Derartiges macht er auch selbst nicht geltend. 602. Dem Kläger droht im Irak auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) durch einen Akteur im Sinne des § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3c AsylG. Soweit sich der Kläger auf eine Gefährdung durch seinen Vater und seine Stiefmutter beruft, wird auf die vorstehenden Ausführungen zu § 3 AsylG verwiesen (oben unter I. 2., 3. und 4.): Insoweit ist die Gefahr eines ernsthaften Schadens nicht beachtlich wahrscheinlich. Zudem ist der Kläger auf die Inanspruchnahme staatlichen Schutzes zu verweisen. Außerdem besteht für ihn die Möglichkeit, internen Schutz in anderen Landesteilen der Autonomen Region Kurdistan zu suchen. 61Die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung droht dem Kläger auch nicht wegen der derzeitigen allgemeinen Sicherheits- und/oder der humanitären Lage im Irak bzw. in seiner Herkunftsregion. Nach den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen über die aktuelle Lage in der Autonomen Region Kurdistan, dem eigenen Vorbringen des Klägers und seiner individuellen, oben unter I. 4. dargestellten Situation (Alter, Geschlecht, Familienstand, Gesundheitszustand, Herkunft, familiäres Netzwerk im Irak) bestehen hierfür keine Anhaltspunkte. 623. Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des Klägers infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) besteht ebenfalls nicht. Offen bleiben kann, ob in der Provinz Sulaimaniya derzeit ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne dieser Vorschrift stattfindet. 63Zum Begriff des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts vgl. EuGH, Urteil vom 30. Januar 2014 ‑ Rs. C-285/12 (Diakité) ‑, juris Rn. 30 ff.; BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 ‑ 10 C 4.09 ‑, BVerwGE 136, 360 = juris Rn. 23 f. 64Jedenfalls ist der Kläger auch bei Annahme eines solchen Konflikts keiner ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt, weil das Niveau willkürlicher Gewalt in der Provinz Sulaimaniya aktuell nicht derart hoch ist, das von einer individuellen Gefährdung, 65zu den (hohen) Anforderungen für eine solche Annahme vgl. EuGH, Urteil vom 30. Januar 2014 ‑ Rs. C-285/12 (Diakité) -, juris Rn. 30 ff.; BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 ‑ 10 C 4.09 ‑, a. a. O., und vom 17. November 2011 ‑ 10 C 13.10 -, NVwZ 2012, 64 = juris Rn. 17 ff. m. w. N. (zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F.) 66des Klägers, bei dem keine gefahrerhöhenden Umstände vorliegen, auszugehen wäre. 67Vgl. EASO, Country Guidance: Iraq. Guidance note and common analysis, Juni 2019, S. 29 f. und 119; EASO, Herkunftsländerinformationen. Irak. Sicherheitslage (Ergänzung). Iraq Body Count - Zivile Todesfälle 2012, 2017-2018, Februar 2019, S. 30 (mit Angaben auch speziell zu zivilen Todesopfern im Distrikt Rania). 68III. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG und nach § 60 Abs. 7 AufenthG in Bezug auf den Irak. 691. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG ist für den Kläger nicht festzustellen. Nach dieser Vorschrift darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ‑ EMRK ‑ ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Das ist hier nicht der Fall. 70Eine Abschiebung verletzt insbesondere nicht das in Art. 3 EMRK normierte Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung. Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger im Irak einer solchen Behandlung ausgesetzt sein wird. Das gilt zunächst mit Blick auf die vom Kläger geltend gemachte Gefährdung durch seinen Vater. Insoweit wird auf die oben stehenden Ausführungen verwiesen (oben unter II. 2. und I. 2.). 71Ein Verbot der Abschiebung ergibt sich im Fall des Klägers aber auch nicht wegen der derzeitigen humanitären Verhältnisse im Irak. Schlechte humanitäre Verhältnisse im Zielstaat können nur in ganz außergewöhnlichen Fällen ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK begründen. 72Vgl. EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 ‑ Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi u. Elmi ./. Vereinigtes Königreich -, NVwZ 2012, 681, 685; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, a. a. O., juris Rn. 23 ff., m. w. N.; vgl. ferner BVerwG, Beschluss vom 13. Februar 2019 - 1 B 2.19 ‑, ZAR 2019, 121 = juris Rn. 6. 73Eine Abschiebung kann Art. 3 EMRK verletzen, wenn humanitäre Gründe „zwingend“ gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen. Die im Zielstaat drohenden Gefahren müssen hierfür jedenfalls ein Mindestmaß an Schwere aufweisen. 74Vgl. dazu ausführlich OVG NRW, Urteil vom 28. August 2019 ‑ 9 A 4590/18.A ‑, juris Rn. 152 ff. und 161 ff. m. w. N. 75Das für Art. 3 EMRK erforderliche Mindestmaß an Schwere kann erreicht sein, wenn Rückkehrer ihren existenziellen Lebensunterhalt nicht sichern können, kein Obdach finden oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhalten. 76Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 ‑ 1 C 45.18 ‑, BVerwGE 166, 113 = juris Rn. 12, und Beschluss vom 8. August 2018 ‑ 1 B 25.18 ‑, NVwZ 2019, 61 = juris Rn. 11. 77Davon ist hier nicht auszugehen. Unter Berücksichtigung sowohl der allgemeinen Lage in der Autonomen Region Kurdistan, insbesondere der dortigen Lebensbedingungen, 78vgl. hierzu etwa UNOCHA, Humanitarian Needs Overview 2019; EASO, Country of Origin Information Report. Iraq. Key socio-economic indicators, Februar 2019; UK Home Office, Country Policy and Information Note. Iraq: Security and humanitarian situation, November 2018, S. 18 ff., 79als auch der individuellen Situation des Klägers ist vielmehr zu erwarten, dass der Kläger bei einer Rückkehr dorthin trotz der nach wie vor schwierigen wirtschaftlichen Situation und der teilweise angespannten Versorgungslage in der Lage sein wird, seine existenziellen Bedürfnisse zu sichern. Insoweit wird auf die oben stehenden Ausführungen zur Zumutbarkeit der Inanspruchnahme internen Schutzes verwiesen (oben unter I. 4.). 802. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht ebenfalls nicht. Eine erhebliche konkret-individuelle Gefahr im Sinne dieser Vorschrift droht dem Kläger nicht mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Die vorstehenden Ausführungen zu § 60 Abs. 5 AufenthG gelten insoweit entsprechend. Eine etwaige Gefahr durch seinen Vater droht dem Kläger zudem nicht landesweit (vgl. oben unter I. 4.). Für ein Abschiebungsverbot aus gesundheitlichen Gründen (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG) bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Der Kläger ist bei einer Rückkehr in den Irak auch keiner extremen Gefahrenlage ausgesetzt, die die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 und Satz 6 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung rechtfertigen würde. 81Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 13. Juni 2013 ‑ 10 C 13.12 ‑, BVerwGE 147, 8 = juris Rn. 12 f., vom 31. Januar 2013 ‑ 10 C 15.12 ‑, a. a. O., juris Rn. 38, und vom 29. September 2011 ‑ 10 C 23.10 ‑, NVwZ 2012, 244 = juris Rn. 21 f. 82Auch insoweit wird auf die Ausführungen zu § 60 Abs. 5 AufenthG verwiesen. Abgesehen davon besteht vorliegend aber ohnehin keine für die Gewährung von Abschiebungsschutz auf dieser rechtlichen Grundlage erforderliche verfassungswidrige Schutzlücke. Denn der Kläger ist aufgrund der im Land Nordrhein-Westfalen geltenden ausländerrechtlichen Erlasslage, wonach grundsätzlich ‑ ein Ausnahmefall liegt bei dem Kläger derzeit nicht vor ‑ keine zwangsweisen Rückführungen in den Irak stattfinden, vergleichbar wirksam vor einer Abschiebung geschützt. 83Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13. Juni 2013 ‑ 10 C 13.12 ‑, a. a. O., juris Rn. 15. 84IV. Die unter Ziffer 4 des angegriffenen Bescheides verfügte Abschiebungsandrohung mit Ausreiseaufforderung unter Fristsetzung von 30 Tagen ist rechtmäßig. Sie beruht auf § 34 Abs. 1 AsylG, dessen Voraussetzungen im Fall des Klägers, der keinen Aufenthaltstitel besitzt, nach den oben unter Ziff. I., II. und III. gemachten Ausführungen vorliegen, und § 38 Abs. 1 AsylG. Auch das auf 30 Monate befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot (Ziffer 5 des Bescheides vom 28. Februar 2017) ist nicht zu beanstanden. In der hier erfolgten behördlichen Befristungsentscheidung, die vor einer Abschiebung des Klägers ergangen ist, liegt auch die konstitutive Anordnung eines befristeten Einreiseverbots, 85vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 21. August 2018 ‑ 1 C 21.17 ‑, BVerwGE 162, 382 = juris Rn. 20 ff., und vom 27. Juli 2017 ‑ 1 C 28.16 ‑, BVerwGE 159, 270 = juris Rn. 42, 86wie sie nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG in der seit dem 21. August 2019 geltenden Fassung, die vorliegend gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG anzuwenden ist, nunmehr ‑ in Umsetzung der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ‑ gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist. 87Vgl. BT-Drs. 19/10047, S. 31 zu Nummer 4. 88Fehler bei der Ermessensentscheidung über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG) sind nicht zu erkennen. Das Bundesamt hat sich bei der Befristungsentscheidung an dem Mittelwert der in § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG genannten Frist von bis zu fünf Jahren orientiert. Besondere persönliche, insbesondere familiäre Belange, die eine kürzere Frist rechtfertigen könnten, hat der Kläger nicht dargelegt; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. 89Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 90Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. | die berufung wird zurückgewiesen. der kläger trägt die kosten des berufungsverfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2der am 10. juni 1995 geborene kläger ist irakischer staatsangehöriger kurdischer volks- und sunnitisch-islamischer religionszugehörigkeit. 3bis zu seiner ausreise aus dem irak lebte der kläger in ranya in der provinz sulaimaniya in der autonomen region kurdistan. eigener darstellung zufolge reiste er am 20. januar 2016 aus dem irak aus und am 31. januar 2016 über die balkanroute in die bundesrepublik deutschland ein. 4am 15. august 2016 stellte der kläger einen asylantrag. auf den hinweis des bundesamts für migration und flüchtlinge (im folgenden: bundesamt), dass die rechtsfolgen einer asylanerkennung und einer flüchtlingsanerkennung gleich seien, beschränkte der kläger auf entsprechende nachfrage hin seinen antrag auf die feststellung von flüchtlingsschutz und verzichtete auf die prüfung eines anspruchs auf asylanerkennung. 5bei seiner anhörung beim bundesamt am 19. september 2016 führte der kläger zur begründung seines asylantrags im wesentlichen aus: seine mutter sei verstorben. sein vater habe eine andere frau, die sehr schlecht mit ihm umgehe. sie habe seine haut verbrannt. er habe nicht nach hause zurückgekonnt und oft im hotel übernachtet. sein vater sei immer auf der seite der frau gewesen. für ihn sei es sehr schwierig gewesen unterzukommen, er habe nicht die möglichkeit gehabt, eine eigene wohnung zu mieten. deshalb sei er ausgereist. als hilfsarbeiter habe er manchmal 15.000, manchmal 20.000 dinar verdient. das reiche nicht für übernachtung und essen. wenn er in den irak zurückkehre, müsse er auf der straße leben. 6mit bescheid vom 28. februar 2017 lehnte das bundesamt die anträge des klägers auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft (ziffer 1) und auf gewährung subsidiären schutzes (ziffer 2) ab und stellte fest, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg nicht vorliegen (ziffer 3). weiter forderte es den kläger zur ausreise auf und drohte ihm bei nichtbefolgung der ausreiseaufforderung die abschiebung mit dem vorrangigen zielstaat irak an (ziffer 4). das einreise- und aufenthaltsverbot des § 11 abs. 1 aufenthg befristete es auf 30 monate ab dem tag der abschiebung (ziffer 5). zur begründung führte das bundesamt u. a. aus, dass sich aus dem vorbringen des klägers keine zielgerichtete individuelle verfolgungshandlung in anknüpfung an einen verfolgungsgrund ergebe. die voraussetzungen des subsidiären schutzes lägen nicht vor. stichhaltige gründe für den eintritt eines ernsthaften schadens i. s. d. § 4 abs. 1 satz 2 nr. 1 und nr. 2 asylg seien weder geltend gemacht noch lägen dafür anhaltspunkte vor. ein anspruch nach § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg bestehe nicht, weil in der herkunftsregion des klägers kein innerstaatlicher konflikt herrsche. ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 oder abs. 7 aufenthg liege ebenfalls nicht vor, insbesondere auch nicht wegen der humanitären verhältnisse im irak. 7der kläger hat am 9. märz 2017 klage erhoben. zur begründung hat er sich auf seine angaben bei seiner anhörung vor dem bundesamt bezogen. 8der kläger hat (sinngemäß) beantragt, 9die beklagte unter aufhebung des bescheides des bundesamtes vom 28. februar 2017 zu verpflichten, ihm die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, 10hilfsweise, die beklagte unter aufhebung von ziffer 2. bis 5. des bescheides zu verpflichten, ihm subsidiären schutz zuzuerkennen, 11hilfsweise, die beklagte unter aufhebung von ziffer 3. bis 5. des bescheides zu verpflichten, festzustellen, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg bestehen. 12die beklagte hat schriftsätzlich unter bezugnahme auf die begründung des bescheides vom 28. februar 2017 beantragt, 13die klage abzuweisen. 14das verwaltungsgericht hat die klage mit dem angefochtenen urteil aufgrund der mündlichen verhandlung vom 18. oktober 2017 abgewiesen. zur begründung hat es ausgeführt: die zulässige klage sei unbegründet. der kläger habe keinen anspruch auf eine verpflichtung des bundesamts in dem beantragten umfang. zur begründung werde auf die tragenden feststellungen und die im wesentlichen zutreffende begründung des bescheides des bundesamts verwiesen, denen das gericht folge und deshalb von einer weiteren darstellung des tatbestands und der entscheidungsgründe absehe. beachtliche änderungen der sach- und rechtslage seien auch aufgrund der mündlichen verhandlung, zu der der kläger nicht erschienen sei, nicht ersichtlich. 15auf den antrag des klägers hat der senat die berufung gegen das urteil durch beschluss vom 18. januar 2018 wegen eines verfahrensmangels zugelassen. 16zur begründung seiner berufung trägt der kläger vor, er sei in seiner heimat einer gefahr für leib und leben ausgesetzt gewesen. von seiner stiefmutter habe er verbrennungen zugefügt bekommen. da er aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen verhältnisse nicht in der lage gewesen sei, einen eigenständigen haushalt zu gründen, sei es ihm auch nicht möglich gewesen, sich den übergriffen seiner stiefmutter zu entziehen. die flucht aus seiner heimat sei für ihn die einzige möglichkeit gewesen, sein leben zu schützen. 17der kläger stellt keinen antrag. 18die beklagte beantragt, 19die berufung zurückzuweisen. 20sie bezieht sich zur begründung auf den streitbefangenen bescheid vom 28. februar 2017. 21die beteiligten haben ihr einverständnis mit einer entscheidung durch die berichterstatterin erklärt. 22in der mündlichen verhandlung vom 11. september 2020 ist der kläger informatorisch angehört worden. dabei hat er ergänzend zu seinem bisherigen vorbringen vorgetragen, er werde durch seinen vater bedroht und befürchte bei einer rückkehr in den irak, dass sein vater ihn umbringe bzw. umbringen lasse. 23wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte, den beigezogenen verwaltungsvorgang des bundesamtes sowie die von der stadt düsseldorf beigezogene ausländerakte des klägers bezug genommen. 24 | 25die berufung des klägers hat keinen erfolg. sie ist zulässig, aber unbegründet. 26a. die berufung ist zulässig. sie genügt insbesondere den anforderungen des § 124a abs. 3 satz 4 vwgo. danach muss die begründung der berufung einen bestimmten antrag enthalten sowie die im einzelnen anzuführenden gründe der anfechtung. diese anforderungen erfüllt der schriftsatz des prozessbevollmächtigten des klägers vom 9. februar 2018. er enthält zwar keinen förmlichen berufungsantrag. ein solcher wird von § 124a abs. 3 satz 4 vwgo aber auch nicht verlangt. ausreichend ist, wenn sich unter heranziehung der berufungsbegründung der berufungsantrag im wege der auslegung ermitteln lässt. zulässig ist auch eine bezugnahme auf die anträge in der vorinstanz. 27vgl. w.-r. schenke, in: kopp/schenke, vwgo, 26. auflage 2020, § 124a rn. 27 ff.; seibert, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. auflage 2018, § 124a rn. 92 ff. 28als eine solche bezugnahme auf die anträge im erstinstanzlichen verfahren ist der einleitungssatz der berufungsbegründung vom 9. februar 2018 zu verstehen, wonach mit der berufungsbegründung die klageanträge vom 8. märz 2017 weiter begründet würden. zudem lässt die berufungsbegründung eindeutig erkennen, dass der kläger das urteil des verwaltungsgerichts vollumfänglich angreifen und er seinen erstinstanzlich gestellten verpflichtungsantrag ‑ uneingeschränkt ‑ weiterverfolgen will. das so verstandene ziel des berufungsbegehrens entspricht im übrigen auch dem im asylklageverfahren regelmäßig anzunehmenden rechtschutzbegehren von asylsuchenden, 29vgl. hierzu bverwg, urteil vom 21. november 2006 ‑ 1 c 10.06 ‑, bverwge 127, 161 = juris rn. 12 m. w. n., 30sowie dem vom ‑ im termin zur mündlichen verhandlung vor dem senat ohne seinen prozessbevollmächtigten erschienenen ‑ kläger selbst auf nachfrage der berichterstatterin geäußerten begehren. 31b. die berufung ist aber unbegründet. das verwaltungsgericht hat die klage im ergebnis zu recht abgewiesen. der bescheid des bundesamts vom 28. februar 2017 ist rechtmäßig (vgl. § 113 abs. 1 satz 1, abs. 5 satz 1 vwgo). der kläger hat in dem für die sach- und rechtslage maßgebenden zeitpunkt der mündlichen verhandlung vor dem senat (vgl. § 77 abs. 1 satz 1 asylg) weder einen anspruch auf die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach § 3 abs. 1 asylg (i.) noch auf die hilfsweise begehrte gewährung subsidiären schutzes nach § 4 abs. 1 asylg (ii.). ebenso wenig besteht ein anspruch auf die weiter hilfsweise begehrte feststellung des vorliegens eines nationalen abschiebungsverbots nach § 60 abs. 5 aufenthg oder § 60 abs. 7 aufenthg (iii.). auch die abschiebungsandrohung des bundesamts und die bestimmung über das einreise- und aufenthaltsverbot sind nicht zu beanstanden (iv). 32i. der kläger hat keinen anspruch auf die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 asylg. 33nach § 3 abs. 1 nr. 1 und nr. 2a, abs. 4 asylg setzt die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft voraus, dass sich der ausländer aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe außerhalb des landes (herkunftsland) befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will. 34die relevanten verfolgungshandlungen und verfolgungsgründe ergeben sich aus § 3a und § 3b asylg. in § 3c asylg sind die möglichen verfolgungsakteure benannt, in § 3d asylg diejenigen akteure, die schutz bieten können. die flüchtlingseigenschaft wird nicht zuerkannt, wenn interner schutz (§ 3e asylg) besteht. 35gemäß § 3a abs. 3 asylg muss zwischen den verfolgungsgründen im sinne von § 3 abs. 1 nr. 1 i. v. m. § 3b asylg und den verfolgungshandlungen oder dem fehlen von schutz vor solchen handlungen eine verknüpfung bestehen. die maßnahme muss darauf gerichtet sein, den von ihr betroffenen gerade in anknüpfung an einen oder mehrere verfolgungsgründe zu treffen. ob die verfolgung „wegen“ eines verfolgungsgrundes erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen charakters nach der erkennbaren gerichtetheit der maßnahme zu beurteilen. diese zielgerichtetheit muss nicht nur hinsichtlich der durch die verfolgungshandlung bewirkten rechtsgutsverletzung, sondern auch in bezug auf die verfolgungsgründe im sinne des § 3b asylg, an die die handlung anknüpft, anzunehmen sein. 36vgl. bverwg, urteile vom 19. april 2018 - 1 c 29.17 -, bverwge 162, 44 = juris rn. 13 m. w. n., und vom 19. januar 2009 - 10 c 52.07 -, bverwge 133, 55 = juris rn. 22. 37die furcht vor verfolgung ist im sinne des § 3 abs. 1 asylg begründet, wenn dem ausländer die genannten gefahren auf grund der in seinem herkunftsland gegebenen umstände in anbetracht seiner individuellen lage tatsächlich, d. h. mit beachtlicher wahrscheinlichkeit („real risk“) drohen. dieser wahrscheinlichkeitsmaßstab gilt unabhängig von der frage, ob der ausländer vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. im fall der vorverfolgung greift aber die beweiserleichterung des art. 4 abs. 4 der richtlinie 2011/95/eu des europäischen parlaments und des rates vom 13. dezember 2011 (rl 2011/95/eu). 38vgl. bverwg, urteile vom 19. april 2018 ‑ 1 c 29.17 -, a. a. o., juris rn. 14 f., und vom 27. april 2010 - 10 c 5.09 -, bverwge 136, 377 = juris rn. 20 ff. 39den schutzsuchenden treffen mitwirkungs- und darlegungsobliegenheiten (vgl. art. 4 abs. 1 rl 2011/95/eu, § 25 asylg). insbesondere ist es sache des ausländers, die gründe für seine furcht vor verfolgung schlüssig vorzutragen. er hat unter angabe genauer einzelheiten einen in sich stimmigen sachverhalt zu schildern, aus dem sich ‑ als wahr unterstellt ‑ ergibt, dass bei verständiger würdigung eine verfolgung droht. hierzu gehört, dass der ausländer zu den in seine eigene sphäre fallenden ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen erlebnissen, eine schilderung gibt, die geeignet ist, die geltend gemachten schutzansprüche lückenlos zu tragen. 40vgl. bverwg, beschluss vom 19. oktober 2001 ‑ 1 b 24.01 ‑, auas 2002, 80 = juris rn. 5; ovg nrw, urteil vom 18. mai 2018 ‑ 1 a 2/18.a ‑, juris rn. 65. 41nach diesen maßstäben ist dem kläger die flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen. im maßgeblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung ist nicht anzunehmen, dass dem kläger bei einer rückkehr in den irak mit beachtlicher wahrscheinlichkeit verfolgung im dargestellten sinne droht. 421. die vom kläger geltend gemachte gefährdung bzw. bedrohung durch seine stiefmutter und seinen vater knüpfen bereits nicht im sinne von § 3a abs. 3 asylg an einen der verfolgungsgründe des § 3b asylg an. die vom kläger geschilderten, vor seiner ausreise erlittenen und die bei einer rückkehr von ihm befürchteten rechtsgutsverletzungen durch seine stiefmutter und seinen vater erfolgten bzw. erfolgen nicht zielgerichtet in bezug auf einen verfolgungsgrund. nach dem eigenen vortrag des klägers erfolgte die von der stiefmutter und vom vater verübte gewalt gegen ihn vielmehr wegen ihm unterstellten und behaupteten fehlverhaltens. entsprechendes gilt hinsichtlich der vom kläger befürchteten gefahr durch seinen vater bei einer rückkehr. auch insoweit hat der kläger in der mündlichen verhandlung ausgeführt, sein vater bedrohe ihn, weil seine stiefmutter tatsachen falsch dargestellt habe und ihn, den kläger, zum beispiel für etwas beschuldigt habe, das er nicht getan habe. der kläger schildert damit allein kriminelles unrecht, das für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft allerdings nicht relevant ist; eine erlittene oder drohende verfolgung im sinne des § 3 asylg ergibt sich daraus nicht. 432. darüber hinaus ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der kläger im fall einer rückkehr an seinen herkunftsort im irak verfolgungshandlungen im sinne von § 3a asylg ausgesetzt sein wird. dass sich die vom kläger geschilderte anwendung körperlicher gewalt, die er als kind durch seine stiefmutter und seinen vater erfahren hat, wiederholen wird, ist schon deshalb nicht beachtlich wahrscheinlich, weil der kläger inzwischen ein erwachsener mann ist und er zudem nicht in den haushalt seines vaters zurückkehren muss. es besteht weiter auch keine beachtliche wahrscheinlichkeit im oben genannten sinne, dass der kläger, wie er befürchtet, im irak von seinem vater umgebracht wird bzw. dieser ihn durch einen dritten umbringen lässt. diese befürchtung hat der kläger erstmals in der mündlichen verhandlung vor dem senat geäußert. dabei hat er auf nachfrage zur art der bedrohung durch den vater zunächst ausweichend geantwortet („er hat mich immer wieder geschlagen.“) und auf weitere nachfragen eingeräumt, dass er selbst keinen kontakt zu seinem vater habe und sein vater ihn auch nicht direkt bedroht habe. er erfahre aber davon, wenn er mit „leuten“ spreche, zum beispiel mit seinem ‑ nach wie vor in ranya im irak lebenden ‑ bruder. dieses vorbringen lässt nicht den schluss zu, dass dem kläger tatsächlich („real risk“) die gefahr droht, bei einer rückkehr in den irak getötet zu werden. es fehlt an konkreten anhaltspunkten, die auf eine ernsthafte und tatsächlich bestehende absicht des vaters hindeuten, den kläger umzubringen bzw. umbringen zu lassen. darüber hinaus fehlt es auch an einer plausiblen begründung dafür, dass der vater des klägers nunmehr, nachdem sich der kläger seit über viereinhalb jahren nicht mehr im irak aufhält und kein kontakt zwischen ihm und seinem vater besteht, erstmals (dritten gegenüber) damit droht, den kläger umbringen zu wollen. der vom kläger auf nachfrage benannte grund für die todesdrohung ‑ falsche beschuldigungen durch die stiefmutter während seiner kindheit und jugend ‑ bestand bereits jahre vor der ausreise des klägers aus dem irak, ohne dass der vater zu dieser zeit todesdrohungen ausgesprochen oder gar versuche unternommen hätte, den kläger zu töten. dass nunmehr eine konkrete tötungsabsicht bestehen soll, ist vor diesem hintergrund nicht plausibel. 443. gegen etwaige bedrohungen oder übergriffe seitens seines vaters (oder seitens von diesem beauftragter dritter) hat der kläger zudem, soweit erforderlich, staatliche schutzmöglichkeiten im irak in anspruch zu nehmen. übergriffe nichtstaatlicher akteure, also insbesondere von privatpersonen, wie sie vom kläger (allein) behauptet werden, sind dem staat nur dann als mittelbare staatliche verfolgung zuzurechnen, wenn er erwiesenermaßen nicht in der lage oder nicht willens ist, wirksamen schutz vor verfolgung zu bieten (vgl. § 3c nr. 3 asylg). insoweit kommt es allein auf die grundsätzliche staatliche schutzfähigkeit und ‑willigkeit an. 45vgl. bverwg, urteil vom 5. juli 1994 ‑ 9 c 1.94 ‑, nvwz 1995, 391 = juris rn. 9. 46nach den dem senat vorliegenden erkenntnissen zur lage im irak, namentlich in der autonomen region kurdistan, bestehen zwar erhebliche rechtsstaatliche mängel bei polizei und justiz. gleichwohl ist nicht davon auszugehen, dass die kurdischen sicherheitskräfte in der autonomen region kurdistan generell (vgl. § 3d abs. 2 satz 2 asylg) nicht willens und in der lage sind, schutz vor kriminellen übergriffen von privatpersonen zu bieten. 47vgl. auswärtiges amt (aa), bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der republik irak (stand: märz 2020) vom 2. märz 2020 ‑ lagebericht -, insbesondere s. 10 und s. 13. 48der einwand des klägers, sein vater könne irgendjemanden beauftragen, ihn zu töten, schließt die grundsätzliche schutzbereitschaft und schutzfähigkeit der kurdischen sicherheitskräfte nicht aus. 494. unabhängig von alledem scheidet ein anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft schließlich auch deshalb aus, weil der kläger, selbst wenn er an seinem herkunftsort ranya in der provinz sulaimaniya gefahren durch nichtstaatliche dritte ausgesetzt sein sollte, jedenfalls in anderen landesteilen der autonomen region kurdistan internen schutz i. s. d. § 3e asylg finden kann. die voraussetzungen dieser vorschrift liegen im fall des klägers vor. 50eine verfolgung des klägers ist jedenfalls in anderen landesteilen der autonomen region kurdistan nicht beachtlich wahrscheinlich (§ 3e abs. 1 nr. 1 asylg). es bestehen dort zahlreiche (verfolgungs-)sichere orte für den kläger, der sich allein auf eine verfolgung durch nichtstaatliche akteure, insbesondere durch seinen vater, beruft. der kläger muss namentlich nicht an seinen früheren wohnort ranya oder überhaupt in die provinz sulaimaniya zurückkehren. anhaltspunkte dafür, dass der vater des klägers in der lage wäre, diesen überall in der autonomen region kurdistan ausfindig zu machen und zu bedrohen, sind nicht ersichtlich. insbesondere wäre es dem kläger möglich, in ein urbanes zentrum wie dohuk oder erbil auszuweichen. 51der kläger kann auch sicher und legal in die autonome region kurdistan reisen (§ 3e abs. 1 nr. 2 halbs. 1 asylg), etwa über den flughafen erbil. einreise- und aufenthaltsbeschränkungen bestehen für ihn als sunnitischen kurden, der aus der autonomen region kurdistan stammt, nach der erkenntnislage des senats nicht. 52vgl. aa, lagebericht, a. a. o., s. 26 f.; amnesty international, anfragebeantwortung an das vg dresden vom 9. dezember 2019; unhcr, anfragebeantwortung an das vg sigmaringen vom 25. april 2018. 53von dem kläger kann weiter im sinne des § 3e abs. 1 nr. 2 halbs. 2 asylg vernünftigerweise erwartet werden, 54vgl. hierzu bverwg, urteile vom 29. mai 2008 ‑ 10 c 11.07 ‑, bverwge 131, 186 = juris rn. 35, und vom 31. januar 2013 ‑ 10 c 15.12 ‑, bverwge 146, 12 = juris rn. 20; ovg nrw, urteil vom 26. august 2014 ‑ 13 a 2998/11.a ‑, juris rn. 189 ff., 55dass er sich an einem anderen ort als seinem früheren wohnort ranya niederlässt, beispielsweise in dohuk oder erbil. es ist insbesondere zu erwarten, dass der kläger in der lage sein wird, dort eine existenzgrundlage zu finden. als junger, lediger, gesunder und voll erwerbsfähiger mann gehört er nicht zu einer im falle einer rückkehr in den irak aufgrund der dortigen allgemeinen versorgungslage besonders gefährdeten personengruppe. er spricht zudem kurdisch und ist in der autonomen region kurdistan aufgewachsen, so dass er mit den dortigen verhältnissen vertraut ist. bereits vor seiner ausreise hat der kläger als hilfsarbeiter gearbeitet, in deutschland arbeitet er im restaurantbereich. diese oder andere erwerbstätigkeiten wird er auch bei einer rückkehr in den irak (wieder) ausüben können. zudem lebt seine gesamte großfamilie in der autonomen region kurdistan, insbesondere auch sein bruder, zu dem er eigenen angaben zufolge kontakt hat. ein onkel und der mann seiner schwester haben ihn bereits bei seiner ausreise finanziell unterstützt und eine nicht unerhebliche geldsumme für ihn aufgebracht. es ist daher davon auszugehen, dass der kläger, soweit etwa in der zeit unmittelbar nach der rückkehr erforderlich, voraussichtlich auf familiäre unterstützung zurückgreifen kann. 56ii. der kläger hat auch keinen anspruch auf die hilfsweise begehrte gewährung subsidiären schutzes gemäß § 4 abs. 1 asylg. 57ein ausländer ist nach § 4 abs. 1 satz 1 asylg subsidiär schutzberechtigter, wenn er stichhaltige gründe für die annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem herkunftsland ein ernsthafter schaden droht. als ernsthafter schaden gilt nach satz 2 der vorschrift die verhängung oder vollstreckung der todesstrafe (nr. 1), folter oder unmenschliche oder erniedrigende behandlung oder bestrafung (nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle bedrohung des lebens oder der unversehrtheit einer zivilperson infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten konflikts (nr. 3). für die darlegung der stichhaltigen gründe i. s. v. § 4 abs. 1 satz 1 asylg gelten die gleichen anforderungen wie im rahmen des § 3 asylg. für die zu treffende gefahrenprognose gilt ‑ ebenfalls wie im rahmen des § 3 asylg ‑ der maßstab der beachtlichen wahrscheinlichkeit („real risk“). 58danach sind die voraussetzungen für die gewährung subsidiären schutzes im fall des klägers nicht erfüllt. 591. es bestehen keine anhaltspunkte für die annahme, dass dem kläger bei einer rückkehr in den irak die verhängung oder vollstreckung der todesstrafe droht (§ 4 abs. 1 satz 2 nr. 1 asylg). derartiges macht er auch selbst nicht geltend. 602. dem kläger droht im irak auch nicht mit beachtlicher wahrscheinlichkeit folter oder unmenschliche oder erniedrigende behandlung oder bestrafung (§ 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg) durch einen akteur im sinne des § 4 abs. 3 i. v. m. § 3c asylg. soweit sich der kläger auf eine gefährdung durch seinen vater und seine stiefmutter beruft, wird auf die vorstehenden ausführungen zu § 3 asylg verwiesen (oben unter i. 2., 3. und 4.): insoweit ist die gefahr eines ernsthaften schadens nicht beachtlich wahrscheinlich. zudem ist der kläger auf die inanspruchnahme staatlichen schutzes zu verweisen. außerdem besteht für ihn die möglichkeit, internen schutz in anderen landesteilen der autonomen region kurdistan zu suchen. 61die gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung droht dem kläger auch nicht wegen der derzeitigen allgemeinen sicherheits- und/oder der humanitären lage im irak bzw. in seiner herkunftsregion. nach den dem senat vorliegenden erkenntnissen über die aktuelle lage in der autonomen region kurdistan, dem eigenen vorbringen des klägers und seiner individuellen, oben unter i. 4. dargestellten situation (alter, geschlecht, familienstand, gesundheitszustand, herkunft, familiäres netzwerk im irak) bestehen hierfür keine anhaltspunkte. 623. eine ernsthafte individuelle bedrohung des lebens oder der unversehrtheit des klägers infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten konflikts (§ 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg) besteht ebenfalls nicht. offen bleiben kann, ob in der provinz sulaimaniya derzeit ein innerstaatlicher bewaffneter konflikt im sinne dieser vorschrift stattfindet. 63zum begriff des innerstaatlichen bewaffneten konflikts vgl. eugh, urteil vom 30. januar 2014 ‑ rs. c-285/12 (diakité) ‑, juris rn. 30 ff.; bverwg, urteil vom 27. april 2010 ‑ 10 c 4.09 ‑, bverwge 136, 360 = juris rn. 23 f. 64jedenfalls ist der kläger auch bei annahme eines solchen konflikts keiner ernsthaften individuellen bedrohung ausgesetzt, weil das niveau willkürlicher gewalt in der provinz sulaimaniya aktuell nicht derart hoch ist, das von einer individuellen gefährdung, 65zu den (hohen) anforderungen für eine solche annahme vgl. eugh, urteil vom 30. januar 2014 ‑ rs. c-285/12 (diakité) -, juris rn. 30 ff.; bverwg, urteile vom 27. april 2010 ‑ 10 c 4.09 ‑, a. a. o., und vom 17. november 2011 ‑ 10 c 13.10 -, nvwz 2012, 64 = juris rn. 17 ff. m. w. n. (zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a. f.) 66des klägers, bei dem keine gefahrerhöhenden umstände vorliegen, auszugehen wäre. 67vgl. easo, country guidance: iraq. guidance note and common analysis, juni 2019, s. 29 f. und 119; easo, herkunftsländerinformationen. irak. sicherheitslage (ergänzung). iraq body count - zivile todesfälle 2012, 2017-2018, februar 2019, s. 30 (mit angaben auch speziell zu zivilen todesopfern im distrikt rania). 68iii. der kläger hat keinen anspruch auf die feststellung eines nationalen abschiebungsverbots nach § 60 abs. 5 aufenthg und nach § 60 abs. 7 aufenthg in bezug auf den irak. 691. ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 aufenthg ist für den kläger nicht festzustellen. nach dieser vorschrift darf ein ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der anwendung der konvention vom 4. november 1950 zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten ‑ emrk ‑ ergibt, dass die abschiebung unzulässig ist. das ist hier nicht der fall. 70eine abschiebung verletzt insbesondere nicht das in art. 3 emrk normierte verbot unmenschlicher oder erniedrigender behandlung. es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der kläger im irak einer solchen behandlung ausgesetzt sein wird. das gilt zunächst mit blick auf die vom kläger geltend gemachte gefährdung durch seinen vater. insoweit wird auf die oben stehenden ausführungen verwiesen (oben unter ii. 2. und i. 2.). 71ein verbot der abschiebung ergibt sich im fall des klägers aber auch nicht wegen der derzeitigen humanitären verhältnisse im irak. schlechte humanitäre verhältnisse im zielstaat können nur in ganz außergewöhnlichen fällen ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 aufenthg i. v. m. art. 3 emrk begründen. 72vgl. egmr, urteil vom 28. juni 2011 ‑ nr. 8319/07 und 11449/07, sufi u. elmi ./. vereinigtes königreich -, nvwz 2012, 681, 685; bverwg, urteil vom 31. januar 2013 - 10 c 15.12 -, a. a. o., juris rn. 23 ff., m. w. n.; vgl. ferner bverwg, beschluss vom 13. februar 2019 - 1 b 2.19 ‑, zar 2019, 121 = juris rn. 6. 73eine abschiebung kann art. 3 emrk verletzen, wenn humanitäre gründe „zwingend“ gegen die aufenthaltsbeendigung sprechen. die im zielstaat drohenden gefahren müssen hierfür jedenfalls ein mindestmaß an schwere aufweisen. 74vgl. dazu ausführlich ovg nrw, urteil vom 28. august 2019 ‑ 9 a 4590/18.a ‑, juris rn. 152 ff. und 161 ff. m. w. n. 75das für art. 3 emrk erforderliche mindestmaß an schwere kann erreicht sein, wenn rückkehrer ihren existenziellen lebensunterhalt nicht sichern können, kein obdach finden oder keinen zugang zu einer medizinischen basisbehandlung erhalten. 76vgl. etwa bverwg, urteil vom 4. juli 2019 ‑ 1 c 45.18 ‑, bverwge 166, 113 = juris rn. 12, und beschluss vom 8. august 2018 ‑ 1 b 25.18 ‑, nvwz 2019, 61 = juris rn. 11. 77davon ist hier nicht auszugehen. unter berücksichtigung sowohl der allgemeinen lage in der autonomen region kurdistan, insbesondere der dortigen lebensbedingungen, 78vgl. hierzu etwa unocha, humanitarian needs overview 2019; easo, country of origin information report. iraq. key socio-economic indicators, februar 2019; uk home office, country policy and information note. iraq: security and humanitarian situation, november 2018, s. 18 ff., 79als auch der individuellen situation des klägers ist vielmehr zu erwarten, dass der kläger bei einer rückkehr dorthin trotz der nach wie vor schwierigen wirtschaftlichen situation und der teilweise angespannten versorgungslage in der lage sein wird, seine existenziellen bedürfnisse zu sichern. insoweit wird auf die oben stehenden ausführungen zur zumutbarkeit der inanspruchnahme internen schutzes verwiesen (oben unter i. 4.). 802. ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg besteht ebenfalls nicht. eine erhebliche konkret-individuelle gefahr im sinne dieser vorschrift droht dem kläger nicht mit der erforderlichen beachtlichen wahrscheinlichkeit. die vorstehenden ausführungen zu § 60 abs. 5 aufenthg gelten insoweit entsprechend. eine etwaige gefahr durch seinen vater droht dem kläger zudem nicht landesweit (vgl. oben unter i. 4.). für ein abschiebungsverbot aus gesundheitlichen gründen (vgl. § 60 abs. 7 satz 3 aufenthg) bestehen keinerlei anhaltspunkte. der kläger ist bei einer rückkehr in den irak auch keiner extremen gefahrenlage ausgesetzt, die die gewährung von abschiebungsschutz nach § 60 abs. 7 satz 1 und satz 6 aufenthg in verfassungskonformer anwendung rechtfertigen würde. 81vgl. hierzu bverwg, urteile vom 13. juni 2013 ‑ 10 c 13.12 ‑, bverwge 147, 8 = juris rn. 12 f., vom 31. januar 2013 ‑ 10 c 15.12 ‑, a. a. o., juris rn. 38, und vom 29. september 2011 ‑ 10 c 23.10 ‑, nvwz 2012, 244 = juris rn. 21 f. 82auch insoweit wird auf die ausführungen zu § 60 abs. 5 aufenthg verwiesen. abgesehen davon besteht vorliegend aber ohnehin keine für die gewährung von abschiebungsschutz auf dieser rechtlichen grundlage erforderliche verfassungswidrige schutzlücke. denn der kläger ist aufgrund der im land nordrhein-westfalen geltenden ausländerrechtlichen erlasslage, wonach grundsätzlich ‑ ein ausnahmefall liegt bei dem kläger derzeit nicht vor ‑ keine zwangsweisen rückführungen in den irak stattfinden, vergleichbar wirksam vor einer abschiebung geschützt. 83vgl. hierzu bverwg, urteil vom 13. juni 2013 ‑ 10 c 13.12 ‑, a. a. o., juris rn. 15. 84iv. die unter ziffer 4 des angegriffenen bescheides verfügte abschiebungsandrohung mit ausreiseaufforderung unter fristsetzung von 30 tagen ist rechtmäßig. sie beruht auf § 34 abs. 1 asylg, dessen voraussetzungen im fall des klägers, der keinen aufenthaltstitel besitzt, nach den oben unter ziff. i., ii. und iii. gemachten ausführungen vorliegen, und § 38 abs. 1 asylg. auch das auf 30 monate befristete einreise- und aufenthaltsverbot (ziffer 5 des bescheides vom 28. februar 2017) ist nicht zu beanstanden. in der hier erfolgten behördlichen befristungsentscheidung, die vor einer abschiebung des klägers ergangen ist, liegt auch die konstitutive anordnung eines befristeten einreiseverbots, 85vgl. hierzu bverwg, urteile vom 21. august 2018 ‑ 1 c 21.17 ‑, bverwge 162, 382 = juris rn. 20 ff., und vom 27. juli 2017 ‑ 1 c 28.16 ‑, bverwge 159, 270 = juris rn. 42, 86wie sie nach § 11 abs. 1 satz 1 aufenthg in der seit dem 21. august 2019 geltenden fassung, die vorliegend gemäß § 77 abs. 1 satz 1 asylg anzuwenden ist, nunmehr ‑ in umsetzung der genannten rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts ‑ gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist. 87vgl. bt-drs. 19/10047, s. 31 zu nummer 4. 88fehler bei der ermessensentscheidung über die länge der frist des einreise- und aufenthaltsverbots (vgl. § 11 abs. 3 satz 1 aufenthg) sind nicht zu erkennen. das bundesamt hat sich bei der befristungsentscheidung an dem mittelwert der in § 11 abs. 3 satz 2 aufenthg genannten frist von bis zu fünf jahren orientiert. besondere persönliche, insbesondere familiäre belange, die eine kürzere frist rechtfertigen könnten, hat der kläger nicht dargelegt; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. 89die kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 abs. 1 vwgo, 83b asylg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 90die revision ist nicht zuzulassen, da die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen. | Verklagte*r | 0 |